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Document 52013IE2103
Opinion of the European Economic and Social Committee on ‘Integrated Production in the European Union’ (own-initiative opinion)
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Die integrierte Produktion in der Europäischen Union“ (Initiativstellungnahme)
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Die integrierte Produktion in der Europäischen Union“ (Initiativstellungnahme)
ABl. C 214 vom 8.7.2014, p. 8–12
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
8.7.2014 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 214/8 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Die integrierte Produktion in der Europäischen Union“ (Initiativstellungnahme)
2014/C 214/02
Berichterstatter: Pedro NARRO
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss am 12. Februar 2013, gemäß Artikel 29 Absatz 2 der Geschäftsordnung eine Initiativstellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten:
Die integrierte Produktion in der Europäischen Union.
Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 12. Februar 2014 an.
Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 496. Plenartagung am 26./27. Februar 2014 (Sitzung vom 26. Februar) mit 143 gegen 6 Stimmen bei 9 Enthaltungen folgende Stellungnahme:
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1 |
Die integrierte Produktion ist ein praktisches Beispiel dafür, wie die Landwirtschaft unter Berücksichtigung der umfassenden ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit wirtschaftet. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss spricht sich dafür aus, die Modelle der Nahrungsmittelerzeugung zu stärken, die vor allem auf einen rationellen Einsatz der natürlichen Ressourcen und die Einhaltung hoher Umweltstandards setzen. |
1.2 |
Nach Ansicht des Ausschusses sollte die landwirtschaftliche Tätigkeit ein Gleichgewicht zwischen Umweltschutz, Wirtschaftlichkeit und gesellschaftlichen Ansprüchen anstreben. Die nachhaltige Landwirtschaft ist eine Grundforderung der Zivilgesellschaft und lässt sich über verschiedene Produktionsmodelle erreichen. Mit der integrierten Produktion zeigen die europäischen Landwirte, dass ihnen daran gelegen ist, die Standards einer nachhaltigen Produktion noch besser zu erfüllen. |
1.3 |
Bei der Umsetzung der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik in den einzelnen Mitgliedstaaten müssen diese dafür sorgen, dass die integrierte Produktion durch neue Anreize im Rahmen der Pläne zur Entwicklung des ländlichen Raums gefördert und in die neuen Äquivalenzsysteme für Erzeugnisse des ökologischen Landbaus („grüne Prämien“) aufgenommen wird. |
1.4 |
Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, eine eingehende Untersuchung des Stands der integrierten Produktion in den einzelnen EU-Mitgliedsländern vorzunehmen. Die Vielfalt der Vorschriften, die Entwicklung privater Zertifizierungssysteme und die Unterschiede zwischen Ländern und auch Regionen hemmen die Entfaltung dieses Produktionsmodells. Eine von der Europäischen Kommission zu erarbeitende Mitteilung über die integrierte Produktion könnte neue Anhaltspunkte über die Verbreitung dieses Produktionsmodells in Europa liefern. |
1.5 |
Es sollte eine europaweite Debatte über die mögliche Festlegung gemeinsamer EU-Mindeststandards eingeleitet werden, um das System kohärent zu gestalten und bis zu einem gewissen Grad zu harmonisieren. Diese europäischen Leitlinien würden zu einer stärkeren Verbreitung des Modells der integrierten Produktion unter Landwirten und Verbrauchern beitragen und sollten auf den — derzeit in Überarbeitung befindlichen — EU-Instrumenten für die Verkaufsförderung in diesem Bereich aufbauen. |
1.6 |
Der EWSA konstatiert einen Informationsmangel bei den Verbrauchern, denen die Realität eines landwirtschaftlichen Betriebes nähergebracht werden muss. Die zahlreichen verschiedenen Gütezeichen stiften beim Endverbraucher nur Verwirrung, weshalb stärkere Anstrengungen unternommen werden müssen, um den Bürgerinnen und Bürgern besser zu vermitteln, welche landwirtschaftlichen Erzeugnisse nach hohen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Standards produziert werden. |
1.7 |
Im Hinblick auf die Entfaltung der integrierten Produktion sind zusätzliche Anstrengungen in den Bereichen Forschung, fachliche Ausbildung, Förderung kollektiver Initiativen und natürlich Öffentlichkeitsarbeit gegenüber den Verbrauchern und dem Agrarsektor notwendig, da diese die potenziellen Vorteile dieses Produktionsmodells nicht kennen, bei dem der Einsatz der natürlichen Ressourcen professionell und im Einklang mit den Umwelterfordernissen optimiert wird. |
1.8 |
Der EWSA tritt für die Freiwilligkeit des Systems der integrierten Produktion in Europa ein. Selbst wenn viele Elemente der integrierten Produktion verbindlich vorgeschrieben werden, wird es nur über ein freiwilliges System gelingen, das Umweltbewusstsein der Landwirte und die Wirtschaftlichkeit ihrer Betriebe zu verbessern. |
2. Einleitung
2.1 |
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat in seinen Stellungnahmen einige der wichtigsten Herausforderungen im Zusammenhang mit der Lebensmittelproduktion aufgegriffen, vor denen die europäische Gesellschaft heute steht: Versorgungssicherheit, landwirtschaftliche Forschung und Innovation, Klimawandel, schwindende natürliche Ressourcen, Erhaltung der Artenvielfalt. Vor diesem Hintergrund soll ein Modell der Erzeugung untersucht werden, das den Erwartungen der Landwirte und der Verbraucher gerecht wird, nämlich die integrierte Produktion. |
2.2 |
Die heutige Landwirtschaft bietet neue Möglichkeiten und technologische Fortschritte, die ihren Umweltbeitrag verbessern und dem Landwirt durch Optimierung der Bewirtschaftung und Rentabilität seines Betriebs zugleich Vorteile bringen können. Die Landwirtschaft steht vor der großen Herausforderung, die bis 2050 auf über 9 Milliarden Menschen ansteigende Weltbevölkerung mit sicheren Lebensmitteln zu versorgen. |
2.3 |
Die Arbeit in der Landwirtschaft ist eine komplexe und schwierige Tätigkeit, die von den Landwirten eine bessere Ausbildung, fachliche Kenntnisse und Umweltwissen verlangt, damit sie zum Umweltschutz, zur Transparenz in der Erzeugung und zur Lebensmittelsicherheit beitragen kann. Die Landwirtschaft ist ein strategischer Sektor, der eine schlüssige und aufeinander abgestimmte Entwicklung der wirtschaftlichen, sozialen und umweltbezogenen Erfordernisse verlangt. |
2.4 |
In der EU machen land- und forstwirtschaftliche Flächen 80 % des Gesamtgebiets aus. Die Landwirte übernehmen bei der Bewirtschaftung der Naturressourcen Verantwortung für deren Erhalt und nachhaltige Nutzung. Zu diesem gemeinsamen Ziel der Landwirte und der Verbraucher leisten Innovation und Forschung einen Beitrag, indem sie neue Verfahren der integrierten Produktion entwickeln, die einen rationelleren Ressourceneinsatz ermöglichen. |
2.5 |
Das Modell der integrierten Produktion ist eine Form der nachhaltigen Landwirtschaft, die deren Rentabilität unter Beachtung hoher sozialer und ökologischer Standards verbessern soll. Es sollte auf jeden Fall ein Instrument sein, das dem Verbraucher auf didaktische Art und Weise ein neues Verhältnis zwischen Umwelt und Nahrungsmittelerzeugung vermittelt. Der Handel muss dieses Produktionsmodell anerkennen und unterstützen. Es kommt entscheidend darauf an, dass ein kommerzielles Interesse an der integrierten Produktion besteht, das dieses Modell aufwertet. |
2.6 |
Komplizierte, in einigen Ländern viel zu aufwändige Zertifizierungsverfahren beeinträchtigen oft die Effizienz des Systems. |
3. Der Begriff der integrierten Produktion
3.1 |
Die International Organisation for Biological and Integrated Control (IOBC) definiert die integrierte Produktion als ein landwirtschaftliches System zur Nahrungsmittelerzeugung, welches die natürlichen Ressourcen und Regulierungsmechanismen optimal nutzt und langfristig eine rentable und nachhaltige Landwirtschaft ermöglicht. Alle verwendeten biologischen Methoden, Anbautechniken und chemischen Prozesse werden unter dem Aspekt der Schaffung eines Gleichgewichts zwischen dem Schutz der Umwelt, der Wirtschaftlichkeit und den gesellschaftlichen Erfordernissen sorgfältig ausgesucht. |
3.2 |
Im Wesentlichen geht es um ein freiwilliges Modell der praktischen und kontinuierlichen Anwendung (durch Wissenstransfer und Erprobung zwischen Facheinrichtungen, Landwirten und landwirtschaftlichen Betrieben) von innovativen Verfahrensweisen und Technologien, die bei effizientem Einsatz das Erreichen der Qualitäts-, Sicherheits- und Umweltschutzstandards ermöglichen, die die heutige Gesellschaft wünscht. |
3.3 |
Der Begriff integrierte Produktion wird oft als Synonym für integrierte Landwirtschaft verwendet, wobei in vielen Ländern beide Bezeichnungen unterschiedslos gebraucht werden. Es handelt sich zwar um parallele Systeme mit vielen Gemeinsamkeiten, die jedoch zwei Paar Stiefel sind und dem Landwirt die Wahl zwischen zwei verschiedenen Modellen bieten. Die integrierte Produktion verfolgt einen sektorspezifischen Ansatz mit je nach Erzeugnis unterschiedlichen Vorschriften, während sich die integrierte Landwirtschaft auf die gesamte Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes bezieht. |
3.4 |
Die integrierte Produktion beinhaltet ökologische, ethische und soziale Aspekte der landwirtschaftlichen Erzeugung sowie auch Aspekte der Qualität und Lebensmittelsicherheit. Sie gilt derzeit als einer der höchsten internationalen Standards für die Lebensmittelerzeugung. Die Leitlinien für die integrierte Produktion und die diesbezüglichen Instrumente haben sich bewährt und dienten als Anregung für verschiedene Organisationen von Landwirten, die hochwertige Nahrungsmittel unter Einhaltung hoher Umwelt- und Sozialstandards produzieren wollen. |
3.5 |
Neben den genannten Zielen wird mit der integrierten Produktion auch die strukturelle Stärkung der Landwirtschaft durch Einführung einer qualifizierten Fachberatung gefördert, die die Planung der Anbautätigkeiten übernimmt, welche die Erzeuger gemäß den Methoden der integrierten Produktion in ihren Betrieben durchführen müssen. Es handelt sich um die kontinuierliche und praktische Umsetzung allgemeiner Konzepte wie Innovation und Technologie. |
3.6 |
Die integrierte Produktion kombiniert traditionelle Methoden mit moderner Technologie. Dabei werden neue Kenntnisse und Techniken übernommen, die sich im Zuge einer kontinuierlichen und dynamischen Überprüfung und Evaluierung ergeben. Als Beispiel sei die Präzisionslandwirtschaft genannt, bei der der Landwirt durch den Einsatz modernster GPS-Technik Kosten sparen und durch eine geringere Ausbringung von Dünger und Pestiziden die Umweltbelastung verringern kann. Bevor der Landwirt entscheidet, wann, wie und wo er anbauen will, werden vorab die Bedingungen im Hinblick auf den Boden, das Klima, das Wasser, die Nährstoffe usw. analysiert. |
3.7 |
Die integrierte Produktion ermöglicht einen schnellen Wissenstransfer zwischen Landwirt, technischem Berater und Behörden, wodurch bestimmte Risiken bei der Bewirtschaftung des Betriebs beschränkt werden können. |
3.8 |
Dieses Produktionsmodell bietet den Verbrauchern mehr Qualität und Sicherheit und stärkt dadurch ihr Vertrauen in die Erzeugnisse, die sie kaufen und konsumieren. Es geht um die Optimierung eines respektvollen Umgangs mit Flora und Fauna durch weniger aggressive Verfahren und den Erhalt der Biodiversität durch eine geeignete Bewirtschaftung der Naturressourcen. |
3.9 |
Für die Landwirte kann dieses System geringere Produktionskosten und eine bessere und modernere Organisation der Bewirtschaftung ihrer Betriebe bringen. Auf diese Weise kann eine bessere Wirtschaftlichkeit durch Aufwertung der Erzeugnisse, eine bessere Lebensqualität im ländlichen Raum und die notwendige Verankerung der Bevölkerung auf dem Lande erreicht werden. |
3.10 |
Die integrierte Produktion ist zweifellos ein zentrales Element der Anwendung des Konzepts der nachhaltigen Landwirtschaft und könnte zum Orientierungspunkt für die künftige Ausrichtung des Landwirtschaftsmodells in der EU werden. |
4. Die integrierte Produktion in der EU
4.1 |
Im Unterschied zu den Regelungen für Bio-/Ökoprodukte und die Erzeugnisse des fairen Handels gibt es für das Modell der integrierten Produktion derzeit keinen europäischen Rechtsrahmen und auch keine EU-Leitlinien, die ihm als unverbindliche Richtschnur dienen können. |
4.2 |
In den letzten Jahren gab es jedoch zahlreiche öffentliche Initiativen auf dem Gebiet der integrierten Produktion, die in einigen Fällen mit landesweiten oder regionalen Rahmenvorschriften (Portugal, Frankreich, Großbritannien, Belgien und Spanien) einhergingen; in anderen Fällen wurden die Initiativen im privaten Sektor entwickelt und von den großen Einzelhandelsketten kontrolliert (1). Diese uneinheitliche Situation hat zu Verzerrungen in der Definition, den Zielen und der Entwicklung dieses Modells geführt. |
4.3 |
Daher wurde im Jahr 2001 die Europäische Initiative für die nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft (EISA) ins Leben gerufen, um einheitliche Grundsätze für die integrierte Produktion in der EU zu fördern und zu propagieren. Eine der ersten Aufgaben dieser Organisation war die Schaffung eines europäischen Kodex für die integrierte Produktion (2), der der FAO als Vorbild für die Festlegung nachhaltiger Methoden in der Landwirtschaft diente. 2002 sprach sich der Europäische Zusammenschluss obst- und gemüseanbauender Regionen AREFLH (3) für eine Regelung auf europäischer Ebene aus und veröffentlichte dann im April 2013 einen Leitfaden der Methoden der integrierten Produktion in Europa. |
4.4 |
Wie bei anderen Produktionsmodellen erfolgt auch beim System der integrierten Produktion eine Kontrolle und Zertifizierung durch zugelassene Zertifizierungsstellen, damit die nach diesem System erzeugten Produkte über eine Garantiekennzeichnung verfügen. Die Garantiekennzeichnung kann für Produkte verwendet werden, die die allgemeinen Vorschriften und die spezifischen technischen Anforderungen für die jeweilige Anbaukultur erfüllen. In einigen Fällen erfolgt die Zertifizierung nicht für ein bestimmtes Produkt, sondern für den gesamten Betrieb, in dem dieses Produktionsmodell angewandt wird (so in Dänemark oder den Niederlanden). Derzeit gibt es ein Nebeneinander von nationalen und regionalen Qualitätszeichen. |
5. Grundfragen der integrierten Produktion
Derzeit wird die Rolle dieses Produktionsmodells in der europäischen Landwirtschaft in Frage gestellt und angezweifelt. Aus Sicht des EWSA ist es erforderlich, die strittigsten Aspekte, die aufgrund fehlender Kenntnisse oder unzutreffender Information größere Verwirrung in der Gesellschaft stiften können, einer Klärung zuzuführen.
5.1 Verhältnis zwischen konventioneller und integrierter Landwirtschaft
5.1.1 |
Die Modelle konventionelle, ökologische und integrierte Produktion haben alle ihre Berechtigung, weisen Unterschiede und Gemeinsamkeiten auf und sind auf jeden Fall anerkennenswerte Optionen der Nahrungsmittelerzeugung. |
5.1.2 |
In der konventionellen Landwirtschaft findet man einige Methoden und Techniken, die auch in der integrierten Landwirtschaft vorhanden sind. So ist die mit der Richtlinie über den nachhaltigen Einsatz von Pestiziden (4) eingeführte und ab 2014 geltende Verpflichtung zur Nachhaltigkeit bei der integrierten Schädlingsbekämpfung einer der Schnittpunkte der beiden Erzeugungsmodelle. Die integrierte Produktion gibt die Richtung vor, die dann Zug um Zug auch die konventionelle Landwirtschaft einschlägt. Diesen positiven Einfluss gilt es zu erhalten. |
5.1.3 |
Der wichtige Mehrwert der integrierten Produktion besteht nun darin, dass der Landwirt freiwillig auf ein Modell setzt, dass eine strenge Zertifizierung mit strikten Kontrollen, für die eine Beratung durch hoch qualifizierte Fachkräfte notwendig ist, individuell abgestimmte Schulung, Energieeffizienz und Verbesserung der Kohlenstoffbilanz, Einsatz von technologiegestützten Systemen für Risikomanagement, Düngung, Baumschnitt, Bodenbearbeitung usw. beinhaltet. |
5.1.4 |
Derzeit interessieren sich viele Landwirte für die integrierte Produktion, um die Produktionskapazität ihres Betriebs zu optimieren und gleichzeitig die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern, Rückstände von Pestiziden zu vermeiden oder zu verringern und den Gesundheitszustand der Anbaukulturen zu verbessern (5). |
5.1.5 |
Die konventionelle Landwirtschaft und der ökologische Landbau sind auf europäischer Ebene reguliert, wobei es für den ökologischen Landbau sogar ein Gütesiegel gibt. Die integrierte Landwirtschaft dagegen wird ausschließlich auf der Ebene der Mitgliedstaaten oder Regionen vorangetrieben, wobei hier eine große Vielfalt und ein zunehmendes Chaos an unterschiedlichen Vorschriften herrschen. |
5.1.6 |
Die zunehmende Bedeutung der integrierten Produktion rechtfertigt zusätzliche Anstrengungen mit dem Ziel, dieses Modell der Erzeugung den europäischen Bürgerinnen und Bürgern wirksam zu vermitteln. |
5.2 Die Rolle der EU bei der Entwicklung der integrierten Produktion
5.2.1 |
Die EU sollte die integrierte Produktion in Europa einer eingehenden Analyse unterziehen, um so ihren derzeitigen Stand und ihr Entwicklungspotenzial zu ermitteln. Von den Instrumenten, die der EU hier zur Verfügung stehen, wäre die Erarbeitung einer Mitteilung der Kommission zu den Herausforderungen dieses Modells und der Rolle der EU in diesem Bereich besonders sinnvoll. |
5.2.2 |
Die Uneinheitlichkeit der auf nationaler und regionaler Ebene bestehenden Vorschriften über die integrierte Produktion wirft die Frage nach einer Harmonisierung der bestehenden Rechtsvorschriften auf EU-Ebene auf. Derzeit unterstützt die EU die integrierte Produktion hauptsächlich durch die Pläne zur Entwicklung des ländlichen Raums und die operationellen Programme der gemeinsamen Marktorganisationen, wie der GMO für Obst und Gemüse. Die neue GAP wird nach dem Kriterium der Nachhaltigkeit konzipiert. Daher ist es verständlich, dass die integrierte Produktion ihren Beitrag zur praktischen Ausgestaltung der neuen grünen Prämien mittels delegierter Rechtsakte geltend macht. Im Rahmen der neuen Europäischen Innovationspartnerschaft könnten sich dem Produktionsmodell ebenfalls neue Chancen eröffnen (6). |
5.2.3 |
Auch bei anderen Systemen, wie dem ökologischen Landbau oder dem fairen Handel, wurde in der Vergangenheit in ähnlicher Weise diskutiert, ob der jeweilige Bereich gesetzlich geregelt werden sollte oder nicht. Zahlreiche regionale und nationale Qualitätszeichen zur Kennzeichnung der integrierten Produktion bestehen nebeneinander, weshalb es eine offene Debatte darüber gibt, ob ein neues Label auf EU-Ebene geschaffen oder die bestehenden Zeichen vereinfacht werden sollten. Zunächst muss die EU die Verbraucher besser über die bestehenden Gütezeichen zur Kennzeichnung der Qualität oder Herkunft eines Erzeugnisses informieren. |
5.2.4 |
Der Sektor der integrierten Produktion ist vielfältig und heterogen, verlangt jedoch einmütig nach Mindestvorgaben der EU, die mehr Kohärenz in das System bringen und seinen Bekanntheitsgrad erhöhen. |
5.3 Auf der Suche nach einer besseren Kommunikation zwischen Verbrauchern und Landwirten
5.3.1 |
Derzeit verzeichnet die integrierte Produktion einen Boom, weil immer mehr Landwirte verstanden haben, dass die Landwirtschaft rentabel sein und gleichzeitig einen besseren Beitrag zur Umwelt und zur Erhaltung der Naturressourcen leisten muss. Ungeachtet des zunehmenden Interesses des Agrarsektors herrscht in der Gesellschaft Unkenntnis darüber, was die integrierte Produktion eigentlich ist und was sie zum Modell einer nachhaltigen Landwirtschaft beitragen kann. |
5.3.2 |
Der EWSA stellt fest, dass dieses Produktionsmodell nur mangelhaft vermittelt wird, und ruft dazu auf, die Landwirte umfassender zu schulen und Anreize für die Erzeuger zu schaffen, damit sie sich kollektiven Initiativen zum Schutz der Umwelt anschließen. Der Landwirt muss den Verbrauchern höchste Transparenz hinsichtlich seiner Produktionsmethoden bieten und zeigen, wie die Innovation in den Dienst der nachhaltigen Landwirtschaft gestellt werden kann. In vielen Ländern der EU laufen Initiativen, mit denen den Verbrauchern die Praxis eines landwirtschaftlichen Betriebes näher gebracht und Wissen über eine so grundlegende Tätigkeit wie die Nahrungsmittelerzeugung vermittelt werden soll. |
5.4 Auf dem Weg zu einem neuen Produktionsstandard?
5.4.1 |
Die integrierte Schädlingsbekämpfung ist ein Element der integrierten Produktion, das gemäß Artikel 14 der Richtlinie 2009/128/EG über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden ab 2014 verbindlich sein wird. Die Tatsache, dass alle Landwirte zu diesen Maßnahmen verpflichtet werden, ist ein Meilenstein in der Entwicklung der integrierten Produktion in der EU und setzt einen neuen europäischen Produktionsstandard auf dem Gebiet der Schädlingsbekämpfung. |
5.4.2 |
Obgleich einige klassische Elemente der integrierten Produktion allmählich zu obligatorischen Bestandteilen der landwirtschaftlichen Praxis werden, darf das den freiwilligen Charakter des Systems der integrierten Produktion nicht antasten, damit sich die Landwirte entsprechend ihren wirtschaftlichen, umweltbezogenen oder geografischen Gegebenheiten diesem Modell anschließen können. Die Entscheidung eines Landwirts, zur integrierten Produktion überzugehen, bedingt erhebliche Veränderungen in der Art und Weise der Bewirtschaftung seines Betriebs und vor allem erhebliche Investitionen in technische Beratung, Schulung, Kontrollen sowie spezifisches Material und Produkte. |
Brüssel, den 26. Februar 2014
Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Henri MALOSSE
(1) EUREP-GAP, QS, QSGAP, BRC, Nature’s choice usw.
(2) A Common Codex of Integrated Farming. 2006 erfolgte die Publikation und 2012 die Überarbeitung des EISA-Systems Integrierte Landwirtschaft.
(3) www.areflh.org.
(4) Richtlinie 2009/128/EG über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für den nachhaltigen Einsatz von Pestiziden.
(5) Aus den Plänen zur Entwicklung des ländlichen Raums in Spanien geht hervor, dass die Mehrheit der dortigen Empfänger von Fördergeldern Kleinbauern mit weniger als 10 ha Betriebsgröße sind, hauptsächlich in Regionen mit besonderen Nachteilen.
(6) http://ec.europa.eu/agriculture/eip/index_en.htm.