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Document 52018AE4060

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit und Instrument für Zusammenarbeit im Bereich der nuklearen Sicherheit“ (COM(2018) 460 final — 2018/0243 (COD))

EESC 2018/04060

ABl. C 110 vom 22.3.2019, p. 163–170 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

22.3.2019   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 110/163


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit und Instrument für Zusammenarbeit im Bereich der nuklearen Sicherheit“

(COM(2018) 460 final — 2018/0243 (COD))

(2019/C 110/29)

Berichterstatter:

Cristian PÎRVULESCU

Befassung

Europäisches Parlament, 2.7.2018

Europäische Kommission, 12.7.2018

Rat der Europäischen Union, 18.7.2018

Rechtsgrundlage

Artikel 304 AEUV

 

Artikel 206 Euratom-Vertrag

 

 

Zuständige Fachgruppe

Fachgruppe Außenbeziehungen

Annahme in der Fachgruppe

23.11.2018

Verabschiedung auf der Plenartagung

12.12.2018

Plenartagung Nr.

539

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

176/0/1

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.   Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit

1.1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) unterstützt die allgemeinen und besonderen Ziele des Vorschlags und hält den Schritt zur Vereinfachung der Instrumente für Nachbarschaft und Drittländer für begrüßenswert und sinnvoll. Die EU muss konstruktive, realistische und pragmatische Beziehungen zu den Nachbar- und Drittstaaten aufbauen, in denen Werte eine zentrale Rolle spielen.

1.1.2.

Der Ausschuss nimmt die in diesem Vorschlag von der Kommission und den anderen europäischen Organen sowie den Mitgliedstaaten zum Ausdruck gebrachte Entschlossenheit zur Kenntnis, die Entwicklung der Zivilgesellschaft, der Demokratie und der Systeme zum Schutz der Menschenrechte zu unterstützen. Die Funktionsweise des neuen konsolidierten Instruments sollte in allen Phasen — von der Planung bis zur Überwachung und Bewertung — auf die Förderung der Werte der EU — einschließlich Rechtsstaatlichkeit, Integrität, Pluralismus, Demokratie und Schutz der Menschenrechte — ausgerichtet sein. In diesem Zusammenhang fordert der Ausschuss die Europäische Kommission nachdrücklich auf, die Mittelzuweisung für die thematischen Programme „Menschenrechte und Demokratie“ sowie „Zivilgesellschaft“ maßgeblich aufzustocken.

1.1.3.

Der Ausschuss unterstützt das Ziel des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit, nämlich die Werte und Interessen der EU mit Blick auf die Verfolgung der Ziele und Grundsätze ihres auswärtigen Handelns weltweit zu verteidigen und zu fördern. In der Mitteilung wird ferner festgestellt, dass bei der Umsetzung dieser Verordnung die Kohärenz mit anderen Bereichen des auswärtigen Handelns und anderen relevanten Politikfeldern der EU gewährleistet ist, wie es auch in der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (Agenda 2030) zum Ausdruck kommt. Daher muss bei allen Strategien berücksichtigt werden, wie sie sich auf sämtlichen Ebenen — d. h. einzelstaatlich, innerhalb der EU, in Drittstaaten und global — auf die nachhaltige Entwicklung auswirken.

1.1.4.

Der Ausschuss nutzt diese Gelegenheit, um der Europäischen Union in Erinnerung zu rufen, dass mit der Agenda 2030 eine Welt angestrebt wird, in der jedes Land unter Berücksichtigung seines Entwicklungsstandes und seiner Kapazitäten von einem anhaltenden, integrativen und nachhaltigen Wirtschaftswachstum sowie von Umweltschutz und sozialer Entwicklung, einschließlich menschenwürdiger Arbeit für alle, profitiert. Eine Welt, in der Demokratie, verantwortungsvolle Staatsführung und Rechtsstaatlichkeit sowie ein förderliches Umfeld auf nationaler und internationaler Ebene wesentliche Elemente für eine nachhaltige Entwicklung sind.

1.1.5.

Diese große Verantwortung zur Unterstützung des Aktionsplans der Agenda 2030 für die Menschen, den Planeten und den Wohlstand erfordert eine stärkere Konzentration auf die Unterstützungsinstrumente sowie deren Organisation und Einbindung in den schwierigen weltpolitischen Kontext. Die Straffung und Vereinheitlichung der eingesetzten Instrumente ist ein großer Schritt hin zu einem effizienten, an Prioritäten orientiertem Handeln zur Erreichung der vorgeschlagenen Ziele. Die EU kann sich durch entschlossenes Handeln oft für die am stärksten gefährdeten Gruppen und Einzelpersonen einsetzen. Dieser Verantwortung muss sie auch weiterhin entsprechend nachkommen.

1.1.6.

Nachbar- und Drittländer stehen vor einer Reihe großer, vielfältiger und sich überlagernder Probleme. In dem gegenwärtigen globalen Klima, in dem Reformen zur Förderung von Demokratisierung, politischer Stabilisierung und wirtschaftlicher Entwicklung anscheinend ins Stocken geraten sind, muss die EU ihre Bemühungen verstärken, anstatt sie zurückzufahren. Sie sollte ständigen Kontakt zu den Regierungen der Nachbar- und Drittstaaten halten und diese zu einer verantwortungsbewussten Zusammenarbeit motivieren und ermutigen. Ihre partnerschaftlichen Beziehungen zu den Regierungen dieser Länder sollten solide, selbstbewusst und klar darauf ausgerichtet sein, die Lebensbedingungen der dort lebenden Menschen zu verbessern.

1.1.7.

Der Ausschuss befürwortet ein proaktives Handeln der EU bis 2030, um Armut und Hunger ein Ende zu setzen, Ungleichheiten in und zwischen den Ländern zu bekämpfen, friedliche, gerechte und integrative Gesellschaften zu errichten, die Menschenrechte zu schützen und die Gleichstellung der Geschlechter sowie die Stärkung der Rolle von Frauen und Mädchen zu fördern und den nachhaltigen Schutz unseres Planeten und seiner natürlichen Ressourcen sicherzustellen.

1.1.8.

Der Ausschuss begrüßt den in diesem Vorschlag enthaltenen Schritt, den Verwaltungsaufwand für die EU-Organe und die Mitgliedstaaten zu verringern und sich stärker auf die politischen Ziele und das Engagement gegenüber externen Partnern zu konzentrieren. Der Ausschuss begrüßt und unterstützt die im Vorschlag zu erkennenden deutlichen Fortschritte: mehr Vereinfachung und Flexibilität und bessere Überwachung der Ergebnisse.

1.1.9.

Der Ausschuss begrüßt die Erweiterung der Haushalts- und Kontrollbefugnisse des Europäischen Parlaments im Anschluss an die Aufnahme der gegenwärtig aus dem Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) finanzierten Maßnahmen in den EU-Haushalt.

1.1.10.

Der Ausschuss legt der Europäischen Kommission nahe, auf die mit den vorangegangenen Instrumenten erzielten Ergebnisse und Fortschritte aufzubauen. So wurden z. B. im Rahmen des Instruments für Demokratie und Menschenrechte alle wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte anerkannt und der soziale Dialog gefördert (1). Die zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und faire Wahlen einsetzen, wurden trotz der feindlichen Haltung einiger Regierungen ihnen gegenüber unterstützt. Dieses Engagement sollte beibehalten und verstärkt werden.

1.1.11.

Der Ausschuss unterstreicht die Bedeutung des demokratischen Prozesses und der Abhaltung von Wahlen in den Nachbar- und Drittstaaten und legt der Europäischen Kommission nahe, der Entwicklung starker und unabhängiger Wahlinstitutionen Vorrang einzuräumen. Die EU-Organe sollten eng mit der Venedig-Kommission, dem Europarat, der OSZE und den Netzwerken von Wahlexperten zusammenarbeiten, um deren entscheidende Unterstützung für faire und solide Wahlen zu konkretisieren.

1.1.12.

Der Ausschuss fordert die Mitgliedstaaten auf, dank ihrer langjährigen Beziehungen zu Nachbar- und Drittstaaten umfassend dabei mitzuwirken, dass dieses Instrument noch bessere Ergebnisse erzielen kann.

1.1.13.

Der Ausschuss unterstützt die in der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen enthaltenen Empfehlungen und ruft die Kommission ebenfalls dazu auf, stets dafür zu sorgen, dass die relevanten Interessengruppen, einschließlich der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, ordnungsgemäß konsultiert werden und rechtzeitig Zugang zu relevanten Informationen erhalten, damit sie ihrer wichtigen Rolle bei der Konzipierung, Durchführung und begleitenden Überwachung von Programmen gerecht werden können. Der Ausschuss betont weiterhin, dass die Demokratie auf subnationaler Ebene in die Leitgrundsätze aufgenommen werden sollte, da die Bürgerinnen und Bürger Demokratie auf der lokalen und regionalen am unmittelbarsten erfahren können.

1.2.   Instrument für Zusammenarbeit im Bereich der nuklearen Sicherheit

1.2.1.

Hinsichtlich des Europäischen Instruments für die nukleare Sicherheit wurde nach der Atomkatastrophe von Fukushima ganz offensichtlich, dass die mit der Nutzung von Kernenergie einhergehenden Probleme und Gefahren globaler Natur sind. Leider befasst sich der Vorschlag auf strategischer und politischer Ebene nicht mit der legitimen Forderung nach einer langfristigen und von den Bürgern, der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft ausgehenden Planung im Bereich der Kernenergie.

1.2.2.

Der Ausschuss begrüßt die Absicht der Kommission, im Bereich der Kernenergie Maßnahmen einzubeziehen, die mit der Entwicklungspolitik und der Politik einer internationalen Zusammenarbeit in den Bereichen Gesundheit, Landwirtschaft, Industrie im Einklang stehen und Sozialprojekte berücksichtigen, die sich mit den Folgen nuklearer Unfälle befassen. Es ist jedoch nicht klar, wie sich diese Absicht mit den verfügbaren Mitteln und unter den gegebenen institutionellen Rahmenbedingungen in der Praxis umsetzen lässt.

1.2.3.

Die Rolle der Internationalen Atomenergie-Organisation ist grundlegend, und die Organisation sollte Verantwortung für die Gewährleistung von Transparenz und Frühwarnung bei der Entwicklung neuer Kernkraftwerke auf der ganzen Welt übernehmen. Die EU sollte bei der Förderung der nuklearen Sicherheit mit internationalen Organisationen und Einrichtungen umfassend zusammenarbeiten.

1.2.4.

Verstärkte Anstrengungen sind erforderlich, um sicherzustellen, dass bestehende und geplante Anlagen in der Nachbarschaft Europas hohen Standards für Transparenz und Sicherheit entsprechen. Der EWSA fordert alle Mitgliedstaaten auf, sich für dieses Ziel einzusetzen und nukleare Sicherheit zu einem Hauptziel der bilateralen und multilateralen Beziehungen mit den Partnerländern zu machen.

1.2.5.

Zudem hält der Ausschuss angesichts der zentralen globalen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Kernenergie und der vielen nuklearen Anlagen in den Nachbarländern der EU die für den Zeitraum 2021-2027 geplante Finanzausstattung in Höhe von 300 Mio. EUR zu jeweiligen Preisen zur Durchführung dieser Verordnung für vollkommen unzureichend.

2.   Allgemeine Bemerkungen

2.1.   Hintergrund des Vorschlags — Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit

2.1.1.

In der Mitteilung werden die wichtigsten Prioritäten und der allgemeine Haushaltsrahmen für Programme im Rahmen des auswärtigen Handelns der EU unter der Rubrik „Nachbarschaft und die Welt“ festgelegt, einschließlich der Einrichtung des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit.

2.1.2.

Mit dem vorliegenden Vorschlag wird die EU weiterhin eine aktive Rolle spielen können, unter anderem bei der Förderung der Menschenrechte, des Wohlstands, der Stabilisierung, der Entwicklung, der Sicherheit, der Bekämpfung der Ursachen von irregulärer Migration, des Handels, der Bekämpfung des Klimawandels und beim Umweltschutz. Allerdings wird sie dies im Zuge eines umfassenderen Ansatzes tun können und über größere Flexibilität verfügen, um Ressourcen dorthin zu verlagern, wo ein Wandel des internationalen Kontextes dies erforderlich macht.

2.1.3.

Dieser Vorschlag schafft den grundlegenden Rahmen für die Durchführung der Politikmaßnahmen des auswärtigen Handelns und die Umsetzung internationaler Verpflichtungen. Zu den internationalen Verpflichtungen zählen die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung‚ das Pariser Klimaschutzübereinkommen, die Aktionsagenda von Addis Abeba, der Sendai-Rahmen für Katastrophenvorsorge 2015-2030 und die Resolution 2282 (2016) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen über einen dauerhaften Frieden. Auf EU-Ebene umfasst der Politikrahmen die in den Verträgen aufgeführten Bestimmungen über das auswärtige Handeln, die in der Globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union, dem neuen Europäischen Konsens über die Entwicklungspolitik‚ der erneuerten Partnerschaft EU-Afrika und in der überarbeiteten Europäischen Nachbarschaftspolitik sowie in anderen Strategiedokumenten näher ausgeführt werden. Die Verordnung wird auch den Rahmen für die Umsetzung der Nachfolgepartnerschaft zum derzeitigen Abkommen von Cotonou bilden‚ das die Assoziierung und die Partnerschaft zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits begründet.

2.1.4.

Die Folgenabschätzung kam zu dem Ergebnis, dass — abgesehen von sehr spezifischen Instrumenten wie der humanitären Hilfe mit ihrem Grundsatz der Neutralität — die meisten Instrumente in einem einzigen Instrument zusammengefasst werden könnten. Dazu zählen: die gemeinsame Durchführungsverordnung, das Instrument für Entwicklungszusammenarbeit, der Europäische Entwicklungsfonds, der Europäische Fonds für nachhaltige Entwicklung, das Mandat für Finanzierungen außerhalb der Europäischen Union, das Europäische Nachbarschaftsinstrument, das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte, der Garantiefonds, das Stabilitäts- und Friedensinstrument und das Partnerschaftsinstrument. Eigenständig bleiben sollten: das Instrument für Heranführungshilfe, die humanitäre Hilfe, der Haushalt der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, das Instrument für die überseeischen Länder und Gebiete (einschließlich Grönland), das Katastrophenschutzverfahren der Union, das Europäische Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe, die Unterstützung der türkisch-zyprischen Gemeinschaft, die Soforthilfereserve sowie die neue Europäische Friedensfazilität.

2.1.5.

Die Bündelung einer Reihe von Instrumenten in einem umfassenden Instrument wird die Möglichkeit bieten, die Verwaltungs- und Kontrollsysteme zu rationalisieren und den Verwaltungsaufwand für die EU-Organe und die Mitgliedstaaten zu verringern. Statt auf mehrere Programmplanungsprozesse könnten sich die Diskussionen stärker auf die politischen Ziele und die Zusammenarbeit mit externen Partnern konzentrieren. Darüber hinaus müssten Maßnahmen, die eine Kumulation von Fördermitteln aus verschiedenen Unionsprogrammen erhalten, unter Berücksichtigung aller beteiligten Programme und ihrer jeweiligen Vorschriften nur einmalig geprüft werden.

2.1.6.

Vereinfachung bedeutet nicht, dass Abstriche bei der Aufsicht oder der Rechenschaftspflicht gemacht würden. Das interinstitutionelle Gleichgewicht würde in vollem Umfang gewahrt bleiben. Die Haushalts- und Kontrollbefugnisse des Europäischen Parlaments würden durch die Einbeziehung der derzeit aus dem Europäischen Entwicklungsfonds finanzierten Maßnahmen in den EU-Haushalt sogar ausgeweitet werden.

2.1.7.

Die Finanzausstattung sollte sich wie folgt zusammensetzen:

a)

68 000 Mio. EUR für die geografischen Programme:

EU-Nachbarländer: mindestens 22 000 Mio. EUR;

Subsahara-Afrika: mindestens 32 000 Mio. EUR;

Asien und pazifischer Raum: 10 000 Mio. EUR;

Nord- und Südamerika und karibischer Raum: 4 000 Mio. EUR;

b)

7 000 Mio. EUR für die thematischen Programme:

Menschenrechte und Demokratie: 1 500 Mio. EUR;

Organisationen der Zivilgesellschaft: 1 500 Mio. EUR;

Stabilität und Frieden: 1 000 Mio. EUR;

Globale Herausforderungen: 3 000 Mio. EUR;

c)

Krisenreaktionsmaßnahmen: 4 000 Mio. EUR.

2.1.8.

Die in Artikel 6 Absatz 2 genannten Beträge erhöhen sich im Einklang mit Artikel 15 um das mit 10 200 Mio. EUR ausgestattete Flexibilitätspolster für neue Herausforderungen und Prioritäten.

2.1.9.

Die Länder mit dem größten Unterstützungsbedarf, insbesondere die am wenigsten entwickelten Länder, Länder mit geringem Einkommen und Länder, die sich in einer Krisen- oder Nachkrisensituation oder in einer fragilen oder prekären Situation befinden, einschließlich kleiner Inselentwicklungsländer, werden bei der Ressourcenzuweisung prioritär behandelt.

2.1.10.

Die Programme „Stabilität und Frieden“ und „Menschenrechte und Demokratie“ sowie die Krisenreaktionsmaßnahmen stehen Stellen aller Länder offen, da aufgrund des weltweiten Geltungsbereichs der Maßnahmen ein möglichst breites Angebot im Interesse der Union liegt; weitere Gründe sind die schwierigen Umstände, unter denen diese Hilfe geleistet wird, und die Notwendigkeit eines raschen Handelns. Internationale Organisationen sind ebenfalls förderfähig.

2.1.11.

Der neue europäische Konsens über die Entwicklungspolitik (im Folgenden „Konsens“), der am 7. Juni 2017 unterzeichnet wurde, bietet einen Rahmen für ein gemeinsames Konzept im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit der Union und ihrer Mitgliedstaaten, um die Agenda 2030 und die Aktionsagenda von Addis Abeba umzusetzen. Im Mittelpunkt der Politik der Entwicklungszusammenarbeit stehen die Beseitigung der Armut, die Bekämpfung von Diskriminierung und Ungleichheiten, der Grundsatz, niemanden zurückzulassen, sowie die Stärkung der Resilienz.

2.1.12.

Insbesondere sollen entsprechend den Vorgaben des Konsenses durch die Maßnahmen im Rahmen dieser Verordnung 20 % der über diese Verordnung finanzierten öffentlichen Entwicklungshilfe in die soziale Inklusion und die menschliche Entwicklung fließen, einschließlich in die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der Teilhabe von Frauen.

2.1.13.

Um sicherzustellen, dass die Ressourcen dort eingesetzt werden, wo der Bedarf am größten ist (insbesondere in den am wenigsten entwickelten Ländern und den Ländern in fragilen Situationen und Konfliktsituationen), sollte diese Verordnung zur Verwirklichung des gemeinsamen Ziels beitragen, innerhalb der Laufzeit der Agenda 2030 0,20 % des EU-Bruttonationaleinkommens für die am wenigsten entwickelten Länder bereitzustellen.

2.1.14.

Diese Verordnung sollte der notwendigen Fokussierung auf strategische Prioritäten Rechnung tragen, und zwar sowohl in geografischer Hinsicht (Länder der Europäischen Nachbarschaft und Afrika sowie fragile Länder, die am dringendsten Hilfe benötigen) als auch unter thematischen Aspekten (Sicherheit, Migration, Klimawandel und Menschenrechte).

2.1.15.

Die Europäische Nachbarschaftspolitik in ihrer überarbeiteten Fassung von 2015 zielt auf die Stabilisierung der Nachbarländer und die Stärkung ihrer Resilienz ab, insbesondere durch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den drei Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung: Wirtschaft, Soziales und Umwelt. Um ihr Ziel zu erreichen, wurde der Schwerpunkt der überarbeiteten Europäischen Nachbarschaftspolitik auf vier prioritäre Bereiche gelegt: gute Regierungsführung, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf den folgenden Bereichen liegt: Ausbau der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft; wirtschaftliche Entwicklung; Sicherheit; Migration und Mobilität, einschließlich der Bekämpfung der Ursachen von irregulärer Migration und Flucht und Vertreibung.

2.1.16.

Demokratie und Menschenrechte, einschließlich der Gleichstellung der Geschlechter und Teilhabe von Frauen, sollten bei der gesamten Durchführung dieser Verordnung berücksichtigt werden. Die EU-Unterstützung im Rahmen der thematischen Programme für Menschenrechte und Demokratie und Organisationen der Zivilgesellschaft sollte gleichwohl eine besondere ergänzende und zusätzliche Funktion haben, da sie global ausgerichtet und mit Blick auf ihre Handlungsfreiheit von der Zustimmung der Regierungen und der Behörden der betreffenden Drittländer unabhängig ist.

2.1.17.

Organisationen der Zivilgesellschaft sollten als breites Spektrum von Akteuren mit unterschiedlichen Rollen und Aufgabenstellungen betrachtet werden, das alle nichtstaatlichen und gemeinnützigen Organisationen umfasst, die unparteiisch und gewaltfrei sind und in denen Menschen sich zusammenschließen, um gemeinsame politische, kulturelle, soziale oder wirtschaftliche Ziele und Ideale zu verfolgen. Aktiv sind diese Organisationen von der lokalen bis zur nationalen und von der regionalen bis hin zur internationalen Ebene, und zu ihnen gehören formelle und informelle Organisationen in städtischen Gebieten und im ländlichen Raum.

2.1.18.

Diese Verordnung sollte die Union in die Lage versetzen, in Ergänzung zur Migrationspolitik der Europäischen Union und ihrer Verpflichtung im Rahmen der Agenda 2030 migrationsbezogenen Herausforderungen, Anforderungen und Chancen gerecht zu werden. Mit dieser Verpflichtung (Nachhaltigkeitsziel 10.7) wird der positive Beitrag der Migranten zu integrativem Wachstum und nachhaltiger Entwicklung anerkannt, ebenso wie die Tatsache, dass die internationale Migration eine vielschichtiges Phänomen von großer Bedeutung für die Entwicklung der Herkunfts-, Transit- und Zielländer ist, die kohärente und umfassende Maßnahmen erfordert. Damit geht auch die Verpflichtung zur internationalen Zusammenarbeit einher, um eine sichere, geordnete und reguläre Migration unter uneingeschränkter Achtung der Menschenrechte und der humanen Behandlung von Migranten unabhängig von ihrem Migrationsstatus sowie von Flüchtlingen und Vertriebenen sicherzustellen. Eine derartige Zusammenarbeit sollte auch die Resilienz der Gemeinschaften stärken, die Flüchtlinge aufnehmen.

2.2.   Besondere Bemerkungen

2.2.1.

Die Nachhaltigkeitsziele bieten eine gute Grundlage für eine zunehmende Kohärenz zwischen Innen- und Außenpolitik, und der Ausschuss ist der Ansicht, dass die Konzentration auf die Nachhaltigkeitsziele 16.3, 16.6 und 16.7 — Förderung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, transparenten Institutionen und partizipativen und repräsentativen Entscheidungsprozessen — wichtig ist, um die Bemühungen zu bündeln und sie strategisch auszurichten.

2.2.2.

Das neue Instrument hat den Vorteil, die Kohärenz auswärtiger Maßnahmen und Tätigkeiten zu begünstigen. Diese Kohärenz sollte sowohl über die europäische Steuerung des Instruments als auch auf Ebene der Nachbar- und Drittländer gefördert werden. Die zentralen und lokalen Behörden dieser Länder verfügen nicht alle im gleichen Maß über die Ressourcen zur Koordinierung und Durchführung der Programme. Mit Hilfe der EU sowie mit Unterstützung und Beteiligung der Zivilgesellschaft und sozialer Interessenträger sollten Vorkehrungen für die Koordinierung der verschiedenen Aktivitäten auf allen Regierungs- und Verwaltungsebenen getroffen werden.

2.2.3.

Die Bandbreite der Herausforderungen und Anforderungen in den Partnerländern machen intensivere Planungsprozesse für jedes Land erforderlich. Dies wird in den Mitteln der Umsetzung der Agenda 2030 und in Nachhaltigkeitsziel 17 anerkannt, in dem es heißt: Der Umfang und der ambitionierte Charakter der neuen Agenda erfordern eine mit neuem Leben erfüllte globale Partnerschaft, um ihre Umsetzung zu gewährleisten. Diese Partnerschaft wird in einem Geist der globalen Solidarität wirken. Sie wird ein intensives globales Engagement zur Unterstützung der Umsetzung aller Ziele und Zielvorgaben erleichtern, indem sie die Regierungen, den Privatsektor, die Zivilgesellschaft und andere Akteure zusammenbringt und alle verfügbaren Ressourcen mobilisiert.

2.2.4.

Der Ausschuss ist der Auffassung, dass ein entsprechender Prozess ins Leben gerufen werden sollte, der für jedes Land einen integrierten Plan hervorbringt, der einem politischen Konsens unterläge und auf Verwaltungsebene prioritär behandelt würde. In der Praxis wird dieser Plan Synergien und Komplementarität gewährleisten und dazu beitragen, Maßnahmen auszumachen und die Wirkung der europäischen Unterstützung in den Partnerländern zu ermitteln.

2.2.5.

Nach Ansicht des Ausschusses sollten die Bemühungen zur Vereinfachung der Verwaltungs- und Finanzverfahren vorrangig behandelt werden, um zivilgesellschaftlichen Organisationen und lokalen Behörden den Zugang zu EU-Finanzhilfen erheblich zu erleichtern.

2.2.6.

Der Ausschuss teilt die Auffassung, dass der für Außenmaßnahmen veranschlagte Betrag die Summe der Finanzmittel des EEF und der übrigen Außenfinanzierungsinstrumente nicht unterschreiten sollte. Er begrüßt auch, dass die Flexibilität des EEF in den EU-Haushalt übernommen wurde.

2.2.7.

Der Ausschuss hebt die Bedeutung des Nachhaltigkeitsziels 16 hervor, insbesondere die Verwaltungsstruktur des neuen Instruments und der mit ihm einhergehenden Entscheidungsverfahren. Als Vertreter der organisierten europäischen Zivilgesellschaft mit Sachwissen und Beziehungen in vielen Nachbar- und Drittländern bietet der Ausschuss an, in allen Phasen der Maßnahmen und Projekte im Rahmen dieses Instruments eine Rolle zu übernehmen.

2.2.8.

Der Ausschuss hofft, dass die Ersetzung des bestehenden Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte, das auf das Nachhaltigkeitsziel 16 gerichtet ist, insbesondere auf die Förderung von Maßnahmen im Bereich der Menschenrechte, Grundfreiheiten und Demokratie in Drittländern, in keiner Weise den Geltungsbereich und die Struktur dieser Maßnahmen beeinträchtigen, sondern sie vielmehr stärken wird.

2.2.9.

Der Ausschuss erkennt an, dass auf nationaler und internationaler Ebene dringend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels erforderlich sind, und unterstützt das Ziel der EU, mindestens 25 % ihres Haushalts zu diesem Zweck bereitzustellen.

2.2.10.

Der Ausschuss unterstreicht die Erklärung der Agenda 2030 zu den Zusammenhängen und dem integrierten Charakter der Nachhaltigkeitsziele, die für die Verwirklichung des Ziels dieser Agenda von entscheidender Bedeutung sind. Wir empfehlen die Aufstellung von bereichsübergreifenden Programmen, die mehrere relevante Handlungsfelder abdecken und in einzelnen Drittländern zu konkreten Ergebnissen führen können. So beeinträchtigt der Klimawandel beispielsweise die Landwirtschaft in Afrika südlich der Sahara. Die Tatsache, dass das Land nicht bewirtschaftet werden kann, führt zum Zerfall der Gemeinschaften und ist eine wesentliche Ursache für die Migration nach Europa. In der Praxis könnten diese Menschen als „Klimaflüchtlinge“ betrachtet werden. Erforderlich ist hier eine vielschichtige Reaktion, in deren Mittelpunkt die Eindämmung der Wüstenbildung sowie die Durchführung von Unterstützungsprogrammen stehen sollten — sowohl für die gefährdeten Menschen als auch für diejenigen, die sich für den Weg der Migration entschieden haben.

2.2.11.

Drittstaaten, die auch Herkunftsländer von Migranten und Flüchtlingen sind, sollten bei der Verbesserung ihrer Kapazitäten und wirtschaftlichen Infrastrukturen sowie bei der Bewältigung der größten Herausforderungen im wirtschaftlichen, politischen, sozialen und ökologischen Bereich unterstützt werden. Mit dem Instrument sollten die Ursachen von Migration, insbesondere im Hinblick auf Flüchtlinge, angegangen werden. Die bestehenden Mittel sollten strategisch eingesetzt werden, um Frieden, Stabilität, Demokratie und Wohlstand in den Partnerländern zu fördern.

2.2.12.

Der Ausschuss merkt an, dass voraussichtlich 10 % der Gesamtmittelausstattung der EU dafür eingesetzt werden, die Ursachen von irregulärer Migration und Flucht und Vertreibung zu bekämpfen und das Migrationsmanagement und die Migrationssteuerung zu fördern, einschließlich des Schutzes der Rechte von Flüchtlingen und Migranten gemäß den Zielen dieser Verordnung. Der Ausschuss appelliert bei dieser Gelegenheit an die EU und ihre Mitgliedstaaten, ihren internationalen Verpflichtungen in Bezug auf Migranten nachzukommen.

2.2.13.

Wie bei dem vorgenannten Planungsprozess empfiehlt der Ausschuss die Aufnahme einer länderspezifischen Komponente in die Kontrolle, Bewertung und Berichterstattung über die Durchführung der Verordnung. Eine Aufschlüsselung von Maßnahmen und Indikatoren nach Ländern könnte dazu beitragen, festzustellen, inwieweit Synergien und Komplementaritäten vorhanden sind oder nicht und inwieweit sie den grundlegenden Zielen der EU-Politik entsprechen.

2.2.14.

Grundsätzlich ruft der Ausschuss die Kommission dazu auf, stets dafür zu sorgen, dass wichtige Interessenträger der Partnerländer, einschließlich zivilgesellschaftlicher Organisationen und lokaler Behörden, angemessen konsultiert werden und rechtzeitig Zugang zu relevanten Informationen erhalten, damit sie sich an der Erstellung, Umsetzung und begleitenden Überwachung von Programmen auf zweckdienliche Weise beteiligen können.

2.2.15.

Der Ausschuss begrüßt die Anwendung des Prinzips der Verantworungsübernahme in Bezug auf die Partnerländer, und ist auch der Ansicht, dass der richtige Weg darin besteht, für die Umsetzung der Programme die Systeme der jeweiligen Partnerländer zu nutzen. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass dazu die richtigen Voraussetzungen bestehen und die Effizienz, Integrität und Neutralität dieser Systeme glaubwürdig garantiert sein müssen.

2.2.16.

Mit Blick auf die geografische Programmplanung und die Schaffung eines besonderen, maßgeschneiderten Rahmens für die Zusammenarbeit empfiehlt der Ausschuss, dass die Europäische Kommission nicht nur nationale Indikatoren berücksichtigt, sondern sich auch auf territorial definierte Gemeinschaften konzentriert, die Gefahr laufen, ignoriert zu werden. Die Situation der Bevölkerung auf dem Land und abseits von Hauptstädten und Ballungsräumen zeichnet sich oft durch Prekarität und Schutzbedürftigkeit aus. Diese Tatsache sollte zunächst einmal anerkannt und dann im Planungsprozess berücksichtigt werden.

2.2.17.

Bei der geografischen Programmplanung sollte außerdem die Situation nicht geografisch definierter gesellschaftlicher Gruppen und Gemeinschaften Berücksichtigung finden, die unter Umständen mit ernsthaften Problemen zu kämpfen haben, z. B. Jugendliche, Senioren und Menschen mit Behinderungen und andere Gruppen

2.3.   Hintergrund des Vorschlags — Europäisches Instrument für nukleare Sicherheit

2.3.1.

Das Ziel des neuen Europäischen Instruments für nukleare Sicherheit besteht darin, auf der Grundlage der Erfahrungen der Europäischen Atomgemeinschaft mit Tätigkeiten im Bereich der nuklearen Sicherheit gemäß Artikel 206 des Euratom-Vertrags die Anwendung wirksamer und effizienter Standards für die nukleare Sicherheit in Drittländern zu fördern.

2.3.2.

Das Ziel dieser Verordnung besteht darin, die im Rahmen der [NDICI-Verordnung] finanzierten Maßnahmen der Zusammenarbeit im Nuklearbereich zu ergänzen. Aufbauend auf den Tätigkeiten innerhalb der Gemeinschaft und im Einklang mit den Bestimmungen der vorliegenden Verordnung sollen insbesondere ein hohes Niveau an nuklearer Sicherheit und Strahlenschutz sowie effiziente und wirksame Sicherungsmaßnahmen für Kernmaterial in Drittländern gefördert werden. Diese Verordnung zielt insbesondere auf Folgendes ab:

a)

Förderung einer wirksamen Sicherheitskultur im Nuklearbereich und Anwendung höchster Standards in den Bereichen nukleare Sicherheit und Strahlenschutz sowie kontinuierliche Verbesserung der nuklearen Sicherheit;

b)

verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle sowie Stilllegung und Sanierung ehemaliger kerntechnischer Anlagen und Einrichtungen;

c)

Einführung effizienter und wirksamer Sicherungssysteme.

2.3.3.

Die im Rahmen dieses Vorschlags finanzierten Maßnahmen sollten mit den Maßnahmen im Einklang stehen, die im Rahmen des (ebenfalls nukleare Tätigkeiten abdeckenden) Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit, des Instruments für Heranführungshilfe‚ des Beschlusses über die überseeischen Länder und Gebiete‚ der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und der neu vorgeschlagenen Europäischen Friedensfazilität, die außerhalb des EU-Haushalts finanziert wird, durchgeführt werden, und diese Maßnahmen ergänzen.

2.3.4.

Die Tätigkeit der Kernindustrie der EU findet auf einem globalen Markt mit einem Volumen von 3 Billionen Euro bis 2050 statt. In diesem Bereich sind direkt eine halbe Million Menschen beschäftigt. In 14 Mitgliedstaaten sind 129 Kernreaktoren in Betrieb, und in zehn dieser Staaten ist der Bau neuer Reaktoren geplant. Die EU verfügt über den fortschrittlichsten rechtsverbindlichen Rahmen für die nukleare Sicherheit weltweit, und europäische Unternehmen sind stark an der globalen Kernbrennstofferzeugung beteiligt. (Pressemitteilung des EWSA „EESC urges the EU to adopt a more comprehensive nuclear strategy (PINC)“, Nr. 58/2016, 22.9.2016)

2.4.   Besondere Bemerkungen

2.4.1.

Der Ausschuss begrüßt den Vorschlag in Form einer Verordnung, die seine einheitliche Anwendung und seine rechtsverbindliche, vollständige und unmittelbare Anwendbarkeit sicherstellt. Die Union und die Gemeinschaft sind in der Lage und dafür verantwortlich, die Tätigkeiten der Mitgliedstaaten zu ergänzen, wenn potenziell gefährliche Situationen zu bewältigen oder besonders kostenintensive Interventionen erforderlich sind. In dem Vorschlag wird darauf hingewiesen, dass die Union und die Gemeinschaft in einigen Bereichen, in denen die Mitgliedstaaten nicht aktiv sind, die wichtigsten und manchmal auch die einzigen Akteure sind.

2.4.2.

Nach der Atomkatastrophe von Fukushima wurde es augenscheinlich, dass die mit der Nutzung von Kernenergie einhergehenden Probleme und Gefahren globaler Natur sind. Der einzigartige Charakter der EU macht sie im Rahmen der weltweiten Bemühungen um nukleare Sicherheit und saubere Technologien zu einem der hauptverantwortlichen und am besten mit Ressourcen ausgestatteten Akteure.

2.4.3.

Leider befasst sich der Vorschlag auf strategischer und politischer Ebene nicht mit der legitimen Forderung nach einer langfristigen und von den Bürgern, der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft ausgehenden Planung im Bereich der Kernenergie. Es ist nicht klar, wie die EU ihre Ressourcen einsetzen wird, um die wichtigsten Herausforderungen der Kernenergie im Zusammenhang mit der wachsenden Sorge und dem steigenden Bedarf an sauberer und erschwinglicher Energie in der EU und weltweit zu bewältigen.

2.4.4.

Die Rolle der Internationalen Atomenergie-Organisation ist grundlegend, und die Organisation sollte Verantwortung für die Gewährleistung von Transparenz und Frühwarnung bei der Entwicklung neuer Kernkraftwerke auf der ganzen Welt übernehmen. Die EU sollte bei der Förderung der nuklearen Sicherheit mit internationalen Organisationen und Einrichtungen umfassend zusammenarbeiten.

2.4.5.

Die EU sollte die höchsten Standards für nukleare Sicherheit aktiv fördern und gewährleisten, dass die fortschrittlichsten europäischen Verfahren, bewährten Methoden und Technologien im Interesse der Sicherheit neu geplanter Anlagen und Reaktoren weltweit gefördert werden.

2.4.6.

Verstärkte Anstrengungen sind erforderlich, um sicherzustellen, dass bestehende und geplante Anlagen in der Nachbarschaft Europas hohen Standards für Transparenz und Sicherheit entsprechen. Der EWSA fordert alle Mitgliedstaaten auf, sich für dieses Ziel einzusetzen und nukleare Sicherheit zu einem Hauptziel der bilateralen und multilateralen Beziehungen mit den Partnerländern zu machen.

2.4.7.

Der EWSA vertritt nach wie vor die Auffassung, dass die Europäische Kommission in ihrem Vorschlag für ein hinweisendes Nuklearprogramm (PINC) für die Ziele bei der Energieerzeugung aus Kernenergie und die entsprechenden Investitionen drängende Fragen nicht aufgegriffen hat: Wettbewerbsfähigkeit der Kernenergie, ihr Beitrag zur Versorgungssicherheit und zu den Klimaschutz- und CO2-Zielen, ihre Sicherheit. Offen bleiben auch die Fragen der Transparenz und der Vorbereitung auf Notfälle (2).

2.4.8.

Der Ausschuss begrüßt die Absicht der Kommission, die Kohärenz und Komplementarität mit dem Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit sicherzustellen, auch durch die Durchführung von ihre umfassenderen Ziele ergänzenden Maßnahmen im Nuklearbereich, hauptsächlich die friedliche Nutzung der Kernenergie im Einklang mit der Entwicklungspolitik und der Politik einer internationalen Zusammenarbeit in den Bereichen Gesundheit, Landwirtschaft und Industrie sowie unter Berücksichtigung von Sozialprojekten, die sich mit den Folgen nuklearer Unfälle befassen. Es ist jedoch nicht klar, wie sich diese Absicht mit den verfügbaren Mitteln und unter den gegebenen institutionellen Rahmenbedingungen in der Praxis umsetzen lässt.

2.4.9.

Angesichts der zentralen globalen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Kernenergie und der vielen nuklearen Anlagen in den Nachbarländern der EU hält der Ausschuss die für den Zeitraum 2021-2027 geplante Finanzausstattung in Höhe von 300 Mio. EUR zu jeweiligen Preisen zur Durchführung dieser Verordnung für vollkommen unzureichend.

Brüssel, den 12. Dezember 2018

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Luca JAHIER


(1)  Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Europäisches Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR)“, Berichterstatter: Herr Iuliano (ABl. C 182 vom 4.8.2009, S. 13); Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit der EU: die Rolle der organisierten Zivilgesellschaft und der Sozialpartner“, Berichterstatter: Herr Iuliano (ABl. C 44 vom 11.2.2011, S. 123).

(2)  Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss, Stellungnahme zum hinweisenden Nuklearprogramm, Berichterstatter: Brian Curtis, verabschiedet am 22. September 2016 (ABl. C 487 vom 28.12.2016, S. 104).


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