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Document 52000DC0757

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über eine Migrationspolitik der Gemeinschaft

/* KOM/2000/0757 endg. */

52000DC0757

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über eine Migrationspolitik der Gemeinschaft /* KOM/2000/0757 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT ÜBER EINE MIGRATIONSPOLITIK DER GEMEINSCHAFT

INHALTSVERZEICHNIS

ZUSAMMENFASSUNG

1. GRÜNDE FÜR EINEN NEUEN ANSATZ IM BEREICH DER MIGRATION

2. Die Rahmenbedingungen von Tampere für eine Gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik der EU

2.1. Partnerschaft mit Herkunftsländern

2.2. Ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem

2.3. Gerechte Behandlung von Drittstaatsangehörigen

2.4. Steuerung der Migrationsströme

3. SCHRITTE ZU EINER MIGRATIONSPOLITIK DER GEMEINSCHAFT

3.1. Auswirkungen der bestehenden Migrationspolitiken

3.2. Entwicklung eines neuen Migrationskonzepts

3.3. Rahmen für eine Migrationspolitik der EU

3.4. Aufnahme von Migranten

3.4.1. Bewertung eines angemessenen Migrationsniveaus

3.4.2. Festlegung eines gemeinsamen Rechtsrahmens für die Aufnahme

3.5. Integration von Drittstaatsangehörigen

3.6. Information, Forschung und Überwachung

4. SCHLUSSFOLGERUNGEN UND FOLLOW UP

ANHANG 1 Der demographische und wirtschaftliche Kontext

ANHANG 2 Übersicht über kürzlich vorgelegte oder geplante Vorschläge der Kommission zur Migrationspolitik

ZUSAMMENFASSUNG

Der Vertrag von Amsterdam weist der Gemeinschaft erstmals eine Zuständigkeit für die Bereiche Einwanderung und Asyl zu. Der Europäische Rat erzielte auf seiner Tagung in Tampere von Oktober 1999 Einigung darüber, dass "die gesonderten, aber eng miteinander verbundenen Bereiche Asyl und Migration die Entwicklung einer gemeinsamen Politik der EU erforderlich (machen)" und legte die einzelnen Bestandteile fest: Partnerschaft mit Herkunftsländern, ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem sowie die gerechte Behandlung von Drittstaatsangehörigen und die Steuerung der Migrationsströme. In diesem Zusammenhang verwies der Europäische Rat auch auf die Notwendigkeit rascher Entscheidungen über "die Annäherung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über die Bedingungen für die Aufnahme und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen auf der Grundlage einer gemeinsamen Bewertung der wirtschaftlichen und demographischen Entwicklungen innerhalb der Union sowie der Lage in den Herkunftsländern" (Randnummer 20 der Schlussfolgerungen des Ratsvorsitzes). Darin wird allerdings nicht näher auf die Art und Weise, wie diese Politik entwickelt und umgesetzt werden soll, eingegangen.

Die Kommission hat bereits Vorschläge zu den Rechten und der Stellung von Drittstaatsangehörigen und zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit unterbreitet, weitere Legislativvorschläge werden gegenwärtig in Übereinstimmung mit dem Tampere-Programm (siehe Übersicht in Anhang 2) ausgearbeitet. Angesichts der Komplexität der Migrationspolitik und ihrer Auswirkungen auf eine Vielzahl von Bereichen - Soziales, Wirtschaft, Recht und Kultur - ist ein auf Einzelmaßnahmen basierender Ansatz zur Umsetzung des in Artikel 63 EG-Vertrag vorgesehenen Legislativprogramms nach Ansicht der Kommission ungeeignet. Diese Sichtweise teilt auch das Europäische Parlament, das die Kommission aufgefordert hat, diese Maßnahmen in einen großen Rahmen einzubetten.

Wie die Analyse des wirtschaftlichen und demographischen Kontextes der Union und der Herkunftsländer zeigt, nimmt das Bewusstsein dafür zu, dass die auf Einwanderungsstopp angelegten Maßnahmen der vergangenen 30 Jahre der heutigen Lage nicht mehr entsprechen. Zum einen sind in den letzten Jahren zahlreiche Drittstaatsangehörige in die Union gekommen, der Einwanderungsdruck steigt weiter und wird verstärkt von illegaler Einwanderung, Menschenschmuggel und Menschenhandel begleitet. Zum anderen haben mehrere Mitgliedstaaten angesichts des fortgesetzten Mangels an qualifizierten und unqualifizierten Arbeitskräften damit begonnen, Drittstaatsangehörige von Ländern außerhalb der Union anzuwerben. Vor diesem Hintergrund müssen wir entscheiden, ob wir daran festhalten wollen, dass die Union dem Einwanderungsdruck widerstehen muss, oder ob wir bereit sind zu akzeptieren, dass die Einwanderung nicht aufzuhalten ist und angemessen geregelt werden sollte; Letzteres erfordert Zusammenarbeit mit dem Ziel, die positiven Wirkungen der Einwanderung für die Union, für die Migranten und für die Herkunftsländer zu maximieren.

Angesichts dieser neuen Gegebenheiten hält es die Kommission für zweckmäßig, Arbeitsmigranten Möglichkeiten der legalen Einwanderung in die Union zu eröffnen. Wegen der überaus unterschiedlichen Positionen der Mitgliedstaaten zum Thema Aufnahme und Integration von Drittstaatsangehörigen ist es nach Ansicht der Kommission unabdingbar, diese Fragen offen zu erörtern und nach einem Konsens über die Ziele der zu verfolgenden Politik zu suchen. Mit dieser Mitteilung will die Kommission den Dialog anstoßen, in dem die grundlegenden strukturellen Reformen, die die EU-Wirtschaft im Rahmen der Europäischen Beschäftigungsstrategie erlebt und die jetzt die erwarteten Ergebnisse zeitigen, berücksichtigt werden sollen. Die Aufnahme von Arbeitsmigranten kann einen Beitrag zu dieser Strategie leisten, über dessen Bedeutung und Ausmaß die Mitgliedstaaten - wegen der schwierigen menschlichen Fragen, die hier berührt werden - sich unmissverständlich verständigen müssen.

Sowohl Artikel 63 EG-Vertrag als auch die Schlussfolgerungen von Tampere enthalten die Forderung nach einer gemeinsamen Migrationspolitik der EU. Dieses Ziel ist nur erreichbar, wenn eine Koordinierung der derzeit von den Mitgliedstaaten durchgeführten Maßnahmen im Gemeinschaftsrahmen und unter Beachtung des Transparenzgebots stattfindet, da von ihnen Auswirkungen auf andere Politikbereiche der EU, z.B. Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen, Gemeinschaftsverpflichtungen auf internationaler Ebene nach dem GATS-Übereinkommen und die Europäische Beschäftigungsstrategie, ausgehen.

Vor diesem Hintergrund können gemeinsame Ziele für Kanäle für die legale Einwanderung definiert werden, die die vom Europäischen Rat in Tampere geforderten detaillierten Vorschläge für die Aufnahme und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen stützen. Diese behandeln nicht allein die Bedingungen für die Aufnahme und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Hinblick auf die Beschäftigung und andere Zwecke, sondern auch Standards und Verfahren für die Erteilung von langfristigen Visa und Aufenthaltstiteln, die Definition eines Bestands einheitlicher Rechte von Drittstaatsangehörigen, die Kriterien und Bedingungen, unter denen Drittstaatsangehörigen die Niederlassung und Aufnahme einer Beschäftigung in einem beliebigen Mitgliedstaat gestattet werden könnte (vgl. Anhang 2) sowie die Charta der Grundrechte. Gleichzeitig bietet das zur Überwachung der Migrationsströme eingeführte Verfahren einen Rahmen für Konsultationen der Mitgliedstaaten über Migrationsfragen, für die Koordinierung der Politik, die Festlegung gemeinsamer Ziele und die Entwicklung von flankierenden Maßnahmen zur Integration von Migranten. Dieser Mechanismus soll der Gemeinschaft eine koordinierte Reaktion auf die Fluktuationen des Migrationsdrucks wie auf die Veränderungen der wirtschaftlichen und demographischen Bedingungen in der Union ermöglichen.

1. GRÜNDE FÜR EINEN NEUEN ANSATZ IM BEREICH DER MIGRATION

Mit Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam hat die Gemeinschaft eine eigene Zuständigkeit für die Bereiche Einwanderung und Asyl erhalten. Die Zuständigkeit für die Entwicklung einschlägiger Politiken wurde von der Regierungszusammenarbeit im Rahmen des "dritten Pfeilers" auf den "ersten Pfeiler" übertragen, und vorgesehen, dass der Rat Maßnahmen zum schrittweisen Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts erlässt (Artikel 61-63). Im Oktober 1999 hat daher der Europäische Rat von Tampere in seinen Schlussfolgerungen [1] die Elemente einer gemeinsamen Asyl- und Migrationspolitik der EU festgelegt, die nun zusammen mit dem Aktionsplan, den der Rat 1998 in Wien angenommen hat [2], die Grundlage für ein Arbeitsprogramm der Kommission und der Mitgliedstaaten bilden, das im "Anzeiger" umgesetzt wird [3]. Die vorliegende Mitteilung ist Teil dieses Programms, doch unterscheidet sich der Kontext in vielerlei Hinsicht deutlich von der Situation der Union in den Jahren 1993-94. Einerseits wird die Bedeutung von Einwanderungs- und Asylfragen auf Ebene der EU und die Notwendigkeit einer gemeinsamen Vorgehensweise heute deutlicher als vor einigen Jahren anerkannt. Dies zeigt sich in der Tatsache, dass diese Bereiche nun in speziellen Gemeinschaftspolitiken und nicht länger lediglich in Ergänzung zum freien Personenverkehr innerhalb der Union behandelt werden. Andererseits - und dies ist eine direkte Folge daraus - haben die Staats- und Regierungschefs mit der Annahme der Schlussfolgerungen von Tampere den politischen Rahmen klar abgesteckt, in dem sich eine gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik der EU entwickeln soll.

[1] SN 200/99 (Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat in Tampere, 15. und 16.Oktober 1999).

[2] ABl. C19 vom 23.1.1999.

[3] KOM (2000) 167 (Anzeiger der Fortschritte bei der Schaffung eines "Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts" in der Europäischen Union).

Die neue Mitteilung der Kommission fügt sich in diesen Rahmen. Sie stellt vor allem eine erste Antwort auf die Aufforderung des Europäischen Rates dar, die Bedingungen für die Aufnahme und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen klar festzulegen. Diese sollen, wie vereinbart wurde, auf der Grundlage einer gemeinsamen Bewertung der wirtschaftlichen und demographischen Entwicklungen innerhalb der Union sowie der Lage in den Herkunftsländern erfolgen und der Aufnahmekapazität jedes Mitgliedstaats sowie seinen historischen und kulturellen Banden mit den Herkunftsländern Rechnung tragen [4]. Außerdem kann kein integrierter Ansatz im Bereich der Einwanderung entwickelt werden, ohne die Auswirkungen der Migrationspolitik auf die Gesellschaft des Aufnahmelandes und die Migranten selbst zu berücksichtigen. Die sozialen Bedingungen, denen sich die Migranten gegenübersehen, die Einstellung der Bevölkerung des Aufnahmelandes und die Darstellung der Vorzüge von Vielfalt und pluralistischen Gesellschaften durch die Politiker sind von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Migrationspolitik. Daher befasst sich diese Mitteilung auch mit dem unmittelbar damit verbundenen Bereich der Integrationspolitik in dem von Tampere vorgegebenen Rahmen, nämlich der gerechten Behandlung von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in der Union aufhalten, und der Förderung der Vielfalt. In diesem Zusammenhang werden auch die Auswirkungen der Charta der Grundrechte geprüft werden.

[4] In den Schlussfolgerungen von Tampere erkennt der Europäische Rat an, "dass eine Annäherung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über die Bedingungen für die Aufnahme und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen auf der Grundlage einer gemeinsamen Bewertung der wirtschaftlichen und demographischen Entwicklungen innerhalb der Union sowie der Lage in den Herkunftsländern erforderlich ist" (Rn. 20).

Um den in Tampere beschlossenen einheitlichen Ansatz zu gewährleisten, möchte die Kommission auch die Frage klären, wie die anderen Aspekte einer umfassenden Migrationspolitik einzubeziehen sind. Dabei handelt es sich u.a. um die Bekämpfung der illegalen Einwanderung, die Beziehungen zu den Herkunfts- und Transitländern und insbesondere die humanitäre Dimension und damit die Asylpolitik, deren Bedeutung in den vergangenen Jahren wiederholt betont wurde und die Gegen stand einer getrennten Mitteilung der Kommission ist, die gemeinsam mit dieser vorgelegt wird [5]. Außerdem wird auf die Integrationsmaßnahmen eingegangen, die verstärkt werden müssen, damit die Migranten rasch in die europäische Bevölkerung eingegliedert und Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bekämpft werden können.

[5] KOM (2000)... "Für ein gemeinsames Asylverfahren und einen unionsweit geltenden einheitlichen Status für die Personen, denen Asyl gewährt wird".

Diese Mitteilung erfolgt zu einem Zeitpunkt, zu dem die Frage der Rolle der EU im Bereich der Einwanderung aus mehreren Gründen besonders wichtig ist. Die prognostizierte Abnahme der EU-Bevölkerung in den nächsten Jahrzehnten hat in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit erregt. Zugleich ruft der Mangel an Arbeitskräften in einigen Sektoren in vielen Staaten Probleme hervor. Es setzt sich immer mehr die Auffassung durch, dass die derzeitigen Politiken der Nullzuwanderung, die das Denken in den letzten 30 Jahren dominierten, nicht mehr in diesen neuen wirtschaftlichen und demographischen Kontext passen.

In mehreren Mitgliedstaaten werden Programme zur Legalisierung illegaler Einwanderer erstellt, die intern oft zu langwierigen politischen Diskussionen führen. Tragische, beinahe in allen Mitgliedstaaten vorkommende Ereignisse wie jenes in Dover im Juli 2000, als 58 chinesische Staatsbürger bei dem Versuch starben, illegal in das Vereinigte Königreich einzureisen, zeigen nicht nur auf, wie wichtig die Bekämpfung des Menschenhandels ist, sondern auch, dass eine Nachfrage nach illegalen Arbeitskräften besteht, und Einwanderer ohne Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung leicht ausgebeutet werden. Die Kommission hat auch die unter französischem Vorsitz eingeleiteten Diskussionen, insbesondere beim informellen Ministertreffen in Marseilles im Juli 2000 und bei drei Konferenzen - über Gemeinsame Entwicklung und Migration (6.-7. Juli); über Illegale Migrationsnetze (20.-21. Juli); und über die Integration von Einwanderern (5.-6. Oktober 2000) - berücksichtigt.

Angesichts dieser veränderten Umstände, des Auftretens unterschiedlicher politischer Standpunkte und verschiedener Reaktionen sowie der wachsenden Besorgnis der Bevölkerung, die in allen Mit gliedstaaten in den letzten Monaten deutlich wurde, ist es nach Ansicht der Kommission an der Zeit, einen Beitrag zu dieser Debatte zu leisten und die Frage neu anzugehen, wie die Migrationspolitik im Rahmen des Mandats von Tampere gestaltet werden sollte. Die Kommission schlägt insbesondere vor zu prüfen, wie die komplexen Fragen, die mit der Aufnahme von Wirtschaftsmigranten verbunden sind und vom Europäischen Rat in Tampere nur kurz angesprochen wurden, im Rahmen einer Migrationspolitik der Gemeinschaft behandelt werden sollten. Vor diesem Hintergrund können gemeinsame Ziele für Kanäle für die legale Migration definiert werden, die die vom Europäischen Rat in Tampere geforderten detaillierten Vorschläge für die Aufnahme und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen stützen. Außerdem ist es gleichermaßen von Bedeutung, dass geeignete Maßnahmen entwickelt werden, um die Integration von Migranten, einschließlich derjenigen, die bereits in der EU leben, voranzutreiben und verstärkt gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vorzugehen.

2. Die Rahmenbedingungen von Tampere für eine Gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik der EU

Der Europäische Rat von Tampere hat verschiedene Ziele zum Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts definiert. Eines davon ist die Entwicklung einer gemeinsamen Asyl- und Migrationspolitik der EU, dessen Umsetzung nachstehend beschrieben wird.

2.1. Partnerschaft mit Herkunftsländern

Die Mitgliedstaaten haben auf dem Europäischen Rat von Tampere anerkannt, dass die Asyl- und Migrationspolitik der EU die Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern der Migranten umfassen muss. Nach Ansicht des Europäischen Rates verlangt die Entwicklung eines umfassenden Migrationskonzepts, gemeinsam mit diesen Ländern die Fragen zu behandeln, die sich in Bezug auf Politik und Menschenrechte stellen. Mit Programmen wie TACIS und PHARE hat die Kommission Strategien ausgearbeitet, die nicht nur auf die notwendige Reduzierung der auslösenden Faktoren abzielen, insbesondere durch Verbesserung der Wirtschaftslage in den Herkunfts- und Transitländern, sondern auch der Förderung von Maßnahmen wie Reform der Rechtsvorschriften, Verstärkung der Strafverfolgung und Einrichtung moderner Grenzkontrollsysteme dienen. Außerdem wurde mit den Arbeiten der Hochrangigen Gruppe "Asyl und Migration" ein neuer, integrierter Ansatz entwickelt. Es wurden sechs Aktionspläne für bestimmte Staaten oder Regionen erstellt, wobei sich jeder auf ein kohärentes Programm für Zusammenarbeit und Entwicklung im Dialog mit den betreffenden Staaten stützt. Es wird erwartet, dass bereits bald Finanzmittel bereitgestellt werden, damit die Gemeinschaft zur Durchführung dieser Pläne beitragen kann.

In Zukunft muss die EU daher neben der Erstellung von Maßnahmen, die darauf abzielen, die Gründe für die Migration zu verstehen und zu beeinflussen, auch die Wirkungen der Auswanderung auf die Herkunftsländer prüfen und eine verantwortliche Haltung einnehmen, wobei sie die wirt schaftlichen, demographischen, sozialen und politischen Gegebenheiten sowie die Lage der Menschenrechte, die die Migrationsströme auslösen, in jedem einzelnen Staat berücksichtigt. Dies entspricht den europäischen Werten und liegt sowohl im Interesse der EU als auch der betreffenden Staaten selbst.

In den meisten Fällen ist die Situation sehr komplex, und die Migration wirkt sich sowohl positiv als auch negativ aus. Während der ersten Zeit im Aufnahmestaat können Überweisungen der Migranten nach Hause zu einem wichtigen Teil des öffentlichen Haushalts werden. Umfangreiche Transfers können den Entsendestaat jedoch von einer Zusammenarbeit bei der Kontrolle der Migration abbringen. Für die begünstigten Familien können diese Überweisungen zu einer deutlichen Verbesserung des Lebensstandards führen und zur Entwicklung der lokalen Wirtschaft beitragen, auch wenn vermutlich größere Städte zum Nachteil anderer Gebiete am meisten profitieren. Andererseits können die Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft negativ sein, wenn die am besten qualifizierten und unternehmerisch begabtesten Arbeitskräfte auswandern. Der "Brain drain" stellt vor allem für Entwicklungsländer ein Problem dar, die es sich am wenigsten leisten können, Investitionen in die Aus- und Weiterbildung von Personen, die eine Hochschulbildung erhalten haben, zu verlieren. Dieses Problem nimmt insbesondere für einige afrikanische Staaten und Indien zu und wird wohl noch weiter wachsen, wenn freie Stellen in Europa und anderen Teilen der entwickelten Welt in bestimmten Sektoren mit Bedarf an hochqualifiziertem Personal in Verbindung mit den großen Lohnunterschieden weiterhin einen Anreiz für qualifizierte Personen aus den Entwicklungsstaaten zur Auswanderung darstellen.

Bei heute zunehmend gemischten Strömen von Migranten, die ihren Herkunftsstaat aus wirtschaftlichen und anderen Gründen verlassen haben, und Bevölkerungsteilen, die den Spagat zwischen zwei Kulturen als Teil einer Überlebensstrategie schaffen, können Strategien entwickelt werden, die gewährleisten, dass die Migration sowohl dem Herkunfts- als auch dem Aufnahmestaat nützt. So können die Auswirkungen des "Brain drain" gemildert und maximale Gewinne aus den Überweisungen gezogen werden. Da für die Bereiche Einwanderung und Asyl nun eine Gemeinschaftszuständigkeit besteht, werden sie nach Möglichkeit noch konkreter in Gemeinschaftsprogramme mit Drittstaaten im Handels- und Entwicklungsbereich aufgenommen. Dies gilt insbesondere für die Programme TACIS, PHARE und MEDA. Migrationsfragen müssen auch immer stärker Teil des Dialogs im Rahmen der Partnerschafts- und Kooperationsabkommen, der Gemeinsamen Strategie der EU für Russland, die Ukraine und die Mittelmeerregion und der Diskussionen mit den Afrikanischen, Karibischen und Pazifischen (AKP) Staaten werden.

Der partnerschaftliche Ansatz sollte den Rahmen für eine flexible Antwort auf die sich weltweit entwickelnden neuen Migrationstrends darstellen. Die Migration sollte als eine Ausprägung der Mobilität gesehen werden und Migranten ermutigt werden, die Verbindung zu ihren Herkunfts ländern aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln. Dazu muss sichergestellt werden, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen die Migranten nicht von ihrem Herkunftsstaat lösen. Die Migranten sollten etwa die Möglichkeit bekommen, ihr Land zu besuchen, ohne ihren rechtlichen Status im Aufnahmestaat zu verlieren, und sich je nach der Entwicklung der Lage im Herkunftsstaat und in anderen Staaten auch anderswo niederlassen oder in ihr Land zurückkehren können.

Ein solches Konzept würde die Migranten dazu ermutigen, nicht nur durch Überweisungen an ihre Familienmitglieder zur wirtschaftlichen Entwicklung ihres Herkunftsstaats beizutragen, sondern auch durch Entwicklungsprojekte, Unternehmensgründungen usw. Solche Maßnahmen können in einigen Fällen zu einer freiwilligen Rückkehr und verbesserten Rahmenbedingungen für die Reintegration führen. Diese Entwicklung wird dadurch gehemmt, dass in vielen Mitgliedstaaten die Visabestimmungen und andere Rechtsvorschriften die Möglichkeit der Migranten einschränken, sich selbst nach Erreichen des Ruhestands frei zwischen ihrem Aufenthalts- und Herkunftsstaat zu bewegen. Die Zusammenarbeit zwischen den Herkunfts- und Aufenthaltsstaaten der Migranten müssen auf Dialog mit den Regierungen und den Migranten selbst und ihren Vertretungen aufbauen, damit die Migrationsströme bei den entwicklungspolitischen, wirtschaftlichen und sozialen Strategien der beteiligten Staaten berücksichtigt werden (z.B. durch Förderung effizienterer öffentlicher Einrichtungen und Finanzinstitutionen, von Programmen zur Ausbildung und Qualifikation der Arbeitskräfte, und der Einbindung ausländischen Kapitals in Projekte (einschließlich jener der Emigranten in ihren Herkunftsländern). Dadurch können die Auswirkungen des "Brain drain" und der Verlust der unternehmerisch begabtesten Mitglieder der Gesellschaft gemildert und zur nachhaltigen Entwicklung des Herkunftsstaats beigetragen werden. Dies könnte langfristig den Anreiz zur Auswanderung verringern.

Der partnerschaftliche Ansatz zur Steuerung der Migrationsströme sollte jedoch als Teil einer mittel- bis langfristigen Strategie gesehen werden. Die Auswirkungen werden sich je nach der Lage in den Herkunftsländern unterscheiden.

2.2. Ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem

Der Europäische Rat von Tampere bekräftigte, dass das Recht auf Asyl als Eckpfeiler der Politik der EU garantiert bleiben muss. Es muss das Ziel eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems sein, darauf hinzuwirken, dass die Genfer Flüchtlingskonvention uneingeschränkt angewandt wird und niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt wird. Mit dem Vertrag von Amsterdam wurde die Durchführung gemeinsamer Maßnahmen vorgesehen.

Die Kommission unterbreitete im Mai 2000 einen Vorschlag über die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und im September 2000 einen Vorschlag für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft. Anfang 2001 werden Vorschläge über die Aufnahmebedingungen von Asylbewerbern und eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Staates erstellt werden. Die Vorbereitungen zur Einrichtung von Eurodac werden fortgesetzt. Weitere Vorschläge werden die Annäherung der Bestimmungen über die Zuerkennung und die Merkmale der Flüchtlingseigenschaft sowie die Formen des subsidiären Schutzes betreffen, die einer Person, die eines solchen Schutzes bedarf, einen angemessenen Status verleihen. Darüber hinaus hat der Rat im September 2000 den Vorschlag der Kommission über die Errichtung eines Europäischen Flüchtlingsfonds zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastun gen der Mitgliedstaaten bei der Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen angenommen.

Auf Aufforderung des Europäischen Rates in Tampere werden weitere Vorschläge zur Erstellung von Regeln der Gemeinschaft zu einem gemeinsamen Asylverfahren und einem unionsweit geltenden einheitlichen Status für die Personen, denen Asyl gewährt wird, in einer eigenen Mitteilung behandelt werden, die gemeinsam mit dieser vorgelegt wird und ein klares Bild über die Methode und den Inhalt der Maßnahmen geben soll, die ab 2004 unter dem humanitären Titel zu ergreifen sind [6].

[6] KOM(2000)755 "Für ein gemeinsames Asylverfahren und einen unionsweit geltenden einheitlichen Status für die Personen, denen Asyl gewährt wird".

2.3. Gerechte Behandlung von Drittstaatsangehörigen

Ein Schlüsselelement der in Tampere beschlossenen Weiterentwicklung der EU als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist die Sicherstellung einer gerechten Behandlung von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufhalten, durch eine Integrationspolitik, die darauf ausgerichtet ist, ihnen vergleichbare Rechte und Pflichten wie EU-Bürgern zuzuerkennen.

Hinsichtlich der Schaffung eines Rechtsrahmens für die Integration jener Personen, die sich bereits im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufhalten, hat die Kommission eine Ausdehnung der Gemeinschaftskoordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit nach Maßgabe der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 auf Arbeitnehmer und Selbständige vorgeschlagen, die in einem Mitgliedstaat versichert und Drittstaatstaatsangehörige sind. [7] Die Kommission hat auch einen Vorschlag zur Änderung der Verordnung Nr. 1612/68 mit dem Ziel vorgelegt, den Rechtsstatus von Familienangehörigen von EU-Arbeitnehmern, die Drittstaatsangehörige sind, zu verbessern. [8] Diese Vorschläge werden noch vom Rat geprüft.

[7] KOM (97) 561 endg. vom 12.11.1997.

[8] KOM (98)394 vom 22.7.1998.

Entsprechend dem Mandat von Tampere werden weitere Vorschläge betreffend die Rechtsstellung von Drittstaatsangehörigen, die auf Dauer ansässig sind, erstellt werden. Sie enthalten die zu gewährenden Rechte, die Bedingungen, unter denen die Rechtsstellung verloren gehen kann, den Schutz gegen Ausweisung und das Recht auf Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat. Das Recht auf Wohnsitznahme in einem anderen Mitgliedstaat für auf Dauer Ansässige könnte wesentlich zur Mobilität auf dem Arbeitsmarkt der Union beitragen. In diesem Zusammenhang hat die Kommission bereits zwei Vorschläge über die Rechte von Arbeitnehmern und selbständigen Wirtschaftsteilnehmern aus Drittstaaten, die bereits rechtmäßig in einem Mitgliedstaat ansässig sind, auf die Erbringung von Dienstleistungen in anderen Mitgliedstaaten erstellt.

Die Kommission hat im November 1999 ein Paket an Vorschlägen zur Bekämpfung von Diskriminierung vorgelegt. Am 29. Juni 2000 nahm der Rat das erste der drei Elemente des Pakets an, nämlich den Vorschlag für eine Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungs grundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, die die Bereiche Beschäftigung, Bildung, Sozialschutz (einschließlich soziale Sicherheit und Gesundheits dienste), Ausbildung, Zugang zu und Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen einschließlich Wohnung abdeckt. [9]

[9] Richtlinie 2000/43, ABl. L 180 vom 19.7.2000.

Am 17. Oktober 2000 wurde im Rat eine politische Einigung über das zweite Element, den Vorschlag der Kommission für ein Aktionsprogramm zur Bekämpfung der Diskriminierung, erzielt. Das Programm soll ab dem 1. Januar 2001 sechs Jahre laufen und über ein Budget von beinahe 100 Mio. EUR für Aktivitäten zur Bekämpfung der Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder ethnischen Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexuellen Ausrichtung verfügen. Die Tätigkeiten werden ausgerichtet auf a) eine Analyse der Diskriminierung in den Mitgliedstaaten und eine Bewertung von Maßnahmen zu deren Bekämpfung, b) die Stärkung der Fähigkeit von Organisationen, die zur Bekämpfung der Diskriminierung beitragen, durch Austausch zwischen den Mitgliedstaaten und Kernfinanzierung von NRO, sowie c) die Förderung der Wahrnehmung von Diskriminierung und von Maßnahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung in der EU. Der Rat hat auch eine Vereinbarung über das dritte Element des Nichtdiskriminierungspakets, den Vorschlag der Kommission für eine Rahmenrichtlinie über Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf aus Grün den von Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Ausrichtung, erzielt. [10]

[10] KOM(1999)565 endg.

Der EU-Vertrag in der Fassung des Vertrags von Amsterdam legt in seinen Bestimmungen über die polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen ausdrücklich fest, dass die Union als eines der wesentlichen Ziele in ihren Bemühungen um den Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ergreifen wird. 1996 hat der Rat eine Gemeinsame Maßnahme zur Erleichterung der wirksamen justitiellen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten angenommen, um jene Personen, die rassistische und fremdenfeindliche Handlungen begangen haben, daran zu hindern, die Unterschiede in den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten auszunutzen, um einer Bestrafung zu entgehen. Die Kommission wird im Lichte einer Bewertung der Gemeinsamen Maßnahme, die Ende 2000 vorzulegen ist, eine Rahmenentscheidung nach Artikel 29 EU-Vertrag mit dem Ziel vorlegen, die justitielle Zusammenarbeit im Kampf gegen den Rassismus zu stärken. Diese Initiative wird u.a. auch die Verbreitung dieser Delikte im Internet umfassen.

Die erste Initiative der Kommission seit Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam hinsichtlich der Aufnahme- und Aufenthaltsbedingungen war ein Vorschlag für eine Richtlinie über das Recht auf Familienzusammenführung. [11] Dies ist aus mehreren Gründen gerechtfertigt: erstens wird die Familienzusammenführung nicht allein vom nationalen Recht geregelt, da viele internationale und regionale Rechtsakte Vorschriften oder Grundsätze in diesem Bereich aufstellen; zweitens war die Familienzusammenführung in den letzten zwanzig Jahren eine der Hauptachsen der Einwanderung; drittens stellt sie ein wesentliches Element für die Integration der Personen dar, die bereits aufgenommen worden sind; und schließlich war dieser Bereich seit 1991 für den Rat von wesentlicher Bedeutung. Dies entspricht der Auffassung der Kommission, dass eine erfolgreiche Integration von Drittstaatsangehörigen für die Aufrechterhaltung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts eine der großen Herausforderungen der EU im Bereich der Migrationspolitik darstellt. Die Einrichtung stabiler Familiengemeinschaften stellt sicher, dass Migranten in der Lage sind, vollständig zu ihren neuen Gesellschaften beizutragen.

[11] ABl. C 116 E vom 24.4.2000 und geänderte Version KOM(2000)624.

In dem Vorschlag wird unter bestimmten Bedingungen das Recht von Drittstaatsangehörigen auf Familienzusammenführung festgelegt. Dadurch sollen alle Drittstaatsangehörigen, die bestimmte Kriterien erfuellen, mit den Mitgliedern ihrer Kernfamilie oder in besonderen Fällen auch mit anderen Mitgliedern ihrer weiteren Familie vereint werden können. In dem Vorschlag werden auch bestimmte Rechte der Familienangehörigen festgelegt. Nach der Stellungnahme des Europäischen Parlaments hat die Kommission einen geänderten Vorschlag erstellt, der derzeit vom Rat geprüft wird.

Schließlich sind in der vorgeschlagenen Charta der Grundrechte, die im Dezember 2000 angenommen werden soll, verschiedene Grundsätze festgelegt, die aufgrund der Universalität bestimmter Rechte auch für Drittstaatsangehörige gelten werden. Dies wird im Hinblick auf bestimmte soziale Rechte wie den Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung und die Anwendung von nationalem Recht und Gemeinschaftsrechtsnormen über die Arbeitsbedingungen besonders wichtig sein. Die Charta sieht außerdem die Möglichkeit der Reise- und Aufenthaltsfreiheit für Drittstaatsangehörige vor, die rechtmäßig in einem Mitgliedstaat ansässig sind.

2.4. Steuerung der Migrationsströme

Der Europäische Rat von Tampere betonte die Notwendigkeit eines umfassenden Ansatzes bei der Steuerung und Regulierung von Migrationsströmen, der auch politische Aspekte, Menschenrechte und entwicklungspolitische Fragen umfasst und die Herkunfts- und Transitstaaten einschließt.

Der Europäische Rat betonte, dass die Steuerung der Migrationsströme einen intensiven Dialog zwischen den Aufnahme-, Transit- und Herkunftsstaaten sowie den Migranten selbst einschließt. Kernelement dabei sollen Informationskampagnen sein, durch die sich mögliche Migranten über die rechtlichen Möglichkeiten für die Einwanderung, die Bedingungen, die sie im Bestimmungsstaat vorfinden werden, und über die Gefahren einer illegalen Einwanderung und des Menschenhandels informieren können. Der Europäische Rat forderte eine Verstärkung der Anstrengungen zur Entwicklung einer gemeinsamen Visapolitik der EU in Verbindung mit Maßnahmen zur Bekämpfung der Fälschung von Dokumenten und der unrechtmäßigen Verwendung von Reisedokumenten.

Eine wirksame Steuerung der Migrationsströme erfordert eine entsprechende Überwachung und muss durch Maßnahmen zur Regulierung der Migrationsströme ergänzt werden. Dazu sind Maßnahmen in sämtlichen Phasen der Migrationsströme erforderlich, damit die legalen Möglichkeiten für die Aufnahme von Migranten und jener, die aus humanitären Gründen Schutz suchen, gewahrt werden und zugleich die illegale Einwanderung bekämpft wird. Ein kohärenter und koordinierter Ansatz im Hinblick auf die illegale Einwanderung wird ein wesentlicher Teil einer offeneren Migrationspolitik auf europäischer Ebene sein. Das Phänomen der illegalen Einwanderung besteht aus einer Reihe miteinander verbundener Phasen, wobei jede durch spezielle Maßnahmen systematisch behandelt werden muss. Dies beinhaltet Maßnahmen in den Herkunfts- und Transitstaaten, die polizeiliche Zusammenarbeit zur Zusammenführung der Kenntnisse über Menschenhandel, der naturgemäß international erfolgt, Maßnahmen bei der Einreise einschließlich Visapolitik und Aussengrenzkontrollen, Rechtsvorschriften zur Ahndung des Menschenhandels, Hilfe für die Opfer und eine humane Rückkehr in ihre Herkunftsländer.

Ein Element im Steuerungsprozess, dem größere Priorität beigemessen werden muss, ist die freiwillige Rückkehr von Personen, denen die Einreise in einen Mitgliedstaat verweigert wurde oder die nicht mehr über das Recht auf Aufenthalt in der EU verfügen. In Fällen, in denen Bemühungen um die freiwillige Rückkehr wirkungslos bleiben, muss die Wirksamkeit der Europäischen Migrationspolitik letztendlich durch eine zwangsweise Rückführung sichergestellt werden. Das wertvollste Instrument zur Erleichterung der Rückführung stellen Rückübernahme abkommen dar. Darüber hinaus wird die Kommission Vorschläge für die Entwicklung gemeinsamer Standards für aufenthaltsbeendende Massnahmen, die Abschiebehaft und Abschiebung erstellen, die sowohl effizient als auch human erfolgen soll.

3. SCHRITTE ZU EINER MIGRATIONSPOLITIK DER GEMEINSCHAFT

3.1. Auswirkungen der bestehenden Migrationspolitiken

Die Migration in die EU lässt sich drei Kategorien zuordnen: Migration aus humanitären Gründen, Migration zum Zwecke der Familienzusammenführung und Migration aus wirtschaftlichen Gründen.

Grundlage der Aufnahme von Personen aus humanitären Gründen ist die Genfer Flüchtlingskonvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge aus dem Jahre 1951, deren Grundsätze von allen Mitgliedstaaten befolgt werden. Dieses Übereinkommen sieht den Zugang zur Beschäftigung als unmittelbar aus dem Flüchtlingsstatus abzuleitendes individuelles Recht vor, das nicht von der Prüfung der wirtschaftlichen Notwendigkeit abhängig gemacht werden darf. Der Europäische Rat billigte in Tampere die Ausarbeitung eines Programms zur Koordinierung eines EU-Konzepts für die Migration von Personen aus humanitären Gründen. Die dazu erforderlichen Maßnahmen werden entsprechend dem Anzeiger (siehe Abschnitt 2.2.2) getroffen.

Unter dem Aspekt der Familienzusammenführung gestatten alle Mitgliedstaaten Familienangehörigen von Migranten, die sich bereits rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten, den Nachzug, wenngleich dabei sehr unterschiedliche Kriterien zur Anwendung kommen. Der Rat berät derzeit über eine Richtlinie zur Koordinierung der einschlägigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften (siehe Abschnitt 2.2.3).

In dieser Mitteilung wird vorwiegend der dritte Aspekt, die Migration aus wirtschaftlichen Gründen, beleuchtet, die seit den 70-er Jahren anscheinend kaum mehr von Bedeutung war; angesichts der wirtschaftlichen Chancen, die die EU heute bietet, trifft dies jedoch nicht mehr zu. Zahlreiche Wirtschaftsmigranten versuchen, sich durch Asylverfahren oder auf illegalem Wege Zugang zur EU zu verschaffen. Dadurch wird es zum einen unmöglich, angemessen auf Arbeitsmarkterfordernisse zu reagieren, zum anderen spielt dies organisierten Schlepperbanden und skrupellosen Arbeitgebern in die Hände. Im Übrigen gibt es eine substanzielle illegale Einwanderung in die EU, die von Europol mit 500 000 Personen jährlich beziffert wird, die größtenteils "Schwarzarbeit" verrichten. In Anbetracht dieser Zahlen und des Umstands, dass es in der Praxis schwierig ist, die Menschen in ihre Herkunftsländer zurückzuschicken, haben mehrere Mitgliedstaaten den Betreffenden einen regulären Status zuerkannt oder eine Amnestie gewährt, so dass die Anzahl derjenigen, die in der EU aufenthaltsberechtigt sind, seit den 70-er Jahren rund 1,8 Millionen betragen dürfte [12].

[12] "Regularisations of illegal immigrants in the European Union", Akademisches Netz für Rechtsstudien im Bereich Einwanderungs- und Asylrecht in Europa unter Leitung von Philippe de Bruycker, Sammlung der Juristischen Fakultät der Freien Universität Brüssel, 2000.

Während auf EU-Ebene für etliche Bereiche bereits Verfahren zur Koordinierung der Politik existieren, die das Funktionieren des Binnenmarkts erleichtern sollen - dies betrifft insbesondere den freien Verkehr von Waren, Kapital und Dienstleistungen sowie die Freizügigkeit der EU-Arbeitnehmer und anderer Bürger -, ist der Rolle von Drittstaatsangehörigen auf dem EU-Arbeitsmarkt bisher nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt worden. Auch wird noch nicht der Notwendigkeit flankierender Maßnahmen zur Förderung der Integration der Migranten, die sich bereits in der EU aufhalten, und der zukünftigen Migranten Rechnung getragen.

3.2. Entwicklung eines neuen Migrationskonzepts

Die Analyse der derzeitigen Situation bei den Migrationsströmen in Richtung EU hat ergeben, dass nunmehr ein anderer, flexiblerer Ansatz, den alle Mitgliedstaaten für die legale Migration übernehmen müssten, geboten ist. Eine derartige aktive Migrationspolitik sollte von der Prämisse ausgehen, dass der Migrationsdruck anhalten wird und eine geordnete Einwanderung sowohl für die EU als auch für die Migranten und ihre Herkunftsländer von Vorteil sein kann. In einigen Mitgliedstaaten werden bereits Kanäle für die Migration aus wirtschaftlichen Gründen geöffnet, um den dringenden Bedarf an qualifizierten wie unqualifizierten Arbeitskräften zu decken. In Anbetracht der derzeitigen Wirtschafts- und Arbeitsmarktsituation hält die Kommission eine Prüfung der längerfristigen Bedürfnisse der EU insgesamt für erforderlich. Hierbei würde bewertet, inwieweit dieser Bedarf aus den vorhandenen Ressourcen gedeckt werden kann, und sodann auf dieser Grundlage zur Deckung des ermittelten Bedarfs eine mittelfristige Politik für die schrittweise, kontrollierte Aufnahme von Drittstaatsangehörigen entwickelt.

Etliche Bestandteile einer solchen Politik wurden bereits in der Mitteilung von 1994 über eine Einwanderungs- und Asylpolitik behandelt, doch wäre es wichtig, dass bei dem künftigen Ansatz der sich wandelnde Charakter der Migration berücksichtigt würde, die sich zunehmend flexibel im Sinne von Bewegungen zwischen verschiedenen Ländern und nicht mehr nur als Bewegung in eine Richtung gestaltet. Insgesamt ändern die Migrationsströme häufiger die Richtung und nehmen je nach der wirtschaftlichen und demokratischen Situation sowohl in den Aufnahme- als auch in den Entsendestaaten zu oder ab. Um die Migrationsströme wirkungsvoll steuern und die illegale Einwanderung reduzieren zu können, muss die EU daher ein koordiniertes Konzept beschließen, das die vielfältigen, miteinander verknüpften Aspekte des Migrationssystems berücksichtigt, und eng mit den Herkunfts- und Transitländern zusammenarbeiten.

Eine offenere und transparentere Migrationspolitik, koordinierte Maßnahmen zur Verringerung der Auswanderungsgründe in den Herkunftsländern sowie größere Anstrengungen zur Durchsetzung der Beschäftigungsgesetze in den Mitgliedstaaten könnten ebenfalls zum Abbau der illegalen Einwanderung vor allem in ihrer schlimmsten Form, dem Menschenschmuggel und Menschenhandel, beitragen. Die Mitgliedstaaten werden das Problem der illegalen Einwanderung wirkungsvoller angehen können, wenn ihnen ein umfassenderes Instrumentarium zur Verfügung steht, das sich nicht auf Maßnahmen zur Eindämmung des vermeintlichen oder tatsächlichen Missbrauchs der Asylsysteme beschränkt. Selbstverständlich lässt sich der Missbrauch durch die Lockerung der Aufnahmepolitik und die Aufnahme von Wirtschaftsmigranten nicht vollständig verhindern; deshalb müsste diese Politik durch angemessene Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenschmuggels und wirksame Asylregelungen gestützt werden, die eine zügige und korrekte Erkennung von Flüchtlingen und damit den nötigen Ausgleich zwischen Flüchtlingsschutz und Begrenzung der Einwanderung ermöglichen.

Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass ein solches Vorgehen nicht gleichbedeutend ist mit einer Politik der "replacement migration". Diese Frage behandeln die Vereinten Nationen in einem Bericht, dem zufolge eine so geartete Migration eine Lösung für das Problem des Bevölkerungsrückgangs darstellen könnte [13]. Im EU-Kontext geht es hingegen um ein gesteuertes Vorgehen, das sich auf eine gemeinsame Bewertung der wirtschaftlichen und demographischen Entwicklung der Union und der Lage in den Herkunftsländern stützt und die Aufnahmekapazität der Union berücksichtigt.

[13] "Replacement Migration: is it a solution to declining and ageing populations-" Population Division, Department of Economic and Social Affairs, United Nations Secretariat, 21. März 2000 (ESA/P/WP.160).

Würde das Thema Arbeitsmigration in die Beratungen über die künftigen wirtschafts- und sozialpolitischen Maßnahmen der EU einbezogen, könnten auch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und der wirtschaftlichen Ausbeutung von Migranten verstärkt werden, durch die es derzeit in der Union zu einem unfairen Wettbewerb kommt. Eine Politik zur Regelung der wirtschaftlich begründeten Migration kann nur Erfolg haben, wenn sichergestellt wird, dass die Arbeitgeber das Arbeitsrecht auch im Falle von Drittstaatsangehörigen anwenden. Gleichbehandlung im Hinblick auf Entgelt und Arbeitsbedingungen liegt nicht nur im Interesse der Migranten, sondern der Gesellschaft insgesamt, der dann der Beitrag, den die Migranten zum wirtschaftlichen und sozialen Leben leisten, in vollem Umfang zugute kommt.

Angesichts der unterschiedlich geprägten Beziehungen der Mitgliedstaaten zu den Herkunftsländern, ihrer unterschiedlichen Aufnahmekapazität, der Entwicklung von Integrationsmaßnahmen und ihrer arbeitsmarktpolitischen Bedürfnisse lässt sich eine geregelte Migrationspolitik nach Auffassung der Kommission am besten dadurch erreichen, dass auf EU-Ebene ein allgemeiner Rahmen mit gemeinsamen Standards und Verfahren sowie einem Mechanismus zur Festlegung von Zielen und ungefähren Zahlen geschaffen wird, innerhalb dessen die Mitgliedstaaten nationale Maßnahmen entwickeln und umsetzen würden.

3.3. Rahmen für eine Migrationspolitik der EU

Jedwede EU-Migrationspolitik muss sämtliche Arten von Migration - aus humanitären oder wirtschaftlichen Gründen oder zum Zwecke der Familienzusammenführung - in Betracht ziehen. Dabei ist auch den Auswirkungen auf die Herkunfts- und Aufnahmeländer insgesamt Rechnung zu tragen. Diese Politik muss außerdem auf die schwierige politischen Debatte, die in einigen Ländern geführt wird, reagieren; vor diesem Hintergrund bedarf es einer starken politischen Führung, die die öffentliche Meinungsbildung mitgestaltet. Die Berücksichtigung aller Arten der Migration erfordert ein integriertes Konzept, das den Vorteilen der Vielfalt für die Gesellschaft, der Notwendigkeit eines ausgewogenen Rahmens von Rechten und Pflichten für Drittstaatsangehörige, die sich in der Union aufhalten, der Bedeutung der Integrationsförderung und den arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen Rechnung trägt. Die Politik wäre als Teil eines neuen Rahmens für die Zusammenarbeit auf Gemeinschaftsebene zu entwickeln, der auf Kooperation, Informationsaustausch und Berichterstattung gründet und in dem die Kommission die Koordinierung übernimmt.

Die Aufnahme aus humanitären Gründen würde beibehalten, wobei die internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, Flüchtlingen, Asylsuchenden und Personen, die vorübergehenden Schutzes bedürfen, Schutz zu gewähren, voll anerkannt würden. Das in Abschnitt 2.2 erläuterte Programm zur Entwicklung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems wird weiter verfolgt. Zwar kehren viele, die aus humanitären Gründen in der EU aufgenommen werden, in ihre Heimatländer zurück, sobald sich die Lage vor Ort verbessert hat. Dennoch sollte bei den Überlegungen zu der Anzahl von Wirtschaftsmigranten, die in verschiedenen Sektoren gebraucht werden, die Zahl der Personen unter internationalem Schutz berücksichtigt werden, da deren Fähigkeiten, wie die ihrer aufgenommenen Familienangehörigen, denen ebenfalls Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt wird, auch besser genutzt werden könnten.

Bei der Aufnahme von Wirtschaftsmigranten sollten als wichtiges Kriterium die Bedürfnisse des Marktes insbesondere an hochqualifizierten Spezialisten, weniger qualifizierten oder unqualifizierten Kräften oder Saisonarbeitern herangezogen werden. Die Zulassungspolitik auf dem Gebiet der Wirtschaftsmigration muss es der EU ermöglichen, rasch und wirkungsvoll auf die Bedürfnisse des nationalen, regionalen und lokalen Arbeitsmarktes zu reagieren, wobei den komplexen und sich rasch verändernden Erfordernissen und somit der Notwendigkeit einer größeren Mobilität der zugelassenen Migranten zwischen den Mitgliedstaaten Rechnung getragen werden muss. Bei diesen Maßnahmen sind auch die einschlägigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts und die bereits in Kraft getretenen bilateralen und multilateralen Abkommen, die die Gemeinschaft oder die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten mit Drittstaaten geschlossen haben, zu berücksichtigen. [14]

[14] Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten haben sich insbesondere im Rahmen des Allgemeinen Übereinkommens über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) dazu verpflichtet, Drittstaatsangehörigen die Verfolgung wirtschaftlicher Aktivitäten in der EU gemäß Protokollen zu gestatten, die ohne "Prüfung des wirtschaftlichen Bedarfs" die Anwesenheit von natürlichen Personen zwecks Erbringung von Dienstleistungen in bestimmten Fällen erlauben.

Das grundlegende Prinzip einer EU-Migrationspolitik muss sein, dass den zugelassenen Personen im Großen und Ganzen dieselben Rechte und Pflichten wie EU-Bürgern gewährt werden, dass dies jedoch fortschreitend und abhängig von der in den auf sie anwendbaren Aufnahmebedingungen vorgesehenen Aufenthaltsdauer erfolgen kann. [15] Die Kommission hat bereits Vorschläge vorgelegt, nach denen Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in der EU aufhalten, das Recht zur Erbringung von Dienstleistungen zuerkannt werden soll. [16] Die in Artikel 13 des Vertrags von Amsterdam vorgesehenen Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit müssen entschlossen umgesetzt werden; Maßnahmen zur Integration von Migranten in unsere Gesellschaften sind daher als wesentliche Ergänzung der Zulassungspolitik zu sehen. Gleichzeitig wäre es wichtig, den Kampf gegen die illegale Einwanderung weiter voranzutreiben und das Hauptaugenmerk dabei auf die Bekämpfung des Menschenhandels und Menschenschmuggels zu richten.

[15] Dieses Prinzip kommt beispielsweise bereits bei den beschäftigungspolitischen Vorschriften für Staatsangehörige bestimmter Drittstaaten, z. B. Türkei, Marokko, mittel- und osteuropäische Länder (MOEL) im Rahmen eines besonderen Assoziations- oder Kooperationsabkommens der EU mit den betreffenden Ländern zur Anwendung.

[16] KOM(1999) 3 endg. vom 27.1.1999.

Schließlich ist es wichtig, diese Politik in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern zu entwickeln und umzusetzen.

3.4. Aufnahme von Migranten

3.4.1. Bewertung eines angemessenen Migrationsniveaus

Da sich wirtschaftliche Bedürfnisse nur sehr schwer einschätzen lassen, ist nicht beabsichtigt, präzise europäische Ziele vorzugeben. Die Mitgliedstaaten sollten auch künftig selbst bestimmen können, welche Gruppen von Migranten und wie viele Arbeitskräfte sie in den einzelnen Sektoren benötigen. Allerdings würde ein neues Verfahren eingeführt, das auf Kooperation, Informationsaustausch und Berichterstattung gestützt ist.

Würde ein solches Vorgehen beschlossen, könnten die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, regelmäßig Berichte zu erstellen, in deren erstem Teil darzulegen wäre, wie sich die Migrationspolitik des Landes in dem vorausgegangenen Zeitraum entwickelt und ausgewirkt hat, wie viele Drittstaatsangehörige in den verschiedenen Kategorien zugelassen wurden, und welches ihre Stellung auf dem Arbeitsmarkt ist. Im zweiten Teil wären die Migrationspolitischen Ziele der Mitgliedstaaten, einschließlich der voraussichtlichen Zahl von Arbeitsmigranten, die zugelassen werden sollen, unter Angabe des Qualifikationsniveaus zu nennen. Aus der Notwendigkeit eines flexiblen Konzepts angesichts sich wandelnder wirtschaftlicher Erfordernisse ergibt sich, dass eine Quotenregelung ungeeignet und ein geeignetes System von indikativen Zielen vorzuziehen wäre. Es würde sich eng an dem Bedarf des Arbeitsmarktes orientieren, aber auch bestehende Abkommen mit den Herkunftsländern und andere Gesichtspunkte einbeziehen (z. B. Akzeptanz in der Bevölkerung, Verfügbarkeit von Mitteln für Maßnahmen zur Aufnahme und Integration, Möglichkeiten der sozialen und kulturellen Anpassung).

Bei der Erstellung dieser Berichte müssten die Mitgliedstaaten sich intensiv miteinander beraten und eng mit den Sozialpartnern, Regional- und Kommunalbehörden und allen sonstigen an der Integration von Migranten beteiligten Akteuren zusammenarbeiten. Die Berichte würden anhand einer gemeinsam vereinbarten Struktur erstellt, die der Kommission die Ausarbeitung eines zusammenfassenden Berichts ermöglicht, der dem Rat vorgelegt würde. Nach Beratungen würde der Rat sodann die Grundlagen des im nächsten Zeitraum umzusetzenden gemeinsamen Konzepts festlegen. Dabei sollten die Kommission und der Rat den Fortschritten, die bei der Umsetzung der Europäischen Beschäftigungsstrategie erzielt wurden, sowie ihren Auswirkungen auf die Arbeitsmarktbedingungen in der Union Rechnung tragen. Die Kommission wäre für die regelmäßige Überwachung und Bewertung der Politik, einschließlich ihrer Auswirkungen für die Herkunftsländer, zuständig.

3.4.2. Festlegung eines gemeinsamen Rechtsrahmens für die Aufnahme

Wie bereits im Anzeiger angekündigt, wird die Kommission Anfang nächsten Jahres Richtlinien über die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen vorschlagen, die eine abhängige oder selbstständige Beschäftigung aufnehmen, unentgeltlichen Tätigkeiten nachgehen oder ein Studium oder eine Berufsausbildung absolvieren wollen. Die Kommission hat bereits vergleichende Studien über die Bedingungen für die Aufnahme und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen durchführen lassen, die einen allgemeinen Überblick über die Rechtsvorschriften und Praktiken der Mitgliedstaaten geben.

Die Vorschläge der Kommission zielen auf einen kohärenten Rechtsrahmen, der in den Mitgliedstaaten bereits mit Erfolg angewandte Konzepte berücksichtigt. Innerhalb dieses Rahmens würden die grundlegenden Bedingungen und die Verfahren, nach denen vorzugehen wäre, festgelegt, während es den Mitgliedstaaten überlassen bliebe, nationale Maßnahmen für die Aufnahme von Drittstaatsangehörigen entsprechend den in den Richtlinien festgelegten Kriterien zu erlassen. Vor der Verabschiedung der Vorschläge plant die Kommission Konsultationen mit den Mitgliedstaaten, den Sozialpartnern sowie Nichtregierungsorganisationen. Der Rahmen wäre auf folgende Grundsätze gestützt:

Transparenz und Rationalität: Die Bedingungen, unter denen Drittstaatsangehörige in die EU einreisen und dort als abhängig oder selbstständig Beschäftigte aufhalten dürfen, sowie ihre Rechte und Pflichten wären eindeutig festzulegen. Außerdem wäre dafür Sorge zu tragen, dass sie Zugang zu Informationen erhalten und Mechanismen vorgesehen werden, die eine gerechte Anwendung gewährleisten. Dabei könnte es sich u. a. um Vorschriften handeln, die rasche Entscheidungen über einzelne Aufnahmeanträge auf der Grundlage objektiver und nachprüfbarer Kriterien erleichtern, was sowohl im Interesse des Antragstellers als auch des Unternehmens, das den Betreffenden einstellen will, läge. Eine allgemeine Bestimmung über den Zugang zur Information würde die Transparenz beträchtlich fördern.

Unterschiedliche Handhabung der Rechte je nach Aufenthaltsdauer: Der Grundsatz, dass die Länge des Aufenthalts Auswirkungen auf die Rechte des Betroffenen hat, ist schon seit langem in den Mitgliedstaaten anerkannt und wird auch in den Schlussfolgerungen von Tampere erwähnt. Die Erfordernisse des Arbeitsmarkts zu berücksichtigen, bedeutet außerdem Erleichterungen bei der Aufnahme der unterschiedlichsten Gruppen von sowohl qualifizierten als auch unqualifizierten Kräften sowie eine zügige und flexible Reaktion. Eine gesonderte Betrachtung der Situation von Studenten aus Drittländern wäre denkbar. Dabei wären für Personen, die sich mehrere Jahre in der EU zu Studienzwecken aufgehalten haben, besondere Regelungen vorzusehen, die ihnen den Zugang zum EU-Arbeitsmarkt erleichtern. Allerdings steht fest, dass Migranten bei ihrer Ankunft ein fester Grundbestand von Rechten gewährt werden soll, um ihnen eine erfolgreiche Integration in die Gesellschaft zu ermöglichen. Die Gemeinschaft sollte Überlegungen darüber anstellen, wie diese Rechte mit zunehmender Aufenthaltsdauer ausgeweitet werden könnten, um unionsweit zu insgesamt vergleichbaren Regelungen zu gelangen.

Im EU-Recht sollte daher ein flexibles Gesamtsystem eingeführt werden, das mehrere Rechtsstellungen vorsieht und die Aufnahme von Wirtschaftsmigranten erleichtert, anstatt sie zu behindern. Ziel ist es, Arbeitskräften, die nur vorübergehend in der EU arbeiten und dann wieder in ihr Herkunftsland zurückkehren wollen, einen sicheren Rechtsstatus zu gewähren und gleichzeitig denjenigen, die auf Dauer bleiben wollen und bestimmte Kriterien erfuellen, Möglichkeiten zum Erwerb eines dauerhaften Status zu eröffnen. Denkbar wäre beispielsweise zunächst die Erteilung einer befristeten Arbeitserlaubnis - mit besonderen Regelungen für bestimmte Gruppen von Arbeitskräften, z. B. Saisonarbeitnehmer, Grenzgänger und Personen, die innerhalb des Unternehmens versetzt werden. Die Erlaubnis könnte verlängerbar sein und würde später, nach einer noch festzulegenden Anzahl von Jahren, durch eine Dauerarbeitsgenehmigung ersetzt; nach einer bestimmten Zeit kämen die Betreffenden außerdem für eine Daueraufenthaltsgenehmigung in Frage. Für jede einzelne Phase wären auf der Grundlage der Gleichbehandlung mit Inländern die entsprechenden Rechte und Pflichten festzulegen, die kumuliert und schließlich denen von daueraufenthaltsberechtigten Personen entsprechen würden. Die Einzelheiten des Systems würden unter Einbeziehung "bewährter Praktiken" und in enger Absprache mit den Mitgliedstaaten ausgearbeitet, denen die Umsetzung der nationalen Zulassungspolitik innerhalb des allgemeinen Rahmens obläge.

Antrags- und Bewertungsverfahren: Das Antragsverfahren sollte klar und einfach gestaltet sein. Würden die Anträge im Herkunftsland in Zusammenarbeit mit Regierungen, internationalen Einrichtungen, NRO oder regionalen und lokalen Behörden gestellt, könnte dies die Wirkung der Überwachungsverfahren erhöhen und die Transparenz der Verfahren sowie die Information für potenzielle Migranten verbessern; gleichzeitig würde das Recht der Arbeitgeber auf eine selbständige Auswahl berücksichtigt. Allerdings wird anerkannt, dass viele potenzielle Arbeitsmigranten erst eine Beschäftigung suchen, nachdem sie bereits aus anderen Gründen in einem Mitgliedstaat aufgenommen wurden; könnten künftig Arbeitsvisa erteilt werden, ließe sich das Problem möglicherweise wirkungsvoller regeln und kontrollieren.

Um den Zugang zur Information zu erleichtern, wäre es sinnvoll, für die Verbreitung von Informationen über Beschäftigungsmöglichkeiten, Arbeitsbedingungen usw. verstärkt die neuen Kommunikationstechnologien einzusetzen. Zu denken wäre beispielsweise an die Einrichtung einer europäischen Informationsstelle (z. B. einer Website), die vollständige Informationen zur Aufnahme von Drittstaatsangehörigen in die einzelnen Mitgliedstaaten bietet und Angaben zu den für die Erteilung der Arbeitserlaubnis (in Übereinstimmung mit den Richtlinien) zuständigen nationalen Behörden enthält. Außerdem könnten Überlegungen über ein besonderes Visum für Arbeitsuchende aus Drittstaaten angestellt werden.

Damit die Unternehmen in der Europäischen Union, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, im Bedarfsfall rasch und gezielt Personen aus Drittstaaten einstellen können, muss ihnen ein Instrument an die Hand gegeben werden, mit dessen Hilfe sie nachweisen können, dass es auf dem EU-Arbeitsmarkt konkret an entsprechenden Kräften fehlt. Dieser Anforderung könnte beispielsweise dadurch Rechnung getragen werden, dass die "Prüfung des wirtschaftlichen Bedarfs" als durchgeführt gilt, wenn eine bestimmte Arbeitsstelle eine Zeitlang über die Arbeitsvermittlungsdienste mehrerer Mitgliedstaaten angeboten wurde (z. B. durch das EURES-Netz) und kein geeigneter EU-Bürger (oder bestimmte, nach Maßgabe internationaler Abkommen bevorzugte Personen) gefunden wurde. [17]

[17] Bestimmte Fälle, wie im GATS-Übereinkommen festgelegt: innerhalb des Unternehmens versetzte Personen, Personen auf vorübergehendem Geschäftsbesuch und Erbringung von Dienstleistungen von Ländern außerhalb der EU.

3.5. Integration von Drittstaatsangehörigen

Der Europäische Rat unterstrich auf seiner Tagung in Tampere die Bedeutung einer gerechten Behandlung von Drittstaatsangehörigen. Eine EU-Migrationspolitik muss daher Maßnahmen vorsehen, um sicherzustellen, dass für Migranten vergleichbare Lebens- und Arbeitsbedingungen wie für die eigenen Staatsangehörigen gelten. Werden keine Mittel für eine erfolgreiche Integration dieser Migranten und ihrer Familienangehörigen bereitgestellt, verschärfen sich auf längere Sicht die Probleme, die zur Ausgrenzung und zu anderen Problemen wie Delinquenz und Kriminalität führen können. Während sich viele rechtmäßig in der EU wohnhafte Einwanderer gut integriert haben und einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung der Gastländer leisten, trifft die soziale Ausgrenzung doch unverhältnismäßig häufig Immigranten, die überdies vielfach Opfer von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit werden. Der von der Kommission vorgeschlagene Rechtsrahmen und andere Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung und Ausländerfeindlichkeit müssen durch spezifische nationale, regionale und lokale Integrationsprogramme flankiert werden. In ihren Vorschlägen für 2001 regt die Kommission in ihrer neuen beschäftigungspolitischen Leitlinie 7 an, dass die Mitgliedstaaten Anstrengungen unternehmen, um den Bedürfnissen benachteiligter Gruppen, einschließlich Arbeitsmigranten, die sich bereits rechtmäßig in der Union aufhalten, hinsichtlich ihrer Integration in den Arbeitsmarkt Rechnung zu tragen und diesbezüglich nationale Ziele entsprechend der Lage des Landes festzulegen. [18]

[18] Geänderter Vorschlag für einen Beschluss des Rates betreffend Leitlinien für die Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten für 2001.

Allerdings ist es auch von grundlegender Bedeutung, dass wir uns zu wirklich aufnahmebereiten Gesellschaften entwickeln und anerkennen, dass Integration ein zweiseitiger Prozess ist, der sowohl von den Einwanderern als auch von der Aufnahmegesellschaft Anpassung verlangt. Die Europäische Union ist ihrem Wesen nach eine pluralistische Gesellschaft, die ihren Reichtum aus einer Vielzahl von kulturellen und sozialen Traditionen bezieht und sich künftig noch stärker in diesem Sinne entwickeln wird. Deshalb ist die Achtung kultureller und gesellschaftlicher Unterschiede, aber auch unserer gemeinsamen grundlegenden Prinzipien und Werte geboten: Achtung der Menschenrechte und der Menschenwürde, Achtung des Werts des Pluralismus und Anerkennung der Tatsache, dass die Zugehörigkeit zu einer Gesellschaft mit einer Reihe von Rechten und Pflichten aller Mitglieder, Inländer wie Migranten, einhergeht. Wenn für gleiche Lebensbedingungen und gleichen Zugang zu Diensten Sorge getragen wird und den längerfristig in der EU aufhältigen Migranten bürgerliche und politische Rechte gewährt werden, ergeben sich daraus die genannten Pflichten; dies kommt der Integration zugute. Indem die Mitgliedstaaten ihre Anstrengungen koordinieren, damit sichergestellt ist, dass die Arbeitgeber die Beschäftigungsvorschriften auch auf Drittstaatsangehörige anwenden, würden sie wesentlich zum Integrationsprozess beitragen; von besonderer Bedeutung ist dies im Hinblick auf die Anwerbung von hochqualifizierten Migranten, um die inzwischen ein weltweiter Wettbewerb entbrannt ist. In diesem Zusammenhang hat die Kommission bereits Vorschläge über die Rechte von Arbeitnehmern aus Drittstaaten und unabhängigen Wirtschaftsbeteiligten aus Drittstaaten, die sich rechtmäßig in der EU aufhalten, auf Erbringung von Dienstleistungen innerhalb der EU vorgelegt.

Die Grundrechtscharta könnte bei der Entwicklung des Konzepts der Zivilbürgerschaft (mit einem Grundbestand an gemeinsamen Rechten und Pflichten) für Drittstaatsangehörige in einem bestimmten Mitgliedstaat als Orientierungspunkt dienen. Würde Migranten der Erwerb einer solchen Bürgerschaft nach einer mehrjährigen Mindestfrist in Aussicht gestellt, könnte dies vielen bereits genügend Gewähr für ihre gesellschaftliche Integration bieten oder einen ersten Schritt zur Einbürgerung in dem betreffenden Mitgliedstaat darstellen.

Integrationsfördernde Maßnahmen können nur dann Erfolg haben, wenn sie möglichst bald nach der Aufnahme einsetzen und sich auf ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen Zuwanderern und der aufnehmenden Gesellschaft stützen können. Die politische Führung muss das für die Akzeptanz der Vielfalt nötige Klima schaffen, in dem dann Integrationspolitik betrieben werden kann. Zur Förderung der Integration könnten für alle neuen Migranten auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnittene Maßnahmenpakete ausgearbeitet werden (die beispielsweise Sprachkurse, Informationen über politische und gesellschaftliche Strukturen oder Hilfen beim Zugang zu Diensten vorsehen; den Bedürfnissen von Frauen und Kindern wäre besonders Rechnung zu tragen). Dabei muss man sich allerdings klar machen, dass Integration ein langfristiger Prozess ist und den Migranten der zweiten Generation, einschließlich der in der EU geborenen Personen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Damit sollen insbesondere soziale Ausgrenzung und das Abgleiten in Kriminalität verhindert werden. Unter diesem Aspekt sollten die Frau und die Familie bei der Integrationsförderung einen Schwerpunkt bilden.

Auch wenn die Integration vorwiegend Sache der Mitgliedstaaten ist, sollten die Regierungen diese Verantwortung besonders auf der lokalen Ebene, wo die entsprechenden Maßnahmen umgesetzt werden, gemeinsam mit der Zivilgesellschaft wahrnehmen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in kleinen Maßnahmen auf der untersten Ebene, bei denen alle zu beteiligenden Akteure partnerschaftlich zusammenarbeiten: Regional- und Kommunalbehörden und deren politische Führung speziell in den größeren Städten, in denen sich viele Einwanderer niederlassen, Einrichtungen des Bildungs- und Gesundheitswesens, soziale Einrichtungen, Polizei, Medien, Sozialpartner, Nichtregierungsorganisationen sowie die Einwanderer und ihre Verbände. Alle haben bei der Konzeption und Umsetzung von Integrationsprogrammen, für die angemessene Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen, eine Rolle zu spielen.

Ein solcher horizontaler Ansatz erfordert eine Koordinierung auf nationaler und lokaler Ebene; die EU könnte dazu durch die Entwicklung einer richtungweisenden Strategie, die Förderung des Austauschs von Informationen und bewährten Verfahren besonders auf lokaler Ebene sowie die Erstellung von Leitlinien oder gemeinsamen Standards für integrationsfördernde Maßnahmen einen wertvollen Beitrag leisten. Denkbar wäre die Entwicklung eines Aktionsprogramms der Gemeinschaft zur Förderung der Integration von Drittstaatsangehörigen, dessen Ziel ein besseres Verständnis der Problematik wäre. Erreichen ließe sich dies durch die Bewertung von Verfahren, die Entwicklung von Benchmarks und sonstigen Indikatoren, die Förderung des Dialogs zwischen den beteiligten Akteuren, die Unterstützung von europäischen Netzwerken und die Schaffung eines entsprechenden Bewusstseins.

3.6. Information, Forschung und Überwachung

Es bedarf noch weiterer Informationen über die Migrationsströme in die EU hinein und aus der EU heraus sowie über die Migrationsmuster, die auch die Themen illegale Einwanderung, die Rolle der Migranten auf dem Arbeitsmarkt sowie die allgemeinen Auswirkungen der Migration (einschließlich der sozialen, kulturellen und politischen Aspekte) auf die EU und die Herkunfts- und Transitländer abdecken müssten. Die EU-Migrationspolitik selbst muss genau überwacht und kritisch bewertet werden. Anstrengungen zur Verbesserung der Vergleichbarkeit von Migrationsstatistiken und zur Unterstützung der vergleichenden Forschung sollten fortgesetzt werden. Das Europäische Parlament regte bereits an, dass die Tätigkeit von bestehenden Forschungs- und Datennetzen gestärkt und europäisch ausgerichtet werden sollte. Ein solches europäisches Netzwerk könnte die derzeitigen Aktivitäten in den verschiedenen Mitgliedstaaten koordinieren und neue Forschungen sowohl in der EU als auch in den Herkunftsländern fördern.

Die Kommission ist sich darüber im Klaren, dass die Erhebung und Analyse von Daten zu den Bereichen Migration und Asyl verbessert werden müssen, und wird sich aktiv an den laufenden Überlegungen über die beste Vorgehensweise beteiligen. In diesem Zusammenhang wird die Schaffung einer entsprechenden Rechtsgrundlage erwogen.

4. SCHLUSSFOLGERUNGEN UND FOLLOW UP

Um den Auftrag von Tampere umzusetzen, bedarf es einer Abschätzung der derzeitigen und zu erwartenden Migrationsströme in die EU, die im Zuge der Entwicklung einer gemeinsamen Asyl- und Migrationspolitik vorzunehmen ist; dabei sind demographische Veränderungen, die Lage auf dem Arbeitsmarkt sowie der Migrationsdruck aus Herkunftsländern und -regionen zu berücksichtigen.

Angesichts des Bevölkerungsrückgangs, der sich in den kommenden 25 Jahren in der EU fortlaufend verschärfen wird, sowie der derzeit guten Wirtschaftsaussichten und des zunehmenden Mangels an qualifizierten Arbeitskräften setzt sich die Kommission für die Entwicklung einer gemeinsamen Politik für die gesteuerte Aufnahme von Wirtschaftsmigranten als Teil einer globalen Einwanderungs- und Asylpolitik der Union ein. Unbeschadet der Anstrengungen für strukturelle Reformen durch die Europäische Beschäftigungsstrategie und vor dem Hintergrund einer politischen Strategie, die auf Wachstumssteigerung, eine Zunahme der Beschäftigung und einen besseren gesellschaftlichen Zusammenhalt abzielt, vertritt der Kommission die Ansicht, dass Migranten einen positiven Beitrag zum Arbeitsmarkt, zu Wirtschaftswachstum und zur Sicherung der Sozialsysteme leisten können, auch wenn Einwanderung in dem Sinne niemals eine Lösung für Arbeitsmarktprobleme sein kann. Allerdings müssen wir uns bewusst sein, dass Einwanderung ein komplexes Phänomen ist, das rechtliche, soziale, kulturelle und wirtschaftliche Auswirkungen hat. Bei der Entwicklung einer gemeinsamen Politik gilt es daher, verschiedenartige politische Maßnahmen im gebotenen Verhältnis miteinander zu verbinden. Die Mitteilung steckt einen Rahmen ab, in dem eine solche gemeinsame Politik geregelt und verwaltet werden könnte.

Innerhalb dieses Rahmens schlägt die Kommission ein Verfahren für die Koordinierung auf Gemeinschaftsebene vor, das sich auf die von den Mitgliedstaaten in Abstimmung mit den Sozialpartnern und den an der Integration von Migranten beteiligten Stellen vorgenommenen Bewertungen stützen würde, die diese in regelmäßigen Berichten niederlegen. Auf dieser Grundlage könnte im Rat eine EU-Gesamtpolitik für die Aufnahme neuer Migranten auf Gemeinschaftsebene vereinbart werden. Dieses offene Vorgehen ist dadurch gerechtfertigt, dass eine wirksame Migrationssteuerung partnerschaftlich erfolgen muss, da für die verschiedenen Elemente ein horizontales Konzept erforderlich ist.

Eine solche Politik muss von langfristig angelegten, umfassenden Integrationsprogrammen flankiert werden, die partnerschaftlich von nationalen, regionalen und lokalen Behörden und der Zivilgesellschaft mit dem Ziel entwickelt werden, die positiven Wirkungen für Beschäftigung, Wirtschaftsleistung und sozialen Zusammenhang innerhalb eines klar definierten Rahmens von Rechten und Pflichten zu maximieren. In diesem Zusammenhang wäre es zweckmäßig, vorhandene politische Instrumente der Gemeinschaft konzertiert einzusetzen (z.B. Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung gemäß Artikel 13 und 137 des Amsterdamer Vertrags, die Beschäftigungsstrategie, Europäischer Sozialfonds und sonstige Gemeinschaftsinitiativen wie EQUAL und URBAN). Zur Unterstützung dieser Politik sollte die Kommission Maßnahmen auf lokaler und nationaler Ebene und den Austausch bewährter Praktiken fördern.

Der Wechsel zu einer bewussten Migrationspolitik erfordert politische Führungsstärke und ein eindeutiges Bekenntnis zur Förderung pluralistischer Gesellschaften sowie die Verurteilung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Es wird auf die Vorzüge der Einwanderung und der kulturellen Vielfalt hinzuweisen sein; bei Stellungnahmen zu Migrations- und asylpolitischen Fragen wäre ein Sprachgebrauch zu vermeiden, der rassistischen Tendenzen Auftrieb geben oder die Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen verschärfen könnte. Die Verantwortlichen müssen öffentlich ihre Unterstützung für Maßnahmen zur Förderung der Integration von neuen Migranten und ihren Familienangehörigen bekunden und für die Anerkennung und Akzeptanz von kulturellen Unterschieden innerhalb eines klar abgesteckten Rahmens von Rechten und Pflichten werben. Auch den Medien kommt in ihrer Funktion als Meinungsbildner diesbezüglich eine beträchtliche Verantwortung zu.

Die Kommission schlägt die Entwicklung - in Abstimmung mit den Mitgliedstaaten - eines gemeinsamen Rechtsrahmens für die Aufnahme von Drittstaatsangehörigen vor, das sich auf die Prinzipien Transparenz, Rationalität und Flexibilität gründet. Der den Drittstaatsangehörigen zu gewährende Rechtsstatus würde sich auf den Grundsatz gleicher Rechte und Pflichten wie für Inländer stützen; dabei würde eine Differenzierung je nach Aufenthaltsdauer vorgenommen und gleichzeitig eine Weiterentwicklung hin zu einem dauerhaften Status vorgesehen. Längerfristig könnte die Verleihung einer Art Zivilbürgerschaft mit bestimmten Rechten und Pflichten für Drittstaatsangehörige auf der Grundlage des EG-Vertrags und in Anlehnung an die Grundrechtscharta in Aussicht gestellt werden.

Die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern ist insofern unverzichtbar, als die Migrationsströme nur auf diese Weise zu steuern sind. Die Entwicklung differenzierter Maßnahmen zur Kooperation mit den verschiedenen Arten von Herkunftsländern (z.B. Beitrittsländer, Länder, die an von der Gemeinschaft finanzierten Regionalprogrammen teilnehmen, andere Länder) ist dabei unerlässlich. Längerfristig wäre zu erwarten, dass solche Partnerschaften zur Verringerung der Auswanderungsgründe durch koordinierte Anstrengungen zur Entwicklungsförderung in den betreffenden Ländern beitragen; an diesem Prozess wären besonders die Migranten selbst zu beteiligen. Im Rahmen dieser partnerschaftlichen Zusammenarbeit würden die in der Entwicklung befindlichen neuen Mobilitätsmuster unterstützt und die Kontakte der Migranten zu ihren Herkunftsländern sowie ihre Beteiligung an der Entwicklung ihrer Länder erleichtert.

Diese stärker auf Öffnung und Transparenz angelegte Migrationspolitik würde durch verstärkte Anstrengungen zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung und vor allem des Menschenhandels und Menschenschmuggels flankiert; ermöglicht werden soll dies nicht allein durch eine engere Zusammenarbeit und Verschärfung der Grenzkontrollen, sondern auch durch eine ordnungsmäßige Anwendung der arbeitsrechtlichen Vorschriften auf Drittstaatsangehörige.

Da die hier behandelten Fragen außerordentlich komplex sind und die Beteiligung eines breiten Spektrums von Akteuren bei der Umsetzung einer derartigen Politik sichergestellt werden muss, schlägt die Kommission vor, diese Mitteilung an das Europäische Parlament, den Ausschuss der Regionen sowie an den Wirtschafts- und Sozialausschuss zur Stellungnahme weiterzuleiten. Ferner soll die Mitteilung die Grundlage für Beratungen der nationalen und regionalen Behörden, der Sozialpartner, der Welt der Wirtschaft sowie der mit Migrationsfragen befassten oder mit Migrantenverbänden in Verbindung stehenden internationalen Organisationen und NRO dienen und allgemein verbreitet werden.

Die Ergebnisse dieser Debatte könnten auf der Konferenz behandelt werden, die im zweiten Halbjahr 2001 im Rahmen des belgischen Ratsvorsitzes geplant ist. Die von den Teilnehmern angenommenen Schlussfolgerungen würden sodann dem Rat übermittelt, der darüber auf seiner Tagung in Brüssel Ende 2001 beraten wird, auf der gegebenenfalls eine Halbzeitbewertung der Umsetzung des in Tampere beschlossenen Programms vorgenommen wird.

ANHANG 1

Der demographische und wirtschaftliche Kontext

Der demographische Kontext

In den 90-er Jahren wuchs die Weltbevölkerung stärker als je zuvor und erreichte 1999 die 6-Milliarden-Marke. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen leben nun etwa 150 Millionen Menschen außerhalb ihres Herkunftslandes. Der Anstieg der Weltbevölkerung wird in unmittelbarer Zukunft voraussichtlich anhalten. Verbesserungen der Kommunikationsmöglichkeiten in Verbindung mit anhaltenden wirtschaftlichen Ungleichgewichten, Konflikten und ökologischen Faktoren werden vermutlich dazu führen, dass sich die Migrationsströme auch im 21. Jahrhundert fortsetzen werden. Es gibt jedoch Anzeichen für eine Verlangsamung des Bevölkerungswachstums in einigen Entwicklungsstaaten, so dass die Zahl möglicher Migranten langfristig sinken könnte.

Die demographische Lage hat sich auch in der EU deutlich verändert. Im Vergleich zur weltweiten Situation sind zwei Trends besonders auffallend: die Verlangsamung des Bevölkerungswachstums und ein deutlicher Anstieg des Durchschnittsalters der Bevölkerung. Statistische Daten von Eurostat zeigen, dass die EU-Bevölkerung zwischen 1975 und 1995 von 349 auf 372 Mio. Menschen wuchs, während sich der Anteil älterer Menschen (im Alter von 65 und mehr Jahren) von 13 % auf 15,4 % erhöhte. Zwischen 1995 und 2025 wird die Bevölkerung der EU-15 nach Prognosen von Eurostat etwas langsamer von 372 auf 386 Mio. steigen, danach jedoch abnehmen. Die Zahl der Erwerbsbevölkerung (Menschen im Alter von 20-64 Jahren) wird jedoch in den nächsten 10 Jahren abnehmen (von 225 Mio. im Jahr 1995 auf geschätzte 223 Mio. im Jahr 2025), während der Anteil der Personen über 65 auf voraussichtlich 22,4 % der Bevölkerung im Jahr 2025 ansteigen wird.

In den mittel- und osteuropäischen Staaten wird für das erste Quartal dieses Jahrhunderts ein noch geringeres Bevölkerungswachstum als jenes der EU-15 erwartet [19]. Insgesamt gesehen werden die Beitrittsstaaten eine Altersstruktur der Bevölkerung ähnlich jener der EU-15 aufweisen. Der prognostizierte Rückgang der Erwerbsbevölkerung wird die meisten Staaten vor ähnliche Herausforderungen wie die EU-15 stellen. Die Auswirkungen der demographischen Trends werden jedoch auch von der Geschwindigkeit der wirtschaftlichen Umstrukturierung und den Arbeitsmarktbedingungen in diesen Staaten abhängen. Regionale Ungleichgewichte zwischen Stadt- und Landgebieten werden in manchen dieser Staaten besonders ausgeprägt sein. Solche Unterschiede bestehen auch in den EU-15, wo einige Staaten (D, I, S) bereits ein negatives natürliches Wachstum (weniger Geburten als Todesfälle) aufweisen, während andere (SF, F, IRL, NL) auch in den nächsten Jahren ein relativ hohes natürliches Wachstum verzeichnen werden [20]. In der gesamten EU ist jedoch die Nettozuwanderung mittlerweile zum wichtigsten Faktor des Bevölkerungswachstums geworden [21].

[19] Bericht über die demographische Lage 1997, GD Beschäftigung und Soziales, S. 29.

[20] National and Regional Population Trends in the European Union, Arbeitsdokument von Eurostat 3/1999/E/Nr.8, S.39.

[21] Ebd., S. 16.

Eurostat-Daten zeigen, dass die Nettozuwanderung in die EU nach einem Höhepunkt Anfang der 90-er Jahre mit über einer Mio. Personen pro Jahr in den letzten 10 Jahren rasch abgenommen hat. Danach stieg die Einwanderung jedoch wieder an und erreichte 1999 eine Zahl von über 700 000 Personen [22]. In den Jahren 1990-98 betrug die Nettozuwanderungsquote in die EU 2,2 je 1000 Personen gegenüber 3 in den USA, 6 in Kanada und nahezu 0 in Japan. Der Zustrom setzt sich nun aus verschiedenen Personengruppen zusammen: Asylbewerbern, Vertriebenen und Personen, die vorübergehend Schutz suchen, Familienangehörigen, die Einwanderern nachfolgen, die bereits in der EU ansässig sind, Arbeitsmigranten und einer wachsenden Zahl an Wirtschaftsmigranten. Die Familienzusammenführung und das Bestehen ethnischer Gemeinschaften der Herkunftsländer in einem bestimmten Aufnahmestaat beeinflussen die Größe und die Richtung dieses Zustroms. Die Migrationsströme sind flexibler geworden, insbesondere haben die kurzfristigen und grenzüber schreitenden Ströme zugenommen, mit einem komplexen Muster an Zu- und Abwanderung in die und aus der Union.

[22] Daten von Eurostat. In diesen Daten über die Nettozuwanderung (die Differenz zwischen Einwanderung und Auswanderung in einem bestimmten Jahr) werden auch die Auswirkungen von Geburten und Todesfällen im betreffenden Jahr berücksichtigt.

In einem kürzlich erschienenen UN-Bericht, der auf rein demographischen Überlegungen aufbaut [23], wird dargelegt, dass die Ersatzmigration wesentlich zur Lösung der Probleme aufgrund der Bevölkerungsabnahme und -alterung in Europa beitragen könnte. Nach Ansicht der Kommission kann die verstärkte legale Einwanderung langfristig nicht als wirksame Möglichkeit zum Ausgleich demographischer Änderungen angesehen werden, da die Einwanderer nach einiger Zeit erfahrungs gemäß die Fertilitätsmuster im Aufnahmestaat annehmen. Kurzfristig kann sie jedoch einen wichtigen Beitrag zum Bevölkerungswachstum leisten und andere Reaktionen auf die demographischen Veränderungen wie familienfreundlichere Politiken ergänzen. Darüber hinaus kann die Einwanderung auf lange Sicht keine Lösung für Ungleichgewichte auf dem Arbeitsmarkt, u.a. in Folge von Qualifikationsmangel, darstellen, die im Rahmen einer Gesamtstrategie struktureller Beschäftigungsmaßnahmen und Maßnahmen zur Entwicklung der Humanressourcen angegangen werden müssen. Allerdings könnte eine gesteuerte Migration mit dazu beitragen, den bestehenden Arbeitskräftemangel zu mindern, vorausgesetzt, dass sie im Kontext einer globalen strukturpolitischen Strategie erfolgt.

[23] Replacement migration: is it a solution to declining and ageing populations, Sekretariat der Vereinten Nationen (ESA/P/WP.160), 21. März 2000.

Der wirtschaftliche Kontext und die Lage auf dem EU-Arbeitsmarkt

Die makroökonomischen Perspektiven der EU sind derzeit viel besser als in den letzten Jahren. Die Inflation und die Zinssätze sind niedrig, die Defizite der öffentlichen Finanzen konnten gesenkt werden, und die Zahlungsbilanz ist gesund. Der wirtschaftliche Nutzen der Einführung des Euro und die Vollendung des Binnenmarkts führen zu vermehrtem Wachstum und schaffen neue Arbeitsplätze, so dass die Arbeitslosenquote gesunken ist.

Der 1997 vom Europäischen Rat in Luxemburg eingeleitete Prozess hat einen ambitionierten Rahmen für die Koordinierung der Beschäftigungsstrategien in der EU vorgegeben. Gemäß Artikel 99 Absatz 2 EG-Vertrag in der Fassung des Vertrags von Amsterdam führen die Mitgliedstaaten ihre Beschäftigungspolitik in einer Form durch, die mit den Grundzügen der Wirtschaftspolitik, die jedes Jahr vom Rat entworfen werden, übereinstimmt. Die Mitgliedstaaten erstellen im Lichte dieser Leitlinien Nationale Aktionspläne, deren Durchführung regelmäßig von der Kommission und dem Rat überwacht wird.

Auf dem Europäischen Rat in Lissabon im März 2000 wurden zahlreiche Schwächen der EU-Wirtschaft beleuchtet, insbesondere die noch immer hohe Zahl an Arbeitslosen, die trotz des Rückgangs der Arbeitslosenquote auf durchschnittlich 9,2% im Jahr 1999 noch über 15 Mio. beträgt. [24] Der Arbeitsmarkt ist durch eine unzureichende Beteiligung von Frauen und älteren Arbeitnehmern und durch strukturelle Langzeitarbeitslosigkeit sowie durch ausgeprägte regionale Unterschiede gekennzeichnet. Der Europäische Rat wies auf die Probleme aufgrund der Unterentwicklung des Dienstleistungssektors insbesondere im Telekommunikations- und Internetbereich und auf das Qualifikationsdefizit vor allem in der Informationstechnologie hin, wo immer mehr Stellen unbesetzt bleiben. Der Europäische Rat verwies auch auf die Notwendigkeit, die Sozialschutzsysteme zu modernisieren und angesichts einer alternden Bevölkerung ihre langfristige Tragfähigkeit sicherzustellen [25]. Die Anpassung der Altersversorgungssysteme zur Förderung gradueller Formen des Übergangs in den Ruhestand mit flexiblen Arbeitszeiten für ältere Menschen würde diesen älteren Personen, die heute im allgemeinen einen besseren Gesundheitszustand haben und über bessere Arbeitsbedingungen verfügen als ihre Großeltern, einen Anreiz dazu bieten, länger zu arbeiten. Eine vermehrte Teilung der Verantwortung zwischen der Regierung, den Sozialpartnern und den Einzelpersonen würde die Reaktionsfähigkeit der Altersversorgungssysteme auf demographische Veränderungen und ihre Abhängigkeit von der Erwerbsbevölkerung verringern. Im Rahmen der Europäischen Beschäftigungsstrategie werden diese Probleme jetzt langsam angegangen.

[24] Die Quote ist im Jahr 2000 weiter gefallen und beträgt derzeit 8,4% bzw. etwas über 14 Mio. Arbeitslose.

[25] "Die Entwicklung des Sozialschutzes in Langzeitperspektive: zukunftssichere Renten" [KOM(2000)622].

In Lissabon hat der Europäische Rat ein neues strategisches Ziel für das nächste Jahrzehnt gesetzt, nämlich das Ziel, die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum zu machen, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen. Dazu wurde eine globale Strategie mit dem Ziel angenommen, die Gesamterwerbstätigenquote von durchschnittlich 61% im Jahr 2000 auf annähernd 70% im Jahr 2010 anzuheben, sowie die Beschäftigungsquote der Frauen in diesem Zeitraum von 51% auf über 60% zu steigern und somit die Tragfähigkeit der bestehenden Sozialschutzsysteme zu stärken. Nach Ansicht der Kommission werden diese Strategien die Auswirkungen der alternden Bevölkerung in der EU und das Abhängigkeitsniveau zwischen der erwerbstätigen und der in Ruhestand befindlichen Bevölkerung verringern.

Im Gemeinsamen Beschäftigungsbericht 2000 [26] werden die Fortschritte bei der Anhebung der Erwerbstätigenquote aufgezeigt, die sich 1999 auf 62,2% belief. Es wird auch dargelegt, in welchen Bereichen weitere Anstrengungen erforderlich sind, und aufgezeigt, dass Qualifikations lücken zunehmen und sich Arbeitsangebot und -nachfrage immer weniger entsprechen. In einigen Sektoren, die hochqualifiziertes Personal benötigen, das für die Entwicklung einer wissensbasierten Wirtschaft notwendig ist, wird diese Entwicklung akut. Personalprobleme in Bereichen wie der Landwirtschaft und dem Fremdenverkehr, die traditionell niedrig qualifizierte Arbeitskräfte beschäftigen, bestehen trotz der Anstrengungen zur Abhilfe selbst bei Vorliegen einer hohen Arbeitslosenquote fort. Dieser Mangel könnte die Wettbewerbsfähigkeit der EU in der Weltwirtschaft beeinträchtigen.

[26] KOM(2000)551 endg.

Die Fähigkeit verschiedener Staaten und Regionen der EU, demographische Effekte auszugleichen und ungenutztes Arbeitskräftepotenzial zu mobilisieren, ist sehr unterschiedlich. Die Einwanderung wird als Element der Gesamtstrategie zur Wachstumsförderung und zur Verringerung der Arbeitslosigkeit vor allem kurz- bis mittelfristig dazu beitragen, diese Probleme zu mildern. Während auf EU-Ebene für etliche Bereiche bereits Verfahren zur Koordinierung der Politik existieren, die das Funktionieren des Binnenmarkts erleichtern sollen - dies betrifft insbesondere den freien Verkehr von Waren, Kapital und Dienstleistungen sowie die Freizügigkeit der EU-Arbeitnehmer und anderer Bürger -, ist der Rolle von Drittstaatsangehörigen auf dem EU-Arbeitsmarkt bisher nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt worden. , was angesichts ihrer zunehmenden Bedeutung nunmehr zu behandeln ist. Da diese Rolle an Bedeutung zunimmt, sollte dieser Bereich nun angesprochen werden.

Die Lage der Migranten auf dem EU-Arbeitsmarkt

Zur Situation von Migranten auf dem Arbeitsmarkt der EU ist festzustellen, dass sich die Lage der qualifizierten und nicht qualifizierten Migranten seit Mitte der 80-er Jahre immer stärker differenziert. Die Zahl der nur gering oder nicht qualifizierten Migranten im Arbeitsmarkt nimmt seit 1992 in Bereichen zu, in denen sie eine Nachfrage erfuellen, z.B. in der Landwirtschaft, im Baugewerbe, für Haushaltstätigkeiten und Saisonarbeit im Tourismus (Hotel- und Gaststättengewerbe) sowie in bestimmten Teilen des verarbeitenden Gewerbes. Hinsichtlich der qualifizierten Arbeitskräfte besteht nun die Bereitschaft, Migranten in den Arbeitsmarkt aufzunehmen, die über spezielle Kenntnisse verfügen, um so einen Bedarf zu decken, der von den vorhandenen Arbeitskräften auch in Bereichen mit hoher Arbeitslosigkeit nicht gedeckt werden kann. Zugleich wird der globale Wettbewerb um solche Fachkräfte stärker (z.B. im IT-Sektor).

Obwohl das vorliegende Datenmaterial zu neu eingetroffenen Migranten nicht umfassend ist - zum Teil, weil in vielen Mitgliedstaaten Personen arbeiten, die sich unrechtmäßig in der Union aufhalten oder Schwarzarbeit verrichten -, ist offiziellen Statistiken (Europäische Arbeitskräfte-Erhebung) zu entnehmen, dass die Beschäftigungsquote für Migranten der ersten Generation, und insbesondere Frauen, tendenziell schlechter sind als für die Gesamtbevölkerung. Wie kürzlich von der ILO durchgeführte Untersuchungen zum Thema ethnische Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt gezeigt haben, existieren statistisch signifikante Niveaus der Diskriminierung in einer Reihe von Mitgliedstaaten. Darüber hinaus ist unter Migranten vielfach eine höhere Schulabbrecherrate als bei Inländern festzustellen. Dies kann oft auf Sprachschwierigkeiten, vor allem bei neu Zugezogenen, aber auch auf Probleme bei der Anpassung an das Schulsystem zurückgeführt werden.

In den letzten Jahren wurde in zahlreichen Studien versucht, die wirtschaftlichen Auswirkungen der legalen Einwanderung in verschiedenen Mitgliedstaaten, insbesondere in Deutschland, Dänemark und Österreich, zu untersuchen. Diese Studien haben ergeben, dass vor allem auf lokaler Ebene sowohl positive wie auch negative Auswirkungen vorhanden sind. Im Allgemeinen haben Einwanderer positive Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und belasten den Sozialstaat nicht. Die Annahme, dass die Einwanderung die Arbeitslosigkeit erhöht, wird in diesen Studien nicht bestätigt. Sie zeigen vielmehr, dass Einwanderer meist jene Arbeiten annehmen, die selbst in Fällen, in denen unter der lokalen Bevölkerung hohe Arbeitslosigkeit bestanden hat, offengeblieben waren. Diese Studien entsprechen früheren Arbeiten in den USA, Kanada und Australien, die zur Recht fertigung anhaltender Einwanderungspolitiken dienten, die jährliche Quoten von Einwanderern für bestimmte Sektoren gewinnen wollen. Die Auswirkungen der illegalen Einwanderer, die in der EU arbeiten, sind natürlich schwer zu bewerten, da ihre Zahl und ihr Aufenthalt nicht genau bestimmt werden kann. Obwohl sie, und in vielen Bereichen auch gering qualifizierte Einwanderer, kurzfristig zweifellos einen Beitrag zur Wirtschaft leisten, könnte ihre Anwesenheit die Durchführung struktureller Änderungen behindern, die für das langfristige Wachstum erforderlich sind.

Die wirtschaftlichen Vorteile könnten bei hochqualifizierten Einwanderern, die bestimmte Bedürfnisse an Fachwissen abdecken, höher sein als bei gering qualifizierten, die in bestimmten Fällen mit nationalen Arbeitnehmern im Wettbewerb um Arbeitsplätze stehen können. Die meisten Einwanderer ohne Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung werden in Bereichen beschäftigt, in denen keine besonderen Qualifikationen erforderlich sind (z.B. in der Landwirtschaft und in verwandten Bereichen, im Gastgewerbe und im Reinigungssektor), und dies oft zu geringerem Lohn als die lokalen Arbeitskräfte und zu Bedingungen, die zu Ausbeutung und sozialem Unfrieden führen können. Andererseits kann die regionale und sektorale Konzentration von Einwanderern bedeuten, dass sie eine wichtige Größe für die lokale Wirtschaft darstellen.

Während Schwierigkeiten in Sektoren, die traditionell Einwanderer angezogen haben (insbesondere die Bauwirtschaft, der Bergbau und das verarbeitende Gewerbe), in bestimmten Staaten zu höheren Arbeitslosenquoten unter den Einwanderern als Inländern geführt haben, hat sich allerdings auch gezeigt, dass Einwanderer in den vergangenen Jahren flexibler mit solchen Problemen umgegangen sind, insbesondere, indem sie sich auf den Dienstleistungssektor verlagert und eigene kleine Betriebe aufgebaut haben. Festzustellen ist auch, dass in Sektoren, die Einwanderer beschäftigen, und in verbundenen Industriebereichen häufig Produktivitätsgewinne erzielt werden. Es wird vermutet, dass sich ein Mangel an Migranten in der Landwirtschaft, einigen Bereichen des verarbeitenden Gewerbes und bestimmten Dienstleistungssektoren negativ für den betreffenden Sektor auswirken würde [27].

[27] Assessment of possible migration pressure and its labour market impact following EU enlargement to Central and Eastern Europe, Teil 1, John Salt u.a., Research Report RR138, Department of Education and Employment (UK), Dezember 1999.

Im Hinblick auf die Sozialversicherungssysteme kann die Anwesenheit legaler Arbeitsmigranten und ihrer Familien angesichts der abnehmenden und alternden Bevölkerung zumindest kurzfristig einen positiven Faktor darstellen, obwohl ihre Aufnahme anfänglich mit Kosten verbunden sein kann. Wirksame Integrationsmaßnahmen für Drittstaatsangehörige zur Herstellung ordentlicher Lebens- und Arbeitsbedingungen erhöhen ihren sozioökonomischen Beitrag für die Gesellschaft des Aufnahmestaats. Fehlen solche Politiken, und kommt es dadurch zu Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung, könnte dies für die Gesellschaft auf lange Sicht höhere Kosten bedeuten.

ANHANG 2

Übersicht über kürzlich vorgelegte oder geplante Vorschläge der Kommission zur Migrationspolitik

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG)Nr.1408/71 in Bezug auf deren Ausdehnung auf Staatsangehörige von Drittländern (KOM(97)561 endg.) (1997 vorgelegt)

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG)Nr.1612/68 des Rates über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (KOM(98)394endg.) (1998 vorgelegt)

Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (Richtlinie 2000/43/EG, ABl.L180 vom 19.7.2000) (im Juni 2000 angenommen)

Richtlinie zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (KOM(99)565 endg.) (im Oktober 1999 vorgelegt)

Beschluss des Rates über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Bekämpfung von Diskriminierungen 2001-2006 (KOM(2000)649) (im Oktober 2000 angenommen)

Richtlinie betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (im Dezember 1999 vorgelegt, Oktober 2000: geänderte Fassung)

Richtlinie über die Rechtsstellung von Drittstaatsangehörigen, die sich langfristig in einem Mitgliedstaat aufhalten (Februar 2001)

Richtlinie über die Bedingungen für Einreise und Aufenthalt zum Zwecke eines Studiums oder einer Berufsausbildung (erstes Halbjahr 2001)

Richtlinie über die Bedingungen für Einreise und Aufenthalt zur Aufnahme einer unbezahlten Tätigkeit (erstes Halbjahr 2001)

Richtlinie über die Bedingungen für Einreise und Aufenthalt zum Zwecke einer Beschäftigung im Arbeitsverhältnis und zur selbständigen Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit (erstes Halbjahr 2001)

Mobilisierung im Hinblick auf die Erhebung statistischer Daten im Bereich Einwanderung auf der Grundlage der 1998 begonnenen statistischen Erfassung (erstes Halbjahr 2001)

Mitteilung über die Rückführungspolitik (erstes Halbjahr 2001)

Vorschläge für ein Koordinierungs- und Überwachungsverfahren zur Umsetzung der Migrationspolitik der Gemeinschaft

Vorschläge für ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Förderung der Integration von Drittstaatsangehörigen durch horizontale Maßnahmen zur Unterstützung des Erfahrungsaustauschs und zur Entwicklung bewährter Praktiken

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