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Document 32022D1108

    Beschluss (EU) 2022/1108 der Kommission vom 1. Juli 2022 über die Befreiung von Gegenständen, die kostenlos an vor dem Krieg in der Ukraine fliehende Personen und an bedürftige Personen in der Ukraine verteilt oder diesen zur Verfügung gestellt werden sollen, von Eingangsabgaben und Mehrwertsteuer (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2022) 4469) (Nur der deutsche, der englische, der estnische, der finnische, der französische, der griechische, der irische, der italienische, der kroatische, der litauische, der maltesische, der niederländische, der polnische, der rumänische, der schwedische, der slowakische, der slowenische, der tschechische und der ungarische Text sind verbindlich)

    C/2022/4469

    ABl. L 178 vom 5.7.2022, p. 57–60 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2022/1108/oj

    5.7.2022   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    L 178/57


    BESCHLUSS (EU) 2022/1108 DER KOMMISSION

    vom 1. Juli 2022

    über die Befreiung von Gegenständen, die kostenlos an vor dem Krieg in der Ukraine fliehende Personen und an bedürftige Personen in der Ukraine verteilt oder diesen zur Verfügung gestellt werden sollen, von Eingangsabgaben und Mehrwertsteuer

    (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2022) 4469)

    (Nur der deutsche, der englische, der estnische, der finnische, der französische, der griechische, der irische, der italienische, der kroatische, der litauische, der maltesische, der niederländische, der polnische, der rumänische, der schwedische, der slowakische, der slowenische, der tschechische und der ungarische Text sind verbindlich)

    DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

    gestützt auf die Richtlinie 2009/132/EG des Rates vom 19. Oktober 2009 zur Festlegung des Anwendungsbereichs von Artikel 143 Buchstaben b und c der Richtlinie 2006/112/EG hinsichtlich der Mehrwertsteuerbefreiung bestimmter endgültiger Einfuhren von Gegenständen (1), insbesondere auf Artikel 53 Absatz 1,

    gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 des Rates vom 16. November 2009 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen (2), insbesondere auf Artikel 76 Absatz 1,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1)

    Am 24. Februar 2022 startete Russland einen unprovozierten und ungerechtfertigten Militärangriff auf die Ukraine. Seit der Invasion der Ukraine durch Russland sind etwa 6,2 Mio. Menschen in die Union geflohen (Stand: 24. Mai 2022). Der Zustrom von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine stellt im Hinblick auf die Bereitstellung ausreichender humanitärer Hilfe und die Deckung des Grundbedarfs dieser Personen eine Herausforderung für die betroffenen Mitgliedstaaten dar. Die Slowakei, Polen und Tschechien stellten am 27. Februar 2022, am 28. Februar 2022 bzw. am 11. März 2022 jeweils ein Hilfeersuchen gemäß Artikel 15 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (3) bezüglich Notunterkünfte, Unterkunftsartikel, Medikamente und medizinischer Artikel sowie Ausrüstung zur Versorgung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine mit Lebensmitteln.

    (2)

    Am 24. Februar 2022 ersuchte die Ukraine gemäß Artikel 16 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU um Katastrophenhilfe.

    (3)

    Als Ausdruck der Solidarität und Unterstützung reagierten die Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft mit der Lieferung von Hilfsgütern zur Verteilung sowohl an Personen, die vor dem Krieg in die Union fliehen, als auch an Bedürftige in der Ukraine.

    (4)

    Am 14. März 2022 konsultierte die Kommission die Mitgliedstaaten zur Notwendigkeit eines Kommissionsbeschlusses, mit dem Gegenstände, die zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr eingeführt werden, um kostenlos an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine verteilt oder diesen zur Verfügung gestellt zu werden, von den Eingangsabgaben und der Mehrwertsteuer befreit würden. Entsprechende Ersuchen wurden anschließend am 18. März 2022 von Estland, Frankreich, Griechenland, Kroatien, Luxemburg, Malta, den Niederlanden, Österreich, Polen, Rumänien, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn, am 21. März 2022 von Irland und Litauen und am 23. März 2022 von Finnland und Italien (im Folgenden „ersuchende Mitgliedstaaten“) gestellt.

    (5)

    Die durch die russische Invasion ausgelöste humanitäre Krise hat nicht nur in der Ukraine erhebliche Folgen, sondern auch in einigen Mitgliedstaaten, womit es sich um eine Katastrophe im Sinne von Kapitel XVII Abschnitt C der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 und Titel VIII Kapitel 4 der Richtlinie 2009/132/EG handelt, die das Gebiet mehrerer Mitgliedstaaten berührt.

    (6)

    Die ersuchenden Mitgliedstaaten sollten daher ermächtigt werden, für Gegenstände, die von oder im Auftrag von staatlichen Organisationen oder anderen von den zuständigen Behörden der ersuchenden Mitgliedstaaten anerkannten Organisationen der Wohlfahrtspflege für die in Artikel 74 der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 bzw. die in Artikel 51 der Richtlinie 2009/132/EG genannten Zwecke eingeführt werden, eine Befreiung von den Eingangsabgaben bzw. von der Mehrwertsteuer zu gewähren. Angesichts der beispiellosen Situation und der Notwendigkeit eines raschen Handelns sollten die ersuchenden Mitgliedstaaten ermächtigt werden, auch Hilfsgüter von den Eingangsabgaben und von der Mehrwertsteuer zu befreien, die von staatlichen Organisationen oder anderen Organisationen der Wohlfahrtspflege zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr eingeführt werden, welche in einem anderen ersuchenden Mitgliedstaat, in dem die Gegenstände verwendet werden sollen, anerkannt sind und ähnliche Tätigkeiten ausüben. Um den Ersuchen der Mitgliedstaaten nachzukommen, Personen Hilfe zu leisten, die in der Ukraine geblieben und vom Krieg schwer betroffen sind, muss auch die Weitergabe dieser Gegenstände an staatliche Organisationen in der Ukraine oder an Organisationen der Wohlfahrtspflege, die von den zuständigen ukrainischen Behörden für die kostenlose Verteilung der Gegenstände an Bedürftige in der Ukraine anerkannt wurden, genehmigt werden. Darüber hinaus ist es angezeigt, die ersuchenden Mitgliedstaaten zu ermächtigen, Gegenstände, die für die in Artikel 74 der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 genannten Zwecke eingeführt werden, von den Eingangsabgaben und Gegenstände, die für die in Artikel 51 der Richtlinie 2009/132/EG genannten Zwecke eingeführt werden, von der Mehrwertsteuer zu befreien, wenn diese Gegenstände von oder im Auftrag von Hilfsorganisationen zur Deckung ihres Bedarfs während Hilfsaktionen für ukrainische Kriegsflüchtlinge zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr eingeführt werden.

    (7)

    Damit die von den Eingangsabgaben oder von der Mehrwertsteuer befreiten Einfuhren überwacht werden können, sollten die ersuchenden Mitgliedstaaten die Kommission darüber informieren, welche Art und Menge von Gegenständen für die kostenlose Verteilung an oder Bereitstellung für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sie zur Befreiung von den Eingangsabgaben und der Mehrwertsteuer zugelassen haben, welche Organisationen sie für die Verteilung oder Bereitstellung dieser Gegenstände anerkannt und welche Maßnahmen sie getroffen haben, um zu verhindern, dass die Gegenstände für andere Zwecke als zur Deckung des Bedarfs der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine verwendet werden.

    (8)

    Um die Einhaltung der in diesem Beschluss festgelegten Bedingungen zu gewährleisten, Unregelmäßigkeiten zu verhindern und die finanziellen Interessen der Union und der Mitgliedstaaten zu schützen, sollten die ersuchenden Mitgliedstaaten die Anwendung von Risikomanagement- und einschlägigen Zollkontrollmaßnahmen bei der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr sowie bei der Verwendung und anschließenden Weitergabe der von Eingangsabgaben bzw. der Mehrwertsteuer befreiten Gegenständen an die Ukraine sicherstellen. Die Kommission sollte über die getroffenen Maßnahmen innerhalb der in diesem Beschluss festgelegten Frist informiert werden.

    (9)

    Angesichts der extremen Herausforderungen, mit denen die ersuchenden Mitgliedstaaten konfrontiert sind, sollte die Befreiung von den Eingangsabgaben und der Mehrwertsteuer für ab dem 24. Februar 2022 getätigte Einfuhren gelten. Die Befreiung sollte bis zum 31. Dezember 2022 gelten.

    (10)

    Am 19. April 2022 wurden die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 76 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 und Artikel 53 Absatz 1 der Richtlinie 2009/132/EG angehört —

    HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

    Artikel 1

    (1)   Gegenstände, die folgende Bedingungen erfüllen, werden von Eingangsabgaben im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 und von der Mehrwertsteuer auf Einfuhren im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2009/132/EG befreit:

    a)

    Die Gegenstände sind für einen der folgenden Verwendungszwecke bestimmt:

    i)

    Sie werden von den in Buchstabe c genannten Stellen oder Organisationen kostenlos an Personen verteilt, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen;

    ii)

    sie werden kostenlos Personen zur Verfügung gestellt, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen, wobei die Gegenstände Eigentum der in Buchstabe c genannten Stellen oder Organisationen bleiben;

    b)

    die Gegenstände erfüllen die Anforderungen der Artikel 75, 78, 79 und 80 der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 und der Artikel 52, 55, 56 und 57 der Richtlinie 2009/132/EG;

    c)

    die Gegenstände werden zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr von oder im Auftrag von staatlichen Organisationen wie staatlichen Stellen, öffentlichen Stellen und sonstigen, dem öffentlichen Recht unterliegenden Stellen oder von bzw. im Auftrag von Organisationen der Wohlfahrtspflege eingeführt, die von den zuständigen Behörden der ersuchenden Mitgliedstaaten, in denen die Gegenstände verwendet werden sollen, anerkannt wurden.

    (2)   Die in Absatz 1 genannten Gegenstände können auch in einem anderen ersuchenden Mitgliedstaat als dem ersuchenden Mitgliedstaat, in dem die Gegenstände verwendet werden sollen, von Eingangsabgaben im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 und von der Mehrwertsteuer auf Einfuhren im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2009/132/EG befreit werden, sofern die Gegenstände von einer staatlichen Organisation oder einer anderen Organisation der Wohlfahrtspflege, die in dem Mitgliedstaat, in dem die Gegenstände verwendet werden sollen, von den zuständigen Behörden anerkannt wurde und ähnliche Tätigkeiten ausübt, zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr eingeführt werden.

    (3)   Gegenstände können nur dann von einem Mitgliedstaat an den anderen weitergegeben werden, wenn eine anerkannte Organisation der Wohlfahrtspflege die zuständigen Behörden des ersuchenden Mitgliedstaats, der die Befreiung von den Eingangsabgaben und der Mehrwertsteuer gewährt, vorher darüber unterrichtet hat.

    (4)   Vorbehaltlich der vorherigen Unterrichtung der zuständigen Behörden des ersuchenden Mitgliedstaats, der die Befreiung gewährt, dürfen Organisationen, denen gemäß den Absätzen 1 und 2 eine Befreiung von den Eingangsabgaben und der Mehrwertsteuer gewährt wird, die von den Eingangsabgaben und der Mehrwertsteuer befreiten Gegenstände nach Absatz 1 an staatliche Organisationen in der Ukraine oder an andere Organisationen der Wohlfahrtspflege, die von den zuständigen ukrainischen Behörden für die kostenlose Verteilung der Gegenstände an Bedürftige in der Ukraine anerkannt wurden, weitergeben.

    (5)   Gegenstände, die von Hilfsorganisationen zur Deckung ihres Bedarfs während Hilfsaktionen für Personen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen, zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr eingeführt werden, sind vorbehaltlich der Artikel 75 bis 80 der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 sowie der Artikel 52 bis 57 der Richtlinie 2009/132/EG ebenfalls von Eingangsabgaben im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 und von der Mehrwertsteuer auf Einfuhren im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2009/132/EG befreit.

    Artikel 2

    Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission monatlich am 15. Tag des auf den Berichtsmonat folgenden Monats Informationen über die Art und die Menge der gemäß Artikel 1 von Eingangsabgaben und der Mehrwertsteuer befreiten Gegenstände.

    Bis spätestens 31. März 2023 übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission folgende Informationen:

    a)

    Liste der in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe c genannten von den zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten anerkannten Organisationen;

    b)

    konsolidierte Informationen über die Art und Menge der Gegenstände, die gemäß Artikel 1 von den Eingangsabgaben und der Mehrwertsteuer befreit wurden;

    c)

    Maßnahmen zur Einhaltung der Artikel 78, 79 und 80 der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 und der Artikel 55, 56 und 57 der Richtlinie 2009/132/EG sowie gegebenenfalls Risikomanagement- und Zollkontrollmaßnahmen gemäß Artikel 46 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), die in Bezug auf die unter diesen Beschluss fallenden Gegenstände getroffen wurden.

    Artikel 3

    Artikel 1 gilt für Einfuhren zwischen dem 24. Februar 2022 und dem 31. Dezember 2022 nach Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Litauen, Luxemburg, Malta, in die Niederlande, nach Österreich, Polen, Rumänien, in die Slowakei, nach Slowenien, Tschechien und nach Ungarn.

    Artikel 4

    Dieser Beschluss ist an die Tschechische Republik, die Republik Estland, Irland, die Hellenische Republik, die Französische Republik, die Republik Kroatien, die Italienische Republik, die Republik Litauen, das Großherzogtum Luxemburg, Ungarn, die Republik Malta, das Königreich der Niederlande, die Republik Österreich, die Republik Polen, Rumänien, die Republik Slowenien, die Slowakische Republik und die Republik Finnland gerichtet.

    Er gilt ab dem 24. Februar 2022.

    Brüssel, den 1. Juli 2022

    Für die Kommission

    Paolo GENTILONI

    Mitglied der Kommission


    (1)   ABl. L 292 vom 10.11.2009, S. 5.

    (2)   ABl. L 324 vom 10.12.2009, S. 23.

    (3)  Beschluss Nr. 1313/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über ein Katastrophenschutzverfahren der Union (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 924).

    (4)  Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1).


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