EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 31997D0162

97/162/EG: Beschluß der Kommission vom 18. Februar 1997 über die Einleitung eines internationalen Konsultations- und Streitbeilegungsverfahrens betreffend die Änderung der Ursprungsregeln der Vereinigten Staaten von Amerika für Textilwaren und die sich daraus ergebende Nichtanerkennung des Gemeinschaftsursprungs bestimmter in der Europäischen Gemeinschaft verarbeiteter Waren

ABl. L 62 vom 4.3.1997, p. 43–45 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1997/162/oj

31997D0162

97/162/EG: Beschluß der Kommission vom 18. Februar 1997 über die Einleitung eines internationalen Konsultations- und Streitbeilegungsverfahrens betreffend die Änderung der Ursprungsregeln der Vereinigten Staaten von Amerika für Textilwaren und die sich daraus ergebende Nichtanerkennung des Gemeinschaftsursprungs bestimmter in der Europäischen Gemeinschaft verarbeiteter Waren

Amtsblatt Nr. L 062 vom 04/03/1997 S. 0043 - 0045


BESCHLUSS DER KOMMISSION vom 18. Februar 1997 über die Einleitung eines internationalen Konsultations- und Streitbeilegungsverfahrens betreffend die Änderung der Ursprungsregeln der Vereinigten Staaten von Amerika für Textilwaren und die sich daraus ergebende Nichtanerkennung des Gemeinschaftsursprungs bestimmter in der Europäischen Gemeinschaft verarbeiteter Waren (97/162/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 3286/94 des Rates vom 22. Dezember 1994 zur Festlegung der Verfahren der Gemeinschaft im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Gemeinschaft nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) vereinbarten Regeln (1), geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 356/96 (2), insbesondere auf die Artikel 13 und 14,

nach Konsultationen im Beratenden Ausschuß,

in Erwägung nachstehender Gründe:

A. VERFAHREN

(1) Am 11. Oktober 1996 wurde bei der Kommission ein Antrag betreffend die Einführung eines Handelshemmnisses durch die Änderung der Ursprungsregeln für Textilwaren in den Vereinigten Staaten von Amerika gestellt. Der Antragsteller machte geltend, daß die in Drittländern hergestellten rohen Gewebe, die in die Gemeinschaft eingeführt und dort gefärbt, bedruckt und weiteren Verarbeitungsvorgängen unterzogen werden, nach den neuen Regeln nicht mehr als Ursprungserzeugnisse der Gemeinschaft anerkannt werden. Nach den bisherigen Rechtsvorschriften der Vereinigten Staaten von Amerika, d. h. bis Juli 1995, galten diese Waren als Erzeugnisse mit Ursprung in der Gemeinschaft. Nach Auffassung des Antragstellers stellt diese Änderung eine Bedrohung für die Textilausfuhren der Gemeinschaft dar.

(2) Der Antrag wurde von der Föderation "Federtessile", Italien, im Namen des Italienischen Verbandes der Seidenindustrie und des Italienischen Verbandes der Textilveredelungsindustrie gestellt. Er enthielt ausreichende Beweise, um die Einleitung eines Verfahrens gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3286/94 zu rechtfertigen.

(3) Am 22. November 1996 (3) wurde ein Untersuchungsverfahren eingeleitet. Die Behauptungen von "Federtessile" wurden in der Bekanntmachung über die Einleitung des Verfahrens aufgeführt.

B. HANDELSHEMMNIS: BEHAUPTUNG DES ANTRAGSTELLERS

(4) Der Antragsteller machte geltend, die Änderung der Ursprungsregeln für Textilwaren in den Vereinigten Staaten von Amerika nach dem Inkrafttreten des WTO-Übereinkommens stelle ein Handelshemmnis im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 3286/94 dar. Der Antragsteller nahm auf zwei Übereinkommen im Anhang zum WTO-Übereinkommen Bezug: auf Artikel 4 Absatz 2 des Übereinkommens über Textilwaren und Bekleidung und auf Artikel 2 Buchstaben b) und c) des Übereinkommens über Ursprungsregeln.

(5) Nach Auffassung der Kommission liefert insbesondere Artikel 4 Absatz 2 des Übereinkommens über Textilwaren und Bekleidung die Grundlage für ein Vorgehen im Fall aller Textilwaren der Gemeinschaft, für die künftig bei der Ausfuhr in die Vereinigten Staaten von Amerika die mengenmäßigen Beschränkungen gelten oder gelten könnten, die die Vereinigten Staaten von Amerika gegenüber den faserherstellenden Ländern aufrechterhalten. In Artikel 4 Absatz 2 heißt es ausdrücklich, "daß Änderungen in der Anwendung oder Verwaltung von nach diesem Übereinkommen notifizierten . . . Beschränkungen, wie Änderungen (. . .) der Vorschriften, (. . .) nicht zur Folge haben dürften, daß (. . .) das den Mitgliedern eingeräumte Zugangsrecht beeinträchtigt (. . .) oder der unter dieses Übereinkommen fallende Handel zerrüttet wird".

(6) Die Kommission ist ferner der Auffassung, daß die Verpflichtung, die betroffenen Waren als Ursprungserzeugnisse des Landes, in dem die rohen Gewebe hergestellt wurden, und nicht als Ursprungserzeugnisse der Europäischen Gemeinschaft oder eines ihrer Mitgliedstaaten zu etikettieren, einen wichtigen Aspekt des Problems darstellt. Durch diese Praxis wird die Aufmerksamkeit des amerikanischen Verbrauchers von den betroffenen aus der Gemeinschaft ausgeführten Textilwaren abgelenkt, da er sie nicht mehr als solche erkennen kann. Aus diesem Grund hält es die Kommission auch für erforderlich, sich insbesondere auf das Übereinkommen über Ursprungsregeln zu stützen, zumal es um eine grundsätzliche Frage in diesem Bereich geht. Sie erinnert in diesem Zusammenhang an Artikel 2 dieses Übereinkommens, dem zufolge die Ursprungsregeln "weder mittelbar noch unmittelbar zur Erreichung von Handelszielen eingesetzt werden (. . .) und nicht selbst eine beschränkende, verzerrende oder zerrüttende Wirkung auf den Handel ausüben".

(7) Nach Auffassung der Kommission schließt die Bezugnahme auf diese beiden Rechtsgrundlagen jedoch nicht aus, daß andere Bestimmungen dieser beiden Übereinkommen oder des Übereinkommens zur Errichtung der WTO und der ihm beigefügten Übereinkommen herangezogen werden, sofern sich dies im Verlauf der Verfahren vor den WTO-Gremien als zweckdienlich erweisen sollte.

C. HANDELSSCHÄDIGENDE AUSWIRKUNGEN

(8) Nach der Veröffentlichung der Bekanntmachung über das Verfahren leitete die Kommission eine Untersuchung ein, um genau zu ermitteln, in welchem Umfang die Textilausfuhren der Gemeinschaft von den neuen amerikanischen Ursprungsregeln betroffen sind.

(9) Diese Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen. Die bisherige Sachaufklärung der Kommission beweist jedoch schon jetzt in ausreichendem Maße, daß bestimmmte handelsschädigende Auswirkungen vorliegen und daß sich diese Auswirkungen noch verstärken könnten. Obwohl die Untersuchung fortgesetzt werden sollte, um die Auswirkungen der Handelspraktik der Vereinigten Staaten von Amerika auf die betroffenen Ausfuhren der Gemeinschaft genauer zu ermitteln, muß der Abschluß dieser Untersuchung nicht abgewartet werden, um die Änderung der amerikanischen Ursprungsregeln rechtlich zu bewerten.

D. INTERESSE DER GEMEINSCHAFT

(10) Durch die Änderung der amerikanischen Ursprungsregeln werden nicht nur die Interessen vereinzelter Unternehmen bedroht, sondern die eines gesamten Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft und folglich einer Vielzahl von Unternehmen, die in mehreren Regionen der Europäischen Gemeinschaft angesiedelt sind.

Außerdem gehört es zu den vorrangigen Aufgaben der Europäischen Kommission, die Einhaltung der multilateralen Verpflichtungen durch die Drittländer sicherzustellen. Die Einhaltung dieser Verpflichtungen ist gerade im Textilsektor von entscheidender Bedeutung, da es dort aufgrund der im Rahmen der WTO vorgesehenen schrittweisen Liberalisierung in besonderem Maß erforderlich ist, eine Verzerrung der Handelsströme durch neue Handelshemmnisse zu verhindern.

(11) Im Interesse der Gemeinschaft ist daher ein rasches Handeln der Kommission gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika zum Schutz der betroffenen Ausfuhren erforderlich. Da die betreffenden Praktiken unter die multilateral festgelegten Disziplinen fallen, ist die Welthandelsorganisation der am besten geeignete internationale Rechtsrahmen für das Vorgehen der Gemeinschaft.

E. SCHLUSSFOLGERUNGEN UND ZU ERGREIFENDE MASSNAHMEN

(12) Schon lange vor der förmlichen Einleitung des Untersuchungsverfahrens fanden zahlreiche Konsultationen zwischen den Vertretern der Europäischen Kommission und der Vereinigten Staaten von Amerika statt, um eine zufriedenstellende Lösung für das Problem zu finden. Diese bilateralen Gespräche wurden im Verlauf der Untersuchung fortgesetzt, führten jedoch nicht zu einer für die Europäische Gemeinschaft annehmbaren Lösung. Die Vertreter der Vereinigten Staaten von Amerika gaben lediglich befristete Zusagen, durch die die Probleme nur ansatzweise gelöst wurden.

(13) Die Konsultationen ergaben, daß den Ausführern der Gemeinschaft nur durch eine erneute Änderung der amerikanischen Ursprungsregeln für Textilwaren wieder die frühere Sicherheit gegeben würde. Solange der amerikanische Kongreß eine solche Änderung nicht prüft, können die Konsultationen mit den amerikanischen Behörden nicht zu endgültigen und zufriedenstellenden Ergebnissen führen, da diese Behörden nicht befugt sind, rechtsverbindlich zu handeln.

(14) Sofern nicht im amerikanischen Kongreß ein Gesetzentwurf zur Änderung der amerikanischen Ursprungsregeln für Textilwaren eingebracht wird und daraufhin neue Rechtsvorschriften im Einklang mit den amerikanischen Verpflichtungen aufgrund der Uruguay-Runde erlassen werden, muß nach Auffassung der Kommission gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika ein förmliches Verfahren gemäß den beiden WTO-Übereinkommen eingeleitet werden, auf deren Grundlage nach den Aussagen des Antragstellers, die durch die Untersuchung der Kommission bestätigt wurden, das Recht zu einem Vorgehen besteht.

(15) Daher wird die Kommission Konsultationen gemäß dem Übereinkommen über Textilwaren und Bekleidung beantragen und gegebenenfalls das Textilaufsichtsorgan (TMB) mit der Angelegenheit befassen, damit das TMB nach einer gründlichen Prüfung Empfehlungen gemäß Artikel 8 Absätze 5 ff. dieses Übereinkommens aussprechen kann.

(16) Gleichzeitig werden Konsultationen mit den Vereinigten Staaten von Amerika im Rahmen des WTO-Übereinkommens über Ursprungsregeln beantragt, um zu prüfen, unter welchen Bedingungen Artikel 2 dieses Übereinkommens auf ihre Ursprungsregeln anzuwenden ist.

(17) Gemäß Artikel 13 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 3286/94 ergeht der Beschluß über die Einleitung eines förmlichen internationalen Konsultations- oder Streitbeilegungsverfahrens nach Artikel 14 dieser Verordnung. Danach faßt die Kommission einen Beschluß, den sie den Mitgliedstaaten mitteilt und der nach Ablauf von zehn Tagen anwendbar ist, wenn kein Mitgliedstaat innerhalb dieser Frist den Rat befaßt hat -

BESCHLIESST:

Artikel 1

(1) In bezug auf die in Titel III Untertitel D Abschnitt 334 des "Uruguay Round Agreements Act" festgelegten Ursprungsregeln der Vereinigten Staaten von Amerika für Textilwaren und Bekleidung sind die geeigneten Verfahren zur Durchführung von Konsultationen und bei Bedarf zur Befassung des Textilaufsichtsorgans gemäß Artikel 8 des Übereinkommens über Textilwaren und Bekleidung im Anhang zum Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation und letztlich zur Inanspruchnahme des WTO-Streitbeilegungsmechanismus einzuleiten.

(2) In bezug auf die in Titel III Untertitel D Abschnitt 334 des "Uruguay Round Agreements Act" festgelegten Ursprungsregeln der Vereinigten Staaten von Amerika für Textilwaren und Bekleidung sind die geeigneten Konsultations- und gegebenenfalls Streitbeilegungsverfahren gemäß den Artikeln 7 und 8 des Übereinkommens über Ursprungsregeln im Anhang zum Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation einzuleiten.

Artikel 2

(1) Die Anwendung des Artikels 1 Absätze 1 und 2 wird ausgesetzt, wenn vor dem 4. April 1997 im amerikanischen Kongreß ein Gesetzentwurf zur Änderung der Ursprungsregeln der Vereinigten Staaten von Amerika für Textilwaren und Bekleidung eingebracht wird, um die einschlägigen Rechtsvorschriften mit den Verpflichtungen der Vereinigten Staaten von Amerika aufgrund der Uruguay-Runde in Einklang zu bringen.

(2) Beschließt der amerikanische Kongreß binnen vier Monaten nach Einbringen des in Absatz 1 genannten Gesetzentwurfes keine Änderung der Ursprungsregeln für Textilwaren und Bekleidung, um sie mit den Verpflichtungen der Vereinigten Staaten von Amerika aufgrund der Uruguay-Runde in Einklang zu bringen, findet Artikel 1 Absätze 1 und 2 erneut Anwendung.

Artikel 3

Dieser Beschluß gilt ab dem Tag seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften.

Brüssel, den 18. Februar 1997

Für die Kommission

Leon BRITTAN

Vizepräsident

(1) ABl. Nr. L 349 vom 31. 12. 1994, S. 71.

(2) ABl. Nr. L 41 vom 23. 2. 1995, S. 3.

(3) ABl. Nr. C 351 vom 22. 11. 1996, S. 6.

Top