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Document 51998AC0101

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament 'Die Europäische Union und die Raumfahrt: Förderung von Anwendungen, Märkten und industrieller Wettbewerbsfähigkeit'"

    ABl. C 95 vom 30.3.1998, p. 6 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    51998AC0101

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament 'Die Europäische Union und die Raumfahrt: Förderung von Anwendungen, Märkten und industrieller Wettbewerbsfähigkeit'"

    Amtsblatt Nr. C 095 vom 30/03/1998 S. 0006


    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament 'Die Europäische Union und die Raumfahrt: Förderung von Anwendungen, Märkten und industrieller Wettbewerbsfähigkeit'" (98/C 95/03)

    Die Kommission beschloß am 30. Juli 1997, den Wirtschafts- und Sozialausschuß gemäß Artikel 198 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu der vorgenannten Mitteilung zu ersuchen.

    Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Industrie, Handel, Handwerk und Dienstleistungen nahm ihre Stellungnahme am 7. Januar 1998 an. Berichterstatter war Herr Sepi.

    Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 351. Plenartagung am 28. und 29. Januar 1998 (Sitzung vom 29. Januar) mit 75 gegen 3 Stimmen bei 5 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

    1. Einleitung

    1.1. Im Zeitraum Dezember 1996 bis September 1997 haben die Institutionen der EU drei für die europäische Raumfahrtpolitik grundlegende Dokumente () veröffentlicht.

    1.2. Das erste (), eine Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament, enthält eine ausführliche Beschreibung der Lage und der Rolle der Kommission in diesem Zusammenhang.

    Die Mitteilung endet mit dem Vorschlag, Arbeitspläne mit konkreten Hinweisen zu den verschiedenen Sektoren, für welche die Raumfahrtindustrie kommerzielle Bedeutung hat, zu erarbeiten.

    1.3. Das im März 1997 erstellte zweite Referenzdokument war einer dieser Pläne und behandelt das Verhältnis zwischen der Raumfahrtpolitik und der Informationsgesellschaft.

    1.4. In seinen Schlußfolgerungen von September 1997 (drittes Dokument) bestätigte der Ministerrat die Mitteilung von Dezember 1996 in ihren wesentlichen Punkten und beauftragte die Kommission, die entsprechenden politischen Maßnahmen und Rechtsvorschriften in den verschiedenen Bereichen vorzubereiten.

    2. Die Mitteilung der Kommission

    2.1. Die Kommission zeigt auf, daß die Raumfahrt nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für die Wirtschaft von zunehmender Bedeutung ist, da für die dort gewonnenen Erkenntnisse vielfältige Anwendungsmöglichkeiten gefunden werden und sich so umfangreiche neue Märkte erschließen.

    2.2. Sie stellt fest, daß die Aufwendungen der USA zwar bei weitem höher sind, Europa aber vor allem im Hinblick auf das Potential für die kommerzielle Nutzung und die einschlägigen Dienstleistungen, die mehr als den zehnfachen Gesamtbetrag für die Trägerraketen und Satelliten ausmachen, heute eine führende Position im Raumfahrtbereich einnimmt.

    2.3. Von diesen Prämissen ausgehend, steckt die Kommission den Bereich ab, in dem sie tätig werden will: Sie beabsichtigt, sowohl die auf nationaler Ebene als auch von der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) unternommenen Anstrengungen zu optimieren und in die Gemeinschaftspolitiken, z. B. im Bereich der FuE, der Humanressourcen, der Bildung, der Kooperation mit Drittländern und der Industrieentwicklung, vor allem zugunsten der KMU, aber auch im Bereich des Verkehrs, der Telekommunikation und bei der intelligenten Nutzung dauerhafter Ressourcen usw., zu integrieren.

    2.4. Die Rahmenbedingungen, unter denen die Gemeinschaftsmaßnahmen erfolgen sollen, sind von den folgenden Faktoren geprägt:

    a) einer neuen, geopolitischen Konstellation, die sich erheblich unterscheidet von der Situation während der letzten zwanzig Jahre, als vor allem militärische Gesichtspunkte, aber auch nationale Prestigeanliegen das Wachstum des Sektors förderten;

    b) der Globalisierung und Öffnung der internationalen Märkte, die neue Wettbewerber auf den Plan riefen;

    c) dem technologischen Fortschritt und dem Übergang zur planetarischen Informationsgesellschaft.

    2.5. In diesem neuen Zusammenhang plant die Kommission, mit Hilfe der ihr zur Verfügung stehenden Instrumente ein Umfeld zu schaffen, das einen rationelleren Einsatz der Investitionen erlaubt, die Entstehung effizienterer industrieller Strukturen fördert und so Standard und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Raumfahrtindustrie verbessern hilft.

    2.6. Eine wesentliche Rolle spielen in diesem Zusammenhang die Mitgliedstaaten, die sich eingestehen sollten, daß unter diesen neuen Bedingungen kein Weg an einer ständigen europäischen Zusammenarbeit vorbeiführt.

    2.7. Der Kommission fiele ihrerseits die Aufgabe zu, die Koordinierung der europäischen FuE-politischen Strategien und die Zusammenarbeit mit der ESA und den nationalen Agenturen zu verbessern und dafür zu sorgen, daß die Union auf internationaler Ebene mit einer Stimme spricht.

    2.8. In der Mitteilung folgt dann ein Überblick über die verschiedenen Bereiche, die für die Raumfahrtpolitik wichtig sind, vor allem die Telekommunikation, die Mobilitätskontrolle und die Erdbeobachtung.

    2.9. In allen diesen Bereichen werden, auch wenn Schwerpunkte und Tenor variieren, vier Arten von Maßnahmen vorgeschlagen:

    - ein harmonisiertes Regelwerk zur leichteren Normierung,

    - Förderung der FuE zur Senkung der einmaligen Kosten,

    - Bemühungen um die Koordinierung auf internationaler Ebene,

    - Anreize für die Ausweitung der Marktstrategien auf andere Länder.

    2.10. Im Falle der Trägersysteme lautet das Ziel der Kommission, die europäische Position auf dem Weltmarkt zu halten, und zwar mit fairen internationalen Regeln im Rahmen eines offenen und fairen Wettbewerbs in diesem Sektor und mit einem erweiterten Angebot.

    2.11. Die internationale Zusammenarbeit macht ein koordiniertes Vorgehen auf Unionsebene erforderlich, damit Europa sowohl als kompetenter Gesprächspartner gegenüber entwickelten Ländern auftreten als auch mit den mittel- und osteuropäischen Staaten sowie den neuen unabhängigen Staaten und den Entwicklungsländern kooperieren und ihnen Dienstleistungen anbieten kann.

    2.12. Da die wirtschaftliche Nutzung der Raumfahrtprojekte ertragreich zu werden verspricht, sollte mit den Instrumenten der Kommission ein entschlossener Beitrag zu den Finanzierungsproblemen geleistet werden; dieser Betrag hätte angesichts der für die Europäische Gemeinschaft vorrangigen Sektoren (Telekommunikation, Verkehr, Mobilität, Umwelt) sowohl einen strategischen als auch einen funktionellen Wert, indem die geeigneten Garantiemechanismen im Rahmen der Europäischen Investitionsbank und des Europäischen Investitionsfonds gefördert werden.

    2.13. Bislang gibt es verständlicherweise noch keine klare Kompetenz- und Interessenverteilung zwischen den Akteuren in diesen Sektoren, d.h. den Mitgliedstaaten, ihren Raumfahrtagenturen, der ESA, den einzelnen Industriesektoren u.a.m. Zur Verbesserung der Lage möchte die Kommission Konzertierungsgremien einsetzen und auf Grundlage von Artikel 130 m insbesondere mit der ESA Kooperationsvereinbarungen treffen; für die verschiedenen Anwendungsbereiche schlägt sie hingegen die Gründung Europäischer Wirtschaftlicher Interessenvereinigungen vor.

    3. Allgemeine Bemerkungen

    3.1. Die Mitteilung erscheint zu einem entscheidenden Zeitpunkt in der Geschichte der Raumfahrtindustrie. Aus einem Sektor, der bislang vor allem dem technologischen und militärischen Prestige diente, wird ein ziviler, kommerziellerer Wirtschaftszweig mit weitverbreiteten Dienstleistungen.

    3.2. Der Wandel hat schon begonnen, und es ist sehr wichtig, daß die EU von Anfang an eine führende Rolle spielt. Ab sofort müssen die Kommission und die Mitgliedstaaten zusammenarbeiten und ihre Bemühungen zur Verbesserung der industriellen Position Europas intensivieren.

    3.3. Der Ausschuß begrüßt die Schlußfolgerungen des Ministerrates vom 23. September 1997, in denen die Mitgliedstaaten ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit bekunden und den Gemeinschaftsinstitutionen den Auftrag erteilen, diese Zusammenarbeit zu stimulieren. Dementsprechend sollten die Punkte 2 und 4 dieser Schlußfolgerungen vertieft und konkret angewandt werden.

    3.4. Der WSA nimmt diese Schlußfolgerungen also mit Zufriedenheit zur Kenntnis; die Kommission sollte jedoch viel glaubwürdigere Zeiträume und Interventionsinstrumente anführen, als sie es in ihrer Analyse tut. Das bedeutet in erster Linie, daß sie nicht nur die FuE-Politiken zur Anwendung bringt, sondern auch ein glaubwürdiges Konzept für die europäische Industrie- und Handelspolitik in diesem Sektor fördert. In dieser Richtung sollten sich die Regierungen entsprechend engagieren, um zu einer stärkeren gemeinsamen Identität auf nationaler politischer Ebene zu gelangen.

    3.5. Es ist festzustellen, daß die Produkte und Dienste der Raumfahrtindustrie bis heute, mit Ausnahme einiger Sektoren, in denen zunehmend private Käufer auftreten, großenteils von staatlichen Stellen nachgefragt werden, und daß die Finanzmittel, und zwar nicht nur die Gelder für FuE-Projekte, vorwiegend von der öffentlichen Hand stammen, auch wenn eine rasche Änderung in Richtung einer stärker auf die Kommerzialisierung und somit privatwirtschaftlich ausgerichteten Politik vorstellbar erscheint. Bei der Formulierung der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik, bei den Ausschreibungen und der Liberalisierung der Dienstleistungen dürfen diese Besonderheiten nicht übersehen werden.

    3.6. Die erste Geige in der Raumfahrtpolitik spielen heute noch immer die Staaten und die ESA, gefolgt von den nationalen Agenturen. Eine zu stark an den nationalen Interessen orientierte Raumfahrtpolitik führt möglicherweise zu Dissonanzen, Doppelarbeit und einer gefährlichen Konkurrenz und kann keine großen Synergieeffekte hervorbringen. Als Reaktion auf die erwähnten Schlußfolgerungen des Ministerrats sollte die Kommission in den Aktionsplänen ein wirksames Koordinierungsprojekt für die europäische Raumfahrtindustriepolitik formulieren.

    3.7. Dies setzt allerdings die Bereitschaft der Mitgliedstaaten voraus, ihre raumfahrtpolitischen Maßnahmen zu koordinieren. Nur so ist eine Industriepolitik möglich, die sich spürbar auf die Märkte auswirkt, und nur so kann eine optimale Nutzung der Ressourcen erreicht werden. So gesehen führt kein Weg an einer immer engeren, den Umfang der bisherigen Bemühungen übersteigenden Zusammenarbeit zwischen Kommission und ESA vorbei.

    3.8. Der WSA betont in diesem Zusammenhang, daß die Raumfahrtindustrie großen Einfluß auf die gesamte europäische Wirtschaft hat, da sie die Wettbewerbsfähigkeit steigert, zur Konzipierung neuer Projekte anregt und die Entwicklungsmöglichkeiten erhöht. Fortschritte in der Raumfahrtindustrie sind somit von strategischer Bedeutung. In diesem Sinne sollten auch die Instrumente und Verfahren eingesetzt werden; falls sich hier keine Fortschritte erzielen lassen, könnte die Übertragung der im Amsterdamer Vertrag vorgesehenen "verstärkten Zusammenarbeit" auf diesen Sektor angebracht sein.

    3.9. Bei den internationalen Verhandlungen über die Radiofrequenzen und die Telekommunikationsstandards (ITU) bzw. die Wettbewerbsregeln und die Aufteilung der Märkte muß die Gemeinschaft mit einer Stimme sprechen, wenn sie gegenüber den Verhandlungspartnern mit einem angemessenen politischen Gewicht aufwarten will.

    3.10. Der Ausschuß begrüßt die Absicht der Kommission, Konzertierungsorgane einzurichten, vertritt jedoch die Auffassung, daß zumal angesichts der wachsenden internationalen Konkurrenz einschneidendere institutionelle Instrumente und Regeln zur Koordinierung des Vorgehens nötig sind.

    3.11. Die Kommission interveniert zwar bei den sekundären Anwendungen der Raumfahrtindustrie, schenkt jedoch den Trägersystemen, die nach wie vor der Motor dieser Industrie sind, nicht die gebotene Aufmerksamkeit. Der WSA hält es für wichtig, daß die Gemeinschaft auch in diesem Bereich Anreize und Koordinierung gewährleistet, um Europa die notwendige Unabhängigkeit bei den Weltraumträgersystemen zu sichern.

    3.12. Eines der für die Zukunft dieser Industrie grundlegenden Probleme, das Verhältnis zwischen der FuE und ihren industriellen und kommerziellen Erträgen, wird von der Kommission nicht hinlänglich herausgestellt. Für eine optimale Nutzung der möglichen Synergien wäre entweder einer Ausweitung der ESA-Kompetenzen auf die (derzeit nicht marktorientierten) nachgeschalteten Industriebereiche oder eine EU-nahe Agentur oder zumindest ein Koordinierungsgremium erforderlich. Selbstverständlich müßte man die Zweckmäßigkeit einer etwaigen einzigen Struktur oder einer Revision der ESA-Aufgaben gründlich prüfen, um das Verhältnis Leistung/Kosten zu verbessern.

    3.13. Die Gemeinschaft sollte die Errichtung eines Verbands der Raumfahrtindustrien nach dem Muster der Verteidigungsindustrien fördern, um die verschiedenen Interessen der nationalen Industrien aufeinander abzustimmen und zu einer immer einheitlicheren Industriepolitik zu gelangen.

    3.14. Die Kommission sollte die außerordentliche Bedeutung, die der Aus- und Weiterbildung der für die Entwicklung dieses Sektors notwendigen Humanressourcen zukommt, stärker hervorheben, auch wenn sie diese Frage in einem anderen Teil des Dokuments anspricht.

    3.15. Die von der Kommission vorgenommene eingehende Prüfung aller möglichen Anwendungen der Weltraumsysteme macht nicht nur die strategische Bedeutung dieses Sektors, sondern auch seine Multivalenz und die Synergieeffekte deutlich, die sich aus dem Einsatz von Satelliten ergeben können, welche das ganze Spektrum der hier skizzierten Einsatzbereiche abdecken. Das wird künftig einen Entwicklungsschub für multifunktionale Satelliten oder Satellitennetze der neuen Generation auslösen, die die heute mehrheitlich verwendeten Einzweck-Satelliten in den Hintergrund drängen werden, sowie von Trägersystemen, die besser auf die jeweiligen Erfordernisse der neuen Satellitensysteme abgestimmt sind.

    3.16. Der WSA unterstreicht ein weiteres Mal die Komplexität dieses Sektors und die Notwendigkeit eines Globalkonzepts für alle denkbaren Einsatzfelder. Daher plädiert er nachdrücklich für eine koordinierte Steuerung der verschiedenen Entscheidungsgremien in diesem Sektor.

    4. Besondere Bemerkungen

    4.1. Sehr wichtig sind Maßnahmen zur Förderung der Aufklärung und der Verbreitung des technischen Know-how bei den Nutzern und den KMU, damit sowohl Investitionen als auch die Nachfrage auf diesem Markt stimuliert werden und so eine sich selbst tragende Entwicklung an Ort und Stelle in Gang kommt. Die KMU sind unverzichtbar im Hinblick auf die Senkung der Produktionskosten, die Nutzung der neuen Technologien, die Ankurbelung der Beschäftigung sowie die Verbreitung der Dienstleistungen.

    4.2. Die Gemeinschaft muß eine möglichst vollständige Bestandsaufnahme der gegenwärtigen FuE-Anstrengungen in Europa vornehmen, um der Kommission und den zuständigen nationalen Agenturen die Möglichkeit zu geben, gemeinsam eventuelle Überkapazitäten gering zu halten, unrentable Bereiche besser zu ermitteln und die rasche Berücksichtigung der Ergebnisse in den industriellen Anwendungen zu verbessern, wobei möglichst günstige wirtschafts- und beschäftigungsfördernde Effekte, und zwar nicht mehr nur unter nationalem, sondern unter einem stärker europäisch ausgerichteten Blickwinkel, den Ausschlag geben sollten. Die Raumfahrtindustrie sollte als ein Multiplikator für derartige "Effekte" angesehen werden.

    4.3. Es ist sehr wichtig, zusammen mit der Rationalisierung der FuE auch die Verfahren für die rechtzeitige und wirksame Finanzierung durch zentrale europäische Instanzen, und zwar auch in der Anwendungsphase (in der Art des Project Financing) festzulegen, vor allem um private Investitionen zu stimulieren.

    4.4. Da sich Europa stark in der Internationalen Weltraumstation engagiert und es an einer einschlägigen europäischen Regelung mangelt, die den Schutz der gewerblichen Rechte für "Eigentümer"-Anwendungstechnologien und/oder in der Umlaufbahn entwickelte Technologien definiert, muß unbedingt eine derartige Regelung für die Patente und Lizenzen getroffen werden. In den USA ist dies bereits geschehen, und in Japan und Rußland ist derzeit eine entsprechende Gesetzesänderung im Gange. Später muß dann eine international einheitliche Regelung für die spezifischen Aspekte im Bereich der TRIPS-Verhandlungen im Rahmen der WTO vereinbart werden.

    5. Vorschläge für die Aktionspläne und mögliche Anwendungen

    Die hier angeführten Beispiele sollen belegen, welche Bedeutung der Raumfahrttechnik zur Befriedigung von Bedürfnissen der europäischen Wirtschaft und Gesellschaft zukommt. Nicht alle aufgeführten Anwendungen erfordern unbedingt spezifische Maßnahmen seitens der Kommission.

    5.1. Landwirtschaft

    Dieser Sektor läßt sich - weltweit - vom Weltraum außerordentlich gut überwachen, was die Suche nach den für die chemische und physikalische Beschaffenheit des jeweiligen Bodens optimalen Kulturpflanzen erleichtert. Darüber hinaus lassen sich durch den Einsatz von Satelliten Verunreinigungen durch anthropische Faktoren feststellen und Schäden durch Insekten- oder andere Parasitenplagen verhindern.

    5.2. Meteorologie

    Eine zentrale Rolle hat die Raumfahrt zumal bei der flächendeckenden Erhebung, Analyse und Vorhersage meteorologischer Phänomene gespielt und kann dies auch weiterhin tun. Hierfür sollte eine weitergehende technologische Entwicklung von Satelliten anvisiert werden, die mit leistungsfähigeren Sensoren ausgestattet sind und eine bessere Datenverarbeitung und effizientere Datenverbreitung gewährleisten können.

    5.3. Fischerei

    Die Fischereiwirtschaft kann durch die satellitengestützte Beobachtung der Meere einen beachtlichen Auftrieb erhalten, indem sie brauchbare Angaben über Beschaffenheit und Mobilität der Fischfauna bekommt, was eine nachhaltige Nutzung der Bestände ermöglicht.

    5.4. Wissenschaft

    Die Wissenschaft war einer der auslösenden Faktoren für den Beginn der Raumfahrtindustrie. Die Kommission hat den rein kommerziellen Zielen eine größere Bedeutung beigemessen; sie hat daher die Auswirkungen der ausschließlich wissenschaftlich ausgerichteten Forschung nicht angemessen berücksichtigt und diese bis jetzt der ESA überlassen. Damit gab sie die Möglichkeit aus der Hand, das begrenzte Human- und Finanzkapital für die langfristige Weiterentwicklung dieses spezifischen Sektors zu optimieren und eine flexiblere, besser auf die Bedürfnisse der Industrie ausgerichtete Politik zu betreiben. Vor diesem Hintergrund sollte die Beteiligung der europäischen Industrie an der internationalen Weltraumstation unterstützt werden, und zwar nicht nur wegen des damit einhergehenden "Spin-off" für die Industrie (Metallindustrie, Biochemie, Pharmazie, Mikroelektronik, Telekommunikationen), sondern auch für die wissenschaftliche Innovation.

    5.5. Katastrophenschutz und Einsatzleitung

    Die in manchen Fällen mögliche Prävention und die sukzessive Überwachung der Folgen von Katastrophen für die Infrastruktur machen die zentrale Bedeutung der Weltraumsysteme im Bereich der Fernerkundung und der Kommunikation zum Zwecke einer effizienten Einsatzleitung vor Ort deutlich.

    5.6. Betrugsbekämpfung

    Völlig unzulänglich - wenngleich sehr effizient - war bislang der Einsatz von Satelliten für die Betrugs- und Kriminalitätsbekämpfung (z. B. unerlaubte gewerbliche Tätigkeiten, illegale Giftdeponien, illegale Einwanderung, Drogenerzeugung und -handel, Abholzung, gefährliche oder illegale Industrieanlagen usw.).

    5.7. Umwelt

    In den kommenden Jahren wird die satellitengestützte Erdbeobachtung für die Verbesserung der Umweltbedingungen eine herausragende Rolle spielen:

    a) genauere Gebietskartographien;

    b) Kontrolle der Verschmutzungsquellen in den Ballungszentren;

    c) Überwachung des Zustands der Gewässer in weitläufigen Gebieten;

    d) Kontrolle der Klimaauswirkungen (Treibhauseffekt, Verödung, Abholzung usw.).

    5.8. Mobilität

    Wie effizient die Überwachung und operationelle Lenkung der Mobilität (Luft-, See- und Landverkehr) ist, die dank multimodaler und multifunktioneller Satellitensysteme einheitlich auf dem europäischen Kontinent oder sogar weltweit erfolgen kann, ist wohlbekannt. Da gegenwärtig keine angemessenen Ortungs-, Kommunikations- und Sicherheitsdienste angeboten werden, kann ein solches Projekt im industriellen und technologischen Bereich eine brauchbare gesamteuropäische Alternative zur Vormachtstellung der USA darstellen. Klare Bestimmungen und Regeln (Frequenzen, Radio, Standards, Kompatibilität und Interoperabilität der Endgeräte der Anwender) nicht nur für die Schiff- und Luftfahrt, sondern auch für den Verkehr zu Lande, wirken sich - zumindest auf Unionsebene - sicherlich günstig auf die Entwicklung der Industrie und Dienstleistungen aus. Der entsprechende Beitrag zur Erhöhung der Produktivität ist bestimmt erheblich, insbesondere was die Benutzerterminals und die Mehrwertdienstleistungen anbelangt. Mit dieser wichtigen Thematik hat sich auch der WSA in seiner Stellungnahme zum Luftverkehrssektor befaßt.

    5.9. Telekommunikation

    Dank der Satellitentechnik können Breitbandtelekommunikationsdienste - Multimediaträger - von hoher Informationsdichte in dem jeweils vorgesehenen Abdekkungsbereich (von kontinentalen Ausmaßen) flächendeckend bereitgestellt werden, so daß die einzelnen Anwender auch dort erreicht werden, wo dies mit landgestützten Verbindungen nicht möglich ist. So lassen sich insbesondere Mobilfunkdienste viel besser per Satellit als mit einem landgestützten zellularen Netz verbreiten.

    5.9.1. Zu den typischen Merkmalen des Satelliten gehört außerdem, daß es sich dabei um ein "nationenübergreifendes" Medium handelt, das heißt, daß er die Verbindungen zwischen Anwendern aus verschiedenen Ländern erleichtert, da die verschiedenen Probleme, die sich beim Betrieb der einzelnen landgestützten Netze ergeben, für ihn keine Rolle spielen.

    5.10. Trägersysteme

    Es ist darauf hinzuweisen, daß im Rahmen einer effizienteren Koordinierungstätigkeit der EU die Bemühungen zur Sicherung der derzeit von der europäischen Industrie abgedeckten Marktsegmentpositionen unterstützt werden müssen. Darüber hinaus sollte entsprechend den Marktprognosen, die wiederverwertbare und mittelgroße Trägersysteme vorsehen, die Produktionspalette erweitert werden, um für den steigenden Bedarf an Trägern für Kleinsatelliten mit spezifischen Aufträgen gerüstet zu sein.

    5.11. Duale Produkte

    Es ist sinnvoll, im zivilen Bereich die zahlreichen Ergebnisse der für militärische Zwecke erstellten Studien zu verwenden, sofern sie effiziente Systeme für die multimodale Beobachtung, Überwachung und Kommunikation (z. B. die Studien der WEU und der NATO) vorsahen.

    Brüssel, den 29. Januar 1998.

    Der Präsident des Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Tom JENKINS

    () KOM(96) 617 endg.: Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Die Europäische Union und die Raumfahrt: Förderung von Anwendungen, Märkten und industrieller Wettbewerbsfähigkeit.

    KOM(97) 91 endg.: Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen: Ein Aktionsplan der EU: Satellitenkommunikation in der Informationsgesellschaft.

    Schlußfolgerungen des Rates zum Thema "Die Europäische Union und die Raumfahrt" vom 22. und 23. September 1997.

    (10746/97 - Presse 276 - G).

    () KOM(96) 617 endg.

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