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Document 52000AR0236(01)

    Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die gesundheitspolitische Strategie der Europäischen Gemeinschaft"

    ABl. C 144 vom 16.5.2001, p. 43–46 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    52000AR0236(01)

    Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die gesundheitspolitische Strategie der Europäischen Gemeinschaft"

    Amtsblatt Nr. 144 vom 16/05/2001 S. 0043 - 0046


    Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu:

    - der "Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die gesundheitspolitische Strategie der Europäischen Gemeinschaft", und

    - dem "Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich der öffentlichen Gesundheit (2001-2006)"

    (2001/C 144/13)

    DER AUSSCHUSS DER REGIONEN,

    gestützt auf die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die gesundheitspolitische Strategie der Europäischen Gemeinschaft und den Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich der öffentlichen Gesundheit (2001-2006) - (KOM(2000) 285 endg. - 2000/0119 COD),

    gestützt auf den Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verlängerung bestimmter Aktionsprogramme der Gemeinschaft im Bereich der öffentlichen Gesundheit (KOM(2000) 448 endg. - 2000/0192 COD),

    aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 13. Juni 2000, eine Stellungnahme zu diesem Thema abzugeben und die Fachkommission 5 "Sozialpolitik, Gesundheitswesen, Verbraucherschutz, Forschung, Fremdenverkehr" mit der Erarbeitung dieser Stellungnahme zu beauftragen,

    in Anbetracht seiner auf der Plenartagung am 18. und 19. November 1998 verabschiedeten Stellungnahme zu der Mitteilung über die Entwicklung der Gemeinschaftspolitik im Bereich der öffentlichen Gesundheit (KOM(1998) 230 endg.) (CdR 156/98 fin)(1) (Berichterstatter: Ian S. Hudghton),

    in Anbetracht seiner auf der Plenartagung am 12. und 13. April 2000 verabschiedeten Stellungnahme zu der Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Reform der europäischen Gesundheitssysteme (CdR 416/99 fin)(2) [Berichterstatter: Tilman Tögel (D/PSE)],

    gestützt auf den von der Fachkommission 5 am 23. Oktober 2000 angenommenen Stellungnahmeentwurf [CdR 236/2000 rev. 2, Berichterstatter: Roger Kaliff (S/PSE) und Bente Nielsen (DK/PSE)],

    verabschiedete auf seiner 36. Plenartagung am 13. und 14. Dezember 2000 (Sitzung vom 13. Dezember) einstimmig folgende Stellungnahme.

    Einleitung

    Der Ausschuss der Regionen begrüßt die Vorschläge der Kommission für eine gesundheitspolitische Strategie und ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Nach Auffassung des Ausschusses muss die EU im Gesundheitsbereich auf der Grundlage ihres Vorschlags für eine gesundheitspolitische Strategie die Initiative ergreifen. Er steht daher dem Bestreben der Kommission positiv gegenüber, durch gemeinschaftliche Maßnahmen für mehr Koordinierung und Kontinuität im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu sorgen, um das in Artikel 3 Buchstabe p des EG-Vertrags genannte Ziel zu erreichen und den neuen Artikel 152 umzusetzen. Der Ausschuss ist besonders zufrieden darüber, dass die Kommission großes Gewicht auf die Erreichung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus in der Gemeinschaft legt.

    Bemerkungen und Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

    Allgemeine Bemerkungen

    1. Der Ausschuss der Regionen ist der Auffassung, dass die vorgeschlagene gesundheitspolitische Strategie keine Verlagerung gesundheitspolitischer Zuständigkeiten zur EU bedeuten darf. Es ist zu unterscheiden zwischen den Verpflichtungen der Gemeinschaft auf der einen und denen der Mitgliedstaaten auf der anderen Seite. Er spricht sich gegen Bestrebungen zur Angleichung aus; die Mitgliedstaaten müssen die alleinige Zuständigkeit für die Regelung des Gesundheitswesens nach ihren eigenen Organisations- und Finanzierungsmodellen haben. Das Subsidiaritätsprinzip ist zu beachten, und Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene müssen einen deutlichen Zusatznutzen für die Mitgliedstaaten haben.

    2. Der Ausschuss betont die Bedeutung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Regionen, Städten und Gemeinden und Mitgliedstaaten. Die EU kann mit neuen Unterstützungsstrukturen und konkreten Schritten einen wichtigen Beitrag zur Förderung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit leisten. Dies käme der Entwicklung in der Gemeinschaft und im Gesundheitsbereich zugute. Besondere Beachtung ist den Bemerkungen des Ausschusses zu künftigen Beschlüssen zu schenken, die die Zuständigkeiten der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in Gesundheitsfragen berühren.

    3. Die Voraussetzungen für eine gute Gesundheit werden auf den Ebenen geschaffen, die den Menschen am nächsten sind. In vielen Mitgliedstaaten verfügen die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften (nachstehend als Regionen bezeichnet) über Zuständigkeiten im Bereich der allgemeinen Gesundheit und der Gesundheitspflege. Der Ausschuss der Regionen und die Regionen, die über gesundheitspolitische Befugnisse verfügen, müssen in die Arbeit auf diesem Gebiet einbezogen werden und daran mitwirken können, und sie müssen Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Gesundheitspolitik der Gemeinschaft erhalten. Der Ausschuss erwartet, dass er in die Umsetzung der gesundheitspolitischen Strategie eingebunden wird, z. B. bei der Festlegung von Gesundheitsindikatoren und der geplanten Bewertung der Strategie, und dringt darauf, dass den die Kommission beratenden Ausschüssen auch Vertreter der lokalen und regionalen Ebene angehören.

    Die gesundheitspolitische Strategie

    4. Der Ausschuss der Regionen hält die Unterschiede im Gesundheitsniveau der Bevölkerung für eine der großen Herausforderungen für die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft. Nach dem Beitritt neuer Länder zur Gemeinschaft dürfte dieses Problem noch deutlicher werden. Der Vorschlag für eine gesundheitspolitische Strategie ist sehr umfassend und ambitiös. Durch eine eindeutige Fokussierung würde er an Kraft gewinnen. Der Ausschuss schlägt daher vor, dass sich die Kommission auf Unterschiede in der Gesundheitsversorgung konzentriert und die gesundheitspolitische Strategie unter ein übergeordnetes Ziel stellt, das wie folgt formuliert werden könnte: "Das übergeordnete Ziel muss die Verringerung von Gesundheitsgefahren und der Abbau von Unterschieden im Bereich der Gesundheit in der EU sein. Das Gesundheitsniveau in den einzelnen Mitgliedstaaten und Bevölkerungsgruppen muss nach und nach dem gemeinschaftsweit höchsten Standard angenähert werden." Bei der Verfolgung und Konkretisierung dieses Ziels ist natürlich der Vertrag zu beachten.

    5. Die Folgen der Erweiterung und der zunehmenden Internationalisierung sind für das künftige Europa sehr weitreichend und müssen im Vorschlag für eine gesundheitspolitische Strategie klar dargelegt werden. Die beitrittswilligen Staaten und die meisten EU-Nachbarstaaten weisen ein niedrigeres Gesundheitsniveau auf, haben geringere Pro-Kopf-Ausgaben im Gesundheitswesen, und das Durchschnittsalter liegt unter dem in der EU. Das kann Konsequenzen für das Gesundheitsniveau in der Gemeinschaft haben; daher ist zu untersuchen, wie die EU und auch die Bewerberstaaten selbst zu einer besseren Gesundheitsversorgung in diesen Ländern beitragen können. Neben den Konvergenzkriterien sollte der Lösung der Probleme der Bewerberstaaten im öffentlichen Gesundheitswesen das Hauptaugenmerk gewidmet werden.

    6. Die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie der WHO, der OECD u. a. muss weiter intensiviert werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Maßnahmen der Gemeinschaft eine Ergänzung zur Arbeit der WHO darstellen und Überschneidungen vermieden werden.

    7.1. Der Ausschuss begrüßt die Bedeutung, die verschiedenen Politikbereichen für die öffentliche Gesundheit beigemessen wird. Die EU ist die Gemeinschaftseinrichtung in Europa, die die Kompetenz und die Möglichkeiten hat, auf viele für die Gesundheit ausschlaggebende Faktoren einzuwirken. Die Aufgabe der Gemeinschaft, durch Maßnahmen in verschiedenen Politikbereichen ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen, ist von großer Bedeutung. Dies gilt insbesondere für die Gemeinschaftspolitiken, in denen die Gemeinschaft einen starken Einfluss auf die allgemeine Gesundheit ausüben kann, wie z. B. die Agrarpolitik, die Beschäftigungspolitik, die Einführung der gemeinsamen Währung und die Osterweiterung. Andere wichtige Bereiche sind Bildung, Mobilität sowie die Arbeitsumwelt und der Verbraucherschutz.

    7.2. Es wäre sinnvoll, Modelle zur Analyse von Gesundheitsfolgen zu entwickeln, die in den Beschlussfassungsprozessen der EU angewandt werden können.

    7.3. Als erster Schritt sollten diese Modelle zur Analyse der Gesundheitsfolgen auf bestimmte Bereiche der Agrarpolitik erstellt werden. Neben Modellen für den agrarpolitischen Bereich sollte auch der Arbeitsmarktpolitik Aufmerksamkeit geschenkt werden. Es sollte nach Möglichkeiten für eine Förderung und Unterstützung der Ausbildung von Gesundheitspersonal auf interregionaler Basis und dessen Mobilität zwischen den Regionen gesucht werden. Denn die Überalterung der Bevölkerung bringt eine starke Inanspruchnahme des Gesundheitswesens mit sich.

    8. Der Ausschuss ist der Auffassung, dass das Europäische Gesundheitsforum wegen der Möglichkeit, Diskussionen auf sachkundiger Basis zu führen, für gesundheitspolitische Maßnahmen der Gemeinschaft von Nutzen sein kann. Das setzt allerdings demokratische Mitwirkungsmöglichkeiten der nationalen und der regionalen Ebene sowie praktikable Regeln voraus. Der Ausschuss hält es für wichtig, dass das Forum kein Beschlussfassungs- oder Gesetzgebungsinstrument sein soll, sondern eine Plattform für den wechselseitigen Meinungs- und Erfahrungsaustausch, wie z. B. das Forum für Sozialpolitik oder das Forum für Verbraucherpolitik. Mit dem Europäischen Gesundheitsforum in Gastein, an dem Vertreter der nationalen, regionalen und lokalen Ebene sowie Ärzte und andere Fachleute teilnahmen, wurden gute Erfahrungen gemacht.

    Das Aktionsprogramm im Bereich der öffentlichen Gesundheit

    9.1. Der Ausschuss der Regionen spricht sich für eine Verlängerung der bisherigen Programme im Bereich der Gesundheit bis zum Inkrafttreten des neuen Programms aus.

    9.2. Er ist des Weiteren der Ansicht, dass für beitrittswillige Staaten mit ihren speziellen Erfordernissen besondere Mittel vorzusehen sind, um die Bewerberstaaten in die Lage zu versetzen, die Probleme des öffentlichen Gesundheitswesens ihres Landes anzupacken.

    10.1. Der Ausschuss sieht für die Informationstechnik bedeutsame Anwendungsmöglichkeiten im Gesundheitswesen. Er fordert die Kommission auf, den Wirkungen der Informationstechnik auf Handlungsmodelle und Strukturen im gesundheitspolitischen Bereich Rechnung zu tragen. Eine schnelle Verbreitung der neuesten Erkenntnisse über krankheitsverhütende Maßnahmen ist sehr wichtig. Insbesondere in dünn besiedelten Gegenden mit ihren großen Entfernungen kann die Informationstechnik wertvolle Dienste leisten.

    10.2. Nach Auffassung des Ausschusses ist es wichtig, aus den Erfahrungen anderer zu lernen und Zugang zu vergleichbaren Daten hoher Qualität zu haben. Bei den Bestrebungen zum Aufbau eines Gesundheitsinformationssystems ist allerdings darauf zu achten, dass das Gesundheitsschutzniveau bewertet werden soll, nicht das jeweilige Gesundheitssystem. Ebenso wie die Durchführung von Maßnahmen ist es auch die alleinige Sache der Mitgliedstaaten, Schlüsse aus den vergleichenden Daten zu ziehen.

    10.3. Der Ausschuss spricht sich für ein Informationssystem aus, an dem auch andere Akteure im Bereich der Gesundheit beteiligt sind. Gesundheitsinformationen werden bereits im Rahmen der OECD und der WHO zusammengetragen und verglichen, deren Systeme auf Initiative der EU weiterentwickelt werden könnten. Ein eigenes System der Gemeinschaft muss sorgfältig darauf hin beurteilt werden, ob es einen wirklichen zusätzlichen Nutzen erbringt.

    10.4. Das Gesundheitsdatensystem der EU ist so zu gestalten, dass der Schutz der Privatsphäre des Einzelnen gewährleistet ist.

    11. Der Ausschuss steht dem Aufbau von Kenntnissen und dem Austausch von Erfahrungen über Arzneimittel positiv gegenüber. Seiner Ansicht nach bedarf es dazu einheitlicher Regeln für die Vermarktung und die Information der Öffentlichkeit.

    Die von Land zu Land unterschiedlichen Verschreibungs- und Konsumgewohnheiten machen eine Anpassung des Informationssystems an die nationalen Gegebenheiten notwendig.

    12. Der Ausschuss befürwortet eine deutlichere Schwerpunktsetzung im Vorschlag für das Aktionsprogramm, bei der auch Fragen betreffend die mentale Gesundheit stärker zu berücksichtigen sind.

    12.1. Nach Auffassung des Ausschusses sollte in Aktionsbereich 1 des vorgeschlagenen Programms, der eine Verbesserung der Information und der Kenntnisse über Gesundheitsfragen bezweckt, ein deutlicherer Schwerpunkt auf Indikatoren gelegt werden, die für die Förderung der Gesundheit und die Vorbeugung gegen Krankheiten aussagekräftig sind. Der Gesundheitsvorsorge ist eine hohe Priorität beizumessen. Diese Verantwortung darf nicht dadurch aufgespalten werden, dass die EU an der Gesundheitspflege mitwirkt.

    12.2. Der Ausschuss unterstützt die im zweiten Schwerpunktbereich "Rasche Reaktion auf Gesundheitsgefahren" vorgesehenen Maßnahmen. Er hält sie für einen zentralen Teil der Arbeit der Kommission und unterstreicht die koordinierende Rolle der Gemeinschaft in diesem Bereich.

    12.3. Nach Auffassung des Ausschusses muss der dritte Aktionsbereich "Berücksichtigung von Gesundheitsfaktoren" Priorität erhalten, um den langfristigen, die Gesundheit beeinflussenden Faktoren Interesse und Beachtung auf Gemeinschaftsebene zu sichern. Von besonderer Bedeutung ist die Entwicklung von Gesundheitskampagnen in den beitrittswilligen Staaten. Dieser Bereich muss gestrafft werden und neue Prioritäten erhalten. So werden z. B. von den 287 Mio. Euro für das gesamte Programm nur 6 Mio. Euro für Gesundheitsrisiken durch Rauchen veranschlagt, 7 Mio. für Fragen der Ernährung und 3 Mio. für die Förderung der körperlichen Bewegung; dabei gelten diese Faktoren als wichtige Ursachen von Gesundheitsschädigungen.

    13. Darüber hinaus schlägt der Ausschuss der Kommission vor, zur Förderung der Gesundheit im Europa von morgen Folgendes zu unternehmen:

    - Erstellung einer europäischen Studie "In die Gesundheit in Europa investieren" ähnlich dem Bericht der Weltbank, in der die gesamtwirtschaftlichen Kosten von Gesundheitsschäden und die Zweckmäßigkeit von Investitionen in die Gesundheit untersucht werden.

    - Erstellung regelmäßiger Berichte über die zu erwartende Entwicklung des Gesundheitszustandes, um neuen Bedrohungen der Gesundheit innerhalb der Gemeinschaft und in den beitrittswilligen Staaten begegnen zu können.

    - Einleitung einer ethischen Diskussion über grundlegende Wertvorstellungen im Bereich der Gesundheit, da verschiedene Politikbereiche Auswirkungen auf die Gesundheit haben und die Gemeinschaft im Gesundheitsbereich auf vielfältige Weise tätig wird.

    - Aktive Förderung der Ausbildung von Gesundheitspersonal nach europäischen Standards und Förderung der Mobilität des Gesundheitspersonals zwischen europäischen Regionen.

    Brüssel, den 13. Dezember 2000.

    Der Präsident

    des Ausschusses der Regionen

    Jos Chabert

    (1) ABl. C 51 vom 22.2.1999, S. 53.

    (2) ABl. C 226 vom 8.8.2000, S. 79.

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