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Document 62012CJ0295

Telefónica und Telefónica de España / Kommission

Rechtssache C‑295/12 P

Telefónica SA

und

Telefónica de España SAU

gegen

Europäische Kommission

„Art. 102 AEUV — Missbrauch einer beherrschenden Stellung — Spanische Märkte für Breitband-Internetzugang — Margenbeschneidung — Art. 263 AEUV — Rechtmäßigkeitskontrolle — Art. 261 AEUV — Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung — Art. 47 der Grundrechtecharta — Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes — Unbeschränkte Nachprüfung — Höhe der Geldbuße — Grundsatz der Verhältnismäßigkeit — Diskriminierungsverbot“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 10. Juli 2014

  1. Rechtsmittel – Gründe – Keine Angabe des gerügten Rechtsfehlers – Ungenauer Rechtsmittelgrund – Unzulässigkeit

    (Art. 256 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58; Verfahrensordnung des Gerichtshofs, Art. 112 Abs. 1 Buchst. c)

  2. Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Verankerung in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Gerichtliche Kontrolle wettbewerbsrechtlicher Entscheidungen der Kommission – Rechtmäßigkeitskontrolle und unbeschränkte Nachprüfung sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht – Verstoß – Fehlen

    (Art. 101 AEUV, 102 AEUV, 261 AEUV und 263 AEUV; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 47; Verordnungen des Rates Nr. 17, Art. 15 Abs. 2 und Art. 17, und 1/2003, Art. 23 Abs. 2 und Art. 31)

  3. Grundrechte – Europäische Menschenrechtskonvention – Instrument, das nicht formell in die Unionsrechtsordnung übernommen worden ist

    (Art. 6 Abs. 3 EUV; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 52 Abs. 3)

  4. Gerichtliches Verfahren – Dauer des Verfahrens vor dem Gericht – Angemessene Verfahrensdauer – Rechtsstreit über eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln – Nichteinhaltung einer angemessenen Verfahrensdauer – Folgen

    (Art. 263 AEUV und 340 AEUV; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 47 Abs. 2)

  5. Rechtsmittel – Gründe – Fehlerhafte Tatsachen- und Beweiswürdigung – Überprüfung der Beweiswürdigung durch den Gerichtshof – Ausschluss außer bei Verfälschung

    (Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58 Abs. 1)

  6. Rechtsmittel – Gründe – Angriffs- oder Verteidigungsmittel, das erstmals im Rechtsmittelverfahren geltend gemacht wird – Unzulässigkeit

    (Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58 Abs. 1)

  7. Beherrschende Stellung – Missbrauch – Begriff – Verhaltensweisen mit wettbewerbsbeschränkender Wirkung – Potenzielle Auswirkung

    (Art. 102 AEUV)

  8. Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Verbot der Rückwirkung von Strafvorschriften – Geltungsbereich – Entscheidung der Kommission, mit der eine wettbewerbswidrige Praxis festgestellt wird – Einbeziehung – Rückwirkende Anwendung einer neuen Auslegung einer Norm, die eine Zuwiderhandlung festlegt – Vorhersehbarkeit der neuen Auslegung – Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Strafen und der Rechtssicherheit – Kein Verstoß

    (Art. 101 AEUV und 102 AEUV)

  9. Beherrschende Stellung – Räumlich relevanter Markt – Abgrenzung – Kriterien – Beschränkung auf nu rein nationales Hoheitsgebiet – Keine Auswirkung auf die Schwere der Zuwiderhandlung

    (Art. 102 AEUV)

  10. Wettbewerb – Geldbußen – Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden – Begründungspflicht – Umfang – Angabe der Beurteilungsgesichtspunkte, die es der Kommission ermöglicht haben, Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu ermitteln – Ausreichende Angaben – Pflicht der Kommission, Zahlenangaben zur Berechnungsweise der Geldbußen zu machen – Fehlen

    (Art. 101 AEUV, 102 AEUV und 296 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2)

  11. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Verpflichtung der Kommission, sich an ihre frühere Entscheidungspraxis zu halten – Fehlen – Anhebung des allgemeinen Niveaus der Geldbußen – Zulässigkeit

    (Art. 101 AEUV und 102 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2)

  12. Rechtsmittel – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Abänderung der vom Gericht vorgenommenen Beurteilung der Höhe der gegen Unternehmen, die gegen die Wettbewerbsregeln des Vertrags verstoßen haben, verhängten Geldbußen aus Gründen der Billigkeit – Ausschluss – Abänderung dieser Beurteilung aus Gründen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Zulässigkeit

    (Art. 101 AEUV, 102 AEUV, 256 AEUV und 261 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58 Abs. 1; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 31)

  1.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 29, 30, 72, 78, 79, 82, 105, 122, 129, 131, 135, 138, 142, 174, 187, 232)

  2.  Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes ist ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der nunmehr in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zum Ausdruck kommt und der im Unionsrecht Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention entspricht.

    Nach ständiger Rechtsprechung sieht das Unionsrecht für Entscheidungen der Kommission in Verfahren nach Art. 102 AEUV ein System der gerichtlichen Kontrolle vor, das sämtliche nach Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union erforderlichen Garantien bietet. Dieses System der gerichtlichen Kontrolle besteht in einer Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe auf der Grundlage von Art. 263 AEUV, die gemäß Art. 261 AEUV um eine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung hinsichtlich der in Verordnungen vorgesehenen Zwangsmaßnahmen ergänzt werden kann.

    Der Umfang der Rechtmäßigkeitskontrolle erstreckt sich auf sämtliche Entscheidungen der Kommission in Verfahren nach Art. 102 AEUV, während der Umfang der in Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung auf die Teile dieser Entscheidungen beschränkt ist, mit denen eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld festgesetzt wird.

    Diese Rechtmäßigkeitskontrolle bedeutet, dass der Unionsrichter sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht eine Kontrolle der von den Rechtsmittelführerinnen gegen die streitige Entscheidung vorgebrachten Argumente vornimmt und befugt ist, die Beweise zu würdigen, diese Entscheidung für nichtig zu erklären und die Höhe der Geldbußen zu ändern. Dabei darf er nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen. Er muss nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse untermauern können. Für die Wahrung des Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes ist es nicht unerlässlich, dass das Gericht verpflichtet ist, den gesamten Vorgang von Amts wegen erneut zu prüfen.

    In Bezug auf die Anforderungen an die unbeschränkte Nachprüfung im Sinne von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union hinsichtlich der Geldbuße hat der Unionsrichter, um diesen zu genügen, bei der Ausübung der Befugnisse nach den Art. 261 AEUV und 263 AEUV jegliche Rechts- oder Sachrüge zu prüfen, mit der dargetan werden soll, dass die Höhe der Geldbuße der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung nicht angemessen ist.

    (vgl. Rn. 39, 40, 42, 45, 53-55, 200)

  3.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 41)

  4.  Die Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist in Ermangelung jeglicher Anhaltspunkte dafür, dass die überlange Verfahrensdauer Auswirkungen auf den Ausgang des Rechtsstreits gehabt hat, kann nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen. Die Aufhebung eines Urteils kann nämlich, wenn die Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist keine Auswirkungen auf den Ausgang des Rechtsstreits hat, dem Verstoß des Gerichts gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes nicht abhelfen.

    Der Verstoß eines Unionsgerichts gegen seine Pflicht nach Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, in den bei ihm anhängig gemachten Rechtssachen innerhalb einer angemessenen Frist zu entscheiden, ist mit einer Schadensersatzklage vor dem Gericht zu ahnden, da eine solche Schadensersatzklage einen effektiven Rechtsbehelf darstellt. Somit kann der Ersatz des Schadens, der durch die Nichteinhaltung einer angemessenen Verfahrensdauer durch das Gericht verursacht wurde, nicht unmittelbar im Rahmen eines Rechtsmittels beim Gerichtshof beantragt werden, sondern muss beim Gericht selbst eingeklagt werden.

    (vgl. Rn. 64, 66)

  5.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 84, 89, 93, 107, 114, 153, 159, 163, 165, 176, 219, 225, 227)

  6.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 99, 121, 144)

  7.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 124)

  8.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 147-149)

  9.  Im Rahmen der Würdigung eines Missbrauchs einer beherrschenden Stellung, die gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstößt, schließt der Umstand, dass der räumlich relevante Markt auf nur ein nationales Hoheitsgebiet beschränkt ist, eine Einstufung der Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ nicht aus. Dass die Kommission in anderen Entscheidungen die betreffenden Zuwiderhandlungen jeweils als schwer eingestuft hatte, obwohl die räumlich relevanten Märkte größer waren als der im vorliegenden Fall in Rede stehende, ist für diese Beurteilung ohne Belang, da die Einstufung einer Zuwiderhandlung als schwer oder besonders schwer nicht nur von der Größe des räumlich relevanten Marktes abhängt, sondern auch von anderen die Zuwiderhandlung charakterisierenden Kriterien.

    (vgl. Rn. 178)

  10.  Die Kommission genügt bei der Berechnung des Betrags der wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht verhängten Geldbuße ihrer Begründungspflicht, wenn sie in ihrer Entscheidung die Beurteilungsgesichtspunkte angibt, die es ihr ermöglichten, Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu ermitteln; sie ist nicht verpflichtet, Zahlenangaben zur Berechnungsweise der Geldbuße zu machen. Außerdem wird diese Pflicht nicht verkannt, wenn die Kommission nicht berücksichtigt, dass die Schwere der Zuwiderhandlung nicht konstant gewesen ist und nicht zwei Zuwiderhandlungszeiträume unterscheidet.

    (vgl. Rn. 181-183, 195)

  11.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 189, 190)

  12.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 205)

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Rechtssache C‑295/12 P

Telefónica SA

und

Telefónica de España SAU

gegen

Europäische Kommission

„Art. 102 AEUV — Missbrauch einer beherrschenden Stellung — Spanische Märkte für Breitband-Internetzugang — Margenbeschneidung — Art. 263 AEUV — Rechtmäßigkeitskontrolle — Art. 261 AEUV — Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung — Art. 47 der Grundrechtecharta — Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes — Unbeschränkte Nachprüfung — Höhe der Geldbuße — Grundsatz der Verhältnismäßigkeit — Diskriminierungsverbot“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 10. Juli 2014

  1. Rechtsmittel – Gründe – Keine Angabe des gerügten Rechtsfehlers – Ungenauer Rechtsmittelgrund – Unzulässigkeit

    (Art. 256 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58; Verfahrensordnung des Gerichtshofs, Art. 112 Abs. 1 Buchst. c)

  2. Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Verankerung in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Gerichtliche Kontrolle wettbewerbsrechtlicher Entscheidungen der Kommission – Rechtmäßigkeitskontrolle und unbeschränkte Nachprüfung sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht – Verstoß – Fehlen

    (Art. 101 AEUV, 102 AEUV, 261 AEUV und 263 AEUV; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 47; Verordnungen des Rates Nr. 17, Art. 15 Abs. 2 und Art. 17, und 1/2003, Art. 23 Abs. 2 und Art. 31)

  3. Grundrechte – Europäische Menschenrechtskonvention – Instrument, das nicht formell in die Unionsrechtsordnung übernommen worden ist

    (Art. 6 Abs. 3 EUV; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 52 Abs. 3)

  4. Gerichtliches Verfahren – Dauer des Verfahrens vor dem Gericht – Angemessene Verfahrensdauer – Rechtsstreit über eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln – Nichteinhaltung einer angemessenen Verfahrensdauer – Folgen

    (Art. 263 AEUV und 340 AEUV; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 47 Abs. 2)

  5. Rechtsmittel – Gründe – Fehlerhafte Tatsachen- und Beweiswürdigung – Überprüfung der Beweiswürdigung durch den Gerichtshof – Ausschluss außer bei Verfälschung

    (Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58 Abs. 1)

  6. Rechtsmittel – Gründe – Angriffs- oder Verteidigungsmittel, das erstmals im Rechtsmittelverfahren geltend gemacht wird – Unzulässigkeit

    (Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58 Abs. 1)

  7. Beherrschende Stellung – Missbrauch – Begriff – Verhaltensweisen mit wettbewerbsbeschränkender Wirkung – Potenzielle Auswirkung

    (Art. 102 AEUV)

  8. Recht der Europäischen Union – Grundsätze – Verbot der Rückwirkung von Strafvorschriften – Geltungsbereich – Entscheidung der Kommission, mit der eine wettbewerbswidrige Praxis festgestellt wird – Einbeziehung – Rückwirkende Anwendung einer neuen Auslegung einer Norm, die eine Zuwiderhandlung festlegt – Vorhersehbarkeit der neuen Auslegung – Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Strafen und der Rechtssicherheit – Kein Verstoß

    (Art. 101 AEUV und 102 AEUV)

  9. Beherrschende Stellung – Räumlich relevanter Markt – Abgrenzung – Kriterien – Beschränkung auf nu rein nationales Hoheitsgebiet – Keine Auswirkung auf die Schwere der Zuwiderhandlung

    (Art. 102 AEUV)

  10. Wettbewerb – Geldbußen – Entscheidung, mit der Geldbußen verhängt werden – Begründungspflicht – Umfang – Angabe der Beurteilungsgesichtspunkte, die es der Kommission ermöglicht haben, Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu ermitteln – Ausreichende Angaben – Pflicht der Kommission, Zahlenangaben zur Berechnungsweise der Geldbußen zu machen – Fehlen

    (Art. 101 AEUV, 102 AEUV und 296 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2)

  11. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Verpflichtung der Kommission, sich an ihre frühere Entscheidungspraxis zu halten – Fehlen – Anhebung des allgemeinen Niveaus der Geldbußen – Zulässigkeit

    (Art. 101 AEUV und 102 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2)

  12. Rechtsmittel – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Abänderung der vom Gericht vorgenommenen Beurteilung der Höhe der gegen Unternehmen, die gegen die Wettbewerbsregeln des Vertrags verstoßen haben, verhängten Geldbußen aus Gründen der Billigkeit – Ausschluss – Abänderung dieser Beurteilung aus Gründen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Zulässigkeit

    (Art. 101 AEUV, 102 AEUV, 256 AEUV und 261 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58 Abs. 1; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 31)

  1.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 29, 30, 72, 78, 79, 82, 105, 122, 129, 131, 135, 138, 142, 174, 187, 232)

  2.  Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes ist ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der nunmehr in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zum Ausdruck kommt und der im Unionsrecht Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention entspricht.

    Nach ständiger Rechtsprechung sieht das Unionsrecht für Entscheidungen der Kommission in Verfahren nach Art. 102 AEUV ein System der gerichtlichen Kontrolle vor, das sämtliche nach Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union erforderlichen Garantien bietet. Dieses System der gerichtlichen Kontrolle besteht in einer Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe auf der Grundlage von Art. 263 AEUV, die gemäß Art. 261 AEUV um eine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung hinsichtlich der in Verordnungen vorgesehenen Zwangsmaßnahmen ergänzt werden kann.

    Der Umfang der Rechtmäßigkeitskontrolle erstreckt sich auf sämtliche Entscheidungen der Kommission in Verfahren nach Art. 102 AEUV, während der Umfang der in Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung auf die Teile dieser Entscheidungen beschränkt ist, mit denen eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld festgesetzt wird.

    Diese Rechtmäßigkeitskontrolle bedeutet, dass der Unionsrichter sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht eine Kontrolle der von den Rechtsmittelführerinnen gegen die streitige Entscheidung vorgebrachten Argumente vornimmt und befugt ist, die Beweise zu würdigen, diese Entscheidung für nichtig zu erklären und die Höhe der Geldbußen zu ändern. Dabei darf er nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen. Er muss nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse untermauern können. Für die Wahrung des Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes ist es nicht unerlässlich, dass das Gericht verpflichtet ist, den gesamten Vorgang von Amts wegen erneut zu prüfen.

    In Bezug auf die Anforderungen an die unbeschränkte Nachprüfung im Sinne von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union hinsichtlich der Geldbuße hat der Unionsrichter, um diesen zu genügen, bei der Ausübung der Befugnisse nach den Art. 261 AEUV und 263 AEUV jegliche Rechts- oder Sachrüge zu prüfen, mit der dargetan werden soll, dass die Höhe der Geldbuße der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung nicht angemessen ist.

    (vgl. Rn. 39, 40, 42, 45, 53-55, 200)

  3.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 41)

  4.  Die Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist in Ermangelung jeglicher Anhaltspunkte dafür, dass die überlange Verfahrensdauer Auswirkungen auf den Ausgang des Rechtsstreits gehabt hat, kann nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen. Die Aufhebung eines Urteils kann nämlich, wenn die Nichteinhaltung einer angemessenen Entscheidungsfrist keine Auswirkungen auf den Ausgang des Rechtsstreits hat, dem Verstoß des Gerichts gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes nicht abhelfen.

    Der Verstoß eines Unionsgerichts gegen seine Pflicht nach Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, in den bei ihm anhängig gemachten Rechtssachen innerhalb einer angemessenen Frist zu entscheiden, ist mit einer Schadensersatzklage vor dem Gericht zu ahnden, da eine solche Schadensersatzklage einen effektiven Rechtsbehelf darstellt. Somit kann der Ersatz des Schadens, der durch die Nichteinhaltung einer angemessenen Verfahrensdauer durch das Gericht verursacht wurde, nicht unmittelbar im Rahmen eines Rechtsmittels beim Gerichtshof beantragt werden, sondern muss beim Gericht selbst eingeklagt werden.

    (vgl. Rn. 64, 66)

  5.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 84, 89, 93, 107, 114, 153, 159, 163, 165, 176, 219, 225, 227)

  6.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 99, 121, 144)

  7.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 124)

  8.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 147-149)

  9.  Im Rahmen der Würdigung eines Missbrauchs einer beherrschenden Stellung, die gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstößt, schließt der Umstand, dass der räumlich relevante Markt auf nur ein nationales Hoheitsgebiet beschränkt ist, eine Einstufung der Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ nicht aus. Dass die Kommission in anderen Entscheidungen die betreffenden Zuwiderhandlungen jeweils als schwer eingestuft hatte, obwohl die räumlich relevanten Märkte größer waren als der im vorliegenden Fall in Rede stehende, ist für diese Beurteilung ohne Belang, da die Einstufung einer Zuwiderhandlung als schwer oder besonders schwer nicht nur von der Größe des räumlich relevanten Marktes abhängt, sondern auch von anderen die Zuwiderhandlung charakterisierenden Kriterien.

    (vgl. Rn. 178)

  10.  Die Kommission genügt bei der Berechnung des Betrags der wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht verhängten Geldbuße ihrer Begründungspflicht, wenn sie in ihrer Entscheidung die Beurteilungsgesichtspunkte angibt, die es ihr ermöglichten, Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu ermitteln; sie ist nicht verpflichtet, Zahlenangaben zur Berechnungsweise der Geldbuße zu machen. Außerdem wird diese Pflicht nicht verkannt, wenn die Kommission nicht berücksichtigt, dass die Schwere der Zuwiderhandlung nicht konstant gewesen ist und nicht zwei Zuwiderhandlungszeiträume unterscheidet.

    (vgl. Rn. 181-183, 195)

  11.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 189, 190)

  12.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 205)

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