This document is an excerpt from the EUR-Lex website
Document 52005AE0689
Opinion of the European Economic and Social Committee on the Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on compulsory licensing of patents relating to the manufacture of pharmaceutical products for export to countries with public health problems (COM(2004) 737 final – 2004/0258 (COD))
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Zwangslizenzen für Patente an der Herstellung von Arzneimitteln, die für die Ausfuhr in Länder mit Problemen im Bereich der öffentlichen Gesundheit bestimmt sind“(KOM(2004) 737 endg. - 2004/0258 (COD))
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Zwangslizenzen für Patente an der Herstellung von Arzneimitteln, die für die Ausfuhr in Länder mit Problemen im Bereich der öffentlichen Gesundheit bestimmt sind“(KOM(2004) 737 endg. - 2004/0258 (COD))
ABl. C 286 vom 17.11.2005, p. 4–7
(ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)
17.11.2005 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 286/4 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Zwangslizenzen für Patente an der Herstellung von Arzneimitteln, die für die Ausfuhr in Länder mit Problemen im Bereich der öffentlichen Gesundheit bestimmt sind“
(KOM(2004) 737 endg. - 2004/0258 (COD))
(2005/C 286/02)
Der Rat beschloss am 15. Dezember 2004, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 251 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu dem obenerwähnten Vorschlag zu ersuchen.
Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 23. Mai 2005 an. Berichterstatter war Herr BRAGHIN.
Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 418. Plenartagung am 8./9. Juni 2005 (Sitzung vom 8. Juni) mit 64 gegen 1 Stimme bei 1 Stimmenthaltung folgende Stellungnahme:
1. Wesentlicher Inhalt der Stellungnahme
1.1 |
Der EWSA unterstützt die von der Kommission vorgeschlagene Verordnung zur Umsetzung des Beschlusses des Allgemeinen Rates der Welthandelsorganisation (WTO) vom 30. August 2003. Er begrüßt ebenso die aktive Rolle, die die Kommission sowohl im Hinblick auf die internationalen Organisationen als auch die Interessenträger bei der Suche nach geeigneten Lösungen für die schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme in Entwicklungsländern ohne Fertigungskapazitäten für Arzneimittel oder geeignete Strukturen im Gesundheitswesen gespielt hat. |
1.2 |
Der EWSA befürwortet das vorgesehene Verfahren für die Vergabe von Zwangslizenzen für durch Patente oder ergänzende Schutzzertifikate geschützte Arzneimittel sowie die einzelnen Kontrollmechanismen. |
1.3 |
Der EWSA empfiehlt jedoch, den Text umzuformulieren, um Folgendes sicherzustellen:
|
1.4 |
Der EWSA spricht sich mit Blick auf mögliche Gesundheitsgefährdungen durch von Tieren übertragene Krankheiten oder die Verseuchung von Lebensmitteln tierischen Ursprungs für eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf Tierarzneimittel aus. |
1.5 |
Schließlich fordert der EWSA die Kommission auf, ihre Bemühungen auf internationaler Ebene fortzusetzen, um auch den Entwicklungsländern, die nicht Mitglied der WTO sind, Notfallmedikamente und angemessene Strukturen im Gesundheitsbereich zugänglich zu machen. |
2. Einleitung
2.1 |
In vielen Teilen der Welt herrscht eine dramatische Gesundheitssituation, die von einer permanenten Seuchengefahr, unzureichenden Behandlungsstrukturen und -methoden und einer sehr hohen Morbiditäts- und Sterberate geprägt ist. Es gilt, eine globale Herausforderung zu bewältigen, und zwar, die Gesundheits- und Sozialdienste nicht nur in den am wenigsten entwickelten Ländern zu verbessern, sondern auch in relativ weit entwickelten Ländern, die jedoch keine adäquaten Finanzmittel für die Lösung ihrer gesundheitlichen und sozialen Probleme zur Verfügung stellen. |
2.2 |
Die von besser entwickelten Ländern geleistete Hilfe im Gesundheitsbereich reicht nicht aus, um diese Probleme zu lösen, weshalb neue Instrumente geschaffen werden müssen. Der Lösungsansatz kann nicht nur auf die Versorgung mit Arzneimitteln im Notfall beschränkt werden, wie dies im Allgemeinen bei der den Entwicklungsländern gewährten Hilfe der Fall ist, sondern muss auf eine Verbesserung der Gesamtleistungsfähigkeit des Systems abzielen: die knappen verfügbaren Mittel müssen auf echte Prioritäten ausgerichtet werden, es müssen Kapazitäten zur Verwaltung und Kontrolle der Finanzmittel geschaffen werden, damit diese wirklich den Menschen zugute kommen, die sie benötigen, es müssen Lösungen für die Unzulänglichkeiten bei der Arzneimittelherstellung oder der Erbringung von Dienstleistungen gefunden werden und es muss sichergestellt werden, dass Letztere wirksam verwaltet werden. |
2.3 |
Die Kommission hat sich diesem Problembereich besonders eingehend und aktiv gewidmet und in verschiedenen gesundheitsbezogenen Bereichen Maßnahmen ergriffen sowie nach wirksamen Formen der Zusammenarbeit und Hilfe gesucht. Es sei nur das Aktionsprogramm für die drei Krankheiten erwähnt, die sich am stärksten auf die Mortalität in den am wenigsten entwickelten Ländern und in den Entwicklungsländern auswirken (HIV/AIDS, Tuberkulose und Malaria) (1). Ziel dieses Programms ist die gleichzeitige Stärkung der Strukturen des lokalen Gesundheitswesens und der Ausbau der Möglichkeiten, grundlegende Arzneimittel zu erschwinglichen Preisen zu erstehen und die Forschung nach Arzneimitteln und Impfstoffen gegen diese Krankheiten zu fördern. |
2.4 |
Darüber hinaus hat die Kommission eine aktive und sehr positive Rolle dabei gespielt, sowohl die internationalen Organisationen als auch die Interessenträger zu sensibilisieren und in Zusammenarbeit mit diesen gemeinsame Lösungen zu finden. Das Ziel besteht darin, die Verfügbarkeit von grundlegenden Arzneimitteln zu verbessern und sicherzustellen, damit die ärmsten Bevölkerungsschichten einen gleichberechtigten Zugang dazu haben. Dabei sollen gleichzeitig die Rechte an geistigem Eigentum im Bereich der Übereinkommen zur Regelung des internationalen Handels gewahrt und die Gefahr von Reimporten oder Spekulationsverkäufen an Drittländer gebannt werden. |
2.5 |
Das Tätigwerden der Kommission war besonders für die Fortentwicklung der in der Welthandelsorganisation (WTO) im Zusammenhang mit dem TRIPs-Übereinkommen (2) über diese Ziele geführten Diskussion ausschlaggebend. Auf der Ministerkonferenz im Jahre 2001 in Doha haben die WTO-Mitgliedstaaten eine Erklärung über das TRIPs-Übereinkommen und die öffentliche Gesundheit (3) angenommen, in der geklärt wurde, wie flexibel das Übereinkommen im Bereich der einzelstaatlichen Gesundheitspolitik angewandt werden kann. Bei dieser Gelegenheit wurden die Punkte vereinbart, die von grundlegender Bedeutung dabei sind, sicherzustellen, dass Entwicklungsländer ohne oder mit nur geringen Fertigungskapazitäten für Arzneimittel Zwangslizenzen verwenden können. Diese Frage wurde daher vorwiegend auf einzelstaatlicher Ebene geregelt. |
2.6 |
In der angeführten Erklärung von Doha über die öffentliche Gesundheit wird der Grundsatz aufgestellt, dass das TRIPs-Übereinkommen so ausgelegt und umgesetzt werden müsse, dass das Recht auf öffentlichen Gesundheitsschutz und der Zugang zu Arzneimitteln für alle gewährleistet ist. Insbesondere wurde bekräftigt, dass jeder Mitgliedstaat der WTO das Recht hat festzulegen, worin „ein nationaler Notstand oder sonstige Umstände von äußerster Dringlichkeit“ bestehen, mit denen die Vergabe von Zwangslizenzen gerechtfertigt werden kann. Angesichts der Schwierigkeiten der Länder, die über keine oder unzureichende Fertigungskapazitäten für Arzneimittel verfügen, wurde der Allgemeine Rat der Welthandelsorganisation (WTO) beauftragt, eine schnelle Lösung für dieses Problem zu finden. |
2.7 |
Der Allgemeine Rat der WTO hat mit seinem Beschluss vom 30. August 2003 (4) eine Lösung vorgelegt. Darin werden die Prinzipien und die von den einzelnen Akteuren eingegangenen Verpflichtungen geklärt, damit die im Rahmen dieses Systems eingeführten Erzeugnisse ohne Handelsumlenkung auch tatsächlich für die öffentliche Gesundheit eingesetzt werden. In dem Beschluss wird ferner die Nützlichkeit einer Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten der WTO zur Förderung des Technologietransfers und zum Aufbau von Fertigungskapazitäten für Arzneimittel im Sinne von Artikel 66 Absatz 2 Ziffer 7 des TRIPs-Übereinkommens anerkannt. |
2.8 |
Der Vorsitzende des Allgemeinen Rates der WTO hat gleichzeitig eine offizielle Erklärung von großer Bedeutung abgegeben (5), die der inhaltlichen Bereicherung des Beschlusstextes dient. Darin werden die Probleme aufgezeigt, die mit dieser umfassenden Aktion auf nationaler und internationaler Ebene gelöst werden sollen, und der tiefere Sinn und die Angemessenheit der einzelnen Maßnahmen dargelegt. In dieser Erklärung wird ferner festgestellt, dass eine bestimmte Zahl von Mitgliedstaaten der WTO, darunter die EU-Mitgliedstaaten, darauf verzichten, diesen den Zwangslizenzen eigenen Mechanismus für die Einfuhr von Arzneimittelspezialitäten anzuwenden. |
2.9 |
In dem Beschluss des Allgemeinen Rates ist vorgesehen, dass dieser bei einer Änderung des TRIPs-Übereinkommens, in deren Zuge die Festlegungen des Beschlusses übernommen würden, automatisch außer Kraft tritt. Doch trotz sehr eng gesetzter Fristen kam es bislang nicht zu einer solchen Änderung zur Aufhebung des Beschlusses. Daher haben einige Mitgliedstaaten der WTO selbstständig Initiativen zur Umsetzung dieses Beschlusses ergriffen, in die sich auch der von der Kommission vorgelegte Verordnungsvorschlag einreiht. |
3. Wesentlicher Inhalt des Verordnungsvorschlags
3.1 |
Mit diesem Vorschlag soll der Beschluss des Allgemeinen Rates der Welthandelsorganisation (WTO) vom 30. August 2003 über die Durchführung von Ziffer 6 der Erklärung von Doha betreffend das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPs) und die öffentliche Gesundheit auf Gemeinschaftsebene umgesetzt werden. Dieser Beschluss erlaubt den WTO-Mitgliedern die Vergabe von Zwangslizenzen für die Herstellung und den Vertrieb patentierter Arzneimittel, die für die Ausfuhr in Drittländer ohne oder mit unzureichenden Fertigungskapazitäten im Arzneimittelsektor bestimmt sind, die die Ausfuhr beantragt haben. Damit werden die WTO-Mitglieder von den Verpflichtungen aus Artikel 31 Buchstabe f) des WTO-Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPs-Übereinkommen) entbunden. |
3.2 |
Diese Verordnung soll Teil der umfassenderen europäischen und internationalen Bestrebungen sein, Probleme im Bereich der öffentlichen Gesundheit, mit denen die am wenigsten entwickelten Länder und andere Entwicklungsländer konfrontiert sind, zu bekämpfen und vor allem in den WTO-Mitgliedsländern den Zugang zu erschwinglichen Arzneimitteln im Falle eines nationalen Notstandes oder sonstiger Umstände von äußerster Dringlichkeit zu verbessern. |
3.3 |
Der Beschluss beinhaltet wesentliche Garantien gegen Handelsumlenkungen und Regeln zur Gewährleistung der Transparenz; darüber hinaus schafft er die Voraussetzungen für die künftige Ersetzung des Beschlusses mittels Änderung des TRIPs-Übereinkommens. |
3.4 |
Die Europäische Kommission hält es für unerlässlich, dass die Gemeinschaft ihren Teil zu diesem System beiträgt und es in die Gemeinschaftsrechtsordnung überführt. Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten haben sich aktiv für die Verabschiedung des Beschlusses eingesetzt und sie haben sich gegenüber der WTO verpflichtet, in vollem Umfang zur Umsetzung des Beschlusses beizutragen und dafür zu sorgen, dass die Voraussetzungen geschaffen werden, die für eine wirksame Anwendung des mit dem Beschluss eingeführten Systems erforderlich sind. |
3.5 |
Eine einheitliche Umsetzung des Beschlusses innerhalb der Gemeinschaft ist erforderlich. Nur so ist gewährleistet, dass die Vergabe von Zwangslizenzen für die Ausfuhr in alle EU-Mitgliedstaaten unter denselben Bedingungen erfolgt. Nur so lässt sich vermeiden, dass es zu etwaigen Wettbewerbsverzerrungen für die Wirtschaftsteilnehmer im EU-Binnenmarkt kommt, und nur durch Anwendung einheitlicher Regeln lässt sich verhindern, dass Arzneimittel, die unter Zwangslizenzen hergestellt werden, wieder in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union eingeführt werden. |
3.6 |
In Anbetracht der Besonderheit der Beschlussbestimmungen, der Tatsache, dass nationale Vereinbarungen über Zwangslizenzen bereits existieren, und der Dringlichkeit von Maßnahmen, die die Ausfuhr von Arzneimitteln in Länder mit Problemen im Bereich der öffentlichen Gesundheit ermöglichen, schlägt die Kommission, gestützt auf Artikel 95 und 133 EG-Vertrag, die Umsetzung auf dem Verordnungswege vor. |
4. Bemerkungen
4.1 |
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss schließt sich dem Standpunkt an, dass Maßnahmen ergriffen werden müssen, um in Ländern, die nur über geringe wirtschaftliche und Fertigungskapazitäten und damit unzureichende Instrumente zur Bekämpfung von Seuchen und gesundheitsgefährdenden Situationen verfügen, grundlegende Arzneimittel bereitzustellen. Die vorgeschlagene Verordnung ermöglicht die Versorgung mit patentierten Arzneimitteln gemäß dem Patentsystem unter genau festgelegten Bedingungen. In dem vorliegenden Vorschlag wird nicht das Problem des Mangels an patentfreien Arzneimitteln in den Entwicklungsländern angegangen, weil dies über den Inhalt des WTO-Beschlusses hinausgeht. |
4.2 |
Der EWSA begrüßt diese Initiative der Kommission als einen Beitrag zur vollen und einheitlichen Anwendung des Verfahrens zur Vergabe von Zwangslizenzen für Patente und ergänzende Schutzzertifikate betreffend die Herstellung und den Verkauf von Arzneimitteln an Länder, die zur Behebung eines bedeutenden Problems im Gesundheitsbereich den Verkauf beantragt haben, und hält die angestrebten Maßnahmen im Wesentlichen für geeignet. Der Kommissionsvorschlag lässt sich jedoch in bestimmten Punkten noch verbessern, wie in den nachstehenden Bemerkungen ausgeführt wird. |
4.3 |
Bei der Bestimmung des Begriffs „Arzneimittel“ (Artikel 2 Absatz 1) wird ausdrücklich auf die Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (6) für Humanarzneimittel verwiesen. Der Beschluss des Allgemeinen Rates der WTO enthält keinerlei Verweis auf Tierarzneimittel: Der EWSA spricht sich jedoch zur Bewältigung von Gesundheitsgefährdungen durch vom Tier auf den Menschen übertragene Krankheiten oder die Verseuchung von Lebensmitteln tierischen Ursprungs dafür aus, den Anwendungsbereich auf Tierarzneimittel auszudehnen, eventuell durch einen entsprechenden Beschluss des Allgemeinen Rates der WTO. |
4.4 |
Die Verordnung dient der Durchführung eines WTO-Beschlusses und gilt folglich für die Mitgliedsländer dieser internationalen Organisation (Artikel 4). Der EWSA ersucht die Kommission und die Mitgliedstaaten, die Debatte in den internationalen Foren fortzusetzen und nach Lösungen zu suchen, die für alle Staaten der Welt gelten und mit dem gewerblichen Rechtsschutz und den geltenden internationalen Übereinkommen im Einklang stehen. |
4.5 |
In Artikel 5 ist festgelegt, dass „jede Person […] einen Antrag auf Erteilung einer Zwangslizenz […] stellen“ kann. Der EWSA ist der Ansicht, dass ein derart allgemeiner Hinweis auf die Antragsberechtigten den Willen zum Ausdruck bringt, möglichst viele Möglichkeiten für die Fertigung zu bieten. Es sollte jedoch ein gesonderter Hinweis darauf erfolgen, dass der Antragsteller alle in den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über Arzneimittel geforderten Voraussetzungen erfüllen muss, damit die in der EU geltenden Fertigungsvorschriften zum Schutz der Gesundheit und des Verbrauchers eingehalten werden. Dies gilt auch, wenn das Produkt wie in diesem besonderen Fall ausschließlich für die Ausfuhr bestimmt ist. |
4.6 |
Nach Ansicht des EWSA haben alle beteiligten zuständigen Behörden darüber zu wachen, dass bei der Herstellung entsprechende Qualitätsstandards eingehalten werden. Für den Binnenmarkt und für die Ausfuhr in Länder, die nicht über geeignete Strukturen zur Qualitätskontrolle verfügen, müssen dieselben Standards gelten. Bei der Anwendung der Verordnung sollte nach angemessenen Formen der Überwachung der von den Einfuhrländern angewandten Kontrollmechanismen gesucht werden, und insbesondere sollte auf koordinierte Weise vorgegangen werden, um Betrug oder Fälschungen vorzubeugen und somit den Schutz der Patienten in ihrem Land sicherzustellen und um einen anderen Bestimmungszweck der einer Zwangslizenz unterliegenden Arzneimittel oder deren illegale Wiedereinfuhr zu verhindern. |
4.7 |
Im Hinblick auf die heikle Frage für welche Mengen die Herstellung genehmigt wird, stellt der EWSA fest, dass zwischen Artikel 6 Absatz 2, in dem gefordert wird, dass die genehmigte Gesamtmenge „die Menge nicht wesentlich überschreitet, die der WTO von diesem Mitglied gemeldet wurde“, und Artikel 8 Absatz 2, in dem es heißt, dass „die Menge der Erzeugnisse, die unter der Lizenz hergestellt werden, nicht über das Maß hinausgehen darf, das zur Deckung des Bedarfs erforderlich ist“, eine Diskrepanz besteht. Der EWSA schlägt vor, diese Diskrepanz zu beheben, indem der Wortlaut von Artikel 6 Absatz 2 so abgeändert wird, dass klargestellt wird, dass bei der Herstellung nicht die erforderliche Menge überschritten werden darf. |
4.8 |
Mit der vorliegenden Regelung ist eine Einschränkung der vollen Ausübung von Schutzrechten verbunden, weshalb zu Recht festgelegt ist, dass die Verordnung nach dem Grundsatz der Redlichkeit anzuwenden ist (6. Erwägungsgrund) und dass Arzneimittel, die gemäß dieser Verordnung hergestellt werden, zu denen gelangen müssen, die sie brauchen, und nicht von denen abgelenkt werden dürfen, für die sie bestimmt sind (7. Erwägungsgrund). Diese Bekräftigungen, denen sich der EWSA voll anschließt, sollten vorzugsweise auch in die einzelnen Artikel aufgenommen werden, in denen die Anwendungsregelungen genauer beschrieben werden, so zum Beispiel in Artikel 5 und 6 oder in die Artikel, in denen die Aussetzung oder der Entzug der Zwangslizenz geregelt wird (Artikel 12 und 14). |
4.9 |
Der EWSA befürwortet die Maßnahmen zur Vermeidung des Missbrauchs von Zwangslizenzen. Darüber hinaus würde er einen ausdrücklichen Hinweis darauf begrüßen, dass der Inhaber eines Patentes oder ergänzenden Schutzzertifikats eventuell nicht berücksichtigte Aspekte einwenden kann, insbesondere in Bezug auf den Nachweis vorheriger Verhandlungen mit dem Rechteinhaber und die Übereinstimmung der hergestellten Arzneimittel mit den Bestimmungen von Artikel 8 (insbesondere Absatz 4, 5 und 8). |
4.10 |
Artikel 8 Absatz 1 enthält offensichtlich einen Fehler, nämlich einen Verweis auf die Absätze 2 bis 8, der sich auch auf Absatz 9 erstrecken müsste, denn dieser bezieht sich ebenfalls auf den Lizenznehmer. |
4.11 |
In Artikel 8 Absatz 4 sind die Etikettierungs-, Markierungs- und Verpackungsvorschriften festgelegt, die bei der Herstellung der Erzeugnisse gemäß dieser Verordnung eingehalten werden müssen, um sicherzustellen, dass sie ausschließlich für die Ausfuhr in die antragstellenden Einfuhrländer und den dortigen Verkauf bestimmt sind. Der EWSA schlägt vor, darauf zu verweisen, dass auch die Marke, die Logos und die Farben der Verpackung unterscheidungskräftig sein müssen, um die illegale Wiedereinfuhr in die Europäische Union oder in Drittländer zu erschweren. |
4.12 |
Artikel 10, in dem die Benachrichtigung der Kommission über die von den EU-Mitgliedstaaten erteilten Zwangslizenzen geregelt wird, scheint keine angemessene Garantie dafür zu bieten, dass der Rechteinhaber und die Marktteilnehmer in angemessener Weise über diese Vergabe informiert werden. Der EWSA ist der Ansicht, dass diese Informationen den Beteiligten in angemessener Art und Weise und unter Gewährleistung des Datenschutzes zur Verfügung gestellt werden sollten. |
4.13 |
Artikel 11 Absatz 2 eignet sich seinem Wortlaut nach nicht zur Vermeidung jedweden Missbrauchs, insbesondere nicht im Fall von Arzneimitteln, die zwar nicht in der EU hergestellt sind, aber über ihr Hoheitsgebiet überführt werden. Diese Vorschrift hat kaum eine durchgreifende Wirkung. Der EWSA schlägt vor, dass die Kommission zur Vermeidung von Betrug und Fälschung die Kontrollmechanismen und die Anwendung der von den Mitgliedstaaten angenommenen Sanktionen überwacht, um auch im Sinne der Zollverordnung (7) deren Wirksamkeit, Verhältnismäßigkeit und abschreckende Wirkung zu gewährleisten. |
4.14 |
Schließlich fordert der EWSA die Kommission auf, die beste Lösung für eine Anwendung ähnlicher Mechanismen auf nicht der WTO angehörende Entwicklungsländer zu suchen, insbesondere mit Hilfe bilateraler Abkommen. |
Brüssel, den 8. Juni 2005
Die Präsidentin
des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Anne-Marie SIGMUND
(2) TRIPs steht für „Agreement on Trade-Related aspects of Intellectual Property rights“ (Übereinkommen über landesbezogene Aspekte geistiger Eigentumsrechte). In diesem Übereinkommen sind die Möglichkeiten geregelt, unter bestimmten Voraussetzungen zwangsweise in gewerbliche Schutzrechte einzugreifen.
(3) „Declaration on the TRIPs Agreement and public health“ vom 14. November 2001 ( http://www.wto.org).
(4) Beschluss des Allgemeinen Rates „Implementation of paragraph 6 of the Doha Declaration on the TRIPs Agreement and public health“ ( http://www.wto.org).
(5) „The General Council Chairperson's statement“ vom 30. August 2003 ( http://www.wto.org).
(6) ABl. L 311 vom 28.11.2001.
(7) Kapitel V, Artikel 18 der Verordnung 1383/2003.