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Document 31996D0369

96/369/EG: Entscheidung der Kommission vom 13. März 1996 über eine steuerliche Beihilfe in Form einer Abschreibungsregelung zugunsten der deutschen Luftverkehrsunternehmen (Nur der deutsche Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR)

ABl. L 146 vom 20.6.1996, p. 42–48 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1996/369/oj

31996D0369

96/369/EG: Entscheidung der Kommission vom 13. März 1996 über eine steuerliche Beihilfe in Form einer Abschreibungsregelung zugunsten der deutschen Luftverkehrsunternehmen (Nur der deutsche Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR)

Amtsblatt Nr. L 146 vom 20/06/1996 S. 0042 - 0048


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 13. März 1996 über eine steuerliche Beihilfe in Form einer Abschreibungsregelung zugunsten der deutschen Luftverkehrsunternehmen (Nur der deutsche Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR) (96/369/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a),

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß den genannten Artikeln und gestützt auf diese Äußerungen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

SACHVERHALT

I

Mit Schreiben vom 7. März, 16. August und 18. Dezember 1988 sowie vom 9. April 1991 hat die Kommission die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 93 Absatz 1 des Vertrags um Auskünfte über die den Luftverkehrsunternehmen in Deutschland gewährten Beihilfen gebeten. Die deutsche Regierung ist diesem Ersuchen mit Schreiben vom 13. April 1988, 1. März 1989 und 22. August 1991 nachgekommen, in denen insbesondere die Sonderabschreibungsregelung gemäß § 82f der Einkommensteuerdurchführungsverordnung genannt wird. Mit Schreiben vom 5. Mai und 28. Juli 1992 hat die Kommission die deutschen Behörden dann um nähere Angaben zu der Entstehungsgeschichte, der Durchführung, den wirtschaftlichen Auswirkungen und den Begünstigten der Abschreibungsregelung gemäß § 82f gebeten. Die deutsche Regierung hat hierauf mit Schreiben vom 16. Juni und 3. September 1992 geantwortet.

Die so zusammengetragenen Informationen haben es der Kommission ermöglicht, sich ein gutes Bild von der betreffenden Abschreibungsregelung zu machen. Diese Regelung wurde im Jahr 1965 in das deutsche Steuerrecht aufgenommen, um die Wettbewerbsfähigkeit von Luftverkehrsunternehmen zu stärken, die dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind; dies geht aus dem 13. Subventionsbericht an den Deutschen Bundestag vom 11. November 1991 hervor. Die Regelung hat sich mit der Zeit als eine wirkungsvolle Maßnahme zur finanziellen Unterstützung herausgestellt und ist infolgedessen durch das Steuerbereinigungsgesetz von 1986 um fünf Jahre bis zum 31. Dezember 1994 verlängert worden. Eine weitere Verlängerung um fünf Jahre bis zum 31. Dezember 1999 ist der Kommission mit Schreiben vom 8. September 1993 gemeldet worden (siehe unten).

An dieser Stelle seien Inhalt und Anwendungsbestimmungen des besagten § 82f erläutert. Wie in den meisten anderen Mitgliedstaaten gibt es auch im deutschen Steuerrecht zwei allgemeine Abschreibungsregelungen, zwischen denen sich die steuerpflichtigen Unternehmen unter bestimmten Bedingungen entscheiden können: die lineare und die degressive Abschreibung. Mit § 82f wurde nunmehr eine dritte Regelung mit spezieller Anwendung geschaffen, die zusätzlich zur linearen Abschreibung genutzt werden kann, die degressive Abschreibung für das betreffende Gut jedoch ausschließt. Dieses Sonderabschreibungssystem gilt für Luftfahrzeuge, die zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen oder Sachen im internationalen Luftverkehr oder zur Verwendung zu sonstigen gewerblichen Zwecken im Ausland bestimmt sind. Es betrifft lediglich die in die deutsche Luftfahrzeugrolle eingetragenen Luftfahrzeuge, die im übrigen innerhalb eines Zeitraums von 6 Jahren nach ihrer Anschaffung nicht veräußert werden dürfen. Nur wenn alle diese Bedingungen erfuellt sind, dürfen die Luftfahrzeughalter im Wirtschaftsjahr der Anschaffung des Luftfahrzeugs und in den vier folgenden Wirtschaftsjahren Sonderabschreibungen in Höhe von maximal 30 % der gesamten Anschaffungskosten vornehmen. Dieser Sonderabschreibungsbetrag kann im Laufe des ersten Jahres schon vollständig verbraucht oder aber beliebig auf die fünf Jahre verteilt werden.

Durch die so verbuchte Sonderabschreibung, die zur normalerweise praktizierten linearen Abschreibung hinzukommt, wird der steuerpflichtige Betrag im Laufe des Wirtschaftsjahres reduziert. Sie kann allerdings nicht zu einer Wertminderung des betroffenen Gutes um über 100 % seines Anschaffungswertes führen und hat auch keine Auswirkungen auf seine Tilgungsdauer. Wenn der Sonderabschreibungsmechanismus angewandt wird, wird der Restwert des Gutes danach gemäß seiner voraussichtlich verbleibenden Nutzungsdauer abgeschrieben. Es muß daran erinnert werden, daß der Abschreibung eines Gutes generell ein Zeitplan über die voraussichtliche Wertminderung dieses Gutes zugrunde liegt, dessen Dauer dem Ermessen des Steuerpflichtigen überlassen wird. Der normale Abschreibungszeitraum eines Flugzeugs liegt den Luftverkehrsunternehmen zufolge zwischen zehn und fünfzehn Jahren.

Es sei darauf hingewiesen, daß § 82f nicht nur für Luftfahrzeuge, sondern auch für Handels- und Fischereischiffe gilt, wobei hier weniger restriktive Bedingungen gelten als bei den Luftfahrzeugen. Nach dem Bericht an den Deutschen Bundestag vom 11. November 1991 stellt das System einen guten Investitionsanreiz dar, weil die Unternehmen dadurch allzu starke Veränderungen ihres anrechnungsfähigen und besteuerbaren Ergebnisses vermeiden können. Im selben Bericht wird der jährliche Steuervorteil, der sich auf der Grundlage dieses Systems zugunsten aller Luft- und Schiffahrtunternehmen ergibt, auf 10 Millionen DM geschätzt. Die deutschen Behörden sind allerdings nicht in der Lage gewesen, diesen Betrag nach einzelnen Unternehmen aufzuschlüsseln.

In der Schiffahrt sind die Bestimmungen des § 82f bisher durch die Gemeinschaftsrichtlinien über die Beihilfen für den Schiffbau abgedeckt worden. Die letzte Entscheidung, die diesbezüglich durch die Kommission für das Jahr 1995 getroffen wurde, geht auf den 1. März 1995 zurück und wurde den deutschen Behörden am 6. März 1995 zugestellt (Sache N 641/93).

II

Mit Schreiben vom 21. April 1993 hat die Kommission auf der Grundlage der Bestimmungen von Artikel 93 Absatz 1 des Vertrags die deutsche Regierung darüber informiert, daß sie die Sonderabschreibungsregelung nach § 82f als eine bestehende Steuerbeihilfe betrachtet, die sich auf die Handelsbeziehungen zwischen den Mitgliedstaaten auswirkt und den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes verfälscht. Das Schreiben ist im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht worden (1). Die Kommission hat außerdem festgestellt, daß diese Hilfe als unvereinbar mit Artikel 92 Absätze 2 und 3 des Vertrags angesehen werden muß, und der deutschen Regierung gleichzeitig vorgeschlagen, diese Beihilfe zugunsten der Zivilluftfahrt spätestens zum 1. Januar 1994 aufzuheben. Die Kommission hat die deutsche Regierung des weiteren darauf hingewiesen, daß sie sich die Möglichkeit vorbehält, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrags zu eröffnen, falls nicht der Nachweis dafür erbracht werden kann, daß die besagte Hilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. Diese Sache hat die Nummer E 4/93 erhalten.

Am 28. Juli 1993 hat die deutsche Regierung der Kommission geantwortet, daß sie nicht die Absicht habe, die betreffende Regelung nach § 82f aufzuheben, da sie sie als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gemäß Artikel 92 Absatz 3 betrachte. Sie machte deutlich, daß dieser Mechanismus, der den deutschen Luftverkehrsunternehmen eine bessere Verteilung der Steuerlast erlaubt, Teil des deutschen Steuerrechts sei und daß seine Abschaffung die deutschen Unternehmen einseitig benachteiligen würde, da es in den anderen Mitgliedstaaten vergleichbare Maßnahmen gebe. Die deutsche Regierung hob ferner hervor, daß diese Regelung den Unternehmen einen Anreiz böte, neues und umweltfreundlicheres Gerät zu erwerben, und sich somit sowohl auf den Umweltschutz als auch auf den europäischen Luftfahrzeugbau günstig auswirke.

Mit Schreiben vom 8. September 1993 hat die deutsche Regierung dann der Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 3 des Vertrags eine erneute Verlängerung der Sonderabschreibungsregelung nach § 82f für den Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1999 gemeldet. Diese erneute Verlängerung, die aus den Bestimmungen der Artikel 1 und 8 des Standortsicherungsgesetzes resultiert, wurde als angemeldete Beihilfe betrachtet und ist infolgedessen beim Generalsekretariat der Kommission am 12. Oktober 1993 unter dem Aktenzeichen N 640/93 eingetragen worden. Bei der Anmeldung betonten die deutschen Behörden ihren Willen, die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland aufrechtzuerhalten und regionale Luftverkehrsunternehmen zu unterstützen. Sie führten erneut an, daß der betreffende Mechanismus einen Anreiz biete, umweltverträglichere neue Geräte zu kaufen. Die jährliche Steuerermäßigung, die die Regelung nach § 82f für die Luftfahrtindustrie im Zeitraum von 1995-1999 mit sich bringen wird, wurde dabei mit 10 Millionen DM beziffert.

Vor diesem Hintergrund hat die Kommission am 8. Dezember 1993 beschlossen, in dieser doppelten Angelegenheit das in Artikel 93 Absatz 2 des Vertrags vorgesehene Verfahren einzuleiten. Von der Eröffnung des Verfahrens waren gleichzeitig die Verlängerung der betreffenden steuerlichen Maßnahme bis zum 31. Dezember 1994 (Sache E 4/93) und die neue, am 8. September 1993 angemeldete Verlängerung für den Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis 31. Dezember 1999 (Sache N 640/93) betroffen. Die Kommission hat ihre Entscheidung zur Eröffnung des Verfahrens damit begründet, daß die durch § 82f eingeführte steuerliche Maßnahme eine Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrags darstelle, da es sich hierbei um eine sektorbezogene steuerliche Maßnahme handele, die vom allgemeinen deutschen Steuerrahmen abweiche. Die Kommission brachte ferner ihre Auffassung zum Ausdruck, wonach im vorliegenden Fall auf den ersten Blick keiner der in Artikel 92 Absatz 3 vorgesehenen Freistellungsgründe, insbesondere nicht der unter Buchstabe c) genannte, angewandt werden könne.

Mit Schreiben vom 31. Dezember 1993 hat die Kommission die deutsche Regierung über ihren Beschluß zur Eröffnung des Verfahrens in Kenntnis gesetzt und sie aufgefordert, sich zur Angelegenheit zu äußern. Dieses Schreiben wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (2) veröffentlicht, und die anderen Mitgliedstaaten sowie betroffene Dritte wurden gebeten, sich gemäß Artikel 93 Absatz 2 des Vertrags zu äußern.

Allerdings hat die Kommission bis zum 31. Dezember 1994 keine endgültige Entscheidung in dieser doppelten Angelegenheit getroffen. Damit hat sie die Verlängerung der betreffenden Maßnahme bis zu diesem Datum (Sache E 4/93), die somit eine bestehende Maßnahme darstellte, de facto akzeptiert. Die Kommission hat im übrigen am 10. März 1995 ein Schreiben an die deutsche Regierung gerichtet, in dem dieser Punkt deutlich gemacht wurde.

III

Nach der Eröffnung des Verfahrens haben die deutsche Regierung mit Schreiben vom 24. Januar 1994 (Mitteilung vom 19. Januar 1994) und 28. Februar 1994 (Mitteilung vom 18. Februar 1994) sowie vier betroffene Dritte - Airbus Industrie, das britische Luftfahrtunternehmen British Midland, die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrtunternehmen (ADL) und das deutsche Unternehmen Hapag-Lloyd Fluggesellschaft m.b.H. - Bemerkungen vorgebracht. Dabei weist Airbus Industrie auf die Beihilfen hin, die der amerikanischen Luftfahrtindustrie durch das System "Foreign Sales Corporation" gewährt wurden, und empfiehlt der Kommission, in dieser Angelegenheit große Vorsicht walten zu lassen. British Midland vertritt die Auffassung, daß die Besteuerungsgrundlage von § 82f in Anbetracht der Vorteile, die sie den deutschen Luftverkehrsunternehmen auf dem liberalisierten gemeinschaftlichen Zivilluftfahrtmarkt verschafft, eine mit dem Gemeinsamen Markt nicht zu vereinbarende Beihilfe darstelle. Die deutsche Regierung und die beiden anderen Betroffenen führen demgegenüber an, daß die betreffende Maßnahme einerseits keine Beihilfe gemäß Artikel 92 Absatz 1 des Vertrags sei, andererseits jedoch in jedem Fall gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstaben b) und c) freigestellt werden müsse. Sie machen in diesem Zusammenhang mehrere Argumente geltend, von denen einige bereits früher von der deutschen Regierung angeführt worden waren; diese Argumente lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

- Es gibt in den anderen Mitgliedstaaten ähnliche Beihilferegelungen. Infolgedessen kann die Kommission nicht gegen einen einzelnen Mitgliedstaat vorgehen, ohne dabei gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen.

- Auch in Drittländern, insbesondere in den Vereinigten Staaten, existieren vergleichbare Regelungen, und der im Jahr 1993 von der Kommission eingesetzte Ausschuß der Weisen hat ausdrücklich Maßnahmen zugunsten der beschleunigten Abschreibung von Flugzeugen in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft vorgeschlagen, um es den Unternehmen der Gemeinschaft zu ermöglichen, sich im Wettbewerb mit Unternehmen aus Drittländern zu behaupten.

- Es ist nicht erwiesen, daß die Maßnahme den Wettbewerb verfälscht oder den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt, weil sie die Position der deutschen Luftverkehrsunternehmen auf dem gemeinschaftlichen Markt nicht verbessert. Außerdem ist das deutsche Steuersystem im Vergleich zu den Systemen anderer Mitgliedstaaten für die Unternehmen insgesamt eher ungünstig.

- Verglichen mit den Systemen linearer oder degressiver Abschreibung verschafft die betreffende Sonderabschreibungsregelung den Unternehmen keinerlei Vorteile; insbesondere bleibt der abgeschriebene Gesamtbetrag identisch, und der deutsche Staatshaushalt erfährt tatsächlich keine Verringerung seiner Steuereinnahmen, da die Zahlung der Steuer lediglich aufgeschoben wird.

- § 82f, dessen Auswirkungen denen der degressiven Abschreibung ähnlich sind, ist eine allgemeine Maßnahme innerhalb des deutschen Steuerrechts.

- § 82f stellt einen unabtrennbaren Bestandteil des gesamten deutschen Steuersystems dar, den die Kommission gemäß der Bestimmungen über staatliche Beihilfen nicht in Frage stellen kann, solange es auf Gemeinschaftsebene keine Harmonisierung der Steuern gibt, die im vorliegenden Fall den Rückgriff auf Artikel 101 des Vertrags voraussetzen würde.

- Die Maßnahme dient zum Schutz der Umwelt sowie zur Förderung der Zivilluftfahrt und der Luftfahrtindustrie der Gemeinschaft, indem sie einen Anreiz für den Kauf von neuen und umweltfreundlicheren Flugzeugen bietet.

Die Bemerkungen der anderen Betroffenen sind der deutschen Regierung mitgeteilt worden. Mit Schreiben vom 3. Mai 1994 hat diese der Kommission ihre Stellungnahmen hierzu übermittelt.

Weitere Bemerkungen zu dieser Angelegenheit hat die Bundesregierung mit Schreiben vom 11. August 1994, 12. Januar 1995 (Mitteilung vom 18. Oktober 1994), 2. Februar 1995 und 4. Oktober 1995 (Mitteilung vom 28. September 1995) gemacht.

RECHTLICHE WÜRDIGUNG

IV

Zur Verlängerung der Maßnahme bis zum 31. Dezember 1994

Die Verlängerung der Gültigkeit von § 82f für die Zivilluftfahrt bis zum 31. Dezember 1994, derentwegen zunächst zweckdienliche Maßnahmen vorgeschlagen wurden und dann das vorliegende Verfahren eingeleitet worden ist, stellt eine bestehende Beihilfe im Sinne von Artikel 93 Absatz 1 des Vertrags dar. Eine abschließende Entscheidung der Kommission bezüglich einer bestehenden Beihilfe wird jedoch erst ab dem Zeitpunkt ihrer Annahme wirksam. Da die Kommission bis zum 31. Dezember 1994 in dieser Sache keine endgültige Entscheidung getroffen hat, ist das diesbezügliche Verfahren gegenstandslos geworden und daher einzustellen.

Aus diesem Grund können die betroffenen deutschen Unternehmen § 82f auf ihre zu versteuernden Einnahmen im Jahr 1994 anwenden, für die sie im Laufe des Jahres 1995 eine Steuererklärung abgeben.

V

Zur Verlängerung der Maßnahme vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1999

Nach Artikel 92 Absatz 1 des Vertrags und Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt bzw. dem Abkommen unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten bzw. Vertragsparteien beeinträchtigen.

Im vorliegenden Fall erlaubt es die in § 82f Einkommensteuerdurchführungsverordnung vorgesehene Sonderabschreibungsregelung den begünstigten Unternehmen, bei Erfuellung bestimmter Bedingungen die Höhe ihres steuerpflichtigen Gewinns und somit auch ihre Steuerschuld zu reduzieren, die ohne den Rückgriff auf diese Bestimmungen im Laufe eines Wirtschaftsjahres normalerweise zu zahlen wäre. Die Regelung bedeutet folglich für die begünstigten Unternehmen einen Finanzvorteil, dessen Kosten unmittelbar zu Lasten des deutschen Staatshaushalts gehen.

Der Einwand der deutschen Regierung und zwei der anderen Betroffenen lautet, daß die Anwendung dieser Sonderabschreibungsregelung nicht den Wegfall der Steuerzahlung in Höhe der entsprechenden Abschreibungsbeträge, sondern lediglich einen Zahlungsaufschub bewirkt. Genau wie bei der degressiven Abschreibung beruht jedoch der Nutzen, der durch die Anwendung von § 82f erlangt wird, gerade auf dem Zahlungsaufschub der Steuer: Wenn am Ende des Abschreibungszeitraums die Summe der Nominalbeträge der Steuern, die im Laufe dieses Zeitraums an den deutschen Fiskus gezahlt wurden, ungeachtet der Abschreibungsmethode für das betreffende Gut auch gleich sein mag, so gilt dies nicht für die Summe der Ertragswerte dieser Steuern, für deren Berechnung die Zinssätze berücksichtigt werden. Schließlich ist bei gleichen Bedingungen der Nettovorteil, der sich aus der Anwendung der degressiven Abschreibung oder der Regelung nach § 82f ergibt, im Vergleich zur Anwendung der linearen Abschreibung bei Unternehmen, die Gewinne machen, sehr wohl vorhanden, auch wenn dieser Vorteil niedriger ist, als man zunächst annehmen könnte.

Die deutschen Behörden und die anderen Betroffenen machen ebenfalls geltend, daß sogar unter Berücksichtigung der Ertragswerte, die sich aus dem Zahlungsaufschub der Steuerschuld ergeben, der durch die Anwendung der Regelung nach § 82f erzielte Gesamtertrag nicht größer sei als bei der degressiven Abschreibung. Selbst wenn man dieses Argument gelten läßt, bleibt dabei unberücksichtigt, daß mit der Anwendung von § 82f eine große Flexibilität verbunden ist. Es liegt nicht immer im Interesse der Unternehmen, die degressive Abschreibungsmethode zu wählen. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die Verluste machen. Während die Wahl zwischen der degressiven Abschreibung und der linearen Abschreibung bereits beim Erwerb des Gutes getroffen werde muß, ist es bei der Anwendung von § 82f dagegen möglich, während der ersten fünf Jahre nach dem Erwerb jederzeit auf die genannte Sonderabschreibungsregelung zurückzugreifen. Hierin liegt der eigentliche Nutzen von § 82f im Vergleich zur degressiven Abschreibung und - mehr noch - im Vergleich zur linearen Abschreibung. Diese Flexibilität in der Anwendung ermöglicht es zum Beispiel den begünstigten Luftverkehrsunternehmen, Änderungen ihres Flottenmanagements leichter vorzunehmen. Sie erlaubt es ihnen insbesondere, in Geschäftsjahren mit hohen Gewinnen den Abschreibungsbetrag nach eigenem Ermessen zu erhöhen. Die Unternehmen können so den vorgesehenen Abschreibungsbetrag beeinflussen, je nachdem, ob sie in einem Geschäftsjahr Gewinne oder Verluste machen, und dadurch nicht nur ihr versteuerbares Einkommen zeitlich streuen, sondern dieses auch verringern bzw. in bestimmten Fällen sogar ganz neutralisieren. Auch wenn es das deutsche Steuerrecht den Unternehmen tatsächlich erlaubt, ihre Verluste endlos auf die folgenden Jahre mit positivem Geschäftsergebnis zu übertragen, so ist der Vortrag von Gewinnen auf mögliche zukünftige Verluste nicht immer erlaubt: Diese Verluste können nur auf die nicht verteilten Gewinne der zwei vorhergehenden Jahre in einer Höhe von bis zu 10 Millionen DM angerechnet werden. Damit kann nicht bestritten werden, daß den Unternehmen aus § 82f, der zusätzlich zur degressiven und linearen Methode eine weitere Abschreibungsmöglichkeit schafft, Vorteile erwachsen.

Die deutschen Behörden und die anderen Betroffenen machen ferner geltend, daß die durch § 82f vorgesehene Abschreibungsmethode eine allgemeine Maßnahme des deutschen Steuerrechts sei und nicht vom gesamten deutschen Steuersystem abgetrennt werden könne. Sie könne infolgedessen nur im Rahmen einer Harmonisierungsbemühung auf Gemeinschaftsebene auf der Grundlage von Artikel 101 des Vertrags, nicht jedoch gemäß den Artikeln 92 und 93 des Vertrags behandelt werden.

Um die staatlichen Beihilfen von den allgemeinen Maßnahmen zu unterscheiden, gibt der Vertrag der Kommission nur das Kriterium der Spezifität an die Hand, indem er in Artikel 92 Beihilfen als Maßnahmen definiert, die "bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige" begünstigen. Es empfiehlt sich daher, innerhalb eines Mitgliedstaates den Vergleich anzustellen zwischen der Behandlung von Unternehmen, die die zu betrachtende Maßnahme beanspruchen können, und dem allgemeinen System, das für die Unternehmen gilt, die sich objektiv betrachtet in der gleichen Situation befinden. Wenn auch jede Maßnahme von Fall zu Fall beurteilt werden muß, so ist die Kommission gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofes doch im allgemeinen der Auffassung, daß staatliche Beihilfen Maßnahmen sind, deren Abweichung von den allgemeinen Regeln nicht "durch die Natur oder den inneren Aufbau des Systems gerechtfertigt ist" (Urteil des Gerichtshofes vom 2. Juli 1974 in der Rechtssache 173/73 - Italien/Kommission (3)). Für den Bereich der Steuern ist die Kommission der Ansicht, daß von der allgemeinen Regel abweichende Maßnahmen nicht als staatliche Beihilfen gelten, sofern sie aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen für die Leistungsfähigkeit des Systems erforderlich sind. Dies drückt sich normalerweise dadurch aus, daß die Anwendung derartiger Maßnahmen nicht auf bestimmte Bereiche beschränkt ist, auf objektiven und horizontalen Kriterien oder Bedingungen beruht und zeitlich nicht begrenzt ist.

Im vorliegenden Fall ist festzustellen, daß § 82f auf verschiedene Art und Weise einen strikt begrenzten Anwendungsbereich hat. Insbesondere finden seine Bestimmungen ausschließlich auf einige genau definierte abschreibungsfähige Güter Anwendung: Handelsschiffe, Fischereifahrzeuge und Luftfahrzeuge. Bei den Luftfahrzeugen kann die Maßnahme nur angewandt werden, wenn gleichzeitig drei Bedingungen erfuellt sind: Benutzung zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen oder Sachen im internationalen Luftverkehr oder zu sonstigen gewerblichen Zwecken im Ausland; Registrierung in Deutschland; kein Verkauf innerhalb von sechs Jahren nach dem Erwerb. In Anbetracht dieser verschiedenen Beschränkungen müssen die Bestimmungen von § 82f als Abweichung von den allgemeinen Maßnahmen im Hinblick auf die degressive oder die lineare Abschreibung betrachtet werden. In dem obenerwähnten Bericht an den Deutschen Bundestag wird darüber hinaus festgestellt, daß diese Maßnahmen zur Förderung von drei Bereichen der deutschen Wirtschaft (Seehandel, Fischerei und Zivilluftfahrt) dienen, die dem internationalen Wettbewerb besonders stark ausgesetzt sind. Ferner sind diese sektorspezifischen Bestimmungen nicht zeitlich unbegrenzt, da sie regelmäßig für einige Jahre verlängert werden. Darüber hinaus haben sie keine objektiven Kriterien zur Grundlage und scheinen keineswegs unentbehrlich für das reibungslose Funktionieren des deutschen Steuersystems zu sein. Weder die physischen Eigenschaften der Luftfahrzeuge noch ihre Benutzungsbedingungen auf dem Markt oder ein anderes Element verlangen die Anwendung einer anderen Abschreibungsmethode als die der degressiven oder linearen Abschreibung. Ebensowenig ist die Kommission der Ansicht, daß die Maßnahme durch die Natur oder den inneren Aufbau des Systems gerechtfertigt ist. Daraus folgt, daß sie auf der Grundlage von Artikel 92 des Vertrags behandelt werden kann.

Im übrigen hat die Kommission bereits in ihrer am 11. November 1994 an die deutsche Regierung gerichteten Entscheidung in der Sache NN 102/94 zur Anwendung von § 82f auf den Seeverkehr die Auffassung vertreten, daß die betreffenden Bestimmungen keine allgemeine Maßnahme, sondern eine Beihilfe im Sinne von Artikel 92 des Vertrags und Artikel 61 des EWR-Abkommens darstellen. Diese Entscheidung ist von der deutschen Regierung nicht angefochten worden.

Hinzu kommt, daß der Vorteil, der sich aus den Bestimmungen von § 82f ergibt und ausschließlich für Luftfahrzeuge gilt, die auf internationalen Strecken eingesetzt werden, angesichts der spezifischen Eigenschaften des Luftverkehrs und seiner internationalen Dimension den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt. Diese Handelsbeeinträchtigung ist seit dem Inkrafttreten der Verordnungen (EWG) Nr. 2407/92 (4), (EWG) Nr. 2408/92 (5) und (EWG) Nr. 2409/92 (6) des Rates ("drittes Luftverkehrspaket") zur Liberalisierung des gemeinschaftlichen Zivilluftfahrtmarktes ab dem 1. Januar 1993 noch deutlicher spürbar. Außerdem verfälscht die in § 82f vorgesehene Sonderabschreibungsregelung den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes insofern, als sie ausschließlich die internationalen - besonders die innergemeinschaftlichen - Aktivitäten deutscher Luftverkehrsunternehmen begünstigt; deren Wettbewerbsposition wird so im Vergleich zu anderen Luftverkehrsunternehmen der Gemeinschaft, die nicht von ähnlichen Hilfsmaßnahmen profitieren, gestärkt. Von der Maßnahme profitieren können nur Unternehmen, die in Deutschland steuerpflichtig sind. Ebenfalls ausgeschlossen sind Unternehmen, die in anderen Mitgliedstaaten eingetragen sind, da § 82f die Eintragung der Luftfahrzeuge in Deutschland verlangt. Es sei hier daran erinnert, daß die deutschen Behörden ebenso wie die Behörden anderer Mitgliedstaaten verlangen, daß Luftverkehrsunternehmen, denen sie eine Betriebsgenehmigung erteilen, ihr Fluggerät gemäß Artikel 8 der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 in ihre nationale Luftfahrzeugrolle eintragen. Eine Lizenz kann durch die deutschen Behörden gemäß Artikel 4 dieser Verordnung nur für Unternehmen ausgestellt werden, die ihre Hauptniederlassung in Deutschland haben. Damit Luftverkehrsunternehmen von § 82f profitieren können, müssen sie also nicht nur in Deutschland steuerpflichtig sein, sondern auch ihre Hauptniederlassung dort haben.

Aufgrund all dieser Erwägungen kommt die Kommission zu dem Schluß, daß die Bestimmungen von § 82f eine staatliche Beihilfe gemäß Artikel 92 Absatz 1 des Vertrags und gemäß Artikel 61 Absatz 1 des EWG-Abkommens darstellen. Der Umstand, daß in den anderen Mitgliedstaaten eventuell vergleichbare steuerliche Maßnahmen existieren, hat keine Auswirkung auf diese Beurteilung, da derartige Maßnahmen ebenfalls Gegenstand des Verfahrens nach Artikel 93 des Vertrags sein könnten (Urteil des Gerichtshofes vom 22. März 1977 in der Rechtssache 78/76 - Steinike & Weinlig/Bundesrepublik Deutschland (7)). Im übrigen geht aus den der Kommission vorliegenden Informationen hervor, daß kein anderer Mitgliedstaat ein derartiges Sonderabschreibungssystem geschaffen hat. Ebensowenig wird diese Beurteilung der Maßnahme dadurch beeinträchtigt, daß es in Drittländern eventuell ähnliche Besteuerungsgrundlagen gibt, was überdies nicht nachgewiesen ist; gleiches gilt für die Tatsache, daß der von der Kommission eingerichtete Ausschuß der Weisen, an dessen Schlußfolgerungen die Kommission jedoch keineswegs gebunden ist, Maßnahmen für eine beschleunigte Abschreibung von Flugzeugen in den Mitgliedstaaten befürwortet, da die betreffende Maßnahme nur bestimmte Unternehmen begünstigt (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Juni 1988 in der Rechtssache 57/86 - Griechische Republik/Kommission (8)).

Es sei an dieser Stelle daran erinnert, daß der Gerichtshof bereits befunden hat, daß der Umstand, daß ein Mitgliedstaat mit der Einführung eines Rediskontvorzugssatzes zugunsten bestimmter Produkte beabsichtigt, diesen Satz den in den anderen Mitgliedstaaten geltenden anzunähern, nichts daran ändert, daß die betreffende Maßnahme eine Beihilfe ist (Urteil des Gerichtshofes vom 10. Dezember 1969 in den verbundenen Rechtssachen 6/69 und 11/69 - Kommission/Frankreich (9)).

Es ist daher erforderlich, die zu betrachtende Maßnahme im Hinblick auf Artikel 92 Absätze 2 und 3 des Vertrags und Artikel 61 Absätze 2 und 3 des EWR-Abkommens zu untersuchen.

VI

Die Bestimmungen von Artikel 92 Absatz 2 des Vertrags bzw. von Artikel 61 Absatz 2 des EWR-Abkommens können nicht auf die Regelung nach § 82f angewandt werden, da es sich weder um eine Beihilfe sozialer Art handelt, die einzelnen Verbrauchern gewährt wird, noch um eine Beihilfe zur Beseitigung von Schäden durch Naturkatastrophen oder andere außergewöhnliche Ereignisse. Ebensowenig handelt es sich um eine Beihilfe, die der Wirtschaft bestimmter Regionen Deutschlands gewährt wird, die durch die Teilung des Landes betroffen sind, da die Maßnahme im gesamten Gebiet Deutschlands anzuwenden ist. Die deutschen Behörden haben sich im übrigen auch an keiner Stelle auf diese Bestimmung berufen.

Die Bestimmungen von Artikel 92 Absatz 3 Buchstaben a) und c) des Vertrags bzw. von Artikel 61 Absatz 3 Buchstaben a) und c) des EWR-Abkommens im Hinblick auf regionale Beihilfen können keine Anwendung finden, da die Hilfe nicht die Entwicklung von gewissen Wirtschaftsgebieten fördern soll. Wie oben bereits erwähnt, hat sie vielmehr den Charakter einer sektorspezifischen Beihilfe, die in gleicher Weise für das gesamte Gebiet Deutschlands gilt, welches obendrein zu den wohlhabendsten Mitgliedstaaten der Gemeinschaft zählt. Die Bestimmungen nach Buchstabe b) der genannten Absätze können ebenfalls keine Anwendung finden, da die zu betrachtende Hilfe nicht den Zweck hat, eine beträchtliche Störung im deutschen Wirtschaftsleben zu beheben.

In ihren Bemerkungen machen die deutsche Regierung und zwei der Betroffenen geltend, daß die Sonderabschreibungsregelung nach § 82f die Freistellungsvoraussetzungen gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe b) des Vertrags bzw. Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b) des EWR-Abkommens erfuelle, da es sich um die Förderung eines wichtigen europäischen Vorhabens handele; ebenso seien die Voraussetzungen nach Buchstabe c) der genannten Absätze über sektorspezifische Beihilfen erfuellt. In dieser Hinsicht machen sie geltend, daß es sich um eine Investitionsbeihilfe handele, die zum Kauf von neuen, umweltfreundlicheren Flugzeugen anregen und die europäische Luftfahrtindustrie fördern solle. Darüber hinaus führen sie die Notwendigkeit der Unterstützung der gemeinschaftlichen Zivilluftfahrt und sogar die Entwicklung des internationalen Luftverkehrs an.

Dennoch glaubt die Kommission nicht, daß die Steuerbeihilfe, um die es sich hier handelt, als mit den betreffenden Bestimmungen von Artikel 92 Absatz 3 Buchstaben b) und c) des Vertrags bzw. Artikel 61 Absatz 3 Buchstaben b) und c) des EWR-Abkommens vereinbar angesehen werden kann. Zunächst ist anzumerken, daß die Beihilfe weder einem bestimmten Projekt oder Programm zugeordnet werden kann, noch ausdrücklich auf den Kauf von Luftfahrzeugen eines besonderen Typs bzw. mit spezifischen Umwelteigenschaften beschränkt ist. Außerdem scheinen die verschiedenen Zielsetzungen oder vorteilhaften Auswirkungen der Maßnahmen, die von der deutschen Regierung und den anderen Betroffenen dargelegt werden, die Folgen einer einseitigen Maßnahme Deutschlands zu sein, die außerhalb jeglicher Gemeinschaftsaktion ergriffen wurde. Im Hinblick auf Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe b) des Vertrags und Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b) des EWR-Abkommens über wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse hat die Kommission bereits die Grundvoraussetzungen für eine Anwendung der genannten Bestimmungen festgelegt. Dabei müssen folgende vier Kriterien erfuellt sein:

- Mit der Beihilfe muß ein Vorhaben gefördert werden, wobei unter "Förderung" eine Maßnahme zu verstehen ist, die zur Durchführung eines Vorhabens beiträgt.

- Es muß sich um ein konkretes und genau definiertes Vorhaben handeln.

- Das Vorhaben muß sowohl quantitativ als auch qualitativ wichtig sein. Die qualitative Bedeutung ist dabei besonders hervorzuheben.

- Das Vorhaben muß von "gemeinsamen europäischem Interesse" sein und als solches der gesamten Gemeinschaft nützen.

Im vorliegenden Fall erscheint die von der deutschen Regierung vorgesehene Maßnahme - wenn man sie überhaupt als "Vorhaben" bezeichnen kann - weder konkret noch genau definiert zu sein. Die genannten Bestimmungen können daher nicht in Anspruch genommen werden.

Im Hinblick auf Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) des Vertrags und Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c) des EWR-Abkommens über sektorspezifische Beihilfen führt die Einschränkung des Anwendungsbereichs der Regelung auf Luftverkehrsunternehmen mit eingetragenem Sitz und Hauptniederlassung in Deutschland sowie auf Luftfahrzeuge im internationalen Verkehr zwangsläufig zu der Schlußfolgerung, daß im vorliegenden Fall die Handelsbedingungen durch eine dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufende Maßnahme beeinträchtigt werden; dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Luftverkehr im liberalisierten Gemeinsamen Markt für die Zivilluftfahrt immer bedeutender wird. Es sei hier daran erinnert, daß die seit mehreren Jahren unternommenen Bemühungen zur Liberalisierung der innergemeinschaftlichen Zivilluftfahrt mit dem dritten Luftverkehrspaket abgeschlossen wurden. Damit wurde ein Binnenmarkt geschaffen, dessen reibungsloses Funktionieren durch eine steuerliche Regelung beeinträchtigt wird, von der nur die Unternehmen eines einzigen Mitgliedstaats profitieren können. Im übrigen hat die Kommission in ihrer Mitteilung über die Anwendung der Artikel 92 und 93 des EG-Vertrags und des Artikels 61 des EWR-Abkommens auf staatliche Beihilfen im Luftverkehr (10) genau die Bedingungen festgelegt, unter denen eine Beihilfe, die einem Luftverkehrsunternehmen gewährt wird, als mit dem gemeinsamen Interesse im Sinne von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) vereinbar angesehen werden kann. Eine solche Möglichkeit besteht nur für die Beihilfen, die Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewährt werden, sofern diese Interventionen fester Bestandteil eines Programms sind, mit dem die finanzielle Lebensfähigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in einem angemessenen Zeitraum wiederhergestellt werden sollen. Im vorliegenden Fall dient die Beihilfe keineswegs der Rettung eines bestimmten Unternehmens und ist auch nicht Teil eines Umstrukturierungs- oder Sanierungsplans für ein oder mehrere namentlich benannte Unternehmen.

Aus den gesamten obigen Ausführungen geht hervor, daß die zu betrachtende Beihilfemaßnahme nicht die in Artikel 92 Absätze 2 und 3 des EG-Vertrags bzw. Artikel 61 Absätze 2 und 3 des EWR-Abkommens genannten Freistellungsvoraussetzungen erfuellt. Es empfiehlt sich daher, Deutschland aufzugeben, auf die Durchführung dieser Beihilferegelung zu verzichten, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist.

Schließlich empfiehlt es sich, die von der Kommission am 29. November 1995 verabschiedete und den deutschen Behörden am 15. Dezember 1995 notifizierte Entscheidung über denselben Gegenstand zu wiederrufen, da die deutsche Fassung dieser letztgenannten Entscheidung, die inhaltlich grundsätzlich mit dieser Entscheidung identisch ist, zahlreiche Redaktionsfehler enthält -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Verlängerung der Gültigkeit von § 82f der Einkommensteuerdurchführungsverordnung vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1999, mit dem eine Sonderabschreibungsregelung für Luftfahrzeuge geschaffen wird, stellt eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 des EG-Vertrags und Artikel 61 des EWR-Abkommens dar, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist.

Artikel 2

Deutschland wird hiermit aufgefordert, die in Artikel 1 genannte Beihilferegelung mit Wirkung vom 1. Januar 1995 einzustellen.

Artikel 3

Deutschland setzt die Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung über die Maßnahmen in Kenntnis, die getroffen wurden, um dieser Entscheidung nachzukommen.

Artikel 4

Das Verfahren hinsichtlich der in Artikel 1 genannten Bestimmungen des deutschen Steuerrechts in der bis zum 31. Dezember 1994 geltenden Fassung wird eingestellt.

Artikel 5

Die Entscheidung der Kommission vom 29. November 1995, die den deutschen Behörden am 15. Dezember 1995 notifiziert wurde, wird widerrufen.

Artikel 6

Diese Entscheidung ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

Brüssel, den 13. März 1996

Für die Kommission

Neil KINNOCK

Mitglied der Kommission

(1) ABl. Nr. C 289 vom 26. 10. 1993, S. 2.

(2) ABl. Nr. C 16 vom 19. 1. 1994, S. 3.

(3) Slg. 1974, S. 709, Randnummer 33.

(4) ABl. Nr. L 240 vom 24. 8. 1992, S. 1.

(5) ABl. Nr. L 240 vom 24. 8. 1992, S. 8.

(6) ABl. Nr. L 240 vom 24. 8. 1992, S. 15.

(7) Slg. 1977, S. 595, Randnummer 24.

(8) Slg. 1988, S. 2855, Randnummer 10.

(9) Slg. 1969, S. 523, Randnummer 21.

(10) ABl. Nr. C 350 vom 10. 12. 1994, S. 5.

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