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Document 32009A0718(02)

    Stellungnahme des Rates vom 7. Juli 2009 zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Österreichs für 2008—2013

    ABl. C 166 vom 18.7.2009, p. 7–11 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    18.7.2009   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 166/7


    STELLUNGNAHME DES RATES

    vom 7. Juli 2009

    zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Österreichs für 2008—2013

    2009/C 166/02

    DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

    gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 3,

    auf Empfehlung der Kommission,

    nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses —

    GIBT FOLGENDE STELLUNGNAHME AB:

    (1)

    Am 7. Juli 2009 prüfte der Rat das aktualisierte Stabilitätsprogramm Österreichs für den Zeitraum 2008 bis 2013.

    (2)

    Die direkten Auswirkungen der globalen Finanzkrise auf die österreichische Volkswirtschaft konnten vergleichsweise eingedämmt werden, obwohl der Finanzsektor deutliche Einbußen bei den Gewinnen erlitt, insbesondere aufgrund der Auslandsaktivitäten der Banken in Mittel- und Osteuropa im Jahr 2008. Als kleine und stark exportorientierte Volkswirtschaft ist Österreich von der globalen Rezession hauptsächlich durch den Rückgang des Welthandels betroffen, was zu einem Einbruch bei der Auslandsnachfrage im Jahr 2009 führt. Das produzierende Gewerbe dürfte am stärksten betroffen sein, da die Warenausfuhren voraussichtlich deutlich zurückgehen werden, was sich auch negativ auf die privaten Anlageinvestitionen auswirkt. Nach der Frühjahrsprognose 2009 der Kommissionsdienststellen wird das reale BIP 2009 um 4 % schrumpfen und 2010 eine Stagnation verzeichnen. Der Anstieg der Arbeitslosenquote konnte bislang durch den Abbau von Überstunden und die Einführung von Kurzarbeit in einem überschaubaren Rahmen gehalten werden. Da die Wirtschaft allerdings in eine Rezession abgleitet, dürfte die Arbeitslosenquote deutlich von 3,8 % im Jahr 2008 auf 7 % im Jahr 2010 ansteigen. Daher werden die erheblichen staatlichen Einnahmenausfälle und zusätzlichen Ausgaben bedingt durch automatische Stabilisatoren (2009 schätzungsweise 2¼ % des BIP) sowie diskretionäre Maßnahmen (2009 schätzungsweise 1¼ % des BIP) zur Erhaltung der Geschäftstätigkeit und des Haushaltseinkommens und zur Stabilisierung der Finanzmärkte die öffentlichen Finanzen Österreichs stark belasten.

    (3)

    Nach dem makroökonomischen Ausgangsszenario des Stabilitätsprogramms vom April 2009 wird sich das reale BIP-Wachstum von 1,8 % im Jahr 2008 auf - 2,2 % im Jahr 2009 verlangsamen, bevor es im restlichen Programmzeitraum bis 2013 wieder eine Rate von durchschnittlich 1,6 % erreichen dürfte. Angesichts der aktuell verfügbaren Informationen (2) scheint dieses Szenario auf ausgesprochen günstigen Wachstumsannahmen zu beruhen. Insbesondere die im Programm angenommenen Exporte und Bruttoanlageinvestitionen für das Jahr 2009 werden als ausgesprochen optimistisch angesehen. Ab 2010 wird von einer raschen wirtschaftlichen Erholung ausgegangen, wodurch das reale BIP-Wachstum bereits 2011 zu seinem Potenzial zurückfinden dürfte. Die Inflationsprojektionen des Programms erscheinen mit 0,6 % für 2009 und 1,1 % für 2010 realistisch.

    (4)

    2008 lag das gesamtstaatliche Defizit von 0,4 % des BIP geringfügig unter dem in der Aktualisierung des Stabilitätsprogramms vom Vorjahr angesetzten Zielwert von 0,6 % des BIP. Die unerwartet hohen Einnahmen gehen hauptsächlich auf Übertragseffekte aus dem Jahr 2007 zurück. Diese zusätzlichen Einnahmen haben die Kosten für neue politische Maßnahmen zur Eindämmung der durch eine hohe Inflation bedingten Einbußen bei der Kaufkraft der privaten Haushalte mehr als ausgeglichen. Diese Maßnahmen umfassten u.a. eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge für Niedriglohnempfänger und Erhöhungen der Sozialleistungen, einschließlich höherer Ausgaben für Pensionsleistungen und Energiekostenzuschüsse. Aus diesem Grund lag die Ausgabenquote um etwa ½ Prozentpunkt über den Erwartungen. Insgesamt hatte der dramatische Wandel der Wirtschaftslage nur geringe Auswirkungen auf den Haushaltssaldo 2008 — die Auswirkungen der Einnahmenausfälle sowie der Stabilisierungsmaßnahmen der Regierung werden sich im Wesentlichen ab 2009 zeigen.

    (5)

    Im aktualisierten Stabilitätsprogramm wird für 2009 ein gesamtstaatliches Defizit von 3,5 % des BIP angestrebt, während die Kommissionsdienststellen in ihrer Frühjahrsprognose 2009 von einem Defizit in Höhe von 4,2 % des BIP ausgingen. Die Regierung hat umfangreiche diskretionäre fiskalpolitische Gegenmaßnahmen in Höhe von etwa 1,4—1,7 % des BIP getroffen (3). Einige dieser Maßnahmen wurden bereits 2008 zum Schutz der Kaufkraft der privaten Haushalte angesichts der steigenden Inflation getroffen, bleiben allerdings Großteils im Jahr 2009 und 2010 bestehen (0,4 % des BIP). Zusätzlich zu den diskretionären Maßnahmen werden automatische Stabilisatoren eingesetzt, die eine expansive Wirkung von 1¾ % und ¼ % des BIP im Jahr 2009 bzw. 2010 bringen sollen (4). Darüber hinaus könnten vorgezogene nicht im Staatshaushalt verbuchte Bauprojekte von staatseigenen Unternehmen weitere ¼ % des BIP ausmachen. Dem Rückgang des strukturellen Haushaltssaldos zufolge ist der finanzpolitische Kurs expansiv.

    (6)

    Das mittelfristige Haushaltsziel Österreichs ist ein ausgeglichener Haushalt. Dieses Ziel ist Teil einer umfassenderen Drei-Säulen-Strategie, die auch öffentliche Investitionsprogramme und Strukturreformen im Bereich der öffentlichen Verwaltung einschließt. Der Programmaktualisierung zufolge wird sich das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2010 weiter auf 4,7 % des BIP ausweiten und bis 2012 auf diesem Stand verbleiben. 2013 dürfte das Defizit geringfügig auf 3,9 % des BIP zurückgehen. Daher wird das mittelfristige Ziel während des Programmzeitraums nicht erreicht. Hauptfaktoren für den Anstieg der Ausgabenquote um 2,6 Prozentpunkte zwischen 2008 und 2010 sind die Konjunkturmaßnahmen, mit denen Österreich der Krise entgegenwirken will. Gleichzeitig soll die Einnahmenquote infolge diskretionärer Steuersenkungen und der konjunkturbedingten Erosion der Steuerbasis um 1,7 Prozentpunkte zurückgehen. Das strukturelle Defizit (d.h. der konjunkturbereinigte Saldo ohne Anrechnung einmaliger und sonstiger befristeter Maßnahmen nach Neuberechnungen der Kommissionsdienststellen anhand der Programmdaten unter Anwendung der gemeinsamen Methodik) dürfte sich 2009 auf 3 % des BIP und von 2010 bis 2012 weiter auf etwa 4 % erhöhen. Da ein wesentlicher Teil der im Konjunkturprogramm enthaltenen Maßnahmen unbefristet ist, kann die Reversibilität der infolge der Krise ergriffenen Maßnahmen nicht gewährleistet werden. Der staatliche Bruttoschuldenstand soll ausgehend von 62,5 % des BIP im Jahr 2008 bis zum Jahr 2013 um 16 Prozentpunkte ansteigen. Zusätzlich zum Anstieg des öffentlichen Defizits und zum Rückgang des BIP-Wachstums tragen auch umfangreiche Bestandsanpassungen, im Wesentlichen bedingt durch Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzsektors, zum Anstieg der Schuldenquote bei.

    (7)

    Die Haushaltsergebnisse sind mit erheblichen Abwärtsrisiken behaftet. Zunächst sind die ausgesprochen günstigen Wachstumsannahmen des gesamtwirtschaftlichen Ausgangsszenarios durch erhebliche Ungewissheiten hinsichtlich der Dauer, des Ausmaßes und der makroökonomischen Auswirkungen der Finanzkrise belastet. Die Einnahmenprojektionen scheinen daher optimistisch. Ferner beinhalten die Maßnahmen der Regierung zur Stützung des Finanzsektors und des Finanzmarkts ebenfalls das Risiko eines höheren Defizit- und/oder Schuldenstands als im Programm vorgesehen.

    (8)

    Die langfristigen budgetären Auswirkungen der Bevölkerungsalterung in Österreich liegen unter dem EU-Durchschnitt, wobei die Pensionsausgaben auf lange Sicht im Verhältnis zum BIP nur leicht ansteigen sollen. Die im Programm veranschlagte Haushaltsposition 2008 hat sich gegenüber der Ausgangsposition des vorhergehenden Programms verschlechtert, was die budgetären Auswirkungen der Bevölkerungsalterung auf die Tragfähigkeitslücke weiter verschärft. Legt man als Ausgangsposition jedoch die Haushaltslage 2009 nach der Frühjahrsprognose 2009 der Kommissionsdienststellen zugrunde, so würde sich die Tragfähigkeitslücke deutlich vergrößern. Zudem liegt auch der derzeitige Bruttoschuldenstand über dem Referenzwert des EG-Vertrags. Wenn die oben erwähnten Risiken aus den Stabilisierungsprogrammen für den Finanzsektor eintreten sollten, würde die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen weiter beeinträchtigt werden, und zwar in dem Maße, wie die Kosten der staatlichen Unterstützung in der Zukunft nicht wieder ausgeglichen werden können. Die Erzielung hoher Primärüberschüsse auf mittlere Sicht und Maßnahmen zur Anhebung des effektiven Pensionsalters würden zu einer Verringerung der derzeit mittleren Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beitragen.

    (9)

    Trotz insgesamt solider öffentlicher Finanzen und fiskalpolitischer Vorschriften besteht beim institutionellen Haushaltsrahmen Österreichs noch Raum für Verbesserungen. Die föderalen Finanzbeziehungen Österreichs — geregelt durch das Finanzausgleichsgesetz 2008—2013 und den nationalen Stabilitätspakt 2008 — sind ziemlich komplex und aufgrund von Kompetenzüberschneidungen sowie einer gemeinsamen Verwaltung und Finanzierung auf allen drei Regierungsebenen nicht hinreichend transparent. Der resultierende Spielraum für Effizienzsteigerungen bei verschiedenen Aspekten der öffentlichen Ausgaben sollte genutzt werden, insbesondere in den Bereichen Gesundheit und Bildung. In diesem Zusammenhang wird in der Programmaktualisierung 2009 der Einsatz von Arbeitsgruppen zur Ausarbeitung weiterer Reformen des Finanzausgleichsgesetzes sowie des Gesundheitssystems und der Altersfürsorge genannt. Vor 2011 ist jedoch mit keinen konkreten Vorschlägen zu rechnen. Auf Bundesebene hat Österreich mit dem Inkrafttreten am 1. Januar 2009 eines neuen mehrjährigen Ausgabenrahmens mit festgelegten Obergrenzen für die vier Folgejahre (Bundesfinanzrahmengesetz) eine weitreichende Reform des Haushaltsgesetzes eingeleitet. Dies soll zu einer Vermeidung prozyklischer Ausgaben und einer Steigerung der Wirksamkeit von automatischen Stabilisatoren beitragen. Ab 2013 sind die Einführung einer ergebnisorientierten Haushaltsführung („Performance Budgeting“) und die Modernisierung des Rechnungslegungsverfahrens für die öffentlichen Finanzen geplant.

    (10)

    Die österreichischen Behörden haben eine Reihe von Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzmärkte getroffen, einschließlich der Einlagensicherung von Einzelpersonen (unbegrenzt bis Ende 2009, danach für bis zu 100 000 EUR; für Einlagen von kleinen und mittleren Unternehmen liegt die Obergrenze bei 50 000 EUR). Durch Bausparförderungen werden weitere Sparanreize für private Haushalte geboten, wodurch die Wohnbaufinanzierung durch Hypothekenkredite sichergestellt werden soll. Für Interbankenkredite und Anleihen durch die neu gegründete Österreichische Clearingbank (OeCAG) und für Commercial-Paper-Emissionen durch Geschäftsbanken hat die österreichische Regierung Garantien von bis zu 75 Mrd. EUR (27 % des BIP) bereitgestellt. Die Regierung hat ferner Kapitalspritzen für Finanzinstitute von bis zu 15 Mrd. EUR (5½ % des BIP) vorgesehen; über 6,4 Mrd. EUR hiervon wurde bis Mitte Mai eine Einigung erzielt, aber bislang wurden nur 4,7 Mrd. EUR tatsächlich in Anspruch genommen.

    (11)

    Da die Haushaltsposition im Jahr 2008 nahezu ausgeglichenen war und keine außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte bestanden, werden die von der österreichischen Regierung gesetzten fiskalpolitischen Impulse für 2009 und 2010 als angemessene Reaktion auf den Wirtschaftsabschwung erachtet. Die Konjunkturpakete Österreichs wurden rechtzeitig — da ein Großteil der Maßnahmen im ersten Quartal 2009 wirksam wurde — und im Einklang mit dem im Dezember vom Europäischen Rat beschlossenen Europäischen Konjunkturprogramm eingeführt. Die im Bereich des Arbeitsmarkts ergriffenen Maßnahmen sollen vorübergehende Entlassungen in Grenzen halten und die Berufsausbildung verbessern. Die Hilfen für kreditabhängige Unternehmen sind meistens nicht im Staatshaushalt verbucht und nehmen die Form von Garantien und subventionierten Darlehen an. Der Großteil der Impulse wird durch eine Stützung der privaten Einkommen erzielt, wobei die Steuerbegünstigungen (1 bis 1 ½ % des BIP) den Hauptteil der zusätzlichen Ausgaben (ca. ½ % des BIP) ausmachen. Die Nettohaushaltsauswirkungen der finanzpolitischen Maßnahmen belaufen sich schätzungsweise auf 1,4 % des BIP im Jahr 2009 und auf 1,7 % des BIP im Jahr 2010. Da ein wesentlicher Teil der Konjunkturmaßnahmen unbefristet ist (85 %), wirft die Reversibilität der fiskalpolitischen Impulse Bedenken auf. Obwohl die Senkung der direkten Steuern und der Sozialbeiträge (vor allem im Niedriglohnbereich) in Einklang mit dem langfristigen Ziel der Regierung einer Verringerung der hohen Steuerbelastung des Faktors Arbeit und der Einführung stärkerer Arbeitsanreize steht, muss eine Lösung für die öffentliche Finanzlücke gefunden werden, da im aktualisierten Stabilitätsprogramm keine wesentliche Konsolidierung vor 2013 vorgesehen ist. Einige der Konjunkturmaßnahmen beziehen sich auf die mittelfristige Reformagenda und die von der Kommission am 28. Januar 2009 im Rahmen der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung vorgeschlagenen und auf der Frühjahrstagung des Europäischen Rats am 19. März gebilligten länderspezifischen Empfehlungen. Sie sollen das Wachstumspotenzial stärken (Investitionen im Bereich Infrastruktur und F&E) und langfristige Herausforderungen wie den Klimawandel mit Schwerpunkt auf Energieeffizienz und verringerten CO2-Emissionen bewältigen.

    (12)

    Nach der expansiven Finanzpolitik der Jahre 2009 und 2010, scheint der finanzpolitische Kurs in den späteren Jahren weitgehend neutral zu sein, da sich der strukturelle Haushaltssaldo 2011 und 2012 nur geringfügig ändern und 2013 um ½ % des BIP verbessern dürfte. Das Defizit wird zwischen 2009 und 2013 den Referenzwert von 3 % des BIP voraussichtlich erheblich überschreiten, und der Konsolidierungspfad dürfte erst am Ende des Programmzeitraums wieder aufgenommen werden. Im Programm ist angeführt, dass die österreichische „Regierung alle notwendigen Maßnahmen treffen [wird], um bis 2012 eine Korrektur vorzunehmen“. Damit soll eine länger andauernde Überschreitung des Referenzwerts von 3 % des BIP vermieden werden. Es werden jedoch keine konkreten Maßnahmen genannt, die eine Verringerung des Defizits vor 2013 sicherstellen würden. Ebenso wird laut der Prognose die Schuldenquote den Referenzwert des EG-Vertrags während des Programmzeitraums überschreiten, wobei die steigende Tendenz auf den expansiven Kurs in den Jahren 2009 und 2010 und die budgetären Auswirkungen der ergriffenen Stabilisierungsmaßnahmen zurückzuführen ist.

    (13)

    Was die im Verhaltenskodex für die Stabilitäts- und Konvergenzprogramme vorgesehenen Daten angeht, so enthält das Programm beinahe alle vorgeschriebenen Daten, weist jedoch gewisse Lücken bei den fakultativen Angaben auf (5).

    Insgesamt lässt sich somit der Schluss ziehen, dass Österreich 2009 und 2010 einen expansiven finanzpolitischen Kurs verfolgen wird; die Verringerung des gesamtstaatlichen Defizits auf ½ % des BIP bis zum Jahr 2008, bedingt durch ein kräftiges Wirtschaftswachstum in den letzten Jahren und ein Ausbleiben außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte, verlieh der österreichischen Regierung genug Spielraum, um umfangreiche Konjunkturmaßnahmen als Reaktion auf die Krise einzuleiten. Die Reaktion kam rechtzeitig und entsprach der Notlage des Finanzsektors sowie dem Umfang und dem Tempo des Wirtschaftsabschwungs. Dennoch stehen die ergriffenen Maßnahmen nur teilweise in Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Europäischen Konjunkturprogramms, da der Großteil davon unbefristet ist. Daher muss — sobald die Krise überwunden ist — eine glaubwürdige und solide Strategie zur Haushaltskonsolidierung verfolgt werden. Im Stabilitätsprogramm ist jedoch (bei gleichbleibender Politik) vor 2013 keine Reduzierung des staatlichen Finanzierungsdefizits vorgesehen, obwohl ab 2010 ein Anstieg des BIP-Wachstums erwartet wird. Darüber hinaus sind die budgetären Projektionen der Behörden angesichts der überaus günstigen BIP-Annahmen mit erheblichen Abwärtsrisiken behaftet. Da ein Großteil der direkten budgetären Auswirkungen der Hilfsprogramme für Unternehmen und Geschäftsbanken nicht im Staatshaushalt verbucht ist und die Form von Garantien annimmt, wird zurzeit davon ausgegangen, dass diese nur begrenzt sind. Wenn jedoch die Zahl der notleidenden Inlands- und Auslandskredite ansteigt, würden sich die öffentlichen Finanzen noch weiter verschlechtern, da dann zusätzliche Kapitalspritzen der Regierung erforderlich wären.

    Angesichts dieser Bewertung wird Österreich aufgefordert,

    i)

    die Finanzpolitik in den Jahren 2009 und 2010 einschließlich der Konjunkturmaßnahmen im Einklang mit dem Europäischen Konjunkturprogramm planmäßig umzusetzen und im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts die fiskalpolitischen Impulse umzukehren, um eine wesentliche Haushaltskonsolidierung im Hinblick auf das mittelfristige Ziel für die Haushaltslage zu unterstützen, die spätestens ab 2011 beginnen soll;

    ii)

    die als erforderlich erachteten Maßnahmen zur Erreichung eines gesamtstaatlichen Defizits unter dem Referenzwert von 3 % des BIP zu konkretisieren;

    iii)

    den Haushaltsrahmen weiter zu verbessern, um die Haushaltsdisziplin auf allen Ebenen des Staates durch mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht zu stärken, namentlich durch eine Angleichung der legislativen, administrativen und finanzpolitischen Zuständigkeitsbereiche zwischen den verschiedenen Regierungsebenen.

    Gegenüberstellung zentraler makoökonomischer und budgetärer Projektionen

     

     

    2007

    2008

    2009

    2010

    2011

    2012

    2013

    Reales BIP (Veränderung in %)

    SP Apr. 2009

    3,1

    1,8

    -2,2

    0,5

    1,5

    2,0

    2,3

    KOM Frühj. 2009

    3,1

    1,8

    -4,0

    -0,1

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    SP Nov. 2007

    3,4

    2,4

    2,5

    2,5

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    HVPI-Inflation (%)

    SP Apr. 2009

    2,2

    3,2

    0,6

    1,1

    1,3

    1,5

    1,9

    KOM Frühj. 2009

    2,2

    3,2

    0,5

    1,1

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    SP Nov. 2007

    1,9

    2,0

    2,0

    2,0

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    Produktionslücke (6) (% des BIP-Potenzials)

    SP Apr. 2009

    2,5

    2,6

    -0,9

    -1,7

    -1,6

    -1,2

    -0,5

    KOM Frühj. 2009 (7)

    2,7

    2,9

    -2,2

    -3,3

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    SP Nov. 2007

    0,4

    0,4

    0,5

    0,5

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    Netto-Finanzierungsdefizit/-überschuss gegenüber dem Rest der Welt (% des BIP)

    SP Apr. 2009

    3,2

    2,9

    1,6

    0,6

    1,0

    1,3

    1,4

    KOM Frühj. 2009

    3,3

    3,3

    2,7

    2,4

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    SP Nov. 2007

    3,5

    3,7

    3,7

    3,7

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    Gesamtstaatliche Einnahmen (% des BIP)

    SP Apr. 2009

    48,0

    48,2

    47,5

    46,5

    46,4

    46,1

    46,1

    KOM Frühj. 2009

    48,0

    48,2

    47,4

    46,7

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    SP Nov. 2007

    47,4

    47,5

    47,3

    47,4

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    Gesamtstaatliche Ausgaben (% des BIP)

    SP Apr. 2009

    48,7

    48,7

    51,1

    51,3

    51,1

    50,9

    50,1

    KOM Frühj. 2009

    48,5

    48,6

    51,6

    52,1

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    SP Nov. 2007

    48,3

    48,1

    47,7

    47,2

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    Gesamtstaatlicher Haushaltssaldo (% des BIP)

    SP Apr. 2009

    -0,5

    -0,4

    -3,5

    -4,7

    -4,7

    -4,7

    -3,9

    KOM Frühj. 2009

    -0,5

    -0,4

    -4,2

    -5,3

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    SP Nov. 2007

    -0,7

    -0,6

    -0,2

    0,4

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    Primärsaldo (% des BIP)

    SP Apr. 2009

    2,3

    2,2

    -0,6

    -1,7

    -1,4

    -1,3

    -0,4

    KOM Frühj. 2009

    2,2

    2,1

    -1,1

    -2,1

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    SP Nov. 2007

    2,0

    2,1

    2,3

    2,8

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    Konjunkturbereinigter Saldo (6) (% des BIP)

    SP Apr. 2009

    -1,7

    -1,6

    -3,1

    -3,9

    -4,0

    -4,1

    -3,7

    KOM Frühj. 2009

    -1,8

    -1,8

    -3,2

    -3,8

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    SP Nov. 2007

    -0,9

    -0,8

    -0,4

    0,1

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    Struktureller Saldo (8) (% des BIP)

    SP Apr. 2009

    -1,7

    -1,6

    -3,1

    -3,9

    -4,0

    -4,1

    -3,7

    KOM Frühj. 2009

    -1,8

    -1,8

    -3,2

    -3,8

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    SP Nov. 2007

    -0,7

    -0,6

    -0,4

    0,1

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    Öffentlicher Bruttoschuldenstand (% des BIP)

    SP Apr. 2009

    59,4

    62,5

    68,5

    73,0

    75,7

    77,7

    78,5

    KOM Frühj. 2009

    59,4

    62,5

    70,4

    75,2

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    SP Nov. 2007

    59,9

    58,4

    57,0

    55,4

    k.A.

    k.A.

    k.A.

    Quelle:

    Stabilitätsprogramm (SP), Frühjahrsprognose 2009 der Kommissionsdienststellen (KOM), Berechnungen der Kommissionsdienststellen.


    (1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1. Die Dokumente, auf die in diesem Text verwiesen wird, finden sich auf folgender Website: http://ec.europa.eu/economy_finance/sg_pact_fiscal_policy/fiscal_policy528_de.htm

    (2)  In die Bewertung fließt vor allem die Prognose der Kommissionsdienststellen vom Januar 2009 ein, daneben jedoch auch andere, neuere Daten.

    (3)  Zusätzlich werden Unterstützungen für kreditabhängige Unternehmen angeboten, hauptsächlich in Form von Garantien, deren budgetäre Auswirkungen nur eintreten, wenn sie in Anspruch genommen werden.

    (4)  Nach der Neuberechnung der Kommissionsdienststellen anhand der Daten des Stabilitätsprogramms. Der Unterschied zu den Schätzungen der Kommissionsdienstellen auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2009 lässt sich mit dem unterschiedlichen gesamtwirtschaftlichen Szenario erklären (siehe Nummern 2 und 3).

    (5)  Insbesondere fehlt im Programm der Stand der außenwirtschaftlichen Annahmen für 2007. Bei den fakultativen Angaben fehlen die detaillierten Kategorien des Netto-Finanzierungsüberschusses gegenüber dem Rest der Welt, detaillierte Kategorien der Bestandsanpassungen und einige detaillierte Angaben zur langfristigen Tragfähigkeit.

    (6)  Produktionslücken und konjunkturbereinigte Salden nach Neuberechnungen der Kommissionsdienststellen anhand von Programmdaten.

    (7)  Ausgehend von einem geschätzten Potenzialwachstum von 1,8 %, 1,7 %, 1,3 % bzw. 1,3 % im Zeitraum 2007—2010.

    (8)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne Anrechnung einmaliger und sonstiger befristeter Maßnahmen. Weder die jüngste Programmfortschreibung noch die Frühjahrsprognose 2009 der Kommissionsdienststellen sehen einmalige oder befristete Maßnahmen vor.

    Quelle:

    Stabilitätsprogramm (SP), Frühjahrsprognose 2009 der Kommissionsdienststellen (KOM), Berechnungen der Kommissionsdienststellen.


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