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Document 51998IP1092

Entschließung zur Abschaffung der Todesstrafe

ABl. C 98 vom 9.4.1999, p. 293 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

51998IP1092

Entschließung zur Abschaffung der Todesstrafe

Amtsblatt Nr. C 098 vom 09/04/1999 S. 0293


B4-1092, 1093, 1101, 1123, 1126, 1127, 1131, 1140, 1153 und 1154/98

Entschließung zur Abschaffung der Todesstrafe

Das Europäische Parlament,

* unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zur Todesstrafe,

* unter Hinweis auf die von der 53. Tagung der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen in Genf angenommenen Entschließung zur Frage der Todesstrafe,

* unter Hinweis auf das Protokoll Nr. 6 zur Europäischen Menschenrechtskonvention,

A. unter Hinweis insbesondere auf seine Entschließung vom 18. Juni 1998 ((ABl. C 210 vom 6.7.1998, S. 207.)) zur Einführung eines weltweiten Moratoriums für die Todesstrafe und in dem Bedauern, daß der Rat diesem Ansinnen noch nicht nachgekommen ist,

B. unter Hinweis auf die fortgesetzte Anwendung der Todesstrafe in vielen Ländern, häufig ohne freien und gerechten Prozeß,

C. empört über die Zahl der Hinrichtungen, die jedes Jahr in Ländern wie China, Iran, Saudi-Arabien und den USA erfolgen,

zu verschiedenen Einzelfällen

D. in dem tiefen Bedauern darüber, daß die Vereinigten Staaten von Amerika trotz der internationalen Reaktionen auf die Hinrichtungen die Todesstrafe auch weiterhin anwenden,

E. in der Erwägung, daß Mumia Abu-Jamal im Dezember 1982 im Zuge eines unausgewogenen Prozesses zum Tode verurteilt worden war, daß sein Antrag auf Überprüfung des Prozesses durch den Obersten Gerichtshof von Pennsylvanien am 30. Oktober 1998 abgelehnt wurde und daß eine Anrufung des Obersten Bundesgerichtshofes der einzige noch offene Weg ist,

F. in der Erwägung, daß diese Ablehnung bedeutet, daß die Regierung von Pennsylvanien jederzeit ein neues Mandat mit einem Hinrichtungsdatum unterzeichnen kann,

G. unter Hinweis auf den Fall des spanischen Staatsbürgers Joaquin José Martínez, der zum Tode verurteilt wurde und in einem Gefängnis in Starke inhaftiert ist; in der Erwägung, daß der Rechtsanwalt von Martínez beim Obersten Gericht von Florida Berufung eingelegt hat,

H. in der Erwägung, daß die 24jährige Philippinin Sarah Jane Dematera im Februar 1996 von einem saudi-arabischen Gerichtshof zum Tode verurteilt worden war, und mit dem besonderen Hinweis darauf, daß Sarah Jane Dematera nur sehr geringe Möglichkeiten hatte, ihre Unschuld zu beweisen, da sie keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand oder zu anderen Mitteln hatte, die es ihr ermöglicht hätten, ihr Verteidigungsrecht auszuüben,

I. betroffen aufgrund der in Turkmenistan gegen Shaliko Maisuradze, Gulshirin Shykhyeva und ihre Schwester Tylla Garadzhayeva verhängten Todesurteile,

zu verschiedenen Einzelfällen

1. fordert die sofortige und bedingungslose weltweite Abschaffung der Todesstrafe;

2. fordert jene Staaten, die die Todesstrafe nach wie vor anwenden, auf, ein sofortiges Moratorium zu verkünden;

3. fordert folglich den Rat und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf, die Vorlage eines gemeinsamen Entschließungsantrags zu einem weltweiten Moratorium in bezug auf Hinrichtungen im Hinblick auf eine vollständige Abschaffung der Todesstrafe vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York anläßlich der Jahrestagung 1999 zu unterstützen;

4. fordert die Mitgliedstaaten auf, Auslieferungsersuchen in bezug auf Personen, die aufgrund von Straftaten verfolgt werden, die mit der Todesstrafe geahndet werden, bei Staaten, die die Todesstrafe noch in ihren Rechtsordnungen vorsehen, nicht stattzugeben;

5. fordert die Kommission und den Rat auf, im Rahmen ihrer Beziehungen zu Drittländern, auch im Rahmen von Abkommensverhandlungen, auf die Abschaffung der Todesstrafe hinzuwirken;

zu verschiedenen Einzelfällen

6. fordert erneut alle Staaten der Vereinigten Staaten von Amerika auf, auf die Todesstrafe zu verzichten;

7. appelliert dringend an die Regierung von Pennsylvanien, kein neues Mandat zur Festsetzung eines Hinrichtungsdatums zu unterzeichnen, und erneuert seine Forderung nach einer Überprüfung des Prozesses gegen Mumia Abu-Jamal und nach einer Umwandlung der Todesstrafe, zu der er verurteilt worden ist;

8. fordert das oberste Gericht von Florida auf, das gegen den spanischen Staatsbürger Joaquin José Martínez gesprochene Todesurteil aufzuheben und sein Recht auf Nachweis seiner Unschuld durch eine Überprüfung des Prozesses zu gewährleisten;

9. fordert die Regierung von Saudi-Arabien auf, die Todesstrafe abzuschaffen und das Urteil gegen Frau Dematera und alle anderen Todesurteile umzuwandeln, und fordert darüber hinaus die Regierung von Saudi-Arabien auf, allen Personen, die wegen Schwerverbrechen angeklagt sind, den erforderlichen Zugang zum Rechtsbeistand in allen Phasen des Verfahrens zu gewähren;

10. bekundet seine Betroffenheit über die grosse Zahl von Todesurteilen in Turkmenistan und fordert den Präsidenten von Turkmenistan auf, seine verfassungsmässige Autorität zu nutzen und die gegen Shaliko Maisuradze, Gulshirin Shykhyeva und Tulla Garadzhayeva und die gegen alle sonstigen Personen verhängten Todesurteile umzuwandeln;

11. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Präsidenten der UN-Menschenrechtskommission sowie den Parlamenten und Regierungen der USA, Saudi-Arabiens, Turkmenistans, des Iran und der Volksrepublik China zu übermitteln.

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