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Document 52001AE0938

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über eine Migrationspolitik der Gemeinschaft"

    ABl. C 260 vom 17.9.2001, p. 104–112 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    52001AE0938

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über eine Migrationspolitik der Gemeinschaft"

    Amtsblatt Nr. C 260 vom 17/09/2001 S. 0104 - 0112


    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über eine Migrationspolitik der Gemeinschaft"

    (2001/C 260/19)

    Die Kommission beschloss am 1. Februar 2001, den Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu der vorgenannten Mitteilung zu ersuchen.

    Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 20. Juni 2001 an. Berichterstatter war Herr Pariza Castaños, Mitberichterstatter Herr Mengozzi.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 383. Plenartagung (Sitzung vom 12. Juli 2001) mit 61 gegen 2 Stimmen bei 16 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

    1. Einleitung

    1.1. Für eine angemessene Auseinandersetzung mit dem Thema Migration sollten einige Grundsatzbemerkungen in Erinnerung gerufen werden:

    1.1.1. Die Migration ist ein in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1948 anerkanntes Grundrecht(1).

    1.1.2. Die Migration ist mitunter ein von Personen frei gewähltes "Abenteuer" zur Verwirklichung der eigenen beruflichen, familiären, wirtschaftlichen u. a. Lebenspläne. In zahlreichen Fällen ist sie jedoch eine durch unannehmbare Lebensbedingungen und mangelhafte Perspektiven auferlegte Notwendigkeit.

    1.1.3. Daher haben die staatlichen Behörden die Pflicht, die Wahrnehmung dieses Rechts dadurch zu ermöglichen, dass sie zu einer Konsensbildung in der Bevölkerung des Aufnahmelandes beitragen. Des Weiteren müssen sie die Migrationsfluesse verantwortungsvoll steuern.

    1.1.4. Die Geschichte, insbesondere die der letzten 250 Jahre, hat gezeigt, dass die Migrationswellen stattfinden trotz der - mitunter blutigen - Feindseligkeiten seitens derer, die in der Überzeugung, ihren Wohlstand und ihre Identität zu verteidigen, das Zusammenleben mit Fremden selbst dann ablehnen, wenn dies aus diversen, häufig wirtschaftlichen Gründen, nützlich oder sogar erforderlich ist.

    1.2. Aus diesen Gründen ist in vielen Ländern der Europäischen Union eine umfassende und tiefgreifende politisch-pädagogische Aufklärungsarbeit seitens der politischen, wirtschaftlichen, sozialen und religiösen Kräfte erforderlich, um das öffentliche Bewusstsein für das Recht auf Einwanderung zu schärfen. Selbstverständlich haben die Zuwanderer neben diesen Rechten auch die unumgängliche Pflicht, die Gesetzgebung der von ihnen ausgewählten Aufnahmeländer, in denen sie arbeiten und eine Familie gründen möchten, zu achten.

    1.3. Die gemeinschaftliche Migrationspolitik berücksichtigt sowohl die Einwanderung aus humanitären Gründen (Flüchtlinge, zeitweilig schutzbedürftige Menschen usw.) als auch die Einwanderung zum Zwecke der Familienzusammenführung sowie die Migration aus wirtschaftlichen oder beruflichen Gründen. Die Mitteilung der Kommission, auf die diese Stellungnahme Bezug nimmt, befasst sich im Wesentlichen mit der Wirtschafts- und Arbeitsmigration, bezieht sich aber stellenweise auch auf die anderen Migrationsgründe.

    1.4. Die Einwanderung aus humanitären Gründen wurde bereits auf Gemeinschaftsebene in Form konkreter Maßnahmen geregelt, wie etwa der Errichtung des Europäischen Flüchtlingsfonds(2). Andere Maßnahmen befinden sich derzeit im Verabschiedungsverfahren, wie die Richtlinie über den vorübergehenden Schutz(3), die Richtlinie über gemeinsame Mindestnormen für Verfahren zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft(4), die Mitteilung über ein gemeinsames Asylverfahren(5), u. a.

    1.5. Auch die Familienzusammenführung ist Gegenstand einer gemeinschaftsweiten Regelung, nämlich der Richtlinie über das Recht auf Familienzusammenführung, die nur noch vom Rat endgültig genehmigt werden muss(6).

    1.6. Die Mitteilung über eine Migrationspolitik der Gemeinschaft konzentriert sich zu Recht auf die Arbeitsmigration, auch wenn andere Migrationsformen deshalb nicht aus dem Blickfeld geraten dürfen. Demzufolge befasst sich auch diese Stellungnahme hauptsächlich mit der Wirtschafts- und Arbeitsmigration.

    1.7. Die Kommission legt in ihrer Mitteilung die Fundamente für die Ausarbeitung einer gemeinschaftlichen Migrationspolitik, die erst mit Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrags möglich wurde, als diese Materie in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinschaft fiel. Gleichzeitig gibt sie einen Überblick über die von den EU-Mitgliedstaaten in den letzten 30 Jahren verfolgten Einwanderungspolitiken. Eine Neugestaltung der Migrationspolitik der Gemeinschaft ist dringend erforderlich. In dieser Stellungnahme wird die Mitteilung der Kommission generell als positiv bewertet; gleichwohl werden zu bestimmten Aspekten spezifische Bemerkungen formuliert.

    2. Wesentlicher Inhalt der Kommissionsmitteilung

    2.1. Die Kommission gibt die Gründe an, weshalb ein neuer Ansatz im Bereich der Migration erforderlich ist. Dreh- und Angelpunkt ist der neue wirtschaftliche und demographische Kontext in der Europäischen Union. Auf der einen Seite macht der Arbeitsmarkt jeden Tag deutlicher, wie wichtig die Arbeitsmigration für die Deckung des bestehenden Bedarfs an Arbeitskräften ist, und auf der anderen Seite weisen die Bevölkerungsprognosen darauf hin, dass sich die Einwanderung positiv auf die durch den Alterungsprozess der europäischen Bevölkerung entstehenden Probleme auswirken wird, ohne gleichzeitig als probates Allheilmittel gehandelt zu werden.

    2.2. Die Kommission weist darauf hin, dass der Arbeitskräftemangel nicht nur bei qualifizierten Arbeitskräften, wie etwa im Bereich der neuen Technologien, besteht, sondern auch bei unqualifizierten.

    2.3. In der Mitteilung wird erläutert, dass die Migrationspolitiken der Mitgliedstaaten in den letzten 30 Jahren davon ausgingen, dass Europa nicht auf Wirtschafts- und Arbeitsmigration angewiesen sei. Dadurch wurde die legale Einwanderung fast unmöglich gemacht. Gleichzeitig stieg in einigen Wirtschaftsbereichen die reale Nachfrage nach Arbeitskräften, was dazu geführt hat, dass die Mitgrationsströme sich auf illegalen Wegen kanalisierten, und so dem Menschenhandel sowie der Ausbeutung von Arbeitnehmern ohne Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung Vorschub leisteten.

    2.4. Der wichtigste Vorschlag dieser Mitteilung besteht darin anzuerkennen, dass Wirtschafts- und Arbeitsmigration erforderlich sind und dass die entsprechenden legalen Kanäle wieder geöffnet werden sollten. Dies ist der beste Weg, um die Einwanderung unter Kontrolle zu halten und dem Kampf gegen illegale Einwanderung und Ausbeutung von Immigranten mehr Durchschlagkraft zu verleihen.

    2.5. Die Kommission macht ihre Vorschläge vor dem Hintergrund der vom Europäischen Rat in Tampere gefassten Beschlüsse: Zusammenarbeit zwischen den Herkunftsländern, hin zu einem europäischen Asylverfahren, gerechte Behandlung von Drittstaatsangehörigen und gemeinsame Steuerung der Migrationsströme.

    2.6. Die Zusammenarbeit mit den Herkunftsstaaten muss sich positiv auf die wirtschaftliche und politische Entwicklung auswirken. Die europäische Migrationspolitik muss sowohl dem Herkunfts- als auch dem Aufnahmeland zugute kommen. Daher muss für die negativen Folgen, die die Migrationsströme für die Herkunftsländer mit sich bringen, Abhilfe geschaffen werden. Dies gilt insbesondere für die vom Herkunftsland getragenen Ausbildungskosten derjenigen, die dann ihre Berufstätigkeit außerhalb des Landes aufnehmen. Die Kommission macht ferner darauf aufmerksam, dass die Möglichkeiten der Mobilität der Migranten zwischen Herkunfts- und Aufnahmeland ausgebaut werden müssen, was sowohl ihren Tätigkeiten als auch ihrem Wirtschaftsbeitrag im Herkunftsland zugute käme.

    2.7. Im Hinblick auf die Eröffnung neuer legaler Wege, über die die Wirtschafts- und Arbeitsmigration laufen könnte, schlägt die Kommission vor, dass die Mitgliedstaaten einen neuen Ansatz verfolgen, der auf der Anerkennung des positiven Wertes dieser Migration und des Nutzens einer umfassenderen Politik basiert, die den bislang vorherrschenden rigiden Vorgaben ein Ende setzt.

    2.8. Zur Festlegung der jährlichen Zulassungshöchstgrenzen für die Arbeitsmigranten seitens der einzelnen Mitgliedstaaten schlägt die Kommission vor, dass diese regelmäßige Prognosen über ihren Bedarf anstellen und eine gemeinschaftsweite Zusammenarbeit sowie einen entsprechenden Informationsaustausch über ihre Prognosen anstreben. Nach Ansicht der Kommission ist eine jährliche Quotenregelung ungeeignet, weil wenig flexibel. Im Rahmen dieses flexiblen Zulassungskonzepts müssen die Mitgliedstaaten Berichte erstellen über die aufgenommenen und voraussichtlich zuzulassenden Migranten. Anhand dieses Berichts, die der Zusammenarbeit zwischen allen EU-Staaten förderlich sind, wird der Rat die gesamte Zulassungspolitik der Europäischen Union genehmigen. Die Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern ist in diesem gesamten Prozess unerlässlich.

    2.9. Die Zulassungsverfahren müssen harmonisiert werden und ebenso klar wie einfach sein, um die Aufnahme legaler Migranten aus beruflichen Gründen zu ermöglichen. Als eines dieser Verfahren zieht die Kommission die Erteilung von Einreisevisa für die Arbeitssuche in Betracht.

    2.10. Die Kommission macht unmissverständlich deutlich, dass die zugelassenen Personen den Unionsbürgern vergleichbare Rechte genießen sollen. Diese Rechte sollten mit zunehmender Aufenthaltsdauer ausgeweitet werden. Zu diesem Zweck beabsichtigt sie die Erteilung von Daueraufenthaltsgenehmigungen und Dauerarbeitsgenehmigungen an diejenigen, die eine noch festzulegende Anzahl von Jahren in einem EU-Staat wohnhaft gewesen sind. Das Konzept der Zivilbürgerschaft sollte weiter entwickelt werden, damit die Angehörigen der Mitgliedstaaten und die Drittstaatsangehörigen mit dauerhaftem Wohnsicht als Bürger gleichgestellt werden.

    2.11. In dieser Mitteilung wird klipp und klar darauf hingewiesen, dass die Migrationspolitik durch umfassende Maßnahmen zur Förderung der gesellschaftlichen Integration der Migranten ergänzt werden muss. Dazu müssen die erforderlichen Mittel bereit gestellt und spezifische Programme zur Integration auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene entwickelt werden. An den Integrationsprogrammen sind die nationalen, regionalen und lokalen Behörden, die Sozialpartner und die übrigen Organisationen der Zivilgesellschaft zu beteiligen.

    2.12. Die Kommission räumt ein, dass Integration in der Aufnahmegesellschaft eine entsprechende positive Geisteshaltung der Mehrheit voraussetzt. Dazu beitragen können die politischen Verantwortungsträger und die Kommunikationsmedien in ihrer Funktion als Meinungsbildner.

    3. Allgemeine Bemerkungen

    3.1. Ausgangspunkt für die Ausgestaltung der neuen Migrationspolitik der Gemeinschaft muss die eindeutige Anerkennung des Rechts auf Migration sein. Die EU-Staaten und die Gemeinschaftsinstitutionen können und müssen die Migrationsströme dadurch regulieren, dass sie Kriterien und Verfahren für eine kontrollierte Kanalisierung dieser Ströme festlegen. Dies setzt eine Regelung für die Zulassung von Migranten und somit den verantwortlichen Umgang mit dem Recht auf Migration voraus. Alle öffentlichen Behörden, Sozialpartner und Kommunikationsmedien müssen das negative Image bekämpfen, das derzeit den Wirtschaftsmigranten anhaftet. Sie werden nicht als Personen betrachtet, die ein Recht auf Migration besitzen, und diese Sichtweise fördert Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

    3.2. Migration und Arbeitsmarkt

    3.2.1. Die Aussage der Kommission, dass es in der Europäischen Union nicht nur an qualifizierten, sondern auch an unqualifizierten Arbeitskräften mangelt, ist von großer Bedeutung. Die Mitgliedstaaten sind zwar zur Aufnahme von hochqualifizierten Arbeitnehmern insbesondere im Bereich der neuen Technologien, wo der Arbeitskräftemangel anerkannt ist, bereit, aber gleichzeitig setzen sie nicht den wirtschaftlichen und sozialen Nutzen der Migration von wenig qualifizierten Arbeitskräften in Wert.

    3.2.2. Die von den Staaten in den letzten Jahrzehnten verfolgten restriktiven Politiken der Arbeitsmigration gingen in bestimmten Wirtschaftszweigen (Landwirtschaft, Hausangestellte, Hotelgewerbe, Bauwesen, bestimmte Gewerbe, Be- und Entladung, sonstige Dienstleistungen) einher mit einer wachsenden Nachfrage nach wenig qualifizierten Arbeitnehmern aus Drittstaaten. Diese Nachfrage wurde zu einem großen Teil durch illegale Einwanderer gedeckt. Die Kommission muss in ihrer Mitteilung diesen Aspekt eindeutiger herausstellen und die Faktoren benennen, aufgrund derer die Einwanderung wenig qualifizierter Arbeitnehmer auf nicht ordnungsgemäßen Schienen erfolgte. Es gibt zwei wesentliche Gründe für die Arbeitsmigration: zum einen Perspektivlosigkeit in den Herkunftsländern und zum anderen das bestehende Arbeitsangebot in den Gastländern. Wenn jedoch dieses Arbeitsangebot besteht und die legalen Migrationskanäle weiterhin geschlossen sind, wird dadurch naturgemäß der illegalen Zuwanderung Vorschub geleistet.

    3.2.3. Die Migration von qualifizierten ebenso wie wenig qualifizierten Arbeitskräften, einschließlich derer, die keinen legalen Status besitzen, hat durchaus positive Auswirkungen, die stärker ins Blickfeld gerückt werden müssen.

    3.2.3.1. Die derzeitige Phase des Wirtschaftswachstums kann durch den Zustrom von Migranten verlängert werden. In zahlreichen Regionen und Wirtschaftsbereichen ringen die Unternehmen nach Arbeitskräften, die ihnen der Arbeitsmarkt nicht bietet.

    3.2.3.2. Die Präsenz von Migranten ermöglicht u. a. den Erhalt einiger Produktionstätigkeiten, für die keine lokalen Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, und somit die wirtschaftliche und soziale Überlebensfähigkeit ganzer Unionsgebiete.

    3.2.3.3. Die Zukunft der sozialen Sicherheit hängt zu einem guten Stück von der Entwicklung von Wirtschaft, Beschäftigung und Demographie(7) ab und die legale Migration kann sich auf all diese Faktoren positiv auswirken.

    3.2.4. Die Migration aus Drittstaaten ist in erster Linie auf den verlockenden Arbeitsmarkt zurückzuführen. Bedauerlich dabei ist allerdings, dass es einen spezifischen Arbeitsmarkt für illegale Zuwanderer gab. Einige Unternehmen verdanken ihre Wettbewerbsfähigkeit den Niedriglöhnen, den sie ihren Arbeitnehmern unter Ausnutzung ihres illegalen und schutzlosen Status zahlen.

    3.2.5. Dem Großteil der Unternehmen ist daran gelegen, dass die Verträge mit ihren Arbeitnehmern auf legalen Füßen stehen. Die Minderheit der Arbeitgeber, die sich nicht nach den Gesetzen richten, verstoßen gegen die Wettbewerbsregeln und schädigen die legitimen Interessen der Unternehmensmehrheit, die die Gesetze und Tarifverträge einhält und ihre Steuer- und Sozialabgaben entrichtet. Die Beschäftigung von illegalen Migranten unter ausbeuterischen Bedingungen schädigt auch die übrigen Arbeitnehmer, deren Arbeitsbedingungen sich dadurch verschlechtern. In Mitleidenschaft gezogen werden ferner der Staat an sich und sein Sozialsystem durch Einbußen bei den Steuereinnahmen und Sozialbeiträgen.

    3.3. Legale Migration

    3.3.1. Eine neue Migrationspolitik zur legalen Kanalisierung des Migrationsstroms muss zwei Zielrichtungen gerecht werden: zum einen der Bekämpfung der Schattenwirtschaft, die den illegalen Migranten Arbeit bietet, und zum anderen der Überarbeitung der bestehenden Verfahren, damit die legale Zuwanderung künftig erleichtert wird.

    3.3.2. Die Bekämpfung der Schattenwirtschaft, die sich die illegale Zuwanderung zu Nutze macht, erfordert gesetzliche Maßnahmen und konkrete Sozialabkommen. Es gilt zu erreichen, dass die bereits hier lebenden Einwanderer denjenigen, die sich mit der Absicht tragen, ihre Herkunftsländer zu verlassen, zu verstehen geben, dass sie nur Arbeit finden werden, wenn sie auf legalem Wege in die EU kommen. Wenn das erreicht wird, dann ist ein guter Regulierungsmechanismus für den Migrationsstrom geschaffen. Der Informationsaustausch zwischen den in der EU ansässigen Migranten und anderen Personen in ihren Herkunftsländern ist ein Faktor, der die Migrationsprozesse stark beeinflusst. Daher müssen die Erstgenannten über die Verfahren zur legalen Einwanderung in die Europäische Union gut Bescheid wissen und in dem Maße die legale Einwanderung unterstützen, wie sie von den illegalen Wegen abraten.

    3.3.3. Zahlreiche europäische Länder haben in den vergangenen Jahren neue Strafverfolgungsverfahren für kriminelle Organisationen erlassen, die mit Einwanderern handeln. Allerdings wurden nicht dieselben Anstrengungen zur strafrechtlichen Verfolgung der Minderheit der Unternehmer unternommen, die diese Einwanderer ausnutzen. In der Mitteilung der Kommission sollte dazu ermuntert werden.

    3.3.4. Auch die Verfolgung von Netzen für den illegalen Handel mit Zuwanderern muss verschärft werden. Diese haben in den letzten Jahren so stark zugenommen, dass sie mittlerweile einen weltweiten Handel mit einem Jahresumsatz in Höhe von 13 Milliarden Dollar beherrschen(8). Der Kampf gegen solche Organisationen ist immer noch unzulänglich und unkoordiniert. Die Mitgliedstaaten, die dies bislang noch nicht getan haben, sollten die Bildung einer illegalen Vereinigung zum Menschenhandel als Straftatbestand in ihre Strafgesetzbücher aufnehmen.

    3.3.5. Was die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen für die legale Einreise von Arbeitsmigranten anbelangt, so schlägt die Kommission ganz klar vor, die legalen Einreiseverfahren auszubauen. Gleichwohl sollte eindeutiger definiert werden, wie die neuen Verfahren aussehen sollen. Für die Arbeitsmigration scheint es auf der Hand zu liegen, dass die Einreise hauptsächlich auf zwei Arten erfolgen kann: zum einen, wenn die sich noch in ihrem Herkunftsland befindliche Person ein konkretes Arbeitsangebot (in einem EU-Mitgliedstaat) hat, und zum anderen durch Erhalt einer gesetzlichen Genehmigung für die Arbeitsplatzsuche. Derzeit wird in den EU-Mitgliedstaaten nur das erstgenannte Verfahren praktiziert, während das andere lediglich in der italienischen Gesetzgebung berücksichtigt wird. Es scheint zweckmäßig, dieses Verfahren für die legale Einwanderung allgemein zu verbreiten.

    3.3.6. Die Praxis hat gezeigt, dass die Auflage, den Arbeitsmigranten nur mit einem vorher erhaltenen Arbeitsangebot einreisen zu lassen, unweigerlich zu illegalen Einwanderungskanälen für einen Großteil der Migranten führt. Das ist darauf zurückzuführen, dass zahlreiche Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer erst nach einem vorherigen Vorstellungsgespräch einstellen, so dass viele Arbeitsplätze erst zugänglich sind, nachdem der Einwanderer die Unionsgrenzen überschritten hat. Das Einreisevisum für die Arbeitssuche scheint hierfür die optimale Lösung zu sein und sollte von der Kommission noch deutlicher vertreten werden.

    3.3.7. Die Existenz unterschiedlicher Verfahren für die legale Einreise von Migranten sollte akzeptiert werden. Berücksichtigt werden sollten dabei das "Migrationsvorhaben" des Migranten. Dieses Vorhaben kann die Eröffnung eines Geschäfts, die Suche nach Arbeit, die Verbesserung der Fachkompetenzen u. v. a. sein. Die Migrationsbehörden sollten derzeitige Vorhaben wohlwollend berücksichtigen(9).

    3.4. Migration und Beschäftigungspolitik

    3.4.1. Nach Jahren des Wirtschaftswachstums, makroökonomischer Politiken, Strukturreformen und aktiver Politiken zur Schaffung von Arbeitsplätzen geht die Arbeitslosenquote in der Europäischen Union allmählich zurück. Es gibt keine Hinweise dafür, dass sich eine neue Migrationspolitik negativ auf die Rückführung der Arbeitslosenquote auswirken würde. Ganz im Gegenteil: die Migration wird sich vielmehr förderlich auf das Wirtschaftswachstum und somit auch auf die Schaffung von Arbeitsplätzen auswirken.

    3.4.2. Diese neue Migrationspolitik muss in die europäische Beschäftigungsstrategie eingebettet werden und darf auf gar keinen Fall die politische Bedeutung und die Entscheidungen untergraben, die im beschäftigungspolitischen Bereich sowohl auf Unionsebene als auch auf Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten getroffen werden. Verstärkt werden müssen die Aktionen zur Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit durch Ausbildung der Arbeitssuchenden sowie die Politiken zur Förderung der Chancengleichheit.

    3.4.3. Die nationalen Beschäftigungspläne müssen sinnvolle Kriterien für die Steuerung der Migrationsströme enthalten. In diesen Plänen müssen die Migrationsprognosen mit der gebotenen Flexibilität berücksichtigt werden, um so das reibungslose Funktionieren des Arbeitsmarktes zu gewährleisten.

    3.4.4. Die neue Migrationspolitik muss in den Beschäftigungsleitlinien, die jährlich auf der Grundlage der vier Pfeiler (Beschäftigungsfähigkeit, Unternehmergeist, Anpassungsfähigkeit, Chancengleichheit) erarbeitet werden, sinnvoll eingeflochten werden.

    3.4.5. Die Leitlinien werden zur Qualitätssteigerung bei den Arbeitsplätzen sowohl für die EU-Bürger als auch für die Migranten beitragen.

    3.4.6. Dieses neue Konzept der Migrationspolitik setzt voraus, dass die Sozialpartner eine aktivere Rolle übernehmen. Sie müssen konsultiert werden und an der Festsetzung der Migrationsziele mitwirken. Die staatlichen Behörden werden von den Sozialpartnern bei der Bekämpfung jeglicher Art von Ausbeutung illegaler Einwanderer unterstützt. Des Weiteren müssen die Sozialpartner im Rahmen ihrer Tarifautonomie und ihrer Arbeitsbeziehungen die soziale Eingliederung der Migranten fördern und gegen jegliche Art von Diskriminierung angehen.

    3.5. Illegale Einwanderung

    3.5.1. Während Fortschritte bei der legalen Kanalisierung der Migrationsströme gemacht werden, darf man die Augen nicht vor den realen Verhältnissen als Folge einer jahrzehntelangen restriktiven Einwanderungspolitik verschließen. Gemeint ist die hohe Zahl nicht ordnungsmäßiger Migranten in den EU-Staaten. Für sie sollten Maßnahmen zur Legalisierung ihrer Situation ergriffen werden. Maßnahmen, die nicht nur ihnen zugute kommen könnten, sondern auch dem gesamten Arbeitsmarkt und dem Wohlfahrtsstaat, weil dadurch Bereiche der Schattenwirtschaft ans Tageslicht kommen könnten.

    3.5.2. Die Kommission erwähnt in ihrer Mitteilung, dass es in einigen Mitgliedstaaten Legalisierungsverfahren(10) gibt. Nach Ansicht des Ausschusses sollten die Regularisierung generell befürwortet und entsprechend flexible Verfahren ausgearbeitet werden. Die Kommission müsste Studien und Forschungsarbeiten über die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der bereits erfolgten Regularisierungsprozesse auf die Aufnahmegesellschaft ebenso wie auf die Migranten anfertigen lassen. Allen Untersuchungen zufolge scheinen sich die Regularisierungsverfahren positiv auf die soziale Eingliederung, die Steuereinnahmen, die Sozialversicherungsbeiträge und die Funktionsweise des Arbeitsmarktes auszuwirken.

    3.5.3. Eine schrittweise Legalisierung von Personen mit irregulärem Status muss Teil eines Prozesses sein, der neue Wege für die legale Einwanderung eröffnen und die kriminellen Schlepperorganisationen schärfer bekämpfen muss. Der Öffentlichkeit muss deutlich gemacht werden, dass die so gestaltete Regularisierung nicht zu einer Zunahme der illegalen Migration führen sondern diese erheblich reduzieren wird.

    4. Besondere Bemerkungen

    4.1. Die Zusammenarbeit mit dem Herkunftsländern

    4.1.1. Die Kommission bringt in ihrer Mitteilung zu Recht zur Sprache, dass die Migrationsströme auch für die Herkunftsländer vorteilhaft sein müssen. Der "Braindrain" ist mit Sicherheit der schwerwiegendste Nachteil der Migration, da sich die Ausbildungsinvestitionen des Herkunftslandes für dieses nicht bezahlt machen. Gleichwohl muss klarer herausgestellt werden: die EU-Staaten müssen als Aufnahmeländer umfangreiche Investitionen in Kooperations- und Entwicklungsprogramme in den Herkunftsländern fließen lassen, einschließlich im Ausbildungs- und Forschungsbereich. Die bislang erfolgten Aus- und Weiterbildungsinvestitionen machen einen kleinen Teil der Entwicklungszusammenarbeit aus und müssen künftig umfangreicher sein, ebenso wie die Programme für den Austausch von Studenten und Forschern.

    4.1.2. Die Unterstützung zur Entwicklung von Wirtschaft und Humankapital in den Herkunftsländern muss in Zukunft erheblich ausgebaut werden. Sie muss auf die Förderung der endogenen Qualitätssteigerung ausgerichtet werden und insbesondere auf die Entwicklung der Humanressourcen.

    4.1.3. In der Mitteilung heißt es unter Ziffer 2.1, dass die Mobilität der Migranten zwischen dem Aufnahme- und Herkunftsland gesteigert werden sollte, so dass sie einen Wachstumsfaktor für das Herkunftsland darstellen können. Dieses Mobilitätskonzept sollte dahin gehend erweitert werden, dass es zu einem der Schlüsselelemente für die Regulierung des Migrationsstroms wird. Jedes Individuum, das eine Aufenthaltsgenehmigung in einem EU-Staat erhalten hat, darf sein Aufenthaltsrecht nicht verlieren, auch wenn es diesen Staat für längere Zeit verlässt (und zwar nicht nur für Besuche, wie es im Kommissionsdokument heißt).

    4.1.4. Mobilität sollte sich aber nicht nur auf diejenigen beziehen, die eine ständige Aufenthaltsgenehmigung besitzen, sondern auch auf solche, die nur für eine vorübergehende Beschäftigung einreisen. Diese Personen sollten in der Gewissheit in ihr Land zurückkehren können, dass sie für eine neue Saisonarbeit zurückkommen können, wenn sie dies möchten.

    4.1.5. Es sollte über die Notwendigkeit nachgedacht werden, die freiwillige Rückkehr politisch und institutionell zu unterstützen, um so die Entwicklung dieser Länder stärker zu fördern. So sollten Arbeitsprojekte oder Niederlassungen in Form von wirtschaftlichen Beihilfen oder Ausbildungsmaßnahmen gefördert werden.

    4.2. Gerechte Behandlung von Drittstaatsangehörigen

    4.2.1. Die Kommission äußert in ihrer Mitteilung, dass die Migranten "vergleichbare" Rechte wie die EU-Bürgern genießen sollen. Nach Ansicht des Ausschusses sollte sie dieselben Rechte erhalten, auch wenn man natürlich der juristischen Besonderheit jedes Einzelfalls Rechnung tragen muss: illegaler Status, zeitweilige Aufenthaltsgenehmigung, lange Aufenthaltsgenehmigung.

    4.2.2. Den Migranten in der Europäischen Union sollten zumindest die in der Charta der Grundrechte enthaltenen Rechte zuerkannt werden, der zufolge jedes Individuum eine Reihe von Grundrechten besitzt, nämlich u. a.: Privat- und Familienleben; Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit; Recht auf Bildung; Berufsfreiheit; Nichtdiskriminierung; Arbeitsrechte und soziale Sicherheit; Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht.

    4.2.3. Den Migranten, die nicht einen regulären Status besitzen, werden in der Mitteilung der Kommission diese Rechte nicht gewährleistet. Zielvorgabe muss sein, dass diesen Personen, die unter uns leben, die Menschenrechte, die in den gemeinsamen internationalen Verträgen der Mitgliedstaaten und der Genfer Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankert sind, ebenso zuerkannt werden wie die sozialen Rechte, die für die Unionsbürger gelten: Gesundheitsversorgung, Ausbildung für Minderjährige und die entsprechenden Sozialhilfen.

    4.2.4. Für Drittstaatsangehörige mit vorübergehender Aufenthaltsgenehmigung müssen dieselben Arbeits- und Sozialrechte gelten wie für die Unionsbürger. Die Kommission strebt bereits zu Recht eine Verbesserung ihres Rechtsstatus und desgleichen ihrer Familienangehörigen an.

    4.2.5. Ein Migrant, der bereits fünf Jahre in einem Mitgliedstaat ansässig ist, sollte eine Daueraufenthaltsgenehmigung erhalten, die folgende Rechte enthalten sollte: Freizügigkeit innerhalb der EU unter denselben Bedingungen, die für Unionsbürger gelten, und Wahlrecht bei den Gemeinde- und Europawahlen, wie es auch jene Unionsbürger genießen, die in einem anderen Mitgliedsstaat ansässig sind.

    4.2.6. Zur Gewährleistung einer effizienten Migrationspolitik der Gemeinschaft sieht die Kommission auch die zwangsweise Rückführung vor. Nach Ansicht des Ausschusses sollte eine Rückführung nur dann in Betracht gezogen werden, wenn 1) vorher geprüft wurde, ob sie nicht aus humanitären Gründen zu vermeiden ist, und wenn 2) im Vorfeld alle Möglichkeiten einer Legalisierung ausgeschöpft wurden. Andererseits sollte die freiwillige Rückführung stets unterstützt werden. Um die freiwillige Rückführung insgesamt attraktiv zu machen, muss ein entsprechendes Maßnahmen- und Beihilfepaket verabschiedet werden.

    4.3. Die Steuerung der Migrationsströme

    4.3.1. Die Steuerung der Migrationsströme (Ziffer 2.4) muss sowohl in den Aufnahmestaaten (also den EU-Staaten) als auch in den Herkunftsstaaten erfolgen. In der Mitteilung wird auf die Notwendigkeit eines intensiven Dialogs mit den Herkunftsstaaten hingewiesen. Indes sollte nach Ansicht des Ausschusses auch die Rolle der konsularischen Vertretung der EU-Staaten in diesen Ländern in die Überlegungen mit einbezogen werden. Innerhalb der Konsulate müssten die für die Migration zuständigen Dienste ausgebaut werden, damit sie u. a. die beruflichen oder aus Gründen der Familienzusammenführung gestellten Auswanderungsanträge bearbeiten, Formalitäten erledigen, Arbeitsangebote kanalisieren und Kooperationsstrukturen mit den Sozialpartnern errichten können. Zu den Aufgaben dieser Büros sollte ferner die Veranstaltung der erforderlichen Informationskampagnen gehören. So würden sie wichtige Arbeit im Vorfeld leisten, die für die Kanalisierung der Migration auf legalem Weg unverzichtbar ist.

    4.3.2. Die Aufgabe der Konsulate bei Migrationsfragen muss transparent sein, damit jedwede Willkür bei der Gewährung der Einreisevisa (nicht nur zu Arbeitszwecken) ausgeschaltet wird. Diese neue Politik muss einen Beitrag zur gemeinschaftsweiten Harmonisierung der Konsularverfahren leisten. Die nationalen Arbeitsämter in den Herkunftsländern müssen über die Arbeitsangebote informieren und den Arbeitssuchenden den Zugang zu den Migrationsbüros erleichtern. Auf diese Weise werden die Verfahren transparenter.

    4.3.3. Ein mit Eures - das von den Sozialpartnern und den NRO verwaltet wird - vergleichbares Informationssystem, das über Informationen zu den Beschäftigungsmöglichkeiten und ihren Bedingungen verfügt, kann sich bei dieser Arbeit als sehr nützlich erweisen.

    4.3.4. Die Legalisierung der Einwanderer, die bislang ohne Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung sind, muss Teil des neuen Migrationskonzepts sein. Da in der Mitteilung von Erleichterung der Einreise von Migranten und des daraus folgenden Nutzens für die Wirtschaft und das künftige demographische Gleichgewicht in der EU die Rede ist, muss das Augenmerk zunächst auf die Einwanderer gerichtet werden, die bereits ohne Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung in der EU leben. In Ziffer 3.2 der Mitteilung betont die Kommission, wie wichtig die Bekämpfung der Schwarzarbeit und der Ausbeutung von Einwanderern ist, was durch die Regularisierung der Migranten ohne Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung erleichtert würde. Die nächsten gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften müssen dieser Forderung, die im Grunde in Anschluss an Ziffer 3.2 einen gesonderten Abschnitt verdient, in dem der zwischen restriktiver Politik, illegaler Einwanderer und Beschäftigung bestehende Bezug anerkannt würde, ausdrücklich Rechnung tragen.

    4.3.5. Die Legalisierung bedarf keiner außerordentlichen Verfahren (oder der Amnestie), sondern kann schrittweise unter bestimmten Bedingungen wie Arbeitsbeziehungen, familiäre Bedingungen, erfolgreiche soziale Integration, humanitäre Gründe u. a. vollzogen werden. Wichtig ist, dass die Wege für die Regularisierung der Einwanderer ohne Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung ebenso geöffnet werden, wie es in der Mitteilung für die legale Einreise der neuen Migranten geplant ist.

    4.3.6. Mit Hilfe von legislativen und steuerlichen Maßnahmen und von vertraglichen Vereinbarungen kann die auch durchaus nur schrittweise erfolgende Abkehr der Unternehmen von der sogenannten Schattenwirtschaft erleichtert werden. Die Unternehmer, die auch weiterhin Einwanderer durch Schwarzarbeit ausbeuten und nicht von den "Abkehrvereinbarungen" Gebrauch machen, müssen entsprechend bestraft werden. Derartige Maßnahmen müssen allerdings durch eine positive Behandlung der Emigranten, die unter dieser Ausbeutung leiden, ergänzt werden mit dem Ziel, den Status des Arbeitnehmers zu legalisieren. Auf diese Weise kann sogar erreicht werden, dass die Arbeitnehmer selbst ihre Ausbeutung zur Anzeige bringen.

    4.3.6.1. Für die Verfolgung von Schwarzarbeit und Ausbeutung illegaler Einwanderer ist die Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern erforderlich. Die Arbeitgeberverbände und Arbeitnehmergewerkschaften spielen auf allen Ebenen eine wichtige Rolle, die in Zusammenarbeit mit den Arbeitsbehörden und ggf. den Justizbehörden ausgebaut werden muss. Um Schwarzarbeit aufzudecken müssen positive Maßnahmen ergriffen werden, indem Anreize für diejenigen geboten werden, die ihre Arbeitnehmer und Unternehmen legalisieren.

    4.3.7. In Ziffer 3.4.1 der Mitteilung wird als System für die Bestimmung des in jedem Mitgliedstaat zulässigen Migrationsstroms die Erstellung regelmäßiger Prognosen und Festlegung indikativer Ziele vorgeschlagen. Eine Quotenregelung hält die Kommission für ungeeignet. Nach Ansicht des Ausschusses sollte die nationale Quotenregelung nicht ausgeschlossen werden, auch wenn Flexibilität bei der Prognose und der Anwendung unbedingt zu wahren ist. Die Quote könnte mit einem Visum für die Arbeitssuche oder dem Migrationsvorhaben, verknüpft werden. Auf diese Weise könnte eine gewisse Nachfrage nach Arbeitskräften, die der Arbeitsmarkt in Sektoren benötigt, in denen genaue Prognosen nur schwer zu machen sind, gedeckt werden. Dazu müsste jeder Mitgliedstaat im Vorfeld die Zahl der Einreisegenehmigungen für die Arbeitssuche, die er im Laufe des Jahres zu erteilen gedenkt, genau festlegen, auch wenn diese Zahl auf der Grundlage von regelmäßigen Analysen und Prognosen unter Mitwirkung der Sozialpartner geändert werden könnte. Hinsichtlich der Quotenregelung möchte der Wirtschafts- und Sozialausschuss darauf hinweisen, dass die Zulassung von Drittstaatsangehörigen zum Arbeitsmarkt vollkommen losgelöst von der Zulassung aus humanitären Gründen oder zum Zwecke der Familienzusammenführung betrachtet werden muss. Die beiden letztgenannten Fällen sind mit einer Quotenregelung unvereinbar.

    4.3.8. Das in Ziffer 3.4.2 der Mitteilung erwähnte Visum für Personen, die Arbeit suchen oder ein Migrationsvorhaben verwirklichen, müsste stärker unterstützt werden, wie es der Ausschuss in seinen allgemeinen Bemerkungen in dieser Stellungnahme deutlich macht. Es scheint zweifelhaft, dass die "Prüfung des wirtschaftlichen Bedarfs" (Ziffer 3.4.2 der Mitteilung) auch für wenig qualifizierte Arbeiten Anwendung finden kann, weshalb für den Zugang zu diesen Arbeiten eine andere Möglichkeit der legalen Einreise gefordert wird.

    4.4. Soziale Integration

    4.4.1. Die in Ziffer 3.5 des Kommissionsdokuments erklärte Notwendigkeit spezifischer Programme auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene für die soziale Integration der Migranten steht außer Frage. Gleichwohl muss darauf gedrängt werden, dass die Politiken zur sozialen Integration einen starken Impuls bekommen, indem die erforderlichen Mittel bereitgestellt werden, denn die bislang ergriffenen Maßnahmen haben sich als eindeutig unzureichend erwiesen. Die sozialen Integrationsprogramme der Mitgliedstaaten und/oder der EU müssen sich an eindeutig definierten Zielvorgaben orientieren, die es ermöglichen, die Ergebnisse zu bewerten und die Anstrengungen der einzelnen Mitgliedstaaten zu vergleichen.

    4.4.2. Unter Integration ist die Eingliederung der zugewanderten Bevölkerung in das gemeinsame System der Rechte und Pflichten zu verstehen, die die demokratischen Systeme der Mitgliedstaaten unter entsprechender Achtung der persönlichen Überzeugungen jedes Einzelnen bilden.

    4.4.3. Der Zugang von Migranten zu Arbeit und Unterkunft muss unter Bedingungen der Chancengleichheit erfolgen. Ein wichtiges Ziel in diesem Bereich besteht darin, dass diese Personen schnell Zugang zu den Arbeiten erhalten, für die sie qualifiziert sind. Es müssen aktive Politiken umgesetzt werden, mit denen häufig auftretende Situationen bekämpft werden, in denen qualifizierte Fachkräfte über einen längeren Zeitraum für Arbeiten eingesetzt werden, die keine Qualifikation benötigen.

    4.4.4. Das Bildungswesen ist für ein gedeihliches Zusammenleben zwischen allen Bürgern und die soziale Integration der Migranten von fundamentaler Bedeutung und spielt zweifellos bei der Verhütung und Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit eine wesentliche Rolle.

    4.4.5. Bei der Bekämpfung von sozialen Diskriminierungen jeglicher Art müssen alle politischen Kräfte, die Sozialpartner und die Kommunikationsmedien an einem Strang ziehen. Allerdings reichen Diskussionen und vielversprechende Absichtserklärungen der wichtigsten Spitzenpolitiker nicht aus. Gefragt ist ein verbindliches und konkretes Aktionsprogramm, das Politik, Bildung und Medien in die Pflicht nimmt, damit die Informationen verbreitet und die entsprechenden Werte vermittelt werden.

    4.4.6. Die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die rechtliche Gleichstellung und soziale Integration der Migranten ist eine wichtige Herausforderung, der sich die europäischen Gesellschaften stellen müssen. In der Mitteilung muss stärker in den Vordergrund gerückt werden, dass in allen Mitgliedstaaten entsprechend große Anstrengungen unternommen werden müssen.

    4.4.7. Die Teilhabe der Migranten am öffentlichen Leben ist ein wichtiger Aspekt ihrer Integration. Große Bedeutung kommt in diesem Bereich dem Wahlrecht zu. In diesem Zusammenhang sei auf eine frühere und wenig beachtete Empfehlung der Kommission verwiesen, die lediglich in einigen wenigen Mitgliedstaaten in nationales Recht übernommen wurde. Es wäre sinnvoll, wenn die Kommission eine Bilanz darüber erstellen würde, wie sich die Ausübung des Kommunalwahlrechts dort, wo es praktiziert wurde, ausgewirkt hat.

    4.4.8. Die von der Kommission angestrebte Zivilbürgerschaft für Drittstaatsangehörige ist zu begrüßen, allerdings sollte die Unionsbürgerschaft auch Drittstaatsangehörigen mit langer Aufenthaltsgenehmigung gewährt werden. Dieser Schritt bedarf einer Änderung des Unionsvertrags.

    4.5. Öffentlichkeit

    4.5.1. Es wird nicht einfach sein, die Öffentlichkeit von der geplanten, offeneren Migrationspolitik zu überzeugen; gleichwohl müssen ganz dringend Schritte in diese Richtung eingeleitet werden.

    4.5.2. Es muss eine möglichst umfassende Informationskampagne über die Arbeitsmarktsituation und die Vorteile der Einwanderung für die Wirtschaftsentwicklung und die Schaffung von Arbeitsplätzen gestartet und dabei der Vorstellung entgegen gewirkt werden, dass die Migranten den Inländern Arbeitsplätze wegnehmen.

    4.5.3. Die in der Mitteilung dargelegten Bevölkerungstendenzen müssen in der Öffentlichkeit besser bekannt gemacht werden.

    4.5.4. Die europäische Bevölkerung muss über die negativen Auswirkungen von Schwarzarbeit oder nicht ordnungsgemäßer Arbeit sowie über die Vorteile, die die Legalisierung sämtlicher nicht regulärer Situationen für den Wohlfahrtsstaat haben wird, besser informiert werden.

    4.5.5. Die staatlichen Institutionen auf nationaler und europäischer Ebene müssen sich stärker im Bereich der Aufklärung der Gesellschaft engagieren und entsprechend mehr Mittel bereitstellen, damit so die soziale Eingliederung erleichtert und Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bekämpft werden können.

    Brüssel, den 12. Juli 2001.

    Der Präsident

    des Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Göke Frerichs

    (1) Artikel 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: 1. Jeder hat das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsort frei zu wählen. 2. Jeder hat das Recht, jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen und in sein Land zurückzukehren.

    (2) Vgl. Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses: ABl. C 168 vom 16.6.2000.

    (3) Vgl. Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses: ABl. C 155 vom 29.5.2001.

    (4) Vgl. Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses: ABl. C 193 vom 10.7.2001.

    (5) Vgl. Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: für ein gemeinsames Asylverfahren und einen unionsweit geltenden einheitlichen Status für die Personen, denen Asyl gewährt wird" (KOM(2000) 755 endg.).

    (6) Vgl. Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses: ABl. C 204 vom 18.7.2000.

    (7) Informationsbericht des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema "Demographische Lage und Perspektiven der Europäischen Union".

    (8) Konferenz der Vereinten Nationen gegen das internationale organisierte Verbrechen. Palermo, 12.-15. Dezember 2000.

    (9) Anhang zum Informationsbericht des Wirtschafts- und Sozialausschusses.

    (10) Hier ebenso wie in den Ziffern 3.5.1, 3.5.3, 4.2.6, 4.3.4, 4.3.5 und 4.3.6 wird im Deutschen der Begriff "Legalisierung" verwendet, während in anderen Sprachen der Begriff "Regularisierung" bevorzugt wurde in der Bedeutung, dass eine gesetzmäßige Situation geschaffen wird.

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