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Document 62006CJ0411

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

    1. Handlungen der Organe – Wahl der Rechtsgrundlage – Kriterien

    (Art. 175 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates)

    2. Umwelt – Verordnung über die Verbringung von Abfällen – Hauptsächlich den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt betreffendes Instrument

    (Art. 133 EG und 175 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates)

    Leitsätze

    1. Die Wahl der Rechtsgrundlage eines gemeinschaftlichen Rechtsakts muss sich auf objektive, gerichtlich nachprüfbare Umstände gründen, zu denen insbesondere das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts gehören.

    Ergibt die Prüfung eines Gemeinschaftsrechtsakts, dass er zwei Zielsetzungen hat oder zwei Komponenten umfasst, und lässt sich eine von ihnen als die hauptsächliche oder überwiegende ausmachen, während die andere nur nebensächliche Bedeutung hat, so ist der Rechtsakt nur auf eine Rechtsgrundlage zu stützen, und zwar auf die, die die hauptsächliche oder überwiegende Zielsetzung oder Komponente erfordert. Steht dagegen fest, dass der betreffende Rechtsakt gleichzeitig mehrere Zielsetzungen hat oder mehrere Komponenten umfasst, die untrennbar miteinander verbunden sind, ohne dass die eine gegenüber der anderen nur zweitrangig und mittelbar ist, so ist ein solcher Rechtsakt ausnahmsweise auf die verschiedenen einschlägigen Rechtsgrundlagen zu stützen. Dies ist bei der Verordnung Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen nicht der Fall, die das Ziel des Schutzes der Umwelt verfolgt und daher wirksam auf Art. 175 Abs. 1 EG gestützt wurde. Die Zielsetzung und die Komponenten dieser Verordnung, die den Umweltschutz betreffen, sind nämlich als hauptsächlich oder überwiegend anzusehen.

    (vgl. Randnrn. 45-50)

    2. Aus der Prüfung der Verordnung Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen ergibt sich, dass diese sowohl ihrer Zielsetzung als auch ihrem Inhalt nach hauptsächlich dem Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt vor den potenziell nachteiligen Auswirkungen grenzüberschreitender Verbringungen von Abfällen dient. Insbesondere wäre es, da das Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung eindeutig ein Ziel des Umweltschutzes auf dem Gebiet der Verbringung von Abfällen zwischen den Mitgliedstaaten verfolgt und dementsprechend zutreffend auf Art. 175 Abs. 1 EG gestützt worden ist, inkohärent, demselben Verfahren dann, wenn es für die Verbringung von Abfällen zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten mit dem gleichen Ziel des Umweltschutzes gilt, wie der 33. Erwägungsgrund dieser Verordnung bestätigt, den Charakter eines Instruments der gemeinsamen Handelspolitik beizumessen, das deshalb auf Art. 133 EG zu stützen wäre. Dieses Ergebnis wird durch eine Prüfung des normativen Zusammenhangs, in den sich diese Verordnung einfügt, bestätigt.

    Eine weite Auslegung des Begriffs der gemeinsamen Handelspolitik ist nicht geeignet, die Feststellung in Frage zu stellen, dass die Verordnung Nr. 1013/2006 ein hauptsächlich die Umweltschutzpolitik betreffendes Instrument ist. So kann ein Gemeinschaftsrechtsakt selbst dann in diesen Bereich fallen, wenn die in diesem Rechtsakt vorgesehenen Maßnahmen den Handel beeinträchtigen können.

    Ein Rechtsakt der Gemeinschaft fällt nämlich nur dann in die ausschließliche Zuständigkeit für die gemeinsame Handelspolitik nach Art. 133 EG, wenn er speziell den internationalen Warenaustausch betrifft, weil er im Wesentlichen den Handelsverkehr fördern, erleichtern oder regeln soll und sich direkt und sofort auf den Handel mit den betroffenen Erzeugnissen auswirkt.

    Dies ist hier offensichtlich nicht der Fall. Die Verordnung Nr. 1013/2006 bezweckt nämlich nicht die Definition der Eigenschaften, die Abfälle besitzen müssen, um im Binnenmarkt oder im Handelsverkehr mit Drittstaaten frei in Umlauf sein zu können, sondern sie soll ein harmonisiertes System von Verfahren bereitstellen, mit denen der Umlauf der Abfälle begrenzt werden kann, um den Schutz der Umwelt sicherzustellen.

    (vgl. Randnrn. 62-64, 70-72)

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