EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52009AE1022

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in Bezug auf die Information der breiten Öffentlichkeit über verschreibungspflichtige Arzneimittel KOM(2008) 663 endg. — 2008/0256 (COD)

ABl. C 306 vom 16.12.2009, p. 18–21 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

16.12.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 306/18


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in Bezug auf die Information der breiten Öffentlichkeit über verschreibungspflichtige Arzneimittel“

KOM(2008) 663 endg. — 2008/0256 (COD)

2009/C 306/04

Der Rat der Europäischen Union beschloss am 23. Januar 2009, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 95 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in Bezug auf die Information der breiten Öffentlichkeit über verschreibungspflichtige Arzneimittel

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 19. Mai 2009 an. Berichterstatterin war Renate HEINISCH.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 454. Plenartagung am 10./11. Juni (Sitzung vom 10. Juni) mit 94 Ja-Stimmen bei 4 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Der EWSA nimmt das Vorhaben, eine bessere Information der breiten Öffentlichkeit über verschreibungspflichtige Arzneimittel anzustreben, zur Kenntnis, äußert jedoch Vorbehalte gegenüber bestimmten Kritikpunkten in den Vorschlägen der Richtlinie. Ein einheitlicher Rechtsrahmen würde der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit in der Gemeinschaft dienen. Der EWSA hinterfragt das dem Richtlinienvorschlag KOM(2008) 663 endg. zu Grunde liegende Prinzip, wonach es der Pharmaindustrie gestattet werden soll, direkt mit den Patienten zu kommunizieren.

1.2

Unter derselben Zielstellung ist der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) der Ansicht, dass die erheblichen Abweichungen der geltenden Regeln bezüglich des Verschreibungs- und Abgabestatus von Arzneimitteln zwischen den Mitgliedstaaten ein Hindernis für eine gute und verständliche Information über Arzneimittel darstellen. Der EWSA ersucht die Kommission daher, weiterhin auf eine harmonisierte Festsetzung des Verschreibungs- und Abgabestatus der Arzneimittel hinzuarbeiten.

1.3

Jeder Bürger (Patient) hat ein Recht auf umfassende und verständliche Information in seiner Sprache. Dies umfasst auch die Information über verschreibungspflichtige Arzneimittel im Internet. Diese Informationen sollten krankheitsbezogen erfolgen, d.h. der Patient ist im Zusammenhang mit der Information über die Arzneimittel auch über die Krankheit aufzuklären, die mit dem Arzneimittel behandelt werden kann (1). Mit Blick auf den demografischen Wandel sind insbesondere Informationswege für ältere Patienten bereitzustellen. (2)

1.4

Der EWSA stellt sich eine unabhängige Stelle vor, die neben den Zulassungsinhabern die Informationen bereitstellt. Diese unabhängige Stelle hätte die Möglichkeit, über Arzneimittel verschiedener Hersteller zu einer bestimmten Indikation zu informieren. Der EWSA fordert daher, den Richtlinienvorschlag entsprechend zu ergänzen und solche unabhängigen Stellen zu fördern.

1.5

Internet Webseiten müssen entsprechend der Regelung in Art. 100h Abs. 1 zuvor durch die nationalen Behörden registriert werden. Dies würde die Sicherung der öffentlichen Belange auch im Internet erleichtern und sicherer machen.

1.6

Die Abgrenzung zwischen Werbung und Information ist im Einzelfall schwierig, die Grenzen verlaufen fließend. Der EWSA vertritt die Auffassung, dass in dem vorliegenden Richtlinienvorschlag qualitative Kriterien zur Definition statthafter Information festgelegt werden müssen — diese muss unverfälscht, vergleichend und verständlich sein —, ohne auf die Vorlage der ‚Leitlinien‘ zu warten, die die Kommission zu erarbeiten beabsichtigt.

1.7

Der EWSA fordert, Informationen über wissenschaftliche nicht-interventionelle Studien nicht als zur Verbreitung an die Öffentlichkeit zulässige Informationen anzusehen und die entsprechenden Passagen aus dem Vorschlag zu streichen.

1.8

„Gesundheitsbezogene Publikationen“ sind kein geeigneter Verbreitungsweg für Informationen über verschreibungspflichtige Arzneimittel. Dies könnte eine „push-Information“ bedeuten, die Richtlinie sollte sich jedoch auf Informationen beschränken, nach denen der Patient aktiv sucht. Die Möglichkeit der Verbreitung der Informationen über „gesundheitsbezogene Publikationen“ ist daher aus dem Richtlinienvorschlag herauszunehmen. Websites im Internet hingegen können durchaus einen geeigneten Informationskanal darstellen; dafür muss jedoch der neue Artikel 100c Buchstabe b) vorsehen, dass es sich um ausschließlich Arzneimitteln gewidmete, von der europäischen Arzneimittelagentur und den einzelstaatlichen Arzneimittelagenturen ermächtigte Websites handelt.

1.9

Der Richtlinienvorschlag zeigt auch die Notwendigkeit einer Verbesserung der Lesbarkeit der amtlich genehmigten Informationen, insbesondere der Packungsbeilage. Der EWSA unterstützt nachdrücklich diesbezügliche Bestrebungen unabhängig von dem vorliegenden Richtlinienvorschlag. Patienten müssen umfassend und verständlich informiert werden, insbesondere auch über Nebenwirkungen von Arzneimitteln und über ihre gesamte Lebensführung. Außerdem wird eine entsprechende Weiterbildung der Ärzte und des Gesundheitspersonals gefordert.

1.10

Der EWSA fordert die Mitgliedstaaten auf, zeitnah zum Inkrafttreten dieser Richtlinie ein industrieunabhängiges Internetportal bereitzustellen, über das die Informationen über verschreibungspflichtige Arzneimittel verbreitet werden können. In den Mitgliedstaaten müssen dafür in Zusammenarbeit mit Patientenorganisationen und Sozialversicherern einschließlich der Anbieter privater Zusatzkrankenversicherungen Konferenzen und Foren errichtet werden.

1.11

Die Generaldirektionen werden aufgefordert, die Patienten über die Möglichkeiten und die Gefahren Abfrage von Informationen über Arzneimittel im Internet aufzuklären.

1.12

Der EWSA unterstützt die in Art. 100g des Vorschlages vorgesehenen Methoden der Kontrolle der Informationen. Dort, wo eine Vorabkontrolle der Informationen notwendig erscheint, sollte eine solche stattfinden. Wurde der Inhalt der Veröffentlichung jedoch bereits von den zuständigen Behörden oder gebilligt oder gewährleistet ein anderer Mechanismus eine gleichwertige angemessene und wirksame Überwachung, ist eine Vorabkontrolle nicht erforderlich. Die Mitgliedstaaten müssen entscheiden können, ob auf ihrem Gebiet ein Mechanismus existiert, der eine gleichwertige und angemessene Überwachung gewährleistet. Art. 100g trifft insoweit eine ausgewogene Regelung.

1.13

Die Kommunikation zwischen dem Patienten und den Angehörigen der Gesundheitsberufe — insbesondere Ärzten und Apothekern — soll weiterhin oberste Priorität haben. Die persönliche Beratung durch die Angehörigen der Gesundheitsberufe ist für den sicheren Umgang mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln unerlässlich.

2.   Einleitung

2.1

Mit dem vorliegenden Richtlinienvorschlag soll ein klarer Rahmen für die Bereitstellung von Informationen geschaffen werden, die die Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen über ihre verschreibungspflichtigen Arzneimittel an die breite Öffentlichkeit weitergeben, um eine effiziente Verwendung dieser Arzneimittel zu fördern.

2.2

Es soll sichergestellt werden, dass diese Informationen durch eine einheitliche Anwendung von klar festgelegten Standards gemeinschaftsweit von hoher Qualität sind.

2.3

Die Bereitstellung der Informationen soll über Kanäle gestattet werden, die den Bedürfnissen und Kompetenzen verschiedener Patientengruppen Rechnung tragen.

2.4

Es soll den Inhabern der Genehmigung des Inverkehrbringen der Arzneimittel ermöglicht werden, verständliche, objektive und werbungsfreie Informationen über Nutzen und Risiken ihrer Arzneimittel bereitzustellen.

2.5

Es werden Überwachungs- und Umsetzungsmaßnahmen vorgesehen, damit die Qualitätskriterien von den Informationsanbietern erfüllt werden, ohne dass dies zu unnötigem Verwaltungsaufwand führt.

3.   Kontext

3.1

Die Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (3) gibt auf Gemeinschaftsebene einen einheitlichen Rahmen für die Arzneimittelwerbung vor. Die Öffentlichkeitswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel ist nach dieser Rechtsvorschrift untersagt. Die Richtlinie enthält jedoch keine ausführlichen Bestimmungen für die Informationen über Arzneimittel, sondern sieht lediglich vor, dass bestimmte Informationstätigkeiten nicht unter die für die Werbung geltenden Bestimmungen fallen.

3.2

Auf der Grundlage von Art. 88a der Richtlinie 2001/83/EG (4) wurde eine Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat zum Bericht über die gegenwärtige Praxis der Bereitstellung von Arzneimittelinformation für Patienten angenommen und dem Europäischen Parlament und dem Rat am 20. Dezember 2007 übermittelt (5). Der Bericht stellt fest, dass die Bereitstellung von Informationen in den einzelnen Mitgliedstaaten ganz unterschiedlich geregelt und gehandhabt wird. Während manche Länder sehr restriktiv seien, erlaubten andere wiederum die Veröffentlichung verschiedener Arten von werbungsfreien Informationen.

4.   Vorschlag der Kommission

4.1

Der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in Bezug auf die Information der breiten Öffentlichkeit über verschreibungspflichtige Arzneimittel sieht vor, bestimmte Informationen aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift über die Werbung für Arzneimittel (Titel VIII) herauszunehmen und die Information über verschreibungspflichtige Arzneimittel in einem neuen Titel VIIIa zu regeln.

4.2

Die Arten der Informationen über zugelassene verschreibungspflichtige Arzneimittel, die der Inhaber der Genehmigung in der breiten Öffentlichkeit oder unter Angehörigen der breiten Öffentlichkeit verbreiten darf, sind in Art. 100b des Richtlinienvorschlages aufgeführt. Dazu zählen beispielsweise die Zusammenfassung der Merkmale, die Etikettierung und die Packungsbeilage des Arzneimittels in der von den zuständigen Behörden genehmigten Form. Außerdem sollen arzneimittelbezogene Informationen über nicht-interventionelle wissenschaftliche Studien zulässig sein.

4.3

Die Verbreitung der entsprechenden Informationen ist nur über gesundheitsbezogene Publikationen, Arzneimittel-Websites im Internet sowie im Rahmen schriftlicher Auskünfte, die Angehörigen der breiten Öffentlichkeit auf Informationsanfragen erteilt werden, zulässig (Art. 100c).

4.4

Art. 100d enthält generelle Qualitätsanforderungen an die Informationen sowie Angaben, die die Informationen enthalten müssen.

4.5

Art. 100g betrifft Bestimmungen betreffend die Kontrolle der Informationen. Die Methoden beruhen auf einer Kontrolle der Informationen vor ihrer Verbreitung, es sei denn, der Inhalt der Veröffentlichung wurde bereits von den zuständigen Behörden gebilligt oder ein anderer Mechanismus gewährleistet eine gleichwertige angemessene und wirksame Überwachung.

4.6

Websites mit Informationen über verschreibungspflichtige Arzneimittel sollen registriert werden und dürfen nicht mit Web-TV ausgestattet sein.

5.   Allgemeine Bemerkungen

5.1

Das Vorhaben, eine bessere Information der breiten Öffentlichkeit über verschreibungspflichtige Arzneimittel anzustreben, stößt beim EWSA im Hinblick auf die im Richtlinienvorschlag vorgesehene Erlaubnis für die Pharmaindustrie, direkt mit den Patienten zu kommunizieren, auf zahlreiche Vorbehalte.

5.2

Neben der Regelung der Information der breiten Öffentlichkeit bedarf es flankierender Maßnahmen, insbesondere im Hinblick auf die Verfügbarkeit und Verständlichkeit der bereitgestellten Informationen. Besonders dem demographischen Wandel ist Rechnung zu tragen, indem auch ältere Menschen und weitere Personengruppen mit besonderen Informationsbedürfnissen mit den Nutzungsmöglichkeiten des Internets auf für sie verständliche Weise vertraut gemacht werden.

5.3

Allerdings stellt sich bei Umsetzung dieses Richtlinienvorschlages auch das Problem, dass einzelne Arzneimittel in den Mitgliedstaaten jeweils einen unterschiedlichen Status haben. Das führt dazu, dass in dem einen Mitgliedstaat für das Arzneimittel geworben werden darf, in einem anderen Mitgliedstaat nur über das Arzneimittel entsprechend dem vorliegenden Richtlinienvorschlag informiert werden darf. Unterschiede in Art und Qualität der in den einzelnen Mitgliedstaaten verfügbaren Informationen bleiben also bestehen.

5.4

Durch den vorliegenden Vorschlag wird auch dem gesteigerten Interesse der Bürger der Europäischen Union an Informationen über bestehende Arzneimittel und Behandlungsmöglichkeiten Rechnung getragen. Patienten haben sich zu selbst verantwortlichen Verbrauchern entwickelt, die Gesundheitsleistungen selbstbewusst in Anspruch nehmen und sich verstärkt über Arzneimittel und Behandlungen informieren. Der „mündige Verbraucher“ ist allerdings ein Idealbild.

5.5

Immer mehr Bürger suchen nach Informationen auch über verschreibungspflichtige Arzneimittel im Internet. Der wachsenden Bedeutung des Internets ist dadurch Rechnung zu tragen, dass das Internet als wesentliches Informationsmedium zu betrachten ist über das der Bürger Informationen über Arzneimittel abrufen kann. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass eine bessere Nutzung der Möglichkeiten des Internets auch den Bevölkerungsteilen ermöglicht werden muss, die dieses Medium bislang in weniger starkem Ausmaß nutzen (siehe 5.2).

5.6

Die Notwendigkeit zur Schaffung eines gemeinschaftsrechtlichen Rahmens für die Bereitstellung der Informationen über verschreibungspflichtige Arzneimittel ergibt sich auch aus dem Umstand, dass über das Internet Informationen verfügbar sind, deren Qualität zweifelhaft ist. Die Bereitstellung qualitativ hochwertiger Informationen muss sichergestellt werden. Registrierte Webseiten müssen entsprechend Art. 100 h) Nr. 5 des Vorschlages deutlich gekennzeichnet sein, damit der Bürger diese von unseriösen Angeboten unterscheiden kann.

5.7

Da zu den Informationen, die der Inhaber der Zulassung über verschreibungspflichtige Arzneimittel verbreiten darf, der Beipackzettel gehören wird, unterstützt der EWSA unabhängig von dem vorliegenden Vorschlag bestehende Bestrebungen für eine bessere Lesbarkeit der Packungsbeilage. Dies kann auch unter Beteiligung von Patientenorganisationen erreicht werden. Der EWSA empfiehlt die Einrichtung einer Arbeitsgruppe, die sich dieses Themas annimmt.

5.8

Der EWSA stellt sich eine unabhängige Stelle vor, die neben den Zulassungsinhabern die Informationen bereitstellt. Diese unabhängigen Stellen könnten über Arzneimittel verschiedener Zulassungsinhaber informieren und beispielsweise auch verschiedene zu einer bestimmten Indikation zur Verfügung stehende Arzneimittel (insbesondere Generika) präsentieren.

6.   Besondere Bemerkungen

6.1

Der EWSA begrüßt die Beibehaltung des Öffentlichkeitswerbeverbotes für verschreibungspflichtige Arzneimittel.

6.2

Der Richtlinienvorschlag geht richtigerweise davon aus, dass die amtlich genehmigten Informationen wie die Zusammenfassung der Merkmale, die Etikettierung und die Packungsbeilage des Arzneimittels in der von den zuständigen Behörden genehmigten Form sowie die öffentlich zugängliche Fassung des Beurteilungsberichts der zuständigen nationalen Behörden nicht als Werbung, sondern als Information einzustufen sind. Entsprechende Informationen sollten der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden können.

6.3

Werden die unter 6.2. genannten Kriterien in einer anderen Darstellungsform bereitgestellt als in der amtlich genehmigten Form, muss sichergestellt werden, dass die Qualitätskriterien des Art. 100d eingehalten werden. In Art. 100b Buchstabe b) sollte zur Klarstellung explizit auf die Anforderungen des Art. 100d verwiesen werden. Das Erfordernis einer Darstellung der amtlich genehmigten Informationen in einer anderen Form resultiert aus dem Umstand, dass zurzeit die amtlich genehmigten Informationen wie Packungsbeilage und Fachinformation für die Patienten zum Teil schwer lesbar sind. Der EWSA wiederholt daher sein Anliegen, diese Informationen in der amtlich genehmigten Form besser lesbar und verständlich zu machen (vgl. 5.7).

6.4

Die Verbreitung von Informationen über nicht-interventionelle wissenschaftliche Studien in der breiten Öffentlichkeit wird abgelehnt. Es bestehen erhebliche Zweifel, dass der Patient in der Lage ist, Informationen über nicht-interventionelle wissenschaftliche Studien richtig zu bewerten und die für ihn notwendigen Rückschlüsse zu ziehen. Dies gilt unabhängig von der Frage der Qualität solcher Informationen. Die Aufklärung über entsprechende Studien sollte weiterhin einzelfallbezogen durch die Angehörigen der Gesundheitsberufe erfolgen.

6.5

„Gesundheitsbezogene Publikationen“ eignen sich nicht zur Verbreitung der Informationen über verschreibungspflichtige Arzneimittel. Bereits der Begriff ist mehrdeutig, so dass eine einheitliche Auslegung in den einzelnen Mitgliedstaaten zweifelhaft ist. Zudem stellt sich bei dieser Art der Verbreitung die Frage, ob nicht die Grenze zwischen von dem Patienten angeforderten Informationen („pull-information“) und aktiv an den Patienten verbreiteten Informationen („push-information“) überschritten wird, da der Patient beim Erwerb einer gesundheitsbezogenen Publikation nicht unbedingt gezielt nach Informationen über ein bestimmtes Arzneimittel sucht (6).

6.6

Internet Webseiten müssen entsprechend der Regelung in Art. 100h Abs. 1 leg. cit. zuvor durch die nationalen Behörden registriert werden. Dies würde die Sicherung der öffentlichen Belange auch im Internet erleichtern und sicherer machen.

6.7

Die durch die Registrierung entstehenden Kosten sollten einem vertretbaren Bürokratieaufwand sowohl auf Behördenseite als auch in der Industrie entsprechen.

6.8

Es ist sinnvoll, dass die Informationen den Hinweis darauf enthalten müssen, dass ein Angehöriger eines Gesundheitsberufs kontaktiert werden soll, wenn der Patient genauere Auskünfte zu den bereitgestellten Informationen benötigt. Auch wenn dem gesteigerten Informationsbedürfnis des Patienten und dem sich wandelnden Bild des aufgeklärten Verbrauchers durch die Bereitstellung von Informationen auch über verschreibungspflichtige Arzneimittel Rechnung getragen wird, so vermögen die mit dem vorliegenden Richtlinienvorschlag zur Verbreitung vorgesehenen Informationen die Aufklärung durch Angehörige der Gesundheitsberufe im Einzelfall nicht zu ersetzen.

6.9

Der EWSA unterstützt die in Art. 100g des Vorschlages vorgesehenen Methoden der Kontrolle der Informationen. Dort, wo eine Vorabkontrolle der Informationen notwendig erscheint, sollte eine solche stattfinden. Wurde der Inhalt der Veröffentlichung jedoch bereits von den zuständigen Behörden gebilligt oder gewährleistet ein anderer Mechanismus eine gleichwertige angemessene und wirksame Überwachung, ist eine Vorabkontrolle nicht erforderlich. Die Mitgliedstaaten müssen entscheiden können, ob auf ihrem Gebiet ein Mechanismus existiert, der eine gleichwertige und angemessene Überwachung gewährleistet. Art. 100g trifft insoweit eine ausgewogene Regelung.

6.10

Der EWSA begrüßt nachdrücklich die in Art. 100g Abs. 2 des Vorschlages vorgesehene Erstellung von Leitlinien zu den Informationen, die nach diesem Titel zulässig sind. In diesen Leitlinien und dem darin enthaltenen Verhaltenskodex kann die Abgrenzung zwischen unzulässiger Werbung und zulässiger Information präzisiert werden. Dies ist notwendig, weil eine abstrakt-generelle Abgrenzung in Form einer „allgemeinen Definition“ nicht möglich ist.

6.11

Positiv bewertet wird das Verbot der Ausstattung der Websites mit Web-TV, ebenso wie das Verbot, die Informationen über TV oder Radio zu verbreiten.

Brüssel, den 10. Juni 2009

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Mario SEPI


(1)  Siehe die Stellungnahme des EWSA zum Richtlinienvorschlag über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung, ABl. C 175 vom 28.7.2009, S. 116.

(2)  Siehe die Stellungnahme des EWSA „Berücksichtigung der Bedürfnisse älterer Menschen“, ABl. C 77 vom 31.3.2009, S. 115.

(3)  ABl. L 311 vom 28.11.2001, Seite. 67, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2008/29/EG (ABl. L 81 vom 20.3.2008, Seite 51).

(4)  Eingeführt mit der Richtlinie 2004/27/EG (ABl. L 136 vom 30.4.2004, Seite 34).

(5)  KOM(2007) 862 eng.

(6)  Insbesondere dann, wenn es sich bei der „gesundheitsbezogenen Publikation“ um eine Beilage zu einer Zeitschrift handelt.


Top