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Document 51997AC0773

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Thema "Die Steuern in der Europäischen Union - Bericht über die Entwicklung der Steuersysteme"

    ABl. C 296 vom 29.9.1997, p. 37–51 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    51997AC0773

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Thema "Die Steuern in der Europäischen Union - Bericht über die Entwicklung der Steuersysteme"

    Amtsblatt Nr. C 296 vom 29/09/1997 S. 0037


    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Thema "Die Steuern in der Europäischen Union - Bericht über die Entwicklung der Steuersysteme" (97/C 296/09)

    Die Europäische Kommission beschloß am 18. Februar 1997, den Wirtschafts- und Sozialausschuß gemäß Artikel 198 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu dem vorgenannten Thema zu ersuchen.

    Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Wirtschafts-, Finanz- und Währungsfragen nahm ihre Stellungnahme am 10. Juni 1997 an. Berichterstatter war Herr Geuenich.

    Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 347. Plenartagung am 9. und 10. Juli 1997 (Sitzung vom 9. Juli) mit 93 Ja-Stimmen, 27 Nein-Stimmen und 19 Enthaltungen folgende Stellungnahme.

    1. Einleitung

    1.1. In ihrem Diskussionspapier "Steuern in der Europäischen Union" vom 20. März 1996 - SEK(96) 487 endg. - präsentierte die Kommission ein steuerpolitisches Konzept, das sich insbesondere mit den wesentlichen Herausforderungen auseinandersetzt, die sich der Europäischen Union stellen: Die Notwendigkeit der Steigerung des Wachstums und der Schaffung von Arbeitsplätzen, die Stabilisierung der Steuersysteme und die Vollendung des Binnenmarktes in allen Bereichen, also auch auf dem Gebiet der Besteuerung.

    1.2. Auf der informellen Tagung des Rates "Wirtschafts- und Finanzfragen" am 13. April 1996 in Verona begrüßten die Finanzminister das Diskussionspapier der Kommission und stellten übereinstimmend fest, daß diese Themen in einer hochrangigen Arbeitsgruppe erörtert werden sollten, die von der Kommission eingesetzt und koordiniert werden sollte.

    1.3. In ihrem "Bericht über die Entwicklung der Steuersysteme" vom 22. Oktober 1996 - KOM (96) 546 endg. - faßt die Kommission die Ansichten der Mitglieder dieser hochrangigen Arbeitsgruppe zu denjenigen Fragen zusammen, die im Kommissionspapier für die Verona-Tagung angesprochen worden sind und gibt den Standpunkt der Kommission hierzu sowie die von ihr geplante künftige Vorgehensweise wieder.

    1.4. Im folgenden Text bezieht sich der Ausschuß ausschließlich auf die beiden vorerwähnten Dokumente. Sofern der Ausschuß zu bestimmten darin enthaltenen Problemfeldern bereits Stellung genommen hat, wird auf diese Stellungnahmen verwiesen. Es handelt sich insbesondere um die Stellungnahme zum Thema "Direkte und indirekte Steuern" vom 20. Dezember 1995 () und um die noch in Arbeit befindliche Stellungnahme zum Thema "Ein gemeinsames Mehrwertsteuersystem - ein Programm für den Binnenmarkt".

    1.5. Es versteht sich von selbst, daß im folgenden Text ebenso wie in den vorerwähnten Bezugsdokumenten nur solche Steuern angesprochen werden, die von gemeinschaftsweiter Bedeutung sind und von deren nationalen Strukturen bzw. Strukturänderungen die Mitgliedstaaten wechselseitig betroffen sind. Das sind die Einkommen, Kapitalertrags- und Körperschaftsteuer, die Besteuerung des Faktors Arbeit, Verbrauchsteuern, allen voran die Mehrwertsteuer, sowie eine Steuer auf Energie und umweltschädliche Produkte.

    2. Steigende Steuerbelastung des Faktors Arbeit

    2.1. Analyse in den Kommissionsdokumenten

    2.1.1. Bisher gibt es zwar nur wenig Anzeichen dafür, daß der Steuerschwund das Gesamtaufkommen an Steuern und Sozialabgaben beeinträchtigt; denn in den vergangenen 15 Jahren blieb der Anteil dieser Einnahmen am BIP der Gemeinschaft gleich oder nahm geringfügig zu. Während allerdings die Arbeit immer höher belastet wurde, sank die steuerliche Belastung der übrigen Produktionsfaktoren insgesamt.

    2.1.2. Eine Methode zur Ermittlung der langfristigen Tendenzen in der Steuerstruktur ist die Berechnung der sogenannten kalkulatorischen Steuersätze (das sind die Steuereinnahmen geteilt durch die Bemessungsgrundlage) für die einzelnen Produktionsfaktoren und für den Verbrauch:

    Zwischen 1980 und 1994 stieg die kalkulatorische steuerliche Belastung des Faktors Arbeit im europäischen Durchschnitt von 34,7 % auf 40,5 %, während sie bei den übrigen Produktionsfaktoren (Kapital, selbständige Arbeit, Energie, natürliche Ressourcen) von 44,1 % auf 35,2 % sank (siehe nachstehende Grafik).

    Kalkulatorische Steuersätze 1980-1994

    >ANFANG EINES SCHAUBILD>

    >ENDE EINES SCHAUBILD>

    2.1.3. Die kalkulatorischen Verbrauchsteuersätze blieben weitgehend stabil; sie stiegen lediglich von 13,1 % auf 13,8 %. Auch hier waren allerdings zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten erhebliche Schwankungen festzustellen. In den Mitgliedsstaaten mit dem höchsten Anstieg der kalkulatorischen steuerlichen Belastung des Faktors Arbeit war in der Regel auch der Anstieg der steuerlichen Gesamtbelastung am höchsten.

    2.2. Empfehlungen des Ausschusses

    2.2.1. Der Ausschuß begrüßt den Ansatz der Kommission, das Steuersystem ganzheitlich zu betrachten; denn die isolierte Diskussion jeder einzelnen großen Steuerart impliziert automatisch weitreichende Änderungen in der Finanzierungsstruktur sowohl der öffentlichen als auch der privaten Haushalte. Deshalb ist die Steuerdiskussion umfassend zu führen.

    2.2.2. Die Massenarbeitslosigkeit ist nach Auffassung des Ausschusses das schwierigste Problem in der EU. Jeder Beitrag zu ihrem Abbau und die dazu nötigen bzw. möglichen Maßnahmen haben deshalb hohe und höchste Priorität. Dies ist auch eine zentrale Aussage im Weißbuch der EG-Kommission mit dem Titel "Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung - Herausforderungen der Gegenwart und Wege ins 21. Jahrhundert" (). Deshalb ist das Problem der Finanzierung einer steuerlichen Entlastung der Arbeit und insbesondere der Absenkung gesetzlicher Lohnnebenkosten zu lösen.

    2.2.3. Ausgabenkürzungen der öffentlichen Hand gehören zwar zu den Möglichkeiten zur Finanzierung einer steuerlichen Entlastung der Arbeit. Sie dürften aber allein nicht ausreichen. Alternative Finanzierungsquellen sind indirekte Steuern (Verbrauchsteuern), die Einführung von Mindeststeuersätzen für Energieprodukte sowie die Prüfung einer eventuellen Einführung ganz neuer Steuerarten wie beispielsweise einer Tobin-Steuer () im Zusammenhang mit den internationalen Finanzmärkten, die von bekannten Ökonomen und Finanzwissenschaftlern in die Diskussion gebracht worden sind.

    2.2.4. Auch wenn die Mitgliedsstaaten das Ausmaß, in dem steuerliche Instrumente zur Erreichung nationaler umweltpolitischer Ziele notwendig sind, selbst abschätzen müssen, so gibt es doch nach Auffassung des Ausschusses einen Bereich, für den Handlungsbedarf auf Gemeinschaftsebene zu erkennen ist. Dieser betrifft die Besteuerung von Energie, die hier u. a. eine wichtige Rolle zu spielen hat, um das Ziel der Stabilisierung der CO2-Emissionen bis zum Jahr 2000 auf dem Niveau von 1990 zu erreichen.

    Der Ausschuß begrüßt die von der Kommission vorgelegten Vorschläge zur Besteuerung von Energieprodukten ().

    2.2.5. Die europäische Annäherung der Mehrwertsteuersätze kann nach Auffassung des Ausschusses ebenfalls dazu beitragen, die direkte Belastung des Faktors Arbeit zu verringern. In den Mitgliedsstaaten, in denen dabei die Belastung durch indirekte Steuern in Folge der Annäherung erhöht wird, muß gleichzeitig die direkte Belastung des Faktors Arbeit verringert werden. Auf diese Art und Weise bleibt das steuerliche Gesamtaufkommen tendenziell gleich, und die Schaffung von Arbeitsplätzen wird begünstigt. Gleichzeitig sind flankierende Maßnahmen vorzusehen, um die Folgen aufzufangen, die eine Erhöhung der indirekten Steuern für die untersten Einkommensgruppen hat.

    Der Ausschuß verweist in diesem Zusammenhang auf seine Stellungnahme zum Thema "Ein gemeinsames Mehrwertsteuersystem - ein Programm für den Binnenmarkt" (noch in Bearbeitung) sowie auf seine Stellungnahme zum Thema "Direkte und indirekte Steuern" ().

    2.2.6. Zusammenfassend weist der Ausschuß darauf hin, daß die vorgenannten Finanzierungsmöglichkeiten sowie die weiter unten noch angesprochenen Maßnahmen bei der Besteuerung von Kapitalerträgen in den verschiedenen Mitgliedsstaaten unterschiedliche Effekte auf das gesamte Steueraufkommen haben werden und damit unterschiedliche Möglichkeiten zur Finanzierung einer Entlastung des Faktors Arbeit von öffentlichen Abgaben haben. Entsprechend muß jeder Mitgliedsstaat die in seinem Fall am zweckmäßigsten erscheinenden Finanzierungsmaßnahmen im Rahmen bestehender Vorgaben der Kommission ergreifen.

    3. Steuerschwund durch Steuerverlagerung

    3.1. Analyse in den Kommissionsdokumenten

    3.1.1. Im Bereich der Steuerpolitik herrscht im Vergleich zu vielen anderen Politikbereichen der europäischen Integration ein deutlicher Rückstand. Steuerpolitisch ist Europa ein Flickenteppich. Die scheinbare Verteidigung der einzelstaatlichen Steuerhoheit hat jedoch durch Aushöhlung der Besteuerungsgrundlagen insbesondere bei den mobileren Steuergrundlagen Schritt für Schritt einen realen Verlust an Steuerhoheit für jeden einzelnen Mitgliedsstaat bewirkt. Immer mehr EU-Mitgliedsstaaten jagen sich gegenseitig und anderen EU-Mitgliedsstaaten die Steuerzahler ab, insbesondere im Unternehmensbereich.

    3.1.2. Bei den direkten Steuern gibt es vornehmlich die folgenden zwei Möglichkeiten, die effektive Gesamtsteuerlast zu mindern:

    Erstens: Die Verlagerung von Produktionen und Besteuerungsgrundlagen in Niedrigsteuerländer, um von der dortigen Niedrigbesteuerung der Faktorerträge profitieren zu können. Für einen Nationalstaat ergibt sich hieraus vor allem ein Anreiz zur Absenkung der unternehmerischen Steuerbelastung, weil den damit verbundenen Steuermindereinnahmen bereits mittelfristig Mehreinnahmen bei Steuern und Sozialbeiträgen über mehr Beschäftigung gegengerechnet werden können.

    Zweitens: Die Manipulation der Kosten von Vorleistungen für ein Endprodukt mittels interner Verrechnungspreise in multinationalen Unternehmen mit dem Ziel, zu versteuernde Erträge in Niedrigsteuerländer zu verlagern. Diese Manipulation ist möglich, weil die Vorleistungen keiner Marktbewertung unterliegen. Die festgesetzten internen Verrechnungspreise entziehen sich damit weitgehend der Mißbrauchskontrolle der Finanzbehörden.

    3.1.3. Sogar die gegenüber den direkten Steuern wesentlich stärker harmonisierten indirekten Steuern sind nicht gegen die Gefahr des Steuerschwundes gefeit. Dabei liegt die Bedrohung für die Mehrwertsteuer insbesondere darin, daß die Unternehmen wegen des Bestimmungslandprinzips bei Aktivitäten in zwei oder mehr Mitgliedsstaaten jeweils ebenso viele (zwei oder mehr) steuerliche Sitzorte haben. Anders als es bei der Besteuerung der Umsätze eines innergemeinschaftlich tätigen Unternehmens an einem einzigen Ort wäre, gibt es für diese Fälle in der EU keine Steuerbehörde, die einen Gesamtüberblick über die Aktivitäten eines Unternehmens besitzt, die an einem zentralen steuerlichen Sitzort geprüft werden können. Hinzu kommt, daß bei immer mehr grenzüberschreitenden Dienstleistungen neue Technologien eingesetzt werden, um den Ort der steuerbaren Umsätze nach Orten außerhalb des räumlichen Anwendungsbereiches des Mehrwertsteuersystems zu verlagern. Darüber hinaus bieten auch die Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Mehrwertsteuersätzen mehr und mehr Anlaß zur Steuervermeidung. Die Abnahme der Kontrollen des grenzüberschreitenden Warenverkehrs verursacht erhebliche Verluste bei den Mehrwertsteuereinnahmen für die Haushalte sowohl der Mitgliedstaaten wie der EU selbst.

    3.1.4. Schwarzarbeit trägt zum Steuerschwund bei. Dabei ist zu berücksichtigen, daß zur Schwarzarbeit immer zwei Seiten gehören: Einer, der schwarz arbeitet, und ein zweiter, der den Auftrag dazu gibt.

    3.2. Empfehlungen des Ausschusses

    3.2.1. Es liegt im vitalen Interesse der Europäischen Union, des Binnenmarktes und der Europäischen Währungsunion, daß das Steuerdumping in Europa beseitigt und vermieden wird. Während ein fairer Wettbewerb der Steuersysteme zur Schaffung vorteilhafter Rahmenbedingungen im Interesse von Arbeitnehmern, Unternehmern und Verbrauchern zu begrüßen ist, könnte ein destruktiver Wettbewerb der Steuersysteme, der wenigen nutzt und vielen schadet, einen Sprengsatz für die ganze EU darstellen:

    - Dann nämlich, wenn beispielsweise von Nettobeitragszahlern an die EU-Kasse einerseits immer höhere Leistungen erwartet werden, andererseits ihnen aber die dazu dringend erforderlichen eigenen Steuerquellen abgegraben werden.

    - Für einzelne Nettobeitragszahler gibt es Steuerausfallschätzungen als Folge des Steuerdumpings in jährlichen Größenordnungen von 25 bis 30 Milliarden ECU ().

    3.2.2. Eine Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung um ihrer selbst Willen kann nicht Ziel einer europäischen Steuerpolitik sein. Wohl aber sind Maßnahmen zu ergreifen, damit das Steuerdumping unter den Mitgliedsstaaten nicht zum Sprengsatz der EU wird.

    Der Ausschuß befürwortet die Festlegung von Mindestnormen für den Körperschaftsteuersatz und eine minimale Harmonisierung der wichtigsten Kriterien zur Bestimmung der steuerlichen Bemessungsgrundlage. Für weitere Einzelheiten verweist der Ausschuß auf seine Stellungnahme zum Thema "Direkte und indirekte Steuern" ().

    3.2.3. Unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips hält es der Ausschuß für wünschenswert, wie bei direkten Subventionen vorzugehen. Direkte Hilfen fallen weiterhin in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedsstaaten, wobei aber die Kommission auf die Übereinstimmung mit den Wettbewerbsregeln achtet. Auch auf steuerlicher Ebene ist eine solche Kontrolle erforderlich. Mit der bisher praktizierten Überwachung steuerlicher Unterstützungsmaßnahmen wird das gewünschte Ziel nicht erreicht, weil sich diese Überwachung auf die Abweichung von den allgemeinen Systemen der Mitgliedsstaaten beschränkt. Dabei wird nicht beachtet, daß beim gegenwärtigen Stand der Dinge auf Grund der Unterschiede in den einzelnen Steuersystemen selbst Wettbewerbsverzerrungen entstehen, die in manchen Fällen noch schwerwiegender sind als Wettbewerbsverzerrungen, die durch bestimmte Steueranreize hervorgehoben werden.

    3.2.4. Derzeit kann ein Mitgliedsstaat allein weder sämtliche steuerlichen Hemmnisse noch die einzelnen Ursachen für den skizzierten Steuerschwund beseitigen. In dieser Situation ist nach Auffassung des Ausschusses Nichtstun keine angemessene Lösung. Die Kommission muß unter voller Erhaltung des Subsidiaritätsprinzips diese Probleme, die die Mitgliedsstaaten durch individuelles Handeln nicht lösen können, prüfen und Lösungsmöglichkeiten vorschlagen.

    3.2.5. Die bei Steuerbeschlüssen geforderte Einstimmigkeit im Rat ist offensichtlich ein Hemmnis für Fortschritte bei der notwendigen Ausrichtung der Besteuerung auf die Erfordernisse des Binnenmarktes. Das zeigt die hohe Zahl von wichtigen, aber im Rat blockierten Kommissionsvorschlägen im Steuerbereich.

    Nach Auffassung des Ausschusses hat die Kommission jedoch durchaus Instrumente in der Hand. Nach Artikel 101 des EG-Vertrags ist sie sogar verpflichtet, Unterschiede in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten, die den Wettbewerb im Binnenmarkt verfälschen, zu beseitigen. In einem solchen Fall sollen Beratungen im Ministerrat stattfinden. Der muß zwar grundsätzlich einstimmig entscheiden. Wenn es aber zu keiner Einigung kommt, dann kann er auch mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission beschließen.

    Der Ausschuß hält es für notwendig, daß die Kommission möglichst bald auf der Grundlage des Artikel 101 aktiv wird.

    4. Steuerhinterziehung

    4.1. Analyse in den Kommissionsdokumenten

    Das Problem der Steuerhinterziehung stellt sich nicht zuletzt bei der Besteuerung von Zinseinkünften aus Spareinlagen. Hier handelt es sich um die mobilste Besteuerungsgrundlage überhaupt, und Steuerunterschiede führen erfahrungsgemäß zu einer schwerwiegenden Verlagerung von Kapitalallokationen und Kapitalströmen. Mit der Beseitigung der Währungsrisiken und der Verringerung der Zinssatzdifferenzen während der dritten WWU-Stufe würden solche Steuerunterschiede noch stärker ausgenutzt, als sie es ohnehin heute schon sind.

    4.2. Empfehlungen des Ausschusses

    4.2.1. Je weiter die Harmonisierung des Binnenmarktes voranschreitet, desto stärker werden Unterschiede in Steuersystemen spürbar und relevant für die Entscheidungen der Wirtschaftsakteure. Grundsätzlich gilt in diesem Zusammenhang, daß eine minimale Harmonisierung von Steuern und Bemessungsgrundlagen dort am notwendigsten ist, wo die Steuergrundlage am mobilsten ist, also bei Kapitalerträgen wie Zinsen und Dividenden.

    4.2.2. Um den Wettbewerb bei den Steuern zu zügeln, die benötigten Mittel für die Schaffung von Arbeitsplätzen aufzubringen und die Europäische Union auf den Internationalen Kapitalmärkten nicht zu benachteiligen, empfiehlt der Ausschuß die folgenden Maßnahmen, bei deren Durchführung auch die internationalen Sachzwänge berücksichtigt werden müssen:

    4.2.2.1. Einführung des Begriffs eines "europäischen Gebietsansässigen": Es ist nicht mehr vertretbar, einerseits die europäischen Binnengrenzen abzuschaffen und andererseits innerhalb der Mitgliedstaaten zwischen "Gebietsansässigen" und "Nichtgebietsansässigen" zu unterschieden, weil diese Unterscheidung voraussetzt, daß Grenzen vorhanden sind.

    4.2.2.2. Einführung eines europäischen und internationalen Ansatzes zur Besteuerung von Sparerträgen. Bei einschlägigen Maßnahmen müssen die zwischen den Mitgliedsstaaten bezüglich der Besteuerung von Sparerträgen bestehenden Unterschiede (Quellensteuer oder Meldepflicht) respektiert werden, und es ist darauf zu achten, daß nicht ein System zugunsten eines anderen Systems bevorzugt wird. Die Mitgliedsstaaten, in denen die Steuer anhand der Meldepflicht erhoben wird, müssen die Garantie haben, daß ihnen die von ihren Gebietsansässigen in einem anderen Mitgliedsstaat erzielten Sparerträge gemeldet werden.

    Im umgekehrten Fall müssen Mitgliedsstaaten mit einer Quellensteuer die Garantie haben, daß in den anderen Mitgliedsstaaten auf die Sparerträge ihrer Gebietsansässigen entweder eine Quellensteuer erhoben wird oder aber daß ihnen die von ihren Gebietsansässigen in anderen Mitgliedsstaaten erzielten Zinserträge systematisch gemeldet werden.

    4.2.2.3. Diese Regelung hätte zur Folge, daß die Mitgliedsstaaten zwischen der Einführung einer Quellensteuer oder der systematischen Meldung der gezahlten Zinsen und Dividenden an die Behörden des Mitgliedsstaates wählen können, in dem der Sparer ansässig ist.

    4.2.2.4. Innerhalb der EU werden die zum Hoheitsgebiet von Mitgliedsstaaten gehörenden Steueroasen abgeschafft. Ebenso ist über die Regularisierung der europäischen Exklaven außerhalb der Union sowie der exotischen "Off-shore"-Zentren zu verhandeln.

    4.2.2.5. In Anbetracht der Tatsache, daß Spargelder in Drittländer abfließen, muß auf der Grundlage der in der EU gefundenen Lösung auch im Rahmen der OECD eine Lösung angestrebt werden, die eine Quellensteuer oder den Austausch von Informationen beinhaltet.

    4.2.3. Ebenso wie die persönlichen Beauftragten der Finanzminister sieht der Ausschuß eine Priorität darin, die Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden in Fällen der Steuerhinterziehung und -umgehung im Binnenmarkt zu intensivieren. Diese Zusammenarbeit darf sich allerdings nicht darauf beschränken, Erfahrungen darüber auszutauschen, wie der Steuerhinterziehung am besten Einhalt geboten werden kann, sondern sie muß auch der Verbesserung der Kontrollen und der Amtshilfe zwischen den Steuerbehörden der Mitgliedsstaaten dienen. Dabei muß auch die Möglichkeit, gemeinsame Steuerprüfungen bei grenzüberschreitenden Wirtschaftstätigkeiten einzuführen, genutzt werden.

    4.2.4. Die Einschränkung der Steuerhinterziehung ist zugleich ein Beitrag zur Finanzierung einer Entlastung der Arbeit in denjenigen Staaten, aus denen Sparanlagen und damit die Bemessungsgrundlage für die Zinsbesteuerung abfließen.

    4.2.5. Der Ausschuß verweist wegen weiterer Einzelheiten auf seine Stellungnahme zum Thema "Direkte und indirekte Steuern" ().

    5. Zur Strategie der Kommission für die Zukunft

    5.1. Aussagen der Kommission

    5.1.1. Aus den Überlegungen der persönlichen Beauftragten der EU-Finanzminister hat die Kommission "eine Strategie für die Zukunft" entwickelt.

    5.1.2. Die persönlichen Beauftragten betonten die Notwendigkeit von mehr Koordination. Daran anknüpfend schlug die Kommission die Bildung eines neuen ständigen "Forums" vor, das strategische Fragen der Steuerpolitik zu bearbeiten hat, um so die Mitgliedsstaaten und die Kommission in die Lage zu versetzen, Informationen auszutauschen und Steuerfragen zu diskutieren. Dieser Vorschlag wurde vom Europäischen Rat in Dublin in Dezember 1996 begrüßt. Kommissar Monti führt den Vorsitz in dem "Forum", in dem hochrangige Vertreter der Finanzminister der Mitgliedsstaaten versammelt sind. In Bezug auf den Steuerwettbewerb erhofft die Kommission von der Arbeit dieses "Forums", Initiativen auf folgenden Gebieten herleiten zu können:

    - Sicherstellung eines Konsenses darüber, welche Art steuerlicher Maßnahmen im Gemeinschaftskontext als schädlich anzusehen ist;

    - Festlegung gemeinsamer Normen ("Verhaltenskodex") für bestimmte Bereiche;

    - Koordinierung derjenigen Maßnahmen der nationalen Finanzbehörden, mit denen einer Steuerkonkurrenz vorgebeugt werden soll, die dem gemeinsamen Interesse aller schadet;

    - und Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und -umgehung.

    5.1.3. Ferner sollen die folgenden Fragenkomplexe in dem "Forum" erörtert werden:

    - Die Rolle von Doppelbesteuerungsabkommen und Möglichkeiten ihrer Koordinierung;

    - die Vereinfachung der steuerlichen Rahmenbedingungen für KMU und andere Unternehmen;

    - das Verhältnis zwischen Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen im Fall von Grenzgängern;

    - und die Besteuerung internationaler Dienstleistungen und die steuerlichen Auswirkungen der neuen Technologien.

    5.1.4. Die Kommission schlägt vor, die Arbeiten in dem "Forum" zu ergänzen durch die Diskussion vorausschauender Initiativen zur Entwicklung von Steuersystem, die den Notwendigkeiten der Gemeinschaft entsprechen, insbesondere dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes.

    5.2. Empfehlungen des Ausschusses

    5.2.1. Der Ausschuß unterstützt die Strategie der Kommission für die Zukunft und empfiehlt der Kommission zugleich auch die Heranziehung von Artikel 101 des EG-Vertrages (siehe Anlage 1), damit Strategien zur Blockierung von Fortschritten auf dem Gebiet der EU-weiten steuerpolitischen Abstimmung aufgelockert werden.

    5.2.2. Der Ausschuß begrüßt die von der künftigen luxemburgischen Ratspräsidentschaft angekündigten Initiativen auf dem Gebiet der europäischen Steuerpolitik in der Hoffnung, daß dadurch Bewegung zur Lösung der in dieser Stellungnahme angesprochenen Probleme kommt.

    5.2.3. Der Ausschuß überreicht der Kommission als Anlage zu dieser Stellungnahme beispielhafte Möglichkeiten zur Abänderung des EG-Vertrages mit dem Ziel, mehr Handlungsfreiheit auf dem Gebiet der europäischen Steuerpolitik zu verwirklichen. Der Ausschuß betont den beispielhaften Charakter dieser Anlage; sie enthält Denkanstöße und keine verbindlichen Empfehlungen (Anhang II).

    Brüssel, den 9. Juli 1997.

    Der Präsident des Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Tom JENKINS

    () Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 20. Dezember 1995; ABl. C 82 vom 19. 3. 1996.

    () Wachstum, Wettbewerb, Beschäftigung, Weißbuch der Kommission, KOM(93) 700 endg.

    () James Tobin, A Proposal for International Monetary Reform, The Eastern Economic Journal 4 (3-4), Juli/Oktober 1978, S. 153-159.

    () Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen, KOM(97) 30 endg. - 97/0111 CNS.

    () Quelle: Bundesministerium der Finanzen, Bonn; Zitiert nach Presseberichten.

    ANHANG I

    EG-VERTRAG

    Artikel 101

    (Behandlung von den Wettbewerb verfälschenden Vorschriften) Stellt die Kommission fest, daß vorhandene Unterschiede in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten die Wettbewerbsbedingungen auf dem Gemeinsamen Markt verfälschen und dadurch eine Verzerrung hervorrufen, die zu beseitigen ist, so tritt sie mit den betreffenden Mitgliedsstaaten in Beratungen ein.

    Führen diese Beratungen nicht zur Beseitigung dieser Verzerrung, so erläßt der Rat während der ersten Stufe einstimmig und danach mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission die erforderlichen Richtlinien. Die Kommission und der Rat können alle sonstigen in diesem Vertrag vorgesehenen zweckdienstlichen Maßnahmen treffen.

    ANHANG II

    1. Artikel 7a

    >S>Die Gemeinschaft trifft die erforderlichen Maßnahmen, um bis zum 31. Dezember 1992 gemäß dem vorliegenden Artikel, den Artikel 7b, 7c und 28, Artikel 57 Absatz 2, Artikel 59, Artikel 70 Absatz 1 und den Artikeln 84, 99, 100a und 100b unbeschadet der sonstigen Bestimmungen dieses Vertrags den Binnenmarkt schrittweise zu verwirklichen.>/S>

    Der Binnenmarkt umfaßt einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen dieses Vertrags gewährleistet ist. Mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist jede Doppel- oder Keinmalbesteuerung; wenn kein anderer Staat zur Besteuerung berufen ist, so obliegt die Besteuerung dem Ansässigkeitsstaat.

    2. Artikel 73d

    (1) Artikel 73b berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten,

    a) die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die für Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedliche Besteuerungsverfahren vorsehen; behandeln, damit darf jedoch keine unterschiedliche Steuerlast verbunden sein;

    b) die unerläßlichen Maßnahmen zu treffen, um Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften, insbesondere auf dem Gebiet des Steuerrechts und der Aufsicht über Finanzinstitute, zu verhindern, sowie Meldeverfahren für den Kapitalverkehr zwecks administrativer oder statistischer Informationen vorzusehen oder Maßnahmen zu ergreifen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind.

    (2) Dieses Kapitel berührt nicht die Anwendbarkeit von Beschränkungen des Niederlassungsrechts, die mit diesem Vertrag vereinbar sind.

    (3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen und Verfahren dürfen weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels 73b darstellen.

    3. Artikel 99

    Der Rat erläßt

    >S>auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments und das Wirtschafts- und Sozialausschusses einstimmig>/S>

    gemäß dem Verfahren des Artikels 189b und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses die Bestimmungen über die Mehrwertsteuer.

    >S>zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern, die Verbrauchsabgaben und sonstige indirekte Steuern, soweit diese Harmonisierung für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts innerhalb der in Artikel 7a gesetzten Frist notwendig ist.>/S>

    4. Artikel 100

    >S>Der Rat erläßt einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses Richtlinien für die Angleichung derjenigen Rechts und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die sich unmittelbar auf die Errichtung oder das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirken.>/S>

    5. Artikel 100a

    (1) >S>Soweit in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt ist, gilt abweichend von Artikel 100 für die Verwirklichung der Ziele des Artikels 7a die nachstehende Regelung.>/S> Der Rat erläßt gemäß dem Verfahren des Artikels 189b und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses die Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand haben.

    (2) >S>Absatz 1 gilt nicht für>/S> Zusätzlich zu dem in Art. 189b Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz genannten Fall entscheidet der Rat die Bestimmungen über die Steuern, die nicht ganz oder teilweise in den Gemeinschaftshaushalt fließen, >S>die Bestimmungen>/S> über die Freizügigkeit und die Bestimmungen über die Rechte und Interessen der Arbeitnehmer ebenfalls einstimmig, wenn mindestens zwei Mitgliedstaaten dies verlangen; wird ein entsprechender Antrag gestellt, so entscheidet der Rat auch bei etwaigen nachfolgenden Entscheidungen (Art. 189b Abs. 5 und 6) einstimmig.

    6. Artikel 130s

    (1) Der Rat beschließt gemäß dem Verfahren des Artikels 189c und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses über das Tätigwerden der Gemeinschaft zur Errichtung der in Artikel 130r genannten Ziele.

    (2) Abweichend von dem Beschlußverfahren des Absatzes 1 und unbeschadet des Artikels 100a erläßt der Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses einstimmig

    - Vorschriften überwiegend steuerlicher Art, wenn mindestens zwei Mitgliedstaaten dies bei Steuern, die weder ganz noch teilweise in den Gemeinschaftshaushalt fließen, verlangen,

    - Maßnahmen im Bereich der Raumordnung, der Bodennutzung - mit Ausnahme der Abfallbewirtschaftung und allgemeiner Maßnahmen - sowie der Bewirtschaftung der Wasserressourcen,

    - Maßnahmen, welche die Wahl eines Mitgliedstaats zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur seiner Energieversorgung erheblich berühren. Der Rat kann nach dem Verfahren des Unterabsatzes 1 festlegen, in welchen der in diesem Absatz genannten Bereiche mit qualifizierter Mehrheit beschlossen wird.

    (3) Der Rat beschließt gemäß dem Verfahren des Artikels 189b und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses in anderen Bereichen allgemeine Aktionsprogramme, in denen die vorrangigen Ziele festgelegt werden.

    Der Rat legt nach Absatz 1 bzw. Absatz 2 die zur Durchführung dieser Programme erforderlichen Maßnahmen fest.

    7. Artikel 220

    Soweit erforderlich, leiten die Mitgliedstaaten untereinander Verhandlungen ein, um zugunsten ihrer Staatsangehörigen folgendes sicherzustellen:

    - den Schutz der Personen sowie den Genuß und den Schutz der Rechte zu den Bedingungen, die jeder Staat seinen eigenen Angehörigen einräumt,

    - >S>die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Gemeinschaft,>/S>

    - >S>die gegenseitige Anerkennung der Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2, die Beibehaltung der Rechtspersönlichkeit bei Verlegung des Sitzes von einem Staat in einen anderen und die Möglichkeit der Verschmelzung von Gesellschaften, die den Rechtsvorschriften verschiedener Mitgliedstaaten unterstehen,>/S>

    - die Vereinfachung der Förmlichkeiten für die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung richterlicher Entscheidungen und Schiedssprüche.

    Unbeschadet von Maßnahmen aufgrund von Art. 100a können die Mitgliedstaaten miteinander Vereinbarungen über die praktische Durchführung des Doppelbesteuerungsverbots (Art. 7a) treffen; sie unterrichten die Kommission von solchen Maßnahmen, die sie den übrigen Mitgliedstaaten zur Kenntnis gibt.

    ANHANG III zur Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses

    (gemäß Artikel 47 der Geschäftsordnung)

    Die folgenden Änderungsanträge, die mindestens ein Viertel der abgegebenen Stimmen als Ja-Stimmen erhielten, wurden vom Ausschuß im Verlauf der Beratungen abgelehnt:

    Die ganze Stellungnahme

    Den gesamten Text wie folgt ersetzen:

    "1. Einleitung

    1.1. Die Steuern sind ein sehr vielschichtiges und kompliziertes Thema. In dieser Stellungnahme beschränkt sich der WSA auf die Erörterung der Dokumente SEK(96) 487 endg. und KOM(96) 546 endg. Er hat daher nur die wichtigsten makroökonomischen Steuerprobleme aufgegriffen; sektorale Themen werden nur behandelt, wenn sie Fragen von allgemeinerer Tragweite aufwerfen.

    1.2. Ausgangspunkt dieses Dokuments ist die Tatsache, daß es in der EU ungefähr 20 Millionen Arbeitslose gibt und sich dieses Problem bei allen bisherigen Versuchen zu seiner Lösung oder auch nur der Linderung seiner Auswirkungen als sehr hartnäckig erwiesen hat. Das Thema einer europäischen Steuerpolitik wird daher unter dem Gesichtspunkt angegangen, wie diese am besten konzipiert sein muß, damit sie zur Lösung des gegenwärtig wichtigsten und drängendsten Problems der EU beitragen kann.

    1.3. Der langfristige Charakter dieses Problems und die Tatsache, daß der Trend wenig Anzeichen einer Besserung aufweist, unterstreichen die Notwendigkeit eines radikalen Umdenkens und eines Neuansatzes anstatt erneut die alten 'Heilmittel` auszuprobieren, die bisher bei einer Lösung des Problems so eklatant versagt haben.

    1.4. Darin stimmt der WSA mit der Kommission überein, die mit Bezug auf die Initiative von Präsident Santer für einen Vertrauenspakt für Beschäftigung ausführte:

    'Diese Initiative machte insbesondere deutlich, daß der für die Beschäftigung nachteilige Trend in der Entwicklung der Steuersysteme im Rahmen einer breitangelegten Strategie zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in der Europäischen Union umgekehrt werden muß.`

    1.5. Wie aus dem Kommissionsdokument weiter hervorgeht, ersuchte der Europäische Rat auf seiner Tagung in Florenz den Rat, 'ihm vor der Tagung des Europäischen Rates in Dublin einen Bericht über die Entwicklung der Steuersysteme in der Union zu unterbreiten, wobei zu berücksichtigen ist, daß die steuerlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, die Anreize für das Unternehmertum und die Schaffung von Arbeitsplätzen bieten ...`

    1.6. Die Schaffung von Arbeitsplätzen hängt letzten Endes von einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum ab, und der sicherste Weg, ein solches zu erreichen ist, die Doppelbelastung einer übermäßigen Besteuerung und einer übermäßigen Regulierung des Wohlstand schaffenden Privatsektors der Volkswirtschaft zu verringern. Solange diese fundamentale Wahrheit nicht anerkannt wird, greifen sonstige Maßnahmen zum Abbau der Arbeitslosigkeit ins Leere, und Europa wird auf Dauer dazu verurteilt sein, die Geißel der Arbeitslosigkeit zu tragen.

    2. Die Kommissionsdokumente

    2.1. In ihrem Diskussionspapier 'Steuern in der Europäischen Union` vom 20. März 1996 präsentierte die Kommission ein neues steuerpolitisches Gesamtkonzept, das sich insbesondere mit den wesentlichen Herausforderungen auseinandersetzt, die sich der Europäischen Union stellen: die Notwendigkeit der Steigerung des Wachstums und der Schaffung von Arbeitsplätzen, Stabilisierung der Steuersysteme und Vollendung des Binnenmarkts in allen Bereichen.

    2.1.1. Auf der informellen Tagung des Rats 'Wirtschafts- und Finanzfragen` am 13. April in Verona begrüßten die Finanzminister das Diskussionspapier der Kommission und stellten übereinstimmend fest, daß diese Themen in einer hochrangigen Arbeitsgruppe erörtert werden sollten, die von der Kommission eingesetzt und koordiniert werden sollte.

    2.1.2. Diese hochrangige Arbeitsgruppe trat viermal zusammen; das Sekretariat des Rates war auch in den Sitzungen vertreten.

    2.2. In ihrem 'Bericht über die Entwicklung der Steuersysteme` vom 22. Oktober 1996 legt die Kommission ihre Schlußfolgerungen dar, die sie aus den vier Sitzungen der Arbeitsgruppe zu den Fragen gezogen hat, die im Kommissionspapier für die Verona-Tagung angesprochen worden sind, und gibt ihren Standpunkt hierzu sowie zu der künftigen Vorgehensweise wieder.

    2.2.1. Die Kommission betont, daß bei jedem Vorschlag für Gemeinschaftsmaßnahmen im Steuerbereich die Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit voll berücksichtigt werden müssen. Es wird keine Harmonisierung der Steuersysteme um der Harmonisierung willen angestrebt.

    2.2.1.1. Die Einführung von Mindestsätzen oder -bemessungsgrundlagen bei der Körperschaftsteuer fand bei der Arbeitsgruppe zum jetzigen Zeitpunkt auch im Rahmen des übergeordneten Ziels, ein Minimum an effektiver Besteuerung innerhalb der Union sicherzustellen, wenig Anklang.

    2.2.2. Eine bessere Zusammenarbeit auf Gemeinschaftsebene erfordert die Einsetzung einer ständigen Arbeitsgruppe, in der die Mitgliedstaaten und die Kommission Informationen austauschen und steuerpolitische Fragen erörtern können. Eine derartige Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz der Kommission könnte für eine strategische Gesamtschau der Steuerpolitiken und der Arbeiten der bestehenden Fachausschüsse sorgen. Ihre Aufgabe wäre es, dabei zu helfen, wegweisende Initiativen zu initiieren, die - in rechtlich verbindlicher oder sonstiger Weise - zur Verwirklichung wesentlicher Gemeinschaftsziele beitragen könnten, ohne die Steuererhebungsbefugnisse der Mitgliedstaaten anzutasten.

    2.2.3. Die Arbeitsgruppe sollte in der Lage sein, sich mit dem Problem der Steuerkonkurrenz zu befassen, wenn mehr Informationen über die Steuerpolitiken und steuerpolitische Maßnahmen in anderen Staaten ausgetauscht werden. Die Kommission wird hierzu eine Reihe von Initiativen vorbereiten, die darauf abzielen:

    - einen Konsens darüber sicherzustellen, welche Art steuerlicher Maßnahmen im Gemeinschaftskontext als schädlich anzusehen ist,

    - gemeinsame Normen ('Verhaltenskodex`) für bestimmte Bereiche festzulegen,

    - eine verstärkte Koordinierung derjenigen von den Finanzbehörden der Mitgliedstaaten beschlossenen Maßnahmen zu erreichen, mit denen einer Steuerkonkurrenz vorgebeugt werden soll, die dem gemeinsamen Interesse aller schadet, und

    - die Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und -umgehung zu intensivieren.

    2.2.4. Die Arbeitsgruppe könnte auch die größeren politischen Implikationen bestimmter Fragenkomplexe erörtern, u.a.:

    - die Rolle von Doppelbesteuerungsabkommen und Möglichkeiten ihrer Koordinierung,

    - die Vereinfachung der steuerlichen Rahmenbedingungen für KMU und andere Unternehmen,

    - das Verhältnis zwischen Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, insbesondere im Fall von Grenzgängern, und

    - die Besteuerung internationaler Dienstleistungen und die steuerlichen Auswirkungen der neuen Technologien.

    2.2.5. Schließlich ist zusätzliche Arbeit über die Frage notwendig, in welcher Relation die Steuerpolitik zu den gemeinsamen Zielen der Europäischen Union steht, d.h. Förderung unternehmerischer Initiativen, Beschäftigung und Umweltschutz.

    2.2.5.1. Im Kommissionsdokument wird anerkannt, daß unternehmerische Initiative ein grundlegender Faktor für Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung in der Europäischen Union ist Die Schaffung eines den Unternehmen förderlichen Umfelds ist für die Erhaltung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Union auf den Weltmärkten von entscheidender Bedeutung. Der Binnenmarkt spielt hier eine zentrale Rolle. Die Besteuerung gilt weithin als eines der wichtigsten Gebiete, in denen der Binnenmarkt noch nicht vollendet ist. Steuersysteme müssen so beschaffen sein, daß sie der grenzüberschreitenden Wirtschaftstätigkeit innerhalb der Union nicht entgegenstehen. Gleichzeitig müssen jedoch Doppelbesteuerung und Steuerhinterziehung verhindert werden.

    2.2.5.2. Zur Förderung der Beschäftigung ist es nach allgemeiner Ansicht notwendig, den steuerpolitischen Trend der immer stärkeren Besteuerung des Faktors Arbeit im Verhältnis zu anderen Besteuerungsgrundlagen umzukehren. Die Kommission weist darauf hin, daß die Mitgliedstaaten entsprechen dem Subsidiaritätsprinzip die Verfahren zur steuerlichen Entlastung der Arbeit und die Mittel zur Finanzierung solcher Steuersenkungen flexibel wählen können sollten. Die Kommission ist der Überzeugung, daß auf längere Sicht eine Koordinierung der Steuerpolitik als Teil einer gemeinschaftsweiten Initiative zum Abbau der Arbeitslosigkeit von großem Nutzen sein wird. Es kommt entscheidend darauf an, die Wirtschaftsteilnehmer davon zu überzeugen, daß die Steuerstrukturen nunmehr an der Förderung der Beschäftigung ausgerichtet werden. Besonders hilfreich wäre eine Koordinierung bei der Umgestaltung der Steuerstrukturen. Durch eine Senkung der Gesamtsteuerbelastung - auch für Unternehmen - muß das richtige Umfeld zur Schaffung von Arbeitsplätzen geschaffen werden.

    2.2.5.3. Beim Umweltschutz ist zu prüfen, inwieweit ein stärkerer Rückgriff auf energie- und umweltbezogene Steuern möglich ist. Die tägliche Erfahrung zeigt allerdings, daß sich Umweltschutzziele häufig am besten erreichen lassen, wenn steuerliche Instrumente mit anderen Maßnahmen kombiniert werden, die konsequent zur Änderung von Verhaltensweisen eingesetzt werden. Bei der Wahl der Instrumente sollten allerdings die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit, die Beschäftigung und die Umwelt sorgfältig geprüft werden.

    2.2.6. In Anbetracht des Umstands, daß die KMU bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze in der Union eine herausragende Rolle spielen, sollten die Steuerpolitiken deren beschäftigungsschaffende Fähigkeit in der Tat fördern.

    2.2.7. Die Kommission befürwortet die Einführung einer Mindestkapitalertragsteuer entsprechend den Leitlinien ihres Vorschlags von 1989 als einen ersten Schritt zur Regelung der Besteuerung von Kapitalerträgen.

    2.2.8. Trotz des Ausbleibens neuer gesetzgeberischer Schritte im Steuerbereich kommen immer mehr Fälle vor Gericht, sowohl in den Mitgliedstaaten als auch vor den Europäische Gerichtshof. Wenn die Gerichtsurteile nicht durch andere Rechtsinstrumente ergänzt werden, besteht die Gefahr, daß die Entwicklung der gemeinschaftlichen Steuersysteme bruchstückhaft bleibt.

    2.2.9. In Anbetracht der oben angestellten Analyse und des festgestellten Handlungsbedarfs ist die Kommission der Auffassung, daß es dringend erforderlich ist, sowohl im Hinblick auf einzelne Problembereiche als auch bezüglich der allgemeinen Richtung der Steuerpolitik voranzukommen.

    3. Allgemeine Bemerkungen

    3.1. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß stimmt mit den Kommissionsvorschlägen im großen und ganzen überein.

    3.2. In vielen EU-Mitgliedstaaten ist die steuerliche Belastung des Faktors Arbeit groß und macht im Gemeinschaftsdurchschnitt etwa 23,5 % des BIP aus. Diese Zahl ist höher als beispielsweise in den USA (19,4 %) oder Japan (16,6 %). In der EU selbst gibt es große Unterschiede; die Zahlen reichen von 14 % für Griechenland bis 32 % in Schweden.

    3.2.1. Es ist unaufrichtig zu leugnen, daß eine höhere steuerliche Belastung des Faktors Arbeit, ob sie vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer getragen wird, den Beschäftigungsaussichten nicht abträglich ist.

    3.2.1.1. Soweit die Belastung dem Arbeitgeber aufgebürdet wird, erhöht sie die Arbeitskosten und verringert die Nachfrage nach Arbeitskräften. Versucht man hingegen, die Beschäftigung zu 'schützen`, indem man die Entlassung von Arbeitskräften für die Arbeitgeber verteuert (was de facto eine andere Form der Besteuerung der Beschäftigung ist, da die Zahlungen des Arbeitgebers z.T. die Zahlungen ersetzen, die sonst der Staat leisten müßte), so hat dies zur Folge, daß die Arbeitgeber sich bei der Einstellung von Arbeitnehmern zögerlicher verhalten.

    3.2.1.2. Wird die steuerliche Belastung der Arbeit den Arbeitnehmern aufgebürdet, verringert sich deren verfügbares Nettoeinkommen und damit ihre Kaufkraft. Die steuerliche Belastung der Arbeit ist auch inflationstreibend, da sie Forderungen nach höheren Löhnen anheizt, mit denen die Arbeitnehmer der Senkung ihres Lebensstandards entgegenwirken wollen; falls die Lohnerhöhungen nicht mit einer angemessenen Produktivitätssteigerung einhergehen, treibt dies die Kosten der Arbeitgeber, verringert die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und untergräbt das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigungsaussichten noch weiter.

    3.2.2. Der WSA kommt daher zu dem Schluß, daß eine steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit, ob sie dem Arbeitnehmer oder dem Arbeitgeber aufgebürdet wird, ein wichtiger positiver Beitrag zur Verringerung der derzeitigen Arbeitslosigkeitsquoten in der EU wäre.

    3.2.3. Dieser Beitrag fiele allerdings wesentlich geringer aus, wenn die steuerliche Entlastung der Arbeit bloß auf andere Formen der Unternehmensbesteuerung verlagert würde. Es ist eine Senkung der Gesamtbelastung der direkten persönlichen Steuern und der Unternehmenssteuern erforderlich, um das Wirtschaftswachstum anzuregen und die Nachfrage nach Arbeitskräften zu erhöhen.

    3.2.3.1. Der WSA wendet sich insbesondere gegen die Einführung neuer Steuern auf die Informationstechnologie wie beispielsweise eine Internet-Steuer oder eine Bit-Steuer oder eine Steuer auf Finanzdienstleistungen (Tobin-Steuer).

    3.2.3.2. Eine Steuer auf die Informationstechnologie wäre gleichbedeutend mit einer Besteuerung des Lernens und würde die Bemühungen der EU stark beeinträchtigen, an das von anderen führenden Nationen bereits erreichte Niveau des technologischen Fortschritts aufzuschließen; in einer Zeit, in der die Regierungen anderer Länder Milliarden Dollar zur Förderung der Computerbildung ihrer Bevölkerung ausgeben, macht es keinen Sinn, wenn die EU ihre eigenen Bürger durch die Besteuerung der Mittel ihres Wissenserwerbs zu benachteiligen gedenkt.

    3.2.3.3. Eine Tobin-Steuer würde die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Mitgliedstaaten auf den globalen Finanzmärkten beeinträchtigen und einen Großteil dieser Finanzgeschäfte in Offshore-Bankplätze abdrängen, wodurch in der EU Arbeitsplätze verlorengingen und ein Verlust von internationalem Finanz-Know-how die Folge wäre.

    3.3. Es gibt verschiedene Gründe für den Wunsch, die Steuern zu harmonisieren, einige davon sind gut und andere schlecht. Der Wunsch nach Einheitlichkeit um ihrer selbst willen ist ein schlechter Grund. Der WSA nimmt daher befriedigt zur Kenntnis, daß die Kommission nicht um der Harmonisierung willen zu harmonieren gedenkt und die Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit hochhält.

    3.3.1. Auch wenn der WSA die leztendliche Harmonisierung der Steuern als ein legitimes Ziel und als unvermeidlichen Begleitumstand der Wirtschafts- und Währungsunion ansieht, empfiehlt er doch ein behutsames Vorgehen. Solange die einzelnen Mitgliedstaaten weiterhin unterschiedliche Wirtschaftsstrukturen und unterschiedliche Wirtschaftsleistungen aufweisen, muß die Regierung jedes Mitgliedstaats die Freiheit haben, ihre Fiskalpolitik entsprechend den Haushaltserfordernissen ihrer Volkswirtschaft anzupassen. Eine Strategie, die beispielsweise in einem bestimmten Zeitpunkt für Deutschland richtig ist, braucht zum selben Zeitpunkt nicht für Portugal richtig zu sein oder auch für Deutschland zu einem anderen Zeitpunkt. Es ist ein viel engerer Konvergenzgrad zwischen den Volkswirtschaften als der im Maastrichter Vertrag festgelegte erforderlich, bevor sich die Mitgliedstaaten an die Harmonisierung ihrer Steuersätze machen können, und auch dieser beschränkte Konvergenzgrad ist bei weitem noch nicht erreicht.

    3.3.2. Die Harmonisierung der Steuersätze macht auf keinen Fall Sinn, wenn nicht auch die Besteuerungsgrundlagen, die Steuerstrukturen und -systeme sowie die Steuervorschriften und deren Auslegung harmonisiert werden. Einheitliche Steuersätze ohne einheitliche Anwendung könnten die Verzerrungen eher noch verstärken als mindern.

    3.3.3. Im Kontext des Binnenmarktes stellen eine unterschiedliche Auslegung und Anwendung der verschiedenen Steuerregelungen und Unterschiede in den Besteuerungsgrundlagen ein viel größeres Hindernis für den grenzüberschreitenden Handel und die Vollendung des Binnenmarktes dar als unterschiedliche Steuersätze.

    3.3.3.1. Unterschiedliche Steuersätze sind mit freien offenen Märkten vollkommen vereinbar. In den USA, in Kanada und der Schweiz werden Unternehmen und natürliche Personen sowohl von der Bundesregierung als auch von den einzelnen Staaten, Provinzen und Kantonen zu stark unterschiedlichen effektiven Gesamtsteuersätzen besteuert.

    3.3.3.2. Eine Harmonisierungsmaßnahme wäre nach Ansicht des WSA im Rahmen des globalen Ziels einer Verringerung der Steuerbelastung vorteilhaft; die Harmonisierungsbemühungen sollten darauf gerichtet sein, Hindernisse für die Schaffung eines echten Binnenmarktes zu beseitigen; dabei ist insbesondere an die Mehrwertsteuer und die Unternehmensbesteuerung zu denken. Die Erfuellungskosten für den Steuerzahler sollten für alle Steuerarten gesenkt werden, grenzüberschreitende Transaktionen sollten vor den Auswirkungen von Zuständigkeitsscharmützeln zwischen Steuerbehörden geschützt sein und die durch nicht erstattete Anrechnungssteuern bewirkte Diskriminierung von Unternehmen, die im Ausland Gewinne erzielen, sollte beseitigt werden. Wenn diese Maßnahmen durchgeführt wären, ließe sich ein viel klareres Bild von der Notwendigkeit und dem Umfang weiterer Harmonisierungsschritte gewinnen.

    3.3.3.3. Der WSA unterstützt daher den Vorschlag der Kommission, einen ständigen steuerpolitischen Arbeitskreis einzusetzen, der sich mit den im Kommissionsdokument aufgeworfenen Problemen befassen soll. Die Gebiete, auf denen sich kurzfristig die größten substantiellen Fortschritte erzielen lassen, sind seiner Ansicht nach die Festlegung gemeinsamer Normen, eine stärkere Koordinierung der Steuerregelungen, eine verbesserte Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung, die Vereinfachung des steuerpolitischen Umfelds und die Ausarbeitung von Doppelbesteuerungsabkommen. Nach Ansicht des WSA bilden diese Probleme zusammen eine Tagesordnung, deren Verwirklichung einen echten Fortschritt bei der Vollendung des Binnenmarktes bringen könnte.

    3.4. Der WSA unterstützt die Ablehnung der hochrangigen Arbeitsgruppe, zum jetzigen Zeitpunkt die Einführung von Mindestsätzen oder -bemessungsgrundlagen bei der Körperschaftsteuer vorzuschlagen. Eine europäische Steuerpolitik kann nicht isoliert konzipiert werden, sondern muß die weltweiten Politiken und Trends im Auge behalten. Wer in der EU Körperschaftsteuer-Mindestsätze einführen will, ignoriert diese Realität.

    3.5. Nicht einverstanden ist der WSA mit dem Vorschlag der Kommission, eine Mindestquellensteuer auf Zinseinkünfte aus Spareinlagen einzuführen. In seiner Stellungnahme zum Thema 'Direkte und indirekte Steuern` (1) stellte der WSA fest, daß ein europäischer Lösungsansatz für dieses Problem die zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden Unterschiede bei der Besteuerung von Sparerträgen (Quellensteuer oder Meldepflicht) respektieren muß und darauf zu achten ist, daß nicht ein System zugunsten eines anderen Systems bevorzugt wird. Der WSA bekräftigt diesen Standpunkt.

    3.5.1. Die Einführung einer europäischen Standardquellensteuer würde zu einem Kapitalabfluß in Länder führen, in denen die Steuersätze auf Sparerträge niedriger sind, und diese Bewegung könnte ohne die effektive Wiedereinführung von Devisenkontrollen nicht gestoppt werden; dadurch würde Europa auf den globalen Finanzmärkten marginalisiert, was für das Wirtschaftswachstum der EU fatale Folgen hätte.

    4. Schlußfolgerungen

    4.1. In Erfuellung ihrer Rolle als Erbringer öffentlicher Dienstleistungen in einer modernen Volkswirtschaft muß die Regierung bei den Ausgaben Prioritäten setzen und Einnahmen erheben. Durch diese Maßnahmen wird der Volkswirtschaft zwangsläufig eine Umverteilungslast aufgebürdet, wodurch auch schädliche Auswirkungen auf die Förderung des Wirtschaftswachstums ausgehen. Nach Ansicht des WSA sollten Anstrengungen unternommen werden, um wesentliche und rechtzeitige Veränderungen auf Gebieten festzustellen, wo das Wirtschaftswachstum durch staatliche Maßnahmen beeinträchtigt werden kann, insbesondere im Steuerbereich, ohne daß das Sozialschutzniveau aufs Spiel gesetzt wird, das ein Gütesiegel des europäischen Gesellschaftsmodell ist.

    4.1.1. Gelingt dies nicht, würde die Wirtschaftsleistung der EU gegenüber ihren wichtigsten weltweiten Konkurrenten wie den USA, Japan und den Schwellenländern im Pazifikbecken nach Ansicht des Ausschusses weiter zurückfallen, und dieser Rückschlag würde nicht nur den Wunsch vereiteln, das europäische Sozialmodell weiter auszubauen und zu verbessern, sondern würde auch die Beibehaltung des gegenwärtig bestehenden Sozialschutzniveaus gefährden. Er könnte auch zu einer weiteren Zunahme statt einem Abbau der europäischen Arbeitslosenquote führen, und die daraus resultierenden sozialen Spannungen könnten das Gewebe der europäischen Einheit einer starken Zerreißprobe aussetzen.

    4.1.2. Der WSA sieht daher keinerlei Gefahren, die sich aus einer Senkung der Steuersätze an sich ergeben könnten, vorausgesetzt, daß Maßnahmen zur Vermeidung von Verzerrungen aufgrund eines unlauteren Wettbewerbs ergriffen werden. Die in unterschiedlichen Steuerordnungen weltweit gesammelten Erfahrungen zeigen ganz klar, daß paradoxerweise das Gesamtsteueraufkommen bei fallenden Steuersätzen zunimmt, insbesondere in bezug auf die Körperschaftsteuer und die Einkommensteuer, und daß der höchste Ertrag aus diesen Steuern bei einem effektiven Steuersatz von etwa 18 % erzielt wird.

    4.1.3. Die Befürworter der Einführung von Mindeststeuersätzen und Quellensteuern in der EU verkennen die Tatsache, daß dies bloß zu einer Verlagerung geschäftlicher Transaktionen in die vielen, durch derartige Restriktionen nicht behinderten blühenden, aufstrebenden Länder führen würde. Diese würden deshalb weiterhin expandieren und zunehmend wohlhabender werden, während die EU im Vergleich zu ihnen schrumpfen und immer mehr verarmen würde.

    4.2. Nach Ansicht des WSA dürften allmähliche, am Markt orientierte Schritte zu konvergierenden Steuersätzen und Besteuerungsgrundlagen, die die unterschiedlichen Erfordernisse der einzelnen Mitgliedstaaten zur Einnahmenerzielung berücksichtigen, effektiver sein als von oben verordnete Schritte. Eine gewisse Harmonisierung der Steuersysteme und -strukturen ist ein wünschenswertes Ziel.

    4.3. Bei Reformen des Steuersystems sollte anfänglich besonders darauf geachtet werden, unbeabsichtigte Verzerrungen bei Standortentscheidungen von Unternehmen zu vermeiden, grenzüberschreitende Zusammenschlüsse in der EU zu erleichtern und die Verwaltungslasten der Wirtschaft bei Verrechnungspreisen sowie die Zuständigkeitskonflikte zwischen Steuerbehörden zu verringern.

    4.4. Kleine und mittelgroße Unternehmen sollten im Rahmen bestimmter Gewinnspannen durch ermäßigte Körperschaftsteuersätze auf ihre Gewinne unterstützt werden.

    4.5. Die Schaffung von Arbeitsplätzen würde am effektivsten durch die Verringerung der Gesamtsteuerbelastung und die Eindämmung bzw. Rückführung der öffentlichen Ausgaben gefördert.

    4.6. Der WSA akzeptiert den Vorschlag der Kommission, daß Umweltziele am besten erreicht werden, wenn Steuerinstrumente mit sonstigen Maßnahmen zur konsequenten Verhaltensänderung kombiniert werden, und er stimmt mit der Kommission darin überein, daß bei der Auswahl der Instrumente deren Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit, die Beschäftigung und die Umwelt sorgfältig bedacht werden sollten.

    4.7. Der WSA hält eine Verringerung der Steuerbelastung des Faktors Arbeit für notwendig, stimmt aber mit der Kommission darin überein, daß den Mitgliedstaaten bei der Entscheidung über Umfang und Vorgehen bei solchen Verringerungen wie auch bei deren Finanzierung Flexibilität zugestanden werden sollte.

    4.8. Die Einführung neuer Steuern auf die Informationstechnologie oder die internationalen Finanzmärkte wäre äußerst schädlich und sollte auf europäischer Ebene nicht in Betracht gezogen werden.

    4.9. Der WSA empfiehlt, daß die bestehenden zweiseitigen Doppelbesteuerungsabkommen durch ein einziges europäisches Doppelbesteuerungsabkommen ersetzt werden sollten. Es wäre nicht erforderlich, daß jeder Mitgliedstaat einem solchen Abkommen beitritt, damit dieses funktioniert und für die Steuerzahler in den teilnehmenden Ländern beträchtliche Vorteile abwirft, obwohl es natürlich besser wäre, wenn ein solches Abkommen die gesamte EU umspannen würde.

    4.10. Der WSA teilt die Besorgnis der Kommission, daß die Entwicklung eines gemeinschaftlichen Steuersystems nicht zu einem Flickenteppich geraten sollte.

    4.11. Der WSA unterstützt den Vorschlag, einen steuerpolitischen Arbeitskreis mit dem Auftrag einzusetzen, die Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden zu verbessern, Informationen auszutauschen und die Steuerpolitiken zu erörtern, die Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung zu koordinieren, wegweisende Initiativen aufzuzeigen und den Weg zu einem enger integrierten Steuersystem zu untersuchen.

    4.12. Der WSA stimmt darin überein, daß eine europäische Steuerpolitik die Auswirkungen auf die Unternehmen, die Beschäftigung und die Umwelt berücksichtigen sollte.(1) Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 20. Dezember 1995; ABl C 82 vom 19. 3. 1996."

    Abstimmungsergebnis

    Ja-Stimmen: 37, Nein-Stimmen: 84, Stimmenthaltungen: 17.

    Ziffer 2.2.3

    Im zweiten Satz dieser Ziffer sollten die Worte "wie beispielsweise eine Internet-Steuer, einer Tobin-Steuer im Zusammenhang mit den internationalen Finanzmärkten oder einer Bit-Steuer" gestrichen werden.

    Begründung

    Die drei genannten Steuerarten (Internet-Steuer, Bit-Steuer bzw. Tobin-Steuer im Zusammenhang mit den internationalen Finanzmärkten) hätten allesamt einen unerwünschten Verzerrungseffekt und sollten daher nicht ins Kalkül gezogen werden. Eine Internet-Steuer würde es Europa erschweren, mit den technologischen Entwicklungen im Telekommunikationsbereich Schritt zu halten; eine Bit-Steuer würde eine Besteuerung neuer Lerntechniken bedeuten und der Herbeiführung einer im weltweiten Vergleich besseren Beherrschung der Computerbenutzung in Europa Steine in den Weg legen; eine Steuer der von Tobin beschriebenen Art würde einer Verlagerung bestimmter internationaler Finanzgeschäfte in Drittländer in die Hand spielen.

    Abstimmungsergebnis

    Ja-Stimmen: 44, Nein-Stimmen: 90, Stimmenthaltungen: 9.

    Ziffer 2.2.5

    Am Ende des ersten Absatzes einen neuen Satz einfügen:

    "Mitgliedstaaten, die ihre Mehrwertsteuersätze als Folge einer Annäherung senken müssen, hätten diese Möglichkeit allerdings nicht und würden sich genötigt sehen, andere Steuern zu erhöhen, um den Einnahmeverlust auszugleichen."

    Begründung

    Der vorliegende Text ist insofern unausgewogen, als er die Probleme der Mitgliedstaaten unberücksichtigt läßt, die bestimmte Mehrwertsteuersätze senken müßten.

    Abstimmungsergebnis

    Ja-Stimmen: 40, Nein-Stimmen: 87, Stimmenthaltungen: 16.

    Ziffer 5.2.3

    Diese Ziffer und Anhang 2 sind zu streichen.

    Begründung

    Es ist zu spät und damit sinnlos, Vorschläge für Änderungen des Vertrags zu unterbreiten, da die Regierungskonferenz abgeschlossen ist und solche Vorschläge von dieser als nicht erforderlich erachtet wurden.

    Diese Ziffer und die Anlage erweitern den Untersuchungsgegenstand dieser Stellungnahme über die zu prüfenden Dokumente hinaus. In der Anlage werden Fragen aufgeworfen, denen möglicherweise in einem breiteren Sachzusammenhang im einzelnen nachgegangen werden sollte.

    Abstimmungsergebnis

    Ja-Stimmen: 50, Nein-Stimmen: 59, Stimmenthaltungen: 22.

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