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Document 02003X0217(01)-20110715

Consolidated text: SIRENE-HANDBUCH

2003X0217 — DE — 15.07.2011 — 002.001


Dieses Dokument ist lediglich eine Dokumentationsquelle, für deren Richtigkeit die Organe der Gemeinschaften keine Gewähr übernehmen

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▼M3

SIRENE-HANDBUCH

▼B

(ABl. C 038, 17.2.2003, p.1)

Geändert durch:

 

 

Amtsblatt

  No

page

date

 M1

Entscheidung der Kommission vom 22. September 2006

  L 317

1

16.11.2006

 M2

Beschluss der Kommission vom 22. September 2006

  L 317

41

16.11.2006

►M3

Durchführungsbeschluss der Kommission vom 1. Juli 2011

  L 186

1

15.7.2011




▼B

▼M3

SIRENE-HANDBUCH

INHALTSVERZEICHNIS

EINLEITUNG

1.

DAS SCHENGENER INFORMATIONSSYSTEM (SIS) UND DIE NATIONALEN SIRENE-BÜROS

1.1.

Die SIRENE-Büros

1.2.

SIRENE-Handbuch

1.3.

Grundsätze

1.3.1.

Ständige Verfügbarkeit

1.3.2.

Kontinuität

1.3.3.

Sicherheit

1.3.4.

Zugang zu Informationen

1.3.5.

Mitteilungen

1.3.6.

Transliterationsregeln

1.3.7.

Datenqualitä

1.3.8.

Strukturen

1.3.9.

Archivierung

1.4.

Personal

1.4.1.

Kenntnisse

1.4.2.

Fortbildung

1.4.3.

Personalaustausch

1.5.

Technische Infrastruktur

1.5.1.

SIRENE-Arbeitsablaufsystem

1.5.2.

Automatische Dateneingabe

1.5.3.

Automatische Datenlöschung

1.5.4.

Datenaustausch zwischen SIRENE-Büros

1.5.5.

SIS-Datenqualität

2.

ALLGEMEINE VERFAHREN

2.1.

Mehrfachausschreibungen (Artikel 107)

2.1.1.

Vereinbarkeit von Ausschreibungen und Rangfolge

2.1.2.

Überprüfung auf Mehrfachausschreibungen bezüglich einer Person

2.1.3.

Beratung über die Eingabe einer Ausschreibung bei Unvereinbarkeit mit einer bestehenden Ausschreibung

2.2.

Informationsaustausch im Trefferfall

2.2.1.

Verfahren im Trefferfall

2.2.2.

Übermittlung weiterer Informationen

2.3.

Unmöglichkeit der Durchführung der erbetenen Maßnahme im Trefferfall (Artikel 104 Absatz 3)

2.4.

Änderung des Zwecks der Ausschreibung (Artikel 102 Absatz 3)

2.5.

Unrichtige oder unrechtmäßig gespeicherte Daten (Artikel 106)

2.6.

Auskunftsrecht und Recht auf Berichtigung der Daten (Artikel 109 und 110)

2.6.1.

Informationsaustausch über das Auskunftsrecht oder das Recht auf Berichtigung der Daten

2.6.2.

Unterrichtung über Ersuchen um Auskunft über oder Berichtigung oder Löschung von Ausschreibungen anderer Mitgliedstaaten

2.6.3.

Unterrichtung über die Auskunfts- und Berichtigungsverfahren

2.7.

Löschung einer Ausschreibung, wenn die Voraussetzungen für ihre Beibehaltung nicht mehr gegeben sind

2.8.

Missbräuchlich verwendete Identität

2.9.

Eingabe eines Aliasnamens

2.10.

SIRPIT (SIRENE Picture Transfer)

2.10.1.

Entwicklung und Hintergrund von SIRPIT

2.10.2.

Verwendung der ausgetauschten Daten, einschließlich Archivierung

2.10.3.

Technische Anforderungen

2.10.4.

Der nationale Identifizierungsdienst

2.10.5.

Verwendung des SIRENE-Formulars L

2.10.6.

SIRPIT-Verfahren

2.10.6.1.

Das entdeckende SIRENE-Büro führt den Vergleich durch

2.10.6.2.

Das liefernde SIRENE-Büro führt den Vergleich durch

2.10.6.3.

Eingabeschirm

2.11.

Rolle der SIRENE-Büros im Rahmen der polizeilichen Zusammenarbeit in der Europäischen Union

2.12.

Beziehungen zwischen SIRENE und Interpol

2.12.1.

Vorrang von SIS-Ausschreibungen vor Interpol-Ausschreibungen

2.12.2.

Wahl des Kommunikationskanals

2.12.3.

Nutzung und Verbreitung von Interpol-Ausschreibungen in Schengen-Staaten

2.12.4.

Übermittlung von Informationen an Drittstaaten

2.12.5.

Trefferfälle und Löschung einer Ausschreibung

2.12.6.

Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den SIRENE-Büros und den NZB von Interpol

2.13.

Zusammenarbeit mit Europol und Eurojust

2.14.

Besondere Fahndungsarten

2.14.1.

Örtlich begrenzte Fahndung

2.14.2.

Zielfahndung unter Beteiligung von Polizeisondereinheiten (FAST)

2.15.

Kennzeichnung

2.15.1.

Konsultation der Mitgliedstaaten im Hinblick auf eine Kennzeichnung

2.15.2.

Ersuchen um Löschung einer Kennzeichnung

2.16.

Angabe der Dringlichkeit in SIRENE-Formularen

3.

AUSSCHREIBUNGEN NACH ARTIKEL 95

3.1.

Prüfungen durch den Mitgliedstaat vor Eingabe der Ausschreibung

3.2.

Prüfung, ob die Festnahme zum Zwecke der Übergabe oder der Auslieferung nach dem Recht der Mitgliedstaaten zulässig ist

3.3.

Mehrfachausschreibungen

3.3.1.

Überprüfung auf Mehrfachausschreibungen (Artikel 107)

3.3.2.

Informationsaustausch

3.4.

Übermittlung von Zusatzinformationen an die Mitgliedstaaten

3.4.1.

Übermittlung von Zusatzinformationen zu einem EuHb

3.4.2.

Übermittlung von Zusatzinformationen in Bezug auf eine vorläufige Festnahme

3.4.3.

Eingabe eines Aliasnamens

3.4.4.

Weitere Informationen zur Feststellung der Identität einer Person

3.4.5.

Übermittlung der Formulare A und M

3.5.

Kennzeichnung

3.5.1.

Systematisches Ersuchen um Kennzeichnung der Ausschreibungen von Personen, die zum Zwecke der Auslieferung festgenommen werden sollen, in Fällen, in denen der Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten keine Anwendung findet

3.6.

Tätigwerden des SIRENE-Büros bei Erhalt einer Ausschreibung nach Artikel 95

3.7.

Informationsaustausch im Trefferfall

3.7.1.

Unterrichtung der Mitgliedstaaten über einen Trefferfall

3.7.2.

Übermittlung weiterer Informationen

3.7.3.

Im Trefferfall

3.7.4.

Austausch von Zusatzinformationen über eine Übergabe oder Auslieferung

3.8.

Löschung einer Ausschreibung

3.8.1.

Löschung einer Ausschreibung, wenn die Voraussetzungen für ihre Beibehaltung nicht mehr gegeben sind

3.9.

Missbräuchlich verwendete Identität

4.

AUSSCHREIBUNGEN NACH ARTIKEL 96

4.1.

Einführung

4.2.

Eingabe von Ausschreibungen nach Artikel 96

4.3.

Eingabe eines Aliasnamens

4.4.

Missbräuchlich verwendete Identität

4.5.

Zu befolgende SIRENE-Verfahren

4.6.

Informationsaustausch im Trefferfall

4.6.1.

Informationsaustausch bei der Einreiseverweigerung oder der Ausweisung aus dem Schengen-Gebiet

4.6.2.

Informationsaustausch bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln oder Visa

4.6.3.

Besondere Verfahren gemäß Artikel 25 des Schengener Übereinkommens

4.6.3.1.

Verfahren nach Artikel 25 Absatz 1 des Schengener Übereinkommens

4.6.3.2.

Verfahren nach Artikel 25 Absatz 2 des Schengener Übereinkommens

4.6.4.

Besondere Verfahren gemäß Artikel 5 Absatz 4 des Schengener Grenzkodexes

4.6.4.1.

Verfahren nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a des Schengener Grenzkodexes

4.6.4.2.

Verfahren nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe c des Schengener Grenzkodexes

4.7.

Informationsaustausch in Bezug auf einen das Recht auf Freizügigkeit genießenden Drittstaatsangehörigen

4.7.1.

Informationsaustausch im Trefferfall

4.7.2.

Informationsaustausch, wenn ein Mitgliedstaat ohne Vorliegen eines Treffers feststellt, dass ein Drittstaatsangehöriger, der das Recht auf Freizügigkeit genießt, zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist

4.8.

Löschung der Ausschreibung eines EU-Bürgers

4.9.

Unterrichtung der Schengen-Mitgliedstaaten über einen Trefferfall

5.

AUSSCHREIBUNGEN NACH ARTIKEL 97

5.1.

Kennzeichnung

5.2.

Nähere Angaben zu vermissten Minderjährigen und sonstigen als schutzbedürftig eingestuften Personen

5.3.

Im Trefferfall

6.

AUSSCHREIBUNGEN NACH ARTIKEL 98

6.1.

Im Trefferfall

7.

AUSSCHREIBUNGEN NACH ARTIKEL 99

7.1.

Eingabe eines Aliasnamens

7.2.

Benachrichtigung anderer Mitgliedstaaten bei der Eingabe von Ausschreibungen auf Ersuchen der für die Sicherheit des Staates zuständigen Stellen

7.3.

Kennzeichnung

7.4.

Übermittlung weiterer Informationen im Trefferfall

8.

AUSSCHREIBUNGEN NACH ARTIKEL 100

8.1.

Ausschreibungen von Fahrzeugen nach Artikel 100

8.1.1.

Überprüfung auf Mehrfachausschreibungen bezüglich eines Fahrzeugs

8.1.2.

VIN-Dubletten

8.2.

Übermittlung weiterer Informationen im Trefferfall

9.

STATISTISCHE ANGABEN

EINLEITUNG

Am 14. Juni 1985 unterzeichneten die Regierungen des Königreichs Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik, des Großherzogtums Luxemburg und des Königreichs der Niederlande im luxemburgischen Schengen ein Übereinkommen mit dem Ziel, das „freie Überschreiten der Binnengrenzen durch alle Angehörigen der Mitgliedstaaten“ und den „freien Waren- und Dienstleistungsverkehr“ zu verwirklichen.

Dem am 19. Juni 1990 von den fünf Erstunterzeichnerstaaten geschlossenen Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen ( 1 ) traten am 27. November 1990 die Italienische Republik, am 25. Juni 1991 das Königreich Spanien und die Portugiesische Republik, am 6. November 1992 die Hellenische Republik, am 28. April 1995 die Republik Österreich und am 19. Dezember 1996 das Königreich Dänemark, das Königreich Schweden und die Republik Finnland bei.

Das Königreich Norwegen und die Republik Island schlossen am 19. Dezember 1996 ein Kooperationsabkommen mit den Mitgliedstaaten, um ebenfalls dem Übereinkommen beizutreten.

Seit dem 26. März 1995 wird der Schengen-Besitzstand in Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Spanien und Portugal vollständig angewendet. ( 2 ) In Österreich und Italien ist dies seit dem 31. März 1998 ( 3 ), in Griechenland seit dem 26. März 2000 ( 4 ) und in Norwegen, Island, Schweden, Dänemark und Finnland seit dem 25. März 2001 ( 5 ) der Fall.

Das Vereinigte Königreich und Irland wenden gemäß dem Beschluss 2000/365/EG des Rates ( 6 ) bzw. dem Beschluss 2002/192/EG des Rates ( 7 ) nur einzelne Bestimmungen des Schengen-Besitzstands an.

Die Bestimmungen des Schengen-Besitzstands, an deren Anwendung sich das Vereinigte Königreich beteiligt, sind — mit Ausnahme der Bestimmungen über das Schengener Informationssystem — seit dem 1. Januar 2005 anwendbar. ( 8 )

Der Schengen-Besitzstand wurde durch Protokolle, die 1999 dem Vertrag von Amsterdam ( 9 ) beigefügt wurden, in den Rechtsrahmen der Europäischen Union aufgenommen. Am 12. Mai 1999 erging ein Beschluss des Rates, mit dem gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrags über die Europäische Union die Rechtsgrundlage für jede der Bestimmungen oder Beschlüsse, die den Schengen-Besitzstand ausmachen, festgelegt wurde.

Seit dem 1. Mai 2004 sind der Schengen-Besitzstand, wie er durch das Protokoll im Anhang des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in den Rahmen der Europäischen Union einbezogen wurde („Schengen-Protokoll“), sowie die darauf aufbauenden oder anderweitig damit in Verbindung stehenden Rechtsakte für die Tschechische Republik, die Republik Estland, die Republik Zypern, die Republik Lettland, die Republik Litauen, die Republik Ungarn, die Republik Malta, die Republik Polen, die Republik Slowenien und die Slowakische Republik verbindlich. In der Republik Bulgarien und in Rumänien ist dies seit dem 1. Januar 2007 der Fall.

Im Dezember 2007 erließ der Rat einen Beschluss über die vollständige Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands in der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik ( 10 ). Dementsprechend wurden im Dezember 2007 die Kontrollen an den Land- und Seebinnengrenzen dieser Mitgliedstaaten und im März 2008 die Kontrollen an ihren Binnenluftgrenzen abgeschafft.

Gemäß dem Beschluss 2010/365/EU des Rates ( 11 ) dürfen SIS-Echtdaten an die Republik Bulgarien und an Rumänien übermittelt werden. Die konkrete Verwendung dieser Daten ermöglicht es dem Rat, durch die im Beschluss SCH/Com-ex (98) 26 endg. dargelegten geltenden Schengen-Bewertungsverfahren zu prüfen, ob die Bestimmungen des Schengen-Besitzstands über das SIS in den betreffenden Mitgliedstaaten ordnungsgemäß angewandt werden. Sobald die Bewertungen durchgeführt worden sind, sollte der Rat über die Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen zu diesen Mitgliedstaaten befinden.

Für die Schweiz wurde ein Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands ( 12 ) geschlossen. Im Einklang mit dem entsprechenden Beschluss des Rates ( 13 ) wurden im Dezember 2008 die Kontrollen an den Landbinnengrenzen der Schweiz und im März 2009 die Kontrollen an ihren Binnenluftgrenzen abgeschafft.

Für Liechtenstein wurde ein Protokoll zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands ( 14 ) unterzeichnet.

1.   DAS SCHENGENER INFORMATIONSSYSTEM (SIS) UND DIE NATIONALEN SIRENE-BÜROS

Das SIS, das zusammen mit der Kooperation der SIRENE-Büros gemäß den Bestimmungen von Titel IV des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (Schengener Übereinkommen) ( 15 ) ins Leben gerufen wurde, stellt ein wesentliches Instrument für die Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, die in den Rahmen der Europäischen Union einbezogen wurden.

Im Schengener Informationssystem (SIS) haben folgende Behörden Zugriff auf Personen- und Sachfahndungsausschreibungen:

a) für Grenzkontrollen zuständige Behörden,

b) für sonstige polizeiliche und zollrechtliche Überprüfungen im Inland sowie für die Koordinierung dieser Überprüfungen zuständige Behörden,

c) nationale Justizbehörden, unter anderem die für die Erhebung der öffentlichen Klage im Strafverfahren und justizielle Ermittlungen vor Anklageerhebung zuständigen Behörden zur Ausführung ihrer in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Aufgaben,

d) für die Erteilung von Visa zuständige Behörden, für die Prüfung von Visumanträgen zuständige zentrale Behörden, für die Erteilung von Aufenthaltstiteln zuständige Behörden und für die Handhabung der Bestimmungen zu Drittstaatsangehörigen im Zusammenhang mit der Anwendung des Besitzstands der Union im Bereich des Personenverkehrs zuständige Behörden,

e) für die Ausstellung von Kfz-Zulassungsbescheinigungen zuständige Behörden.

Europol und Eurojust haben ebenfalls Zugriff auf bestimmte Ausschreibungskategorien. ( 16 ) Europol hat Zugriff auf Daten, die nach Artikel 95 (Ausschreibungen zur Festnahme), Artikel 99 (Ausschreibungen zur verdeckten Registrierung oder zur gezielten Kontrolle) und Artikel 100 (Sachfahndungsausschreibungen zur Sicherstellung oder Beweissicherung in Strafverfahren) eingegeben wurden. Eurojust kann auf Daten zugreifen, die nach Artikel 95 (Ausschreibungen zur Festnahme) und Artikel 98 (Ausschreibungen von Personen im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren) eingegeben wurden.

Das SIS besteht aus folgenden Komponenten: der technischen Unterstützungseinheit (C.SIS) und einem nationalen System (N.SIS) in jedem Mitgliedstaat, die durch ein Netz (SISNET) verbunden sind. Dieses System funktioniert nach dem Grundsatz, dass die nationalen Systeme nicht untereinander, sondern ausschließlich über die zentrale Einheit (C.SIS) Informationen austauschen können.

Die zur Anwendung einiger Bestimmungen des Schengener Übereinkommens erforderlichen Zusatzinformationen müssen jedoch auf bilateraler oder multilateraler Ebene zwischen den Mitgliedstaaten ausgetauscht werden können, und die vollständige Anwendung von Titel IV des Schengener Übereinkommens für das SIS in seiner Gesamtheit ist sicherzustellen.

1.1.    Die SIRENE-Büros ( 17 )

Artikel 92 Absatz 4 des Schengener Übereinkommens sieht vor, dass die Mitgliedstaaten gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über die für diesen Zweck bezeichneten Stellen (SIRENE-Büros) alle im Zusammenhang mit der Eingabe von Ausschreibungen erforderlichen Informationen austauschen, auf deren Grundlage die geeigneten Maßnahmen ergriffen werden können, wenn zu Personen bzw. Sachen, in Bezug auf die Daten in das Schengener Informationssystem aufgenommen worden sind, bei Abfragen in diesem System ein Trefferfall erzielt wird.

Jeder Mitgliedstaat muss zur Einhaltung der sich aus dem Schengener Übereinkommen ergebenden Verpflichtungen eine zentrale Behörde als einzige Kontaktstelle für den Austausch von Zusatzinformationen in Bezug auf SIS-Daten einrichten. Diese Kontaktstelle, die SIRENE-Büro genannt wird, muss rund um die Uhr voll einsatzbereit sein.

1.2.    SIRENE-Handbuch

Das SIRENE-Handbuch enthält Weisungen für die Bediensteten der SIRENE-Büros mit einer detaillierten Beschreibung der Vorschriften und Verfahren für den bilateralen oder multilateralen Austausch der Zusatzinformationen.

1.3.    Grundsätze

Die Zusammenarbeit über die SIRENE-Büros beruht auf folgenden Grundsätzen:

1.3.1.    Ständige Verfügbarkeit

Jeder Mitgliedstaat richtet ein nationales SIRENE-Büro ein, das den Mitgliedstaaten, die die SIS-Bestimmungen des Schengener Übereinkommens anwenden, als einzige Kontaktstelle dient. Dieses Büro muss 24 Stunden am Tag, sieben Tage pro Woche mit ausreichender Kapazität voll einsatzbereit sein. Es muss auch für technische Analysen, Unterstützung und Problemlösungen 24 Stunden am Tag, sieben Tage pro Woche mit ausreichender Kapazität zur Verfügung stehen.

1.3.2.    Kontinuität

Jedes SIRENE-Büro muss über eine interne Struktur verfügen, die die Kontinuität des Managements, der personellen Besetzung und der technischen Infrastruktur gewährleistet. Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um Kompetenz- und Erfahrungsverluste infolge von Personalfluktuation zu vermeiden.

Die Leiter der einzelnen SIRENE-Büros kommen mindestens zweimal jährlich zusammen, um die Qualität der Zusammenarbeit zwischen ihren Diensten zu bewerten, die im Falle von Schwierigkeiten erforderlichen technischen oder organisatorischen Maßnahmen zu beschließen und gegebenenfalls Verfahren anzupassen.

1.3.3.    Sicherheit

Gebäudesicherheit

Zum Schutz der SIRENE-Bürogebäude sind materielle und organisatorische Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. Welche besonderen Maßnahmen zu treffen sind, ergibt sich aufgrund der Gefährdungsanalysen, die von jedem Schengen-Staat durchgeführt werden. Die im „EU-Schengen-Katalog: Schengener Informationssystem, SIRENE“ festgelegten Empfehlungen und bewährten Verfahren sollten in der Praxis angewandt werden ( 18 ).

Die besonderen Merkmale können voneinander abweichen, da sie sich nach den Gefährdungen im unmittelbaren Umfeld und am jeweiligen Ort des SIRENE-Büros richten müssen. Sie können insbesondere Folgendes umfassen:

 Sicherheitsglas in den Außenfenstern,

 gesicherte und verschlossene Türen,

 Stein- bzw. Betonwände rund um das SIRENE-Büro,

 Videoüberwachungsanlage, Einbruchalarm einschließlich Erfassung von Personen beim Zugang und Verlassen des Gebäudes und von außergewöhnlichen Vorfällen,

 Wachpersonal vor Ort oder schnell verfügbar,

 Feuerlöschsystem und/oder direkte Verbindung zur Feuerwehr,

 getrennte Räumlichkeiten, um zu vermeiden, dass Personal, das nicht an Maßnahmen der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit beteiligt ist oder keinen Zugang zu Unterlagen haben muss, die SIRENE-Büros betreten oder sie durchqueren muss, und/oder

 geeignetes Backup-System für die Stromversorgung und die Telekommunikation.

Systemsicherheit

Die Grundsätze der Systemsicherheit sind in Artikel 118 des Schengener Übereinkommens festgelegt.

Für den Ernstfall sollte das SIRENE-Büro über einen Back-up-Computer und ein Back-up-Datenbanksystem an einem anderen Ort verfügen.

1.3.4.    Zugang zu Informationen

Um die erforderlichen Zusatzinformationen liefern zu können, muss das SIRENE-Personal direkten oder indirekten Zugang zu allen im Land vorhandenen einschlägigen Informationen haben und Fachleute zu Rate ziehen können.

1.3.5.    Mitteilungen

Operationell

Als Kommunikationskanal für SIRENE-Mitteilungen ist die Kommunikationsinfrastruktur für den Schengen-Rahmen (SISNET) ( 19 ) zu nutzen. Nur wenn dieser Kanal nicht zur Verfügung steht, ist von Fall zu Fall ein anderes und zwar das angesichts der Umstände am besten geeignete Kommunikationsmittel entsprechend den technischen Möglichkeiten sowie den Sicherheits- und Qualitätsanforderungen, denen die Mitteilung genügen muss, zu bestimmen.

Es gibt zwei Arten schriftlicher Mitteilungen: Freitext und Standardformulare. Letztere müssen den Vorschriften gemäß Anhang 5 entsprechen. Die Formulare B ( 20 ), C ( 21 ) und D ( 22 ) sind nicht mehr zu verwenden und werden aus Anhang 5 entfernt.

Damit das SIRENE-Personal möglichst gut mit dem Personal eines anderen SIRENE-Büros kommunizieren kann, ist eine Sprache zu verwenden, die beiden Seiten geläufig ist.

Das SIRENE-Büro beantwortet alle Auskunftsersuchen, die von einem anderen Mitgliedstaat über sein SIRENE-Büro gestellt werden, so bald wie möglich, spätestens aber zwölf Stunden nach Eingang der Anfrage. Siehe auch Abschnitt 2.16 (Angabe der Dringlichkeit in SIRENE-Formularen).

Bei der täglichen Arbeit sind Prioritäten nach der Art der Ausschreibung und der Bedeutung des Falles zu setzen.

Nichtoperationell

Für den Austausch von nichtoperationellen Informationen sollte das SIRENE-Büro die entsprechende SISNET-E-Mail-Adresse nutzen.

SIRENE-Adressbuch (SAB)

Die Kontaktadressen der SIRENE-Büros und die für die Kommunikation und Zusammenarbeit benötigten Angaben werden im SIRENE-Adressbuch (SAB) erfasst und bereitgestellt. Jedes SIRENE-Büro sorgt dafür, dass

a) im SAB enthaltene Informationen nicht an Dritte weitergegeben werden,

b) das SAB den Bediensteten der SIRENE-Büros bekannt ist und von ihnen genutzt wird,

c) jegliche Aktualisierung der im SAB aufgelisteten Informationen unverzüglich an den SAB-Verwalter weitergeleitet wird.

1.3.6.    Transliterationsregeln

Bei der Kommunikation zwischen den SIRENE-Büros über das SISNET sind die Transliterationsregeln in Anhang 2 zu beachten.

1.3.7.    Datenqualität

Die einzelnen SIRENE-Büros müssen bei den ins SIS eingegebenen Informationen als Datenqualitätssicherungskoordinator fungieren. Um diese Funktion auszuüben, für die sie gemäß Artikel 92 Absatz 4 und Artikel 108 verantwortlich sind, müssen die SIRENE-Büros mit der erforderlichen nationalen Kompetenz und Kapazität ausgestattet sein. Daher ist ein nationales Datenqualitätsaudit einschließlich einer Überprüfung der Trefferquote bei den Ausschreibungen und des Dateninhalts vorzusehen.

In Zusammenarbeit mit den nationalen SIRENE-Büros sollten nationale Vorschriften für die Schulung der Endbenutzer hinsichtlich der Grundsätze der Datenqualität und der Vorgehensweise festgelegt werden. Es wird empfohlen, dass die SIRENE-Büros bei den Schulungen aller Mitarbeiter von Behörden vertreten sind, die Ausschreibungen eingeben, wobei die Datenqualität und eine maximale Nutzung des SIS im Mittelpunkt stehen sollten.

1.3.8.    Strukturen

Alle für die internationale polizeiliche Zusammenarbeit verantwortlichen nationalen Behörden, einschließlich der SIRENE-Büros, sind in eine Struktur einzubinden, so dass Kompetenzstreitigkeiten und unnötige Doppelarbeit vermieden werden.

1.3.9.    Archivierung

a) Jeder Mitgliedstaat legt die Modalitäten der Speicherung von Informationen fest.

b) Das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats hält für die anderen Mitgliedstaaten sämtliche Informationen zu den von ihm eingegebenen Ausschreibungen zur Verfügung.

c) Die Informationen sind in jedem SIRENE-Büro so zu archivieren, dass ein schneller Zugriff möglich ist und die sehr knappen Fristen für die Informationsübermittlung eingehalten werden können.

d) Gemäß Artikel 112 A des Schengener Übereinkommens speichern die SIRENE-Büros die bei einem Informationsaustausch erhaltenen personenbezogenen Daten nur so lange wie für den Zweck der Datenübermittlung erforderlich. Sie werden auf jeden Fall spätestens ein Jahr nach der Löschung der Ausschreibung bzw. der Ausschreibungen zu der betreffenden Person oder Sache aus dem SIS gelöscht. Allerdings kann nach dem Recht eines Mitgliedstaats eine längere Speicherung von Daten zu einer Ausschreibung dieses Mitgliedstaats oder zu einer Ausschreibung, in deren Zusammenhang Maßnahmen in seinem Hoheitsgebiet ergriffen wurden, erlaubt sein.

e) Von anderen Mitgliedstaaten übermittelte Zusatzinformationen werden vom Empfänger-Mitgliedstaat nach Maßgabe der innerstaatlichen Datenschutzvorschriften gespeichert. Die Bestimmungen von Titel VI des Schengener Übereinkommens, des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI und der Richtlinie 95/46/EG finden gegebenenfalls auch Anwendung.

f) Informationen über missbräuchlich verwendete Identitäten sind nach der Löschung der entsprechenden Ausschreibung zu löschen.

1.4.    Personal

1.4.1.    Kenntnisse

Das Personal der SIRENE-Büros muss möglichst viele Fremdsprachen abdecken können; das diensthabende Personal muss mit allen SIRENE-Büros kommunizieren können.

Die Bediensteten müssen über Kenntnisse in folgenden Bereichen verfügen:

 nationale und europäische Rechtsfragen,

 nationale Strafverfolgungsbehörden und

 nationale und europäische Justizsysteme und Systeme der Einwanderungssteuerung.

Sie müssen die Befugnis haben, jeden neuen Fall selbstständig zu bearbeiten.

Bei besonderen Anfragen oder der Einholung von (juristischem) Expertenwissen sollten sie die Möglichkeit haben, ihre Vorgesetzten und/oder Experten um Unterstützung zu bitten.

Bedienstete, die außerhalb der Bürozeiten im Dienst sind, müssen dieselbe Kompetenz, dieselben Kenntnisse und Befugnisse sowie die Möglichkeit haben, sich an Experten zu wenden, die telefonisch erreichbar sind.

Zur Bearbeitung der üblichen und der besonderen Fälle ist rechtlicher Sachverstand erforderlich. Je nach Fall können SIRENE-Bedienstete mit einem entsprechenden juristischen Hintergrund oder Experten aus den Justizbehörden dieses Fachwissen zur Verfügung stellen.

Die zuständigen nationalen Einstellungsbehörden müssen bei der Einstellung von Personal auf die vorgenannten Fähigkeiten und Kenntnisse achten und Fortbildungskurse oder Seminare auf nationaler und europäischer Ebene organisieren.

Verfügen die Bediensteten über ein hohes Maß an Erfahrung, so sind sie in der Lage, eigenverantwortlich und effizient zu arbeiten. Eine geringe Personalfluktuation ist daher förderlich; es bedarf der uneingeschränkten Unterstützung des Managements, damit eine entsprechende Übertragung der Verantwortlichkeiten möglich ist.

1.4.2.    Fortbildung

Nationale Ebene

Auf nationaler Ebene soll mit angemessenen Schulungen sichergestellt werden, dass die in diesem Handbuch festgelegten personellen Anforderungen erfüllt werden ( 23 ).

Europäische Ebene

Um die Zusammenarbeit zwischen den SIRENE-Büros zu verbessern, sind mindestens einmal jährlich gemeinsame Schulungen zu organisieren. Dabei treffen die SIRENE-Bediensteten Kollegen aus den anderen SIRENE-Büros und tauschen Informationen über nationale Arbeitsmethoden aus. Dadurch werden die Kenntnisse in den Büros aneinander angeglichen und den Bediensteten wird vermittelt, wie wichtig ihre Tätigkeit ist und wie sehr es im Interesse der Sicherheit aller Mitgliedstaaten auf Solidarität ankommt.

1.4.3.    Personalaustausch

Die SIRENE-Büros können auch erwägen, Mitarbeiter mit anderen SIRENE-Büros auszutauschen. Ein solcher Austausch soll den Bediensteten Einblick in andere Arbeitsmethoden geben, ihnen zeigen, wie andere SIRENE-Büros organisiert sind, und ermöglichen, persönliche Kontakte mit Kollegen in anderen Mitgliedstaaten zu knüpfen.

1.5.    Technische Infrastruktur

1.5.1.    SIRENE-Arbeitsablaufsystem

Jedes SIRENE-Büro verfügt über ein computergestütztes Managementsystem (Arbeitsablaufsystem), wodurch sich ein Großteil der täglichen Arbeitsabläufe automatisieren lässt.

1.5.2.    Automatische Dateneingabe

Vorzugsweise sollte die Eingabe von Ausschreibungen in das SIS durch die automatische Übermittlung von nationalen Ausschreibungen, die die Kriterien für die SIS-Eintragung erfüllen, an das N.SIS erfolgen. Diese automatische Übermittlung, einschließlich Kontrollen der Datenqualität, sollte zudem transparent sein und keiner weiteren Aktion seitens der Behörde bedürfen, die die Ausschreibung eingibt.

1.5.3.    Automatische Datenlöschung

Wenn das nationale System — wie im vorherigen Absatz dargelegt — die automatische Übermittlung von nationalen Ausschreibungen an das SIS ermöglicht, sollte die Löschung einer SIS-bezogenen Ausschreibung in der nationalen Datenbank auch zu einer automatischen Löschung der entsprechenden Ausschreibung im SIS führen.

Da Mehrfachausschreibungen nicht zulässig sind, wird empfohlen, dass bei Bedarf nach Möglichkeit die zweite und alle nachfolgenden Ausschreibungen zur selben Person auf nationaler Ebene verfügbar bleiben, so dass sie eingegeben werden können, wenn die erste Ausschreibung erlischt.

1.5.4.    Datenaustausch zwischen SIRENE-Büros

Die für den Datenaustausch zwischen den SIRENE-Büros festgelegten Weisungen sind zu befolgen. ( 24 )

1.5.5.    SIS-Datenqualität

Um jedem SIRENE-Büro zu ermöglichen, seine Funktion als Datenqualitätssicherungskoordinator (siehe Punkt 1.3.7) auszuüben, ist die erforderliche IT-Unterstützung zur Verfügung zu stellen.

2.   ALLGEMEINE VERFAHREN

Die nachfolgend beschriebenen Verfahren finden auf Ausschreibungen nach den Artikeln 95 bis 100 Anwendung; die spezifischen Verfahren für die einzelnen Artikel finden sich in dem jeweiligen Abschnitt.

2.1.    Mehrfachausschreibungen (Artikel 107)

Verschiedene Mitgliedstaaten können eine Ausschreibung zur gleichen Person oder Sache eingeben. Dies darf nicht zu Verwirrung führen; die Endbenutzer müssen genau wissen, was sie zu tun haben, wenn sie eine Ausschreibung eingeben wollen. Daher sind Verfahren zur Auffindung bereits vorhandener Ausschreibungen zur gleichen Person oder Sache (Mehrfachausschreibungen) und eine Rangfolge für die Eingabe in das SIS festzulegen.

Folgende Maßnahmen sind zu ergreifen:

 Vor Eingabe einer Ausschreibung muss geprüft werden, ob dieselbe Person bzw. Sache bereits im SIS ausgeschrieben ist;

 die anderen Mitgliedstaaten müssen konsultiert werden, wenn die Eingabe einer Ausschreibung zu Mehrfachausschreibungen führt, die nicht miteinander vereinbar sind.

2.1.1.    Vereinbarkeit von Ausschreibungen und Rangfolge

Für jede Person bzw. Sache darf nur eine Ausschreibung pro Mitgliedstaat in das SIS eingegeben werden.

Soweit erforderlich, sind daher nach Möglichkeit die zweite und alle nachfolgenden Ausschreibungen zu derselben Person bzw. Sache im jeweiligen Mitgliedstaat zur Verfügung zu halten, so dass sie eingegeben werden können, sobald die erste Ausschreibung erlischt oder gelöscht wird.

Mehrere Mitgliedstaaten dürfen eine Ausschreibung zu derselben Person oder Sache eingeben, wenn die Ausschreibungen miteinander vereinbar sind.

Ausschreibungen zur Festnahme (Artikel 95) sind vereinbar mit Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung (Artikel 96), Vermisstenausschreibungen (Artikel 97) und Ausschreibungen von Personen im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren (Artikel 98). Sie sind nicht vereinbar mit Ausschreibungen zur verdeckten Registrierung oder zur gezielten Kontrolle (Artikel 99). Im Falle eines Treffers bei einer Person, für die eine Ausschreibung zur Festnahme und eine Ausschreibung zur Einreiseverweigerung eingegeben wurden, haben die Verfahren zur Festnahme Vorrang vor jenen zur Einreiseverweigerung.

Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung sind mit Ausschreibungen zur Festnahme vereinbar. Nicht vereinbar sind sie mit Vermisstenausschreibungen, Ausschreibungen von Personen im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren und Ausschreibungen zur verdeckten Registrierung oder zur gezielten Kontrolle.

Ausschreibungen von Vermissten sind vereinbar mit Ausschreibungen zur Festnahme und Ausschreibungen von Personen im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren. Sie sind nicht vereinbar mit Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung und Ausschreibungen zur verdeckten Registrierung oder zur gezielten Kontrolle.

Ausschreibungen von Personen im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren sind vereinbar mit Ausschreibungen zur Festnahme und Ausschreibungen von Vermissten. Nicht vereinbar sind sie mit Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung und Ausschreibungen zur verdeckten Registrierung oder zur gezielten Kontrolle.

Ausschreibungen zur verdeckten Registrierung oder zur gezielten Kontrolle sind nicht vereinbar mit Ausschreibungen zur Festnahme, Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung, Vermisstenausschreibungen und Ausschreibungen von Personen im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren.

Ausschreibungen nach Artikel 99 zur verdeckten Registrierung sind nicht vereinbar mit Ausschreibungen zur gezielten Kontrolle.

Verschiedene Kategorien von Sachfahndungsausschreibungen sind nicht miteinander vereinbar (siehe Vereinbarkeitstabelle unten).

Bei Personenfahndungsausschreibungen gilt die nachstehende Rangfolge:

 Festnahme zum Zwecke der Übergabe oder Auslieferung (Artikel 95),

 Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung im Schengen-Gebiet (Artikel 96),

 Ingewahrsamnahme (Artikel 97),

 verdeckte Registrierung (Artikel 99),

 gezielte Kontrolle (Artikel 99),

 Mitteilung des Aufenthalts (Artikel 97 und 98).

Bei Sachfahndungsausschreibungen gilt die nachstehende Rangfolge:

 Verdeckte Registrierung (Artikel 99),

 gezielte Kontrolle (Artikel 99),

 Sicherstellung oder Beweissicherung (Artikel 100).

Im Benehmen mit den anderen Mitgliedstaaten kann wegen wesentlicher nationaler Belange von dieser Rangfolge abgewichen werden.



Tabelle: Vereinbarkeit von Personenfahndungsausschreibungen

Rangfolge

Ausschreibung zur Festnahme

Ausschreibung zur Einreiseverweigerung

Vermisstenausschreibung (Schutz)

Ausschreibung zur verdeckten Registrierung

Ausschreibung zur gezielten Kontrolle

Vermisstenausschreibung (Aufenthaltsermittlung)

Ausschreibung von Personen im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren

Ausschreibung zur Festnahme

Ja

Ja

Ja

Nein

Nein

Ja

Ja

Ausschreibung zur Einreiseverweigerung

Ja

Ja

Nein

Nein

Nein

Nein

Nein

Vermisstenausschreibung (Schutz)

Ja

Nein

Ja

Nein

Nein

Ja

Ja

Ausschreibung zur verdeckten Registrierung

Nein

Nein

Nein

Ja

Nein

Nein

Nein

Ausschreibung zur gezielten Kontrolle

Nein

Nein

Nein

Nein

Ja

Nein

Nein

Vermisstenausschreibung (Aufenthaltsermittlung)

Ja

Nein

Ja

Nein

Nein

Ja

Ja

Ausschreibung von Personen im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren

Ja

Nein

Ja

Nein

Nein

Ja

Ja



Tabelle: Vereinbarkeit von Sachfahndungsausschreibungen

Rangfolge

Ausschreibung zur verdeckten Registrierung

Ausschreibung zur gezielten Kontrolle

Ausschreibung zur Sicherstellung oder Beweissicherung

Ausschreibung zur verdeckten Registrierung

Ja

Nein

Nein

Ausschreibung zur gezielten Kontrolle

Nein

Ja

Nein

Ausschreibung zur Sicherstellung oder Beweissicherung

Nein

Nein

Ja

2.1.2.    Überprüfung auf Mehrfachausschreibungen bezüglich einer Person

Um die Eingabe von unvereinbaren Mehrfachausschreibungen zu vermeiden, ist sorgfältig zwischen Personen zu unterscheiden, die ähnliche Merkmale aufweisen. Wichtig ist, dass die SIRENE-Büros einander konsultieren und zusammenarbeiten. Jeder Mitgliedstaat muss angemessene technische Verfahren festlegen, die die Auffindung bereits vorhandener Ausschreibungen zur gleichen Person ermöglichen, bevor eine Eingabe getätigt wird.

Die Kriterien, anhand deren sich bestimmen lässt, ob zwei Personen identisch sind, enthält Anhang 6 zu diesem Handbuch.

Es ist wie folgt vorzugehen:

a) Stellt sich bei der Bearbeitung eines Ersuchens um Eingabe einer Ausschreibung heraus, dass im SIS bereits eine Person ausgeschrieben ist, die denselben vorgeschriebenen Identitätskriterien entspricht (Name, Vorname, Geburtsdatum), wird vor der Bestätigung der Ausschreibung eine Überprüfung vorgenommen.

b) Das SIRENE-Büro, das eine neue Ausschreibung eingeben will, setzt sich mit dem ausschreibenden SIRENE-Büro in Verbindung, um zu klären, ob sich die Ausschreibung auf die gleiche Person bezieht (Formular L).

c) Stellt sich bei der Überprüfung heraus, dass die Angaben identisch sind und sich auf dieselbe Person beziehen könnten, leitet das SIRENE-Büro, das eine neue Ausschreibung eingeben will, das Verfahren zur Eingabe einer Mehrfachausschreibung in die Wege. Ergibt die Überprüfung, dass sich die Angaben auf zwei verschiedene Personen beziehen, genehmigt das SIRENE-Büro das Ersuchen um Eingabe der Ausschreibung.

2.1.3.    Beratung über die Eingabe einer Ausschreibung bei Unvereinbarkeit mit einer bestehenden Ausschreibung

Widerspricht ein Ersuchen um Ausschreibung einer Ausschreibung desselben Mitgliedstaats, stellt das nationale SIRENE-Büro sicher, dass nur eine Ausschreibung im SIS enthalten ist. Jeder Mitgliedstaat kann selbst darüber entscheiden, wie er dabei vorgeht.

Ist die beabsichtigte Ausschreibung mit einer Ausschreibung eines anderen Mitgliedstaats oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten nicht vereinbar, so ist dessen bzw. deren Zustimmung erforderlich.

Es ist wie folgt vorzugehen:

a) Sind die Ausschreibungen vereinbar, so sind keine Konsultationen zwischen den SIRENE-Büros erforderlich; sind die Ausschreibungen unabhängig voneinander, entscheidet der Mitgliedstaat, der eine neue Ausschreibung eingeben will, ob eine Konsultation erforderlich ist.

b) Sind die Ausschreibungen nicht vereinbar oder bestehen Zweifel an ihrer Vereinbarkeit, konsultieren die SIRENE-Büros einander mit dem Formular E, damit letztlich nur eine Ausschreibung eingegeben wird.

c) Ausschreibungen zur Festnahme werden unverzüglich eingegeben, ohne die Ergebnisse der Konsultation anderer Mitgliedstaaten abzuwarten.

d) Wird einer Ausschreibung, die mit bereits bestehenden Ausschreibungen unvereinbar ist, nach Konsultation Vorrang eingeräumt, werden bei Eingabe der neuen Ausschreibung die vorherigen Ausschreibungen von den Mitgliedstaaten, die diese eingegeben haben, gelöscht; Streitigkeiten sind durch Beratungen zwischen den SIRENE-Büros beizulegen. Kann auf der Grundlage der festgelegten Rangfolge keine Einigung erzielt werden, verbleibt die zuerst eingegebene Ausschreibung im SIS.

e) Wird eine Ausschreibung gelöscht, werden die Mitgliedstaaten, die keine Ausschreibung eingeben konnten, durch das C.SIS informiert. Das SIRENE-Büro sollte anschließend automatisch über eine Mitteilung durch das N.SIS benachrichtigt werden, dass eine zurückgestellte Ausschreibung eingegeben werden kann. Das SIRENE-Büro leitet das gesamte Verfahren zur Eingabe einer Ausschreibung in die entsprechende Ausschreibungskategorie ein.

2.2.    Informationsaustausch im Trefferfall

Stellt ein Endbenutzer bei einer Abfrage des SIS fest, dass die von ihm eingegebenen Angaben mit den Daten einer Ausschreibung übereinstimmen, so liegt ein „Treffer“ vor.

Der Endbenutzer kann beim SIRENE-Büro Zusatzinformationen anfordern, um die in den SIS-Tabellen 4, 10 oder 16 festgelegten Maßnahmen (Anhang 4) wirksam umzusetzen.

Im Regelfall ist der ausschreibende Mitgliedstaat über den Trefferfall und dessen Ergebnis zu unterrichten.

2.2.1.    Verfahren im Trefferfall

Es ist wie folgt vorzugehen:

a) Ein Trefferfall in Bezug auf eine ausgeschriebene Person oder Sache ist üblicherweise dem SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats mit dem Formular G mitzuteilen.

b) Dabei ist gegebenenfalls der einschlägige Artikel des Schengener Übereinkommens in Feld 090 des Formulars G, einschließlich einer eventuell erforderlichen Zusatzinformation (zum Beispiel „MINOR“ (Minderjähriger)), anzugeben.

c) Im Formular G sind möglichst umfassende Angaben zum Treffer zu machen, unter anderem in Feld 088 die getroffenen Maßnahmen. In Feld 089 kann der ausschreibende Mitgliedstaat um Zusatzinformationen ersucht werden.

d) Erforderlichenfalls übermittelt das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats alle einschlägigen Informationen.

e) Im Hinblick auf die wirksame Durchführung der geforderten Maßnahmen hat das SIRENE-Büro des Mitgliedstaats, in dem der Abgleich ein positives Ergebnis erbrachte, besondere Vorkehrungen zu treffen.

f) Will das SIRENE-Büro des Mitgliedstaats, in dem der Trefferfall festgestellt wurde, nach Zusendung des Formulars G weitere Informationen übermitteln, so hat es das Formular M zu verwenden.

g) Bei einer nach Artikel 95 ausgeschriebenen Person oder einem nach Artikel 97 ausgeschriebenen Minderjährigen unterrichtet das SIRENE-Büro des Mitgliedstaats, in dem der Abgleich ein positives Ergebnis erbrachte, gegebenenfalls das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats nach Absendung des Formulars G telefonisch von dem Trefferfall.

h) Die SIRENE-Büros der Mitgliedstaaten, die Ausschreibungen nach Artikel 96 vorgenommen haben, werden nicht unbedingt systematisch über Trefferfälle informiert; dies kann aber in Ausnahmefällen geschehen, wenn Zusatzinformationen benötigt werden. Die besonderen Verfahren sind in Abschnitt 4 beschrieben.

2.2.2.    Übermittlung weiterer Informationen

Es ist wie folgt vorzugehen:

a) Die SIRENE-Büros können weitere Informationen über Ausschreibungen nach den Artikeln 95 bis 100 übermitteln; dabei können sie im Namen von Justizbehörden handeln, falls diese Informationen im Rahmen der Rechtshilfe weitergeleitet werden.

b) Soweit möglich teilen die SIRENE-Büros im Einklang mit den geltenden Datenschutzbestimmungen die ärztlichen Informationen über nach Artikel 97 ausgeschriebene Personen mit, wenn für diese Personen Schutzmaßnahmen getroffen werden müssen. Die übermittelten ärztlichen Informationen werden nur so lange wie unbedingt nötig aufbewahrt und ausschließlich im Rahmen der ärztlichen Behandlung der betreffenden Personen verwendet.

2.3.    Unmöglichkeit der Durchführung der erbetenen Maßnahme im Trefferfall (Artikel 104 Absatz 3)

Wenn in einem Trefferfall die üblichen Maßnahmen nicht ergriffen werden können, erfolgt der Datenaustausch nach den folgenden Regeln:

a) Der entdeckende Mitgliedstaat informiert umgehend den ausschreibenden Mitgliedstaat über sein SIRENE-Büro, dass er nicht in der Lage ist, die Maßnahmen zu ergreifen, und begründet dies unter Verwendung des Formulars H.

b) Die betroffenen Mitgliedstaaten einigen sich nach Maßgabe ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften und der Bestimmungen des Schengener Übereinkommens gegebenenfalls auf die zu ergreifende Maßnahme.

2.4.    Änderung des Zwecks der Ausschreibung (Artikel 102 Absatz 3)

Artikel 102 Absatz 3 sieht vor, dass die Daten für einen anderen Zweck genutzt werden können als den, für den die Ausschreibung eingegeben wurde, allerdings nur im Trefferfall, um eine unmittelbar bevorstehende schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren, oder aus schwerwiegenden Gründen der Sicherheit des Staates oder zur Verhütung einer schweren Straftat.

Zur Änderung des Zwecks bedarf es der vorherigen Zustimmung des ausschreibenden Mitgliedstaats.

Wird der Zweck einer Ausschreibung geändert, findet der Informationsaustausch nach den folgenden Regeln statt:

a) Der entdeckende Mitgliedstaat teilt über sein SIRENE-Büro dem ausschreibenden Mitgliedstaat mit, aus welchen Gründen er um Änderung des ursprünglichen Zwecks ersucht (Formular I).

b) Der ausschreibende Mitgliedstaat prüft so bald wie möglich, ob er dem Ersuchen stattgeben kann, und teilt dem entdeckenden Mitgliedstaat über sein SIRENE-Büro seine Entscheidung mit.

c) Gegebenenfalls kann der ausschreibende Mitgliedstaat seine Zustimmung mit bestimmten Auflagen für die Nutzung der Daten erteilen.

Nach Zustimmung des ausschreibenden Mitgliedstaats verwendet der entdeckende Mitgliedstaat die Daten zu dem von ihm angegebenen Zweck, für den die Zustimmung erteilt wurde. Dabei berücksichtigt er die gegebenenfalls festgelegten Auflagen.

2.5.    Unrichtige oder unrechtmäßig gespeicherte Daten (Artikel 106)

Die Absätze 2 und 3 des Artikels 106 sehen die Möglichkeit vor, unrichtige oder unrechtmäßig gespeicherte Daten zu berichtigen.

Wird festgestellt, dass Daten unrichtig sind oder unrechtmäßig gespeichert wurden, so findet der Informationsaustausch wie folgt statt:

a) Der Mitgliedstaat, der einen Fehler in den Daten feststellt, teilt dies dem ausschreibenden Mitgliedstaat über sein SIRENE-Büro unter Verwendung des Formulars J mit.

b) Wird zwischen den Mitgliedstaaten Einvernehmen erzielt, wendet der ausschreibende Mitgliedstaat seine innerstaatlichen Verfahren zur Berichtigung des Fehlers an.

c) Kann kein Einvernehmen erzielt werden, empfiehlt das SIRENE-Büro des Mitgliedstaats, der den Fehler festgestellt hat, der zuständigen Behörde seines Landes, den Fall der Gemeinsamen Kontrollinstanz zu unterbreiten.

2.6.    Auskunftsrecht und Recht auf Berichtigung der Daten (Artikel 109 und 110)

Jeder hat das Recht, über die zu seiner Person gespeicherten Daten Auskunft zu erhalten und gegebenenfalls die Berichtigung von Fehlern zu beantragen. Dieses Recht richtet sich nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des Landes, in dem der Antrag gestellt wird.

Ein Mitgliedstaat darf nur Auskunft über eine von einem anderen Mitgliedstaat vorgenommene Ausschreibung erteilen, wenn dieser zuvor mithilfe des Formulars K konsultiert wurde.

2.6.1.    Informationsaustausch über das Auskunftsrecht oder das Recht auf Berichtigung der Daten

Wenn die nationalen Behörden über ein Ersuchen um Auskunft oder Überprüfung der Daten informiert werden müssen, findet der Informationsaustausch nach den folgenden Regeln statt:

a) Jedes SIRENE-Büro wendet die innerstaatlichen Vorschriften über das Auskunftsrecht an. Je nach Fall übermitteln die SIRENE-Büros den zuständigen nationalen Behörden die ihnen übermittelten Ersuchen um Auskunft oder Berichtigung der Daten oder befinden über diese Ersuchen, soweit sie dazu befugt sind.

b) Wenn sie von den zuständigen nationalen Behörden darum gebeten werden, übermitteln die SIRENE-Büros der betroffenen Mitgliedstaaten Informationen über die Ausübung dieses Auskunftsrechts.

2.6.2.    Unterrichtung über Ersuchen um Auskunft über oder Berichtigung oder Löschung von Ausschreibungen anderer Mitgliedstaaten

Der Austausch von Informationen über Ausschreibungen, die von einem anderen Mitgliedstaat in das SIS eingegeben wurden, erfolgt nach Möglichkeit über die nationalen SIRENE-Büros.

Es ist wie folgt vorzugehen:

a) Das Ersuchen um Auskunft, Berichtigung oder Löschung wird dem ausschreibenden Mitgliedstaat so bald wie möglich übermittelt, damit dieser dazu Stellung nehmen kann.

b) Der ausschreibende Mitgliedstaat übermittelt dem Mitgliedstaat, an den das Ersuchen gerichtet wurde, seinen Standpunkt und alle zur Beantwortung des Ersuchens erforderlichen Informationen.

c) Dabei wird den für die Bearbeitung des Ersuchens gegebenenfalls vorgesehenen gesetzlichen Fristen Rechnung getragen.

d) Erhält ein Mitgliedstaat ein Ersuchen einer Person um Auskunft, Berichtigung oder Löschung, so trifft er alle erforderlichen Maßnahmen, um das Ersuchen fristgemäß zu beantworten.

Wenn der ausschreibende Mitgliedstaat dem SIRENE-Büro des Mitgliedstaats, an den das Ersuchen um Auskunft, Berichtigung oder Löschung gerichtet wurde, seinen Standpunkt übermittelt hat, leitet das SIRENE-Büro den Standpunkt so bald wie möglich an die entscheidungsbefugte Behörde weiter.

2.6.3.    Unterrichtung über die Auskunfts- und Berichtigungsverfahren

Es ist wie folgt vorzugehen:

Die SIRENE-Büros unterrichten einander über die innerstaatlichen Rechtsvorschriften, die in Bezug auf die Auskunfts- und Berichtigungsverfahren für personenbezogene Daten verabschiedet wurden, sowie über gegebenenfalls vorgenommene Änderungen.

2.7.    Löschung einer Ausschreibung, wenn die Voraussetzungen für ihre Beibehaltung nicht mehr gegeben sind

Das SIRENE-Büro benachrichtigt die Mitgliedstaaten, die ihre Ausschreibung nicht eingeben konnten, dass ein Trefferfall erzielt und die Ausschreibung gelöscht wurde. Die Informationen, die das SIRENE-Büro des Mitgliedstaats, in dem der Trefferfall festgestellt wurde, in das Formular G eingetragen hat, sind unter Verwendung des Formulars M zu übermitteln.

Abgesehen von den Trefferfällen kann eine Ausschreibung entweder direkt über das C.SIS (wenn die Frist abgelaufen ist) oder indirekt von der Behörde gelöscht werden, die die Ausschreibung in das SIS eingegeben hat (wenn die Voraussetzungen für die Beibehaltung der Ausschreibung nicht mehr gegeben sind).

In beiden Fällen muss die Löschmeldung des C.SIS von den N.SIS automatisch verarbeitet werden.

2.8.    Missbräuchlich verwendete Identität

Von missbräuchlich verwendeter Identität (Nachname, Vorname, Geburtsdatum) ist die Rede, wenn ein Straftäter die Identität einer echten Person benutzt. So kann unter anderem ein Dokument zum Nachteil des echten Inhabers verwendet werden.

Der Mitgliedstaat, der den Code 3 im Feld „Identitätsart“ eingibt, übermittelt das Formular Q, sobald er die Ausschreibung in das SIS eingibt oder diese verändert.

Wird der Code 3 im Feld „Identitätsart“ bei der Abfrage des SIS gefunden, kontaktiert der Beamte, der die Prüfung durchführt, das nationale SIRENE-Büro und holt Zusatzinformationen ein, um zu klären, ob die überprüfte Person die gesuchte Person ist oder die Person, deren Identität missbräuchlich verwendet wird.

Sobald feststeht, dass die Identität einer Person missbräuchlich verwendet wird, ist der Code „3“ in die Ausschreibung einzutragen.

Zusatzinformationen über die Person, deren Identität missbräuchlich verwendet wird, dürfen nur mit ihrer uneingeschränkten und ausdrücklichen Einwilligung in Bezug auf alle Angaben verarbeitet werden.

Die Person, deren Identität missbräuchlich verwendet wird, lässt — sofern sie hierzu ihre ausdrückliche Einwilligung erteilt hat — entsprechend den innerstaatlichen Verfahren dem nationalen SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats die Informationen zukommen, die zur Vermeidung der negativen Auswirkungen einer falschen Identifizierung erforderlich sind, wie besondere Kennzeichen und Angaben zu den Ausweispapieren, und/oder füllt das Formular Q aus.

Unter Berücksichtigung der unten genannten Bedingung dürfen das Lichtbild und die Fingerabdrücke der Person, deren Identität missbräuchlich verwendet wird, auch im SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats verwahrt werden.

Auf dem Formular Q bezieht sich nur die Schengen-Nummer auf die Daten der Person, nach der mit der Ausschreibung im SIS gefahndet wird; alle anderen Angaben beziehen sich auf das Opfer der missbräuchlichen Identitätsverwendung. Rubrik 052 (Datum der Ausstellung des Dokuments) muss ausgefüllt werden. In Rubrik 083 (Besondere Informationen zur Ausschreibung) sind gegebenenfalls zusätzliche Angaben zum Identitätsmissbrauch zu machen (zum Beispiel weitere Unterscheidungsmerkmale), und es ist stets die Kontaktstelle zu vermerken, die über zusätzliche Informationen zur Ausschreibung verfügt.

Wenn festgestellt wird, dass eine im SIS ausgeschriebene Person die Identität einer anderen Person missbräuchlich verwendet, prüft der ausschreibende Mitgliedstaat, ob die missbräuchlich verwendete Identität in der SIS-Ausschreibung beibehalten werden muss (um die gesuchte Person finden zu können).

Die Daten der Person, deren Identität missbräuchlich verwendet wird, einschließlich Fingerabdrücken und Lichtbildern, dürfen nur herangezogen werden, um die Identität der überprüften Person festzustellen; sie dürfen keinesfalls zu einem anderen Zweck verwendet werden. Informationen über missbräuchlich verwendete Identitäten sind im Zuge der Löschung der entsprechenden Ausschreibung zu löschen.

2.9.    Eingabe eines Aliasnamens

Um unvereinbare Ausschreibungen jeglicher Art aufgrund eines einzugebenden Aliasnamens und Probleme für unschuldige Opfer zu vermeiden, unterrichten die SIRENE-Büros — sofern ihnen diese Informationen vorliegen — einander über Aliasnamen und übermitteln alle einschlägigen Informationen über die tatsächliche Identität der gesuchten Person. Der ausschreibende Mitgliedstaat ist für die Eingabe von Aliasnamen zuständig. Stößt ein anderer Mitgliedstaat auf einen Aliasnamen, so informiert er den ausschreibenden Mitgliedstaat.

2.10.    SIRPIT (SIRENE Picture Transfer)

2.10.1.    Entwicklung und Hintergrund von SIRPIT

Die SIRENE-Büros müssen Fingerabdrücke und Lichtbilder zu Identifizierungszwecken austauschen können.

Wenn es Zweifel an der Identität einer entdeckten Person gibt, ermöglicht das SIRPIT-Verfahren einen raschen elektronischen Austausch von Lichtbildern und Fingerabdrücken zwischen den SIRENE-Büros, so dass ein Vergleich zwischen den Fingerabdrücken und Lichtbildern der entdeckten Person und jenen der ausgeschriebenen Person erfolgen kann.

2.10.2.    Verwendung der ausgetauschten Daten, einschließlich Archivierung

Das Schengener Übereinkommen schränkt die Verwendung der nach den Artikeln 95 bis 100 erfassten Daten ein. Jede Verwendung von Lichtbildern und Fingerabdrücken, die über SIRPIT ausgetauscht und archiviert werden, muss mit den einschlägigen Bestimmungen des Schengener Übereinkommens, den geltenden innerstaatlichen Datenschutzvorschriften und gegebenenfalls mit der Richtlinie 95/46/EG, dem Rahmenbeschluss 2008/977/JI und dem Übereinkommen 108 des Europarates in Einklang stehen.

2.10.3.    Technische Anforderungen

Jedes SIRENE-Büro muss die technischen SIRPIT-Anforderungen erfüllen.

Das SIRENE-Büro muss in der Lage sein, einerseits Ersuchen um Vergleiche oder Überprüfungen und die diesbezüglichen Ergebnisse elektronisch auszutauschen und andererseits seine Ersuchen elektronisch (ohne Änderungen) an den nationalen Identifizierungsdienst zu versenden und die entsprechenden Ergebnisse zu empfangen.

Im Rahmen von SIRPIT werden Fingerabdrücke und Lichtbilder als Anlage über einen Eingabeschirm versendet, der speziell für diesen Zweck konzipiert wurde.

2.10.4.    Der nationale Identifizierungsdienst

Der nationale Identifizierungsdienst empfängt nur Ersuchen des betreffenden nationalen SIRENE-Büros und versendet die Ergebnisse an dieses.

2.10.5.    Verwendung des SIRENE-Formulars L

Die Übermittlung (Ersuchen um einen Vergleich und um Zusendung des entsprechenden Ergebnisses) über SIRPIT ist mit dem Formular L über den üblichen Kommunikationskanal für die Übermittlung von SIRENE-Formularen anzukündigen. Das Formular L wird zeitgleich mit Fingerabdrücken und/oder Lichtbildern versendet.

2.10.6.    SIRPIT-Verfahren

Das SIRENE-Büro des Landes, in dem die Person entdeckt wurde, wird nachfolgend als „das entdeckende SIRENE-Büro“ bezeichnet.

Das SIRENE-Büro des Landes, das die Ausschreibung in das SIS eingegeben hat, wird nachfolgend als „das liefernde SIRENE-Büro“ bezeichnet.

Das Verfahren lässt zwei Möglichkeiten zu:

2.10.6.1.   Das entdeckende SIRENE-Büro führt den Vergleich durch

a) Das entdeckende SIRENE-Büro schickt ein Formular G auf dem üblichen elektronischen Weg und ersucht in Feld 089 das liefernde SIRENE-Büro, so bald wie möglich ein Formular L sowie die Fingerabdrücke und Lichtbilder zu übermitteln, falls diese vorliegen.

b) Das liefernde SIRENE-Büro antwortet mit einem Formular L. Sind die Fingerabdrücke und Lichtbilder vorhanden, erwähnt das liefernde SIRENE-Büro in Feld 083, dass die Fingerabdrücke und/oder Lichtbilder verschickt werden, damit der Vergleich durchgeführt werden kann.

c) Das entdeckende SIRENE-Büro verschickt die Fingerabdrücke und Lichtbilder an den nationalen Identifizierungsdienst zum Vergleich und bittet auf demselben Weg um das Ergebnis.

d) Das entdeckende SIRENE-Büro übermittelt dem liefernden SIRENE-Büro das Ergebnis in einem Formular L (in Feld 083).

2.10.6.2.   Das liefernde SIRENE-Büro führt den Vergleich durch

a) Das entdeckende SIRENE-Büro verschickt ein Formular G und ein Formular L auf dem üblichen elektronischen Weg und erwähnt in Feld 083 des Formulars L, dass die Fingerabdrücke und Lichtbilder zum Vergleich verschickt werden.

b) Das liefernde SIRENE-Büro verschickt die Fingerabdrücke und Lichtbilder, die es erhalten hat, an den nationalen Identifizierungsdienst zum Vergleich und bittet auf demselben Weg um das Ergebnis.

c) Das liefernde SIRENE-Büro übermittelt dem entdeckenden SIRENE-Büro das Ergebnis in einem Formular L (in Feld 083).

Nach Maßgabe von Artikel 112 A des Schengener Übereinkommens können nach dem Vergleich die Fingerabdrücke und Lichtbilder einer gemeldeten Person von dem entdeckenden SIRENE-Büro in der Akte verwahrt werden für den Fall, dass weitere Vergleiche erforderlich sind.

Die Fingerabdrücke und Lichtbilder einer Person, die über SIRPIT ausgetauscht wurden, aber nicht mit den Daten der gemeldeten Person übereinstimmen, werden gemäß den Bestimmungen des Schengener Übereinkommens, den geltenden innerstaatlichen Datenschutzvorschriften und gegebenenfalls gemäß der Richtlinie 95/46/EG, dem Rahmenbeschluss 2008/977/JI und dem Übereinkommen 108 des Europarates verarbeitet.

2.10.6.3.   Eingabeschirm

Die Eingabemaske wird unter Berücksichtigung der bestehenden Interpol-Eingabemaske (ANSI/NIST-Norm) entwickelt.

Die Eingabemaske enthält folgende Felder:

1. Schengen-ID-Nummer ( 25 ) (siehe Hinweis 1 unten)

2. Kennnummer ( 26 ) (siehe Hinweis 1 unten)

3. Datum der Abnahme der Fingerabdrücke

4. Ort der Abnahme der Fingerabdrücke

5. Datum der Lichtbildaufnahme

6. Grund für die Abnahme der Fingerabdrücke (Ausschreibungsgrund, auf den sich die Übermittlung der Fingerabdrücke stützt)

7. Familienname ( 27 ) (siehe Hinweis 2 unten)

8. Vorname ( 28 ) (siehe Hinweis 2 unten)

9. Geburtsname

10. Identität nachgewiesen?

11. Geburtsdatum ( 29 )

12. Geburtsort

13. Staatsangehörigkeit

14. Geschlecht ( 30 )

15. Weitere Angaben

1. Eintrag entweder in Feld 1 oder in Feld 2.

2. Die Option „unbekannt“ kann eingegeben werden.

Soweit bekannt, sind Ort und Datum der Abnahme der Fingerabdrücke einzugeben.

2.11.    Rolle der SIRENE-Büros im Rahmen der polizeilichen Zusammenarbeit in der Europäischen Union

Der Austausch von Zusatzinformationen nach Maßgabe des Schengener Übereinkommens berührt nicht die Aufgaben, mit denen die SIRENE-Büros aufgrund innerstaatlicher Vorschriften zur Umsetzung anderer Rechtsinstrumente der Europäischen Union im Bereich der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit betraut sind.

Weitere Aufgaben können den SIRENE-Büros übertragen werden, insbesondere aufgrund der innerstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI des Rates ( 31 ), der Artikel 39 und 46 des Schengener Übereinkommens — soweit diese nicht durch den Rahmenbeschluss 2006/960/JI ersetzt wurden —, der Artikel 40 und 41 des Schengener Übereinkommens oder im Falle des Austauschs von Informationen im Rahmen der Rechtshilfe.

Geht bei einem SIRENE-Büro ein Ersuchen eines anderen SIRENE-Büros ein, das nicht in seinen Zuständigkeitsbereich nach innerstaatlichem Recht fällt, so übermittelt es das Ersuchen unverzüglich an die zuständige Behörde und setzt das ersuchende SIRENE-Büro davon in Kenntnis. Erforderlichenfalls unterstützt es das ersuchende SIRENE-Büro bei der Kommunikation.

2.12.    Beziehungen zwischen SIRENE und Interpol

Das SIS soll Interpol weder ersetzen noch soll eine Parallelstruktur gebildet werden. Zwar überschneiden sich einige Aufgaben, doch unterscheiden sich die Grundsätze für das Tätigwerden und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten im Rahmen von Schengen deutlich von denen bei Interpol. Daher müssen Regeln für die Zusammenarbeit zwischen den SIRENE-Büros und den NZB (Interpol-Zentralstellen) auf nationaler Ebene festgelegt werden.

Folgende Grundsätze wurden vereinbart:

2.12.1.    Vorrang von SIS-Ausschreibungen vor Interpol-Ausschreibungen

SIS-Ausschreibungen und der diesbezügliche Informationsaustausch haben stets Vorrang vor Ausschreibungen und dem Informationsaustausch über Interpol. Dies kommt besonders bei widersprüchlichen Ausschreibungen zum Tragen.

2.12.2.    Wahl des Kommunikationskanals

Der Grundsatz, dass Schengen-Ausschreibungen Vorrang vor Interpol-Ausschreibungen haben, ist zu befolgen, und es ist sicherzustellen, dass die NZB der Mitgliedstaaten sich ebenfalls daran halten. Wurde eine Schengen-Ausschreibung eingegeben, läuft die gesamte Kommunikation im Zusammenhang mit dieser Ausschreibung und dem Eingabezweck über SIRENE-Büros. Möchte ein Mitgliedstaat die Kommunikationskanäle wechseln, sind die anderen Parteien vorab zu konsultieren. Eine solche Änderung des Kanals ist nur in Sonderfällen möglich.

2.12.3.    Nutzung und Verbreitung von Interpol-Ausschreibungen in Schengen-Staaten

Angesichts des Vorrangs von SIS-Ausschreibungen vor Interpol-Ausschreibungen sind Letztere auf Ausnahmefälle zu beschränken (d. h. auf die Fälle, in denen im Schengener Übereinkommen die Eingabe einer Ausschreibung in das SIS nicht vorgesehen ist oder die Eingabe technisch nicht möglich ist oder in denen keine ausreichenden Informationen zur Eingabe einer Ausschreibung in das SIS vorliegen). Parallele Ausschreibungen im SIS und über Interpol sind innerhalb des Schengen-Raums unzulässig. Über den Interpol-Kanal verbreitete Ausschreibungen, die den gesamten Schengen-Raum oder einen Teil davon betreffen (Interpol-Zone 2), müssen den folgenden Vermerk enthalten: „Zone 2, ausgenommen die Schengen-Staaten“.

2.12.4.    Übermittlung von Informationen an Drittstaaten

Grundsätzlich werden in das SIS eingegebene Daten Drittstaaten nicht zur Verfügung gestellt. Hat ein Mitgliedstaat eine Ausschreibung veranlasst, so obliegt die Entscheidung über die Übermittlung von Informationen an Drittstaaten (Genehmigung, Art der Verbreitung und Kommunikationskanal) jedoch dem SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats. Das SIRENE-Büro berücksichtigt dabei gegebenenfalls die für den Schutz personenbezogener Daten geltenden Bestimmungen des Schengener Übereinkommens, des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI und der Richtlinie 95/46/EG. Die Nutzung des Interpol-Kanals erfolgt nach den nationalen Bestimmungen und Verfahren.

2.12.5.    Trefferfälle und Löschung einer Ausschreibung

Die Schengen-Staaten stellen auf nationaler Ebene sicher, dass die SIRENE-Büros und die NZB einander über Trefferfälle informieren.

Die Löschung einer Ausschreibung erfolgt nur durch die ausschreibende Behörde.

2.12.6.    Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den SIRENE-Büros und den NZB von Interpol

Jeder Mitgliedstaat ergreift geeignete Maßnahmen, um auf nationaler Ebene einen wirksamen Informationsaustausch zwischen seinem SIRENE-Büro und den NZB zu gewährleisten.

2.13.    Zusammenarbeit mit Europol und Eurojust

Um die Zusammenarbeit zwischen den SIRENE-Büros zu rationalisieren, müssen entsprechende nationale Verfahren festgelegt werden, insbesondere für die Fälle, in denen Europol oder Eurojust auf das SIS zugreifen und einen Treffer erzielen.

2.14.    Besondere Fahndungsarten

2.14.1.    Örtlich begrenzte Fahndung

Von einer örtlich begrenzten Fahndung ist die Rede, wenn das ersuchende Land konkrete Anhaltspunkte für den Aufenthaltsort einer gesuchten Person oder den Verbleib einer Sache in einem bestimmten Raum hat. Unter solchen Umständen kann einem Ersuchen einer Justizbehörde unmittelbar nach dessen Eingang entsprochen werden.

Örtlich begrenzte Fahndungen im Schengen-Raum werden auf der Grundlage einer Ausschreibung im SIS durchgeführt. Das relevante Formular M, das zum Zeitpunkt der Ausschreibungseingabe oder der Erlangung der Information über den Aufenthaltsort einer Person bzw. den Verbleib einer Sache versendet wird, enthält Angaben zum Aufenthaltsort der gesuchten Person oder zum Verbleib der gesuchten Sache. Eine Personenfahndungsausschreibung wird in das SIS eingegeben, damit sichergestellt ist, dass ein Ersuchen um vorläufige Festnahme sofort vollziehbar ist (Artikel 64 des Schengener Übereinkommens und Artikel 9 Absatz 3 des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl).

Eine solche Ausschreibung erhöht die Chancen auf einen Fahndungserfolg, wenn es innerhalb des Schengen-Raums zu einem unerwarteten Ortswechsel der Person oder der Sache kommt. Der Verzicht auf die Eingabe einer Ausschreibung ist auf besondere Fälle zu beschränken, insbesondere auf Fälle, in denen nicht genügend Informationen vorliegen, um eine Ausschreibung zu erstellen.

2.14.2.    Zielfahndung unter Beteiligung von Polizeisondereinheiten (FAST)

Die SIRENE-Büros in ersuchten Mitgliedstaaten nutzen in geeigneten Fällen auch die Dienste von Sondereinheiten, die Zielfahndungen durchführen (FAST). Die Ausschreibung im SIS lässt sich nicht durch die internationale Zusammenarbeit der genannten Polizeieinheiten ersetzen. Diese Zusammenarbeit darf sich nicht mit der Funktion der SIRENE-Büros als zentrale Stellen für Fahndungen unter Nutzung des SIS überschneiden.

Gegebenenfalls ist eine Zusammenarbeit aufzubauen, damit das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats von dessen nationalen FAST-Einheiten über alle laufenden Maßnahmen im Zusammenhang mit einer in das SIS eingegebenen Ausschreibung informiert wird. Bei Bedarf stellt dieses SIRENE-Büros die betreffenden Informationen anderen SIRENE-Büros zur Verfügung.

Die SIRENE-Büros sorgen für einen schnellen Fluss der Zusatzinformationen, einschließlich der trefferbezogenen Informationen, an die nationalen FAST-Einheiten, wenn Letztere an der Fahndung beteiligt sind.

2.15.    Kennzeichnung

Eine Kennzeichnung erfolgt auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaats.

Ist ein Mitgliedstaat der Auffassung, dass eine Ausschreibung mit seinem innerstaatlichen Recht, seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen oder mit wesentlichen nationalen Interessen nicht vereinbar ist, kann er nach Artikel 94 Absatz 4, Artikel 95 Absatz 3, Artikel 97 und Artikel 99 Absatz 6 des Schengener Übereinkommens die Durchführung einer erbetenen Maßnahme in seinem Hoheitsgebiet jederzeit verweigern, indem er um Kennzeichnung der Ausschreibung nach den Artikeln 95, 97 oder 99 ersucht. Dabei sind die Gründe für das Ersuchen anzugeben.

Bei Kennzeichnung von Ausschreibungen nach den Artikeln 97 und 99 erscheint die Ausschreibung bei einer Abfrage des Systems durch den Endbenutzer nicht auf dem Bildschirm. Ein alternatives Verfahren ist nur für Ausschreibungen nach Artikel 95 vorgesehen. Die Mitgliedstaaten prüfen so rasch wie möglich, welche Ausschreibungen eine Kennzeichnung erfordern könnten.

2.15.1.    Konsultation der Mitgliedstaaten im Hinblick auf eine Kennzeichnung

Es ist wie folgt vorzugehen:

a) Benötigt ein Mitgliedstaat eine Kennzeichnung, so ersucht er über sein SIRENE-Büro den ausschreibenden Mitgliedstaat unter Verwendung des Formulars F (Felder 071-074) um die Kennzeichnung ( 32 ). Feld 080 ist für weitere Angaben zum innerstaatlichen Recht und Feld 083 gegebenenfalls für Zusatzinformationen zur Erläuterung des Kennzeichnungsgrundes und für sonstige Zusatzinformationen zur Ausschreibung zu verwenden.

b) Der ausschreibende Mitgliedstaat fügt die erbetene Kennzeichnung umgehend ein.

c) Nach Austausch der Informationen muss die Ausschreibung auf der Grundlage der Informationen, die der um Kennzeichnung ersuchende Mitgliedstaat im Konsultationsverfahren vorgelegt hat, unter Umständen geändert oder gelöscht oder das Ersuchen zurückgezogen werden.

2.15.2.    Ersuchen um Löschung einer Kennzeichnung

Sobald der Grund für die Kennzeichnung nicht mehr gegeben ist, ersuchen die Mitgliedstaaten um Löschung der zuvor erbetenen Kennzeichnung. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn sich die innerstaatlichen Rechtsvorschriften geändert haben oder wenn sich bei einem weiteren Informationsaustausch über den betreffenden Fall herausgestellt hat, dass die in Artikel 94 Absatz 4, Artikel 95 Absatz 3, Artikel 97 und Artikel 99 Absatz 6 des Schengener Übereinkommens genannten Umstände keinen Bestand mehr haben.

Es ist wie folgt vorzugehen:

a) Das SIRENE-Büro, das zuvor um Kennzeichnung der Ausschreibung ersucht hatte, ersucht das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats darum, die Kennzeichnung zu löschen. Dieses Ersuchen ist unter Verwendung des Formulars F zu stellen. Hierzu wird das Feld 075 verwendet ( 33 ). Feld 080 ist für weitere Angaben zum innerstaatlichen Recht und Feld 083 gegebenenfalls für Zusatzinformationen zur Erläuterung des Grundes für die Löschung der Kennzeichnung und für sonstige Zusatzinformationen zur Ausschreibung zu verwenden.

b) Das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats löscht die Kennzeichnung umgehend.

2.16.    Angabe der Dringlichkeit in SIRENE-Formularen

SIRENE-Formulare, denen vom ersuchten SIRENE-Büro höchste Priorität einzuräumen ist, können als dringend („URGENT“), gefolgt von dem Grund für die Dringlichkeit, gekennzeichnet werden. Gegebenenfalls ist in Feld 083 diese Angabe als erste Information zu vermerken.

3.   AUSSCHREIBUNGEN NACH ARTIKEL 95 ( 34 )

Folgende Schritte sind zu befolgen:

 Prüfungen durch den Mitgliedstaat vor Eingabe der Ausschreibung,

 Mehrfachausschreibungen,

 Übermittlung von Zusatzinformationen an die Mitgliedstaaten,

 Kennzeichnung auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaats,

 Tätigwerden des SIRENE-Büros bei Erhalt einer Ausschreibung nach Artikel 95,

 Informationsaustausch im Trefferfall,

 Löschung einer Ausschreibung,

 missbräuchlich verwendete Identität.

3.1.    Prüfungen durch den Mitgliedstaat vor Eingabe der Ausschreibung

Den meisten neuen Ausschreibungen nach Artikel 95 liegt ein Europäischer Haftbefehl (EuHb) zugrunde. Bei einer Ausschreibung nach Artikel 95 ist jedoch auch eine vorläufige Festnahme bis zum Erhalt eines Auslieferungsersuchens möglich. Folgende Prüfungen sind jeweils durchzuführen:

Der EuHb bzw. das Auslieferungsersuchen muss von einer dazu befugten Justizbehörde des ausschreibenden Mitgliedstaats ausgestellt sein.

Es sollten ausreichend detaillierte Angaben im EuHb bzw. Auslieferungsersuchen und im Formular A eingetragen sein, damit die anderen SIRENE-Büros die Ausschreibung prüfen können (insbesondere EuHb, Abschnitt e: „Beschreibung der Umstände, unter denen die Straftat(en) begangen wurde(n), einschließlich Tatzeit und -ort“ und Formular A, Feld 044: „Beschreibung des Sachverhalts“).

3.2.    Prüfung, ob die Festnahme zum Zwecke der Übergabe oder der Auslieferung nach dem Recht der Mitgliedstaaten zulässig ist

Der ausschreibende Mitgliedstaat prüft, ob die Festnahme, um die ersucht werden soll, nach dem innerstaatlichen Recht der anderen Mitgliedstaaten zulässig ist.

Es ist wie folgt vorzugehen:

a) Prüfung, ob alle Mitgliedstaaten der Ausschreibung Folge leisten können;

b) im Zweifelsfall: Konsultation des betroffenen SIRENE-Büros und Übermittlung oder Austausch der für die Prüfung erforderlichen Informationen.

Jeder Mitgliedstaat ergreift angemessene technische oder organisatorische Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Ausschreibungen nach Artikel 95 Absatz 2 Satz 2 erst in das SIS eingegeben werden, nachdem das SIRENE-Büro im fraglichen Mitgliedstaat informiert wurde.

3.3.    Mehrfachausschreibungen

3.3.1.    Überprüfung auf Mehrfachausschreibungen (Artikel 107)

Jeder Mitgliedstaat darf nur eine Ausschreibung für eine gesuchte Person in das System eingeben. Daher ist eine Überprüfung erforderlich, um Mehrfachausschreibungsersuchen aus einem Mitgliedstaat zu ermitteln. Für den Fall von Mehrfachersuchen aus einem Mitgliedstaat ist ein nationales Verfahren erforderlich, damit vereinbart werden kann, welcher Europäische Haftbefehl bei der Ausschreibung nach Artikel 95 angegeben wird. Auf der Grundlage dieser Ausschreibung wird den Mitgliedstaaten nach dem in Abschnitt 3.4 erläuterten Verfahren nur ein Formular A übermittelt. Alternativ könnte ein einziger Europäischer Haftbefehl ausgestellt werden, der alle Straftaten abdeckt.

Die allgemeinen Verfahren zur Überprüfung von Mehrfachausschreibungen sind in Abschnitt 2.1.2 beschrieben.

Bis zur Löschung der eingegebenen Ausschreibung registriert das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats alle Ausschreibungsersuchen, die nach Konsultation gemäß den oben genannten Bestimmungen abgelehnt wurden.

Wenn in einem Mitgliedstaat ein Trefferfall erzielt wurde, kann das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats so viele EuHb übermitteln, wie von den zuständigen nationalen Justizbehörden ausgestellt wurden.

Mehrere Mitgliedstaaten können eine Ausschreibung für einen EuHb zur selben Person eingeben. Wenn zwei oder mehr Mitgliedstaaten einen EuHb für dieselbe Person erlassen haben, wird die Entscheidung darüber, welcher Haftbefehl bei einer Festnahme zu vollstrecken ist, von der vollstreckenden Justizbehörde des Mitgliedstaats, in dem die Festnahme erfolgt, getroffen. Sind die Ausschreibungen vereinbar, so wird im Trefferfall als Reaktion auf jedes Ersuchen ein Formular G übermittelt.

3.3.2.    Informationsaustausch

Die allgemeinen Verfahren sind in den Abschnitten 2.1.2 und 2.1.3 beschrieben.

3.4.    Übermittlung von Zusatzinformationen an die Mitgliedstaaten

3.4.1.    Übermittlung von Zusatzinformationen zu einem EuHb

Die Formulare A und M, die für alle Mitgliedstaaten gleich sind, sind zu verwenden; die darin enthaltenen Informationen müssen denen im EuHb entsprechen.

Angaben im Formular A:

 006-013: Die einschlägigen Informationen, die in das SIS eingegeben wurden und Abschnitt a des EuHb entsprechen;

 030: die Information, dass sich dieses Formular A auf einen EuHb bezieht, sowie Angaben zum Richter oder Gericht, der/das diesen Haftbefehl erlassen hat (Abschnitt i des EuHb zu entnehmen);

 031: die einschlägigen Informationen, die in Abschnitt b des EuHb bezüglich der Entscheidung enthalten sind, die dem Haftbefehl zugrunde liegt;

 032: Datum des Haftbefehls;

 033: Funktion der Justizbehörde, die den Haftbefehl erlassen hat (Abschnitt i des EuHb zu entnehmen);

 034: die einschlägigen Informationen aus EuHb-Abschnitt c, 1 zuzüglich, falls zutreffend:

 

 Die Straftat(en), auf deren Grundlage der Haftbefehl erlassen wurde, ist/sind mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe oder einer lebenslangen freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung zu belegen.

 Das Rechtssystem des ausschreibenden Mitgliedstaats ermöglicht auf Antrag oder mindestens nach 20 Jahren eine Überprüfung der auferlegten Strafe oder Maßregel mit dem Ziel, dass diese Strafe oder Maßregel nicht vollstreckt werden. und/oder

 Das Rechtssystem des ausschreibenden Mitgliedstaats ermöglicht die Anwendung von Gnadenmaßnahmen, auf die die Person nach dem Gesetz oder der Praxis des ausschreibenden Mitgliedstaats Anspruch hat, mit dem Ziel, dass diese Strafe oder Maßregel nicht vollstreckt werden;

 035-037: die einschlägigen Informationen aus EuHb-Abschnitt b;

 038: die einschlägigen Informationen aus EuHb-Abschnitt c, 2 zuzüglich, falls zutreffend:

 

 Die Straftat(en), auf deren Grundlage der Haftbefehl erlassen wurde, ist/sind mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe oder einer lebenslangen freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung zu belegen.

 Das Rechtssystem des ausschreibenden Mitgliedstaats ermöglicht auf Antrag oder mindestens nach 20 Jahren eine Überprüfung der auferlegten Strafe oder Maßregel mit dem Ziel, dass diese Strafe oder Maßregel nicht vollstreckt werden, und/oder

 Das Rechtssystem des ausschreibenden Mitgliedstaats ermöglicht die Anwendung von Gnadenmaßnahmen, auf die die Person nach dem Gesetz oder der Praxis des ausschreibenden Mitgliedstaats Anspruch hat, mit dem Ziel, dass diese Strafe oder Maßregel nicht vollstreckt werden;

 039: Informationen aus EuHb-Abschnitt c, 2;

 040: Informationen aus EuHb-Abschnitt e über die anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen;

 041: Informationen aus EuHb-Abschnitt e über die Art und rechtliche Würdigung der Straftat(en);

 042: Informationen aus EuHb-Abschnitt e über die Tatzeit;

 043: Informationen aus EuHb-Abschnitt e über den Tatort;

 044: Informationen aus EuHb-Abschnitt e über die Umstände der Straftat(en);

 045: Informationen aus EuHb-Abschnitt e über die Art der Beteiligung der gesuchten Person;

 058: Informationen aus EuHb-Abschnitt a über besondere Kennzeichen/Beschreibung der Person.

Angaben in Feld 083 des Formulars M:

 Wenn der Text „Information gemäß EuHb-Abschnitt d über Entscheidung in einem Abwesenheitsurteil“ erscheint, wird, falls zutreffend, folgende Angabe erbeten:

 

a) Angabe, ob die Entscheidung in Abwesenheit ergangen ist;

b) falls ja, Präzisierung, ob die betreffende Person persönlich geladen oder über Zeitpunkt und Ort der Anhörung informiert war, in der die Entscheidung in Abwesenheit ergangen ist. Ist dies nicht der Fall, sind die rechtlichen Garantien zu nennen. Seit Inkrafttreten des Rahmenbeschlusses 2009/299/JI ( 35 ) sind die Bedingungen, unter denen die Entscheidung in Abwesenheit ergangen ist, entsprechend den Angaben im EuHb in Feld 083 zu vermerken. Auf die Codes 2, 3.1a, 3.1b, 3.2, 3.3 (Entscheidung nicht angefochten), 3.3 (keine Beantragung der Wiederaufnahme des Verfahrens oder eines Berufungsverfahrens) und 3.4 ist Bezug zu nehmen; gegebenenfalls ist anzugeben, wie die entsprechenden Bedingungen erfüllt wurden.

 Wenn der Text „Strafbare Straftat(en) gemäß EuHb-Abschnitt e, I und II“ erscheint, sind, falls zutreffend, eine oder mehrere der — nach dem Recht des ausschreibenden Mitgliedstaats definierten — Straftaten gemäß Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses (oder Abschnitt e, I des EuHb) einzutragen, die im ausschreibenden Mitgliedstaat mit einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht sind.

 Fällt/fallen die Straftat(en) unter die Liste in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl, ist/sind die Straftat(en) vollständig mit dem in der Liste verwendeten Wortlaut in das Formular M einzugeben.

 Fallen die Straftaten nicht unter die oben genannte Liste, sind folgende Informationen erforderlich:

 

a) entweder dass der Haftbefehl für Taten erlassen wurde, die nach dem Recht des ausschreibenden Mitgliedstaats mit einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht sind,

b) oder dass, wenn eine Strafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Sicherung auferlegt wurde, diese Strafe mindestens vier Monate beträgt.

 Haben die Informationen, die in Feld 083 des Formulars M einzufügen sind, mehr als 1 024 Zeichen, so müssen mehrere Formulare M versendet werden.

3.4.2.    Übermittlung von Zusatzinformationen in Bezug auf eine vorläufige Festnahme

Die Akte bezüglich Personen, die zum Zwecke der Auslieferung festgenommen werden sollen, ist vorzubereiten, bevor die Ausschreibung eingegeben wird. Es ist zu prüfen, ob die Informationen vollständig sind und den formalen Anforderungen entsprechen. Die nachstehend genannten Informationen sind zu übermitteln; Angaben zur Strafverfolgung bzw. Strafvollstreckung sind grundsätzlich alternativ zu liefern:

 006: Nachname: In Rubrik 006 wird der Name eingetragen, der für die Hauptdaten bei der Ausschreibung im SIS verwendet wird;

 007: Vorname;

 009: Geburtsdatum;

 010: Geburtsort;

 011: Aliasname: In dieser Rubrik wird der erste Aliasname ganz ausgeschrieben sowie die gesamte Anzahl der festgestellten Aliasnamen vermerkt. Erforderlichenfalls kann ein Formular M zur Mitteilung der vollständigen Liste der Aliasnamen übermittelt werden;

 012: Geschlecht;

 013: Staatsangehörigkeit: Rubrik 013 „Staatsangehörigkeit“ muss auf der Grundlage der vorliegenden Informationen so vollständig wie möglich ausgefüllt werden. Falls Zweifel hinsichtlich der Informationen bestehen, sollte der Code „1W“ sowie ggf. die Angabe „vermutlich mit … Staatsangehörigkeit“ angefügt werden;

 030: Behörde, die den Haftbefehl oder die Entscheidung erlassen hat (Name und Funktion des Richters oder Staatsanwalts oder Bezeichnung des Gerichts);

 031: Aktenzeichen des Haftbefehls oder der Entscheidung (037). Siehe auch Bemerkungen unten;

 032: Datum des Haftbefehls oder der Entscheidung (036). In einem Begleitpapier können Ersuchen um Strafverfolgung und -vollstreckung zusammengefasst werden;

 033: Angabe der ersuchenden Behörde;

 034: Höchststrafe/angedrohte Höchststrafe;

 035: Richter oder Gericht, der/das die Entscheidung erlassen hat;

 036: Datum der Entscheidung;

 037: Aktenzeichen der Entscheidung;

 038: verhängte Strafe;

 039: noch zu verbüßende Strafe;

 040: anzuwendende Gesetzestexte;

 041: rechtliche Würdigung des Sachverhalts;

 042: Datum, an dem bzw. Zeitraum, in dem die Straftat begangen wurde;

 044: Beschreibung des Sachverhalts (einschließlich der sich daraus ergebenden Folgen);

 045: Grad der Beteiligung (Täter — Mittäter — Gehilfe — Anstifter).

Jedes Land hat die Möglichkeit, die eigenen rechtlichen Begriffe zu verwenden, um den Grad der Beteiligung zu bezeichnen.

Die eingetragenen Informationen müssen ausreichend detailliert sein, damit die anderen SIRENE-Büros die Ausschreibung prüfen können, aber nicht so detailliert, dass das Übermittlungssystem überlastet wird.

Können die SIRENE-Büros die Nachricht nicht empfangen, da die Anzahl der Schriftzeichen, die aus technischen Gründen für das betreffende Formular festgelegt wurde, nicht ausreicht, kann zur Ergänzung der Informationen ein Formular M übermittelt werden. Der Abschluss der Übermittlung ist durch den Vermerk „Ende der Mitteilung“ im letzten Formular anzugeben (Rubrik 044 von Formular A oder Rubrik 083 von Formular M).

3.4.3.    Eingabe eines Aliasnamens

Die allgemeinen Verfahren sind in Abschnitt 2.9 beschrieben.

Bei Ausschreibungen zur Festnahme benutzen die SIRENE-Büros (zum Zeitpunkt der Eingabe der Ausschreibung) Feld 011 des Formulars A ( 36 ) oder später das Formular M, um die anderen Mitgliedstaaten über Aliasnamen im Zusammenhang mit einer Ausschreibung nach Artikel 95 zu unterrichten, wenn diese Information dem betreffenden SIRENE-Büro vorliegt.

3.4.4.    Weitere Informationen zur Feststellung der Identität einer Person

Weitere Informationen können nach Konsultation und/oder auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaats vom SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats übermittelt werden, wenn sich dies zur Feststellung der Identität einer Person als erforderlich erweist. Bei diesen Informationen handelt es sich insbesondere um folgende Angaben:

 Herkunft des Passes oder Ausweises, über den die gesuchte Person verfügt,

 Nummer, Ausstellungsdatum und -ort, ausstellende Behörde sowie Gültigkeitsdauer des Passes oder Ausweises,

 Beschreibung der gesuchten Person,

 Name und Vorname des Vaters und der Mutter,

 Vorliegen eines Lichtbilds und/oder von Fingerabdrücken,

 letzte bekannte Adresse.

Die SIRENE-Büros halten diese Informationen sowie Lichtbilder und Fingerabdrücke nach Möglichkeit zur Verfügung oder stellen sicher, dass sie jederzeit sofort Zugriff darauf haben, damit sie schnell weitergeleitet werden können.

Das gemeinsame Ziel besteht darin, das Risiko möglichst gering zu halten, dass eine Person, deren Personalien denen der ausgeschriebenen Person ähnlich sind, fälschlicherweise festgehalten wird.

3.4.5.    Übermittlung der Formulare A und M

Die unter 3.3.1 und 3.3.2 erwähnten Informationen sind über das schnellste verfügbare Kommunikationsmittel zu versenden. Der ausschreibende Mitgliedstaat übermittelt die Formulare A und M zum gleichen Zeitpunkt, wie er die Ausschreibung nach Artikel 95 Absatz 2 in das SIS eingibt. Alle weiteren Informationen, die zu Identifizierungszwecken erforderlich sind, werden nach einer Konsultation und/oder auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaats übermittelt. Mehrere Formulare M mit einer Beschreibung unterschiedlicher EuHb (oder Auslieferungsersuchen) können bei Bedarf übermittelt werden. In das Formular M sind insbesondere Angaben zur Art der Straftat, die dem EuHb zugrunde liegt, zum Zeitpunkt der Begehung der Straftat und zur Verjährungsfrist einzutragen. Erfordert ein neuer EuHb gegen eine Person, gegen die bereits ein EuHb erlassen wurde, dass ein vorhandenes Formular A ersetzt wird, so ist in Feld 030 des neuen Formulars anzugeben, dass das neue Formular A ein älteres ersetzt.

3.5.    Kennzeichnung

Die allgemeinen Verfahren sind in Abschnitt 2.15 beschrieben.

Wird eine Ausschreibung gekennzeichnet, so ist davon auszugehen, dass um die Mitteilung des Aufenthaltsorts der betreffenden Person ersucht wird.

3.5.1.    Systematisches Ersuchen um Kennzeichnung der Ausschreibungen von Personen, die zum Zwecke der Auslieferung festgenommen werden sollen, in Fällen, in denen der Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten ( 37 )keine Anwendung findet

Es ist wie folgt vorzugehen:

a) In Fällen, in denen der Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten keine Anwendung findet, kann das SIRENE-Büro bei Ausschreibungen von Personen, die zum Zwecke der Auslieferung festgenommen werden sollen, andere SIRENE-Büros um systematische Kennzeichnung der Ausschreibungen eigener Staatsangehöriger nach Artikel 95 ersuchen.

b) Jedes SIRENE-Büro, das dies wünscht, übermittelt anderen SIRENE-Büros ein schriftliches Ersuchen.

c) Jedes SIRENE-Büro, an das ein solches Ersuchen gerichtet wird, kennzeichnet die Ausschreibungen für den fraglichen Mitgliedstaat umgehend nach der Eingabe.

d) Die Kennzeichnung wird beibehalten, bis das ersuchende SIRENE-Büro um ihre Löschung bittet.

Haben die in Artikel 94 Absatz 4 des Schengener Übereinkommens genannten Umstände keinen Bestand mehr, beantragt der Mitgliedstaat, der um die Kennzeichnung ersucht hatte, so bald wie möglich die Löschung der Kennzeichnung.

3.6.    Tätigwerden des SIRENE-Büros bei Erhalt einer Ausschreibung nach Artikel 95

Wenn ein SIRENE-Büro die Formulare A und M erhält, durchsucht das Büro oder die angegliederte Einheit so bald wie möglich alle verfügbaren Quellen, um den Aufenthaltsort der Person zu ermitteln. Reichen die vom ersuchenden Mitgliedstaat gelieferten Informationen dem empfangenden Mitgliedstaat nicht aus, ist dies kein Grund, auf eine Suche zu verzichten.

Wird die Ausschreibung nach Artikel 95 für rechtens erklärt und die Person im Mitgliedstaat ausfindig gemacht oder festgenommen, so sind der EuHb und/oder die Formulare A und M an die Behörde des Mitgliedstaats zu übermitteln, die den EuHb vollstreckt. Wird das Original des EuHb angefordert, so ist dieses von der ausstellenden Justizbehörde unmittelbar an die vollstreckende Justizbehörde zu übermitteln (sofern keine anderen Anweisungen vorliegen).

3.7.    Informationsaustausch im Trefferfall

3.7.1.    Unterrichtung der Mitgliedstaaten über einen Trefferfall

Das allgemeine Verfahren ist in Abschnitt 2.2.1 beschrieben.

Außerdem wird folgendes Verfahren angewandt:

a) Von einem Trefferfall bei der Kontrolle einer nach Artikel 95 ausgeschriebenen Person ist stets das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats zu unterrichten. Gegebenenfalls ist der Trefferfall nach Absendung des Formulars G zudem telefonisch mitzuteilen.

b) In Feld 091 des Formulars G sind folgende Angaben zu machen: für die Entgegennahme des EuHb oder des Auslieferungsersuchens zuständige Behörde (Postanschrift, Telefonnummer und, falls vorhanden, Faxnummer und E-Mail-Adresse), Aktenzeichen des EuHb oder des Auslieferungsersuchens (falls vorhanden), zuständige Person (falls vorhanden), erbetene Sprache, Übermittlungsfrist und -weg.

c) Ein Mitgliedstaat, der zuvor den Wunsch geäußert hatte, eine Ausschreibung zu einer bereits ausgeschriebenen Person einzugeben, ist von dem ausschreibenden Mitgliedstaat über jeden Trefferfall bezüglich der ursprünglichen Ausschreibung zu unterrichten.

d) Das C.SIS informiert automatisch alle Mitgliedstaaten über die Löschung einer Ausschreibung. Daher kann ein Mitgliedstaat die Eingabe einer Ausschreibung erwägen, die vorher als unvereinbar mit einer anderen Ausschreibung galt, die jetzt gelöscht ist.

3.7.2.    Übermittlung weiterer Informationen

Die SIRENE-Büros können weitere Informationen über Ausschreibungen nach Artikel 95 übermitteln; dabei können sie im Namen von Justizbehörden handeln, falls diese Informationen im Rahmen der Rechtshilfe weitergeleitet werden.

3.7.3.    Im Trefferfall

Der Endbenutzer kann beim SIRENE-Büro Zusatzinformationen anfordern, um die in den SIS-Tabellen 4, 10 oder 16 festgelegten Maßnahmen (Anhang 4) wirksam umzusetzen.

Im Regelfall ist der ausschreibende Mitgliedstaat über den Trefferfall und dessen Ergebnis zu unterrichten.

Dieses Verfahren hat technische Auswirkungen, da die Ausschreibung möglicherweise gelöscht werden muss und eine andere Ausschreibung, die zuvor aus dem SIS ausgeschlossen wurde, nun eingegeben werden kann.

3.7.4.    Austausch von Zusatzinformationen über eine Übergabe oder Auslieferung

Wenn die zuständigen Justizbehörden dem SIRENE-Büro mitteilen, ob eine zur Festnahme ausgeschriebene Person übergeben oder ausgeliefert werden darf, ist diese Information umgehend dem SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats unter Verwendung des Formulars M mitzuteilen, indem in Feld 083 das Wort „SURRENDER“ (Übergabe) oder „EXTRADITION“ (Auslieferung) eingetragen wird ( 38 ). Die Modalitäten der Übergabe oder Auslieferung sind so bald wie möglich über die SIRENE-Büros mitzuteilen.

Ist die Durchbeförderung einer gesuchten Person erforderlich, leistet das SIRENE-Büro des Durchbeförderungsmitgliedstaats nach einem Ersuchen des SIRENE-Büros oder der zuständigen Justizbehörde des ausschreibenden Mitgliedstaats, das vom SIRENE-Büro unter Verwendung des Formulars M übermittelt wurde, die erforderliche Unterstützung.

3.8.    Löschung einer Ausschreibung

Die Mitgliedstaaten, die ihre Ausschreibung nicht eingeben konnten, sind zu benachrichtigen, dass ein Trefferfall erzielt und die Ausschreibung gelöscht wurde.

3.8.1.    Löschung einer Ausschreibung, wenn die Voraussetzungen für ihre Beibehaltung nicht mehr gegeben sind

Abgesehen von den Trefferfällen kann eine Ausschreibung entweder über das C.SIS (wenn die Frist abgelaufen ist) oder von der Behörde gelöscht werden, die die Ausschreibung in das SIS eingegeben hat (wenn die Voraussetzungen für die Beibehaltung der Ausschreibung nicht mehr gegeben sind).

In beiden Fällen muss die Löschmeldung des C.SIS von den N.SIS automatisch verarbeitet werden, so dass eine zurückgestellte Ausschreibung eingegeben werden kann.

Das SIRENE-Büro wird automatisch über eine Mitteilung durch sein N.SIS benachrichtigt, dass eine zurückgestellte Ausschreibung eingegeben werden kann.

Das SIRENE-Büro leitet das gesamte Verfahren zur Eingabe einer Ausschreibung in die entsprechende Ausschreibungskategorie ein.

3.9.    Missbräuchlich verwendete Identität

Das allgemeine Verfahren ist in Abschnitt 2.8 beschrieben.

4.   AUSSCHREIBUNGEN NACH ARTIKEL 96 ( 39 )

Folgende Schritte sind zu befolgen:

 Eingabe der Ausschreibung,

 Überprüfung auf Mehrfachausschreibungen (es wird auf die allgemeinen Verfahren in Abschnitt 2.1 verwiesen),

 Eingabe eines Aliasnamens (es wird auf die allgemeinen Verfahren in Abschnitt 2.9 verwiesen),

 missbräuchlich verwendete Identität (es wird auf die allgemeinen Verfahren in Abschnitt 2.8 verwiesen),

 SIRPIT-Verfahren (es wird auf die allgemeinen Verfahren in Abschnitt 2.10 verwiesen),

 allgemeine und besondere Verfahren, die zu befolgen sind.

4.1.    Einführung

Aufgrund des Informationsaustauschs über zur Einreiseverweigerung ausgeschriebene Drittstaatsangehörige nach Artikel 96 können die Mitgliedstaaten über die Einreise oder den Visumantrag entscheiden. Befindet sich die Person bereits im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, sind die nationalen Behörden somit in der Lage, entsprechende Maßnahmen für die Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder von Visa für den längerfristigen Aufenthalt oder die Ausweisung zu ergreifen.

Für die Informationsverfahren nach Artikel 5 Absatz 4 des Schengener Grenzkodexes und für die Konsultationsverfahren nach Artikel 25 des Schengener Übereinkommens sind die mit den Grenzkontrollen und der Erteilung von Aufenthaltstiteln oder Visa betrauten Behörden zuständig. Im Prinzip werden die SIRENE-Büros nur einbezogen, wenn es um die Übermittlung von Zusatzinformationen geht, die direkt mit den Ausschreibungen (zum Beispiel Mitteilung eines Trefferfalls, Klärung der Identität) oder mit ihrer Löschung zusammenhängen.

Die SIRENE-Büros können jedoch auch Zusatzinformationen übermitteln, die für die Ausweisung eines Drittstaatsangehörigen oder die Verweigerung seiner Einreise erforderlich sind bzw. die sich aus diesen Maßnahmen ergeben.

4.2.    Eingabe von Ausschreibungen nach Artikel 96

Das SIRENE-Büro gibt solche Ausschreibungen in das SIS ein, wenn es die Behörde ist, die damit betraut wurde.

Soll ausnahmsweise eine Ausschreibung zu einem Drittstaatsangehörigen, der das Recht auf Freizügigkeit genießt, eingegeben werden, übermittelt das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats allen anderen Mitgliedstaaten ein Formular M auf der Grundlage der Informationen der Behörde, die die Ausschreibung eingegeben hat ( 40 ).

4.3.    Eingabe eines Aliasnamens

Das allgemeine Verfahren ist in Abschnitt 2.9 beschrieben.

4.4.    Missbräuchlich verwendete Identität

Wird der Code 3 im Feld „Identitätsart“ bei der Abfrage des SIS gefunden, hat der Beamte, der die Prüfung durchführt, das nationale SIRENE-Büro zu kontaktieren und Zusatzinformationen einzuholen, um zu klären, ob die überprüfte Person die gesuchte Person ist oder die Person, deren Identität missbräuchlich verwendet wird.

Das allgemeine Verfahren zur Einholung und Übermittlung von Informationen über Personen, deren Identität missbräuchlich verwendet wird, ist in Abschnitt 2.8 beschrieben.

4.5.    Zu befolgende SIRENE-Verfahren

Für die Weiterleitung von Zusatzinformationen durch die SIRENE-Büros gelten die folgenden allgemeinen Verfahren:

a) Informationsaustausch bei der Einreiseverweigerung oder der Ausweisung aus dem Schengen-Gebiet,

b) Informationsaustausch bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln oder von Visa für den längerfristigen Aufenthalt.

Für die Weiterleitung von Zusatzinformationen durch die SIRENE-Büros gelten die folgenden besonderen Verfahren:

a) Besondere Verfahren gemäß Artikel 25 des Schengener Übereinkommens,

b) besondere Verfahren gemäß Artikel 5 Absatz 4 des Schengener Grenzkodex,

c) Informationsaustausch in Bezug auf einen das Recht auf Freizügigkeit genießenden Drittstaatsangehörigen,

d) Löschung der Ausschreibung eines EU-Bürgers.

4.6.    Informationsaustausch im Trefferfall

4.6.1.    Informationsaustausch bei der Einreiseverweigerung oder der Ausweisung aus dem Schengen-Gebiet

Es ist wie folgt vorzugehen:

a) Ein Mitgliedstaat kann beantragen, über Trefferfälle bei seinen Ausschreibungen zwecks Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung informiert zu werden. Jeder Mitgliedstaat, der von dieser Möglichkeit Gebrauch machen will, übermittelt den anderen Mitgliedstaaten sein Ersuchen schriftlich.

b) Der vollziehende Mitgliedstaat kann auf eigene Initiative den ausschreibenden Mitgliedstaat über einen Trefferfall und die Einreiseverweigerung oder die Ausweisung des ausgeschriebenen Drittstaatsangehörigen aus dem Schengen-Gebiet unterrichten.

c) Greift ein Mitgliedstaat einen ausgeschriebenen Drittstaatsangehörigen in seinem Hoheitsgebiet auf, übermittelt der ausschreibende Mitgliedstaat die für die Rückführung der Person erforderlichen angeforderten Informationen. Diese Informationen müssen, soweit der vollziehende Mitgliedstaat sie benötigt und sie im ausschreibenden Mitgliedstaat verfügbar sind, in einem Formular M erteilt werden und Folgendes umfassen:

 die Art und den Grund der Ausweisungsverfügung,

 die verfügende Behörde,

 das Datum der Verfügung,

 das Datum der Zustellung (Datum, an dem die Verfügung zugestellt wurde),

 das Datum der Vollstreckung,

 das Datum des Ablaufs der Verfügung oder die Gültigkeitsdauer.

Wird eine ausgeschriebene Person an der Grenze aufgegriffen, wird die im Schengener Grenzkodex vorgesehene und vom ausschreibenden Mitgliedstaat erbetene Maßnahme durchgeführt.

In Einzelfällen kann auch der Austausch von Zusatzinformationen über die SIRENE-Büros zur eindeutigen Identifizierung einer Person dringend erforderlich sein.

4.6.2.    Informationsaustausch bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln oder Visa

Es ist wie folgt vorzugehen:

a) Der vollziehende Mitgliedstaat kann bei einer Ausschreibung zwecks Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung dem ausschreibenden Mitgliedstaat mitteilen, dass bei der Prüfung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels oder eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt der Abgleich ein positives Ergebnis erbrachte.

b) Der ausschreibende Mitgliedstaat kann andere Mitgliedstaaten gegebenenfalls unter Verwendung des Formulars M in Kenntnis setzen.

c) Wenn sie darum gebeten werden, können die SIRENE-Büros der betroffenen Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts die erforderlichen Informationen an die für die Erteilung von Aufenthaltstiteln und Visa zuständigen Stellen übermitteln.

4.6.3.    Besondere Verfahren gemäß Artikel 25 des Schengener Übereinkommens

4.6.3.1.   Verfahren nach Artikel 25 Absatz 1 des Schengener Übereinkommens

Stellt ein Mitgliedstaat vor der Erteilung eines Aufenthaltstitels oder eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt fest, dass der Antragsteller von einem anderen Mitgliedstaat zur Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben wurde, konsultiert er den ausschreibenden Mitgliedstaat über die SIRENE-Büros. Hierzu wird das Formular N verwendet. Die Ausschreibung wird gelöscht, wenn der Mitgliedstaat nach der Konsultation bei seiner Entscheidung bleibt, den Aufenthaltstitel zu erteilen. Die Person kann jedoch in das nationale Ausschreibungsverzeichnis eines Mitgliedstaats zwecks Einreiseverweigerung eingetragen werden.

4.6.3.2.   Verfahren nach Artikel 25 Absatz 2 des Schengener Übereinkommens

Stellt ein Mitgliedstaat, der eine Person zwecks Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben hat, fest, dass der ausgeschriebenen Person ein Aufenthaltstitel oder ein Visum für den längerfristigen Aufenthalt erteilt wurde, konsultiert er den Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum erteilt hat, über die SIRENE-Büros unter Verwendung des Formulars O. Die Konsultation über die SIRENE-Büros unter Verwendung des Formulars O ist auch erforderlich, wenn der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum für den längerfristigen Aufenthalt erteilt hat, später feststellt, dass die Person im SIS zwecks Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben ist ( 41 ).

Stellt ein anderer Mitgliedstaat (also weder der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum für den längerfristigen Aufenthalt erteilt hat, noch der ausschreibende Mitgliedstaat) fest, dass ein Drittstaatsangehöriger, der über einen Aufenthaltstitel oder ein Visum für den längerfristigen Aufenthalt eines Mitgliedstaats verfügt, ausgeschrieben ist, so informiert sein SIRENE-Büro unter Verwendung des Formulars H die SIRENE-Büros sowohl des ausschreibenden Mitgliedstaats als auch des Mitgliedstaats, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat.

Hat das Verfahren nach Artikel 25 des Schengener Übereinkommens die Löschung einer Ausschreibung zwecks Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung zur Folge, so leisten die SIRENE-Büros nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts Unterstützung, soweit sie darum gebeten werden.

4.6.4.    Besondere Verfahren gemäß Artikel 5 Absatz 4 des Schengener Grenzkodexes

4.6.4.1.   Verfahren nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a des Schengener Grenzkodexes

Nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a des Schengener Grenzkodexes wird Drittstaatsangehörigen, die zwecks Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben wurden, aber Inhaber eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels, Visums für den längerfristigen Aufenthalt oder Rückreisevisums sind, die Einreise in das Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten zum Zwecke der Durchreise zur Erreichung des Hoheitsgebiets des Mitgliedstaats gestattet, der das Dokument ausgestellt hat. Die Einreise kann verweigert werden, wenn sie im nationalen Ausschreibungsverzeichnis des letzteren Mitgliedstaats zwecks Einreiseverweigerung eingetragen sind.

Der Mitgliedstaat, der die Ausschreibung in das SIS eingegeben hat, kann dem betreffenden Drittstaatsangehörigen die Einreise verweigern. Auf Ersuchen der zuständigen Behörde konsultiert das SIRENE-Büro dieses Mitgliedstaats jedoch das SIRENE-Büro des Mitgliedstaats, das den Aufenthaltstitel erteilt hat, mit dem Formular O, damit die zuständige Behörde entscheiden kann, ob genügend Gründe für den Entzug des Aufenthaltstitels vorliegen. Wird der Aufenthaltstitel nicht entzogen, so wird die Ausschreibung im SIS gelöscht, wobei der Betroffene jedoch in das nationale Ausschreibungsverzeichnis zwecks Einreiseverweigerung eingetragen werden kann.

Er darf in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, der den Aufenthaltstitel erteilt hat, einreisen, jedoch schickt das SIRENE-Büro dieses Mitgliedstaats auf Ersuchen der zuständigen Behörde ein Formular O an das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats, damit die zuständigen Behörden über den Entzug des Aufenthaltstitels oder des Visums für den längerfristigen Aufenthalt bzw. die Löschung der Ausschreibung entscheiden können.

Stellt ein dritter Mitgliedstaat, der weder die Ausschreibung eingegeben noch den Aufenthaltstitel oder das Visum für den längerfristigen Aufenthalt erteilt hat, fest, dass ein Drittstaatsangehöriger, der in diesen Staat einreisen will, im SIS ausgeschrieben ist, er aber über einen Aufenthaltstitel oder ein Visum für den längerfristigen Aufenthalt eines Mitgliedstaats verfügt, erlaubt er diesem die Einreise zur Durchreise in den Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum erteilt hat. Die Einreise kann verweigert werden, wenn die betreffende Person in das nationale Ausschreibungsverzeichnis dieses dritten Mitgliedstaats eingetragen ist. In beiden Fällen informiert das SIRENE-Büro dieses Mitgliedstaats auf Ersuchen der zuständigen Behörde die SIRENE-Büros der beiden anderen Mitgliedstaaten anhand eines Formulars H über die widersprüchliche Regelung und ersucht sie, einander zu konsultieren, um entweder die Ausschreibung im SIS zu löschen oder den Aufenthaltstitel oder das Visum für den längerfristigen Aufenthalt zu entziehen. Es kann auch beantragen, über die Ergebnisse der Konsultationen informiert zu werden.

4.6.4.2.   Verfahren nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe c des Schengener Grenzkodexes

Nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe c kann ein Mitgliedstaat aus humanitären Gründen oder Gründen des nationalen Interesses oder aufgrund internationaler Verpflichtungen vom Grundsatz abweichen, dass einer Person, die zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist, die Einreise verweigert wird. Auf Ersuchen der zuständigen Behörde informiert das SIRENE-Büro des Mitgliedstaats, der die Einreise gestattet hat, das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats anhand eines Formulars H darüber.

4.7.    Informationsaustausch in Bezug auf einen das Recht auf Freizügigkeit genießenden Drittstaatsangehörigen

Für Drittstaatsangehörige, die das Recht auf Freizügigkeit im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, genießen, gelten besondere Bestimmungen ( 42 ).

4.7.1.    Informationsaustausch im Trefferfall

Wird beim Datenabgleich bei einem Drittstaatsangehörigen, der das Recht auf Freizügigkeit genießt, ein Trefferfall erzielt, ist wie folgt vorzugehen:

a) Auf Ersuchen der zuständigen Behörde fordert das SIRENE-Büro des vollziehenden Mitgliedstaats anhand eines Formulars G unverzüglich vom SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats Informationen an, um umgehend über die zu ergreifende Maßnahme entscheiden zu können.

b) Bei Erhalt eines Auskunftsersuchens stellt das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats unverzüglich die angeforderten Informationen zusammen und schickt sie so bald wie möglich an das SIRENE-Büro des vollziehenden Mitgliedstaats.

c) Das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats prüft zusammen mit der zuständigen Behörde, ob die Ausschreibung im Einklang mit der Richtlinie 2004/38/EG beibehalten werden kann, wenn die betreffende Information noch nicht vorliegt. Entscheidet die zuständige Behörde, dass die Ausschreibung beizubehalten ist, informiert das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats mit dem Formular M alle anderen SIRENE-Büros darüber.

d) Der vollziehende Mitgliedstaat informiert über sein SIRENE-Büro das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats darüber, ob die erbetene Maßnahme ausgeführt wurde (mit dem Formular M) oder nicht (mit dem Formular H).

4.7.2.    Informationsaustausch, wenn ein Mitgliedstaat ohne Vorliegen eines Treffers feststellt, dass ein Drittstaatsangehöriger, der das Recht auf Freizügigkeit genießt, zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist

Stellt ein Mitgliedstaat ohne Vorliegen eines Treffers fest, dass ein Drittstaatsangehöriger, der das Recht auf Freizügigkeit genießt, zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist, schickt das SIRENE-Büro dieses Mitgliedstaats auf Ersuchen der zuständigen Behörde ein Formular M an das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats, um es hierüber zu informieren.

Das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats prüft zusammen mit der zuständigen Behörde, ob die Ausschreibung im Einklang mit der Richtlinie 2004/38/EG beibehalten werden kann, wenn die betreffende Information noch nicht vorliegt. Entscheidet die zuständige Behörde, dass die Ausschreibung beizubehalten ist, informiert das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats mit dem Formular M alle anderen SIRENE-Büros darüber.

4.8.    Löschung der Ausschreibung eines EU-Bürgers

Erhält ein Drittstaatsangehöriger, der zur Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben ist, die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats ( 43 ), wird die Ausschreibung gelöscht. Wenn das SIRENE-Büro eines anderen als des ausschreibenden Mitgliedstaats auf die Änderung der Staatsangehörigkeit aufmerksam wird, übermittelt es dem SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats ein Formular J nach dem Verfahren für die Berichtigung und Löschung unrichtiger oder unrechtmäßig gespeicherter Daten (siehe Abschnitt 2.5).

4.9.    Unterrichtung der Schengen-Mitgliedstaaten über einen Trefferfall

Die SIRENE-Büros der Mitgliedstaaten, die Ausschreibungen nach Artikel 96 vorgenommen haben, werden nicht unbedingt systematisch über Trefferfälle informiert; dies kann aber in Ausnahmefällen geschehen, wenn im Einklang mit den Abschnitten 4.6 bis 4.8 Zusatzinformationen benötigt werden. (Siehe auch Abschnitt 2.2.1 Buchstabe g.)

Die SIRENE-Büros stellen statistische Angaben zu solchen Trefferfällen zur Verfügung.

5.   AUSSCHREIBUNGEN NACH ARTIKEL 97 ( 44 )

Folgende Schritte sind zu beachten:

 Überprüfung auf Mehrfachausschreibungen (es wird auf die allgemeinen Verfahren in Abschnitt 2.1 verwiesen),

 Kennzeichnung auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaats,

 Informationsaustausch im Trefferfall,

 missbräuchlich verwendete Identität (es wird auf die allgemeinen Verfahren in Abschnitt 2.8 verwiesen),

 SIRPIT-Verfahren (es wird auf die allgemeinen Verfahren in Abschnitt 2.10 verwiesen).

5.1.    Kennzeichnung

Die allgemeinen Verfahren sind in Abschnitt 2.15 beschrieben.

5.2.    Nähere Angaben zu vermissten Minderjährigen und sonstigen als schutzbedürftig eingestuften Personen

Die SIRENE-Büros haben ohne Weiteres Zugriff auf alle relevanten Zusatzinformationen, die auf nationaler Ebene zu Vermisstenausschreibungen vorliegen, damit sie wirksam zum erfolgreichen Abschluss der Fälle und zur Identifizierung der betreffenden Personen beitragen und umgehend Zusatzinformationen zu fallbezogenen Aspekten liefern können. Relevante Zusatzinformationen können sich insbesondere aus nationalen Entscheidungen über das Sorgerecht für ein Kind oder eine schutzbedürftige Person oder aus Ersuchen um Inanspruchnahme von Warnsystemen für vermisste Kinder („Child Alert“) ergeben.

Im Falle eines besonders schutzbedürftigen Vermissten ist in das Feld 083 des Formulars M zuerst das Wort „dringend“ einzutragen. Die Dringlichkeit sollte durch ein Telefongespräch, in dem auf die Bedeutung des Formulars M und seine Dringlichkeit hingewiesen wird, weiter herausgestellt werden.

Da der Platz für Informationen in Feld 083 des Formulars M aus technischen Gründen begrenzt ist, ist eine gemeinsame Methode für die Eingabe strukturierter Zusatzinformationen und die Reihenfolge dieser Informationen anzuwenden. ( 45 )

Da nicht alle schutzbedürftigen vermissten Personen Landesgrenzen überschreiten, ist im Einzelfall zu entscheiden, welche Zusatzinformationen (zur näheren Beschreibung) an welche Empfänger weitergeleitet werden, wobei alle Umstände zu berücksichtigen sind. Nachdem auf nationaler Ebene darüber entschieden worden ist, inwieweit solche Zusatzinformationen weitergeleitet werden müssen, hat das SIRENE-Büro soweit angebracht eine der folgenden Maßnahmen zu ergreifen:

a) Speicherung der Informationen, damit Zusatzinformationen auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaats übermittelt werden können;

b) Übermittlung des Formulars M an das zuständige SIRENE-Büro, wenn Ermittlungen auf den voraussichtlichen Zielort der vermissten Person schließen lassen;

c) Übermittlung des Formulars M an alle zuständigen SIRENE-Büros, wenn dies aufgrund der Umstände des Verschwindens angezeigt ist, damit alle die Person betreffenden Daten in kurzer Zeit zur Verfügung gestellt werden können.

Sobald ein SIRENE-Büro die Informationen erhalten hat, werden sie — zur Optimierung der Möglichkeiten zur gezielten Ermittlung des Aufenthaltsorts der Person — soweit angebracht an folgende Stellen übermittelt:

a) relevante Grenzstellen,

b) die für die Ermittlung des Aufenthaltsorts und den Schutz von Personen zuständigen Verwaltungs- und Polizeibehörden,

c) die zuständigen Konsularbehörden des ausschreibenden Mitgliedstaats, nachdem ein Trefferfall im SIS festgestellt wurde.

5.3.    Im Trefferfall

Die allgemeinen Verfahren sind in Abschnitt 2.2 beschrieben.

Wird bei einem volljährigen Vermissten ein Trefferfall festgestellt, setzt das SIRENE-Büro des betreffenden Mitgliedstaats den Endbenutzer davon in Kenntnis, dass die Mitteilung von Daten in Bezug auf einen volljährigen Vermissten der Einwilligung des Betroffenen bedarf ( 46 ). Die Einwilligung hat entweder schriftlich zu erfolgen, oder es sollte zumindest ein schriftlicher Nachweis darüber existieren. Wird die Einwilligung verweigert, so muss dies schriftlich geschehen oder amtlich protokolliert werden. Zur Übermittlung weiterer Informationen siehe das Verfahren in Abschnitt 2.2.2.

6.   AUSSCHREIBUNGEN NACH ARTIKEL 98 ( 47 )

Folgende Schritte sind zu beachten:

 Überprüfung auf Mehrfachausschreibungen (es wird auf die allgemeinen Verfahren in Abschnitt 2.1 verwiesen),

 Eingabe der Ausschreibung in das SIS,

 Informationsaustausch im Trefferfall,

 missbräuchlich verwendete Identität (es wird auf die allgemeinen Verfahren in Abschnitt 2.8 verwiesen),

 SIRPIT-Verfahren (es wird auf die allgemeinen Verfahren in Abschnitt 2.10 verwiesen).

6.1.    Im Trefferfall

Die allgemeinen Verfahren sind in Abschnitt 2.2 beschrieben.

Zusätzlich gelten folgende Regeln:

a) Zur Ermittlung des Wohnsitzes oder Aufenthaltsorts werden sämtliche Maßnahmen ergriffen, die im innerstaatlichen Recht des Mitgliedstaats, in dem die Person aufgefunden wurde, zulässig sind.

b) Gegebenenfalls muss durch nationale Verfahren sichergestellt werden, dass Ausschreibungen nur so lange im SIS gespeichert werden, bis der Ausschreibungszweck erfüllt ist.

Die SIRENE-Büros können weitere Informationen über Ausschreibungen nach Artikel 98 übermitteln; dabei können sie im Namen von Justizbehörden handeln, falls diese Informationen im Rahmen der Rechtshilfe weitergeleitet werden.

7.   AUSSCHREIBUNGEN NACH ARTIKEL 99 ( 48 )

Folgende Schritte sind zu beachten:

 Überprüfung auf Mehrfachausschreibungen (es wird auf die allgemeinen Verfahren in Abschnitt 2.1 verwiesen),

 Kennzeichnung auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaats,

 Informationsaustausch im Trefferfall,

 SIRPIT-Verfahren (es wird auf die allgemeinen Verfahren in Abschnitt 2.10 verwiesen).

7.1.    Eingabe eines Aliasnamens

Das allgemeine Verfahren ist in Abschnitt 2.9 beschrieben.

Die anderen Mitgliedstaaten sind unter Verwendung des Formulars M über Aliasnamen im Zusammenhang mit einer Ausschreibung nach Artikel 99 zu unterrichten. Sofern erforderlich, übermitteln die SIRENE-Büros diese Information an die nationalen Behörden, die für die jeweilige Ausschreibungskategorie verantwortlich sind.

7.2.    Benachrichtigung anderer Mitgliedstaaten bei der Eingabe von Ausschreibungen auf Ersuchen der für die Sicherheit des Staates zuständigen Stellen

Bei der Eingabe einer Ausschreibung auf Veranlassung einer für die Sicherheit des Staates zuständigen Stelle informiert das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats mit dem Formular M unter Angabe von Artikel 99 Absatz 3 in Feld 083 alle anderen SIRENE-Büros darüber.

Die Vertraulichkeit bestimmter Informationen wird nach dem innerstaatlichen Recht gewährleistet. So werden die Kontakte zwischen den SIRENE-Büros von den Kontakten zwischen den für die Sicherheit des Staates zuständigen Stellen getrennt.

7.3.    Kennzeichnung

Das allgemeine Verfahren ist in Abschnitt 2.15 beschrieben.

7.4.    Übermittlung weiterer Informationen im Trefferfall

Für Ausschreibungen nach Artikel 99 Absatz 2 ist das allgemeine Verfahren in Abschnitt 2.2 beschrieben.

Außerdem wird folgendes Verfahren angewandt:

a) Wenn ein Trefferfall bezüglich einer Ausschreibung nach Artikel 99 Absatz 3 erzielt wird, unterrichtet das entdeckende SIRENE-Büro das ersuchende SIRENE-Büro mit dem Formular G über die Ergebnisse (verdeckte Registrierung oder gezielte Kontrolle). Gleichzeitig unterrichtet das entdeckende SIRENE-Büro die nationale Stelle, die für die Sicherheit des Staates zuständig ist.

b) Beschließt die für die Sicherheit des Staates zuständige Stelle im entdeckenden Mitgliedstaat, dass die Ausschreibung einer Gültigkeitskennzeichnung bedarf, setzt sie sich (über das Formular F) mit dem nationalen SIRENE-Büro in Verbindung, um beim ersuchenden SIRENE-Büro die Kennzeichnung zu erbeten. Das Ersuchen um Kennzeichnung muss nicht begründet, aber über die SIRENE-Büros abgewickelt werden.

c) Es ist ein spezielles Verfahren erforderlich, um die Vertraulichkeit der Informationen zu gewährleisten. Daher werden die Kontakte zwischen den für die Sicherheit des Staates zuständigen Stellen von den Kontakten zwischen den SIRENE-Büros getrennt. Folglich sind die Gründe für ein Ersuchen um Kennzeichnung direkt zwischen den für die Sicherheit des Staates zuständigen Stellen und nicht über die SIRENE-Büros zu erörtern.

8.   AUSSCHREIBUNGEN NACH ARTIKEL 100 ( 49 )

Folgende Schritte sind zu beachten:

 Überprüfung auf Mehrfachausschreibungen,

 Informationsaustausch im Trefferfall,

 SIRPIT-Verfahren (es wird auf die allgemeinen Verfahren in Abschnitt 2.10 verwiesen).

8.1.    Ausschreibungen von Fahrzeugen nach Artikel 100

8.1.1.    Überprüfung auf Mehrfachausschreibungen bezüglich eines Fahrzeugs

Die vorgeschriebenen Kriterien für die Ausschreibung eines Fahrzeugs sind:

 das Kennzeichen und/oder

 die Fahrzeug-Identifizierungsnummer (VIN).

Beide Nummern können gleichzeitig im SIS erscheinen.

Um zu überprüfen, ob eine Mehrfachausschreibung vorliegt, werden die Nummern verglichen. Stellt sich bei der Eingabe einer neuen Ausschreibung heraus, dass die Seriennummer und/oder das Kennzeichen bereits im SIS enthalten sind, ist zu vermuten, dass eine Mehrfachausschreibung zum selben Fahrzeug vorliegt. Diese Überprüfungsmethode funktioniert allerdings nur, wenn die gleichen Beschreibungsmerkmale verwendet werden. Daher ist der Vergleich nicht immer möglich.

Das SIRENE-Büro weist den Benutzer im Mitgliedstaat auf die Probleme hin, die entstehen können, wenn nur eine der Nummern verglichen wird. Ein positives Ergebnis bedeutet nicht unbedingt einen Trefferfall und ein negatives bedeutet nicht, dass es keine Ausschreibung zu dem Fahrzeug gibt.

Die Kriterien, anhand deren sich bestimmen lässt, ob zwei Fahrzeuge identisch sind, enthält Anhang 6 zu diesem Handbuch.

Die von den SIRENE-Büros anzuwendenden Konsultationsverfahren für Fahrzeuge entsprechen denen für Personen. Die allgemeinen Verfahren sind in Abschnitt 2.1 beschrieben.

Bis zur Löschung der eingegebenen Ausschreibung registriert das SIRENE-Büro des ausschreibenden Mitgliedstaats alle Ausschreibungsersuchen, die nach Konsultation gemäß den oben genannten Bestimmungen abgelehnt wurden.

8.1.2.    VIN-Dubletten

Eine VIN-Dublette liegt vor, wenn ein Fahrzeug desselben Typs mit derselben Fahrzeug-Identifizierungsnummer (Vehicle Identification Number — VIN) bereits im SIS erfasst ist (ein Traktor und ein Motorrad mit derselben VIN fallen nicht in diese Kategorie). Um die negativen Auswirkungen einer wiederholten Sicherstellung eines ordnungsgemäß zugelassenen Fahrzeugs mit derselben VIN zu vermeiden, gelten die nachstehenden spezifischen Regeln.

Es ist wie folgt vorzugehen:

1. Wird festgestellt, dass möglicherweise eine VIN-Dublette vorliegt, ergreift das SIRENE-Büro soweit angebracht folgende Maßnahmen:

a) Es vergewissert sich, dass die SIS-Ausschreibung keinen Fehler aufweist und die Ausschreibungsdaten möglichst vollständig sind.

b) Es prüft die Umstände des Falles, die zu der Ausschreibung im SIS geführt haben.

c) Es ermittelt die Vorgeschichte beider Fahrzeuge ab ihrer Fertigung.

d) Es bittet um eine gründliche Kontrolle des sichergestellten Fahrzeugs, insbesondere seiner VIN, um zu prüfen, ob es sich dabei um das ordnungsgemäß zugelassene Fahrzeug handelt.

Die beteiligten SIRENE-Büros arbeiten bei der Ergreifung derartiger Maßnahmen eng zusammen.

2. Bestätigt sich, dass eine VIN-Dublette vorliegt, so liefert der Mitgliedstaat, der die ursprüngliche Ausschreibung eingegeben hat, anhand des Formulars M Zusatzinformationen, darunter gegebenenfalls die Merkmale des ordnungsgemäß zugelassenen Fahrzeugs, aufgrund deren sich dieses von dem im SIS ausgeschriebenen Fahrzeug unterscheidet ( 50 ).

3. Außerdem prüft der ausschreibende Mitgliedstaat im Falle einer VIN-Dublette, ob die Ausschreibung im SIS beibehalten werden muss.

8.2.    Übermittlung weiterer Informationen im Trefferfall

Die SIRENE-Büros können weitere Informationen über Ausschreibungen nach Artikel 100 übermitteln; dabei können sie im Namen von Justizbehörden handeln, falls diese Informationen im Rahmen der Rechtshilfe weitergeleitet werden.

Die SIRENE-Büros des ausschreibenden Mitgliedstaats übermitteln über das Formular P so rasch und so umfassend wie möglich die erbetenen weiteren Informationen als Antwort auf das Formular G, wenn ein Trefferfall bei einer Ausschreibung bezüglich eines Fahrzeugs nach Artikel 100 des Schengener Übereinkommens erzielt wurde.

(Hinweis: Da die Antwort dringend benötigt wird und es daher nicht möglich sein wird, alle einschlägigen Informationen umgehend zu erheben, wird vereinbart, dass die Angaben in einigen Rubriken fakultativ und nicht obligatorisch sind und dass zu versuchen ist, die Informationen zu den wichtigsten Rubriken (zum Beispiel 041, 042, 043, 162, 164, 165, 166 und 167) anzugeben.)

9.   STATISTISCHE ANGABEN

Einmal jährlich legen die SIRENE-Büros statistische Angaben zu Trefferfällen, Kommunikation und Arbeitsbelastung vor. Diese Angaben betreffen alle Artikel und alle Arten von Ausschreibungen. Der statistische Bericht wird dem Generalsekretariat des Rates elektronisch übermittelt.



( 1 ) ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19.

( 2 ) Beschluss des Exekutivausschusses vom 22. Dezember 1994 über das Inkraftsetzen des Schengener Durchführungsübereinkommens (SCH/Com-ex (94) 29, 2. Rev.) (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 130).

( 3 ) Beschlüsse des Exekutivausschusses vom 7. Oktober 1997 (SCH/com-ex 97(27) 4. Rev.) für Italien und (SCH/com-ex 97(28) 4. Rev.) für Österreich.

( 4 ) Beschluss 1999/848/EG des Rates vom 13. Dezember 1999 über die vollständige Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands in Griechenland (ABl. L 327 vom 21.12.1999, S. 58).

( 5 ) Beschluss 2000/777/EG des Rates vom 1. Dezember 2000 über die Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands in Dänemark, Finnland und Schweden sowie in Island und Norwegen (ABl. L 309 vom 9.12.2000, S. 24).

( 6 ) Beschluss 2000/365/EG des Rates vom 29. Mai 2000 zum Antrag des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, einzelne Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf sie anzuwenden (ABl. L 131 vom 1.6.2000, S. 43).

( 7 ) Beschluss 2002/192/EG des Rates vom 28. Februar 2002 zum Antrag Irlands auf Anwendung einzelner Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf Irland (ABl. L 64 vom 7.3.2002, S. 20).

( 8 ) Beschluss 2004/926/EG des Rates vom 22. Dezember 2004 über das Inkraftsetzen von Teilen des Schengen-Besitzstands durch das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland (ABl. L 395 vom 31.12.2004, S. 70).

( 9 ) ABl. C 340 vom 10.11.1997, S. 92.

( 10 ) ABl. L 323 vom 8.12.2007, S. 34.

( 11 ) ABl. L 166 vom 1.7.2010, S. 17.

( 12 ) ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 52.

( 13 ) ABl. L 327 vom 5.12.2008, S. 15.

( 14 ) ABl. L 83 vom 26.3.2008, S. 3.

( 15 ) Vgl. Fußnote 1.

( 16 ) Gemäß den Artikeln 101 A und 101 B des Schengener Übereinkommens.

( 17 ) Sofern nicht anders angegeben, sind alle Artikel, auf die verwiesen wird, als Artikel des Übereinkommens von 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (Schengener Übereinkommen) zu verstehen. Artikel 92 Absatz 4 trat in Kraft gemäß Artikel 1 Absatz 1 des Beschlusses 2005/451/JI des Rates (ABl. L 158 vom 21.6.2005, S. 26) und Artikel 2 Absatz 1 des Beschlusses 2005/211/JI des Rates (ABl. L 68 vom 15.3.2005, S. 44).

( 18 ) Nähere Angaben zu IT-Sicherheitsmaßnahmen enthält Abschnitt 5 des überarbeiteten „EU-Schengen-Katalogs: Schengener Informationssystem, SIRENE“.

( 19 ) Siehe Beschluss 2000/265/EG des Rates vom 27. März 2000 zur Festlegung einer Finanzregelung für die Haushaltsaspekte der vom Stellvertretenden Generalsekretär des Rates zu verwaltenden Verträge über die Einrichtung und den Betrieb der Kommunikationsinfrastruktur für den Schengen-Rahmen („SISNET“), die von ihm als Vertreter bestimmter Mitgliedstaaten geschlossen worden sind (ABl. L 85 vom 6.4.2004, S. 12).

( 20 ) Weitere Information zu einer Ausschreibung hinsichtlich der Sicherheit des Staates.

( 21 ) Prüfung auf Doppelausschreibung zur selben Person.

( 22 ) Prüfung auf Doppelausschreibung zum selben Fahrzeug.

( 23 ) Die Bediensteten sollen in Fragen der Datensicherheit und des Datenschutzes geschult und über alle einschlägigen strafrechtlichen Sanktionen informiert werden. Sie müssen zudem mit den innerstaatlichen Vorschriften über die berufliche Schweigepflicht bzw. eine vergleichbare Geheimhaltungspflicht vertraut sein, denen das gesamte SIRENE-Personal unterliegt.

( 24 ) Ratsdokument 5076/07, Fassung 5.6.

( 25 ) Pflichtangabe

( 31 ) Rahmenbeschluss 2006/960/JI des Rates vom 18. Dezember 2006 über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. L 386 vom 29.12.2006, S. 89).

( 32 ) Wegen der technischen Durchführung siehe das Dokument über den Datenaustausch zwischen den SIRENE-Büros, auf das in Abschnitt 1.5.4 Bezug genommen wird.

( 33 ) Vgl. Fußnote 26.

( 34 ) „Festnahme mit dem Ziel der Übergabe/Auslieferung“.

( 35 ) Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. Februar 2009 zur Änderung der Rahmenbeschlüsse 2002/584/JI, 2005/214/JI, 2006/783/JI, 2008/909/JI und 2008/947/JI, zur Stärkung der Verfahrensrechte von Personen und zur Förderung der Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen, die im Anschluss an eine Verhandlung ergangen sind, zu der die betroffene Person nicht erschienen ist (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24).

( 36 ) Vgl. Fußnote 26.

( 37 ) ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1.

( 38 ) Siehe auch Abschnitt 2.16 (Angabe der Dringlichkeit in SIRENE-Formularen).

( 39 ) Drittstaatsangehörige, die zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sind (Artikel 25 und 96 des Schengener Übereinkommens).

( 40 ) Gemäß der Richtlinie 2004/38/EG kann einer Person, die das Recht auf Freizügigkeit genießt, die Einreise oder der Aufenthalt aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nur dann verweigert werden, wenn das persönliche Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, und die Kriterien des Artikels 27 Absatz 2 der Richtlinie erfüllt sind. In Artikel 27 Absatz 2 heißt es: „Bei Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und darf ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend sein. Strafrechtliche Verurteilungen allein können ohne Weiteres diese Maßnahmen nicht begründen. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.“ Weitere Schranken für die Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung bei Personen, die das Recht auf Daueraufenthalt genießen, enthält Artikel 28 Absatz 2 der Richtlinie, wonach schwerwiegende Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dafür vorliegen müssen.

( 41 ) Zu beachten ist, dass vor der Erteilung eines Aufenthaltstitels an Familienangehörige von EU-Bürgern das SIS nicht systematisch nach Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung abgefragt werden darf. In Artikel 10 der Richtlinie 2004/38/EG sind die Voraussetzungen dafür aufgeführt, dass ein Familienangehöriger eines Unionsbürgers, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt, einen länger als drei Monate gültigen Aufenthaltstitel in einem Mitgliedstaat erwerben kann. Die erschöpfende Liste sieht eine routinemäßige Abfrage des SIS vor Erteilung des Aufenthaltstitels nicht vor. Nach Artikel 27 Absatz 3 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten andere Mitgliedstaaten lediglich um Auskünfte über das Vorleben des Betroffenen in strafrechtlicher Hinsicht ersuchen, wenn sie dies für unerlässlich halten (also nicht um Auskünfte über alle SIS-Daten). Diese Anfragen dürfen nicht systematisch erfolgen.

( 42 ) Vgl. Fußnote 34.

( 43 ) Die Staatsbürger Islands, Liechtensteins, Norwegens und der Schweiz genießen nach Maßgabe der Übereinkünfte zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und diesen Ländern andererseits ein Recht auf Freizügigkeit, das dem der Bürger der Europäischen Union gleichwertig ist.

( 44 ) Vermisste oder Personen, die zu ihrem eigenen Schutz oder zur Gefahrenabwehr vorläufig in Gewahrsam genommen werden müssen.

( 45 ) Daten betreffend das Verschwinden der Person:

a) Ort, Tag und Uhrzeit des Verschwindens,

b) Umstände des Verschwindens.

Angaben zur vermissten Person:

c) Scheinbares Alter,

d) Größe,

e) Hautfarbe

f) Haarfarbe und Frisur,

g) Augenfarbe,

h) andere körperliche Merkmale (d. h. Piercings, Missbildungen, Amputationen, Tätowierungen, Male, Narben usw.),

i) psychologische Besonderheiten: Suizidgefahr, psychische Krankheit, aggressives Verhalten usw.,

j) sonstige Angaben: notwendige medizinische Behandlung usw.,

k) Kleidung, die die Person zum Zeitpunkt des Verschwindens getragen hat,

l) Lichtbild: vorhanden oder nicht vorhanden,

m) Ante-mortem-Formular: vorhanden oder nicht vorhanden.

Spezifische Angaben:

n) Personen, in deren Begleitung sich die vermisste Person möglicherweise befindet (und Schengen-ID-Nummer, falls vorhanden),

o) Fahrzeuge im Zusammenhang mit diesem Fall (und Schengen-ID-Nummer, falls vorhanden).

Die Bezeichnungen der verschiedenen Unterfelder sind nicht als Teil von Feld 83 einzugeben, sondern lediglich der Referenzbuchstabe.

( 46 ) Artikel 2 Buchstabe h der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 281 vom 22.11.1995) enthält nähere Angaben zur Einwilligung in Angelegenheiten des Schutzes natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr.

( 47 ) Daten in Bezug auf Zeugen sowie auf Personen, die im Rahmen eines Strafverfahrens vor Gericht erscheinen müssen.

( 48 ) Personen oder Fahrzeuge zur verdeckten Registrierung oder zur gezielten Kontrolle.

( 49 ) Sachfahndungen zur Sicherstellung oder Beweissicherung in Strafverfahren.

( 50 ) Solche Zusatzinformationen können Folgendes umfassen:

a) Genaue Angaben zum Fahrzeugkennzeichen,

b) Kategorie, Marke, Modell und Farbe des Fahrzeugs,

c) sonstige leicht erkennbare Unterscheidungsmerkmale oder Details,

d) genaue Angaben zum Fahrzeughalter,

e) Nummer des Fahrzeugscheins.

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