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Document 52011IP0392
Belarus: arrest of Ales Bialatski, human rights defender European Parliament resolution of 15 September 2011 on Belarus: the arrest of human rights defender Ales Bialatski
Belarus: Verhaftung des Menschenrechtsaktivisten Ales Bjaljazki Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. September 2011 zu Belarus: Festnahme des Menschenrechtsverteidigers Ales Bjaljazki
Belarus: Verhaftung des Menschenrechtsaktivisten Ales Bjaljazki Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. September 2011 zu Belarus: Festnahme des Menschenrechtsverteidigers Ales Bjaljazki
ABl. C 51E vom 22.2.2013, pp. 140–143
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
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22.2.2013 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
CE 51/140 |
Donnerstag, 15. September 2011
Belarus: Verhaftung des Menschenrechtsaktivisten Ales Bjaljazki
P7_TA(2011)0392
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. September 2011 zu Belarus: Festnahme des Menschenrechtsverteidigers Ales Bjaljazki
2013/C 51 E/22
Das Europäische Parlament,
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unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Belarus, insbesondere die Entschließungen vom 12. Mai 2011 (1), vom 10. März 2011 (2), vom 20. Januar 2011 (3) und vom 17. Dezember 2009 (4), |
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unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zu Belarus, die auf der 3 101. Tagung des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 20. Juni 2011 angenommen wurden, |
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unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 und die im Dezember 1988 verabschiedete Erklärung der Vereinten Nationen über die Menschenrechtsverteidiger, |
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unter Hinweis auf die von der Konferenz der internationalen nichtstaatlichen Organisationen (INGOs) des Europarats am 22. Juni 2011 angenommene Entschließung zur Vereinigungsfreiheit in der Republik Belarus, |
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unter Hinweis auf die Resolution des VN-Menschenrechtsrates vom 17. Juni 2011, in der Menschenrechtsverletzungen vor, während und nach der Präsidentschaftswahl in Belarus verurteilt werden und die belarussische Regierung aufgefordert wird, die Verfolgung von Oppositionsführern zu beenden, |
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unter Hinweis auf die von der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, am 5. August 2011 abgegebene Erklärung zur Festnahme von Ales Bjaljazki, |
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gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung, |
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A. |
in der Erwägung, dass Belarus durch internationale Verpflichtungen daran gebunden ist, die Grundsätze des Völkerrechts und Grundwerte einschließlich Demokratie, Rechtsstaatlichkeit sowie Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten einzuhalten; |
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B. |
in der Erwägung, dass der Menschenrechtsverteidiger Ales Bjaljazki, Vorsitzender des Zentrums für Menschenrechte „Wjasna“ und Vizepräsident der Internationalen Föderation für Menschenrechte (FIDH), nachdem er in der Hafteinrichtung des belarussischen Innenministeriums festgehalten worden war, am 4. August 2011 in Minsk unter dem offiziellen Vorwurf der Steuerhinterziehung in großem Ausmaß („Verschleiern von Gewinnen in besonders großem Maßstab“) inhaftiert und am 12. August 2011 gemäß Artikel 243 Teil II des belarussischen Strafgesetzbuchs angeklagt wurde; in der Erwägung, dass ihm eine Strafe von entweder bis zu fünf Jahren „eingeschränkter Freiheit“ oder drei bis sieben Jahren Haft und die Einziehung seines Vermögens einschließlich der Beschlagnahme der Räumlichkeiten, von denen aus Wjasna betrieben wird, drohen; |
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C. |
in der Erwägung, dass Ales Bjaljazkis Privateigentum in Minsk, seine Wohnung in Rakau und das Wjasna-Büro in Minsk von Beamten des Komitees für Staatssicherheit (KGB) und der Abteilung Finanzermittlungen des staatlichen Kontrollkomitees einer Razzia unterzogen und sein Computer und andere Materialien eingezogen wurden; |
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D. |
in der Erwägung, dass ein Bezirksrichter in Minsk am 16. August 2011 einen Antrag des Rechtsanwalts von Ales Bjaljazki auf Freilassung des Menschenrechtsverteidigers gegen Kaution abgelehnt hat und dass die Dauer von Ales Bjaljazkis Untersuchungshaft zuvor in derselben Woche auf zwei Monate verlängert worden war; |
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E. |
in der Erwägung, dass die Inhaftierung mit der Weitergabe von Angaben zu Ales Bjaljazkis Bankkonten durch einige EU-Mitgliedstaaten an belarussische Behörden zusammenhängt; in der Erwägung, dass die belarussischen Behörden bei der Erlangung dieser Informationen auf die internationale Zusammenarbeit aufgrund eines bilateralen Abkommens über Rechtshilfe zurückgriffen und dabei das System internationaler Verfahren und Vereinbarungen über Finanztransfers – mit dem Terroristen und Verbrecher aufgespürt werden sollen – nutzten, um nichtstaatliche Organisationen der Zivilgesellschaft und die belarussische demokratische Opposition vollständig unter ihre Kontrolle zu bringen und die Unterstützung der EU für die belarussische Zivilgesellschaft zu diskreditieren; |
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F. |
in der Erwägung, dass die belarussischen Steuerbehörden die Beträge auf Ales Bjaljazkis Konten als seine persönlichen Einnahmen interpretierten und ihn beschuldigten, sie zu verschleiern; |
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G. |
in der Erwägung, dass sich die belarussischen Staatsorgane fast allen Menschenrechtsorganisationen systematisch die Eintragung auf nationaler Ebene verweigert haben (allein Wjasna in den letzten Jahren dreimal); in der Erwägung, dass Menschenrechtsverteidiger infolgedessen – und weil ausländische Unterstützung für nichtstaatliche Organisationen in Belarus (im Fall von Wjasna Mittel, die diese Organisation befähigen sollten, Opfer der Massenunterdrückung durch das belarussische Regime nach der Präsidentschaftswahl im Dezember 2010 zu unterstützen) von den belarussischen Behörden genehmigt werden müssen – gezwungen sind, Konten in Nachbarstaaten zu eröffnen, um den Vertretern der unabhängigen Zivilgesellschaft wirksame Hilfe zu leisten; |
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H. |
in der Erwägung, dass die Schikanierung von Menschenrechtsverteidigern und -aktivisten systematisch erfolgt und gang und gäbe ist; in der Erwägung, dass in letzter Zeit Berichte über die Verfolgung von Menschenrechtsverteidigern, Journalisten und Aktivisten aufgekommen sind, die sich für die Freilassung von Ales Bjaljazki einsetzten, wozu auch Inhaftierungen, Festnahmen, Verhöre, die Verhängung von Geldstrafen oder die Einziehung gedruckter Materialien gehören; in der Erwägung, dass einer der Betroffenen, Wiktar Sasonau, derzeit auf sein Gerichtsverfahren wartet; |
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I. |
in der Erwägung, dass der Fall Ales Bjaljazki ein Teil eines umfassenderen Musters lang anhaltender und andauernder Schikanierung der Zivilgesellschaft und der Menschenrechtsverteidiger nach der Präsidentschaftswahl im Dezember 2010 ist, die zu einer dramatischen Verschlechterung der Menschenrechtslage und des Stands der bürgerlichen und politischen Freiheiten in Belarus führt; |
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J. |
in der Erwägung, dass zahlreiche Oppositionsaktivisten, zu denen ehemalige Präsidentschaftskandidaten sowie Journalisten und Menschenrechtsverteidiger gehören, wegen ihrer Teilnahme an der auf die Wahl folgenden friedlichen Demonstration vom 19. Dezember 2010 in Minsk unter dem Vorwurf der Organisation von Massenkrawallen festgenommen und in harten, nicht zu rechtfertigenden Urteilen mit bis zu sieben Jahren Haft in einem Straflager hoher oder mittlerer Sicherheitsstufe belegt wurden; in der Erwägung, dass einige von ihnen Berichten zufolge körperlicher und psychischer Folter unterzogen wurden, keinen angemessenen rechtlichen und ärztlichen Beistand erhielten oder nach einem schweren chirurgischen Eingriff ohne die erforderliche ärztliche Rehabilitation zurück ins Gefängnis geschickt wurden; |
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1. |
erklärt sich zutiefst besorgt über die sich immer weiter verschlechternde Lage der Menschenrechtsverteidiger in Belarus; verurteilt nachdrücklich die jüngste Verhaftung von Ales Bjaljazki, Vorsitzender des Zentrums für Menschenrechte „Wjasna“, und die Beschuldigungen gegen ihn sowie die Missachtung der Grundrechte der Versammlungs- und Meinungsfreiheit durch die belarussischen Staatsorgane; |
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2. |
bedauert es, dass Belarus unabhängigen Menschenrechtsorganisationen im Land ständig die Gewährung eines rechtlichen Status verwehrt, was es für diese unmöglich macht, sich zu betätigen, indem es repressive Gesetze erlässt, die die Zivilgesellschaft zum Schweigen bringen sollen, und dann die Androhung strafrechtlicher Sanktionen einsetzt, um Menschenrechtsverteidiger einzuschüchtern; |
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3. |
ist in diesem Zusammenhang und in Anbetracht der beispiellosen Niederschlagung der Zivilgesellschaft in Belarus nach der Präsidentschaftswahl im Dezember 2010 davon überzeugt, das das Strafverfahren gegen Ales Bjaljazki politisch motiviert ist und seine legitime Arbeit als Menschenrechtsverteidiger verhindern soll; |
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4. |
fordert, Ales Bjaljazki unverzüglich und bedingungslos aus dem Gewahrsam zu entlassen und die Ermittlungen und alle gegen ihn erhobenen Beschuldigungen fallen zu lassen; |
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5. |
verurteilt das Vorgehen gegen das Zentrum für Menschenrechte „Wjasna“ und fordert die belarussischen Staatsorgane auf, sämtliche Formen der Schikanierung gegen Ales Bjaljazki, Wjasna und dessen Mitarbeiter sowie alle anderen Menschenrechtsverteidiger und Organisationen der Zivilgesellschaft im Land zu beenden und die Rechtsstaatlichkeit zu achten; |
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6. |
fordert die belarussischen Staatsorgane auf, Artikel 193-1 des belarussischen Strafgesetzbuchs aufzuheben, der die Organisation von Tätigkeiten nicht eingetragener öffentlicher Organisationen oder die Teilnahme an solchen Tätigkeiten verbietet, da diese Vorschrift zu internationalen Standards über Vereinigungsfreiheit im Widerspruch steht und eine Verletzung der Pflichten von Belarus im Rahmen der OSZE und der VN darstellt; |
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7. |
betont, dass Rechtshilfe zwischen EU-Mitgliedstaaten und Belarus nicht zu einem Mittel politischer Verfolgung und Unterdrückung werden darf; |
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8. |
bedauert es, dass das belarussische Recht und bilaterale und internationale Mechanismen von Belarus gezielt missbraucht und ausgenutzt worden sind; |
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9. |
fordert die belarussischen Staatsorgane auf, alle Bestimmungen der Erklärung der Vereinten Nationen über die Menschenrechtsverteidiger einzuhalten und dafür zu sorgen, dass demokratische Grundsätze, Menschenrechte und Grundfreiheiten gemäß der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und den von Belarus ratifizierten internationalen und regionalen Menschenrechtsübereinkünfte unter allen Umständen gewahrt werden; |
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10. |
fordert die belarussischen Staatsorgane auf, das belarussische Recht, insbesondere in Bezug auf Vereinigungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung, zu überprüfen, es mit internationalen Standards in Einklang zu bringen und in der Zwischenzeit jeden weiteren Missbrauch des Rechts zu unterlassen; |
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11. |
fordert den Rat, die Kommission und die Hohe Vertreterin auf, ihren Druck auf Belarus zu erhöhen und das Verbot der Visumerteilung und die Liste eingefrorener Vermögenswerte auf die an der Verhaftung und Verfolgung von Ales Bjaljazki beteiligten Personen auszudehnen; |
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12. |
betont, dass die EU in Anbetracht der fortwährenden, beispiellosen Unterdrückung der Opposition und der Zivilgesellschaft in Belarus den Aufbau von Demokratie in Belarus unterstützen und neue Wege finden muss, um die Zivilgesellschaft in Belarus und die unabhängigen Medien dabei zu unterstützen, das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu schärfen; |
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13. |
fordert dazu auf, dass auf dem Gipfeltreffen zur Östlichen Partnerschaft, das am 28./29. September 2011 in Warschau stattfinden soll, die Unterstützung für die demokratische Opposition und die Zivilgesellschaft von Belarus erhöht wird und wirksame Beziehungen zu ihnen aufgebaut werden, um ihre Bemühungen um Herstellung der Demokratie zu fördern und zu stärken; |
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14. |
fordert die belarussischen Staatsorgane auf, allen politischen Gefangenen angemessenen rechtlichen und ärztlichen Beistand zu gewähren und sie unverzüglich und bedingungslos freizulassen, alle Vorwürfe gegen sie fallen zu lassen und ihre bürgerlichen Rechte vollständig wiederherzustellen; |
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15. |
weist darauf hin, dass mögliche Beziehungen der EU zu Belarus an strenge Bedingungen und an die Bereitschaft von Belarus geknüpft werden müssen, demokratische Standards, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit zu achten, wie es in der auch von der belarussischen Regierung unterzeichneten Gemeinsamen Erklärung des Prager Gipfeltreffens zur Östlichen Partnerschaft vom 7. Mai 2009 vereinbart wurde; |
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16. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, den parlamentarischen Versammlungen der OSZE und des Europarats und der Regierung und dem Parlament von Belarus zu übermitteln. |
(1) Angenommene Texte, P7_TA(2011)0244.
(2) Angenommene Texte, P7_TA(2011)0099.
(3) Angenommene Texte, P7_TA(2011)0022.
(4) ABl. C 286 E vom 22.10.2010, S. 16.