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Document 61994TJ0261
Leitsätze des Urteils
Leitsätze des Urteils
1. Außervertragliche Haftung - Voraussetzungen - Rechtswidriges Verhalten der Organe - Milcherzeuger, denen Referenzmengen im Rahmen der Zusatzabgabenregelung vorenthalten wurden, nachdem sie ihre Lieferungen aufgrund der Regelung über Nichtvermarktungsprämien ausgesetzt hatten - Auf einer selbständigen Entscheidung der nationalen Behörden beruhende Versagung einer spezifischen Referenzmenge - Entscheidung, die auf andere Gründe gestützt wird als sie die Erzeuger betreffen, die einen Betrieb im Wege der Erbfolge nach Ablauf der Nichtvermarktungsverpflichtung übernommen haben, die ihr Rechtsvorgänger eingegangen war - Keine Haftung
(EG-Vertrag, Artikel 215 Absatz 2 [jetzt Artikel 288 Absatz 2 EG]; Verordnungen Nrn. 1078/77, 857/84 und 764/89 des Rates)
2. Schadensersatzklage - Verjährungsfrist - Beginn - Haftung für die Verordnung Nr. 857/84, aufgrund deren den Milcherzeugern, die eine Nichtvermarktungsverpflichtung eingegangen waren, keine Referenzmenge zugeteilt wurde - Maßgeblicher Zeitpunkt
(EG-Vertrag, Artikel 178 und 215 [jetzt Artikel 235 EG und 288 EG]; EG-Satzung des Gerichtshofes, Artikel 43; Verordnungen Nrn. 1078/77 und 857/84 des Rates)
3. Schadensersatzklage - Verjährungsfrist - Unterbrechung - Voraussetzungen - Einreichung einer Klage beim Gemeinschaftsrichter oder vorherige Stellung eines Antrags beim zuständigen Organ
(EG-Vertrag, Artikel 173 [nach Änderung jetzt Artikel 230 EG] und Artikel 175 [jetzt Artikel 232 EG]; EG-Satzung des Gerichtshofes, Artikel 43; Verordnungen Nrn. 1078/77, 857/84 und 2187/93 des Rates; Mitteilung 92/C 198/04 des Rates und der Kommission)
1. Die Gemeinschaft haftet für Schäden aufgrund der Anwendung der Verordnung Nr. 857/84, mit der im Rahmen der Regelung über die Zusatzabgabe für Milch und Milcherzeugnisse für jeden Erzeuger auf der Grundlage der in einem Referenzjahr gelieferten Erzeugung die Referenzmange festgesetzt wurde, gegebenenfalls nur bei solchen Schäden, die nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung Nr. 764/89, die die Verordnung Nr. 857/84 geändert hat, entstanden sind, da eine Versagung einer spezifischen Referenzmenge, die auf einer selbständigen Entscheidung der nationalen Behörden beruht, die auf Gründe gestützt wird, die sich in weitem Umfang von denjenigen unterscheiden, die der Gerichtshof in seinem Urteil vom 21. März 1991 in der Rechtssache C-314/89, Rauh, angeführt hat, in dem es um Erzeuger ging, die einen Betrieb im Wege der Erbfolge oder in ähnlicher Weise nach Ablauf einer gemäß der Verordnung Nr. 1078/77 von ihrem Rechtsvorgänger eingegangenen Nichtvermarktungsverpflichtung übernommen haben.
( vgl. Randnr. 57 )
2. Die Verjährungsfrist für Klagen gegen die Gemeinschaft aus außervertraglicher Haftung nach Artikel 43 der Satzung des Gerichtshofes beginnt erst dann, wenn alle Voraussetzungen für die Ersatzpflicht erfuellt sind, und insbesondere - in Fällen, in denen die Haftung auf einen Rechtsetzungsakt zurückgeht - nicht vor Eintritt der Schadensfolgen dieses Aktes.
In Bezug auf den Schaden, der den Erzeugern von Milch oder Milcherzeugnissen entstanden ist, die wegen gemäß der Verordnung Nr. 1078/77 eingegangener Nichtvermarktungs- oder Umstellungsverpflichtungen unter Berücksichtigung der Verordnung Nr. 857/84 keine Referenzmenge erhalten und infolgedessen auch keine von der Zusatzabgabe freie Milchmenge vermarkten konnten, waren am Tag der Anwendung der Verordnung Nr. 857/84 auf sie die Voraussetzungen für eine Schadensersatzklage in die Gemeinschaft erfuellt, und die Verjährungsfrist begann zu laufen. Da dieser Schaden im Übrigen nicht schlagartig verursacht wurde, sondern täglich neu entstanden ist, betrifft der Anspruch auf Entschädigung aufeinander folgende Zeitabschnitte, die an jedem Tag begannen, an dem die Vermarktung nicht möglich war. Da festgestellt worden ist, dass der Schaden, der einem Erzeuger, der einen Betrieb im Wege der Erbfolge nach Ablauf der von seinem Rechtsvorgänger eingegangenen Nichtvermarktungsverpflichtung übernommen hat, angeblich nach dem Tag des Inkrafttretens der Verordnung Nr. 764/89, die die Verordnung Nr. 857/84 geändert hat, entstanden ist, nicht mehr im Zusammenhang mit der Rechtswidrigkeit der Gemeinschaftsrechtsetzung steht und somit der Gemeinschaft nicht zuzurechnen ist, ist die Verjährungsfrist fünf Jahre nach diesem Tag abgelaufen, es sei denn, sie wäre vor diesem Zeitpunkt unterbrochen worden.
( vgl. Randnrn. 59-62 )
3. Nach Artikel 43 der Satzung des Gerichtshofes wird die Verjährung nur durch Einreichung einer Klageschrift bei einem Gericht der Gemeinschaften oder durch vorherige Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem zuständigen Organ der Gemeinschaft unterbrochen, wobei im letzteren Fall die Unterbrechung jedoch nur dann eintritt, wenn nach der Geltendmachung innerhalb der je nach Falllage maßgebenden Frist des Artikels 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) oder des Artikels 175 EG-Vertrag (jetzt Artikel 232 EG) Klage erhoben wird. Die Verweisung im letzten Satz von Artikel 43 der Satzung auf die Artikel 173 und 175 EG-Vertrag hat zur Folge, dass auf dem Gebiet der Verjährungsunterbrechung die in diesen Artikeln enthaltenen Vorschriften für die Fristenberechnung anzuwenden sind.
In Bezug auf den Schaden, der den Erzeugern von Milch oder Milcherzeugnissen entstanden ist, die wegen gemäß der Verordnung Nr. 1078/77 eingegangener Nichtvermarktungs- oder Umstellungsverpflichtungen unter Berücksichtigung der Verordnung Nr. 857/84 keine Referenzmenge erhalten und infolgedessen auch keine von der Zusatzabgabe freie Milchmenge vermarkten konnten, ist der Verzicht auf die Geltendmachung der Verjährung in der Mitteilung des Rates und der Kommission betreffend den späteren Erlass der Verordnung Nr. 2187/93 über das Angebot einer Entschädigung an die betroffenen Erzeuger eine einseitige Handlung, die in dem Bestreben, die Zahl der Klagen zu beschränken, die Erzeuger dazu bewegen sollte, die Anwendung des in der erwähnten Verordnung vorgesehenen Systems der Pauschalentschädigung abzuwarten. Unter Berücksichtigung seines Zweckes verlor dieser Verzicht seine Wirkung mit Ablauf der Frist für die Annahme des Entschädigungsangebots gemäß der Verordnung oder mit dessen ausdrücklicher Ablehnung, falls diese vor Ablauf der fraglichen Frist erfolgte. Ab diesem Zeitpunkt konnten sich die Organe erneut auf Verjährung berufen.
Wenn ein Erzeuger ein Entschädigungsangebot im Rahmen der Verordnung Nr. 2187/93 erhalten hat, so kann ihm der Verzicht auf die Geltendmachung der Verjährung in der Mitteilung des Rates und der Kommission nur dann zugute kommen, wenn er innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf der Frist für die Annahme des Entschädigungsangebots oder nach dessen ausdrücklicher Ablehnung, wenn diese vor Ablauf der fraglichen Frist erfolgte, Klage auf Schadensersatz erhoben hat. Hat jedoch der erwähnte Erzeuger den Organen einen Schadensersatzantrag zu einem Zeitpunkt vor der Mitteilung übermittelt und ist dieser Antrag innerhalb der Frist des Artikels 43 Satz 3 der Satzung des Gerichtshofes für die Erhebung einer Klage eingereicht worden, so wurde die Verjährungsfrist am Tag der Stellung des Antrags auf Schadensersatz unterbrochen. In diesem Fall führt der Verzicht der Organe zu einer Hemmung dieser Frist, die so lange andauert, wie der Verzicht wirkt.
( vgl. Randnrn. 63, 66-69 )