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Document 52013AE8054

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zu einem Qualitätsrahmen für Praktika“ COM(2013) 857 final

ABl. C 214 vom 8.7.2014, p. 36–39 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

8.7.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 214/36


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zu einem Qualitätsrahmen für Praktika“

COM(2013) 857 final

2014/C 214/07

Berichterstatterin: Indrė VAREIKYTĖ

Die Europäische Kommission beschloss am 4. Dezember 2013, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zu einem Qualitätsrahmen für Praktika

COM(2013) 857 final.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 6. Februar 2014 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 496. Plenartagung am 26./27. Februar 2014 (Sitzung vom 27. Februar) mit 196 gegen 7 Stimmen bei 6 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

In den letzten 20 Jahren sind Praktika für junge Menschen zu einem wichtigen Tor in den Arbeitsmarkt geworden. Doch in dem Maße, wie sich Praktika zu einem festen Bestandteil der europäischen Arbeitsmärkte entwickelt haben und viele Unternehmen nunmehr einen aktiven Beitrag zu dieser Entwicklung leisten, stellen sich auch immer mehr Fragen bezüglich der fachlichen Inhalte und der Arbeitsbedingungen. Damit Praktika ein Weg in die Beschäftigung sein können, sollten sie solide fachliche Inhalte vermitteln und angemessene Arbeitsverhältnisse bieten und nicht etwa ein Ersatz für reguläre Arbeitsverhältnisse oder eine Vorbedingung für eine Festanstellung sein.

1.2

Praktika sind wichtig, dürfen aber nicht als Allheilmittel gegen Arbeitslosigkeit sowie fehlende oder falsche Qualifikationen oder als einziger Türöffner für den Übergang von Schule bzw. Universität in die Arbeitswelt verstanden werden. Diese Probleme können nur erfolgreich bewältigt werden, indem sie mit vielschichtigen und verzahnten politischen Strategien auf europäischer und nationaler Ebene angegangen werden. Durch angemessene Maßnahmen, insbesondere auf der nationalen Ebene, kann dafür gesorgt werden, dass junge Menschen mehr Praktikumsmöglichkeiten bekommen.

1.3

Zusammen mit den besonderen Empfehlungen im Text sind die folgenden wesentlichen Bedingungen für besser zugängliche Praktika zu nennen:

1.3.1

Die Empfehlung sollte auch Praktika einbeziehen, die in Verbindung mit Bildungsprogrammen geleistet werden müssen oder im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik (Maßnahmen für arbeitslose junge Menschen, die typischerweise keine oder niedrige Qualifikationen haben) organisiert werden, weil diese Praktikumsformen in der EU die größte Wirkung haben.

1.3.2

Die Integration von Praktika in Studienpläne sollte stärker unterstützt werden; Praktika sollten nach Möglichkeit studienbegleitend und nicht erst nach dem Studienabschluss durchgeführt werden.

1.3.3

Auf europäischer und nationaler Ebene müssen gemeinsame Anstrengungen unternommen werden, um das Angebot an Praktika, gerade auch in den KMU, zu verbessern.

1.3.4

Bei Praktika auf dem „freien Markt“ sollte für eine grundlegende soziale Absicherung (Kranken- und Unfallversicherung und, bei bezahlten Praktika, Krankheitsurlaub) gesorgt werden.

1.3.5

Praktikanten sollten die notwendige finanzielle Unterstützung erhalten.

1.3.6

Es sind begleitende Leitlinien gefragt, die den Mitgliedstaaten sowie den Unternehmen und Organisationen, die Praktika anbieten, einen Überblick über bereits vorhandene europäische und nationale Fördermöglichkeiten verschaffen; sie sollen ebenfalls bei der Einrichtung flexibler Praktikumskonzepte mit geteilter finanzieller Verantwortung helfen.

1.3.7

Es muss für ein größeres Angebot grenzübergreifender Praktikumsmöglichkeiten gesorgt werden, um die Mobilität junger Menschen innerhalb der EU zu verbessern. Zwar ist die Ausdehnung der Dienste des Europäischen Portals zur beruflichen Mobilität (EURES) auf Praktika zu begrüßen, doch sollten noch weitere Maßnahmen anvisiert werden, um offene und transparente Verfahren für das Angebot von Praktikumsplätzen zu gewährleisten.

1.3.8

Es bedarf genauerer Daten und einer Bewertung sämtlicher Arten von Praktika auf nationaler und europäischer Ebene. Dazu gehören quantitative und qualitative Daten, um Aufschluss über die Zahl der Praktika, ihre Qualität, ihren Nutzen und ihre Effektivität gewinnen zu können.

1.3.9

Es sollte unbedingt auch daran gedacht werden, dass Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit haben sollen, an Praktika teilzunehmen, was über geeignete Maßnahmen zur Schaffung eines Problembewusstseins und Barrierefreiheit erreicht werden kann.

1.3.10

Wichtig ist auch, alle relevanten Akteure (Sozialpartner, zivilgesellschaftliche Organisation und insbesondere Jugendorganisationen) an der Formulierung von Leitlinien sowie der Überwachung und Bewertung der Umsetzung des Rahmens zu beteiligen.

2.   Allgemeine Bemerkungen

2.1

Im Dezember 2012 hat die Europäische Kommission das Paket zur Jugendbeschäftigung vorgelegt, das drei Kernvorschläge enthält: Jugendgarantie, Qualitätsrahmen für Praktika und Ausbildungsallianz sowie Ausweitung von EURES. Der EWSA begleitet aktiv den Verlauf der Umsetzung all dieser Instrumente.

2.2

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt die Empfehlung des Rates zu einem Qualitätsrahmen für Praktika als Maßnahme zur Sicherung von fachlicher Qualität und angemessenen Arbeitsbedingungen im Praktikumsverlauf; außerdem soll sie helfen, die missbräuchliche Verwendung von Praktika anstelle regulärer Arbeitsplätze oder als Vorbedingung für ein Arbeitsverhältnis zu unterbinden.

2.3

Der EWSA hält fundierte Praktika für essenziell für die erfolgreiche Umsetzung der Jugendgarantie (1) (bei der es darum geht „sicherzustellen, dass allen jungen Menschen unter 25 Jahren binnen vier Monaten, nachdem sie arbeitslos werden oder die Schule verlassen, eine hochwertige Arbeitsstelle oder Weiterbildungsmaßnahme oder ein hochwertiger Ausbildungs- bzw. Praktikumsplatz angeboten wird“) und die Verwirklichung des Kernziels der Europa-2020-Strategie, nämlich bis 2020 eine Beschäftigungsquote von 75 % unter den 20- bis 64-Jährigen zu erreichen. Es ist darauf hinzuweisen, dass sachgerechte Praktika bei fehlenden oder falschen Qualifikationen für Abhilfe sorgen und zugleich eine Brücke für den Einstieg von der Schule oder Universität in den Arbeitsmarkt sein können.

2.4

Der Ausschuss stimmt der Schlussfolgerung zu, dass ungeachtet der begrüßenswerten Fortschritte in vielen Mitgliedstaaten die Hauptkritikpunkte in Bezug auf Praktika in der EU eine ungenügende Vermittlung fachlicher Inhalte und schlechte Arbeitsbedingungen sind. Dies wird durch eine aktuelle Erhebung von Eurobarometer untermauert (2), in der mehr als 28 % der Praktikanten zu ihren Praktikumserfahrungen angaben, dass diese ihnen bei der Suche nach einem regulären Arbeitsplatz nicht genützt haben oder nützen würden.

2.5

Der EWSA ist der Auffassung, dass Praktika nur eines der Instrumente gegen Arbeitslosigkeit und fehlende oder falsche Qualifikationen sind. Um diesen Problemen beizukommen, müssten vielschichtige und verzahnte politische Strategien auf sowohl europäischer als auch nationaler Ebene eingesetzt werden.

2.6

Außerdem stellt der Ausschuss fest, dass die Empfehlung lediglich für „freie“ und länderübergreifende Praktika gilt, während die üblicheren und wirkungsvolleren Praktikumsformen in der EU ausgeklammert werden (3), also jene Praktika, die in Verbindung mit Bildungsprogrammen geleistet werden müssen, sowie Praktika im Zusammenhang mit aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für arbeitslose junge Menschen, die typischerweise keine oder nur geringe Qualifikation haben.

2.7

Der Rahmen sollte flexibel genug sein, um den verschiedenen Ausgangssituationen der Mitgliedstaaten sowie ihren jeweiligen nationalen Rechtssetzungen und Praktiken gerecht zu werden und dabei das Subsidiaritätsprinzip unangetastet zu lassen.

2.8

Die umfassendere Berücksichtigung von Praktika im Zusammenhang mit Bildungsprogrammen in dem Qualitätsrahmen würde einen systematischeren Ansatz im Bereich der „freien Praktika“ ermöglichen, insbesondere mit Blick auf die bereits bestehenden Verfahren zur Qualitätssicherung im Bildungsbereich, die ein Vorbild für eine effektivere Qualitätskontrolle sämtlicher Formen von Praktika sein könnten. Die Schaffung eines einheitlichen Instruments zur Qualitätssicherung für alle Arten von Praktika würde zu einem besseren Verständnis und zur Transparenz bezüglich der Vorbedingungen beitragen und helfen, Praktika so zu gestalten, dass sie Lernerfolge liefern. Allerdings muss gewährleistet sein, dass ein solches Instrument nicht mit den einschlägigen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten kollidiert.

2.9

Allerdings unterstreicht der EWSA, dass die Verabschiedung eines Rechts- und Ordnungsrahmens an sich noch keine Gewähr für die Qualität der Praktika ist. Es sind die Umsetzung der Bestimmungen und die stringente Überwachung des gesamten Prozesses, die für die Sicherung einer hohen Qualität der Praktika ausschlaggebend sein werden. Es sollte Sache der Mitgliedstaaten sein, wie sie Praktika am zweckdienlichsten regeln, um deren Qualität zu sichern und Missbrauch zu unterbinden.

2.10

Es muss für ein größeres Angebot grenzübergreifender Praktikumsmöglichkeiten gesorgt werden, um die Mobilität junger Menschen innerhalb der EU zu verbessern. Die Ausdehnung der Dienste von EURES auf Praktika ist sehr zu begrüßen, insbesondere angesichts des Mehrwerts, der sich aus der Förderung transnationaler Praktika ergibt (momentan werden lediglich 9 % der Praktika im Ausland absolviert2). Allerdings sollten weitere Maßnahmen ergriffen werden, um ein offenes und transparentes Angebot von Praktikumsplätzen mithilfe einschlägiger Informationen und institutioneller Mittel zu fördern. In Leitlinien für mögliche Praktikumsanbieter könnten die Grundsätze offener und transparenter Verfahren für die Vergabe von Praktikumsplätzen sowie Qualitätskriterien für Praktika festgelegt werden. Außerdem sollten die Zielgruppen über das Internet und die sozialen Medien besser über bestehende Praktikumsprogramme und -möglichkeiten informiert werden.

3.   Bedeutung von Investitionen für die Berufsbildung

3.1

Der EWSA ist überzeugt, dass Praktikanten zum Erfolg eines Unternehmens und der Gesamtwirtschaft beitragen und dabei zugleich die für sie so wichtigen Erfahrungen sammeln können, immer vorausgesetzt, dass das Lernumfeld am Arbeitsplatz entsprechend strukturiert ist.

3.2

Auch wenn ein Praktikum eine Gelegenheit zum Lernen ist, bleibt doch die Feststellung wichtig, dass es allen Beteiligten — dem Praktikanten, dem Arbeitgeber, der Wirtschaft als Ganzes und damit auch der Gesellschaft — Vorteile bringt. Deshalb sollte es ein gesamtgesellschaftliches Anliegen sein, ein Angebot an anspruchsvollen, zugänglichen Praktika bereitzustellen.

3.3

Der Ausschuss meint, dass in der Empfehlung stärker für Investitionen in Praktika geworben werden sollte. Gerade den KMU sollte das besondere Augenmerk gelten, da ihnen ohne einschlägige Hilfen oft die Mittel fehlen, um in Praktikanten zu investieren.

3.4

Der Grund, warum kleinere Unternehmen nicht ausreichend in Praktika investieren, hängt mit den Besonderheiten der KMU zusammen: der mangelnden Langfristigkeit, dem Unvermögen, kurzfristig von den Praktikanten zu profitieren, und den unterschiedlichen Kosten und Nutzen einer Ausbildung. Praktika sind eine Investition, die sich für das Unternehmen nicht unmittelbar auszahlt. Ein weiteres Problem für Kleinunternehmen, die bereit wären, Praktikumsplätze zu schaffen, besteht darin, dass Praktikanten möglicherweise nicht lange genug im Unternehmen bleiben, bis die Kosten für diese Maßnahmen wieder eingefahren sind.

3.5

Der EWSA vertritt die Auffassung, dass die Verfügbarkeit hoch qualifizierter und gut geschulter Arbeitskräfte Wettbewerbsvorteile bietet, die über die Vorteile für den einzelnen Arbeitnehmer und das einzelne Unternehmen hinausgehen. In diesem Licht erscheinen staatliche Interventionen am Markt zur Ergänzung des privatwirtschaftlichen Angebots gerechtfertigt. Da KMU in bedeutendem Ausmaß zur Nettoschaffung von Arbeitsplätzen beitragen und Motoren des Wirtschaftswachstum sind, sind Investitionen in Praktika in Kleinbetrieben durch das Argument gerechtfertigt, dass hier ein Versagen des Marktes korrigiert werden muss, das seine Ursache in externen Effekten und gesellschaftlichen Gütern hat (wie der Inadäquatheit der im Bildungswesen erworbenen Qualifikationen): so könnten Kleinbetriebe besser zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum und dem Wohlergehen der Gesellschaft als Ganzes beitragen (4).

3.6

Der Ausschuss rät daher zur Formulierung begleitender Leitlinien für die Mitgliedstaaten und die Unternehmen/Organisationen, die Praktika anbieten, um diese über bereits vorhandene Fördermöglichkeiten für Praktikumsprogramme aus europäischen und nationalen Finanzierungsquellen zu informieren. Solche Leitlinien sollten auch Beispiele für bewährte Praktiken der Umsetzung von Ausbildungssystemen in Unternehmen und Organisationen enthalten.

3.7

Wichtig ist aus Sicht des EWSA, dass die Arbeitgeber wissen, was sie unter dem Strich davon haben, wenn sie Praktikumsplätze bereitstellen. Indem der tatsächliche wirtschaftliche Nutzen aufgezeigt wird, können Studien, die das gesamte Kosten-Nutzen-Spektrum darstellen, Arbeitgeber zur Einstellung von Praktikanten ermutigen. Zugleich muss ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass die Unternehmen fachlich fundierte Praktika anbieten müssen.

4.   Vergütung und soziale Absicherung

4.1

Vor dem Hintergrund, dass nur 62 % (5) der jungen Menschen, die ein Praktikum absolviert haben, eine diesbezügliche schriftliche Vereinbarung oder einen Vertrag mit dem Praktikumsgeber hatten, unterstützt der Ausschuss die Forderung nach einer verbindlichen schriftlichen Praktikumsvereinbarung. Es sollten einheitliche gesetzliche Anforderungen an Praktikumsvereinbarungen festgelegt werden. Rechtlich verbindliche, schriftliche Vereinbarungen oder Verträge dienen sowohl den Praktikumsanbietern als auch den Praktikanten, da sie die Rechte und Pflichten beider Seiten klar festlegen.

4.2

Der Ausschuss empfiehlt, dass bei „freien“ Praktika eine grundlegende soziale Absicherung (Kranken- und Unfallversicherung und, bei bezahlten Praktika, Krankheitsurlaub) durch den Praktikumsanbieter gewährt wird, die stets in der Praktikumsvereinbarung fixiert werden sollte. Gilt ein Praktikum gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten als Arbeitsverhältnis, ist das gesamte Arbeits-, Sozial- und Tarifrecht (einschließlich Fragen der Vergütung) der Mitgliedstaaten anzuwenden. Bei einem Streitfall sollte der Praktikant nach Auffassung des Ausschusses als die schwächere Partei angesehen werden und den erforderlichen Beistand erhalten.

4.3

Die diversen Praktikumsformen werden in den Mitgliedstaaten normalerweise über europäische und nationale/regionale Fonds, institutionelle Unterstützung (z. B. Stipendien von Universitäten), Eigenmittel und Unternehmensmittel finanziert. Wo öffentliche Mittel verfügbar sind, kann oft auf eine bedeutende Unterstützung aus europäischen Fonds, und hier vor allem dem Europäischen Sozialfonds, gezählt werden. Bei „freien“ Praktika ist die Eigenfinanzierung allerdings an der Tagesordnung, da den Praktikanten oft keine oder nur eine unzureichende Vergütung gezahlt wird. Tatsächlich erhalten 59 %5 aller Praktikanten keine finanzielle Vergütung, sodass sie auf andere Geldquellen, wie etwa eigene Ersparnisse oder die Hilfe ihrer Familie angewiesen sind.

4.4

Der Ausschuss unterstreicht, dass die Vorbereitung auf den künftigen beruflichen Werdegang und die Verbesserung ihrer Beschäftigungsfähigkeit für die Praktikanten nicht zu einem Armutsrisiko werden dürfen. Praktika sollten allen gleichermaßen offenstehen, allerdings begrenzt die fehlende finanzielle Vergütung den Zugang zu Praktika (EU-weit haben nur 46 % der Befragten ein Praktikum abgeschlossen5). Dies ist eine Diskriminierung einer bestimmten Kategorie junger Menschen aufgrund ihres finanziellen Hintergrunds.

4.5

Unter dem Gesichtspunkt ihrer Mitverantwortung ruft der Ausschuss die Mitgliedstaaten auf, nach flexiblen Lösungen für die Frage der Vergütung von Praktikanten zu suchen. In einem solchen Ansatz muss sichergestellt werden, dass die Praktikumsplätze hohen Anforderungen genügen und angemessene Rahmenbedingungen bieten, ohne dabei die Unternehmen von der Schaffung solcher Praktikumsplätze abzuschrecken. Die Praktikumsvergütung sollte nicht nur als ein Einkommen gesehen werden, sondern auch als Mittel zur Sicherung der Chancengleichheit für alle jungen Menschen, die sich für ein Praktikum interessieren.

4.6

Der EWSA empfiehlt, gemeinsam mit den Sozialpartnern sämtliche Handlungsoptionen auszuloten und zu erörtern (darunter steuerliche Vergünstigungen für Praktikumsgeber, europäische und nationale Fonds, Sondertarife für Sozialversicherung usw.), um die Bürde der Vergütung nicht ausschließlich auf die praktikumsgebenden Unternehmen und Organisationen abzuwälzen.

4.7

Der EWSA appelliert an die Europäische Kommission, Leitlinien für bewährte Praktiken herauszugeben, die den Mitgliedstaaten und den Unternehmen möglichst rasch zur Verfügung stehen.

4.8

Grundregeln für Praktika, wie sie in der Empfehlung des Rates zu einem Qualitätsrahmen für Praktika aufgestellt werden, sollten nicht nur auf dem „freien Markt“, sondern auch für Praktika in öffentlichen Einrichtungen und in den EU-Institutionen gelten.

5.   Sonstige Aspekte

5.1

Der EWSA unterstützt die Empfehlung, Praktika auf eine Dauer von sechs Monaten zu begrenzen und Kettenpraktika einzuschränken, um sicherzustellen, dass Praktikanten nicht als Ersatz für Arbeitnehmer beschäftigt werden und Praktika nicht missbräuchlich an die Stelle dauerhafter Beschäftigungsverhältnisse treten. Für grenzübergreifende Praktika wäre möglicherweise eine längere Dauer als für Praktika im Heimatland angezeigt.

5.2

Der EWSA hält es für sehr wichtig, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt an Praktika teilnehmen können, und empfiehlt die Ergreifung geeigneter Maßnahmen, um die Barrierefreiheit und das Bewusstsein für die Problematik zu verbessern.

5.3

Der EWSA ruft die Sozialpartner auf, die Frage der Anerkennung von Fähigkeiten und Qualifikationen weiterzuverfolgen, die in Praktika oder anderweitig (beispielsweise durch Freiwilligenarbeit) erworben worden sind. In diesem Zusammenhang könnte der unlängst diskutierte Europäische Raum der Kompetenzen und Qualifikationen für mehr Transparenz sorgen.

5.4

Der Ausschuss regt die Ausstellung von Praktikumszeugnissen an, empfiehlt dabei jedoch, dass derartige Bescheinigungen einem gemeinsamen Standard unterliegen; er schlägt vor, zu erwägen, sie mit dem „Youth Pass“ und dem Europäischen Qualifikationsrahmen zu verbinden, um ihre breite Anerkennung und ihren Nutzen für junge Menschen und ihre künftigen Arbeitgeber zu sichern.

5.5

Der Ausschuss ruft zu einem europäischen und einzelstaatlichen Dialog auf, um alle relevanten Akteure (Sozialpartner, zivilgesellschaftliche Organisation und insbesondere Jugendorganisationen) an der Formulierung von Leitlinien sowie der Überwachung und Bewertung der Umsetzung des Rahmens zu beteiligen.

Brüssel, den 27. Februar 2014

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Henri MALOSSE


(1)  Empfehlung des Rates zur Einführung einer Jugendgarantie. ABl. C 120 vom 26. April 2013, S. 1.

(2)  The experience of traineeships in the EU, Eurobarometer, 2013.

(3)  „Study on a comprehensive overview of traineeship arrangements in the EU Member States“, Europäische Kommission (2012).

(4)  Management Training in SMEs, OECD, 2002.

(5)  The experience of traineeships in the EU, Eurobarometer, 2013.


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