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Document 61998CJ0037

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1 Völkerrechtliche Verträge - Verträge der Gemeinschaft - Unmittelbare Wirkung - Voraussetzungen - Keine unmittelbare Wirkung von Artikel 13 des Assoziierungsabkommens EWG-Türkei und von Artikel 41 Absatz 2 des Zusatzprotokolls - Unmittelbare Wirkung von Artikel 41 Absatz 1 des Zusatzprotokolls

    (Assoziierungsabkommen EWG-Türkei, Artikel 13; Zusatzprotokoll zum Assoziierungsabkommen EWG-Türkei, Artikel 41 Absätze 1 und 2)

    2 Völkerrechtliche Verträge - Assoziierungsabkommen EWG-Türkei - Freizügigkeit - Niederlassungsfreiheit - Stillhalteklausel des Artikels 41 Absatz 1 des Zusatzprotokolls - Tragweite - Für die Mitgliedstaaten bestehendes Verbot, neue Beschränkungen für die Niederlassung und damit verbunden den Aufenthalt türkischer Staatsangehöriger im Land einzuführen

    (Zusatzprotokoll zum Assoziierungsabkommen EWG-Türkei, Artikel 41 Absatz 1)

    Leitsätze

    1 Eine Bestimmung eines von der Gemeinschaft mit Drittländern geschlossenen Abkommens ist als unmittelbar anwendbar anzusehen, wenn sie unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und im Hinblick auf den Gegenstand und die Natur des Abkommens eine klare und eindeutige Verpflichtung enthält, deren Erfuellung oder deren Wirkungen nicht vom Erlaß eines weiteren Aktes abhängen.

    Zwar erfuellen weder Artikel 13 des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der EWG und der Türkei, der lediglich ganz allgemein und unter Bezugnahme auf die entsprechenden Bestimmungen des EG-Vertrags den Grundsatz aufstellt, daß die Vertragsparteien untereinander die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit aufheben, ohne daß er selbst genaue Regeln für die Erreichung dieses Zieles aufstellt, noch Artikel 41 Absatz 2 des Zusatzprotokolls diese Voraussetzungen, da keine Maßnahmen nach Artikel 13 getroffen wurden, um den allgemeinen Grundsatz, daß die Vertragsparteien die Beschränkungen des Niederlassungsrechts untereinander schrittweise aufheben, konkret umzusetzen; dies trifft jedoch nicht auf Artikel 41 Absatz 1 des Zusatzprotokolls zu, der eine klare, genaue und nicht an Bedingungen geknüpfte, eindeutige Stillhalteklausel enthält, die es den Vertragsparteien untersagt, nach Inkrafttreten des Zusatzprotokolls neue Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit einzuführen. Diese Bestimmung stellt nämlich einen genauen und nicht an Bedingungen geknüpften Grundsatz auf, der hinreichend wirksam ist, um von einem nationalen Gericht angewandt zu werden, und der folglich die Rechtsstellung des einzelnen regeln kann. Die unmittelbare Wirkung, die dieser Bestimmung somit zuzusprechen ist, bedeutet, daß die Bürger, für die sie gilt, sich vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf sie berufen können. (vgl. Randnrn. 39, 42, 44, 46, 54, 71 und Tenor)

    2 Die im Rahmen der Auslegung der Vorschriften der Assoziation EWG-Türkei, die auf eine schrittweise Herbeiführung der Freizügigkeit der türkischen Arbeitnehmer in der Gemeinschaft abzielen, aufgestellten Grundsätze müssen analog auch im Rahmen der Vorschriften dieser Assoziation betreffend die Niederlassungsfreiheit gelten. Daraus folgt, daß die Stillhalteklausel des Artikels 41 Absatz 1 des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen EWG-Türkei nicht aus sich selbst heraus einem türkischen Staatsangehörigen das Niederlassungsrecht und das damit einhergehende Aufenthaltsrecht verleihen kann. Die erstmalige Zulassung der Einreise eines türkischen Staatsangehörigen in einen Mitgliedstaat unterliegt daher ausschließlich dem Recht dieses Staates, und der Betroffene kann sich auf bestimmte Rechte auf dem Gebiet der Ausübung einer Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit und damit verbunden auf dem Gebiet des Aufenthalts von Gemeinschaftsrechts wegen nur berufen, wenn er sich in dem betreffenden Mitgliedstaat in einer ordnungsgemäßen Situation befindet.

    Artikel 41 Absatz 1 des Zusatzprotokolls ist daher als solcher nicht geeignet, einem türkischen Staatsangehörigen ein Niederlassungsrecht und damit verbunden ein Recht auf Aufenthalt in dem Mitgliedstaat, in dem er sich unter Verstoß gegen das nationale Einwanderungsrecht aufgehalten und als Selbständiger berufliche Tätigkeiten ausgeübt hat, zu verleihen. Dagegen verbietet diese Bestimmung die Einführung neuer nationaler Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des Aufenthaltsrechts der türkischen Staatsangehörigen ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls im Aufnahmemitgliedstaat. (vgl. Randnrn. 63-65, 69, 71 und Tenor)

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