Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52023XC0626(01)

    Bekanntmachung der Kommission über die Auslegungsleitlinien zu der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße 2023/C 222/01

    C/2023/3978

    ABl. C 222 vom 26.6.2023, p. 1–27 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    26.6.2023   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 222/1


    BEKANNTMACHUNG DER KOMMISSION

    über die Auslegungsleitlinien zu der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße

    (2023/C 222/01)

    1.   EINLEITUNG

    Wie in der Mitteilung der Kommission über eine Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität (1) dargelegt, bedarf es entschlossener Maßnahmen, um das Verkehrsaufkommen verstärkt auf nachhaltige Verkehrsträger zu verlagern. Öffentliche Verkehrsdienste sind für die Verwirklichung der Ziele des europäischen Grünen Deals einer nachhaltigen, intelligenten und inklusiven Mobilität von entscheidender Bedeutung. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass ressourcenschonende und umweltfreundliche öffentliche Verkehrsdienste zur Verfügung stehen. Im Landverkehr werden diese Dienste durch die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (2) (im Folgenden „Verordnung (EG) Nr. 1370/2007“ oder „Verordnung“) geregelt.

    Gemäß dem Protokoll Nr. 26 über Dienste von allgemeinem Interesse kommt den nationalen, regionalen und lokalen Behörden eine wichtige Rolle und ein weiter Ermessensspielraum in der Frage zu, wie Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu organisieren sind. Öffentliche Personenverkehrsdienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse können nicht immer auf gewerblicher Basis betrieben werden, sondern müssen möglicherweise aus öffentlichen Mitteln gefördert werden. Es ist Sache der Mitgliedstaaten zu ermitteln, worin der Mobilitätsbedarf ihrer Bürgerinnen und Bürger besteht und welche Unterstützung gegebenenfalls erforderlich ist.

    Gleichzeitig sollte die finanzielle Förderung an Bedingungen geknüpft sein, die ein unverzerrtes Funktionieren des Binnenmarkts gewährleisten. Diese Bedingungen sind in der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 dargelegt.

    Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 trat am 3. Dezember 2009 in Kraft. Sie wurde durch die Verordnung (EU) 2016/2338 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 (3) im Rahmen des vierten Eisenbahnpakets (4) geändert.

    In der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sind die Bedingungen festgelegt, unter denen öffentliche Verkehrsdienste, die die Eisenbahn und andere schienengestützte Verkehrsträger erbringen oder die auf der Straße erbracht werden, organisiert und finanziert werden können: Sie gilt insbesondere für Busse, Straßenbahnen, U-Bahnen und Eisenbahnen. Sie kann auch für Binnenschifffahrtswege und das Meer innerhalb der Hoheitsgewässer gelten, wenn die Mitgliedstaaten dies beschließen.

    Die Bedingungen betreffen u. a. die Definition der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, den Anwendungsbereich öffentlicher Dienstleistungsaufträge, die Modalitäten für die Vergabe solcher Aufträge und die Festlegung der an Betreiber öffentlicher Verkehrsdienste gezahlten Ausgleichsleistungen. Werden die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 eingehalten, so gilt die Ausgleichsleistung als mit dem Binnenmarkt vereinbar und ist von der Pflicht zur vorherigen Unterrichtung der Kommission nach Artikel 108 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“ oder „Vertrag“) befreit.

    Im Jahr 2014 nahm die Kommission eine Mitteilung über die Auslegungsleitlinien zu der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 (5) (im Folgenden „Auslegungsleitlinien von 2014“) an, mit der sie den Interessenträgern ihr Verständnis einiger Bestimmungen der Verordnung darlegte und die an den bewährten Verfahren in den Mitgliedstaaten orientiert war.

    In der Zwischenzeit hat sich der Rechtsrahmen weiterentwickelt: Im Jahr 2016 wurde die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 umfassend geändert, um insbesondere den Grundsatz der wettbewerblichen Vergabe öffentlicher Dienstleistungen auf den Eisenbahnsektor auszudehnen. Die Änderung beinhaltete die Einführung eines Übergangszeitraums, in dem die bedingungslose Direktvergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge für den Schienenpersonenverkehr bis zum 24. Dezember 2023 möglich bleibt, damit sich der Sektor auf die Marktöffnung vorbereiten kann.

    Der Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden „Unionsgerichte“) hat ebenfalls einige Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 und Vorschriften für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse ausgelegt. Die Anwendung dieser Vorschriften wird insbesondere dadurch beeinträchtigt, dass Eisenbahnunternehmen seit dem 1. Januar 2019 in Anwendung des vierten Eisenbahnpakets das Recht auf Zugang zur Eisenbahninfrastruktur erhalten und somit nach Unionsrecht in die Lage versetzt werden, kommerzielle Dienste zu entwickeln.

    Es ist notwendig, die Auslegungsleitlinien von 2014 vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen zu überarbeiten und insbesondere die zuständigen Behörden bei der Vorbereitung auf das Ende des genannten Übergangszeitraums am 24. Dezember 2023 zu unterstützen. Diese überarbeiteten Leitlinien sollten auch der ordnungsgemäßen Einleitung neuer Initiativen Rechnung tragen, z. B. der Möglichkeit, grenzüberschreitende öffentliche Dienstleistungen wie den grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehr als attraktive Option für Reisen auf Fernstrecken zu organisieren und zu unterstützen.

    Vor Verabschiedung dieser Bekanntmachung der Kommission konsultierte die Kommission Mitgliedstaaten und Interessenträger als Vertreter betroffener Parteien, wie europäische Vereinigungen im öffentlichen Verkehrswesen, einschließlich Beschäftigten im Verkehrswesen und Fahrgastvereinigungen.

    Diese Bekanntmachung der Kommission, die nur ausgewählte Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 abdeckt, schafft keine neuen Vorschriften. Sie enthält Erläuterungen und Orientierungshilfen für die Mitgliedstaaten in Bezug darauf, wie die Kommission die Bestimmungen der Verordnung insbesondere unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung der Unionsgerichte auslegt. Die Auslegung des Unionsrechts ist letztlich Sache der Unionsgerichte.

    2.   AUSLEGUNG DER VERORDNUNG (EG) Nr. 1370/2007 DURCH DIE KOMMISSION

    2.1.   Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007

    Dieser Abschnitt enthält Auslegungshinweise bezüglich des Zusammenhangs zwischen der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 und den folgenden Richtlinien: Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (6) (im Folgenden „Richtlinie 2014/24/EU“), Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (7) (im Folgenden „Richtlinie 2014/25/EU“) und Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (8) (im Folgenden „Richtlinie 2014/23/EU“). In diesem Abschnitt wird auch erläutert, wie die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 auf Binnenschifffahrtswege und das Meer innerhalb der Hoheitsgewässer anzuwenden ist. Darüber hinaus sind darin Leitlinien für grenzüberschreitende öffentliche Verkehrsdienste, gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen für Güterverkehrs- und multimodale Verkehrsdienste sowie besondere öffentliche Verkehrsträger enthalten.

    2.1.1.    Artikel 5 Absatz 1 und Artikel 1 Absatz 3. Zusammenhang zwischen der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 und den Richtlinien zur Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen

    Mit der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 werden die in Artikel 2 Buchstabe i der Verordnung definierten öffentlichen Dienstleistungsaufträge im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs mit der Eisenbahn und anderen schienengestützten Verkehrsträgern sowie auf der Straße geregelt. Öffentliche Dienstleistungsaufträge können jedoch je nach Ausgestaltung auch in den Anwendungsbereich der Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Richtlinie 2014/24/EU und Richtlinie 2014/25/EU) (9) fallen. Konzessionen für öffentliche Personenverkehrsdienste im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sind vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/23/EU (10) ausgenommen.

    Die Unterscheidung zwischen Dienstleistungsverträgen und Dienstleistungskonzessionen ist wichtig, um zu bestimmen, welches Rechtsinstrument für die Vergabe gilt.

    In Artikel 2 Absatz 1 Nummern 1, 2 und 5 der Richtlinie 2014/25/EU werden „Dienstleistungsaufträge“ als zwischen einem oder mehreren Auftraggebern, die die in Artikel 8 bis 14 der Richtlinie bezeichneten Tätigkeiten ausüben, und einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern geschlossene entgeltliche schriftliche Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen definiert. Sind öffentliche Auftraggeber im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 1 der Richtlinie 2014/24/EU beteiligt, die nicht die in Artikel 8 bis 14 der Richtlinie 2014/25/EU bezeichneten Tätigkeiten ausüben, so gelten diese Verträge als „öffentliche Dienstleistungsaufträge“ gemäß Artikel 2 Absatz 1 Nummern 6 und 9 der Richtlinie 2014/24/EU.

    Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe definiert eine „Dienstleistungskonzession“ als „einen entgeltlichen, schriftlich geschlossenen Vertrag, mit dem ein oder mehrere öffentliche Auftraggeber oder Auftraggeber einen oder mehrere Wirtschaftsteilnehmer mit der Erbringung und Verwaltung von Dienstleistungen betrauen, die nicht in der Erbringung von Bauleistungen nach Buchstabe a bestehen, wobei die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Verwertung der vertragsgegenständlichen Dienstleistungen oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung besteht“.

    In Artikel 5 Absatz 1 heißt es weiter: „Mit der Vergabe einer Bau- oder Dienstleistungskonzession geht auf den Konzessionsnehmer das Betriebsrisiko für die Nutzung des entsprechenden Bauwerks beziehungsweise für die Verwertung der Dienstleistungen über, wobei es sich um ein Nachfrage- und/oder ein Angebotsrisiko handeln kann. Das Betriebsrisiko gilt als vom Konzessionsnehmer getragen, wenn unter normalen Betriebsbedingungen nicht garantiert ist, dass die Investitionsaufwendungen oder die Kosten für den Betrieb des Bauwerks oder die Erbringung der Dienstleistungen, die Gegenstand der Konzession sind, wieder erwirtschaftet werden können. Der Teil des auf den Konzessionsnehmer übergegangenen Risikos umfasst es, den Unwägbarkeiten des Marktes tatsächlich ausgesetzt zu sein, sodass potenzielle geschätzte Verluste des Konzessionsnehmers nicht rein nominell oder vernachlässigbar sind“.

    Diese Unterscheidung zwischen öffentlichen Dienstleistungsaufträgen und Dienstleistungskonzessionen ist von Bedeutung, da gemäß Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie 2014/23/EU diese Richtlinie nicht für Konzessionen für öffentliche Personenverkehrsdienste im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 gilt. Die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen für diese öffentlichen Personenverkehrsdienste unterliegt deshalb ungeachtet des Verkehrsträgers ausschließlich der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007.

    Bei Dienstleistungsaufträgen spielt der Verkehrsträger allerdings eine Rolle. In Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ist festgelegt, dass die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge für Verkehrsdienste mit Bussen oder Straßenbahnen in den Richtlinien 2004/17/EG (aufgehoben und durch die Richtlinie 2014/25/EU ersetzt) und 2004/18/EG (aufgehoben und durch die Richtlinie 2014/24/EU ersetzt) geregelt ist, es sei denn, diese Aufträge nehmen die Form von Dienstleistungskonzessionen an. Die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge für Bus- und Straßenbahndienste wird somit ausschließlich durch die Vergaberichtlinien (Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU) geregelt.

    Die Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen für öffentliche Personenverkehrsdienste mit Eisenbahn und Untergrundbahnen (einschließlich solcher, die die Form von Konzessionen annehmen) ist wiederum ausschließlich durch die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 geregelt (und gemäß dem Erwägungsgrund 27 und Artikel 10 Buchstabe i der Richtlinie 2014/24/EU aus deren Anwendungsbereich ausgeschlossen, gemäß dem Erwägungsgrund 35 und Artikel 21 Buchstabe g der Richtlinie 2014/25/EU aus deren Anwendungsbereich ausgeschlossen sowie gemäß Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie 2014/23/EU aus deren Anwendungsbereich ausgeschlossen). Die Regeln für die Vergabe multimodaler Aufträge werden in Abschnitt 2.1.5 erörtert.

    In Bezug auf Baukonzessionen ist in Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 festgelegt, dass diese Verordnung „nicht für öffentliche Baukonzessionen im Sinne von Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 2004/17/EG oder im Sinne von Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 2004/18/EG“ gilt. Nach dem Inkrafttreten der Richtlinie 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe unterliegen Baukonzessionen für öffentliche Personenverkehrsdienste mit der Eisenbahn und anderen schienengestützten Verkehrsträgern sowie auf der Straße ausschließlich dieser Richtlinie. Der Begriff „Baukonzession“ ist nun in Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2014/23/EU definiert.

    Tabelle

    Übersicht über die für die Auftragsvergabe geltenden Rechtsgrundlagen, je nach Art der vertraglichen Vereinbarung und Beförderungsart

    Verkehrsträger

    Öffentliche Dienstleistungsaufträge gemäß den Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU

    Dienstleistungskonzessionen gemäß der Richtlinie 2014/23/EU

    Bus und Straßenbahn

    Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU

    Verordnung (EG) Nr. 1370/2007

    Eisenbahn und Untergrundbahn

    Verordnung (EG) Nr. 1370/2007

    Verordnung (EG) Nr. 1370/2007

    Es sollte klargestellt werden, dass alle Bestimmungen (und nicht nur die Bestimmungen über die Vergabeverfahren) der Richtlinien zur Vergabe öffentlicher Aufträge weiterhin für öffentliche Dienstleistungsaufträge für den Bus- und Straßenbahnverkehr gelten. Dies gilt beispielsweise für ihre Bestimmungen über Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit (siehe Abschnitt 2.5.5).

    2.1.2.    Artikel 1 Absatz 2. Nationale Entscheidungen zur Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 auf Binnenschifffahrtswege und das Meer innerhalb der Hoheitsgewässer

    Gemäß Artikel 1 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 auf den öffentlichen Personenverkehr auf Binnenschifffahrtswegen und, unbeschadet der Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7. Dezember 1992 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr zwischen den Mitgliedstaaten (Seekabotage) (11), auf das Meer innerhalb der Hoheitsgewässer anwenden.

    Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte die Entscheidung eines Mitgliedstaats, die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 auf den öffentlichen Personenverkehr auf Binnenschifffahrtswegen oder auf dem Meer innerhalb der Hoheitsgewässer anzuwenden, in transparenter Weise und durch einen verbindlichen Rechtsakt getroffen werden. Die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 auf Personenverkehrsdienstleistungen auf Binnenschifffahrtswegen oder auf dem Meer innerhalb der Hoheitsgewässer könnte insbesondere dann sinnvoll sein, wenn diese Dienste in ein weiter gefasstes Netz des öffentlichen Personenverkehrs eingebunden sind.

    Da kein Beschluss zur Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 auf Personenverkehrsdienste auf Binnenschifffahrtswegen vorliegt, wird die öffentliche Finanzierung dieser Dienste unmittelbar durch Artikel 93 AEUV geregelt. In ihrer Mitteilung zur Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates (12) gibt die Kommission Hinweise zur Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 auf Seekabotagedienste.

    2.1.3.    Artikel 1 Absatz 2. Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 auf grenzüberschreitende öffentliche Verkehrsdienste

    In Artikel 1 Absatz 2 heißt es, dass die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 auch für den grenzüberschreitenden Personenverkehr gilt und dass vorbehaltlich der Zustimmung der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, in deren Hoheitsgebiet die Dienstleistungen erbracht werden, sich gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auf Dienste auf grenzüberschreitender Ebene erstrecken dürfen, einschließlich jener, die örtliche und regionale Verkehrsbedürfnisse erfüllen.

    Während sich Artikel 1 Absatz 2 ausdrücklich auf örtliche und regionale Verkehrsbedürfnisse bezieht, umfasst der Begriff der grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistung auch öffentliche Personenfernverkehrsdienste. Voraussetzung für die Einrichtung einer grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistung ist die Zustimmung der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, in deren Hoheitsgebiet die Dienstleistungen erbracht werden. Diesen zuständigen Behörden steht es weiterhin frei, zu entscheiden, ob sie den gemeinwirtschaftlichen Charakter der vorgeschlagenen öffentlichen Dienstleistung in dem ihrer Rechtshoheit unterstehenden Gebiet anerkennen. Die Vereinbarung nach Artikel 1 Absatz 2 kann verschiedene Formen annehmen. Die für die Einrichtung der grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistung erforderliche Vereinbarung kann sich nicht auf eine allgemeine Bestimmung beschränken, die den Zugang zur Verkehrsinfrastruktur gewährleistet, da dieser bereits durch die Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums (13) garantiert ist. Wenn ein grenzüberschreitender Verkehrsdienst einen Mitgliedstaat ausschließlich im Transit durchquert (d. h. ohne Fahrgäste aufzunehmen oder abzusetzen), ist die Zustimmung des Transitmitgliedstaats nicht erforderlich, da davon ausgegangen werden kann, dass in seinem Hoheitsgebiet keine Dienste erbracht werden.

    Gleichwohl verfügen die zuständigen Behörden über einen großen Ermessensspielraum in Bezug auf den Inhalt der Vereinbarung. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit kann auf unterschiedliche Weise umgesetzt werden, etwa durch die Bildung eines Konsortiums beteiligter Behörden auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen zwischen ihnen (z. B. Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit oder Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung).

    Sofern alle zuständigen Behörden, in deren Hoheitsgebiet der grenzüberschreitende öffentliche Verkehrsdienst erbracht wird, dies vereinbaren, spricht nichts dagegen, dass nur eine oder einige der betreffenden zuständigen Behörden die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen für den gesamten Verkehrsdienst festlegen oder die damit verbundene Ausgleichsleistung gewähren.

    Stimmt eine zuständige Behörde der geplanten grenzüberschreitenden öffentlichen Dienstleistung nicht zu, kann diese nicht als öffentliche Dienstleistung im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats erbracht werden. In solchen Fällen verbietet die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 nicht die Einrichtung von Hybriddiensten, bei denen ein Teil eines grenzüberschreitenden Dienstes auf kommerzieller Basis und ein Teil als öffentliche Dienstleistung erbracht wird. Es ist jedoch Sache der Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass solche Dienste den Wettbewerb nicht verzerren und dass insbesondere keine Quersubventionierung zwischen den vergüteten und den gewerblichen Teilstrecken erfolgt. So können sie beispielsweise – unter Wahrung des Schutzes sensibler Geschäftsdaten – von den Betreibern vollständige und transparente Informationen über die Kosten und Einnahmen jeder Teilstrecke verlangen, die belegen, dass es keine Quersubventionen zwischen der gewerblichen Teilstrecke und der vergüteten Teilstrecke gibt. Sie können auch verlangen, dass der Betreiber, der eine Ausgleichsleistung erhält, seinen Geschäftspartner auf der Grundlage eines fairen und transparenten Auswahlverfahrens und nicht auf der Grundlage langjähriger Beziehungen wählt.

    2.1.4.    Gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Güterverkehr

    Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 gilt nicht für Güterverkehrsdienste. Güterverkehrsdienste können nur dann als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse eingestuft werden, wenn der betreffende Mitgliedstaat nachweist, dass ein echter Bedarf an solchen Dienstleistungen besteht, der vom Markt nicht oder nicht ausreichend gedeckt wird (siehe Abschnitt 2.2.3). Wenn Mitgliedstaaten Unterstützungsmaßnahmen für Schienengüterverkehrsdienste einführen wollen, die die im Altmark-Urteil (14) festgelegten Voraussetzungen nicht erfüllen und staatliche Beihilfen darstellen, müssen sie diese Maßnahmen gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV der Kommission mitteilen.

    2.1.5.    Artikel 1 Absatz 2. Multimodale gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen

    Gemäß Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung gilt die Verordnung für den Personenverkehr mit der Eisenbahn und andere Arten des Schienenverkehrs sowie auf der Straße. Sofern die Mitgliedstaaten dies beschließen, kann sie auch für den öffentlichen Personenverkehr auf Binnenschifffahrtswegen und das Meer innerhalb der Hoheitsgewässer gelten (siehe Abschnitt 2.1.2). Daher können die zuständigen Behörden beschließen, öffentliche Dienstleistungsaufträge mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen für einen oder mehrere von der Verordnung erfasste Verkehrsträger zu vergeben. In Bezug auf die Laufzeit multimodaler Verträge sieht Artikel 4 Absatz 3 vor, dass sie auf 15 Jahre begrenzt wird, wenn der Verkehr mit der Eisenbahn oder anderen schienengestützten Verkehrsträgern mehr als 50 % des Werts der betreffenden Verkehrsdienste ausmacht. Die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen, die sowohl öffentliche Verkehrsdienste mit Bussen oder Straßenbahnen als auch mit Untergrundbahn oder Eisenbahn umfassen, unterliegt weiterhin sowohl den Anforderungen der Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Richtlinie 2014/24/EU oder 2014/25/EU) als auch der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007.

    Nach Erwägungsgrund 17 steht es den zuständigen Behörden frei, soziale Kriterien und Qualitätskriterien für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen festzulegen, unter anderem für den Umweltschutz. Die zuständigen Behörden können gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen für mehrere Verkehrsträger festlegen, um die ökologische Nachhaltigkeit des multimodalen öffentlichen Verkehrs zu fördern.

    2.1.6.    Artikel 1 Absatz 2. Besondere öffentliche Verkehrsträger

    Um das Angebot an öffentlichen Personenverkehrsdiensten zu verbessern, insbesondere auf der „ersten/letzten Meile“ der Reise eines Fahrgasts, können die zuständigen Behörden das Angebot an streckengebundenen Linienverkehrsdiensten durch öffentliche Verkehrsdienste auf Abruf ergänzen. Bei solchen Diensten auf Abruf, die in der Regel durch Straßenfahrzeuge erbracht werden, können Fahrgäste mittels elektronischer oder anderweitiger Kommunikationsmittel Fahrten buchen, um Fahrgäste an vom Betreiber solcher Dienste festgelegten Haltestellen oder an regulären Linienhaltestellen aufzunehmen und abzusetzen. Sind öffentliche Verkehrsdienste auf Abruf Gegenstand eines ausschließlichen Rechts und/oder einer Ausgleichsleistung für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen, insbesondere im Hinblick auf die obligatorische Verfügbarkeit des Dienstes, und erfüllen sie die Anforderungen von Artikel 2 Buchstabe a der Verordnung, d. h. sie sind von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und werden für die Allgemeinheit diskriminierungsfrei und fortlaufend erbracht, so fallen auch sie nach Auffassung der Kommission in den Anwendungsbereich von Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung.

    Einige zuständige Behörden nehmen in ihr öffentliches Verkehrsangebot Dienste auf, die mit Seilbahnen (z. B. Seilschwebebahnen, Standseilbahnen) erbracht werden. Die Kommission ist der Auffassung, dass solche Dienste in den Anwendungsbereich von Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung fallen, sofern sie von Fahrzeugen erbracht werden, die ständig Straßen- oder Gleiskontakt haben.

    2.2.   Definition gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen und allgemeiner Vorschriften/Inhalte öffentlicher Dienstleistungsaufträge

    Dieser Abschnitt enthält Auslegungshinweise zu den wichtigsten Eigenschaften allgemeiner Vorschriften und der Art und Weise, wie die zuständigen Behörden Art und Umfang gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen sowie ausschließlicher Rechte im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 festlegen. Darüber hinaus wird darauf eingegangen, unter welchen Bedingungen die Laufzeiten von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen verlängert werden können und unter welchen Voraussetzungen eine Vergabe von Unteraufträgen, auch an interne Betreiber, möglich ist.

    2.2.1.    Artikel 2 Buchstabe i. Konstitutive Merkmale eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags

    Um den unterschiedlichen Rechtssystemen und Traditionen in den Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen, sind öffentliche Dienstleistungsaufträge in der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sehr breit definiert und schließen verschiedene Arten von rechtsverbindlichen Akten ein, die nicht immer die Form eines Vertrags nach nationalem Recht annehmen.

    Gemäß Artikel 2 Buchstabe i besteht ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag aus „einem oder mehreren rechtsverbindlichen Akten, die die Übereinkunft zwischen einer zuständigen Behörde und einem Betreiber eines öffentlichen Dienstes bekunden, diesen Betreiber eines öffentlichen Dienstes mit der Verwaltung und Erbringung von öffentlichen Personenverkehrsdiensten zu betrauen, die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unterliegen“. Der Auftrag kann auch in einer Entscheidung der zuständigen Behörde bestehen, die die Form eines Gesetzes oder einer Verwaltungsregelung für den Einzelfall haben kann oder die Bedingungen enthält, unter denen die zuständige Behörde diese Dienstleistungen selbst erbringt oder einen internen Betreiber mit ihnen betraut. Eine Kombination aus einem Rechtsakt, mit dem einem Betreiber die Erbringung von Dienstleistungen übertragen wird, und einem Verwaltungsakt, in dem die detaillierte Leistungsbeschreibung und eine Methode die für die Ausgleichsberechnung enthalten sind, kann ebenfalls ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag sein. Der Begriff „öffentlicher Dienstleistungsauftrag“, wie er in der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 definiert ist, umfasst auch öffentliche Dienstleistungskonzessionen.

    2.2.2.    Artikel 2 Buchstabe l und Artikel 3 Absätze 2 und 3. Allgemeine Vorschriften

    Allgemeine Vorschriften sind in Artikel 2 Buchstabe l als Maßnahmen definiert, die „diskriminierungsfrei für alle öffentlichen Personenverkehrsdienste derselben Art in einem bestimmten geografischen Gebiet, das im Zuständigkeitsbereich einer zuständigen Behörde liegt“, gelten. Allgemeine Vorschriften sind daher Maßnahmen, die in nichtdiskriminierender Weise für alle Betreiber einer oder mehrerer Arten öffentlicher Verkehrsdienste gelten. Die Maßnahme kann auf das geografische Gebiet beschränkt sein, das im Zuständigkeitsbereich einer zuständigen Behörde liegt, muss aber nicht zwangsläufig das gesamte geografische Gebiet abdecken.

    Gemäß Erwägungsgrund 17 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 kann eine zuständige Behörde beschließen, durch allgemeine Vorschriften Sozial- oder Qualitätsstandards festzulegen.

    Die Mitgliedstaaten und/oder die zuständigen Behörden können die Organisation der öffentlichen Verkehrsdienste durch allgemeine Vorschriften wie Gesetze, Erlasse oder Regulierungsmaßnahmen festlegen. Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 betrifft nur allgemeine Vorschriften in Form von abgegoltenen Höchsttarifen für alle Fahrgäste oder bestimmte Gruppen von Fahrgästen. Für diese allgemeinen Vorschriften muss kein öffentlicher Dienstleistungsauftrag vergeben werden.

    Gemäß Artikel 3 Absatz 3 können die Mitgliedstaaten allgemeine Vorschriften über die finanzielle Abgeltung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die dazu dienen, Höchsttarife für Schüler, Studenten, Auszubildende und Personen mit eingeschränkter Mobilität festzulegen, aus dem Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ausnehmen. Entschließt sich ein Mitgliedstaat dazu, so müssen die nationalen Behörden bewerten, ob die im Rahmen dieser allgemeinen Vorschriften gewährten Ausgleichsleistungen staatliche Beihilfen darstellen. Ist dies der Fall, müssen die Vorschriften gemäß Artikel 108 AEUV der Kommission mitgeteilt werden.

    Den Mitgliedstaaten steht es frei, andere allgemeine Vorschriften zu erlassen, die gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen umfassen. Enthalten sie eine Ausgleichsleistung, so muss nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag vergeben werden. Solche Aufträge sollten allen Betreibern, einschließlich neuen Marktteilnehmern, offenstehen.

    2.2.3.    Artikel 2 Buchstabe e und Artikel 2a. Festlegung von Art und Umfang gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen sowie des Anwendungsbereichs öffentlicher Dienstleistungsaufträge

    —   Allgemeine Grundsätze und Definition gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen

    In Artikel 14 AEUV sowie im Protokoll Nr. 26 über Dienstleistungen von allgemeinem Interesse im Anhang zum AEUV sind die allgemeinen Grundsätze dargelegt, nach denen die Mitgliedstaaten Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse festlegen und erbringen. Wie bereits erwähnt, spielen die nationalen, regionalen und lokalen Behörden gemäß dem Protokoll Nr. 26 eine entscheidende Rolle und haben weiten Ermessensspielraum in der Frage, wie Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse in einer den Bedürfnissen der Nutzer so gut wie möglich entsprechenden Weise zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu organisieren sind. Die Spezifikation einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung kann von der Kommission nur im Fall eines offensichtlichen Fehlers in Frage gestellt werden (15). Die Befugnis des Mitgliedstaats, Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu definieren, ist jedoch nicht unbegrenzt und kann nicht willkürlich mit dem alleinigen Ziel ausgeübt werden, einen bestimmten Sektor der Anwendung der Wettbewerbsregeln zu entziehen (16).

    Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 legt den Rechtsrahmen fest, innerhalb dessen die Mitgliedstaaten Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs auf Schiene und Straße zur Verfügung stellen, in Auftrag geben und organisieren können. In Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 heißt es: „Zweck dieser Verordnung ist es, festzulegen, wie die zuständigen Behörden unter Einhaltung des EU-Rechts im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs tätig werden können, um die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu gewährleisten, die unter anderem zahlreicher, sicherer, höherwertig oder preisgünstiger sind als diejenigen, die das freie Spiel des Marktes ermöglicht hätte.“

    Gemäß Artikel 2 Buchstabe e der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ist eine gemeinwirtschaftliche Verpflichtung eine Anforderung im Hinblick auf die Sicherstellung von im allgemeinen Interesse liegenden öffentlichen Personenverkehrsdiensten, die der Betreiber unter Berücksichtigung seines eigenen wirtschaftlichen Interesses nicht oder nicht im gleichen Umfang oder nicht zu den gleichen Bedingungen ohne Gegenleistung übernommen hätte (17).

    Gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen legen in der Regel besondere Anforderungen an den Betreiber fest, wie beispielsweise die Häufigkeit und Qualität der Verkehrsdienste, tarifliche Verpflichtungen und die Bereitstellung der Dienste insbesondere an kleineren Zwischenhaltestationen oder wirtschaftlich eventuell nicht attraktiven Zielpunkten sowie die Bereitstellung von Diensten am frühen Morgen und am späten Abend. Weitere Anforderungen sind möglich.

    Gemäß Artikel 2a der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 obliegt es den zuständigen Behörden, Spezifikationen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen gemäß Artikel 2 Buchstabe e festzulegen.

    —   Übereinstimmung mit den Zielen der Politik der Mitgliedstaaten für den öffentlichen Verkehr

    Bei der Anwendung von Artikel 2a Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 muss die zuständige Behörde sicherstellen, dass die Spezifikationen für öffentliche Dienstleistungen mit den politischen Zielen, die sie in den Mitgliedstaaten in den Strategiepapieren zur Politik für den öffentlichen Verkehr niedergelegt sind, im Einklang stehen. Die Mitgliedstaaten verfügen über einen großen Spielraum bei der Festlegung von Inhalt und Form solcher Dokumente und der Verfahren für die Konsultation der einschlägigen Interessengruppen. In diesen Dokumenten sollten die Ziele der Politik für den öffentlichen Verkehr festgelegt werden, z. B. die territoriale Anbindung, einschließlich grenzüberschreitender Verbindungen, und die Entwicklung eines nachhaltigen Verkehrs, und es sollten die Mittel festgelegt werden, wie diese Ziele über die verschiedenen Verkehrsträger hinweg erreicht werden können. Wie in Erwägungsgrund 10 der Verordnung (EU) 2016/2338 dargelegt, können die zu konsultierenden Interessengruppen Verkehrsunternehmen umfassen, die in dem betreffenden geografischen Gebiet tatsächlich oder potenziell präsent sind, Infrastrukturbetreiber und repräsentative Fahrgastverbände, Arbeitnehmer- sowie Umweltorganisationen.

    —   Tatsächlicher Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen

    Der oben genannte Artikel 2 Buchstabe e der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sollte im Einklang mit der Rechtsprechung der Unionsgerichte ausgelegt werden (18).

    Aus dieser Rechtsprechung geht hervor, dass die zuständige Behörde vor der Festlegung von Spezifikationen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen prüfen sollte, ob ein tatsächlicher Bedarf an den geplanten öffentlichen Verkehrsdiensten besteht.

    Im Einklang mit dieser Rechtsprechung sollten die zuständigen Behörden, um beurteilen zu können, ob ein solcher tatsächlicher Bedarf besteht,

    1.

    prüfen, ob eine Nachfrage seitens der Nutzer besteht;

    2.

    prüfen, ob diese Nachfrage von den Marktteilnehmern nicht, und sei es nur teilweise, ohne gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen befriedigt werden kann;

    3.

    dem Ansatz den Vorzug geben, der zur Erfüllung des so ermittelten Bedarfs die Grundfreiheiten am wenigsten einschränkt und das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts am wenigsten beeinträchtigt.

    Nach Auffassung der Unionsgerichte kann, weist der Mitgliedstaat nicht nach, dass der Umfang der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung „notwendig und im Hinblick auf einen wirklichen Bedarf verhältnismäßig ist“, dies einen offensichtlichen Beurteilungsfehler darstellen, den die Kommission zu berücksichtigen hat (19).

    —   Ex-ante-Bewertung der Nachfrage nach öffentlichen Verkehrsdiensten

    Gemäß Artikel 1 des Protokolls Nr. 26 haben die Mitgliedstaaten weiten Ermessensspielraum in der Frage, wie öffentliche Dienstleistungen „auf eine den Bedürfnissen der Nutzer so gut wie möglich entsprechende Weise“ zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu organisieren sind. Öffentliche Verkehrsdienste sollten im Interesse der Nutzer organisiert werden.

    Bei der Bewertung der Nachfrage nach Verkehrsdiensten können die zuständigen Behörden nicht nur die gegenwärtige und die künftige Nachfrage der Nutzer berücksichtigen, sondern auch die Nachfrage, die sich nach vernünftigem Ermessen aus politischen Zielen wie der Förderung eines nachhaltigen Verkehrs, der regionalen Konnektivität, der öffentlichen Gesundheit oder des sozialen Zusammenhalts ergeben kann. Im Hinblick auf die Ziele des europäischen Grünen Deals steht die Pflicht zur Ex-ante-Bewertung der Nachfrage beispielsweise nicht im Widerspruch zur Möglichkeit der zuständigen Behörden, das Angebot für den öffentlichen Personenverkehr auf Schiene oder Straße auszuweiten und eine Verkehrsverlagerung, insbesondere von Individualfahrzeugen, auf umweltfreundlichere Verkehrsdienste – auch auf internationaler Ebene in Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedstaaten – herbeizuführen. Dieses Ziel kann beispielsweise in den in Artikel 2a Absatz 1 der Verordnung genannten Strategiepapieren zur Politik für den öffentlichen Verkehr zum Ausdruck kommen.

    Die Ex-ante-Bewertung der Nachfrage nach öffentlichen Verkehrsdiensten kann durch verschiedene Methoden erfolgen, z. B. indem die Erwartungen der Nutzer an die Dienste auf Basis historischer Daten, durch repräsentative Umfragen oder öffentliche Konsultation festgestellt werden.

    —   Analyse des Marktangebots

    Gemäß Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 2 Buchstabe e der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 kann kein echter Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen bestehen, wenn die Nutzernachfrage von den Betreibern bereits ohne eine von der öffentlichen Hand festgelegte Verpflichtung in diesem Sinne befriedigt werden kann (20).

    Die Analyse des Marktangebots ist nur erforderlich, wenn für die Art von Dienstleistungen, die Gegenstand des öffentlichen Dienstleistungsauftrags sind, durch Unionsrecht oder nationales Recht Rechte auf freien Zugang eingeführt wurden.

    Bei der Bewertung des Marktangebots sollten grundsätzlich die Betreiber zu ihrem Interesse an der Bereitstellung der betreffenden Dienste im Rahmen des freien Marktzugangs konsultiert und die Ergebnisse der Konsultation beurteilt werden. Marktteilnehmer können beispielsweise zu der Art, dem Umfang und der Häufigkeit der Dienste konsultiert werden, die sie in dem betreffenden geografischen Gebiet bereits erbringen oder zu erbringen beabsichtigen, oder zu der Höhe der Tarife, die sie anwenden oder anzuwenden gedenken.

    Werden kommerzielle Dienste erbracht oder erwartet oder kündigt ein Marktbetreiber an, sie innerhalb einer angemessen kurzen Frist aufzunehmen (z. B. im Schienenverkehr, wenn der Betreiber die Regulierungsstelle und den Infrastrukturbetreiber gemäß Artikel 38 Absatz 4 der Richtlinie 2012/34/EU über seine Absicht unterrichtet hat, den Dienst aufzunehmen), sollten die zuständigen Behörden diese bei der Festlegung des Umfangs der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen berücksichtigen, es sei denn, es gibt sachliche Gründe, die dagegen sprechen.

    Bei der Bewertung des Marktangebots kann, muss jedoch nicht das Vorhandensein vergleichbarer Verkehrsdienste, die von anderen Verkehrsträgern erbracht werden, berücksichtigt werden. Bei dieser Bewertung der Vergleichbarkeit der Verkehrsträger können die zuständigen Behörden die Besonderheiten der einzelnen Verkehrsträger berücksichtigen. Im Falle des Schienenverkehrs umfassen diese Besonderheiten Aspekte wie die Investitionslast und die Infrastrukturkosten (21). Sie können auch den ökologischen Nutzen gegenüber anderen Verkehrsträgern umfassen.

    —   Auswahl des Ansatzes der geringsten Beeinträchtigung für das Funktionieren des Binnenmarkts

    Bei der Prüfung, ob die in einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag festgelegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen die Grundfreiheiten am wenigsten einschränken und das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts am wenigsten beeinträchtigen, kann die zuständige Behörde alternative Maßnahmen im Einklang mit dem Unionsrecht in Betracht ziehen. Wenn beispielsweise das Ziel darin besteht, erschwingliche Verkehrsdienste zu gewährleisten, kann die zuständige Behörde erwägen, allgemeine Regeln für Höchsttarife vorzuschreiben, anstatt einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag an einen einzigen Betreiber zu vergeben. Diese Analyse ist nur erforderlich, wenn für die Art von Dienstleistungen, die Gegenstand des öffentlichen Dienstleistungsauftrags sind, durch Unionsrecht oder nationales Recht Rechte auf freien Zugang eingeführt wurden.

    —   Möglichkeit der Zusammenfassung kostendeckender und nicht kostendeckender Dienste im öffentlichen Dienstleistungsauftrag

    Gemäß Artikel 2a Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 können die zuständigen Behörden kostendeckende und nicht kostendeckende Dienste zusammenfassen. Dieser Text ist in Verbindung mit der allgemeinen Definition gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen in Artikel 2 Buchstabe e der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zu lesen, wonach Dienste im Rahmen von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen Dienste sind, die ein Betreiber unter Berücksichtigung seines eigenen wirtschaftlichen Interesses nicht oder nicht im gleichen Umfang übernommen hätte. Dementsprechend können die zuständigen Behörden nur in hinreichend begründeten Fällen kostendeckende und nicht kostendeckende Dienste zusammenfassen.

    In Erwägungsgrund 8 der Verordnung (EU) 2016/2338, in dem diese Bestimmung begründet wird, heißt es: „Spezifikationen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im öffentlichen Personenverkehr sollten, soweit möglich, positive Netzwerkeffekte herbeiführen.“ Dementsprechend ist die Kommission der Auffassung, dass die Entscheidung, kostendeckende Dienste in den Anwendungsbereich der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen aufzunehmen, auch dem Ziel Rechnung tragen sollte, ein kohärentes Verkehrssystem, insbesondere auf geografischer Ebene, zu gewährleisten und die Vorteile positiver Netzwerkeffekte zu nutzen, anstatt nur die Höhe der Ausgleichsleistungen zu begrenzen.

    Bei der Bestimmung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und der Festlegung ihres geografischen Geltungsbereichs sind die zuständigen Behörden, wie in Artikel 2a Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 dargelegt, an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang mit dem Unionsrecht gebunden. Die Zusammenfassung kostendeckender und nicht kostendeckender Dienste muss notwendig und verhältnismäßig sein.

    Schlussfolgernd zu Abschnitt 2.2.3 sei gesagt, dass die zuständigen Behörden besonders darauf achten sollten, die in diesem Abschnitt festgelegten Bedingungen einzuhalten, damit sie nicht Gefahr laufen, bei der Definition des Umfangs der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung und der möglichen Rückforderung der Ausgleichsleistungen nach den Vorschriften über staatliche Beihilfen einen offensichtlichen Fehler zu begehen.

    2.2.4.    Artikel 2 Buchstabe f, Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 4 Absatz 1. Festlegung von Art und Umfang ausschließlicher Rechte, um die Einhaltung des EU-Rechts zu gewährleisten

    Gemäß Artikel 3 Absatz 1 muss – vorbehaltlich der begrenzten Ausnahmen nach Artikel 3 Absatz 2 – ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag vergeben werden, wenn eine zuständige Behörde einem Betreiber ein ausschließliches Recht und/oder eine Ausgleichsleistung für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen gewährt. Ein ausschließliches Recht ist gemäß Artikel 2 Buchstabe f definiert als „ein Recht, das einen Betreiber eines öffentlichen Dienstes berechtigt, bestimmte öffentliche Personenverkehrsdienste auf einer bestimmten Strecke oder in einem bestimmten Streckennetz oder Gebiet unter Ausschluss aller anderen solchen Betreiber zu erbringen“. Nach Artikel 4 Absatz 1 sind in dem öffentlichen Dienstleistungsauftrag die Bedingungen für die Ausübung des ausschließlichen Rechts, insbesondere die Art des Verkehrsdienstes, auf den er sich bezieht, der geografische Anwendungsbereich und die Geltungsdauer des ausschließlichen Rechts, anzugeben. Nach der Definition von Artikel 2 Buchstabe f beschränkt sich der Umfang der ausschließlichen Rechte auf bestimmte öffentliche Verkehrsdienste sowie auf bestimmte Strecken, Streckennetze oder Gebiete.

    Die Entwicklung des Binnenmarkts und insbesondere das mit Artikel 10 der Richtlinie 2012/34/EU eingeführte Recht der Eisenbahnunternehmen auf Zugang zur Infrastruktur zur Erbringung allgemein zugänglicher Dienste auf den Inlandsmärkten der Mitgliedstaaten hat Auswirkungen auf die Auslegung des Begriffs der ausschließlichen Rechte, die als eine Form des Ausgleichs für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen gewährt werden.

    Das Zusammenspiel zwischen ausschließlichen Rechten und Zugangsrechten wird in Artikel 6 der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1795 der Kommission (22) zur Prüfung des wirtschaftlichen Gleichgewichts erläutert: Die Mitgliedstaaten können zwar ausschließliche Rechte gewähren, dürfen jedoch das Recht anderer Betreiber auf Zugang zur betreffenden Eisenbahninfrastruktur für die Erbringung von Schienenpersonenverkehrsdiensten nicht beschränken, es sei denn, diese Dienste würden das wirtschaftliche Gleichgewicht des öffentlichen Dienstleistungsauftrags gemäß den Artikeln 11 und 11a der Richtlinie 2012/34/EU gefährden.

    Mit Ausnahme von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen, die in den Anwendungsbereich von Artikel 11 Absatz 5 der Richtlinie 2012/34/EU fallen und bei denen der Zugang bedingungslos beschränkt werden kann, wird in allen anderen Fällen der erforderliche Schutz von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen, mit denen ausschließliche Rechte gewährt werden, vor Mindereinnahmen durch allgemein zugängliche Dienste ausschließlich durch die Prüfung des wirtschaftlichen Gleichgewichts gemäß den Artikeln 11 und 11a der Richtlinie 2012/34/EU gewährleistet. Wie in Artikel 6 der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1795 der Kommission zur Prüfung des wirtschaftlichen Gleichgewichts festgelegt, muss die Regulierungsstelle bei der Durchführung der Prüfung den monetären Wert solcher ausschließlicher Rechte gebührend berücksichtigen.

    Die Mitgliedstaaten können durch Rechtsvorschriften oder Verwaltungspraktiken auch Rechte gewähren, die möglicherweise nicht-ausschließlich erscheinen, aber andere Unternehmen de facto an einer Marktbeteiligung hindern. So können beispielsweise Verwaltungsvereinbarungen, mit denen die Genehmigung zum Betrieb öffentlicher Verkehrsdienste erteilt wird, sofern bestimmte Kriterien wie etwa der gewünschte Umfang und die gewünschte Qualität der Dienste erfüllt werden, in der Praxis zu einer Beschränkung der Zahl der Betreiber auf dem Markt führen. Solche faktisch ausschließlichen Rechte müssen ebenfalls mit der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 im Einklang stehen.

    2.2.5.    Artikel 4 und Artikel 8. Laufzeit öffentlicher Dienstleistungsaufträge und Bedingungen, unter denen die Laufzeit eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags um bis zu 50 % verlängert werden kann

    Die Artikel 4 und 8 enthalten Bestimmungen über die maximale Laufzeit öffentlicher Dienstleistungsaufträge sowie über die Fristen für deren Vergabe und Ablauf.

    Die „Laufzeit des Vertrags“ ist anhand des Beginns der Verkehrstätigkeit zu bestimmen. Diese Auslegung wird auch dadurch untermauert, dass wichtige Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ab diesem Zeitpunkt gelten, wie z. B. diejenigen über die Verpflichtung der zuständigen Behörden, für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen eine Ausgleichsleistung zu gewähren. Die Kommission geht davon aus, dass in mehreren Mitgliedstaaten die „Laufzeit des Vertrags“ vertraglich anhand des Beginns der Verkehrstätigkeit festgelegt wird.

    Der Ausführung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags kann eine „Mobilisierungsphase“ vorausgehen, in der sich der Betreiber eines öffentlichen Dienstes auf die Aufnahme des Betriebs vorbereitet. Die für die Mobilisierung von Ressourcen benötigte Zeit kann je nachdem, wie sehr sich die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Rahmen des alten und des neuen Vertrags unterscheiden, erheblich variieren. Sie reicht von einigen Wochen für Direktvergaben, die keine wesentliche Vorbereitung erfordern, bis hin zu drei oder sogar vier Jahren für öffentliche Verkehrsunternehmen, die z. B. durch die Beschaffung neuer Fahrzeuge erhebliche Investitionen tätigen müssen, um die geforderten Dienste zu erbringen.

    Der Mobilisierungszeitraum zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die vertraglichen Verpflichtungen entstehen (der in der Regel mit der Unterzeichnung des Vertrags zusammenfällt) und dem Beginn der Verkehrstätigkeit ist jedoch nicht Bestandteil der Laufzeit des Vertrags und sollte stets dem nachweislichen Bedarf des Betreibers zur Vorbereitung auf den Betrieb entsprechen und mit der bisherigen Praxis in dem betreffenden Mitgliedstaat in Einklang stehen. Der Zeitpunkt der Vergabe in Bezug auf die Aufnahme des Betriebs sollte nicht zu einer Umgehung der in Artikel 8 Absatz 2 Ziffer iii der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 verankerten Bestimmungen über das Auslaufen bedingungsloser Direktvergaben führen. Dies kann der Fall sein, wenn ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag in unmittelbarer Nähe des für Direktvergaben und Veröffentlichungspflichten geltenden Stichtags 25. Dezember 2023 erneut direkt an einen etablierten Betreiber vergeben wird, obwohl der Betrieb im Rahmen des neuen Vertrags erst deutlich nach diesem Zeitpunkt beginnen soll und keine sachliche Rechtfertigung für die Dauer des Mobilisierungszeitraums vorliegt.

    Vorauszahlungen auf die Ausgleichsleistungen sind während eines Mobilisierungszeitraums möglich, sofern auch die Vorschriften über staatliche Beihilfen eingehalten werden.

    Gemäß Artikel 4 Absatz 4 kann die Laufzeit des öffentlichen Dienstleistungsauftrags unter Berücksichtigung der Amortisierungsdauer der Wirtschaftsgüter, falls erforderlich, um höchstens 50 % verlängert werden. Eine solche Verlängerung kann gewährt werden, wenn der Betreiber eines öffentlichen Dienstes einen wertmäßig wesentlichen Anteil der für die Erbringung der betreffenden Personenverkehrsdienste insgesamt erforderlichen Wirtschaftsgüter bereitstellt, z. B. Fahrzeuge, Wartungsanlagen oder Infrastrukturen, deren Amortisierungsdauer außergewöhnlich lang ist, und diese vorwiegend an die Personenverkehrsdienste gebunden sind, die von dem Auftrag erfasst werden.

    In Erwägungsgrund 15 wird ferner erläutert, dass „die Möglichkeit, öffentliche Dienstleistungsaufträge um maximal die Hälfte ihrer ursprünglichen Laufzeit zu verlängern, … dann vorgesehen werden [sollte], wenn der Betreiber eines öffentlichen Dienstes Investitionen in Wirtschaftsgüter tätigen muss, deren Amortisierungsdauer außergewöhnlich lang ist, und – aufgrund ihrer besonderen Merkmale und Zwänge –— bei den in Artikel 349 des Vertrags genannten Gebieten in äußerster Randlage“.

    Da es sich um eine Ausnahme von der allgemeinen Regel über die Laufzeit öffentlicher Dienstleistungsaufträge handelt, sollte die Möglichkeit einer Verlängerung um bis zu 50 % restriktiv angewandt werden. Die zuständige Behörde muss im Einzelfall prüfen, ob eine Verlängerung erforderlich ist, um dem Betreiber die Abschreibung seiner Vermögenswerte zu einem üblichen oder gesetzlich vorgeschriebenen Abschreibungssatz zu ermöglichen, und ob die zusätzliche Laufzeit in einem angemessenen Verhältnis zu diesem Ziel steht. Bei dieser Bewertung berücksichtigt die zuständige Behörde nur den Anteil der vom Betreiber selbst finanzierten Vermögenswerte und nicht den aus öffentlichen Mitteln finanzierten Anteil.

    In der Regel beschließt die zuständige Behörde vor der Vergabe eines neuen Auftrags, dass die Vertragslaufzeit verlängert werden soll, sodass die Laufzeit des Auftrags ab dem Zeitpunkt der Vergabe klar ist. Eine Verlängerung der Laufzeit während der Laufzeit eines Vertrags ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich. Die geplanten Investitionen in neue Fahrzeuge müssen sachlich gerechtfertigt sein, z. B. aus technischen Gründen, die zu einem späteren Zeitpunkt aufgetreten sind. Es sollte nachgewiesen werden, dass ohne eine Verlängerung während Restlaufzeit des Vertrags keine sinnvolle Amortisierung der Investition möglich wäre. Auf die Möglichkeit und die Bedingungen einer solchen Verlängerung sollte in den Ausschreibungsunterlagen und im Vertrag klar hingewiesen werden. Darüber hinaus kann sich eine solche Verlängerung auf die Höhe der Ausgleichsleistungen auswirken, die entsprechend angepasst werden sollte.

    Gemäß Artikel 8 Absatz 2 darf die Laufzeit der gemäß Artikel 5 Absatz 6 zwischen dem 3. Dezember 2019 und dem 24. Dezember 2023 vergebenen Aufträge zehn Jahre nicht überschreiten. Dies ist eine spezifische und absolute Obergrenze, die darauf abzielt, die Wirkungen des Stichtags 24. Dezember 2023 zu erhalten und zu verhindern, dass Aufträge, die gemäß Artikel 5 Absatz 6 und Artikel 7 Absatz 3 vergeben werden, für eine lange Zeit gelten. Daher kann die Laufzeit solcher Verträge nicht in Anwendung von Artikel 4 Absatz 4 verlängert werden.

    2.2.6.    Artikel 4 Absatz 7 und Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe e. Bedingungen für die Vergabe von Unteraufträgen

    Gemäß Artikel 4 Absatz 7 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 muss in einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag angegeben werden, ob und in welchem Umfang eine Vergabe von Unteraufträgen möglich ist. Im Falle der Vergabe von Unteraufträgen ist der Betreiber eines öffentlichen Verkehrsdienstes stets verpflichtet, „den überwiegenden Teil“ der öffentlichen Personenverkehrsdienste selbst zu erbringen.

    Bei direkt an einen internen Betreiber vergebenen öffentlichen Dienstleistungsaufträgen kann auch eine Vergabe von Unteraufträgen erfolgen, allerdings unter strengeren Voraussetzungen. Der interne Betreiber muss gemäß Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe e „den überwiegenden Teil“ der öffentlichen Personenverkehrsdienste selbst erbringen. Mit dieser Bestimmung wollte der Gesetzgeber verhindern, dass der interne Betreiber mehr als einen geringen Anteil der Verkehrsdienste an ein anderes Unternehmen weitervergeben darf, da in einem solchen Fall der Begriff des „internen Betreibers“ unter der Kontrolle der zuständigen Behörde seinen Sinn verliert.

    Unbeschadet einer Einzelfallbewertung kann sinnvollerweise davon ausgegangen werden, dass es für die Untervergabe von mehr als einem Drittel der öffentlichen Verkehrsdienste guter Gründe bedarf, insbesondere hinsichtlich der Ziele von Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe e, z. B. des Versuchs, die Schaffung falscher interner Betreiber zu verhindern. In der Regel wird der Anteil der an Unterauftragnehmer zu vergebenden Verkehrsdienste nach ihrem Wert oder nach Fahrplankilometern bemessen (23).

    Bei öffentlichen Dienstleistungsaufträgen, die nach Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007, d. h. gemäß den in den Vergaberichtlinien vorgesehenen Verfahren, vergeben werden, gehen die in Artikel 4 Absatz 7 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 festgelegten Vorschriften über die Vergabe von Unteraufträgen denen der Vergaberichtlinien vor (24).

    In jedem Fall müssen bei einer Vergabe von Unteraufträgen die einschlägigen Rechtsvorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge eingehalten werden.

    Schließlich lässt die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 auch zu, dass in einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag ein Mindestanteil an den nach ihrem Wert bemessenen Verkehrsdiensten festgelegt wird, den der im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags tätige Betreiber an Unterauftragnehmer vergeben muss. Dies kann im Vertrag festgeschrieben sein, sofern die Bestimmungen der Verordnung und dabei vor allem der Höchstanteil eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags, der an Unterauftragnehmer vergeben werden darf, eingehalten werden.

    2.3   Artikel 4 Absatz 4a, 4b und Absatz 5 und 6. Arbeitnehmerschutz bei einem Betreiberwechsel

    In Erwägungsgrund 12 der Verordnung (EU) 2016/2338 ist festgelegt, dass die Mitgliedstaaten bei der Schaffung des einheitlichen europäischen Eisenbahnraums ein angemessenes Niveau des sozialen Schutzes für das Personal der Betreiber eines öffentlichen Dienstes gewährleisten sollten. Artikel 4 Absätze 4a und 4b verweist auf die einschlägigen Vorschriften und Verpflichtungen, die für Beförderungen im öffentlichen Verkehr gelten.

    Im Einklang mit Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 und wie in den Erwägungsgründen 16 und 17 erläutert, gibt es hinsichtlich des Arbeitnehmerschutzes im Falle eines Betreiberwechsels folgende Szenarien:

    (i)

    Sind die Bedingungen für die Anwendung der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (25) erfüllt, z. B. wenn Sachanlagen wie etwa Fahrzeuge in erheblichem Umfang vom scheidenden auf den neuen Betreiber übertragen werden (26), leitet sich der Schutz der Rechte der Arbeitnehmer, zu denen insbesondere die Fortgeltung der Arbeitsverträge zählt, unmittelbar aus dieser Richtlinie ab.

    (ii)

    Liegt kein Übergang im Sinne der Richtlinie 2001/23/EG vor, so können die zuständigen Behörden dennoch beschließen, vorzuschreiben, dass die Arbeitnehmer, die zuvor zur Erbringung der Dienste eingestellt wurden, mit den Rechten übernommen werden, auf die sie bei Anwendung der Richtlinie 2001/23/EG Anspruch gehabt hätten.

    (iii)

    Die zuständigen Behörden können beschließen, vorzuschreiben, dass der Betreiber öffentlicher Verkehrsdienste „zur Gewährleistung transparenter und vergleichbarer Wettbewerbsbedingungen zwischen den Betreibern und um das Risiko des Sozialdumpings zu verhindern“ (siehe Erwägungsgrund 17 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007), für alle an der Bereitstellung des öffentlichen Verkehrsdienstes beteiligten Arbeitnehmer bestimmte Sozialstandards einhält. Diese Standards könnten in einer Tarifvereinbarung auf Unternehmensebene oder einer Tarifvereinbarung für das betreffende Marktsegment geregelt sein.

    (iv)

    Die zuständigen Behörden können die Möglichkeiten aus Ziffer ii und iii kombinieren.

    Artikel 4 Absatz 6 sieht vor, dass Informationen über geltende Vorschriften und Bestimmungen im Bereich des Arbeitnehmerschutzes, wie Qualitäts- und Sozialstandards, Qualitäts- und Sozialkriterien sowie Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Übernahme von Personal im Falle eines Betreiberwechsels, in die Ausschreibungsunterlagen und die öffentlichen Dienstleistungsaufträge aufgenommen werden müssen. Solche Standards und Kriterien können sich beispielsweise auf die Verfügbarkeit sozialer und sanitärer Einrichtungen, die regelmäßige und kontinuierliche Schulung des Personals, Förderpläne für Frauen, ältere Arbeitnehmer und Menschen mit Behinderungen sowie auf die Einhaltung der Arbeitsplatz- und Sicherheitsvorschriften und der Regeln für die Arbeitnehmerbeteiligung beziehen.

    2.4   Zugang zu wesentlichen Produktionsfaktoren und Informationen

    Dieser Abschnitt enthält Auslegungshinweise zum Zugang zu Fahrzeugen sowie Informationen, die für die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge wesentlich sind.

    2.4.1.    Artikel 5a. Zugang zu Eisenbahn-Rollmaterial

    Der Zugang zu Eisenbahn-Rollmaterial ist für die Betreiber von entscheidender Bedeutung, damit sie Angebote im Rahmen von wettbewerblichen Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge abgeben können, insbesondere wenn es sich um neue Marktteilnehmer handelt, die nicht über eine große Rollmaterial-Flotte verfügen.

    Gemäß Artikel 5a müssen die zuständigen Behörden prüfen, ob Maßnahmen erforderlich sind, um einen effektiven und diskriminierungsfreien Zugang zu geeignetem Rollmaterial zu gewährleisten. Bei der Beurteilung, in welchem Umfang die Betreiber tatsächlich Zugang zu Rollmaterial haben, sollte die zuständige Behörde alle relevanten Hindernisse bewerten, z. B. die finanziellen, technischen oder rechtlichen Hindernisse, die diesem Zugang entgegenstehen könnten. Das Angebot von Leasingunternehmen, von anderen Marktteilnehmern, die Rollmaterial bereitstellen, oder von Schienenfahrzeugpools, die von den zuständigen Behörden betrieben werden, sollte berücksichtigt werden. Bei dieser Beurteilung sollte auch der Mobilisierungszeitraum berücksichtigt werden, d. h. die Zeit, die die Betreiber benötigen, um die Fahrzeuge für Beförderungen einsetzen zu können. Bei der Prüfung, ob der Zugang zu Rollmaterial diskriminierungsfrei ist, müssen die zuständigen Behörden prüfen, ob einige Betreiber zu weniger günstigen Bedingungen als Wettbewerber Zugang zu Rollmaterial haben. Schließlich sollten sie prüfen, ob das verfügbare Rollmaterial geeignet ist, d. h. ob es die in den Ausschreibungsunterlagen vorgeschriebenen Anforderungen in Bezug auf Preis, Qualität und technische Standards erfüllt.

    Dieser Prüfungsbericht muss rechtzeitig im Voraus öffentlich zugänglich gemacht werden, damit alle Interessengruppen darauf reagieren können. Die Richtigkeit dieses Berichts kann auch im Rahmen einer Überprüfung nach Artikel 5 Absatz 7 angefochten werden.

    Kommt der Prüfungsbericht zu dem Schluss, dass Maßnahmen erforderlich sind, um einen effektiven und diskriminierungsfreien Zugang zu geeignetem Rollmaterial zu gewährleisten, so sind die zuständigen Behörden nach Artikel 5a Absatz 2 rechtlich nicht verpflichtet, solche Maßnahmen zu ergreifen. Ergreift eine zuständige Behörde jedoch keine geeigneten Maßnahmen, so läuft sie Gefahr, dass die Vergabe des öffentlichen Dienstleistungsauftrags gemäß Artikel 5 Absatz 7 daraufhin überprüft wird, ob das Vergabeverfahren fair war und die Grundsätze der Transparenz und Nichtdiskriminierung gemäß Artikel 5 Absatz 3 beachtet wurden.

    Artikel 5a Absatz 2 enthält eine Liste von Maßnahmen, die die zuständigen Behörden zur Gewährleistung eines effektiven und diskriminierungsfreien Zugangs zu Rollmaterial ergreifen können. Diese Liste ist nicht erschöpfend. Neben anderen möglichen Maßnahmen kann die zuständige Behörde in den öffentlichen Dienstleistungsvertrag auch die Verpflichtung aufnehmen, das Rollmaterial am Ende der Laufzeit des Auftrags auf den neuen Betreiber zu übertragen. Wurde solches Rollmaterial ursprünglich aus öffentlichen Mitteln erworben, sollte der Preis, zu dem es übertragen wird, die öffentlichen Mittel, die der scheidende Betreiber erhalten hat, angemessen widerspiegeln.

    2.4.2.    Artikel 4 Absatz 8. Zugang zu Informationen, die für die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge wesentlich sind

    Die zuständigen Behörden müssen allen interessierten Parteien die Informationen zur Verfügung stellen, die für die Erstellung von Angeboten für wettbewerbliche Vergabeverfahren erforderlich sind. Zu diesem Zweck müssen öffentliche Dienstleistungsaufträge eine Verpflichtung für den Betreiber enthalten, der zuständigen Behörde alle für die Vergabe des nächsten geplanten Auftrags erforderlichen Informationen zu übermitteln. Enthalten bestehende Aufträge keine solche Bestimmung, sollten sie entsprechend geändert werden. Die zuständige Behörde ist verpflichtet, den legitimen Schutz vertraulicher Geschäftsinformationen zu gewährleisten.

    Artikel 4 Absatz 8 enthält eine Liste von Informationen, die in der Regel von den zuständigen Behörden zur Verfügung gestellt werden. Diese Liste ist nicht erschöpfend. Es obliegt der zuständigen Behörde, von Fall zu Fall zu beurteilen, welche Informationen erforderlich sind, wobei sie einschlägige Aspekte wie z. B. die Merkmale des zu vergebenden Auftrags (z. B. Nettokosten- oder Bruttokostenverträge) und den legitimen Schutz vertraulicher Geschäftsinformationen berücksichtigt. Zu den in dieser Bestimmung nicht aufgeführten Informationen, die für die Bieter jedoch als wesentlich erachtet werden können, zählen beispielsweise die Wartungsunterlagen der Fahrzeuge, die auf den neuen Betreiber eines öffentlichen Dienstes womöglich übertragen werden.

    2.5.   Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge

    Dieser Abschnitt enthält Auslegungshinweise zu einer Reihe von Bestimmungen zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge. Die Erläuterungen betreffen die Bedingungen, unter denen öffentliche Dienstleistungsaufträge direkt vergeben werden können, sowie die verfahrenstechnischen Anforderungen für die wettbewerbliche Vergabe öffentlicher Aufträge.

    2.5.1.    Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b. Bedingungen, unter denen ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag direkt an einen internen Betreiber vergeben werden darf

    Nach der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 können die zuständigen örtlichen Behörden öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße selbst erbringen oder einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag direkt an einen internen Betreiber vergeben. Entscheiden sie sich für die zweite Option, so müssen sie jedoch eine Reihe strenger Vorschriften und Bedingungen einhalten, die in Artikel 5 Absatz 2 festgelegt sind. Die Kommission trifft folgende Feststellungen:

    (i)

    In Artikel 5 Absatz 2 ist festgelegt, dass eine zuständige örtliche Behörde oder eine Gruppe solcher Behörden, die integrierte öffentliche Personenverkehrsdienste anbietet, einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag direkt an interne Betreiber vergeben kann. Dies bedeutet, dass die von einer Gruppe zuständiger örtlicher Behörden direkt vergebenen öffentlichen Personenverkehrsdienste für das Zuständigkeitsgebiet einer solchen Gruppe von Behörden geografisch, verkehrstechnisch und tariflich zusammengeführt werden müssen. Der geografische Anwendungsbereich solcher unter der Verantwortung einer zuständigen örtlichen Behörde oder einer Gruppe solcher Behörden erbrachten Dienste kann nur den Bedarf eines Ballungsgebiets (27) oder ländlicher Gebiete oder von beidem decken.

    (ii)

    Die in Artikel 2 Buchstabe j festgelegten und in Artikel 5 Absatz 2 näher erläuterten Vorschriften für die Kontrolle des internen Betreibers durch die zuständige Behörde müssen in jedem Fall eingehalten werden. Ein interner Betreiber muss „eine rechtlich getrennte Einheit [sein], über die eine zuständige örtliche Behörde – oder im Falle einer Gruppe von Behörden wenigstens eine zuständige örtliche Behörde – eine Kontrolle ausübt, die der Kontrolle über ihre eigenen Dienststellen entspricht“. In Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a sind eine Reihe von Kriterien genannt, die bei der Bewertung, ob eine zuständige örtliche Behörde eine effektive Kontrolle über ihren internen Betreiber ausübt, heranzuziehen sind. Diese Kriterien sind „der Umfang der Vertretung in Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsgremien, diesbezügliche Bestimmungen in der Satzung, Eigentumsrechte, tatsächlicher Einfluss und tatsächliche Kontrolle über strategische Entscheidungen und einzelne Managemententscheidungen“. In die Bewertung der Kontrolle müssen alle anwendbaren Kriterien einbezogen werden.

    Was das Kriterium der Eigentumsrechte betrifft, müssen die zuständigen Behörden nach der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 nicht 100 % des Kapitals des internen Betreibers halten. Dies könnte beispielsweise bei öffentlich-privaten Partnerschaften von Belang sein. In dieser Hinsicht ist der Begriff des internen Betreibers nach der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 weiter gefasst als der Begriff des internen Betreibers nach der Rechtsprechung der Unionsgerichte (28). Allerdings muss die effektive Kontrolle durch die zuständige Behörde anhand anderer Kriterien nachgewiesen werden (siehe Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a).

    (iii)

    Um Wettbewerbsverzerrungen zu verringern, schreibt Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b vor, dass die Beförderungstätigkeiten interner Betreiber und jeder anderen Einheit, auf die dieser Betreiber einen auch nur geringfügigen Einfluss ausübt, auf das Zuständigkeitsgebiet der zuständigen Behörde oder der Gruppe zuständiger örtlicher Behörden beschränkt sein sollten.

    Der interne Betreiber und die Einheit, auf die der interne Betreiber Einfluss ausübt, dürfen keine öffentlichen Personenverkehrsdienste betreiben, auch nicht als Unterauftragnehmer, und – innerhalb der EU sowie aufgrund möglicher indirekter Auswirkungen auf den Binnenmarkt auch weltweit – nicht an Ausschreibungen außerhalb des Zuständigkeitsgebiets der zuständigen Behörde teilnehmen.

    Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b wurde weit gefasst, um zu verhindern, dass Unternehmensstrukturen geschaffen werden, mit denen diese geografische Beschränkung umgangen werden soll. Unbeschadet der Bestimmungen über abgehende Linien oder sonstige Teildienste, die in das Zuständigkeitsgebiet benachbarter zuständiger örtlicher Behörden führen, wie unter Ziffer v erwähnt, ist diese Bestimmung über die geografische Beschränkung strikt anzuwenden.

    (iv)

    Die Kommission ist der Auffassung, dass die Teilnahme eines internen Betreibers an einem wettbewerblichen Vergabeverfahren zur Vergabe eines öffentlichen Verkehrsdienstleistungsauftrags die Gültigkeit der Direktvergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags an diesen Betreiber infrage stellen könnte, (29) sofern die Bedingungen des Artikels 5 Absatz 2 Buchstabe c nicht erfüllt sind.

    (v)

    Gemäß Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b ist internen Betreibern der Betrieb „der abgehenden Linien oder sonstiger Teildienste, die in das Zuständigkeitsgebiet benachbarter zuständiger örtlicher Behörden führen“, gestattet. Durch diese Bestimmung ist eine gewisse Flexibilität gegeben, da hierdurch Verkehrsdienste zwischen benachbarten Regionen abgedeckt werden. Interne Betreiber können somit in einem gewissen Umfang Verkehrsdienste betreiben, die über das Zuständigkeitsgebiet ihrer zuständigen örtlichen Behörde hinausgehen. Zur Feststellung, ob die Dienste im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags im Einklang mit diesen Bestimmungen stehen, sollten folgende Kriterien herangezogen werden: die Frage, ob die Dienste eine Verbindung zwischen dem Zuständigkeitsgebiet der betreffenden Behörde und einem benachbarten Gebiet herstellen, und die Frage, ob es sich um Teildienste und nicht um den Hauptgegenstand der öffentlichen Verkehrsdienste im Rahmen des öffentlichen Dienstleistungsauftrags handelt. Ob die öffentlichen Verkehrsdienste nachrangig sind, bewertet die Kommission durch Gegenüberstellung der entsprechenden Kilometerleistung mit dem Gesamtvolumen des von dem Vertrag/den Verträgen des internen Betreibers abgedeckten öffentlichen Verkehrsdienstes.

    (vi)

    Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 gilt nicht für die Direktvergabe von Verträgen über öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen oder Straßenbahnen, die nicht die Form von Dienstleistungskonzessionen im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 2014/23/EU annehmen. Die Direktvergabe solcher Aufträge an einen internen Betreiber muss im Einklang mit Artikel 12 der Richtlinie 2014/24/EU oder mit Artikel 28 der Richtlinie 2014/25/EU erfolgen (30).

    2.5.2.    Artikel 5 Absatz 3. Der Grundsatz der wettbewerblichen Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge und ihre verfahrenstechnischen Anforderungen

    Werden für die Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste Dritte herangezogen, die keine internen Betreiber sind, so muss die zuständige Behörde gemäß Artikel 5 Absatz 3 öffentliche Dienstleistungsaufträge im Wege eines fairen, offenen, transparenten und nichtdiskriminierenden wettbewerblichen Vergabeverfahrens vergeben.

    Gemäß Artikel 5 Absatz 3 vergeben Behörden die öffentlichen Dienstleistungsaufträge „außer in den in den Absätzen 3a, 4, 4a, 4b, 5 und 6 vorgesehenen Fällen“ im Wege eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens. Diese Bestimmung legt somit eindeutig fest, dass das wettbewerbliche Vergabeverfahren nach Artikel 5 Absatz 3 die Regel darstellt, während die Absätze 3a, 4, 4a, 4b, 5 und 6 Ausnahmen von dieser Regel vorsehen. Nach der Rechtsprechung ist jede Abweichung oder Ausnahme von einer allgemeinen Regel eng auszulegen (31).

    Artikel 5 Absatz 3 enthält außerdem weitere Einzelheiten zu den Bedingungen, unter denen ein wettbewerbliches Vergabeverfahren organisiert werden sollte. Wie unter Nummer 2.5.1 ausgeführt, müssen Vergabeverfahren so ausgestaltet sein, dass die Voraussetzungen für einen echten Wettbewerb bestehen. Aus den allgemeinen Grundsätzen des Vertrags wie denen der Transparenz und Nichtdiskriminierung ergibt sich beispielsweise, dass die Bewertungskriterien für die Auswahl der Angebote zusammen mit den Ausschreibungsunterlagen veröffentlicht werden müssen. Auf Wunsch können die Mitgliedstaaten auch die detaillierteren Verfahrensvorschriften im Bereich des EU-Vergaberechts anwenden, wie sie z. B. in den Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU oder in der Richtlinie 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe niedergelegt sind.

    Um Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zu entsprechen, müssen Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge so ausgestaltet sein, dass die besten Voraussetzungen für einen echten Wettbewerb bestehen. Ein Vergabeverfahren, das Verhandlungen zwischen der zuständigen Behörde und den Bietern umfasst, kann dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung genügen, sofern die Verhandlungen unparteiisch, fair und transparent sind. Somit würde ein reines Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung gegen die Grundsätze der Transparenz und Nichtdiskriminierung nach Artikel 5 Absatz 3 verstoßen. Ebenso wenig würde ein Ausschreibungsverfahren, bei dem die Zahl der potenziellen Bieter in unzulässiger Weise beschränkt wird, den Anforderungen von Artikel 5 Absatz 3 genügen.

    Gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 kann die zuständige Behörde im Falle besonderer oder komplexer Anforderungen nach einer Vorauswahl der Angebote auch mit vorausgewählten Parteien Verhandlungen führen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die bietenden Betreiber technologisch innovative Verkehrslösungen erarbeiten müssen, um den in den Ausschreibungsunterlagen veröffentlichten Anforderungen gerecht zu werden. Auch bei Vorauswahl und Verhandlung müssen die Auswahl und das Vergabeverfahren alle Bedingungen von Artikel 5 Absatz 3 erfüllen.

    Um potenziellen Bietern faire und gleiche Chancen einzuräumen, muss zwischen dem Ausschreibungsbeginn und der Frist zur Einreichung der Angebote sowie zwischen dem Ausschreibungsbeginn und der vorgesehenen Aufnahme der Verkehrsdienste ein angemessener Zeitraum liegen.

    2.5.3.    Ausnahmen vom Grundsatz der wettbewerblichen Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge

    2.5.3.1.   Artikel 5 Absatz 3a. Bedingungen, unter denen die zuständigen Behörden unter außergewöhnlichen Umständen einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag im Eisenbahnverkehr direkt vergeben können

    Bei öffentlichen Dienstleistungsaufträgen im Eisenbahnverkehr können die zuständigen Behörden entscheiden, vorübergehend neue Aufträge direkt zu vergeben, wenn die Behörde der Auffassung ist, dass dies durch außergewöhnliche Umstände gerechtfertigt ist. Dies gilt insbesondere, wenn

    eine Reihe wettbewerblicher Vergabeverfahren bereits von der zuständigen Behörde oder anderen zuständigen Behörden durchgeführt werden, die die Zahl und die Qualität der Angebote beeinträchtigen könnten, welche voraussichtlich eingehen, wenn der Auftrag im Wege eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens vergeben würde, oder

    Änderungen am Umfang eines oder mehrerer öffentlicher Dienstleistungsaufträge erforderlich sind, um die Erbringung öffentlicher Dienste zu optimieren.

    Zu diesen außergewöhnlichen Umständen gehören Situationen, in denen eine zuständige Behörde die geografische Abdeckung oder den Umfang von Auftragslosen neu gestalten möchte. In Fällen, in denen eine zuständige Behörde beabsichtigt, öffentliche Verkehrsdienste im Rahmen eines einzigen Auftrags zu erbringen, obwohl sie derzeit im Rahmen von zwei bestehenden Aufträgen mit unterschiedlichem Ablaufdatum erbracht werden, kann es beispielsweise erforderlich sein, den Auftrag mit dem früheren Ablaufdatum vorübergehend direkt zu vergeben, damit beide Aufträge zum selben Zeitpunkt enden können.

    Obwohl die Liste der in der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vorgesehenen Situationen, die außergewöhnliche Umstände darstellen, offen ist, ist der Begriff „außergewöhnliche Umstände“ restriktiv auszulegen. Aus diesem Grund soll diese Bestimmung, wie in Erwägungsgrund 21 der Verordnung (EU) 2016/2338 erwähnt, dann herangezogen werden, wenn sie es den zuständigen Behörden ermöglicht, eine möglichst kostenwirksame Erbringung der Dienstleistungen sicherzustellen. Die Laufzeit der gemäß dieser Bestimmung vergebenen Aufträge ist auf ein Maß zu beschränken, das zu dem jeweiligen außergewöhnlichen Umstand in einem angemessenen Verhältnis steht, und darf in keinem Fall fünf Jahre überschreiten. Die zuständige Behörde hat bestimmte Transparenzanforderungen zu erfüllen. Sie muss die Kommission über die Entscheidung, einen Auftrag auf dieser Grundlage zu vergeben, rasch unterrichten, wobei diese Entscheidung hinreichend zu begründen ist. Die Einzelheiten ihrer Veröffentlichung (z. B. Link zur entsprechenden Website) sind der Generaldirektion Mobilität und Verkehr der Europäischen Kommission (32) zur Prüfung und etwaigen weiteren Befassung zu übermitteln. Diese Informationspflicht macht die Vergabe nicht von der Zustimmung der Kommission abhängig. Die zuständige Behörde muss den öffentlichen Dienstleistungsauftrag außerdem veröffentlichen. Eine zuständige Behörde kann diese rechtliche Möglichkeit nicht für die Vergabe von zwei aufeinanderfolgenden öffentlichen Dienstleistungsaufträgen nutzen, die dieselben gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen abdecken.

    2.5.3.2.   Artikel 5 Absatz 4. Bedingungen, unter denen eine zuständige Behörde einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag im Fall eines Auftrags mit geringem Wert oder eines kleinen oder mittleren Unternehmens direkt vergeben kann

    Bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge von geringem Wert (Artikel 5 Absatz 4) kann die zuständige Behörde den Auftrag ohne wettbewerbliches Vergabeverfahren direkt vergeben. Ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag gilt dann als von geringem Wert, wenn der geschätzte Jahresdurchschnittswert weniger als 1 Mio. EUR oder die jährliche öffentliche Personenverkehrsleistung weniger als 300 000 km beträgt. Bei Aufträgen, die öffentliche Schienenpersonenverkehrsdienste umfassen, belaufen sich diese beiden Schwellenwerte auf 7,5 Mio. EUR pro Jahr bzw. 500 000 km. Im Falle von Aufträgen, die direkt an kleine oder mittlere Unternehmen („KMU“) vergeben werden, die nicht mehr als 23 Straßenfahrzeuge betreiben, können die Schwellen auf einen geschätzten Jahresdurchschnittswert von weniger als 2 Mio. EUR oder auf eine jährliche öffentliche Verkehrsleistung von weniger als 600 000 km erhöht werden.

    Dass konkret in Bezug auf KMU eine Schwelle für die Zahl der „Straßenfahrzeuge“ angegeben wird, deutet darauf hin, dass diese Bestimmung allein für die Beförderung mit Bussen, nicht jedoch für eine Beförderung mit Straßenbahn, Untergrundbahn oder Zug gilt. Die Obergrenze von 23 Straßenfahrzeugen ist angesichts der Ausnahmeregelung in Artikel 5 Absatz 4 restriktiv auszulegen. Deshalb ist „betriebene Fahrzeuge“ auszulegen als die Gesamtzahl der von dem Betreiber öffentlicher Verkehrsdienste betriebenen Fahrzeuge und nicht als Anzahl der für die Dienste im Rahmen eines bestimmten öffentlichen Dienstleistungsauftrags eingesetzten Fahrzeuge. Die Kriterien der KMU-Empfehlung (33) gelten für die Definition kleiner und mittlerer Unternehmen.

    In Anwendung von Artikel 5 Absatz 4 können die Mitgliedstaaten beschließen, für alle Aufträge, einschließlich der Aufträge von geringem Wert und der an kleine und mittlere Betreiber vergebenen Aufträge, eine wettbewerbliche Vergabe vorzuschreiben. Desgleichen können sie sich dafür entscheiden, die Schwellenwerte, unterhalb deren eine Direktvergabe zulässig ist, zu senken.

    2.5.3.3.   Artikel 5 Absatz 4a. Bedingungen, unter denen die zuständigen Behörden einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag im Eisenbahnverkehr im Fall bestimmter struktureller und geografischer Merkmale des Marktes und des Netzes sowie bei Leistungsverbesserungen direkt vergeben können

    Nach Artikel 5 Absatz 4a kann die zuständige Behörde öffentliche Dienstleistungsaufträge für öffentliche Personenverkehrsdienste direkt vergeben, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind. Als Ausnahme vom Grundsatz des wettbewerblichen Verfahrens für die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge sollte diese Bestimmung restriktiv ausgelegt werden.

    Die erste Bedingung ist, dass die Direktvergabe aufgrund der jeweiligen strukturellen und geografischen Merkmale des Marktes und des betreffenden Netzes, und insbesondere der Größe, Nachfragemerkmale, Netzkomplexität, technischen und geografischen Abgeschnitten- bzw. Abgeschiedenheit sowie der von dem Auftrag abgedeckten Dienste gerechtfertigt ist.

    Die Liste der besonderen Merkmale ist nicht erschöpfend. Die zuständige Behörde kann daher die Notwendigkeit einer Direktvergabe auch unter Berufung auf andere als die im Text aufgeführten Merkmale in Betracht ziehen. Kommt eine zuständige Behörde zu dem Schluss, dass die Merkmale des Marktes und des Netzes die Direktvergabe rechtfertigen, sollte sie sich auf sachliche Gründe stützen. Nach ständiger Rechtsprechung obliegt die Beweislast dafür, dass die Umstände, die die Ausnahme rechtfertigen, tatsächlich vorliegen, demjenigen, der sich auf sie berufen will. Aus diesem Grund hat die zuständige Behörde in ihrer mit Gründen versehenen Entscheidung über die Vergabe eines Auftrags nach Artikel 5 Absatz 4a hinreichend nachzuweisen, dass die in dieser Bestimmung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

    Unter Berücksichtigung des Grundgedankens von Artikel 5 Absatz 4a, d. h. dass in bestimmten Fällen die Ziele der Verordnung, nämlich die Bereitstellung hochwertiger und kosteneffizienter Dienste, aufgrund bestimmter Merkmale des Marktes und des Netzes nicht durch eine wettbewerbliche Vergabe erreicht werden können, ist nicht so sehr die Anzahl und die Art der vom Mitgliedstaat angeführten Merkmale entscheidend, sondern der Nachweis, dass diese Merkmale im konkreten Fall die Durchführung einer Direktvergabe anstelle einer wettbewerblichen Vergabe sachlich rechtfertigen.

    Unbeschadet der Beurteilung des jeweiligen Einzelfalls sind die relevanten Merkmale nach Auffassung der Kommission folgendermaßen zu interpretieren bzw. zu bemessen: Die Marktgröße sollte in Zugkilometern, die Netzgröße in Gleiskilometern gemessen werden. Die Netzkomplexität könnte beispielsweise durch das Vorhandensein vieler intermodaler Knotenpunkte, in der Regel in örtlichen oder vorstädtischen Netzen, gekennzeichnet sein. Die technische Abgeschnittenheit könnte sich z. B. auf eine Situation beziehen, in der wichtige Netzkomponenten von EU-Normen wie den technischen Spezifikationen für die Interoperabilität abweichen. Geografische Abgeschiedenheit könnte Netze bedeuten, die keine physischen Verbindungen zu benachbarten Netzen haben, weil sie sich z. B. auf einer Insel befinden. Der Begriff „vom Auftrag abgedeckte Dienste“ könnte sich beispielsweise auf einen „strategischen Wert“ der Dienstleistungen beziehen.

    Die zweite Voraussetzung, die erfüllt sein muss, um eine Direktvergabe nach Artikel 5 Absatz 4a zu rechtfertigen, besteht darin, dass der Auftrag zu einer Verbesserung der Qualität der Dienste oder der Kosteneffizienz gegenüber dem zuvor vergebenen öffentlichen Dienstleistungsauftrag führen muss. In der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ist das Maß der Verbesserung nicht festgelegt, sodass die Entscheidung darüber Sache der zuständigen Behörde ist. Um jedoch einer Umgehung der Verpflichtung aus der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vorzubeugen und ihre praktische Wirksamkeit zu gewährleisten, sollte die Verbesserung der Dienste signifikant sein.

    Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 schreibt ferner vor, dass die zuständige Behörde ihre mit Gründen versehene Entscheidung über die Durchführung der Direktvergabe veröffentlicht und die Kommission innerhalb eines Monats nach der Veröffentlichung hiervon unterrichtet. Dies soll den Marktteilnehmern und der Kommission ermöglichen, die Durchführung des Direktvergabeverfahrens und dessen Begründung zur Kenntnis zu nehmen. Die Einzelheiten ihrer Veröffentlichung (z. B. Link zur entsprechenden Website) sind der Generaldirektion Mobilität und Verkehr der Europäischen Kommission (34) zur Prüfung und etwaigen weiteren Befassung zu übermitteln. Diese Informationspflicht macht die Vergabe nicht von der Zustimmung der Kommission abhängig.

    Bei den Mitgliedstaaten, bei denen am 24. Dezember 2017 das jährliche Verkehrsaufkommen im Schienenpersonenverkehr weniger als 23 Mio. Zugkilometer betrug, wird davon ausgegangen, dass nur eine zuständige Behörde auf nationaler Ebene und nur ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag, der das gesamte Schienennetz umfasst, die erste Bedingung erfüllen. Aber auch in diesen Mitgliedstaaten muss die zweite Bedingung für eine Direktvergabe noch erfüllt werden. Daher müssen auch sie eine mit Gründen versehene Entscheidung veröffentlichen und die Kommission hiervon unterrichten. Eine Liste der Mitgliedstaaten, deren Verkehrsaufkommen im Schienenpersonenverkehr am 24. Dezember 2017 weniger als 23 Mio. Zugkilometer pro Jahr betrug, ist in der Anlage zu diesen Leitlinien enthalten.

    Der Auftrag muss spezifische Leistungsanforderungen zu Aspekten der Dienstequalität und der Kosteneffizienz beinhalten. Die Leistungsanforderungen müssen messbar, transparent und überprüfbar sein. Sie stützen sich ausdrücklich auf Indikatoren, die es der zuständigen Behörde ermöglichen, regelmäßige aussagekräftige Bewertungen durchzuführen. Diese Indikatoren müssen in der Lage sein, die Verbesserung bei der Qualität der Dienste und/oder der Kosteneffizienz des direkt vergebenen Auftrags gegenüber dem vorherigen klar zu verdeutlichen. Andernfalls könnte die Anforderung, dass der Vertrag Verbesserungen gegenüber dem vorherigen bewirken muss, nicht wirksam erfüllt und kontrolliert werden. Die Leistungsanforderungen sollten sich insbesondere auf folgende Aspekte erstrecken: Pünktlichkeit der Dienste, Frequenz des Zugbetriebs, Qualität des Rollmaterials und Personenbeförderungskapazität. Diese Liste ist offen, was bedeutet, dass mindestens die aufgeführten Qualitätsanforderungen in den öffentlichen Dienstleistungsauftrag aufgenommen werden müssen; die zuständigen Behörden können zusätzliche Anforderungen stellen.

    Die zuständige Behörde ist verpflichtet, regelmäßig, mindestens alle fünf Jahre, die Erfüllung der vertraglichen Verbesserungsanforderungen zu bewerten. Um eine kontinuierliche und wirksame Kontrolle der Einhaltung zu gewährleisten und in der Lage zu sein, Verstöße frühzeitig aufzudecken und gegebenenfalls Maßnahmen zur Wiederherstellung der Einhaltung zu ergreifen, können häufigere Bewertungen gerechtfertigt sein. Die zuständige Behörde sollte sicherstellen, dass sie in der Lage ist, die Leistungen wirksam zu kontrollieren. Deshalb muss sie – z. B. durch vertragliche Anforderungen – dafür sorgen, dass sie von den einschlägigen Akteuren tatsächlich die Daten erhält, die es ihr ermöglichen, die Einhaltung der Anforderungen zu bewerten. Die zuständige Behörde muss die Ergebnisse ihrer regelmäßigen Bewertungen veröffentlichen.

    Der Auftrag muss außerdem wirksame und abschreckende Maßnahmen beinhalten, die zu verhängen sind, wenn das Eisenbahnunternehmen die Leistungsanforderungen nicht erfüllt. Dies bedeutet, dass bei den regelmäßigen Bewertungen alle Anforderungen erfüllt sein müssen, um die Anwendung solcher wirksamer und abschreckender Maßnahmen zu vermeiden. Daher ist die zuständige Behörde nicht berechtigt, auf die Anwendung dieser Maßnahmen zu verzichten. Solche Maßnahmen können verschiedene Formen annehmen und Geldbußen umfassen.

    Schließlich kann die zuständige Behörde, wenn der Betreiber die Leistungsanforderungen nicht erfüllt, den auf der Grundlage von Artikel 5 Absatz 4a direkt vergebenen Auftrag jederzeit ganz oder teilweise aussetzen oder kündigen.

    Aufträge, die auf der Grundlage von Artikel 5 Absatz 4a vergeben werden, haben eine Höchstlaufzeit von zehn Jahren, bzw. von 15 Jahren, wenn sie erhebliche Investitionen gemäß Artikel 4 Absatz 4 umfassen. Diese Aufträge müssen ebenfalls veröffentlicht werden.

    2.5.3.4.   Artikel 5 Absatz 5. Notvergaben

    Im Falle einer tatsächlichen oder unmittelbar bevorstehenden Unterbrechung von Verkehrsdiensten, unabhängig davon, ob sie im Rahmen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erbracht werden oder nicht, sind die zuständigen Behörden nach Artikel 5 Absatz 5 befugt, einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag für einen Zeitraum von höchstens zwei Jahren direkt zu vergeben, zu verlängern oder aufzuerlegen.

    Der Anwendungsbereich der Notvergabe erstreckt sich auch auf grundlegende Änderungen von Aufträgen, z. B. als Reaktion auf Krisensituationen wie Pandemien. Solche Änderungen müssen vorübergehenden Charakter haben, auf die Dauer der Krise begrenzt sein, deren Folgen die Notvergabe begegnen soll, und dürfen in keinem Fall zwei Jahre überschreiten. Wurde der ursprüngliche Auftrag nicht gekündigt, sondern ausgesetzt, und ist er nach Beendigung der Notmaßnahmen noch nicht abgelaufen, gelten die ursprünglichen Auftragsbedingungen erneut. In den geänderten Aufträgen müssen gegebenenfalls die Modalitäten für eine Rückkehr zum vorherigen Auftrag festgelegt werden.

    Öffentliche Dienstleistungsaufträge in Notfällen können nicht rückwirkend angewandt werden, da der Inhalt dieser Aufträge vor ihrer Anwendung gemäß Artikel 4 festgelegt werden muss. Sollte beim Auslaufen der Notmaßnahmen am Ende des Zweijahreszeitraums die Ursache für die tatsächliche oder unmittelbar bevorstehende Unterbrechung von Verkehrsdiensten fortbestehen, kann die zuständige Behörde neue Notmaßnahmen gemäß Artikel 5 Absatz 5 ergreifen, sofern sie nachweisen kann, dass eine Vergabe des öffentlichen Dienstleistungsauftrags auf der Grundlage der anderen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 aufgrund der außergewöhnlichen Umstände faktisch nicht möglich war.

    Gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 werden öffentliche Dienstleistungsaufträge im Sinne der Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Richtlinie 2014/24/EU und Richtlinie 2014/25/EU) für öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen oder Straßenbahnen im Einklang mit diesen Richtlinien vergeben, sofern diese Aufträge nicht die Form von Dienstleistungskonzessionen in deren Sinne annehmen. Artikel 5 Absatz 5 der Verordnung Nr. 1370/2007 gilt daher nicht für die Vergabe solcher Aufträge. Gleichwohl sehen die Vergaberichtlinien bestimmte dringende Vergabeverfahren vor, einschließlich der Möglichkeit eines Verhandlungsverfahrens, das unter bestimmten Umständen nicht veröffentlicht werden muss (35).

    Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sieht vor, dass die Verpflichtung, bestimmte Informationen gemäß Artikel 7 Absatz 2 mindestens ein Jahr vor der Direktvergabe zu veröffentlichen, im Falle der Notvergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags nach Artikel 5 Absatz 5 nicht gilt. Die Kommission ist der Auffassung, dass diese Verpflichtung analog dazu ebenso wenig gilt, wenn öffentliche Dienstleistungsaufträge für Verkehrsdienste mit Bussen oder Straßenbahnen auf der Grundlage der in den Vergaberichtlinien vorgesehenen dringenden Vergabeverfahren vergeben werden, da sie eine solche dringende Vergabe ausschließen würde.

    2.5.3.5.   Artikel 5 Absatz 6. Eisenbahnverkehrsdienste, die direkt vergeben werden können

    Gemäß Artikel 5 Absatz 6 können die zuständigen Behörden öffentliche Dienstleistungsaufträge im Eisenbahnverkehr „mit Ausnahme anderer schienengestützter Verkehrsträger wie Untergrund- oder Straßenbahnen“ direkt vergeben.

    Vergibt eine Behörde Aufträge zur Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse an einen Dritten, so sind allgemeine, im Vertrag festgelegte Grundsätze wie die Grundsätze der Transparenz und Nichtdiskriminierung zu beachten (36). Aufträge, die gemäß Artikel 5 Absatz 6 direkt vergeben werden, sind nicht von der Einhaltung dieser Grundsätze des Vertrags ausgenommen. Deshalb wird in der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007, insbesondere in Artikel 7 Absätze 2 und 3 gefordert, dass die zuständigen Behörden bestimmte Informationen über direkt vergebene öffentliche Dienstleistungsaufträge im Schienenverkehr mindestens ein Jahr vor und binnen eines Jahres nach der Auftragsvergabe veröffentlichen.

    Diese Ausnahme von der allgemeinen Vorschrift für wettbewerbliche Vergabeverfahren ist ebenfalls restriktiv anzuwenden. So kann Schienenersatzverkehr, beispielsweise Verkehrsdienste mit Bussen, der von dem Betreiber öffentlicher Verkehrsdienste im Falle einer Unterbrechung des Schienennetzes vertraglich gefordert sein kann, nicht als Eisenbahnverkehr gelten und fällt somit nicht unter Artikel 5 Absatz 6. Das Eisenbahnunternehmen sollte solche Schienenersatzverkehrsdienste durch Busse gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge an Unterauftragnehmer vergeben.

    Ob bestimmte Arten von Schienenverkehrssystemen in städtischen Gebieten bzw. deren Umland, wie S-Bahnen (in Österreich, Deutschland, der Schweiz und Dänemark) und RER (in Frankreich) oder „anderen schienengestützten Verkehrsträgern“ vergleichbare Verkehrsträger (z. B. Untergrund- oder Straßenbahndienste) wie Tram-Train und bestimmte automatische, über optische Fahrleitsysteme gesteuerte Bahnen, unter die Ausnahmeregelung für den Eisenbahnverkehr gemäß Artikel 5 Absatz 6 fallen, ist unter Anwendung geeigneter Kriterien im Einzelfall zu bewerten. Dies hängt insbesondere davon ab, ob die betreffenden Systeme normalerweise interoperabel sind und/oder ob Infrastruktur des herkömmlichen Eisenbahnnetzes mitgenutzt wird. Obwohl Tram-Train-Dienste Eisenbahninfrastruktur nutzen, sollten sie aufgrund ihrer besonderen Merkmale dennoch den „anderen schienengestützten Verkehrsträgern“ zugerechnet werden.

    2.5.4.    Artikel 5 Absatz 7. Überprüfung der Entscheidungen über die Auftragsvergabe

    Diese Bestimmung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass die von den zuständigen Behörden nach Artikel 5 Absätze 2 bis 6 getroffenen Maßnahmen wirksam und rasch auf Antrag einer Person überprüft werden können, die ein Interesse daran hat bzw. hatte, einen bestimmten Auftrag zu erhalten, und die angibt, durch einen Verstoß dieser Entscheidungen gegen Unionsrecht oder nationale Vorschriften zur Durchführung des Unionsrechts geschädigt zu sein oder geschädigt werden zu können („interessierte Parteien“). Solche Überprüfungsstellen können Gerichte sein.

    Nach Artikel 5 Absatz 7 Unterabsatz 2 müssen diese Maßnahmen für Fälle gemäß den Absätzen 4a und 4b die Möglichkeit für die interessierten Parteien beinhalten, eine Bewertung der von der zuständigen Behörde getroffenen und mit Gründen versehenen Entscheidung durch eine von dem betreffenden Mitgliedstaat benannte unabhängige Stelle zu verlangen.

    Wie in Erwägungsgrund 27 der Verordnung (EU) 2016/2338 erläutert, können die Mitgliedstaaten beschließen, dass die Bewertung im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung erfolgt. Diese Bewertung kann daher speziell von der für das Überprüfungsverfahren gemäß Artikel 5 Absatz 7 Unterabsatz 1 benannten unabhängigen Stelle vorgenommen werden. Nach Auffassung der Kommission sollte diese unabhängige Stelle über angemessene Kenntnisse des Marktes und Zugang zu den erforderlichen Informationen verfügen, um eine fachkundige Bewertung vornehmen zu können. Daher bieten sich die Regulierungsstellen für den Eisenbahnsektor im Sinne des Artikels 55 der Richtlinie 2012/34/EU zur Ausübung dieser Funktion an. Benennt ein Mitgliedstaat eine andere unabhängige Stelle als seine Regulierungsstelle für den Eisenbahnsektor, so sollte der Grad der Unabhängigkeit dieser Stelle ausreichen, um die rechtliche und operative Unabhängigkeit von den Interessen der zuständigen Behörden und der Eisenbahnunternehmen zu gewährleisten, und mindestens dem Grad der Unabhängigkeit der Regulierungsstelle für den Eisenbahnsektor entsprechen.

    Das Ergebnis dieser Bewertung muss im Einklang mit nationalem Recht öffentlich zugänglich gemacht werden. Die Kommission geht davon aus, dass zumindest die wesentlichen Punkte der Bewertung und deren Endergebnis, aus denen hervorgeht, ob die Begründung der Vergabeentscheidung mit den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vereinbar ist, veröffentlicht werden müssen.

    Eine Nachprüfungsstelle, die kein Gericht ist, muss ihre Entscheidung stets schriftlich begründen. Außerdem müssen ihre Entscheidungen in einem solchen Fall der gerichtlichen Kontrolle oder der Überprüfung durch eine andere Stelle, bei der es sich um ein Gericht im Sinne von Artikel 267 AEUV handelt, unterliegen.

    2.5.5.    Änderung öffentlicher Dienstleistungsaufträge

    Wenn ein laufender öffentlicher Dienstleistungsauftrag geändert werden muss, z. B., weil die Beförderungsleistung und die entsprechende Ausgleichsleistung aufgrund des Ausbaus einer Untergrundbahnlinie angepasst werden müssen, stellt sich die Frage, ob die zuständige Behörde ein neues Vergabeverfahren einleiten muss oder ob der Vertrag ohne Neuvergabe geändert werden kann.

    Die Unionsgerichte haben dazu festgestellt, dass im Falle kleinerer, unwesentlicher Änderungen nicht zwingend eine Neuvergabe erforderlich ist, um sicherzustellen, dass die allgemeinen Grundsätze des Vertrags wie Transparenz und Nichtdiskriminierung eingehalten werden, sodass eine einfache Änderung des Auftrags ausreichen kann. Andererseits muss den Unionsgerichten zufolge zur Gewährleistung der Transparenz der Verfahren und der Gleichbehandlung der Bieter bei erheblichen Änderungen wesentlicher Bestimmungen von Verträgen über Dienstleistungskonzessionen oder Aufträgen, die in den Geltungsbereich der Richtlinien zur Vergabe öffentlicher Aufträge fallen, in bestimmten Fällen eine Neuvergabe erfolgen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die neuen Bestimmungen in ihrer Art wesentlich vom ursprünglichen Auftrag unterscheiden und daher die Absicht der Vertragsparteien zeigen, wesentliche Bedingungen dieses Vertrags neu auszuhandeln (37).

    Den Unionsgerichten zufolge kann eine Änderung eines laufenden Vertrags als wesentlich gelten, wenn dadurch Bedingungen eingeführt werden, die, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären, dazu geführt hätten, dass andere als die ursprünglich zugelassenen Bieter zugelassen worden wären oder dass ein anderes als das ursprünglich angenommene Angebot angenommen worden wäre (38).

    Da dies in der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 nicht geregelt ist, gelten die Grundsätze der genannten Rechtsprechung uneingeschränkt für Änderungen von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen, die unter diese Verordnung fallen. Um zu ermitteln, welche Änderungen nicht wesentlich sind, ist eine Einzelfallprüfung anhand objektiver Kriterien erforderlich (39).

    Diese Grundsätze gelten für Aufträge, die im Wege eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens vergeben werden. Werden an gemäß Artikel 5 Absatz 6 vergebenen Aufträgen nach dem 24. Dezember 2023 erhebliche Änderungen wesentlicher Bestimmungen vorgenommen, sollte dies außerdem die Vergabe eines neuen Auftrags erfordern.

    Darüber hinaus gelten gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 die in den Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU (40) festgelegten besonderen Vorschriften für Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit für Aufträge, die nach diesen Richtlinien vergeben werden.

    2.6.   Ausgleichsleistungen für öffentliche Dienstleistungen

    Die Unionsvorschriften über die Voraussetzungen, unter denen Ausgleichsleistungen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse eine Beihilfe im Sinne von Artikel 107 AEUV darstellen, gelten für den Landverkehr. Artikel 106 Absatz 2 AEUV gilt nicht, wenn Ausgleichsleistungen eine staatliche Beihilfe darstellen und für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Bereich des Landverkehrs gezahlt werden. Diese Ausgleichsleistungen fallen vielmehr unter Artikel 93 AEUV. Dementsprechend gelten die EU-Vereinbarkeitsvorschriften für Ausgleichsleistungen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (41) auf der Grundlage von Artikel 106 Absatz 2 AEUV nicht für den Landverkehr (42).

    Mit den in der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 festgelegten Vorschriften für die Ausgleichleistung soll sichergestellt werden, dass die Betreiber unter Berücksichtigung eines angemessenen Gewinns nicht überkompensiert werden, dass die Ausgleichleistung langfristig die finanzielle Nachhaltigkeit der Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste sichert (43) und dass das System die Gesamteffizienz fördert. Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 enthält auch Einzelheiten zu den vorab durchgeführten und nachträglichen Kontrollen der Kommission in Bezug auf die Höhe der gewährten Ausgleichsleistungen.

    Wird bei öffentlichen Personenverkehrsdiensten auf Schiene und Straße gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 eine Ausgleichsleistung für diese Dienste gezahlt, so gilt diese als mit dem Binnenmarkt vereinbar und ist gemäß Artikel 9 Absatz 1 dieser Verordnung von der Pflicht zur vorherigen Unterrichtung nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV befreit.

    Diese Annahme der Vereinbarkeit und Befreiung von der Pflicht zur Unterrichtung ist nur dann relevant, wenn die Ausgleichsleistung eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt. Ausgleichleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen, die die von den Unionsgerichten im Altmark-Urteil (44) festgelegten Bedingungen erfüllen, stellen keine staatliche Beihilfe dar und unterliegen deshalb in keinem Fall einer Pflicht zur vorherigen Unterrichtung. Um jedoch mit dem Unionsrecht vereinbar zu sein, müssten solche Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen weiterhin die anderen Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 erfüllen, die sich auf die Organisation von Landverkehrsdienstleistungen nach den Binnenmarktvorschriften beziehen, z. B. die Bestimmungen über die Laufzeit eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags, den Arbeitnehmerschutz, den Zugang zu Fahrzeugen, die Vergabeverfahren oder die Vergabe von Unteraufträgen.

    2.6.1.    Vergabe auf Grundlage einer wettbewerblichen Ausschreibung

    Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sieht vor, dass in den öffentlichen Dienstleistungsaufträgen und den allgemeinen Vorschriften zuvor in objektiver und transparenter Weise die Parameter, anhand deren gegebenenfalls die Ausgleichsleistung berechnet wird, und die Art und der Umfang der gegebenenfalls gewährten Ausschließlichkeit, wobei eine übermäßige Ausgleichsleistung zu vermeiden ist, aufzustellen sind.

    Gleichwohl sind in der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 keine konkreten Bedingungen festgelegt, wie Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen zu gestalten sind, wenn der entsprechende öffentliche Dienstleistungsauftrag im Wege eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vergeben wird. Der Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 (im Folgenden „Anhang“) gilt nicht für diese Aufträge.

    Ein offenes, transparentes und diskriminierungsfreies wettbewerbliches Vergabeverfahren sollte grundsätzlich sicherstellen, dass der Preis, den die zuständige Behörde für die in der Leistungsbeschreibung bezeichnete öffentliche Dienstleistung zahlt, die „geringsten Kosten für die Allgemeinheit“ mit sich bringt. Die zuständigen Behörden sollten jedoch besonders auf Anzeichen achten, die auf einen Mangel an wirksamem Wettbewerb bei der Ausschreibung hindeuten.

    Es sei darauf hingewiesen, dass selbst ein wettbewerbliches Vergabeverfahren an sich nicht sicherstellt, dass es zu keiner Überkompensation kommt, d. h. dass die während der Laufzeit des Auftrags tatsächlich gezahlte Ausgleichsleistung nicht über das hinausgeht, was erforderlich ist, um die zur Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen entstandenen Kosten ganz oder teilweise zu decken, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zu berücksichtigen sind.

    2.6.2.    Ausgleichsleistungen für direkt vergebene Aufträge

    Wird ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag gemäß Artikel 5 Absatz 2, 3a, 4, 4a, 4b, 5 oder 6 direkt vergeben oder erlässt eine zuständige Behörde allgemeine Vorschriften im Sinne von Artikel 3 Absatz 2, so ist die Höhe der Ausgleichsleistung nicht das Ergebnis miteinander konkurrierender Marktkräfte, sondern direkter Verhandlungen oder einer direkten Festlegung seitens der zuständigen Behörde. Zur Vermeidung einer Überkompensation ist in solchen Situationen gemäß Artikel 4 und Artikel 6 Absatz 1 die im Anhang beschriebene Methode zur Berechnung des Ausgleichshöchstbetrags anzuwenden.

    Werden die Bestimmungen des Anhangs eingehalten (zusätzlich zu allen anderen einschlägigen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007), gilt eine solche Ausgleichsleistung als mit dem Binnenmarkt vereinbar und fällt damit unter die Gruppenfreistellung nach Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007.

    2.6.3.    Überkompensation

    Der zwischen dem Betreiber eines öffentlichen Dienstes und der zuständigen Behörde vereinbarte Auftrag kann verschiedene Formen annehmen, insbesondere in Bezug auf Vereinbarungen über die Risikoteilung und die Obergrenze für den angemessenen Gewinn, den der Betreiber behalten darf.

    In der Regel müssen die zuständigen Behörden regelmäßig nachträgliche Kontrollen durchführen, um eine etwaige Überkompensation aufzudecken, und in den öffentlichen Dienstleistungsaufträgen Rückforderungsmechanismen vorsehen, die die Einziehung etwaiger übermäßiger Ausgleichsleistungen ermöglichen.

    Dieser Grundsatz gilt für wettbewerblich vergebene und direkt vergebene Aufträge, da das in Artikel 4 Absatz 1 festgelegte Verbot der Überkompensation für alle Aufträge gilt.

    Die Kommission empfiehlt, solche Überkompensationskontrollen anhand der Kosten und Einnahmen sowie der normalerweise im Vertrag festgelegten Obergrenze für den Gewinn durchzuführen. Bei der für die Überkompensationskontrollen verwendeten Methode sollten auch Netzeffekte berücksichtigt werden, sofern diese quantifizierbar sind.

    Im Falle der wettbewerblichen Konzessionsvergabe wird davon ausgegangen, dass der erfolgreiche Bieter etwaige Effizienzsteigerungen, die er während der Laufzeit des Auftrags zu erzielen erwartet, bereits im Angebot berücksichtigt hat. Daher ist die Kommission der Auffassung, dass die Anforderung einer nachträglichen Überkompensationskontrolle für solche Aufträge angepasst werden kann, um deren Besonderheiten Rechnung zu tragen.

    In jedem Fall steht es den zuständigen Behörden frei, die Häufigkeit und den Umfang von Überkompensationskontrollen je nach Laufzeit und Komplexität des Auftrags zu bestimmen.

    2.6.4.    Der Begriff des „angemessenen Gewinns“

    Gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c können die im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags zu berücksichtigenden Kosten „einen angemessenen Gewinn“, d. h. eine angemessene Kapitalrendite einschließen. Diese Bestimmung gilt unabhängig davon, ob die Aufträge direkt oder wettbewerblich vergeben werden.

    Es existieren keine präzisen Vorgaben, wie ein angemessener Gewinn im Sinne der Verordnung für wettbewerblich vergebene oder aber direkt vergebene Aufträge zu definieren ist.

    Im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen für staatliche Beihilfen wird im Anhang der Begriff „angemessener Gewinn“ definiert als „eine in dem betreffenden Sektor in einem bestimmten Mitgliedstaat übliche angemessene Kapitalrendite …, wobei das aufgrund des Eingreifens der Behörde vom Betreiber eines öffentlichen Dienstes eingegangene Risiko oder für ihn entfallende Risiko zu berücksichtigen ist“. Der Anhang enthält keine weiteren Hinweise dazu, wie diese Gewinnspanne ermittelt werden kann, und gilt in jedem Fall nur für direkt vergebene Aufträge.

    Nützliche Hinweise zur Bezifferung der Höhe eines angemessenen Gewinns lassen sich allerdings der DAWI-Mitteilung entnehmen.

    In der DAWI-Mitteilung wird erklärt: „Besteht für eine bestimmte Dienstleistung eine allgemein akzeptierte marktübliche Vergütung, so stellt diese den besten Anhaltspunkt für die Höhe der Ausgleichsleistung dar, wenn es keine öffentliche Ausschreibung gibt.“ (45) Ein Beispiel dafür sind Marktverträge im selben Wirtschaftszweig, mit ähnlichen Merkmalen und im selben Mitgliedstaat.

    In diesem Fall kann die Höhe des angemessenen Gewinns durch einen Vergleich der Gewinnmarge ermittelt werden, die ein typisches gut geführtes, im selben Sektor tätiges Unternehmen benötigt, um die betreffende Dienstleistung erbringen zu können (46). Es gibt jedoch nicht immer marktspezifische Anhaltspunkte, (47) und falls doch, müssen sie möglicherweise angepasst werden, wenn ihre Merkmale nicht mit der in Rede stehenden Transaktion vergleichbar sind (48).

    Zur Ermittlung der Kapitalrendite eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags wird standardmäßig der interne Ertragssatz (IRR) herangezogen, den das Unternehmen während der Projektlaufzeit aus seinem investierten Kapital erzielt, d. h. der IRR aus den Cashflows des Auftrags. Daneben können zur Ermittlung der Kapitalrendite jedoch auch Buchführungsmethoden wie die Eigenkapitalrendite (ROE), die Rendite des eingesetzten Kapitals (ROCE) oder andere allgemein anerkannte Wirtschaftsindikatoren herangezogen werden.

    Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass Indikatoren womöglich von den Buchführungsmethoden der Betreiber beeinflusst werden und lediglich deren Situation in einem bestimmten Jahr darstellen. In einem solchen Fall sollte darauf geachtet werden, Indikatoren zu verwenden, die die langfristigen wirtschaftlichen Gegebenheiten im Zusammenhang mit der Ausführung des öffentlichen Dienstleistungsauftrags widerspiegeln. Sofern möglich, sollte die Höhe des angemessenen Gewinns für die gesamte Laufzeit des Auftrags ermittelt werden. Es sollten die unterschiedlichen Wirtschaftsmodelle für den Eisenbahn-, Straßenbahn-, Untergrundbahn- und Busverkehr berücksichtigt werden. So ist beispielsweise der Eisenbahnverkehr sehr kapitalintensiv, während beim Busverkehr in der Regel das Personal der Hauptkostenfaktor ist.

    Die Höhe des angemessenen Gewinns muss von der zuständigen Behörde im Wege einer Einzelfallbewertung ermittelt werden, die im Wesentlichen darin bestehen sollte, die Gewinnspanne des Auftrags mit vergleichbaren Aufträgen auf dem Markt zu vergleichen. Dabei gilt es die marktübliche Rendite bei vergleichbaren Dienstleistungen und die Höhe des mit dem Auftrag verbundenen Risikos zu berücksichtigen. So ist beispielsweise ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag, bei dem die Ausgleichsleistung angepasst werden kann, um unvorhergesehenen Kosten Rechnung zu tragen, weniger riskant als ein Auftrag, bei dem die Ausgleichsleistung feststeht. Unter sonst gleichen Bedingungen sollte der angemessene Gewinn für den weniger risikobehafteten Auftrag niedriger sein. Im Auftrag sollte ausdrücklich angegeben werden, ob und unter welchen Umständen die Ausgleichsleistung angepasst werden kann, um relevanten externen Entwicklungen Rechnung zu tragen, da eine Erhöhung der Ausgleichsleistung, die von den vorherigen Auftragsbedingungen abweicht, in der Regel als nicht mit der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vereinbar angesehen wird.

    Der Ausgleichsmechanismus sollte generell eine wirtschaftliche Geschäftsführung fördern (49). Ausgleichsregelungen, die die tatsächlich entstandenen Kosten systematisch decken, animieren den Betreiber eines Verkehrsdienstes nicht, im Laufe der Zeit kosteneffizienter zu werden. Solche Mechanismen sind nur dann akzeptabel, wenn große Unsicherheit bezüglich der Kosten herrscht und es gilt, den Betreiber eines Verkehrsdienstes in einem hohen Maß vor dieser Unsicherheit zu schützen.

    2.6.5.    Artikel 4 Absätze 1 und 2 und Anhang. Verhinderung der Quersubventionierung kommerzieller Tätigkeiten

    Führt der Erbringer einer öffentlichen Dienstleistung auch kommerzielle Tätigkeiten aus, sollte sichergestellt werden, dass er die staatliche Ausgleichsleistung nicht dazu verwendet, seine Wettbewerbsposition in anderen Märkten, in denen er kommerziell tätig ist, zu stärken. Zu diesem Zweck schreibt der Anhang eine getrennte Rechnungslegung für die öffentliche Dienstleistung und für kommerzielle Tätigkeiten sowie eine belastbare Methode für die Kostenzuordnung vor, durch die die tatsächlichen Kosten für die Erbringung der öffentlichen Dienstleistung ausgewiesen werden.

    Gemäß Artikel 4 Absätze 1 und 2 in Verbindung mit dem Anhang müssen Kosten und Einnahmen des Betreibers der jeweiligen Tätigkeitsart, d. h. der öffentlichen Dienstleistung (nach einzelnem Auftrag) und den kommerziellen Tätigkeiten, korrekt zugeordnet werden (siehe Abschnitt 2.5.2).

    Würden zum Beispiel die Kosten für Dienste, die an Bahnhöfen für die gemeinwirtschaftliche Dienstleistung und für kommerzielle Tätigkeiten erbracht werden, allein der öffentlichen Dienstleistung zugerechnet, handelte es sich um eine Quersubvention, die mit der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 unvereinbar wäre. Spezifische Verpflichtungen zur getrennten Rechnungsführung von Eisenbahnunternehmen sind auch in der Richtlinie 2012/34/EG verankert (50).

    Jeder öffentliche Dienstleistungsauftrag sollte besondere Vorschriften für die Ausgleichsleistung enthalten und getrennt verbucht werden. Wenn ein Unternehmen mehrere öffentliche Dienstleistungsaufträge ausführt, so sollte seine Buchführung ermöglichen, die Ausgleichsleistungen, die es in den verschiedenen öffentlichen Dienstleistungsaufträgen für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erhalten hat, getrennt von den Einnahmen aus der kommerziellen Tätigkeit zu ermitteln. Auf schriftliche Anforderung der Kommission müssen diese Buchführungsunterlagen gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vorgelegt werden.

    2.6.6.    Artikel 4 Absatz 1. Effizienzanreize

    In Erwägungsgrund 27 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 wird ausgeführt, dass die Parameter für die Ausgleichsleistung bei Direktvergabe oder allgemeinen Vorschriften so festzusetzen sind, dass die Ausgleichsleistung angemessen ist und „der angestrebten Effizienz und Qualität der Dienste“ Rechnung trägt. Nach Punkt 7 des Anhangs sollte das Verfahren zur Gewährung der Ausgleichsleistung „einen Anreiz geben zur Aufrechterhaltung oder Entwicklung einer wirtschaftlichen Geschäftsführung des Betreibers eines öffentlichen Dienstes, die objektiv nachprüfbar ist“.

    Dies bedeutet, dass Anreize für eine wirtschaftlich effiziente Erbringung der Dienstleistung in den Ausgleichsmechanismus integriert werden sollten. Die Effizienz sollte sich im Laufe der Zeit verbessern, und Verbesserungen sollten objektiv messbar sein.

    Unter Effizienz ist das Verhältnis zwischen der Qualität (oder dem Niveau) der öffentlichen Dienstleistungen und den eingesetzten Ressourcen zu verstehen. Anreize können deshalb sowohl auf eine Kostensenkung als auch auf eine Steigerung der Qualität bzw. des Niveaus der Dienstleistungen ausgerichtet sein. Kostensenkungen, die zulasten der Qualität bzw. des Niveaus der Dienstleistung erzielt werden, gelten jedoch nicht als Effizienzsteigerungen.

    Effizienzanreize sollten realistisch, verhältnismäßig und im Auftrag genau definiert sein. Effizienzsteigerungen sollten zwischen dem Betreiber, den Behörden und gegebenenfalls den Nutzern angemessen verteilt werden. Dem Betreiber sollte es nicht gestattet sein, unverhältnismäßig hohe Gewinne daraus zu erzielen. Alle Mechanismen, die Anreize für Effizienzverbesserungen schaffen sollen, müssen auf objektiven und messbaren Daten und Kriterien beruhen, die im Betrauungsakt festzulegen und einer transparenten Ex-post-Prüfung durch die zuständige Behörde zu unterziehen sind.

    2.6.7.    Artikel 6 Absatz 1. Kontrolle der Einhaltung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007

    Die zuständigen Behörden sind verpflichtet, während der gesamten Laufzeit des öffentlichen Dienstleistungsauftrags, insbesondere wenn er direkt vergeben wurde, regelmäßige Kontrollen durchzuführen, um nicht nur die Einhaltung seiner Bestimmungen zu überprüfen, sondern auch eine etwaige Überkompensation frühzeitig zu erkennen (und zurückzufordern). Dies ist insbesondere bei langfristigen Verträgen wichtig.

    2.6.8.   Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 6 Absatz 1. Verpflichtung, den Betreibern eine „angemessene“ Ausgleichsleistung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zu gewähren

    Gemäß Nummer 7 des Anhangs der Verordnung gilt: „Das Verfahren zur Gewährung der Ausgleichsleistung muss einen Anreiz geben zur Aufrechterhaltung oder Entwicklung … der Erbringung von Personenverkehrsdiensten ausreichend hoher Qualität.“ Dieser Grundsatz ist auch in Artikel 2a Absatz 2 Buchstabe b verankert, in dem es heißt, dass die Ausgleichsleistung für finanzielle Nettoauswirkungen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen die finanzielle Nachhaltigkeit der Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste langfristig sichern muss.

    Dies bedeutet, dass die von den zuständigen Behörden bereitgestellte Ausgleichsleistung es den Betreibern ermöglichen sollte, hochwertige Dienstleistungen auf finanziell tragfähiger Basis zu erbringen. Eine Unterfinanzierung würde zu einer Verschlechterung der Dienstleistungsqualität führen. Darüber hinaus würde bei wettbewerblich vergebenen Aufträgen eine zu geringe Ausgleichsleistung potenzielle Bieter von der Teilnahme an Ausschreibungen abhalten.

    2.7.   Artikel 7 Absätze 2, 3 und 4. Veröffentlichung und Transparenz

    Dieser Abschnitt enthält Auslegungshinweise zu den Pflichten der zuständigen Behörden, bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge vor und nach dem Vergabeverfahren Transparenz zu gewährleisten.

    Gemäß Artikel 7 Absatz 2 müssen die zuständigen Behörden spätestens ein Jahr vor der Veröffentlichung einer Ausschreibung oder der Direktvergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags bestimmte Informationen zu dem geplanten Auftrag im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichen. Die Verpflichtung zur Veröffentlichung dieser Informationen besteht auch dann, wenn die öffentlichen Dienstleistungsaufträge nach Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 gemäß dem in den Vergaberichtlinien vorgesehenen Verfahren vergeben werden, auch wenn diese Richtlinien eine solche Veröffentlichung nicht vorsehen (51).

    Das Ziel von Artikel 7 Absatz 2 besteht zum einen darin, den Wirtschaftsteilnehmern die Möglichkeit zu geben, auf die Absichten der zuständigen Behörde zu reagieren, insbesondere auf die Art der von ihr beabsichtigten Vergabe (Ausschreibung oder Direktvergabe), und zum anderen den Wirtschaftsteilnehmern Zeit zu geben, sich besser auf eine Ausschreibung vorzubereiten. Infolgedessen kann die Nichtveröffentlichung der gemäß Artikel 7 Absatz 2 erforderlichen Informationen zur Annullierung der Ausschreibung führen, wenn Betreiber durch das Fehlen von Vorabinformationen gegenüber dem Betreiber, der den Auftrag derzeit ausführt und somit über alle seine Merkmale genau informiert ist, erheblich benachteiligt wurden (52). Ein solches Versäumnis führt auch dazu, dass die Mitgliedstaaten nicht mehr von der Notifizierungspflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV freigestellt sind (53).

    In Artikel 7 Absatz 3 heißt es, dass die zuständigen Behörden innerhalb eines Jahres nach der Direktvergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags im Eisenbahnverkehr bestimmte Informationen über den vergebenen Auftrag veröffentlichen müssen.

    Die Kommissionsdienststellen haben Vordrucke und Verfahren erarbeitet, mit denen die Behörden diesen Veröffentlichungspflichten nachkommen können. Im Hinblick auf die Veröffentlichung der Informationen im Amtsblatt der Europäischen Union sollten die zuständigen Behörden für das Erstellen und Einreichen zu veröffentlichender Bekanntmachungen auf „Tenders Electronic Daily“ (TED) das spezifische Tool „eNotices“ (54) verwenden.

    Gemäß Artikel 7 Absatz 4 muss eine zuständige Behörde einer interessierten Partei auf entsprechenden Antrag ihre Gründe für die Entscheidung über die Direktvergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags übermitteln. Eine zuständige Behörde muss mindestens ein Jahr im Voraus ihre Absicht kundtun, einen Vertrag direkt zu vergeben, da diese Information im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden muss (Artikel 7 Absatz 2, insbesondere Buchstabe b). Somit können interessierte Parteien lange Zeit vor der Auftragsvergabe Fragen stellen, da der Auftrag frühestens ein Jahr später erfolgen darf. Um einen wirksamen Rechtsschutz zu gewährleisten, sollten die gemäß Artikel 7 Absatz 4 angefragten Informationen ohne ungebührliche Verzögerung zur Verfügung gestellt werden.

    Nach Artikel 7 Absätze 2 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ist eine zuständige Behörde weder verpflichtet, alle erforderlichen Informationen zu veröffentlichen oder den möglicherweise interessierten Wirtschaftsteilnehmern zu übermitteln, damit sie ein Angebot erstellen können, das hinreichend detailliert ist und Gegenstand einer vergleichenden Bewertung sein kann, noch eine solche vergleichende Bewertung aller nach der Veröffentlichung dieser Informationen möglicherweise eingegangenen Angebote vorzunehmen (55).

    2.8.   Übergangsregelungen

    Dieser Abschnitt enthält Auslegungshinweise zu einigen Aspekten der Übergangsregelungen für Aufträge, die vor Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vergeben wurden, sowie für Aufträge, die während der in Artikel 8 definierten Übergangszeiträume vergeben wurden.

    2.8.1.    Artikel 8 Absatz 3 Buchstaben b und c. Höchstlaufzeit von 30 Jahren

    In Artikel 8 Absatz 3 Buchstaben b und c heißt es, dass öffentliche Dienstleistungsaufträge, die „vor dem 26. Juli 2000 nach einem anderen Verfahren als einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren“ oder „ab dem 26. Juli 2000 und vor dem 3. Dezember 2009 nach einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren“ vergeben wurden, „für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben [können], jedoch nicht länger als 30 Jahre“.

    Obwohl in dieser Bestimmung nicht ausdrücklich festgelegt ist, ab welchem Zeitpunkt die Höchstlaufzeit von 30 Jahren zu berechnen ist, haben die Unionsgerichte entschieden, dass dieser Zeitraum ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 beginnt (56). Da die Verordnung am 3. Dezember 2009 in Kraft getreten ist, können daher alle öffentlichen Dienstleistungsaufträge, die unter die Bestimmungen des Artikels 8 Absatz 3 Buchstaben b und c fallen, bis spätestens 3. Dezember 2039 gültig bleiben.

    2.8.2.    Artikel 8 Absatz 3 Buchstabe d. Bedeutung von „sofern ihre Laufzeit begrenzt und mit den Laufzeiten gemäß Artikel 4 vergleichbar ist“

    Nach Artikel 8 Absatz 3 Buchstabe d können öffentliche Dienstleistungsaufträge, die „ab dem 26. Juli 2000 und vor dem Sonntag, 24. Dezember 2017 nach einem anderen Verfahren als einem fairen wettbewerblichen Vergabeverfahren [vergeben wurden], … für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben …, sofern ihre Laufzeit begrenzt und mit den Laufzeiten gemäß Artikel 4 vergleichbar ist“.

    Nach Auffassung der Kommission sollte „mit den Laufzeiten gemäß Artikel 4 vergleichbar“ restriktiv ausgelegt werden, um sicherzustellen, dass sich die Mitgliedstaaten ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens am 3. Dezember 2009 bemühen, die Ziele der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zu erreichen. Deshalb ist die Kommission der Ansicht, dass die Laufzeit öffentlicher Dienstleistungsaufträge sinnvollerweise möglichst den in Artikel 4 angegebenen Laufzeiten entsprechen sollte.


    (1)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität: Den Verkehr in Europa auf Zukunftskurs bringen (COM(2020) 789 final) vom 9.12.2020.

    (2)  ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1.

    (3)  Verordnung (EU) 2016/2338 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 hinsichtlich der Öffnung des Marktes für inländische Schienenpersonenverkehrsdienste (ABl. L 354 vom 23.12.2016, S. 22).

    (4)  Das vierte Eisenbahnpaket besteht aus sechs Legislativtexten, mit denen der Binnenmarkt für Schienenverkehrsdienste vollendet werden soll. Siehe https://transport.ec.europa.eu/transport-modes/rail/railway-packages/fourth-railway-package-2016_en.

    (5)  Mitteilung der Kommission über die Auslegungsleitlinien zu der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße vom 29. März 2014 (ABl. C 92 vom 29.3.2014, S. 1).

    (6)  ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65.

    (7)  ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243.

    (8)  ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 1.

    (9)  Es sei darauf hingewiesen, dass in der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 immer noch auf die Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG Bezug genommen wird, die inzwischen aufgehoben und durch die Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU ersetzt wurden. Alle diese Verweise sind als Verweise auf die neuen Richtlinien zu verstehen.

    (10)  Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie 2014/23/EU.

    (11)  ABl. L 364 vom 12.12.1992, S. 7.

    (12)  Mitteilung der Kommission zur Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage) (COM(2014) 232 final vom 22.4.2014).

    (13)  ABl. L 343 vom 14.12.2012, S. 32.

    (14)  Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans, C-280/00, ECLI:EU:C:2003:415 (im Folgenden „Altmark-Urteil“).

    (15)  Urteil vom 29. November 2018, ARFEA/Kommission, T-720/16, ECLI:EU:T:2018:853, Rn. 88; Urteil vom 24. November 2020, Viasat Broadcasting UK Ltd, C-445/19, ECLI:EU:C:2020:952, Rn. 33.

    (16)  Urteil vom 12. Februar 2008, BUPA u. a./Kommission, T-289/03, ECLI:EU:T:2008:29, Rn. 168.

    (17)  Dieses Vorgehen steht im Einklang mit dem allgemeinen Ansatz der Kommission im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse in anderen Sektoren. Siehe insbesondere Nummer 48 der Mitteilung über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (im Folgenden „DAWI-Mitteilung“) (ABl. C 8 vom 11.1.2012, S. 4).

    (18)  Siehe insbesondere Urteil vom 1. März 2017, Société nationale maritime Corse Méditerranée (SNCM)/Kommission, T-454/13, ECLI:EU:T:2017:134, Rn. 134 (im Folgenden „SNCM-Urteil“).

    (19)  Urteil vom 1. März 2017, Frankreich/Kommission, T-366/13, ECLI:EU:T:2017:135, Rn. 105.

    (20)  SNCM-Urteil, Rn. 134.

    (21)  Urteil vom 18. Januar 2017, Andersen/Kommission, T-92/11 RENV, ECLI:EU:T:2017:14, Rn. 70. Das Gericht verweist auf die in Erwägungsgrund 25 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 genannten Besonderheiten des Schienenverkehrs. In diesem Erwägungsgrund wird auf die spezifischen Fragen der Investitionslast und der Investitionskosten Bezug genommen.

    (22)  Durchführungsverordnung (EU) 2018/1795 der Kommission vom 20. November 2018 zur Festlegung des Verfahrens und der Kriterien für die Durchführung der Prüfung des wirtschaftlichen Gleichgewichts gemäß Artikel 11 der Richtlinie 2012/34/EU (ABl. L 294 vom 21.11.2018, S. 5).

    (23)  Für einen Fall mit Bemessung nach Fahrplankilometern siehe Urteil vom 27. Oktober 2016, Hörmann Reisen, C-292/15, ECLI:EU:C:2016:817 (im Folgenden „Urteil Hörmann Reisen“).

    (24)  Vgl. in diesem Sinne Urteil Hörmann Reisen, Rn. 34 bis 48.

    (25)  ABl. L 82 vom 22.3.2001, S. 16.

    (26)  Nach der Rechtsprechung der Unionsgerichte gilt die Richtlinie 2001/23/EG für den Übergang eines Unternehmens, der nach einem wettbewerblichen Vergabeverfahren für einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag erfolgt. In Wirtschaftszweigen mit umfangreichen Sachanlagen, wie Bus- oder Schienenverkehr, gilt die Richtlinie 2001/23/EG, wenn Sachanlagen in erheblichem Umfang übertragen werden. Eine Übertragung im Sinne der Richtlinie 2001/23/EG ist nicht ausgeschlossen, wenn das Eigentum an den Sachanlagen, die zuvor von einem Veräußerer genutzt wurden und nun von einem Übernehmer genutzt werden, nicht übertragen wird, z. B. wenn die von dem neuen Auftragnehmer übernommenen Sachanlagen nicht Eigentum seines Vorgängers waren, sondern vom Auftraggeber bereitgestellt wurden; vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. November 2003, Abler, C-340/01, ECLI:EU:C:2003:629; vgl. auch Urteil vom 26. November 2015, ADIF, C-509/14, ECLI:EU:C:2015:781.

    (27)  Dies kann funktionale Stadtgebiete umfassen, die aus einer Stadt und ihrer Pendlerzone bestehen.

    (28)  Urteil vom 13. November 2008, Coditel Brabant, C-324/07, ECLI:EU:C:2008:621, Rn. 30.

    (29)  Schlussanträge des Generalanwalts vom 25. Oktober 2018 in den verbundenen Rechtssachen C-350/17 und C-351/17, Mobit, ECLI:EU:C:2018:869, Rn. 104.

    (30)  Urteil vom 21. März 2019, Rhein-Sieg-Kreis, verbundene Rechtssachen C-266/17 und C-267/17, ECLI:EU:C:2019:241.

    (31)  Vgl. u. a. Urteil vom 18. Januar 2001, Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Spanien, C-83/99, ECLI:EU:C:2001:31, Rn. 19; Urteil vom 7. Juli 2022, Pricoforest SRL/Inspectoratul de Stat pentru Controlul în Transportul Rutier (ISCTR), C-13/21, ECLI:EU:C:2022:531, Rn. 30.

    (32)  MOVE-PSO-REGULATION@ec.europa.eu

    (33)  Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36).

    (34)  MOVE-PSO-REGULATION@ec.europa.eu

    (35)  Siehe Artikel 32 und 72 der Richtlinie 2014/24/EU und Artikel 50 und 89 der Richtlinie 2014/25/EU.

    (36)  Siehe beispielsweise Erwägungsgrund 20 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007: „Entscheidet eine Behörde, eine Dienstleistung von allgemeinem Interesse einem Dritten zu übertragen, so muss die Auswahl des Betreibers eines öffentlichen Dienstes unter Einhaltung des für das öffentliche Auftragswesen und Konzessionen geltenden Gemeinschaftsrechts, das sich aus den Artikeln 43 bis 49 des Vertrags ergibt, sowie der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung erfolgen.“

    (37)  Urteil vom 5. Oktober 2000, Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Französische Republik, C-337/98, ECLI:EU:C:2000:543, Rn. 44 und 46; Urteil vom 19. Juni 2008, pressetext Nachrichtenagentur, C-454/06, ECLI:EU:C:2008:351, Rn. 34; Urteil vom 13. April 2010, Wall, C-91/08, ECLI:EU:C:2010:182, Rn. 37 und 38 (im Folgenden „Urteil Wall“); Urteil vom 14. Mai 2020, T-Systems Magyarország Zrt., C-263/19, ECLI:EU:C:2020:373, Rn. 61. Die Rechtsprechung der Unionsgerichte wurde auch bei der Festlegung der Bedingungen berücksichtigt, unter denen Änderungen eines Auftrags während des Ausführungszeitraums ein neues Vergabeverfahren nach Artikel 72 der Richtlinie 2014/24/EU und Artikel 89 der Richtlinie 2014/25/EU erfordern. Ähnliche Bestimmungen finden sich auch in Artikel 43 der Richtlinie 2014/23/EU.

    (38)  Urteil vom 19. Juni 2008, pressetext Nachrichtenagentur, C-454/06, ECLI:EU:C:2008:351, Rn. 35 bis 37; Urteil Wall, Rn. 38; Urteil vom 7. September 2016, Finn Frogne, C-549/14, ECLI:EU:C:2016:634, Rn. 28; Urteil vom 3. Oktober 2019, Delta Antrepriză de Construcţii şi Montaj 93, C-267/18, ECLI:EU:C:2019:826, Rn. 33.

    (39)  Die Unionsgerichte verwiesen im Fall des Urteils Wall darauf, dass ein Wechsel des Unterauftragnehmers, auch wenn diese Möglichkeit im Vertrag vorgesehen ist, in Ausnahmefällen eine erhebliche Änderung einer der wesentlichen Bestimmungen eines Konzessionsvertrags darstellen kann. Dies ist der Fall, wenn die Vergabe an einen bestimmten Unterauftragnehmer anstelle eines anderen hinsichtlich der besonderen Merkmale der betreffenden Dienste ein entscheidender Faktor für den Abschluss des Vertrags war. Dies ist in jedem Fall durch das vorlegende Gericht festzustellen.

    (40)  Artikel 72 der Richtlinie 2014/24/EU und Artikel 89 der Richtlinie 2014/25/EU.

    (41)  Insbesondere Beschluss der Kommission über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind (ABl. L 7 vom 11.1.2012, S. 3) und Rahmen der Europäischen Union für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen (ABl. C 8 vom 11.1.2012, S. 15).

    (42)  Die Verordnung (EU) Nr. 360/2012 der Kommission über die Anwendung der Artikel 107 und 108 auf De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen (ABl. L 114 vom 26.4.2012, S. 8), gilt allerdings für Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen im Landverkehr erbringen, mit Ausnahme von Beihilfen, die Unternehmen des gewerblichen Straßengüterverkehrs gewährt werden (siehe Erwägungsgrund 7 und Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe g der Verordnung (EU) Nr. 360/2012).

    (43)  Artikel 2a Absatz 2.

    (44)  Siehe Altmark-Urteil und insbesondere Abschnitt 3 der DAWI-Mitteilung.

    (45)  Nummer 69 der DAWI-Mitteilung.

    (46)  In der DAWI-Mitteilung wird näher erläutert, was unter einem „durchschnittlichen, gut geführten Unternehmen, das so angemessen mit Sachmitteln ausgestattet ist, das es den gestellten Anforderungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen genügen kann“, zu verstehen ist. Siehe insbesondere die Nummern 70 bis 76.

    (47)  Es bestehen nach wie vor große Unterschiede zwischen den nationalen Schienenverkehrsmärkten (wie aus dem von der Kommission im Januar 2021 veröffentlichten 7. Bericht über die Überwachung der Entwicklung des Schienenverkehrsmarkts hervorgeht) sowie erhebliche staatliche Eingriffe, die die Preise auf diesem Markt verzerren. Siehe https://ec.europa.eu/transport/modes/rail/market/market_monitoring_en.

    (48)  Dies bedeutet, dass es nicht immer möglich ist, die durchschnittliche Gewinnspanne in der Branche als Anhaltspunkt heranzuziehen. Die Besonderheiten des Auftrags und insbesondere das mit dem Auftrag verbundene Risiko können im konkreten Fall eine Anpassung der Gewinnspanne erforderlich machen, um sicherzustellen, dass sie nach wie vor angemessen ist.

    (49)  Insbesondere Nummer 7 des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007.

    (50)  Artikel 6 über die Trennung der Rechnungsführung von Eisenbahnunternehmen und Betreibern der Eisenbahninfrastruktur.

    (51)  Urteil vom 20. September 2018, Stefan Rudigier, C-518/17, ECLI:EU:C:2018:757 (im Folgenden „Rudigier-Urteil“).

    (52)  Wie im Rudigier-Urteil ausgeführt.

    (53)  Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Oktober 1978, Kommission und Belgien, C-156/77, Rn. 10; Urteil des Gerichtshofs vom 21. Juli 2016, Dilly‘s Wellnesshotel GmbH, C-493/14, ECLI:EU:C:2016:577, Rn. 38.

    (54)  Dieses Tool ist in allen EU-Sprachen unter der Adresse https://enotices.ted.europa.eu abrufbar.

    (55)  Urteil vom 24. Oktober 2019, Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato, C-515/18, ECLI:EU:C:2019:893.

    (56)  Urteil vom 19. März 2020, Compañía de Tranvías de La Coruña, C-45/19, ECLI:EU:C:2020:224.


    ANHANG

    Mitgliedstaaten mit einem jährlichen Verkehrsaufkommen im Schienenpersonenverkehr von weniger als 23 Mio. Zugkilometern im Dezember 2017

    Bulgarien

    Estland

    Griechenland

    Kroatien

    Irland

    Litauen

    Luxemburg

    Lettland

    Slowenien


    Top