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Document 31993D0003

93/3/EWG: Entscheidung der Kommission vom 4. Dezember 1992 in einem Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag in der Sache IV/32.797 und 32.798 - Lloyd's Underwriters Association und The Institute of London Underwriters (Nur der englische Text ist verbindlich)

ABl. L 4 vom 8.1.1993, p. 26–31 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1993/3/oj

31993D0003

93/3/EWG: Entscheidung der Kommission vom 4. Dezember 1992 in einem Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag in der Sache IV/32.797 und 32.798 - Lloyd's Underwriters Association und The Institute of London Underwriters (Nur der englische Text ist verbindlich)

Amtsblatt Nr. L 004 vom 08/01/1993 S. 0026 - 0031


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 4. Dezember 1992 in einem Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag in der Sache IV/32.797 und 32.798 - Lloyd's Underwriters' Association und The Institute of London Underwriters (Nur der englische Text ist verbindlich) (93/3/EWG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (1), zuletzt geändert durch die Akte über den Beitritt Spaniens und Portugals, insbesondere auf Artikel 2,

im Hinblick auf die von der Lloyd's Underwriters' Association und dem Institute of London Underwriters am 7. Juni 1989 angemeldeten Vereinbarungen Joint Hull Understandings (JHU) und Respect of Lead Agreement (RLA) nebst Antrag auf Freistellung und/oder Negativattest,

gestützt auf die Entscheidung der Kommission vom 1. Oktober 1990 zur Eröffnung eines Verfahrens in dieser Sache,

gestützt auf die Zusammenfassung der Anmeldung und des Antrags (2) gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17,

nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I. SACHVERHALT

A. Die Anmeldung

(1) Am 7. Juni 1989 meldeten das Institute of London Underwriters (ILU) und die Lloyd's Underwriters' Association (LUA) bei der Kommission zwei Vereinbarungen - Joint Hull Understandings (JHU) und Respect of Lead Agreement (RLA) - im Hinblick auf die Erteilung eines Negativattests oder auf Freistellung förmlich an. Dieser förmlichen Anmeldung gingen eine inoffizielle Mitteilung und die Vorlage von Unterlagen über beide Vereinbarungen mit Schreiben vom 7. Juli 1988 voraus. Die angemeldeten Vereinbarungen betreffen die Schiffskasko- und Schiffsmaschinenversicherung.

B. Die Unternehmensvereinigungen

(2) ILU ist ein 1884 gegründeter Verband von Versicherungsunternehmen (Underwritern), der in London die Schiffskasko- und Flugzeugkaskoversicherung anbietet. Seit seiner Gründung 1884 nimmt der Verband die gewöhnlichen Funktionen eines Unternehmensverbands wahr, einschließlich verschiedener administrativer Unterstützungsleistungen für seine Mitglieder. Der Verband hat rund 112 Mitglieder, von denen 50 % in britischem Besitz befindliche Unternehmen sind. Die anderen 50 % setzen sich aus Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen von Unternehmen der Industriestaaten zusammen.

(3) Lloyd's of London ist eine rechtsfähige Gesellschaft privater Versicherer, die auf dem internationalen Markt fast alle Arten von Versicherungsleistungen anbietet. Ihr Prämienaufkommen liegt bei rund 6 Milliarden £ Stg pro Jahr. Drei Viertel davon werden ausserhalb des Vereinigten Königreichs erzielt. Die Policen werden von Privatpersonen mit unbegrenzter Haftung unterzeichnet. Lloyds zählt derzeit rund 31 000 Mitglieder, die etwa 400 Syndikaten angehören. Spezialisierte Versicherungsvermittler werden für die einzelnen Syndikate tätig, deren Mitglieder sich an mehreren Syndikaten beteiligen können.

(4) LUA wurde 1909 gegründet und umfasst alle der rund 230 Lloyd's-Syndikate, die das Seeversicherungsgeschäft betreiben.

(5) Beide Verbände sind in einer Reihe gemeinsamer Ausschüsse vertreten, deren Aufgabe darin besteht, Spezialbereiche betreffende Fragen zu prüfen und Spezialisten der einzelnen Bereiche zusammenzuführen. Einer dieser Ausschüsse ist das Joint Hull Committee (JHC), auf das nachfolgend eingegangen wird. Das JHC besteht aus 16, die LUA und das ILU gleichwertig vertretenden Personen. Die Existenzberechtigung des JHC liegt in der Prüfung von für den Versicherungsmarkt wichtigen Fragen und der Weiterentwicklung und Verwaltung der beiden angemeldeten Vereinbarungen, des JHU und des RLA.

(6) Im ILU und der LUA ist die überwiegende Mehrzahl der in London auf dem Gebiet der Seeversicherung tätigen Versicherungsunternehmen vertreten. Auf beide Vereinigungen zusammen entfallen rund 90 % der gesamten britischen Seeversicherungskapazität. Den Rest teilen sich einige wenige, nicht diesen Vereinigungen angehörende Unternehmen.

C. Der Markt

(7) Schiffskasko-Versicherungen werden in erster Linie in den USA, Frankreich, Norwegen und dem Vereinigten Königreich abgeschlossen. Der britische Anteil am internationalen Schiffskasko-Versicherungsgeschäft stellt einen wesentlichen Teil der weltweit abgeschlossenen Schiffskasko-Versicherungen dar, die keinen zwingenden Anforderungen bezueglich des Standorts unterliegen. Die Parteien sind der Ansicht, daß etwa 25 % des Schiffskasko-Geschäfts in der Gemeinschaft in London versichert werden und daß ein noch höherer Prozentsatz von Schiffen aus Drittländern ebenfalls in London versichert ist. Die Parteien haben ausserdem darauf hingewiesen, daß viele Risiken aufgrund des Ansehens des Londoner Marktes im Seeversicherungs-Geschäft von London "gelenkt" würden (d. h. dort gezeichnet, selbst wenn die Risiken dort nur teilweise gedeckt werden), wobei sich die ausländischen Märkte einer in London getroffenen Entscheidung über Prämienfestsetzung und Schadenregulierung anschlössen, so daß der "Einfluß des Londoner Marktes in gewisser Weise grösser ist als sein tatsächlicher Marktanteil".

(8) Das Gesamtprämienaufkommen der beiden Vereinigungen aus der Seeversicherung wird auf rund 4 Milliarden £ Stg pro Jahr geschätzt, von denen 3 Milliarden £ Stg auf die Schiffskasko- und Schiffsmaschinenversicherung entfallen.

(9) Für ihre Geschäfte nehmen die Reeder im allgemeinen die Dienste von Versicherungsmaklern in Anspruch, um zu gewährleisten, daß ihre Flotten die weltweit bestmöglichen Versicherungsbedingungen erhalten. Nach Angaben der Antragsteller "findet der Wettbewerb im Schiffskasko-Geschäft eher zwischen den verschiedenen als innerhalb der Märkte statt". So konkurriert der Londoner Markt als Einheit unmittelbar mit anderen Märkten, wobei eine Umverteilung der Risiken zwischen den einzelnen Märkten stattfindet, wenn den Versicherungsmaklern auf einem anderen Markt bessere Bedingungen eingeräumt werden. Auf dem Londoner Markt selbst findet jedoch nur ein geringer Wettbewerb seitens der einzelnen Versicherer statt. Auf diesem Markt gehen Wettbewerbsimpulse nur von den Versicherungsmaklern aus.

(10) Die Seeversicherung ist dadurch gekennzeichnet, daß sie gewöhnlich auf der Grundlage von Mitversicherungen erfolgt, d. h. wegen der hohen auf dem Spiel stehenden Beträge versuchen die Versicherer fast immer, die Risiken dadurch auszugleichen, daß sie ihre Beteiligung auf eine bestimmte Quote der Versicherungssumme beschränken. Zuweilen wird ein bestimmtes Risiko auf mehreren Märkten gleichzeitig versichert (d. h. sowohl in London als auch z. B. in Frankreich). Selbst für Mitversicherer ist es üblich, ihren Teil des Risikos rückzuversichern, und, falls das Risiko ganz oder teilweise auf einem anderen Markt versichert wird, können sich die Versicherungsunternehmen dieses anderen Marktes in London rückversichern.

(11) Ein weiteres Merkmal dieses Marktes ist, daß nur einige wenige Versicherer (die sogenannten führenden Versicherer) ein bestimmtes Risiko eingehend prüfen und abschätzen sowie die angemessenen Bedingungen und Prämien festsetzen. Die übrigen Versicherungsunternehmen (bekannt als Folge-Versicherer) verlassen sich bei ihrer Entscheidung über die Beteiligung weitgehend auf das Urteil des führenden Versicherers, so daß das Ansehen des führenden Versicherers von gewisser Bedeutung dafür ist, ob dem Versicherungsmakler auf dem Markt nachfolgend Unterstützung zuteil wird oder nicht. Die Plazierung eines Risikos erfolgt über eine Police (sog. Slip), "Deckungszusage" oder ein Auftragsformular, in denen Einzelheiten über das Risiko und die geplante Deckung enthalten sind. Bei einer typischen Plazierung eines Schiffskasko-Risikos sind etwa 20 Versicherer betroffen, bei einer sehr hohen Versicherungssumme können sich jedoch auch bis zu 50 beteiligen.

(12) Ähnlich verhält es sich, wenn Versicherungsansprüche geltend gemacht werden. Obwohl jeder Versicherer theoretisch autonom entscheiden kann, werden in der Praxis die Entscheidungen von den führenden Versicherern getroffen und von den Folge-Versicherern nur kurz überprüft. Die Zahlungen der Versicherer und die Prämienzahlungen sind zentralisiert.

(13) Ein weiteres Kennzeichen der Schiffskasko-Versicherung ist ihre "Langwierigkeit", d. h. zwischen der Zahlung der Prämie einerseits und der Schadenanzeige und der Zahlung der Versicherungsleistung andererseits kann ein langer Zeitraum liegen. Die meisten Versicherungsansprüche werden weit nach dem Schadensjahr, gewöhnlich im dritten oder vierten Jahr, geltend gemacht. Nur eine geringe Zahl von Ansprüchen, die keine grossen Schäden betreffen, werden vor dem zweiten Jahr erhoben. Bei der Verlängerung berücksichtigt der Versicherer deshalb nicht nur die Ergebnisse des laufenden Jahres, sondern die von mehreren, wenn möglich, von acht Jahren. Dieser Zeitraum wird für angemessen gehalten, um eine vollständige Übersicht über Verluste und Ansprüche zu ermöglichen und um Hinweise dafür zu erhalten, wann Verluste auftreten und Ansprüche erhoben werden.

(14) Nach Angaben der Antragsteller "konzentriert sich der Wettbewerb auf die Preise, wobei allerdings auch den Erfahrungen in der Schadenregulierung, der Sicherheit und dem Ruf des Versicherers erhebliches Gewicht zukommt".

(15) Weitere Merkmale dieses Marktes sind die Häufigkeit der Versicherungsansprüche und die Rolle des Reeders, der Schiffsmannschaft und anderer veränderlicher Faktoren bei der Bewertung des Risikos. Aufgrund dieser zusätzlichen Faktoren, insbesondere der Bedeutung des Reeders, "ist in der Seeversicherung denkbar, daß für ein Schiff eine zehnmal höhere Prämie zu zahlen ist wie für das gleiche Schiff, dessen Reeder jedoch ein grösseres Ansehen genießt".

D. Die angemeldeten Vereinbarungen

i) Joint Hull Understandings (JHU)

(16) Das JHU enthielt drei Klauseln (die Klauseln 3, 2B und 11), mit denen die Freiheit der Mitglieder von ILU und LUA bei der Festsetzung ihrer eigenen Preise, insbesondere bei einer Verlängerung, eingeschränkt wurde. Nach der Versendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte wurden diese im nachfolgenden beschriebenen Klauseln von LUA und ILU ab 25. April 1991 nicht mehr angewandt.

(17) Die Klausel 3 nahm Bezug auf eine dem JHU in der Anlage beigefügte "graphische Darstellung", die empfohlene Mindest-Prämienerhöhungen für eine bestimmte durchschnittliche Schadenhöhe enthielt. Die Prämien erhöhten sich entsprechend dem Anstieg der durchschnittlichen Schadenhöhe. Für ein einzelnes Schiff mit einer Kreditbilanz oder einem Schadenquotienten von 17 % (d. h. die gezahlten Prämien übersteigen die Schäden um 17 %) lag die Erhöhung beispielsweise bei 53 %. Geriet die Bilanz in ein angenommenes Minus von 25 %, so hätte die Erhöhung 90 % ausgemacht. Bei grösseren Flotten lagen die Sätze innerhalb einer gewissen Spanne, und innerhalb dieser Spanne waren die Erhöhungen niedriger als bei Einzelschiffen. Bei einer Schadenhöhe (d. h. Sollsalden) von mehr als 25 % stand es den führenden Versicherern frei, die von ihnen für angemessen gehaltenen Erhöhungen festzusetzen. Lagen die Bedingungen für eine Verlängerung unter den Mindestwerten der graphischen Darstellung, "so wird sehr empfohlen, daß sich die vier führenden Versicherer vor der Prämienfestsetzung gegenseitig konsultieren und das Ergebnis ihrer Erörterungen dem Joint Hull Committee mitteilen". Ein solches Abweichen von der graphischen Darstellung wurde am 9. Februar 1989 eingeführt. Vor diesem Zeitpunkt war eine solche Abweichung nur mit der Einwilligung des JHC möglich. Bei einem einseitigen Abweichen der Versicherer von der graphischen Darstellung waren keine Sanktionen vorgesehen. Nach Angaben der Antragsteller hatte dies lediglich zur Folge, daß "die betroffenen führenden Versicherer scharfe Kritik übten bzw. in ausreichend ernsthaften Fällen der Vorsitzende des Joint Hull Committee oder sein Stellvertreter eine private Unterredung mit dem Versicherer oder den Versicherern führte, deren Verhalten als fehlerhaft angesehen wurde".

(18) Da die graphische Darstellung länger bestand "als die Erinnerung eines im Geschäft befindlichen Versicherers zurückreichte", waren die Parteien nicht in der Lage zu erklären, wie im einzelnen die Darstellung zu Anfang abgefasst war. Sie wiesen jedoch darauf hin, daß sie "allgemeine Markterfahrungen" widerspiegele und daß Änderungen an ihr erst nach einer umfassenden Bewertung von Faktoren wie "Wechselkursschwankungen . . ., Inflation und Änderungen der Kosten im Schiffbau und der Schiffsreparatur" vorgenommen wurden.

(19) Gemäß der Klausel 2B sollte in dem Fall, daß die Ergebnisse eine Erhöhung erforderlich machten, der "Selbstbehalt" um 50 % "des prozentualen Anstiegs . . . mit einem Mindestsatz von 10 %" erhöht werden.

(20) Nach der Klausel 11 war der gewöhnlich bei prompter Zahlung anzuwendende Rabatt in dem Fall, daß keine direkte Barzahlung erfolgte, von 15 % auf 10 % zu senken.

(21) Die Klausel 1(a) des angemeldeten JHU sah folgendes vor: "Die Kasko-Selbstbehaltquote und die Verträge über die zwingend vorgeschriebene Exzedenten-Rückversicherung werden auf das Flag and Ownership/Management (FOM)-Geschäft des betreffenden Landes beschränkt, ausser wenn von allen Versicherern eine besondere, anderslautende Vereinbarung getroffen wurde". Dies bedeutete, ausser bei besonderer anderslautender Vereinbarung, daß das Rückversicherungsgeschäft beschränkt war auf Schiffe, die im Lande des Rückversicherers registriert und verwaltet wurden, wobei auch der Reeder diesem Staat angehören musste. Diese Klausel wurde auf Ersuchen der Kommission geändert und enthält jetzt eine Empfehlung, nach der sich die Rückversicherer nach der Staatsangehörigkeit des Reeders erkundigen sollen, da dies bei der Bewertung des Risikos als rechtserheblicher Umstand angesehen wird.

(22) Die übrigen Klauseln des JHU enthalten Leitlinien und einheitliche Kriterien über technische Einzelheiten bei der Policenverlängerung. Hauptsächlich werden die marktüblichen Vorsichtsmaßnahmen beschrieben und enthalten auch Methoden zur Vermeidung von Irrtümern über die in der Vergangenheit aufgetretenen Schadensfälle und hinsichtlich der Beschreibung des versicherten Gegenstandes und der Tragweite der Schiffskasko- und Maschinen-Versicherungspolice. Es ist den Versicherern freigestellt, diese Richtlinien nicht zu beachten und andere zu verwenden, wenn sie dies wollen. Die Richtlinien beziehen sich auf folgendes:

a) die Methoden zur Klassifizierung der Schiffe;

b) das Erfordernis von Angaben über den Reeder und eine einheitlich aufgemachte Darstellung der Angaben über ihn (um Vergleiche zu erleichtern und falsche Darstellungen zu vermeiden);

c) die Behandlung von Änderungen des Schiffswerts; insbesondere wird auf die Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen Wertsteigerungen, die aus Gründen des Inflationsausgleiches vorgenommen werden und den Umständen, die die Wahrscheinlichkeit eines Teilschadens eines Schiffes betreffen, hingewiesen;

d) die Taxwerte von Schiffen bei Teil- oder Totalschäden, wobei insbesondere sichergestellt werden muß, daß die Bewertung von Schiffen im Falle eines Teilschadens nicht erheblich von der bei einem Totalschaden abweicht;

e) die Zusammenfassung und Handhabung von Rückerstattungen für die Zeit von Hafenaufenthalten - wenn ein Schiff in einem Hafen liegt, ist es einem niedrigeren Risiko ausgesetzt als bei freier Fahrt. Normalerweise wird im Hinblick auf diesen Umstand eine Rückerstattung an den Versicherungsnehmer vorgenommen. Die Höhe und der maßgebliche Zeitraum für die Rückerstattung wird bei Abschluß eines Versicherungsvertrages frei ausgehandelt. Der Rückerstattungsanspruch muß bei einem Zentralbüro von LUA/ILU geltend gemacht werden, dessen Personal hinsichtlich der Häfen rund um die Welt sachkundig ist und von dem nachgeprüft wird, ob ein Schiff tatsächlich festgemacht hatte. Diese Bestimmung bezieht sich auf Rückerstattungen für die vergangenen Zeiträume von jeweils 30 Tagen, was den normalen Bezugszeitraum darstellt. Allerdings hat jeder Versicherer oder jede Gruppe von Versicherern die Freiheit, auch für Zeiträume von weniger als 30 Tagen Rückerstattungen vorzunehmen;

f) die Notwendigkeit, dafür so sorgen, daß das Recht des Versicherers, die Klausel der "anerkannten Seefähigkeit" in Zweifel zu ziehen, nicht verwirkt oder seiner Geltendmachung vorgegriffen wird;

g) das Erfordernis einer besonderen Deckung für Hypotheken, da die Schiffskasko- und Schiffsmaschinenversicherungs-Police nur auf fehlerhaftem Verhalten des Reeders beruhende Schäden deckt;

h) die Festlegung der von der Schiffskasko- und Schiffsmaschinenversicherung gedeckten Risiken.

ii) Respect of Lead Agreement

(23) Diese Vereinbarung sah im wesentlichen vor, daß die im Kaskogeschäft führenden Versicherer im Falle einer Verlängerung der Police weiterhin das Recht haben sollten, ihre führende Position beizubehalten. Folgeversicherer oder sonstige potentielle Versicherer wurden an ihrem Versuch gehindert, bei der Verlängerung einer Police die führende Position einzunehmen. Dies bedeutete, daß den anderen Versicherern die Möglichkeit genommen wurde, ein Angebot für die Verlängerung abzugeben oder mit den führenden Versicherern zu konkurrieren, und daß den Reedern keine Wahl blieb und sie die möglicherweise niedrigeren Preise, die ein Wettbewerb zwischen konkurrierenden Versicherern zur Folge haben würde, nicht in Anspruch nehmen konnten.

(24) Gemäß der Klausel 1 des RLA kamen die Mitglieder der beiden Vereinigungen ausserdem überein, keinen Versicherungsschein zu unterschreiben, wenn nicht zwei führende Versicherer jeder Vereinigung ebenfalls Unterzeichner waren (ausser in dem Fall, daß ein Nichtunterzeichner vor Unterzeichnung des RLA bereits führender Versicherer war). Dies bedeutete, daß der Wettbewerb zwischen ILU und LUA grundsätzlich verhindert wurde.

(25) Dem RLA traten fast alle Mitglieder von ILU und LUA bei. Verstieß ein Mitglied gegen die Vereinbarung, so konnte sein Verband (ILU oder LUA) ankündigen, daß er nicht mehr als RLA-Mitglied angesehen wurde. Diese Ankündigung hatte zur Folge, daß kein anderer Versicherer sich seiner Führung anschließen konnte. Dieser Fall trat mindestens einmal ein. Obwohl die Parteien geltend machten, daß der betreffende Versicherer "dadurch keinen Geschäftsverlust erlitt", wurde die Ankündigung weiterhin als "nützliche Sanktion" empfunden.

(26) LUA und ILU lösten diese Vereinbarung auf Ersuchen der Kommission am 25. April 1991 auf. Sie wurde durch einen neuen Text ersetzt, der folgendes vorsieht:

1) Wird für ein zur Verlängerung anstehendes Risiko von einer konkurrierenden Gruppe bzw. von konkurrierenden Gruppen von Versicherern ein Angebot gemacht, so kann der führende Versicherer (bzw. können die führenden Versicherer) der konkurrierenden Gruppe(n) den zu dem Zeitpunkt für die betreffende Police verantwortlichen führenden Versicherer konsultieren. Bei dieser Gegelenheit wird der Versicherer des betreffenden Risikos die Berichte über die bisherigen Flottenstatistiken zur Verfügung stellen.

2) Die an der bestehenden Police beteiligten Versicherer und ihre Konkurrenten müssen die von ihnen geplanten Bedingungen für eine Verlängerung nicht erörtern.

3) Die an einer laufenden Versicherungspolice beteiligten Versicherer müssen dem führenden Versicherer spätestens zwei Monate vor dem Zeitpunkt für eine Verlängerung der Police für das erste Schiff mitteilen, daß sie die Absicht haben, sich an der laufenden Police nicht mehr zu beteiligen und sich einem potentiellen Konkurrenten anzuschließen.

Die Mitteilungspflicht entfällt, wenn die Konkurrenz-Deckungszusage für 100 % gilt.

E. Stellungnahmen Dritter

(27) Nach der Veröffentlichung der Anmeldung gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 sind bei der Kommission keine Stellungnahmen Dritter eingegangen.

II. RECHTLICHE WÜRDIGUNG

ARTIKEL 85 ABSATZ 1

A. Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen

(28) ILU und LUA sind Unternehmensvereinigungen im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag. JHU und RLA sind jeweils Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen im Sinne des genannten Artikels.

B. Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten

(29) Eine Vereinbarung über die Schiffsversicherung im Bereich des Verkehrs ist ihrem Wesen nach geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Eine Beeinträchtigung liegt ausserdem vor, weil die Mitglieder von ILU und LUA ihre Dienstleistungen den Reedern oder über in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Makler erbringen. Von einer spürbaren Beeinträchtigung kann ferner ausgegangen werden, weil der Anteil der beiden Vereinigungen auf dem britischen Markt fast 100 % beträgt.

C. Beschränkungen des Wettbewerbs

i) Joint Hull Understanding

Die JHU enthielt drei Bestimmungen, mit denen der Wettbewerb im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag eingeschränkt wurde:

a) Klausel 3 - Die Tabelle

(30) Die Verwendung der Tabelle kam einer Vereinbarung über die Preisfestsetzung gleich. Mit ihr sollte verhindert werden, daß Verlängerungen zu Tarifen unterhalb der angegebenen Mindesthöhe vorgenommen werden. Sie engte den Spielraum der führenden Versicherer ein, bei der Verlängerung andere als die in der Tabelle angegebenen Tarife auszuhandeln. Bis 9. Februar 1989 waren die Mitglieder beider Vereinigungen verpflichtet, sich an die in der Tabelle angegebenen Sätze zu halten. Andernfalls wurden sie von ihren Kollegen "kritisiert", Strafmaßnahmen bestanden jedoch nicht. Aus dem Fehlen von Sanktionen lässt sich jedoch nicht schließen, daß keine den Wettbewerb beschränkende und von Artikel 85 Absatz 1 verbotene Preisfestsetzungsvereinbarung vorlag.

(31) Hinsichtlich der Auswirkungen auf den Wettbewerb konnten die Antragsteller nicht die genaue Anzahl der Fälle der Nichtanwendung der Tabellensätze angeben. Sie gaben jedoch an, daß nach ihren Kenntnissen "eine Anzahl von Policen" in jedem Jahr unter Nichtbeachtung der Mindestsätze der Tabelle verlängert wurden; diese könnten jedoch als aussergewöhnliche Fälle eingestuft werden.

(32) Die Tatsache, daß es den Parteien vom 9. Februar 1989 bis 25. April 1991 freigestellt war, die Tabellensätze nicht anzuwenden, bedeutet nicht, daß in diesem Zeitraum kein Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag vorlag. Empfohlene Preiserhöhungen fallen ebenfalls unter das Verbot von Artikel 85 Absatz 1 (3). Auch die fortbestehende Verpflichtung, Abweichungen bei der Anwendung der Tabelle zu melden, kann sich abschreckend ausgewirkt und damit die von der Tabelle ausgehenden Wettbewerbsbeschränkungen verstärkt haben.

b) Klausel 2B

(33) Mit dieser Bestimmung wurde die Freiheit der Versicherer beschränkt, Erhöhungen beim Selbstbehalt nach eigenem Ermessen festzusetzen, was als eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag anzusehen ist.

c) Klausel 11

(34) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (4) fallen Vereinbarungen über die Höhe von zu gewährenden Rabatten unter das Verbot der Preisfestsetzungen in Artikel 85 Absatz 1. Die Klausel 11 setzt eindeutig voraus, daß eine Vereinbarung darüber bestand, einen Rabatt von 15 % unmittelbar in bar auszuzahlen. Bei Zahlungsaufschub wurde der Rabatt auf 10 % gekürzt.

(35) Die erwähnten Klauseln wurden von ILU und LUA am 25. April 1991 gestrichen.

(36) Die übrigen Klauseln der JHU sind technischer Art und enthalten keine Bestimmungen, mit denen der Wettbewerb im Gemeinsamen Markt spürbar eingeschränkt oder verfälscht würde.

ii) Respect of Lead Agreement

(37) Mit dieser Vereinbarung wurde der Wettbewerb auf dem Londoner Markt dadurch beschränkt, daß dieselben führenden Versicherer, die den Erstvertrag unterzeichnet hatten, auch bei der Verlängerung der Police zum Zuge kamen. Dadurch waren sie vor dem Wettbewerb durch andere Versicherer geschützt, die möglicherweise bessere Konditionen oder Preise hätten anbieten können. Diese Vereinbarung wurde von ILU und LUA am 25. April 1991 aufgegeben und durch eine neue Vereinbarung ersetzt.

(38) Eine weitere Beschränkung des Wettbewerbs zwischen ILU und LUA durch die RLA bestand in der Vorschrift, daß auf jeder Deckungszusage zwei führende Versicherer von jedem Verband aufgeführt sein müssen. Den Maklern stand es somit nicht frei, sich auf einen Verband ihrer eigenen Wahlen zu konzentrieren und dadurch Kosteneinsparungen und bessere Preise zu erzielen.

(39) Die neue RLA ermöglicht es einer einzelnen konkurrierenden Gruppe oder konkurrierenden Gruppen von Versicherern, die bestehende Deckungszusage zu unterbieten. Ferner verpflichtet sie die bisherigen Erstversicherer, ihre Unterlagen über Flottenstatistiken verfügbar zu machen, um der konkurrierenden Gruppe die Einschätzung des Risikos zu erleichtern. Auch verbietet sie die Erörterung der Bedingungen für eine Verlängerung zwischen der bestehenden und der konkurrierenden Versicherergruppe. Hieraus kann geschlossen werden, daß in der neuen Vereinbarung keine Bestimmungen enthalten sind, mit denen der Wettbewerb im Gemeinsamen Markt spürbar beschränkt, verhindert oder verfälscht würde -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen hat die Kommission keine Veranlassung für ein Eingreifen nach Artikel 85 Absatz 1 des EWG-Vertrages in bezug auf die angemeldeten Vereinbarungen New Joint Hull Understandings und Respect of Lead Agreement in ihrer geänderten Form.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an folgende Unternehmensvereinigungen gerichtet:

Lloyd's Underwriters' Association

Lloyd's

1 Lime Street

UK-London EC3M 7HA

The Institute of London Underwriters

49 Leadenhall Street

UK-London EC3A 2BE. Brüssel, den 4. Dezember 1992 Für die Kommission

Leon BRITTAN

Vizepräsident

(1) ABl. Nr. 13 vom 21. 2. 1962, S. 204/62. (2) ABl. Nr. C 87 vom 8. 4. 1992, S. 4. (3) Entscheidung 85/75/EWG der Kommission (Feuerversicherung (D), ABl. Nr. L 35 vom 7. 2. 1985, S. 20); Urteil vom 27. Januar 1987, Verband der Sachversicherer gegen Kommission (Rechtssache 45/85, Slg. 1987, S. 405). (4) Urteil vom 29. Oktober 1980, Heintz van Landewijck Sarl und andere gegen Kommission (verbundene Rechtssachen 209 bis 215 und 218/78, Slg. 1980, S. 3125). Urteil vom 10. Dezember 1985, Stichting Sigarettenindustrie und andere gegen Kommission (verbundene Rechtssachen 240 bis 242, 261, 262, 268 und 269/84, Slg. 1985, S. 3831).

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