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Document 52007AE1001
Opinion of the European Economic and Social Committee on Health and Migrations
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Gesundheit und Migration
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Gesundheit und Migration
ABl. C 256 vom 27.10.2007, p. 123–130
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
27.10.2007 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 256/123 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Gesundheit und Migration“
(2007/C 256/22)
Mit Schreiben vom 14. Februar 2007 ersuchte der künftige portugiesische Ratsvorsitz den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss um die Erarbeitung einer Sondierungsstellungnahme zum „Gesundheit und Migration“.
Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 18. Juni 2007 an. Berichterstatter war Herr SHARMA, Mitberichterstatterin Frau CSER.
Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 437. Plenartagung am 11./12. Juli 2007 (Sitzung vom 11. Juli) mit 109 gegen 3 Stimmen folgende Stellungnahme:
1. Schlussfolgerungen
Gegenstand dieser Stellungnahme ist das Verhältnis zwischen Gesundheit und Migration und somit nicht eine Debatte über die Migration per se. Migration spielt eine wichtige Rolle für die Wirtschaft der EU. Es handelt sich um einen fortlaufenden Prozess, in den ein erheblicher und wachsender Teil der Bevölkerung der EU und der Weltbevölkerung eingebunden ist.
Es ist wichtig, dass Migranten und ihren Familien durch die Politik der EU und deren Mitgliedstaaten Gesundheitsschutz auf hohem Niveau gewährt wird. Dazu sind Maßnahmen in zahlreichen Politikbereichen erforderlich, einschließlich Beschäftigung, Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz, Bildung, sozialer Schutz sowie Gesundheitsförderung und -fürsorge.
In dieser Stellungnahme wird auf zahlreiche Gesundheitsprobleme von Migranten und Auswirkungen für die öffentliche Gesundheit verwiesen, wodurch ein Handlungsbedarf für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union entsteht.
1.1 Empfehlungen
Eine menschenwürdige (1) und gerechte (2) Globalisierung muss auf universellen und gemeinsamen Werten fußen, im Sinne der Achtung der Menschenrechte und der Wahrung eines hohen Maßes an Gesundheitsschutz und Nahrungssicherheit für alle Bevölkerungsgruppen, insbesondere für die schwächsten; weitere Grundlagen sollten kulturelle und sprachliche Vielfalt sowie der Austausch und die umfassende Verbreitung von Wissen für alle sein.
Bezugnehmend auf universelle Menschenrechte gibt der EWSA folgende Empfehlungen ab:
1.1.1 |
Es sollten Treffpunkte und Informationszentren für Migranten eingerichtet werden, um ihnen den Zugang zu Informationen über Fragen der Gesundheits- und Sozialfürsorge zu erleichtern. Diese Informationen sollten von in diesen Zentren beschäftigten Angehörigen der gleichen Migrantengemeinschaft erteilt werden, und die Zentren sollten Brennpunkte der Zusammenarbeit zwischen den Behörden, den im Bereich der Migration tätigen nichtstaatlichen Organisationen und den entsprechenden Einrichtungen im Aufnahmeland sein. |
1.1.2 |
Die Mitgliedstaaten und die Europäische Union als Ganzes sollten die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen in Fragen der Gesundheit von Migranten intensivieren, und die auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene auftretenden Probleme wie die Vorzüge sollten beobachtet und bewertet werden. |
1.1.3 |
Nationale Programme zur Förderung der öffentlichen Gesundheit sollten unter Berücksichtigung von Minderheitskulturen ins Bildungswesen vorgesehen werden. |
1.1.4 |
Ein besonderer Ausgleichsfonds sollte eingerichtet werden; weiterhin sollten Maßnahmen für Ausbildung, Rückkehr und eine Zusammenarbeit zwischen Aufnahme- und Herkunftsländern vorgesehen werden. |
1.1.5 |
Der Zugang zu ärztlicher Versorgung und Gesundheitsvorsorge sollte als Menschenrecht für alle in der EU lebenden Menschen ungeachtet ihres Aufenthaltsstatus gewährt werden, denn dies steht im Einklang mit der Charta der Grundrechte, die den Zugang zu gesundheitlicher Vorsorge und ärztlicher Versorgung garantiert. |
1.1.6 |
Es sollten Vertraulichkeitsregelungen zwischen Patienten und medizinischen Einrichtungen eingeführt werden (wo es keine diesbezüglichen Regelungen gibt), damit gewährleistet wird, dass Dritten gegenüber keine Informationen über den Einwandererstatus der betreffenden Person offen gelegt werden und somit Migranten nicht vor der Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe und Versorgung zurückschrecken, insbesondere wenn es sich um irreguläre Migranten handelt. |
1.1.7 |
Die Mitgliedstaaten und die Europäische Union sollten zusammenarbeiten, um die Datenerfassung und Forschung zum Thema Migration und Gesundheit in der gesamten EU zu verbessern. |
1.1.8 |
Die Gesundheit sollte als wesentlicher Aspekt der Migration angesehen werden. |
1.1.9 |
In Folgenabschätzungen zu Fragen der Gesundheit sollten die möglichen Auswirkungen der Gesundheitspolitik und der Maßnahmen in den sonstigen Politikbereichen auf die Gesundheit von Migranten bewertet werden. |
1.1.10 |
Mitgliedstaaten, die traditionell über spezialisierte Gesundheitsdienste im Bereich der Tropenmedizin verfügen, müssen allen in der EU ansässigen Personen ihr Fachwissen zur Verfügung stellen und weiterhin qualifizierte Forschung zur Behandlung von Tropenkrankheiten, insbesondere Malaria, betreiben. |
1.1.11 |
Es sind verbesserte Mechanismen zur Bewertung und Befriedigung der Gesundheitsbedürfnisse aller Kategorien von Migranten frühestmöglich nach ihrer Einreise erforderlich. Zudem ist eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten notwendig, um auf die unmittelbaren Bedürfnisse von Migranten eingehen zu können, die nach der Einreise dringende medizinische Betreuung benötigen, insbesondere durch Dolmetschleistungen. |
1.1.12 |
Die Gesundheit von Migranten am Arbeitsplatz sollte Priorität haben. Diesbezüglich sollten die Sozialpartner und zuständigen Behörden zusammenarbeiten, um zu gewährleisten, dass in Bereichen, in denen Migranten häufig beschäftigt werden, hohe Standards für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz eingehalten werden. Auch sollten in Zusammenarbeit mit den Diensten auf kommunaler Ebene Programme zur Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz weiterentwickelt werden, um so noch besser auf die Bedürfnisse zugewanderter Arbeitnehmer und ihrer Familien einzugehen. |
1.1.13 |
Ferner sollten Gesundheitsförderprogramme für Schulen als eine Möglichkeit angesehen werden, auf Gesundheitsbedürfnisse von Migrantenkindern eingehen zu können. Der Gesundheit von Migrantenkindern ist besondere Priorität beizumessen. Die vorschulischen und schulischen Gesundheitsdienste müssen den Bedürfnissen aller Kinder mit den verschiedensten Hintergründen gerecht werden, d.h. auch den Kindern aus Migrantenfamilien; besondere Aufmerksamkeit sollte hierbei Neuzuwanderern gewidmet werden. |
1.1.14 |
Es sollten Gesundheitsversorgungs- und -vorsorgedienste geschaffen werden, die kulturellen Besonderheiten Rechnung tragen, ohne beim Verbot der genitalen Verstümmelung von Mädchen und Frauen Zugeständnisse zu machen. |
1.1.15 |
Für die Fachkräfte des Gesundheitswesens sollten regelmäßig Schulungen und berufliche Fortbildungen stattfinden, damit sie auf die sich verändernden Gesundheitsbedürfnisse von Migrantengruppen eingehen können. |
1.1.16 |
Die Einstellung von in Entwicklungsländern ausgebildeten Gesundheitsfachkräften sollte nach einem Konzept der gemeinsamen Entwicklung erfolgen, das ihre Rückkehr nach einem vorübergehenden Aufenthalt erleichtert oder dem Herkunftsland, in dem die Ausbildung stattgefunden hat, eine Entschädigung anbietet. Die Kommission muss nach bewährten Verfahrensweisen bezüglich der ethischen Anwerbung medizinischen Personals aus Drittländern Ausschau halten und dabei die Unterbreitung eines Vorschlags für einen EU-Verhaltenskodex ins Auge fassen. |
1.1.17 |
Die Rolle der Gesundheitsaufsichtsbehörde sollte ausgeweitet und der Austausch bewährter Verfahrensweisen gefördert werden; in diesem Zusammenhang sollten die EU-Organe und Einrichtungen eine koordinierende Funktion übernehmen. |
1.1.18 |
Stärkung des interkulturellen Dialogs und mehr Aufmerksamkeit für Gesundheitszustand und Gesundheitsfürsorge (3). |
1.1.19 |
Der EWSA bekräftigt erneut seine früheren Empfehlungen, dass die Mitgliedstaaten die Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zum Schutz der Rechte von Migranten umsetzen sollten (4). |
2. Hintergrund
2.1 |
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt das beständige Interesse des portugiesischen Ratsvorsitzes an der Untersuchung des Themas öffentliche Gesundheit und Migration. Der deutsche, der portugiesische und der slowenische Ratsvorsitz vertreten folgende übereinstimmende Position: „Die Gesundheitspolitik hat große Bedeutung, da eine bessere Vorbeugung und eine grenzüberschreitende Gesundheitsvorsorge den Bürgern Europas unmittelbaren Nutzen bringen.“ (5) Die drei Vorsitze haben sich verpflichtet, ihre Arbeit dahingehend fortzusetzen, dass die Ungleichheiten bei Migranten beim Zugang zur Gesundheitsfürsorge abgebaut werden. Ferner wurde vereinbart, ein breites Spektrum von Gemeinschaftstätigkeiten zu unterstützen, die zur Erreichung eines hohen Gesundheitsniveau für alle Bürgerinnen und Bürger beitragen, wobei Gesundheitsförderung, Krankheitsvorbeugung, Innovation und der Zugang zur Gesundheitsfürsorge im Mittelpunkt stehen sollen. |
2.2 |
Der EWSA hat bereits eine Reihe von Stellungnahmen zum Thema reguläre und irreguläre Migration verabschiedet (6), deshalb stehen im Mittelpunkt dieser Stellungnahme Fragen der Gesundheit. Wir fordern den portugiesischen Ratsvorsitz und sonstige beteiligte Akteure auf, auch auf unsere vorhergehende Arbeit im Bereich Migration Bezug zu nehmen. |
3. Einleitung
3.1 |
Zu Fragen der Gesundheit und Migration wurde bereits viel veröffentlicht, und diese Stellungnahme stützt sich auf das jüngste Dokument, das im Rahmen des Programms zur Politikanalyse und Forschung für die Weltkommission für internationale Migration (Carballo & Mboup, September 2005) verfasst wurde. Auf weitere Quellen wird in der Stellungnahme verwiesen. |
3.2 |
Die Weltgesundheitsorganisation definiert den Begriff Gesundheit als den „Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit oder Gebrechen“. Dieser Stellungnahme liegt die Auffassung zu Grunde, dass „Gesundheit“ im Sinne dieser Definition ein Menschenrecht ist. |
3.3 |
Die Gesundheit von Migranten und Flüchtlingen ist aus zahlreichen Gründen ein wichtiges Thema. Dazu zählen:
|
4. Ausmaß des Problems und betroffene Bereiche
4.1 |
Schätzungen zufolge migrieren jährlich weltweit über 200 Millionen Menschen auf der Suche nach Arbeit und besseren Lebensbedingungen, davon mindestens 30-40 (7) Millionen inoffiziell. Die Zahl der Migranten weltweit entspräche dem Land mit der fünftgrößten Bevölkerung der Welt (8). Der Anteil der Frauen unter den Migranten betrug im Jahr 2005 weltweit 49,6 %. In Europa halten sich zwischen 7 und 8 Millionen Migranten ohne gültige Ausweispapiere auf (9). |
4.2 |
Für diese Sondierungsstellungnahme betrachtet der Ausschuss das Thema Migration und Gesundheit überwiegend unter dem Gesichtspunkt der Einwanderung von Bürgern aus Drittstaaten in die EU. Gegenwärtig leben in der EU etwa 18 Millionen Bürgerinnen und Bürger aus Drittstaaten. Ferner gibt es eine erhebliche Zahl im Ausland geborener Bürger sowie illegaler bzw. irregulärer Migranten. Der Großteil der Migranten ist jedoch legal in die EU eingewandert. |
4.3 |
Der Anteil Asylsuchender an der insgesamt eingewanderten Bevölkerung ist relativ gering, und die Zahl der Asylbewerber ist in den letzten Jahren zurückgegangen. Dies ist jedoch eher auf die Politik der EU als auf einen allgemeinen Rückgang der Zahl Schutz suchender Menschen zurückzuführen.
In den letzten Jahren ist die legale und illegale Einwanderung in eine Reihe von Ländern Südeuropas, darunter Portugal, Spanien und Italien, gestiegen. Viele der Einwanderer kommen aus Nordafrika oder aus den afrikanischen Ländern südlich der Sahara, aus Lateinamerika, Asien und den Staaten der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). |
4.4 |
Auch wenn die Einwanderer generell gesünder als andere Menschen ihrer Herkunftsländer sind, können sie größere gesundheitliche Probleme als die durchschnittliche Bevölkerung des Aufnahmelands haben. Dies ist auf eine Reihe von Gründen zurückzuführen, z.B.:
|
4.5 |
Einwanderer aus mehreren Gebieten leiden häufiger an übertragbaren Krankheiten sowie an chronischen Krankheiten wie psychischen Problemen, koronaren Herzkrankheiten, Atemwegserkrankungen und Diabetes. |
4.6 |
Irreguläre Migranten, einschließlich deren Familien und insbesondere Kinder, haben größere gesundheitliche Probleme als Migranten mit regulärem Status, die auf Gesundheitsrisiken bei der Einreise, die schlechteren wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen sowie den unzureichenden Zugang zu den Diensten zurückzuführen sind. |
5. Unterschiedliche Migrationsarten
5.1 Freiwillige Migration
5.1.1 |
Wirtschaftliche Faktoren sind die Hauptauslöser für die Migration nach Europa, weitere wichtige Migrationsgründe sind die Flucht vor Konflikten und Verfolgung. Menschen migrieren aus unterschiedlichen Beweggründen an andere Orte und werden dies auch in Zukunft tun. Während manche beabsichtigen, sich an einem anderen Ort niederzulassen und ein neues Leben zu beginnen, wollen andere ausreichend Geld verdienen, um anschließend nach Hause zurückzukehren. |
5.1.2 |
Bestimmte Migranten begeben sich legal in ein anderes Land, um dort für eine befristete Zeit zu arbeiten, andere wiederum reisen illegal ein, finden jedoch eine Arbeit und bleiben für eine unbestimmte Zeit. Beide dieser Gruppen können gesundheitlichen Problemen ausgesetzt sein, die oft mit der nationalen Politik und der Haltung der gesellschaftlichen Gruppen gegenüber Migranten sowie Faktoren verbunden sind, die im weiteren Sinne Einfluss auf die Gesundheit haben, z.B. Bildung, Beschäftigung und Wohnverhältnisse. |
5.1.3 |
Als eine der wichtigsten Migrationsformen wird zunehmend die zirkuläre Migration angesehen (10). Wird diese gut gesteuert, kann sie zur Regulierung des Angebots an und der Nachfrage nach Arbeitskräften auf internationaler Ebene und somit zu einer effizienteren Verteilung verfügbarer Ressourcen und zum Wirtschaftswachstum beitragen. Diese Migrationsform ist möglicherweise eine Antwort auf das Erfordernis, dass die EU eine glaubwürdige Alternative zur illegalen Einwanderung bieten muss. |
5.2 Erzwungene Migration
5.2.1 |
Erzwungene Migration hat ernsthafte und weit reichende Auswirkungen auf die Gesundheitsfürsorge. Jedes Jahr sind Menschen gezwungen, ihr eigenes Land zu verlassen, und werden Flüchtlinge, die unter UN-Schutz stehen. Millionen von Menschen sind gezwungen, ihre Häuser zu verlassen, jedoch in ihrem Land zu bleiben. |
5.2.2 |
Oft müssen Menschen riesige Geldbeträge für Hilfe bei der Grenzüberquerung bezahlen, was zu finanziellen Notlagen führt. Migranten leben in Angst und können von Arbeitgebern leicht ausgenutzt werden. Frauen werden häufig vergewaltigt und sexuell ausgebeutet. |
5.2.3 |
Menschenhandel ist ein Verbrechen, durch das grundlegende Menschenrechte verletzt und Leben zerstört werden. Er wird als moderne Form der Sklaverei gewertet. Schätzungen zufolge beträgt die Zahl der Menschen, die in einer Form der erzwungenen Abhängigkeit leben, jährlich 12 Millionen (nach Angaben der ILO), während über eine Millionen Menschen wie Waren zum Zweck der Prostitution oder Zwangsarbeit verkauft werden. Nach Angaben des Außenministeriums der USA sind 80 % der betroffenen Menschen Frauen und Mädchen und bis zu 50 % Minderjährige. Aus den Angaben geht auch hervor, dass der Menschenhandel in den meisten Fällen zum Zweck der sexuellen Ausbeutung erfolgt. |
5.2.4 |
Die Menschenhändler erzielen durch den Menschenhandel erhebliche Gewinne. Schätzungen zufolge handelt es sich hierbei um jährlich 10 Milliarden US-Dollar (11). (iii: UNICEF) |
5.3 Internationaler Reiseverkehr
5.3.1 |
Angaben der Welttourismusorganisation zufolge waren im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts 30 % der Unternehmen des Dienstleistungsgewerbes weltweit für den internationalen Tourismus tätig, und es wird geschätzt, dass bis 2020 die Zahl der Einreisen von Touristen 1,55 Mrd. übersteigen wird. Davon werden 0,4 Milliarden Langstreckenreisen über ökologische Zonen hinweg antreten. |
5.3.2 |
Schätzungsweise reisen jährlich 14 Millionen Menschen aus den Industrieländern in tropische Gegenden nach Afrika, Asien, Lateinamerika sowie auf die Pazifischen Inseln. Eine erhebliche Zahl von ihnen kehrt mit einer Krankheit zurück, die einer Behandlung bedarf. Die häufigste Krankheit ist Diarrhö, aber auch Malaria stellt für die Länder, in die Touristen zurückkehren, in Bezug auf Diagnose, Behandlung und Kosten ein verbreitetes Problem dar. |
5.3.3 |
Ohne entsprechende Schutzmaßnahmen laufen Touristen Gefahr, sich mit Hepatitis-A und sexuell übertragbaren Krankheiten, darunter auch HIV/AIDS, zu infizieren. |
6. Auswirkungen von Migration auf die Gesundheit und öffentliche Gesundheit
6.1 Politik
6.1.1 |
In vielen EU-Ländern werden das Recht auf Einreise, die Dauer des Aufenthalts und die Umstände, unter denen das Land verlassen werden muss, durch eine eigene Ausländerpolitik regelt. Insgesamt ist diese Politik eher beschränkend als nachgiebig und macht Migration kompliziert. Dadurch kann ein soziales und wirtschaftliches Umfeld entstehen, das sich nachteilig auf die Gesundheit von Migranten auswirkt. |
6.1.2 |
Die Auffassungen zur öffentlichen Gesundheit und zu Gesundheitsuntersuchungen unterscheiden sich in den einzelnen Ländern ebenso wie die Konzepte bezüglich des Zugangs zu Gesundheits- und Sozialdiensten. Es scheint jedenfalls an umfassenden Informationen zu fehlen, die einen Vergleich einzelstaatlicher Verfahren erlauben. |
6.2 Daten
6.2.1 |
Nur in wenigen EU-Ländern werden regelmäßig Daten zur Gesundheit von Migranten erfasst, so dass es schwierig ist, verlässliche Angaben über die Erfahrungen und Bedürfnisse bezüglich ihrer Gesundheit zu liefern. In vielen Ländern sind die Gesundheitserfassungssysteme nicht so konzipiert, dass der Migrationshintergrund der Patienten erfasst werden kann. |
6.2.2 |
Während in einigen Ländern diese Daten erfasst werden, konzentriert man sich in anderen auf die Herkunftsregionen oder ethnische Gruppen. Möglicherweise geht aus den Angaben nicht deutlich hervor, ob es sich um Einwanderer oder Nachkommen von Einwanderern handelt. In machen Fällen werden die Personen nur nach ihrer ethnischen Herkunft beschrieben, es wird jedoch nicht unterschieden, ob z.B. Kinder mit eingewandert sind oder ob es sich um nach der Einwanderung geborene Kinder von Migranten handelt. |
6.2.3 |
Ferner ist die Zahl der irregulären und somit nicht erfassten Migranten unbekannt, die u.U. zögern werden, Leistungen der Gesundheitsversorgung in Anspruch zu nehmen, wenn sie sie benötigen. |
6.2.4 |
Außerdem ist es möglich, dass Migranten Gesundheitsbehörden gegenüber nur unwillig Auskunft über ihren Migrantenstatus geben, wenn diese zu ihrem Nachteil verwendet werden könnte. Dies trägt zusätzlich dazu bei, dass zu wenig zuverlässigen Angaben verfügbar sind. |
6.2.5 |
Das ablehnende Verhalten kann auch auf kulturelle und religiöse Gründe zurückzuführen sein. Ferner fehlt es in den Behörden und Gesundheitsfürsorgeeinrichtungen an entsprechendem Wissen. Man ist dort nicht vorbereitet, auf die speziellen Bedürfnisse der Migrantinnen und Migranten einzugehen. Aus den genannten Gründen gibt es nur unzureichende Informationen zu Migranten und ihrem Gesundheitszustand. |
6.3 Migration und psychosoziales Wohlbefinden
6.3.1 |
Sowohl für irreguläre Migranten als auch für Migranten mit regulärem Status werden die mit der Sprache, Kultur und Politik des Aufnahmelands verbundenen Probleme durch die Angst vor dem Unbekannten verschärft (siehe Tizon 1983). Weitere Probleme wie
haben Auswirkung auf die Gesundheit einzelner Personen und ganzer Personengruppen. |
6.4 Migration und psychische Gesundheit
6.4.1 |
Untersuchungen zeigen (12), dass einige Migrantengruppen in Europa die höchsten Erkrankungsraten für Schizophrenie, die höchsten Suizidraten, ein hohes Vorkommen von Drogen- und Alkoholmissbrauch sowie eine starke Gefährdung hinsichtlich Depressionen und Angstzuständen aufweisen. Aus dieser Studie geht auch hervor, dass für diese Gruppen kein angemessener Zugang zur Gesundheits- und Sozialfürsorge besteht. |
6.4.2 |
Als Faktoren, die den psychischen Gesundheitszustand von Migranten beeinträchtigen, wurden beispielsweise festgestellt: Änderungen bezüglich der Ernährung, Familie und sozialen Unterstützung sowie der Kultur, Sprache und des Klimas; Feindseligkeit, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit seitens der einheimischen Bevölkerung; Flucht vor Krieg und dessen Grauen und Qualen, Verlust der Familie und sexueller Missbrauch. |
6.4.3 |
Aus der Studie geht hervor, dass zwei Drittel der Flüchtlinge Angstzustände oder Depressionen sowie Symptome von Störungen wie etwa häufig auftretende Alpträume und Panikattacken, erfahren. |
6.4.4 |
Der ohnehin mangelhafte Zugang zu Behandlungen, Hilfe und Unterstützung für diese Störungen ist besonders für Asylbewerber und Migranten ohne Ausweispapiere erschwert, die diese Dienste am meisten benötigen. |
6.5 Migration und körperliche Gesundheit
6.5.1 |
Alle Menschen haben eine Art gesundheitlichen „Fußabdruck“, der von ihrer Herkunft und der sozialen Umgebung, in der sie leben, bestimmt wird. Im Allgemeinen wandern Wirtschaftsmigranten aus ärmeren Ländern in wohlhabendere Länder aus, demzufolge sind ihre Gesundheitsprofile eher durch ärmere Verhältnisse bestimmt. |
6.6 Übertragbare Krankheiten
6.6.1 |
Die Unterstützung für Migranten, die an HIV/AIDS oder Tuberkulose leiden, ist unbeständig und mit Problemen bezüglich der Kultur, Sprache und Religion sowie des rechtlichen und wirtschaftlichen Status von Migranten verbunden. Für die junge Generation sowie Frauen und Mädchen besteht ein höheres Risiko der Infizierung mit HIV/AIDS. |
6.6.2 |
Es wird keine einheitliche Politik im Bereich der Gesundheitskontrolle verfolgt und sogar die Untersuchungen, die vor Ort vor der Einwanderung durchgeführt werden, unterscheiden sich. Ungesicherten Angaben zufolge sind die Reaktionen auf die örtlichen Gesundheitsuntersuchungen sehr unterschiedlich. Einige Gesundheitsfürsorgeeinrichtungen berichten, dass 50 % der zu nachfolgenden Untersuchungen bestellten Personen nicht erscheinen, und sie erklären dies durch Kommunikationsprobleme, Angst vor den Behörden und fehlendes Verständnis für die gebotenen Leistungen. Der EWSA hat zur Kenntnis genommen, dass EU-Kommissar Kyprianou das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) ersucht hat, einen EU-Aktionsplan zur Bekämpfung von Tuberkulose vorzulegen. Der Plan soll im Herbst 2007 veröffentlicht werden und die Lage in den einzelnen Mitgliedstaaten berücksichtigen. |
6.6.3 |
Zwischen 1995 und 2005 war in der EU ein stetes Ansteigen der gemeldeten Tuberkulose-Fälle zu verzeichnen. In dem jüngsten Epidemiologischen Bericht des ECDC wird darauf verwiesen, dass 30 % aller in den 25 Ländern gemeldeten Fälle „ausländischen Ursprungs“ sind (vi: The First European Communicable Disease Epidemiological Report, Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten, 2007). Es muss allerdings auch eingeräumt werden, dass die Migranten häufig in Gebieten untergebracht sind, wo schlechte Unterkunftsbedingungen mit engen Wohn- und Arbeitsräumen und dem damit verbundenen Risiko von Atemwegsinfektionen herrschen. Auch unter Obdachlosen ist der Anteil von Migranten wahrscheinlich überdurchschnittlich hoch. |
6.6.4 |
In Bezug auf HIV/AIDS enthält der EU-Bericht „AIDS & Mobility — HIV/AIDS Care & Supports for Migrants and Ethnic Minority Communities in Europe“ (vii: EU — herausgegeben von Clark K & Broring G) Angaben der Länder zu folgenden Themen:
|
6.6.5 |
In dem Bericht wird die Tatsache hervorgehoben, dass die Situation von Migranten (in Bezug auf Zahl, ethnischen Hintergrund und epidemiologische Aspekte) sowie die Reaktionen der Gesellschaft auf diese in ganz Europa sehr unterschiedlich sind. |
6.6.6 |
Es besteht die Möglichkeit, dass Menschen aus Teilen der Welt mit hohen HIV-Raten bereits infiziert einreisen könnten. In der Tat sind 47 % aller zwischen 1997 und 2005 in der EU festgestellten heterosexuell übertragenen HIV-Infektionen auf Personen aus Ländern mit hoher HIV-Prävalenz zurückzuführen. |
6.6.7 |
Umgekehrt scheint das Infektionsrisiko von Migranten aus Ländern mit einer niedrigen HIV-Prävalenz keinesfalls höher (eventuell sogar niedriger) zu sein als das von Staatsbürgern des Aufnahmelandes. |
6.7 Nichtübertragbare Krankheiten
6.7.1 |
Chronische Krankheiten wie die koronare Herzkrankheit (KHK), die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Schlaganfall und Diabetes sind fast überall auf der Welt ein großes Problem für die Gesundheitsfürsorgedienste und Ursache für ungefähr die Hälfte der jährlichen Todesfälle. |
6.7.2 |
Die koronare Herzkrankheit ist die häufigste Todesursache. Sie hat zudem die größten Auswirkungen in Bezug auf Behandlung und Kosten sowie auf die Betroffenen, auf ihre Fürsorgepersonen und die sie umgebende Gemeinschaft. KHK-Fälle bei Einwanderern können auf ethnische Prädisposition, Ernährung und Stress zurückzuführen sein. In Großbritannien scheinen Männer aus Asien anfälliger für KHK zu sein als andere (viii: Baljaran & Raleigh, 1992; McKeigue & Sevak, 1994, BMJ 2003). Sowohl bei Männern als auch bei Frauen südasiatischer Herkunft ist eine 30-40 % höhere Sterberate aufgrund KHK zu verzeichnen als bei anderen Personengruppen (ix: Balajaran, 1991). |
6.7.3 |
Daten aus Großbritannien verweisen darauf, dass bei Einwanderern aus der Karibik die Zahl der Schlaganfälle doppelt so hoch ist wie bei der „weißen“ Bevölkerung (x: Stewart 1999). In Schweden wurde unter finnischen Einwanderern, die zu falscher Ernährung und Alkoholkonsum neigen, ein hoher Anteil an Übergewichtigkeit und KHK gemeldet (xi: Jarhult et.al 1992). |
6.8 Erbkrankheiten
6.8.1 |
Die Migration von Menschen aus verschiedenen Teilen der Welt kann auch zur Verlagerung des Vorkommens genetischer Krankheiten führen. So ist die Verbreitung der Sichelzellenanämie und Thalassämie in Folge der Migration aus Afrika, der Karibik und den Mittelmeerstaaten offensichtlich größer geworden. Die Sichelzellenanämie ist in der EU relativ verbreitet und betrifft in Großbritannien jährlich 6 000 Erwachsene und zwischen 75 bis 300 Säuglinge und Kleinkinder (xii: Karmi 1995). Auch unter Migranten in Portugal wurde eine starke Verbreitung der Sichelzellenanämie festgestellt (xiii: Carrerio et al, 1996). |
6.8.2 |
Thalassämie ist eine vererbte Blutkrankheit, die ihren Ursprung im Mittelmeerraum hat und in Großbritannien unter ethnischen Minderheiten aus dem Nahen Osten und Zypern festgestellt wurde. Ferner gibt es Anhaltspunkte, dass diese Krankheit auch bei Personen mit Herkunft aus Pakistan, China und Bangladesch vorkommt. |
6.8.3 |
Diese Krankheiten erfordern spezielle Diagnosen und Beratungsdienste, die nicht immer verfügbar sind. |
6.9 Berufskrankheiten
6.9.1 |
Migranten üben in der Regel Berufe mit niedrigen Qualifikationsanforderungen aus, die für die lokale Bevölkerung nicht mehr attraktiv sind. Einige dieser Tätigkeiten, insbesondere im Bergbau, in der Asbest-, Chemie- oder Schwerindustrie, sind mit Gesundheitsrisiken verbunden. In der Landwirtschaft wird ein Zusammenhang darin gesehen, dass Beschäftigte, die Pestiziden und anderen Chemikalien ausgesetzt sind, häufig an Depressionen und Kopfschmerzen leiden und es bei Frauen oft zu Fehlgeburten kommt. |
6.9.2 |
Bei hoch qualifizierten, qualifizierten bzw. als Fachkräfte abgewanderten Migranten sowie zirkulären Migranten tritt sehr häufig arbeitsbedingter Stress auf, da sie im Vergleich zu den einheimischen Beschäftigten schlechtere Bedingungen (unterschiedliche Rechte usw.) haben. Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit haben sie jedoch keine Wahl (13). |
6.10 Unfälle
6.10.1 |
In Europa ist die Zahl der Arbeitsunfälle unter Migranten etwa doppelt so hoch wie unter den sonstigen Beschäftigten (xiv: Bollini & Siem, 1995). In Deutschland ist die Zahl der Unfälle unter Migranten gewöhnlich hoch, insbesondere unter Beschäftigten in Industriebranchen mit unzureichenden Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen (xv: Huismann et al, 1997). Weitere Angaben aus Deutschland deuten darauf hin, dass Migrantenkinder der Altergruppe 5 bis 9 Jahre häufiger durch Verkehrsunfälle und andere Unfälle verletzt werden als deutsche Kinder derselben Altersgruppe (xvi: Korporal & Geiger, 1990). In den Niederlanden scheinen Kinder türkischer und marokkanischer Herkunft stärker von Hausunfällen, einschließlich Vergiftungen und Verbrennungen, sowie Verkehrsunfällen betroffen zu sein (xvii: de Jong & Wesenbeek, 1997). |
6.11 Reproduktive Gesundheit
6.11.1 |
Bei bestimmten Migrantengruppen wie etwa Männern, die von ihren Ehepartnerinnen getrennt sind, treten häufiger sexuell übertragbare Krankheiten auf. In vielen EU-Ländern sind Erkrankungen in Verbindung mit einer Schwangerschaft unter Migrantenfrauen stärker verbreitet als bei einheimischen Frauen. Die Raten der Schwangerschaftsabbrüche sind bei Migrantenfrauen tendenziell höher. In Barcelona bitten im Vergleich zu spanischen Frauen doppelt so viele eingewanderte Frauen um einen Schwangerschaftsabbruch. In einer Studie des Internationalen Zentrums für Migration und Gesundheit (ICMH) in Genf wird berichtet, dass die Abtreibungsrate bei illegal eingewanderten Frauen dreimal so hoch ist wie die Rate bei einheimischen Frauen vergleichbaren Alters (xviii: Carballo et al, 2004). |
6.11.2 |
In Großbritannien haben Neugeborene asiatischer Mütter im Vergleich zu anderen ethnischen Gruppen gewöhnlich ein niedrigeres Geburtsgewicht und das Risiko der perinatalen und postnatalen Sterblichkeit liegt ebenfalls höher. Bei Kindern von Frauen aus der Karibik liegt die postneonatale Sterblichkeitsrate über dem Durchschnitt. In Belgien und Deutschland wird über hohe Raten perinataler Sterblichkeit und eine hohe Säuglingssterblichkeit im Zusammenhang mit Migrantinnen aus Marokko und der Türkei berichtet. Niedrige Geburtsgewichte und Probleme während der Entbindung werden bei Frauen aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara sowie aus Mittel- und Südamerika festgestellt. |
6.11.3 |
Kinder von Migranten nehmen Vorsorgeleistungen wie etwa Schutzimpfungen seltener in Anspruch. |
6.12 Hindernisse für den Zugang zu und die wirksame Nutzung von Gesundheitsfürsorgediensten durch Migranten
6.12.1 |
Migranten erfahren rechtliche, psychosoziale und wirtschaftliche Probleme beim Zugang zur Gesundheitsfürsorge. Ein offensichtliches Problem sind die Sprachbarrieren, ebenso die Kosten der Gesundheitsfürsorge, da für Migranten mit geringen Einkommen sogar sehr geringe Zuzahlungen ein erhebliches Hindernis sein können. Für irreguläre Migranten und Asylbewerber, die auf die Bearbeitung ihrer Anträge warten, bestehen in vielen Ländern rechtliche Beschränkungen bezüglich der Fürsorge. |
6.12.2 |
Ferner sind die öffentlichen Gesundheitsdienste häufig nicht auf die spezifischen Gesundheitsprobleme von Migranten eingestellt, und es fehlt ihnen an der notwendigen Sensibilität und Fachkenntnis für eine erfolgreiche Behandlung von Menschen, die unter Umständen deutlich andere Auffassungen von Gesundheit und eine andere Einstellung zu Krankheit, Schmerz und Tod haben, sowie auf ihre Art Symptome beschreiben, mit der Krankheit umgehen und ihre Erwartungen gegenüber dem Arzt zum Ausdruck bringen. |
6.12.3 |
Diese Lage könnte sich außerdem durch die Komplexität des hoch entwickelten und differenzierten Gesundheitswesens in den Mitgliedstaaten noch verschlechtern. |
6.12.4 |
Die Organisation von Krankheitsvorbeugung und Gesundheitsförderung für Migranten ist oft unzureichend. Dies gilt sowohl für pränatale Untersuchungen als auch für Impfprogramme und weitere Formen der Vorbeugung und Früherkennung, einschließlich Kontrolluntersuchungen. Bislang wurden bei Präventionsprogrammen nur selten kulturbezogene Ansätze berücksichtigt, bei denen auf die verschiedenen Migrantengruppen eingegangen wird. |
6.12.5 |
Die hohen Preise bestimmter Gesundheitsfürsorgeleistungen und die Kosten von Medikamenten sind für die meisten Migranten eine hohe Belastung. Diese Umstände können dazu führen, dass eine Behandlung nicht rechtzeitig verlangt wird, dass verschriebene Behandlungsmaßnahmen nicht eingehalten oder Medikamente nicht eingenommen werden. Dies führt zu einem unermesslichen Anwachsen menschlichen Leids sowie zu steigenden wirtschaftlichen Kosten für die Gesellschaft insgesamt. |
6.13 Fachkräfte des Gesundheitswesens
6.13.1 |
Die Tendenz, immer mehr Gesundheitsfachkräfte aus armen Ländern in der EU und anderen Industrieländern einzustellen, ist eine weitere Herausforderung mit wachsender Bedeutung. Setzt sich dieser Prozess ungesteuert fort, so kann für die Entwicklung des Gesundheitswesens in den Herkunftsländern (denen die Fachkräfte verloren gehen) ein beträchtlicher Schaden entstehen und die nachhaltige Ausbildung von Ärzten und Krankenpflegepersonal in diesen Ländern kann in Gefahr geraten. Die Abwanderung ausgebildeter Gesundheitsfachkräfte aus ressourcenarmen Herkunftsländern bedeutet einen erheblichen Verlust der in die Ausbildung von Gesundheitspersonal getätigten Investitionen (14). Zur Bewältigung dieses Problems müssen neue Lösungen, wie etwa ein besonderer Ausgleichfonds, Ausbildungsmaßnahmen und Rückkehranreize, gefunden werden. Das Beispiel Großbritanniens und Irlands, wo sichergestellt wird, dass der Staatliche Gesundheitsdienst den Grundsatz der ethischen Anwerbung von Fachkräften anwendet, ist weithin als bewährte Verfahrensweise anerkannt. Die Mitgliedstaaten müssen gewährleisten, dass solche Verfahren angenommen und von Beschäftigungsagenturen des Gesundheitswesens, privaten Gesundheitseinrichtungen sowie öffentlichen Gesundheitsdiensten angewendet werden. |
6.13.2 |
Gesundheitsfachkräfte (besonders Krankenpflegepersonal und Ärzte) spielen eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung und Verbesserung der Gesundheitsfürsorge für Migranten. Die Mitgliedstaaten müssen gewährleisten, dass Gesundheitsfachkräfte in der Lage sind, den Gesundheitsbedürfnissen von Migranten gerecht zu werden und die mit der Kultur, Religion sowie dem Lebensstil zusammenhängenden Faktoren zu verstehen, die Einfluss auf die Gesundheitsgewohnheiten dieser spezifischen Bevölkerungsgruppen haben. Dies ist erforderlich, um Migranten den Zugang zu entsprechenden Gesundheitsfürsorgediensten zu gewährleisten, die auch kulturellen Besonderheiten Rechnung tragen. |
Brüssel, den 11. Juli 2007
Der Präsident
des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Dimitris DIMITRIADIS
(1) Siehe Stellungnahme des EWSA vom 31.5.2007 zum Thema „Herausforderungen und Möglichkeiten für die EU im Zuge der Globalisierung“ (Sondierungsstellungnahme), Berichterstatter: Herr MALOSSE, Mitberichterstatter: Herr NILSSON, ABl. C 175 27.7.2007.
(2) ILO, „A Fair Globalization“, 2004.
(3) Siehe Stellungnahme des EWSA vom 20.4.2006 zu dem „Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zum Europäischen Jahr des interkulturellen Dialogs (2008)“ — KOM(2005) 467 endg. — 2005/0203 (COD), Berichterstatterin: Frau CSER (ABl. C 185 vom 8.8.2006).
(4) Die 1990 verabschiedete Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen ist im Juli 2003 in Kraft getreten. Sie ergänzt das ILO-Übereinkommen über Wanderarbeitnehmer von 1949 (Nr. 97) und das ILO-Übereinkommen über Wanderarbeiter (ergänzende Bestimmungen) von 1975 (Nr. 143). Die drei Übereinkommen bilden zusammen einen Rahmen für den Umgang mit den Rechten von Wanderarbeitern und mit Problemen der illegalen Migration. Sie sind in einem breiteren politischen Kontext zu sehen, der auch die jüngst verabschiedeten UN-Übereinkommen zur Bekämpfung von illegalem Handel, Schmuggel und Ausbeutung umfasst, z.B. die UN-Konvention gegen die transnationale organisierte Kriminalität und das Protokoll zu diesem betreffend Prävention, Verhinderung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels (2000) sowie das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen gegen die Schleusung von Migranten auf dem Land-, Luft- und Seeweg (2000), das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes bezüglich des Verkaufs von Kindern, Kinderprostitution und Kinderpornographie (2000), sowie die bereits 1951 verabschiedete Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und das Protokoll von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. Obwohl diese Übereinkommen bis heute von verhältnismäßig wenigen Ländern oder gegebenenfalls regionalen Wirtschaftsorganisationen ratifiziert wurden (mit Ausnahme der Flüchtlingsübereinkommen), können wesentliche Elemente dieser Instrumente Teil einer umfassenderen Agenda werden.
(5) Rat der Europäischen Union, Achtzehnmonatsprogramm des deutschen, des portugiesischen und des slowenischen Vorsitzes, Brüssel, 21. Dezember 2006.
(6) Siehe folgende Stellungnahmen des EWSA:
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Stellungnahme vom 13.9.2006 zum Thema „Die Einwanderung in die EU und die Integrationspolitik: Die Zusammenarbeit zwischen den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und den Organisationen der Zivilgesellschaft“, Berichterstatter: Herr Pariza Castaños (ABl. C 318 vom 23.12.2006). |
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Stellungnahme vom 15.12.2005 zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament — Das Haager Programm: Zehn Prioritäten für die nächsten fünf Jahre — Die Partnerschaft zur Erneuerung Europas im Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ — KOM(2005) 184 endg., Berichterstatter: Herr Pariza Castaños (ABl. C 65 vom 17.3.2006). |
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Stellungnahme vom 20.4.2006 zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zu Gemeinschaftsstatistiken über Wanderung und internationalen Schutz“ — KOM(2005) 375 endg. — 2005/0156 (COD), Berichterstatterin: Frau Sciberras (ABl. C 185 vom 8.8.2006). |
(7) Bericht der Vereinten Nationen „Trends in Total Migrant Stock: The 2003 Revision“.
(8) Statistikbehörde US Census Bureau, IDB — Rank Countries by Population,
http://www.census.gov/ipc/www/idbrank.html.
(9) Die „Informationsquelle Migration“,
http://www.migrationinformation.org/Feature/display.cfm?id=336.
(10) Mitteilung zum Thema Zirkuläre Migration vom 16. Mai 2007.
(11) The New Global Slave Trade (Der neue globale Sklavenhandel), Ethan B. Kapstein, aus „Foreign Affairs“, November/Dezember 2006.
(12) M.G. Carta, M Bernal, MC Harday und JM Abad: Migration and mental health in Europe 2005 (Migration und psychische Gesundheit in Europa 2005).
(13) „Who Cares? Women Health Workers in the Global Labour Market“ (Wen kümmert's? Weibliche Gesundheitsfachkräfte auf dem globalen Arbeitsmarkt), herausgegeben von Kim Van Eyck, PhD, 2005.
(14) Kim Van Eyck ed., 2005, Who cares?, UNISON UK: PSI.
ANHANG
zu der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Folgender Änderungsantrag, auf den mindestens ein Viertel der abgegebenen Stimmen als Ja-Stimmen entfiel, wurde im Verlauf der Beratungen abgelehnt (und wird hier gemäß Artikel 54 Ziffer 3 der Geschäftsordnung wiedergegeben):
Ziffer 1.1.8
Ersatzlos streichen:
„1.1.8 |
Nationale Programme zur Förderung der öffentlichen Gesundheit sollten unter Berücksichtigung von Minderheitskulturen ins Bildungswesen aufgenommen werden.“ |
Abstimmungsergebnis
Ja-Stimmen: 44
Nein-Stimmen: 51
Stimmenthaltungen: 11