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Document 52003AE0746

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestanforderungen für die Sicherheit von Tunneln im transeuropäischen Straßennetz" (KOM(2002) 769 endg. — 2002/0309 (COD))

ABl. C 220 vom 16.9.2003, p. 26–32 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52003AE0746

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestanforderungen für die Sicherheit von Tunneln im transeuropäischen Straßennetz" (KOM(2002) 769 endg. — 2002/0309 (COD))

Amtsblatt Nr. C 220 vom 16/09/2003 S. 0026 - 0032


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestanforderungen für die Sicherheit von Tunneln im transeuropäischen Straßennetz"

(KOM(2002) 769 endg. - 2002/0309 (COD))

(2003/C 220/06)

Der Rat beschloss am 22. Januar 2003, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 71 Absatz 1 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu dem vorgenannten Vorschlag zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 5. Juni 2003 an. Berichterstatter war Herr Levaux.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 400. Plenartagung am 18. und 19. Juni 2003 (Sitzung vom 18. Juni) mit 68 Ja-Stimmen bei 2 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

1. Einleitung - Zusammenfassung des Kommissionsdokuments

1.1. Hintergrund

- In dem Weißbuch der Europäischen Kommission "Die europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft" vom 12. September 2001 ist die Erarbeitung einer EU-Richtlinie zur Harmonisierung von Mindestsicherheitsstandards vorgesehen, die den Nutzern von Tunneln, insbesondere jenen des transeuropäischen Verkehrsnetzes, ein hohes Maß an Sicherheit bieten.

- Die Bedeutung der Sicherheit von Straßentunneln ist insbesondere seit den jüngsten Katastrophen im Montblanc- und im Tauerntunnel 1999 sowie im Gotthard-Tunnel 2001 stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. In diesem Zusammenhang wurden auf der Grundlage der jüngst auf internationaler, europäischer und auch nationaler Ebene - in Italien, Frankreich bzw. der Schweiz - durchgeführten Arbeiten politische Maßnahmen ergriffen. Die in der Richtlinie enthaltenen Vorschläge gehen über die derzeit einer Überprüfung unterzogenen Empfehlungen der UN-Wirtschaftskommission für Europa hinaus.

- Dieser Vorschlag für eine Richtlinie wurde von der Europäischen Kommission am 16. Januar 2003 übermittelt und betrifft Tunnel des transeuropäischen Straßennetzes, die über 500 Meter lang sind, mit Ausnahme von Eisenbahntunneln, deren Sicherheitsvorschriften Gegenstand der Richtlinien über die Eisenbahninteroperabilität sind.

1.2. Ziele des Vorschlags

1.2.1. Die Kommission verweist zunächst auf die häufigsten Ursachen für Straßenverkehrsunfälle und die Tatsache, dass nach einer Störung oder einem Unfall die ersten 10 bis 15 Minuten für die Rettung von Menschenleben von entscheidender Bedeutung sind. Anschließend legt sie zwei Ziele fest:

- Verhütung kritischer Situationen;

- Abschwächung möglicher Unfall- und Brandfolgen.

1.3. Inhalt des Vorschlags

Unter Punkt 3 der Begründung legt die Kommission den Inhalt des Vorschlags fest und behandelt folgende Fragen:

- Anwendungsbereich: Die Richtlinie gilt für Tunnel des transeuropäischen Straßennetzes, die länger als 500 Meter sind;

- organisatorische Vorschriften: Jeder Mitgliedstaat muss eine Aufsichtsbehörde benennen, die von einem Untersuchungsorgan unterstützt wird, um die Sicherheit auf nationaler Ebene zu harmonisieren sowie die unterschiedlichen Funktionen und Zuständigkeiten zu klären;

- technische Vorschriften in vier Bereichen: Infrastruktur, Betrieb, Fahrzeuge, Straßennutzer.

1.4. Zahl der von diesem Vorschlag erfassten Tunnel

Der Richtlinienvorschlag gilt für in Betrieb, Bau oder Entwurfsphase befindliche Tunnel. Die nachstehende (aus Artikel 4 der Begründung des Kommissionsdokuments entnommene) Tabelle enthält ein Verzeichnis der Straßentunnel des transeuropäischen Verkehrsnetzes in den 15 EU-Mitgliedstaaten. Darüber hinaus ist Norwegen das einzige EWR-Land, das in seinem Hauptverkehrsstraßennetz Tunnel von über 500 m Länge besitzt (insgesamt 130 Tunnel mit einer Gesamtlänge von 200 km). Nur drei der Beitrittsländer verfügen innerhalb des TINA-Netzes über Tunnel von über 500 m Länge (Bulgarien: 4 Tunnel, Slowenien: 5 Tunnel, Slowakei: 1 Tunnel mit einer Gesamtlänge von 15 km).

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1.5. Rechtfertigung einer Maßnahme auf Gemeinschaftsebene

Die Europäische Kommission begründet ihren Vorschlag für eine Richtlinie mit dem Vorhandensein langer Tunnel in allen Mitgliedstaaten mit Ausnahme Finnlands und Irlands und der Notwendigkeit einer besseren Koordinierung und einer Harmonisierung der Sicherheitsinformationen sowie der Kommunikations- und sonstiger Sicherheitseinrichtungen, um den Straßennutzern überall ein ähnlich hohes Sicherheitsniveau zu gewährleisten.

1.6. Bewertung des Vorschlags

Nach Ansicht der Europäischen Kommission bewegen sich die mit diesem Vorschlag verbundenen Gesamtkosten zwischen 2,6 und 6,3 Mrd. EUR. Dem zweiten Betrag liegt die Annahme zugrunde, dass alle bestehenden Tunnel umgebaut und an die für neue Tunnel geltenden Bestimmungen angepasst werden. Die Europäische Kommission verweist darauf, dass die mit der vorgeschlagenen Richtlinie verbundenen Kosten von den Mitgliedstaaten getragen werden.

2. Allgemeine Bemerkungen

2.1. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt und unterstützt den Ansatz der Europäischen Kommission. Er stimmt den angestrebten Zielen zu und hofft auf eine rasche Umsetzung dieser Richtlinie, um neuerlichen Katastrophen, wie sie sich in den letzten Jahren ereignet haben, vorzubeugen bzw. im Falle einer Katastrophe zumindest die menschlichen und wirtschaftlichen Folgen abzuschwächen.

2.2. Der Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Richtlinie

2.2.1. Der Ausschuss kann nachvollziehen, dass die Richtlinie zum derzeitigen Zeitpunkt nur für Tunnel des transeuropäischen Straßennetzes mit einer Länge von mehr als 500 Metern gilt, da die EU in Bezug auf diese Tunnel am ehesten eine Harmonisierung der Bestimmungen erwirken kann. Die Europäische Kommission streicht freilich in ihrer Argumentation heraus, dass die Harmonisierung der Sicherheitsinformationen sowie der Kommunikations- und sonstiger Sicherheitseinrichtungen und des Tunnelmanagements von grundlegender Bedeutung für eine erhöhte Sicherheit und einen besseren Schutz der Straßennutzer ist.

2.2.2. Wenngleich die Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie auf die außerhalb des transeuropäischen Straßennetzes befindlichen Tunnel mit einer Länge von über 500 Metern mithin derzeit nicht in Betracht kommt, sollte dennoch deutlich hervorgehoben werden, dass dieses Ziel mittelfristig sehr wohl angestrebt werden muss.

2.2.3. Der Ausschuss regt die Aufnahme einer Bestimmung in die Richtlinie an, der zufolge die betroffenen Staaten bei umfassenden Umbau-, Sanierungs- und Wartungsarbeiten in Tunneln mit einer Länge von über 500 Metern auch außerhalb des transeuropäischen Straßennetzes innerhalb einer Frist von 20 Jahren zur Anpassung dieser Tunnel an die neuen Bestimmungen der Richtlinie verpflichtet sind.

2.2.4. Ohne eine derartige Bestimmung wären die europäischen Straßennutzer rasch mit unterschiedlichen Vorschriften für "europäische" Tunnel mit einer Länge von über 500 Metern, die den harmonisierten Vorschriften entsprechen, und "nationalen" Tunneln konfrontiert. Diese mangelnde Harmonisierung wäre der Sicherheit abträglich.

2.2.5. Der Ausschuss ist sich bewusst, dass seine Empfehlung eine Steigerung der Gesamtkosten bewirkt, die mit der Umsetzung der in der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen verbunden sind, doch mit einer Staffelung dieser Kosten bis 2025 sollte es möglich sein, die angestrebten Ziele zu erreichen. Der Ausschuss ist ferner der Auffassung, dass die EU unter Berücksichtigung der Finanzierungsvorschläge, die er nachstehend unter Ziffer 2.4 dieser Stellungnahme unterbreitet, über ausreichende Mittel zur Umsetzung einer derartigen Politik verfügt.

2.3. Die Möglichkeit der Durchführung kostengünstigerer Maßnahmen

2.3.1. Angesichts der Kosten für die Sanierung von Straßentunneln und ihrer Anpassung an die Bestimmungen der Richtlinie räumt die Kommission den Staaten die Möglichkeit ein, "unter bestimmten Umständen kostengünstigere Maßnahmen durchzuführen, sofern damit ein ausreichendes Sicherheitsniveau erreicht wird" (Ziffer 6 Buchstabe A der Begründung).

2.3.2. Der Ausschuss kann die Beweggründe der Europäischen Kommission für diesen Vorschlag nicht nachvollziehen. Sieht sie die Möglichkeit, dass Staaten aus mangelnder Haushaltsdisziplin der Finanzierung von Arbeiten, die höhere Kosten als die für die Einhaltung der Mindeststandards der Richtlinie erforderlichen Arbeiten nach sich ziehen, zustimmen? Oder sind tatsächlich Maßnahmen denkbar, mit denen im Vergleich zur Richtlinie auf kostengünstigere Art und Weise ein ausreichendes oder gleichwertiges Sicherheitsniveau gewährleistet werden kann? In diesem Fall erhebt der Ausschuss die Frage, warum diese kostengünstigeren Maßnahmen dann nicht von Beginn an in der Richtlinie festgeschrieben werden.

2.3.3. Der Ausschuss ist der Auffassung, dass die den Staaten eingeräumte Möglichkeit, aus finanziellen Gründen Maßnahmen zu ergreifen, die sich von den vorgesehenen Maßnahmen unterscheiden, aufgrund der unausweichlichen Verhandlungen mit der Europäischen Kommission zu langfristigen Verzögerungen bei der Umsetzung der Richtlinie führen wird. Diese Verzögerungen liefen der angestrebten Harmonisierung zuwider, die von der Europäischen Kommission als Garantie für eine tatsächliche Verbesserung des Sicherheitsniveaus der Straßentunnel angesehen wird.

2.3.4. Der Ausschuss fordert daher, dass es keine Möglichkeit zur Abweichung von den in der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen geben darf - mit Ausnahme von technischen Unvereinbarkeiten, die eindeutig nachgewiesen und von der Europäischen Kommission anerkannt werden müssen. In einem derartigen Falle müssen die jeweiligen Staaten Lösungsvorschläge zur Gewährleistung eines zumindest gleichwertigen Sicherheitsniveaus unterbreiten.

2.4. Die Finanzierung der mit der vorgeschlagenen Richtlinie verbundenen Kosten

2.4.1. Der Ausschuss ist nicht in der Lage, die von der Europäischen Kommission vorgelegten Kostenabschätzungen zu bewerten. Er stellt jedoch fest, dass die diesbezüglichen Angaben recht vage sind, bewegen sich die Gesamtkosten doch "zwischen 2,6 und 6,3 Mrd. EUR". Allein Österreich hat beispielsweise Mittel in Höhe von 1,7 Mrd. EUR veranschlagt. Daher fordert der Ausschuss die Kommission auf, ihre Kostenabschätzungen zu überprüfen, zumal da die unverhältnismäßig große Kostenspanne zwischen den beiden genannten Beträgen einen Anreiz für die Staaten darstellen könnte, sämtliche Möglichkeiten für Ausnahmeregelungen auszuschöpfen, was zu Lasten der effizienten Umsetzung der Richtlinie gehen würde.

2.4.2. Angesichts der speziellen Arbeitsanforderungen zur Berücksichtigung schwieriger Gegebenheiten - wie der Bodenbeschaffenheit - geht der Ausschuss ferner ausschließlich von der Hypothese aus, dass alle bestehenden Tunnel an die Bestimmungen der Richtlinie angepasst werden und dabei Kosten in Höhe von 6,3 Mrd. EUR für einen Zeitraum von 10 Jahren entstehen werden.

2.4.3. Der Ausschuss hält fest, dass die Europäische Kommission in Bezug auf die direkten und indirekten Kosten von Unfällen ebenfalls nur unvollständige Angaben macht. Doch schon aufgrund dieser Teildaten allein scheint es sehr wahrscheinlich, dass eine umfassende Studie zu dem Schluss kommen würde, dass die direkten und indirekten Kosten von Unfällen in Straßentunneln sich auf 1 Mrd. Euro jährlich belaufen. Die Kosten des Programms zur Anpassung der Tunnel an die Richtlinienbestimmungen zur Verhütung von Unfällen oder zur Abschwächung ihrer Auswirkungen werden auf 0,63 Mrd. EUR jährlich über einen Zeitraum von 10 Jahren geschätzt, das heißt auf einen deutlich geringeren Betrag als die derzeit auf Unfälle zurückzuführende jährliche Schadenssumme.

2.4.4. Unter diesen Umständen könnten die mit der Anpassung an die Richtlinienbestimmungen verbundenen Kosten für diejenigen Mitgliedstaaten, in deren Hoheitsgebiet sich zahlreiche Tunnel mit einer Länge von über 500 Metern befinden, nur schwer zu bewältigen sein. Daher muss die Europäische Kommission ihren Vorschlag entsprechend ändern und einen Finanzierungsmechanismus schaffen, der diesen Gegebenheiten in stärkerem Maße gerecht wird und größere Anreize bietet.

2.4.5. Einen gerechteren Finanzierungsmechanismus, da das transeuropäische Straßennetz allen Straßennutzern ungeachtet der Tatsache, ob sie Unionsbürger sind oder nicht, zur Verfügung steht. Es ist nicht einzusehen, dass einem einzelnen Staat die Gesamtkosten für eine von allen Staaten gemeinsam zu tragende Verantwortung aufgebürdet werden. Dies würde diejenigen Staaten benachteiligen, die aus geografischen, historischen oder wirtschaftlichen Gründen in den Tunnelbau investiert und so zur Schaffung eines qualitativ hochwertigen europäischen Straßennetzes beigetragen haben.

2.4.6. Einen attraktiveren Finanzierungsmechanismus, da die Staaten, die zahlreiche Tunnel aufweisen, aufgrund von Haushaltsengpässen bei der Wahl der zu ergreifenden Maßnahmen die Investitionen für deren Sanierung und Anpassung an die Richtlinienbestimmungen hinauszögern könnten.

2.4.7. Daher verweist der Ausschuss erneut auf die bereits in seiner Stellungnahme vom 23. Januar 2003 zur Besteuerung von Dieselkraftstoff(1) herausgestellte Notwendigkeit, einen innovativen Weg zur Finanzierung der Infrastruktur zu beschreiten, indem ein aus kontinuierlichen Einnahmen (z. B. 1 Cent pro Liter Kraftstoff, d. h. 10 EUR pro Tonne, was einem jährlichen Gesamtbetrag von ca. 3 Mrd. EUR ab dem Jahr 2006 entspricht) gespeister "Europäischer Verkehrsinfrastrukturfonds" eingerichtet wird. Die von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union erhobenen Einnahmen werden somit für die jährliche Mittelausstattung des "Europäischen Verkehrsinfrastrukturfonds" herangezogen, der in einer speziellen Haushaltslinie der Europäischen Union angeführt wird. Mit den Fondsmitteln könnten mit Unterstützung der EIB in Form von Anleihebürgschaften oder Beihilfen 50 % der Kosten für die Arbeiten finanziert werden, die zur Anpassung der Tunnel mit einer Länge von über 500 m an die Richtlinienbestimmungen erforderlich sind(2).

2.5. Der Status des Sicherheitsbeauftragten

2.5.1. In der Richtlinie ist die Schaffung mehrerer Gremien (Aufsichtsbehörde, Untersuchungsorgan) vorgesehen, deren Rolle und Funktion recht klar dargelegt wird. Dies gilt auch für weitere Akteure (Tunnelmanager, Ereignisdienste). In Bezug auf den Sicherheitsbeauftragten, der im Mittelpunkt der Vorkehrungen für eine kohärente und effiziente Umsetzung der Sicherheitsmaßnahmen steht, ist der Ausschuss der Ansicht, dass seine Rolle eindeutiger festgelegt werden muss, um seine Unabhängigkeit sicherzustellen und seine Befugnisse klar darzulegen.

2.5.2. Der Ausschuss vertritt trotz der Absicht der Europäischen Kommission, der zufolge "der Sicherheitsbeauftragte [...] in allen die Sicherheit von Straßentunneln betreffenden Fragen unabhängig ist", die Auffassung, dass sich dieser aufgrund seiner Stellung als Beschäftigter des Tunnelmanagers im Notfall oder bei der Entscheidung über dringliche Maßnahmen unausweichlich in einer schwer zu bewältigenden oder gar konfliktuellen Situation befindet.

Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der Sicherheitsbeauftragte nach Maßgabe von Artikel 4 ("Bauliche und betriebliche Änderungen") aus Anhang II "einschränkende betriebliche Maßnahmen festlegen oder in dringenden Fällen [...] die Schließung des Tunnels für den allgemeinen Verkehr anordnen" muss.

2.5.3. Der Ausschuss empfiehlt, die Unabhängigkeit des Sicherheitsbeauftragten durch konkrete Anforderungen sicherzustellen und einen Nachweis seiner Befähigung vorzuschreiben. Der Ausschuss schlägt vor, dass folgende Aspekte in der Richtlinie ausgeführt werden:

- Der Sicherheitsbeauftragte darf keinesfalls in einem Arbeitsverhältnis zum Tunnelmanager stehen;

- er muss unabhängig oder für ein Unternehmen bzw. eine öffentliche Einrichtung (Zivilschutz, Feuerwehr usw.) tätig sein, das/die keinerlei Verbindung zum Tunnelmanager unterhält;

- er muss eine persönliche Befähigung aufweisen, die von der Aufsichtsbehörde bescheinigt wird;

- er muss über eine entsprechende Versicherung verfügen;

- im Falle eines schwerwiegenden Konflikts mit dem Tunnelmanager hat er das Recht, sich direkt an die Aufsichtbehörde zu wenden (der Tunnelmanager kann sich ebenfalls an die Aufsichtsbehörde wenden);

- er muss über die erforderlichen Mittel für seine Arbeit verfügen, die vom Tunnelmanager im Rahmen eines entsprechenden, der Aufsichtsbehörde vorzulegenden Vertrags getragen werden.

2.6. Zukünftige Mitgliedstaaten und die Sonderfälle

2.6.1. Der Ausschuss bringt sein Befremden darüber zum Ausdruck, dass die sich aus der Anwendung dieser Richtlinie, die in wenigen Monaten in Kraft treten dürfte, für die Bewerberländer ergebenden Folgen in dem Vorschlag nicht erwähnt werden. Im Hinblick auf die Erweiterung fordert der Ausschuss die Europäische Kommission auf, bis zum Jahr 2005 eine Liste aller Tunnel mit einer Länge von über 500 Metern in den zukünftigen Mitgliedstaaten vorzulegen und die unverzügliche Ausweitung des Anwendungsbereichs der Richtlinie auf diese Länder vorzusehen, damit bis 2025 alle Tunnel in der erweiterten Union den Richtlinienbestimmungen genügen.

2.6.2. Der Ausschuss begrüßt den in der Begründung enthaltenen Hinweis der Europäischen Kommission, dass sie die Ergebnisse von in der Schweiz durchgeführten Studien berücksichtigt und dieses Land ebenso wie Norwegen dazu einladen will, sich an den Arbeiten des gemäß Artikel 16 der Richtlinie einzusetzenden Ausschusses zu beteiligen. Der Ausschuss bringt seine Hoffnung zum Ausdruck, dass die Bemühungen der Europäischen Kommission um eine Harmonisierung der Mindestsicherheitsanforderungen für Straßentunnel sowohl in der EU als auch der Schweiz und Norwegen letztendlich von Erfolg gekrönt sein werden.

3. Besondere Bemerkungen

3.1.

- In Bezug auf die Ziele (Ziffer 2 der Begründung) ist der Ausschuss der Auffassung, dass Unfälle auch häufig auf veraltete und nicht dem neuesten Strand der Technik entsprechende Anlagen oder deren mangelhafte Wartung zurückzuführen sind.

- Darüber hinaus sollte festgehalten werden, dass die Sicherheitsmaßnahmen mittels eines ständigen Überwachungsmechanismus aktualisiert werden müssen, um die umgehende Berücksichtigung des technischen Fortschritts und eines neuen Verbraucherverhaltens zu gewährleisten. So kann beispielsweise davon ausgegangen werden, dass der Einsatz neuer Kraftstoffe wie Flüssiggas (LPG) in kurzer Frist üblich wird. Sollte sich diese Annahme bewahrheiten, müsste den neuen Gegebenheiten umgehend in der Richtlinie Rechnung getragen werden, da diese auf der Hypothese von Stör- oder Unfällen mit Brand- und möglicherweise Explosionsfolgen erarbeitet wurde. Bei Unfällen mit Kraftstoffen wie Flüssiggas (LPG) erfolgt eine Explosion je nach Art des Unfalls vor oder nach dem Ausbruch des Brandes, was für die Präventivmaßnahmen und die Organisation der Ereignisdienste andere als die derzeit vorgesehenen Szenarien erforderlich macht.

- Im Zusammenhang mit dem zweiten Ziel fordert der Ausschuss, dass nicht nur die materiellen Schäden, sondern auch Folgen für die Menschen und die wirtschaftlichen Konsequenzen so weit wie möglich abgeschwächt werden.

3.2. Anwendungsbereich

Der Ausschuss bittet die Kommission, ihren Text zu ändern und seinem eingangs unterbreiteten Vorschlag zur Ausweitung des Anwendungsbereichs der Richtlinie auf Straßentunnel mit einer Länge von über 500 Metern, die sich außerhalb des transeuropäischen Straßennetzes befinden, Rechnung zu tragen. Die Kosten für die Anpassung dieser Tunnel an die Richtlinienbestimmungen bis zum Jahr 2025 sollten zu 50 % aus den Mitteln des eingangs erwähnten "Europäischen Verkehrsinfrastrukturfonds" bestritten werden.

3.3. Infrastruktur

Der Ausschuss schlägt der Kommission vor, ihren Ansatz zu revidieren, und empfiehlt, beim Bau von Gegenverkehrstunneln alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um auf lange Sicht die Möglichkeit zum Umbau dieser Tunnel in Richtungsverkehrstunnel durch den Bau einer zweiten Röhre zu wahren.

3.4. Fahrzeuge

Es wäre zweckdienlich, das Mitführen von zusätzlichen nicht gesicherten Kraftstoffbehältern bis zum Jahr 2010 zu verbieten, zumal der Richtpreis von Dieselkraftstoff für gewerbliche Zwecke zu diesem Zeitpunkt harmonisiert sein wird. Der Ausschuss verweist darauf, dass die Europäische Kommission in einer unlängst verabschiedeten Richtlinie zur Harmonisierung der Verbrauchsteuersätze wettbewerbsschädigende Praktiken verurteilt hat, aufgrund deren einige Transportunternehmer, die über zusätzliche Kraftstoffbehälter zur Steigerung des Tankvolumens auf 1500 Liter verfügen, den Kraftstoff zu Preisen erwerben können, die anderen Verkehrsunternehmern verwehrt blieben. Daher fordert der Ausschuss, dass die von der Europäischen Kommission favorisierte Maßnahme zeitlich begrenzt ist und zusätzliche Kraftstoffbehälter verboten werden.

3.5. Fahrer von Lastkraftwagen ab 16 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht

Der Ausschuss fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten in der Richtlinie erneut darauf hinzuweisen, dass sie für die Ausbildung der Lastkraftwagenfahrer verantwortlich sind. Der Ausschuss schlägt insbesondere vor, dass alle Lastkraftwagenfahrer in Bezug auf die Sicherheitsanforderungen in Tunneln an einer speziellen Ausbildung teilnehmen, deren Besuch in ihrem Führerschein vermerkt wird. Bei der Festlegung einschlägiger Maßnahmen müssen folgende Aspekte berücksichtigt werden:

- die Sicherstellung des gleichen Ausbildungsniveaus aller in der EU bereits tätigen Lastkraftwagenfahrer;

- die entsprechende Ausbildung der neuen Lastkraftwagenfahrer in der EU;

- die Ausbildung der Lastkraftwagenfahrer aus Drittstaaten.

3.6. Anhang I

3.6.1. Ziffer 1.5.2: Der Ausschuss ist der Auffassung, dass diese Richtlinie Gelegenheit zur Festlegung der Bestimmungen bietet, die bei Arbeiten von derartiger oder ähnlicher Bedeutung in der Nähe eines bereits in Betrieb befindlichen Tunnels zu beachten sind, um die ständige Sicherheit der Nutzer zu gewährleisten.

3.6.2. Ziffer 1.10: Nach Ansicht des Ausschusses müssen nach Maßgabe von Artikel 13 der Richtlinie systematisch Risikoanalysen unbeschadet der Art des Tunnels durchgeführt werden. Es ist daher nicht zweckdienlich, Sonderregelungen für Unterwassertunnel zu erlassen.

3.6.3. Ziffer 1.11:

- Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die Sicherstellung der Beleuchtung bei Stör- oder Unfällen über einen ausreichenden Zeitraum hinweg (2 Stunden) in der Richtlinie festgehalten werden muss (Notwendigkeit eines unabhängigen Notstromaggregats oder zweier unabhängig voneinander angelegter Stromkreise);

- Der Ausschuss erachtet es für Tunnel der Klasse I als wünschenswert, dass die Hydranten durch eine Hochdruckwasserversorgungsanlage gespeist werden.

- Der Ausschuss regt an, diesen Punkt mit Angaben zu Art und Kapazität der anzubringenden Feuerlöscher zu ergänzen.

- Der Ausschuss schlägt folgende Ergänzung von Spiegelstrich 3 vor: "[...] Tunnelmanager und Ereignisdienste sollen in der Lage sein, Rundfunksendungen für dringende Mitteilungen an die Nutzer über die Rundfunkgeräte in ihren Fahrzeugen zu unterbrechen".

- Für den ersten Satz von Spiegelstrich 5 empfiehlt der Ausschuss folgende Änderung des Wortlauts:"sichere Energiequellen und Versorgung der Ausrüstung über geschützte Hoch- und Niederspannungskabel (Stromversorgung, Rundfunk, Telefon usw.) mit einer garantierten Betriebsdauer von 2 Stunden bei Stör- oder Unfällen (...)."

3.6.4. Ziffer 2.2: Angesichts der Bedeutung des Sicherheitsbeauftragten fordert der Ausschuss die Europäische Kommission auf, alle Aspekte dieser Funktion unter Berücksichtigung der eingangs unterbreiteten Anregungen des Ausschusses in einem einzigen Artikel der Richtlinie, nämlich in Artikel 7, zusammenzufassen.

3.6.5. Ziffer 3.2: Der Ausschuss empfiehlt der Europäischen Kommission, die Bedingungen für eine derartige Prüfung festzulegen. Diese Prüfung sollte von der Polizei oder von Zollbeamten, nicht jedoch vom Tunnelmanager vorgenommen werden, der über keinerlei rechtliche Befugnis verfügt. Der Ausschuss spricht sich für die Streichung dieses Punktes aus.

3.7. Anhang II

3.7.1. Ziffer 2 Absatz 5: Der Ausschuss schlägt folgende Änderung von Spiegelstrich 4 vor: "eine Beschreibung der zur Gewährleistung des Betriebs und des Unterhalts sowie der Arbeiten im Inneren oder in der Nähe des Tunnels bestehenden Organisation, der menschlichen und materiellen Ressourcen und der vom Tunnelmanager spezifizierten Anweisungen".

3.7.2. Der Ausschuss schlägt der Europäischen Kommission vor, die Bedingungen, unter denen die Sicherheitsdokumentation aktualisiert werden muss, sowie eine periodische Frist hierfür festzusetzen.

3.7.3. Schließlich möchte der Ausschuss erneut auf die Rolle des Sicherheitsbeauftragten eingehen und darauf hinweisen, dass seine Befugnis, einschränkende betriebliche Maßnahmen festzulegen oder in dringenden Fällen die Schließung des Tunnels für den allgemeinen Verkehr anzuordnen, keineswegs "unter ferner liefen" am Ende von Anhang II angeführt werden darf, sondern wie bereits eingangs erwähnt in Artikel 7 der Richtlinie selbst aufgenommen werden muss.

3.8. Anhang III

3.8.1. Ziffer 1 und Ziffer 2.4: In Bezug auf die Anbringung der Feuerlöscher und der Notruftelefone sind diese beiden Ziffern widersprüchlich. Die unter Ziffer 2.4 vorgesehenen Bestimmungen sollten beibehalten werden, da die Sicherheitsausrüstungen a priori sinnvoller in den Sicherheitsnischen angebracht sind.

3.8.2. Ziffer 2.4:

- Nach Ansicht des Ausschusses ist das Schild zur Anzeige der Tunnelklasse für den Nutzer, der nicht über ausreichende Informationen verfügt, um einen Vorteil daraus ziehen zu können, nur schwer verständlich. Sollte dieses Schild beibehalten werden, würde es lediglich "Insidern" dienen.

- Die Kennzeichnung der Not- bzw. Ausweichbuchten erfolgt durch drei unterschiedliche Schilder. Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass diese Schilder weniger klar und verständlich sind als das am Ende von Anhang II unter "Piktogramme für veränderliche Anzeigen" angeführte Schild. Es besteht die Gefahr, dass das Nebeneinander einer gestrichelten und einer durchgehenden Linie, die entweder eine Straßenverengung oder eine Umleitung, nicht jedoch unbedingt eine Not- bzw. Ausweichbucht anzeigen, Verwirrung stiftet.

3.8.3. Darüber hinaus wird unter Ziffer 1.1 festgehalten, dass die Not- bzw. Ausweichbuchten mit einem Notruftelefon und mindestens zwei Feuerlöschern ausgestattet sein müssen. Dementsprechend sollte lediglich das dritte Schild, das diese beiden Ausrüstungen anzeigt, im Anhang enthalten sein. Die Beibehaltung der beiden anderen Schilder ließe darauf schließen, dass Ausnahmen von dieser Verpflichtung gemacht werden.

4. Schlussfolgerungen

Der Ausschuss befürwortet die Initiative der Kommission für die rasche Umsetzung harmonisierter Mindestanforderungen für die Sicherheit von Tunneln im transeuropäischen Straßennetz. Er stellt jedoch fest, dass die Kommission keinerlei Lösung für die Finanzierung der für die Anpassung an die Richtlinienbestimmungen erforderlichen Arbeiten anbietet.

Der Ausschuss unterbreitet daher folgende Vorschläge:

4.1. Finanzierung der Arbeiten zur Anpassung der Tunnel an die Richtlinienbestimmungen

Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass es angesichts von Haushaltsengpässen und der starken Konzentration von Tunneln in einzelnen Staaten weder gerecht ist noch einen Anreiz für Investitionen darstellt, die Finanzierung der für die Anpassung der Tunnel an die Richtlinienbestimmungen erforderlichen Arbeiten den einzelnen Mitgliedstaaten aufzubürden. Daher betont der Ausschuss die Notwendigkeit, einen innovativen Weg durch die Einrichtung eines "Europäischen Verkehrsinfrastrukturfonds" zu beschreiten, der sich aus einer Abgabe in Höhe von 1 Cent pro Liter in der EU verbrauchten Kraftstoffs speist (siehe Ziffer 2.4.7).

4.2. Der Anwendungsbereich der Richtlinie

Um die Harmonisierung der Sicherheitsanforderungen zu erleichtern und vorbildliche Verhaltensweisen bei den Nutzern zu fördern, fordert der Ausschuss, dass der Anwendungsbereich der Richtlinie bis zum Jahr 2025 auf alle Straßentunnel von über 500 m Länge ausgeweitet und den betroffenen Staaten eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 50 % der Gesamtkosten der Arbeiten aus dem "Europäischen Verkehrsinfrastrukturfonds" gewährt wird (siehe Ziffer 2.2).

4.3. Verbot von Ausnahmeregelungen

Vor dem Hintergrund der Einrichtung des "Europäischen Verkehrsinfrastrukturfonds", mit dessen Mitteln 50 % der Gesamtkosten der erforderlichen Arbeiten bestritten werden können, fordert der Ausschuss, dass sämtliche Möglichkeiten für Ausnahmeregelungen verboten werden, da diese zu Lasten der effizienten Umsetzung der Sicherheitsmaßnahmen gehen würden.

4.4. Spezielle Ausbildung für Fahrer von Lastkraftwagen ab 16 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht

Der Ausschuss betont, dass die Nutzer zur Einhaltung der Mindestsicherheitsanforderungen über einschlägige Informationen verfügen müssen. Angesichts des hohen potentiellen Gefahrenrisikos in Verbindung mit Lastkraftwagen ab 16 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht ist es nach Ansicht des Ausschusses unerlässlich, eine spezielle Ausbildung für die Fahrer dieser LKW-Kategorie zu konzipieren, die in ihrem Führerschein vermerkt wird (siehe Ziffer 3.5).

4.5. Sicherheitsbeauftragter

Der Sicherheitsbeauftragte, der im Mittelpunkt der in der Richtlinie vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen steht, muss unabhängig von Tunnelmanager agieren und über einen Nachweis seiner Befähigungen verfügen (siehe Ziffer 2.5.3).

Brüssel, den 18. Juni 2003.

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Roger Briesch

(1) ABl. C 85 vom 28.4.2003.

(2) Angesichts der großen Bedeutung dieser Frage wird die Erarbeitung einer Initiativstellungnahme angeregt, die eine profunde Analyse aller Aspekte der Finanzierung von derartigen Infrastrukturen zum Gegenstand hat.

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