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Document 51999AC0449

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem «Vorschlag für eine Entscheidung des Rates für ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft für den Katastrophenschutz»

ABl. C 169 vom 16.6.1999, p. 14 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

51999AC0449

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem «Vorschlag für eine Entscheidung des Rates für ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft für den Katastrophenschutz»

Amtsblatt Nr. C 169 vom 16/06/1999 S. 0014


Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Entscheidung des Rates für ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft für den Katastrophenschutz"(1)

(1999/C 169/06)

Der Rat beschloß am 9. Februar 1999, den Wirtschafts- und Sozialausschuß gemäß Artikel 235 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu dem vorgenannten Vorschlag zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 9. April 1999 an. Berichterstatterin war Gräfin zu Eulenburg, Mitberichterstatter waren die Herren Liverani und Wilkinson.

Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 363. Plenartagung am 28. und 29. April 1999 (Sitzung vom 28. April) mit 87 Ja-Stimmen ohne Gegenstimmen und 3 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

1. Der Kommissionsvorschlag

1.1. Maßnahmen im Bereich Katastrophenschutz, die im Vertrag vorgesehen sind (Artikel 3 Buchstabe t), sind notwendig, da das Gebiet der Europäischen Union immer wieder von großen Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Erdbeben, Erdrutschen und Waldbränden heimgesucht wird. Seit 1985 sorgt die Gemeinschaft daher unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsgrundsatzes für wirksame Mechanismen, um die Zusammenarbeit zwischen allen am Katastrophenschutz beteiligten Akteuren in der EU auszubauen.

1.2. 1998 begann die Kommission, nachdem der Rat ein zweijähriges Aktionsprogramm für den Katastrophenschutz (1998-1999) gebilligt hatte, in enger Zusammenarbeit mit den Katastrophenschutzbehörden der Mitgliedstaaten mit der Durchführung mehrerer größerer Projekte. Alle diese Projekte dienen der Festlegung gemeinsamer Regeln und Leitlinien sowie dem Aufbau eines Verbindungsnetzes zwischen den einschlägigen Fachleuten.

1.3. Das jetzt von der Kommission vorgeschlagene Aktionsprogramm zum Katastrophenschutz umfaßt den Zeitraum 2000-2004 und soll dazu dienen, den Ergebnissen der obengenannten großen Projekte eine größere und dauerhaftere Wirkung zu verschaffen. Es soll außerdem die Durchführung neuer großer Projekte in Sachen Vorbeugung, Bereitschaft, Einsatz im Notfall und Wiederaufbau ermöglichen und dazu beitragen, daß nachahmenswerte Verfahren bei der Festlegung gemeinsamer Regeln und Leitlinien, bei der Ausbildung, bei Pilotprojekten, Hilfsmaßnahmen usw., die bereits Anwendung finden, fortgesetzt werden. Laut Kommissionsvorschlag sollen diesem Programm Mittel in Höhe von 2 Millionen Euro pro Jahr zugewiesen werden.

2. Allgemeine Bemerkungen

2.1. Einleitung

2.1.1. Unabhängig von den Ursachen einer Katastrophe ist festzustellen, daß die Auswirkungen und damit die Bedrohung von Natur und Bevölkerung immer größere Dimensionen annehmen und aufgrund ihre Komplexität immer schwerer einschätzbar und beherrschbar werden.

2.1.2. Eine effektive und effiziente Reaktion auf Katastrophenereignisse ist nur möglich, wenn die Interventionen auf der Grundlage einer umfassenden Risikoabschätzung frühzeitig geplant und definierte Maßnahmen der beteiligten Organisationen, Institutionen und staatlichen Stellen abgestimmt und eingeübt sind.

2.1.3. Es ist offensichtlich, daß Katastrophen sich nicht an Landesgrenzen orientieren. Um die Bürger der Union, die einem breiten Spektrum von Gefahren ausgesetzt sind, wirkungsvoll schützen zu können und weitreichende Gefährdungen der Umwelt zu verhindern oder zumindest zu minimieren, dürfen Hilfsmaßnahmen nicht durch mangelnde Abstimmung oder unterschiedliche Einsatzkonzepte in den einzelnen Mitgliedstaaten gefährdet werden.

2.2. Ziele des Aktionsprogramms

2.2.1. Die in der Begründung des Kommissionsvorschlags unter Punkt 7 aufgezählten Ziele des Programms, die mit den unter Artikel 3 Punkt 2 genannten Kriterien korrelieren, können nur voll unterstützt werden.

2.2.2. In Zeiten immer knapper werdender Ressourcen erscheint es unerläßlich, Synergieeffekte zu nutzen und andere Einrichtungen und Institutionen im Sinne einer effizienten Hilfe mit zu involvieren. Diesbezügliche Bemühungen der EU gilt es zu unterstützen.

2.3. Maßnahmen des Aktionsprogramms

2.3.1. Der Ausschuß hält es für sinnvoll, Forschung und technologische Entwicklung zu berücksichtigen.

2.3.2. Da die Grundlage für eine sinnvolle - effektive und effiziente - Intervention eine umfassende und fundierte Gefahrenanalyse ist, sollten die Mitgliedstaaten ermutigt werden, Forschungsvorhaben, die insbesondere auch länderübergreifende Auswirkungen von Naturkatastrophen und technologische Desaster beleuchten, zu unterstützen.

2.3.3. Um eine sinnvolle Weiterentwicklung des Katastrophenschutzes in der EU zu erreichen scheint es sinnvoll, eine umfassende Risikoanalyse als Grundlage für adäquate Vorkehrungsmaßnahmen durchzuführen.

2.3.4. Dies sollte durch eine externe Evaluationsgruppe, zusammengesetzt aus den relevanten Bereichen der Wissenschaft, der staatlichen Stellen und der Nichtregierungsorganisationen begleitet werden. Ein entsprechender Passus sollte explizit in das Aktionsprogramm aufgenommen werden.

2.3.5. Da die Selbsthilfefähigkeit der Bürger der Mitgliedstaaten wesentlich zur Verbesserung der Situation nach einer Katastrophe beiträgt, kann die Information, Ausbildung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit in diesem Punkt nur begrüßt werden.

2.3.6. Berücksichtigt werden sollte aber auch eine stärkere Integration der Bevölkerung in feste Organisationsstrukturen, da so Potentiale nutzbar gemacht werden könnten, die ansonsten brach lägen.

2.4. Rechtliche Grundlagen

2.4.1. Die rechtlichen Grundlagen für den Bereich des Katastrophenschutzes sollten auch und insbesondere im Hinblick auf eine Erweiterung der Gemeinschaft geprüft werden, da in der Zukunft ein Bezug zu Artikel 235 des EU-Vertrages nicht ausreichend sein könnte.

2.4.2. Die Schaffung einer auch für die Zukunft tragfähigen rechtlichen Grundlage für Aktivitäten der Gemeinschaft im Bereich des Katastrophenschutzes darf aber nicht zu einer Abkehr vom Subsidiaritätsprinzip führen, auch wenn grundsätzlich Leitlinien im technischen und interventionistischen Bereich sinnvoll wären - dies zumindest im grenzüberschreitenden Katastrophen- oder Verteidigungsfall.

2.4.3. Es sollte auch weiterhin daran festgehalten werden, daß einzelstaatliche Planungen und Maßnahmen durch die gemeinschaftliche Zusammenarbeit unterstützt und gefördert werden.

2.4.4. Im Hinblick auf die Zukunft sind die bestehenden rechtlichen Grundlagen für ein Aktionsprogramm im Zusammenhang zu überprüfen und evtl. die Notwendigkeit von zusätzlichen Festschreibungen zu erörtern.

2.5. Zukunftsperspektiven

2.5.1. Der Ausschuß hält es für angemessen, nach einer Evaluierungsphase über Zukunftsperspektiven für die Aktivitäten im Katastrophenschutz nachzudenken.

2.5.2. Es müßte Sorge getragen werden, daß Erkenntnisse und Erfahrungen, die im Laufe des Aktionsprogramms gesammelt werden, nach Ablauf desselben implementiert werden.

3. Zusammenfassung der Stellungnahme

3.1. Auch in Europa werden, wie die Erfahrungen der letzten Jahre deutlich zeigen, die Katastrophen und ihre Auswirkungen auf das Zusammenleben der Bürger in der EU immer komplexer.

3.2. Umfassende Risikoanalysen bestehen in den seltensten Fällen und können insofern auch nicht als Grundlage für eine fundierte Planung zur Katastrophenabwehr herangezogen werden.

3.3. Aus diesem Grunde ist es sinnvoll, Schwerpunkte der Katastrophenforschung nicht nur auf die Abwehr von Gefahren, sondern auch in einer interdisziplinär angelegten Analyse der Risiken zu sehen.

3.4. Darüber hinaus gilt es, in jeder Beziehung Synergieeffekte zu nutzen, d.h. andere Felder und Maßnahmen der Gemeinschaft für den Katastrophenschutz nutzbar zu machen.

3.5. Hilfeleistung in Katastrophen beginnt vor Ort, dies bedeutet, daß die Selbsthilfefähigkeit der Bürger der EU gestärkt und eine weiterreichende Sensibilisierung für den Katastrophenschutz als Aufgabe auch für jeden einzelnen betrieben werden muß.

3.6. Auch über den Zeitraum des geplanten Aktionsprogramms hinaus gilt es, die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Bereich des Katastrophenschutzes zu fördern.

Brüssel, den 28. April 1999.

Die Präsidentin

des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Beatrice RANGONI MACHIAVELLI

(1) ABl. C 28 vom 3.2.1999, S. 29.

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