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Document 52004IE0961

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Thema „2. Pfeiler der Gemeinsamen Agrarpolitik: Perspektiven der Anpassung der Politik zur Entwicklung der ländlichen Gebiete (Die Folgemaßnahmen zur Salzburger Konferenz)“

    ABl. C 302 vom 7.12.2004, p. 53–59 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

    7.12.2004   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 302/53


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Thema „2. Pfeiler der Gemeinsamen Agrarpolitik: Perspektiven der Anpassung der Politik zur Entwicklung der ländlichen Gebiete (Die Folgemaßnahmen zur Salzburger Konferenz)“

    (2004/C 302/13)

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat am 29. Januar 2004 gemäß Artikel 29 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung beschlossen, eine Stellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten: „2. Pfeiler der Gemeinsamen Agrarpolitik: Perspektiven der Anpassung der Politik zur Entwicklung der ländlichen Gebiete (Die Folgemaßnahmen zur Salzburger Konferenz)“.

    Die Fachgruppe „Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz“ wurde mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragt.

    Mit Schreiben vom 3. Mai 2004 von Herrn Silva Rodriguez, GD Landwirtschaft, ersuchte die Europäische Kommission den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, baldmöglichst eine Stellungnahme zu diesem Thema vorzulegen. In Anbetracht der Dringlichkeit der Arbeiten beschloss der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss auf seiner 410. Plenartagung am 30. Juni/1. Juli 2004 (Sitzung vom 30. Juni 2004), Herrn Gilbert BROS zum Hauptberichterstatter zu bestellen, und verabschiedete mit 127 Ja-Stimmen bei 9 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

    1.   Einleitung

    1.1

    Im November 2003 veranstaltete die Kommission in Salzburg eine Konferenz über die Zukunft der Gemeinschaftspolitik für die Entwicklung des ländlichen Raums mit Blick auf die Erweiterung der Europäischen Union. Nach dem Vorbild der Konferenz von Cork für einen „lebendigen ländlichen Raum“ (1) konnten dort:

    die wichtigsten an der Konzipierung und Durchführung der Politik für den ländlichen Raum beteiligten Akteure versammelt werden;

    eine Erklärung mit Vorschlägen zu den politischen Hauptleitlinien für die an der ländlichen Entwicklung beteiligten Akteure verfasst werden;

    die Schwerpunkte für den Einsatz eines „Fonds für den ländlichen Raum“ im Vorfeld der Haushaltsdebatte über die Finanzplanung für den Zeitraum 2007-2013 dargelegt werden.

    Deshalb schlägt der Ausschuss vor, die Überlegungen für die Anpassungen der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums für den Zeitraum 2007-2013 auf die Schlussfolgerungen dieser Konferenz zu stützen.

    1.2

    Da die Vielfalt der ländlichen Gebiete durch die Erweiterung der Europäischen Union steigt, vor allem aber die soziale Frage und die Beschäftigung in den neuen Mitgliedstaaten in den Vordergrund rückt, hält es der Ausschuss für wichtig, für Kohärenz zwischen der Regionalpolitik und dem zweiten Pfeiler der GAP zu sorgen und ihr Verhältnis zueinander auszuleuchten.

    1.3

    Die Kommission hat zwei Dokumente veröffentlicht: die Finanzplanung für den künftigen Programmplanungszeitraum (2) und den Dritten Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt (3). Aus diesen Dokumenten geht hervor, dass die Lissabon-Strategie für eine wettbewerbsfähige und wissensbasierte Wirtschaft integraler Bestandteil der Regionalpolitik ist und dass die Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums unter die Rubrik „Nachhaltige Bewirtschaftung und Schutz der natürlichen Ressourcen“ eingeordnet wird, die wiederum mit der Strategie zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung verknüpft ist. Diese Rubrik umfasst ferner den ersten Pfeiler der GAP und die Gemeinschaftsprogramme für den Umweltschutz.

    1.4

    Die Schlussfolgerungen des europäischen Gipfels von Göteborg am 15./16. Juni 2001 (4) haben die Annahme einer europäischen Strategie für nachhaltige Entwicklung ermöglicht, laut der „eines der Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik und ihrer künftigen Entwicklung darin bestehen sollte, einen Beitrag zur Erreichung einer nachhaltigen Entwicklung zu leisten, indem mehr Gewicht auf die Förderung gesunder, qualitativ hochwertiger Erzeugnisse, umweltfreundlicher Produktionsmethoden […] gelegt wird“ (5).

    1.5

    In den Schlussfolgerungen des Rates „Landwirtschaft und Fischerei“ im Juni 2003 in Luxemburg wird die Stärkung des zweiten Pfeilers mit dem Ziel der „Förderung des Umweltschutzes, der Qualität und des Tierschutzes und als Hilfe für die Landwirte, damit diese die ab 2005 in der Union geltenden Produktionsstandards einhalten können“ (6) bestätigt. Deshalb müssen die Überlegungen zu den drei auf der Salzburger Konferenz gesetzten Aktionsschwerpunkten — eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft, der Umweltschutz und der Beitrag zum wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt in den ländlichen Gebieten — analysiert und vertieft werden.

    1.6

    Auch die für die Entwicklung des ländlichen Raums verantwortlichen Akteure haben in der Schlusserklärung von Salzburg unterstrichen, dass die EU-Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums dringend deutlich vereinfacht werden müsse. Gleichzeitig müssten die Programmpartner breitere Befugnisse erhalten, um eigenverantwortlich umfassende Strategien entwerfen und durchführen zu können.

    1.7

    Der Ausschuss schlägt daher vor, im Rahmen dieser Initiativstellungnahme die Kohärenz zwischen der künftigen Regionalpolitik und der künftigen Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums zu untersuchen, um die „Grauzonen“ einzugrenzen, den Vorschlag für die drei künftigen Schwerpunkte der Politik für die Entwicklung des ländlichen Raums zu vertiefen und die Elemente der administrativen Vereinfachung festzulegen.

    A.   KOMPLEMENTARITÄT VON POLITIK ZUR REGIONALEN ENTWICKLUNG UND POLITIK ZUR ENTWICKLUNG DES LÄNDLICHEN RAUMS

    2.   Die Regionalpolitik: vom Grundsatz des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts zum Grundsatz der territorialen Solidarität

    2.1

    Die Annahme der Einheitlichen Akte 1986 hat den Integrationsprozess der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten beschleunigt. Das Entwicklungsgefälle und der Wettbewerb zwischen den Regionen der Europäischen Union bewirkte eine echte Kohäsionspolitik, die für die südeuropäischen Staaten und die benachteiligten Regionen ein Gegengewicht zu den Zwängen des Binnenmarkts bilden sollte. Durch den 1993 in Kraft getretenen Vertrag über die Europäische Union (Maastrichter Vertrag) wurde dann die Politik für den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt institutionalisiert.

    2.2

    Gleichzeitig verschärften die Entwicklung der Handelsbeziehungen der Union und die schrittweise Öffnung des Binnenmarkts den Wettbewerb zwischen den europäischen Regionen, die nicht alle über dieselben Stärken verfügten. Daher sollten über die Strukturpolitik in den 90er Jahren folgende Hauptziele erreicht werden:

    Abbau des Entwicklungsgefälles durch Förderung der Schaffung von Arbeitsplätzen in den benachteiligten Gebieten;

    Ausgleich der Nachteile der Regionen, die nicht über dieselben Stärken und denselben Zugang zum Weltmarkt verfügten;

    Förderung der Faktoren zur Wertschöpfung in den benachteiligten Gebieten.

    2.3

    Mit der 1999 beschlossenen Reform (Agenda 2000) wurden die einzelnen Teile der bestehenden Strukturpolitik weitergeführt und folgende Ziele angestrebt:

    Erhöhung der Transferzahlungen der „am besten ausgestatteten“ Regionen an die Regionen mit Wachstumsrückstand (Verringerung der Zahl der Ziele und Aufwendung von 75 % der Gelder für Ziel 1),

    Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen diesen Regionen (Interreg III),

    Unterstützung der Integration der Regionen mit Entwicklungsrückstand in den Binnenmarkt mit Hilfe des Kohäsionsfonds.

    2.4

    Die Erklärung der für Raumentwicklung zuständigen Minister der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Potsdam, 10./11. Mai 1999 (7)) und die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Göteborg (Juni 2001) zur Festlegung einer europäischen Strategie für nachhaltige Entwicklung unterstreichen die Notwendigkeit der territorialen Kohäsion als Voraussetzung für eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung aller Gebiete der Europäischen Union. Als letztes Element dieser Entwicklung hat der Konvent in Artikel 3 des Entwurfs einer Verfassung für Europa vorgeschlagen, den territorialen Zusammenhalt als Ziel der Union festzuschreiben (8).

    2.5

    In der Verordnung Nr. 1260/99 (9) mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds wird außerdem anerkannt, dass die Entwicklung des endogenen Potenzials der ländlichen Gebiete weiterhin ein vorrangiges Ziel der Entwicklung und strukturellen Anpassung der Regionen mit Entwicklungsrückstand ist.

    2.6

    Angesichts der Entwicklung der Leitprinzipen der Strukturpolitik, d.h. der Förderung von Wachstum und Nachhaltigkeit, fordert der Ausschuss die Kommission und den Rat auf, im Rahmen des territorialen Zusammenhalts darauf hinzuweisen, dass die Entwicklung der ländlichen Gebiete nach wie vor eines der vorrangigen Ziele der Regionalpolitik sein muss. Deshalb muss im Rahmen dieser Politik auch versucht werden, die Probleme der Schaffung von Arbeitsplätzen, der Weiterbildung und des Zugangs zu den neuen Informationstechnologien (Lissabon-Strategie) im ländlichen Raum umfassend zu lösen.

    3.   Die Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums: vom grünen Europa zum Luxemburger Kompromiss

    3.1

    Die Landwirtschaft hat sich in fast fünfzig Jahren grundlegend verändert. Im Lauf der Zeit haben diese Veränderungen die Entwicklung der Gemeinschaftspolitik für die Agrarstrukturen beeinflusst. 1962 bis 1972 beschränkte sich das Handeln der Gemeinschaft auf die Koordinierung der in der Entwicklung begriffenen Maßnahmen zur Marktlenkung. 1972 bis 1985 entstanden zwei weitere große Kategorien von Maßnahmen: einerseits die in allen Mitgliedstaaten durchzuführenden Querschnittsmaßnahmen (Berufsbildung, Vorruhestand...) und andererseits die regionalen Maßnahmen zur Minderung der strukturellen natürlichen Schwächen und zur Förderung der Landwirtschaft insgesamt.

    3.2

    Im Zeitraum 1985 bis 1999 führt die Suche nach einem Gleichgewicht zwischen der notwendigen Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft und der Anpassung des Produktionspotenzials an die Bedürfnisse des Marktes sowie zwischen Umweltschutz und der Entwicklung der benachteiligten Regionen dazu, dass die Politik zur Förderung der Agrarstrukturen zum landwirtschaftlichen Teil der neuen Strategie für die Regionalpolitik wird. So werden im Rahmen der Strukturpolitik, über die Querschnittsmaßnahmen hinaus, Maßnahmen zum Erhalt des ländlichen Raums, zum Umweltschutz, zur Entwicklung der ländlichen und touristischen Infrastruktur sowie der landwirtschaftlichen Aktivitäten durchgeführt.

    3.3

    Ausgehend von der Konferenz von Cork wurde im Rahmen der „Agenda 2000“ mit Hilfe von zwei Rechtsinstrumenten (EAGFL-Ausrichtung und EAGFL-Garantie) eine integrierte Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums konzipiert. Diese Instrumente zielen auf eine größere Kohärenz zwischen der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums (zweiter Pfeiler der GAP) einerseits und der Marktpolitik (erster Pfeiler der GAP) andererseits, insbesondere durch die Förderung der Diversifizierung der Wirtschaft im ländlichen Raum ab.

    3.4

    Ferner wurde das fakultativ anwendbare System zur Modulation der Direktzahlungen eingeführt. Durch eine Kürzung der Ausgleichszahlungen für die Absenkung der im Rahmen der Gemeinsamen Marktorganisationen für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse festgelegten institutionellen Preise ermöglicht es eine Anhebung der Mittelausstattung für Agrarumweltmaßnahmen, Vorruhestandsregelungen, Aufforstungsmaßnahmen und Ausgleichsvergütungen in benachteiligten Gebieten.

    3.5

    Die Verordnung Nr. 1257/1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den EAGFL (10) beruht auf folgenden Überlegungen:

    die Maßnahmen für die Entwicklung des ländlichen Raums müssen die Marktpolitik flankieren und ergänzen;

    die drei durch die Reform der GAP von 1992 eingeführten flankierenden Maßnahmen müssen die Regelung für die benachteiligten Gebiete (natürliche Einschränkungen) und für die Gebiete mit umweltspezifischen Einschränkungen ergänzen;

    weitere Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums können Bestandteil der integrierten Entwicklungsprogramme für Ziel-1- und Ziel-2-Regionen sein.

    3.6

    Die 22 Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten in ihre Programmplanung für die Entwicklung des ländlichen Raums einbeziehen können, sind in der Programmplanung für den Zeitraum 2000-2006 folgendermaßen aufgeteilt: 39,2 % für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und die Anpassung der Landwirtschaft, 35 % für die benachteiligten Gebiete und die Agrarumweltmaßnahmen und 25,8 % für die Anpassung und die Entwicklung der ländlichen Gebiete (11).

    3.7

    Durch die im Juni 2003 angenommene Reform der GAP wurde eine der Aufgaben der Politik für die Entwicklung des ländlichen Raums, die Begleitung der Anpassung der Landwirtschaft an die Bedürfnisse der Gesellschaft, bekräftigt. Der Maßnahmenkatalog wurde um die Förderung der Produktqualität, die Verbesserung der Produktionsstandards (Umweltschutz, Tierschutz), die Umsetzung von Natura 2000 und den Ausbau der Maßnahmen zugunsten der Niederlassung von Junglandwirten erweitert.

    3.8

    Außerdem ist die Modulation inzwischen auf europäischer Ebene obligatorisch. Dadurch dürfte innerhalb eines vollen Jahres eine Mittelumschichtung von nahezu 1,2 Milliarden EUR von der Marktpolitik auf die Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums erreicht werden.

    3.9

    Angesichts dieser Entwicklung unterstreicht der Ausschuss, dass es vorrangiges Ziel der zweiten Säule der GAP sein muss, die Anpassung der Landwirtschaft zu flankieren, um den aufgrund der strukturellen Entwicklungen veränderten Erwartungen der Bürger gerecht zu werden.

    3.10

    In der Mitteilung der Kommission über die Finanzplanung für den Zeitraum 2007-2013 wird ein stabiler und maßvoller Haushalt vorgelegt, der sich auf eine Eigenmittelobergrenze von 1,24 % des BNE der Gemeinschaft stützt. Der Ausschuss unterstützt den Vorschlag der Kommission und hebt hervor, dass eine Kürzung der Eigenmittel der Gemeinschaft zum Zeitpunkt der faktischen Erweiterung der Europäischen Union das falsche Signal geben würde.

    3.11

    Das Gleiche gilt für die Politik zur Förderung der ländlichen Entwicklung. „Zusätzliche“ Mittel für diese Politik würden nämlich nur aus der Anwendung des Modulationssystems stammen, also lediglich aus einer Mittelübertragung zwischen der ersten und der zweiten Säule der GAP. Deshalb fordert der Ausschuss den Rat und das Europäische Parlament dringend auf, für die Zuweisung angemessener Mittel für diese Politik zu sorgen, die sonst ausgehöhlt würde.

    3.12

    Die künftige Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums schließlich wird von einer neuen Kommission mit 25 Mitgliedern umgesetzt werden. Bei einer Verwaltung dieser beiden Politiken durch verschiedene Kommissionsmitglieder käme es sehr wahrscheinlich zu Kohärenzverlusten. Der Ausschuss lehnt in diesem Zusammenhang deutlich jedwedes Vorhaben ab, mit den Themenbereichen Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raums unterschiedliche Generaldirektionen und Kommissionsmitglieder zu betrauen.

    4.   Die Bedeutung der Multifunktionalität der Landwirtschaft in der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums

    4.1

    Bereits in früheren Stellungnahmen (12) hat der Ausschuss darauf hingewiesen, dass Agrarmärkte naturgemäß instabil und in besonderem Ausmaß für Preisschwankungen anfällig sind. Deshalb sind die Marktorganisationen unabdingbare Voraussetzung dafür, dass die landwirtschaftlichen Betriebe nachhaltig produzieren können. Der Ausschuss unterstreicht, dass die Aufrechterhaltung der Marktorganisationen für landwirtschaftliche Erzeugnisse auch zum Erfolg der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums beiträgt.

    4.2

    Bei der jüngsten Reform der GAP vom 26. Juni 2003 wurden die öffentlichen Beihilfen von der Produktion abgekoppelt. Dies macht es umso notwendiger, der wirtschaftlichen Entwicklung der landwirtschaftlichen Tätigkeit eine Perspektive zu geben, damit den neuen Anforderungen wie Artenvielfalt, Landschaftspflege oder Schaffung von Arbeitsplätzen durch den Agrarsektor besser Genüge getan werden kann. Der Ausschuss möchte in diesem Sinn daran erinnern, dass der Landbau in erster Linie deshalb zum Entstehen lebendiger ländlicher Räume beiträgt, weil er eine unmittelbare Verknüpfung zwischen den Tätigkeiten der Menschen und ihrem Lebensraum ermöglicht.

    4.2.1

    Die territoriale Verankerung der Produktionssysteme, die Mittel zur Aufwertung von Agrarerzeugnissen, insbesondere durch die Entwicklung geschützter Ursprungsbezeichnungen und geographischer Angaben zur Herstellung, und der Direktverkauf sind einige der Aspekte der Multifunktionalität der Landwirtschaft, die der Entwicklung des ländlichen Raums zugute kommen.

    4.3

    Die Landwirtschaft wird in einer Union mit 25 Mitgliedstaaten mehr als 13 Millionen direkter Arbeitsplätze und mehr als 5 Millionen indirekter Arbeitsplätze in den ihr vor- und nachgelagerten Sektoren stellen. Diese Arbeitsplätze sind auf Grund ihrer Natur stark an das jeweilige Gebiet gebunden. Ferner verstärkt die Entwicklung des innergemeinschaftlichen Handels hin zu einem immer größeren Anteil von Verarbeitungserzeugnissen der landwirtschaftlichen Lebensmittelproduktion die Verbindung zwischen dem Landbau und dem Sektor für landwirtschaftliche Lebensmittelproduktion. Somit wird die Aufrechterhaltung und die Verteilung des Landbaus in den ländlichen Räumen eine Priorität, da die Integration der ländlichen Gebiete in die regionale Wirtschaft andernfalls behindert würde.

    4.4

    Künftig wird sich der Landbau auf 45 % des europäischen Territoriums erstrecken, d. h. 190 Millionen Hektar (EU-27). 2001 standen mehr als 10 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche für Agrarumweltmaßnahmen unter Vertrag. 15 % der im Rahmen der Habitat- und Vogelschutzrichtlinie ausgewiesenen Schutzgebiete sind landwirtschaftliche Nutzflächen. Und 38 % der landwirtschaftlichen Nutzflächen in der EU-15 sind als Stickstoff gefährdet eingestuft worden. Diese Maßnahmen stehen im Einklang mit lokalen Umweltpflege- bzw. Raumordnungszielen. Die vorrangige Rolle der landwirtschaftlichen Tätigkeit bei der Raumbewirtschaftung steht weiterhin außer Frage.

    4.5

    Der Ausschuss möchte erneut darauf aufmerksam machen, dass die multifunktionalen Aspekte der landwirtschaftlichen Produktion in mehrfacher Hinsicht zur Erhaltung eines lebendigen ländlichen Raums beitragen. Die Kommission und der Rat sollten in der Präambel jeder weiteren Leitlinie für die Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums darauf hinweisen.

    4.6

    Der Ausschuss unterstützt zwar die Schlussfolgerungen der Salzburger Konferenz zur Diversifizierung der Wirtschaft im ländlichen Raum, betont jedoch, dass nicht der Fehler begangen werden sollte, den ländlichen Raum zu verstädtern, d.h. die Entwicklungsmaßnahmen für die städtischen Gebiete sollten nicht auf die ländlichen Gebiete übertragen werden. In diesem Zusammenhang erarbeitet der Ausschuss derzeit eine Initiativstellungnahme zum Thema „stadtnahe Landwirtschaft“ (13). Der Schwerpunkt „Diversifizierung der Wirtschaft im ländlichen Raum“ im Rahmen der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums sollte deshalb nur wenige, eng mit der Landwirtschaft verknüpfte Bereiche umfassen; insbesondere Dienstleistungen für die ländliche Bevölkerung zur Verbesserung ihrer Lebensbedingungen, Entwicklung des Agrartourismus und Unterstützung der Mehrfachtätigkeit auf der Grundlage einer landwirtschaftlichen Aktivität.

    5.   Die Besonderheiten und Grenzen der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums

    5.1

    Aus den Schlussfolgerungen des dritten Kohäsionsberichts geht hervor, dass die fortbestehenden regionalen Ungleichheiten hinsichtlich nachhaltiger Produktion, Produktivität und Schaffung neuer Arbeitsplätze auf strukturelle Unzulänglichkeiten bei den Schlüsselfaktoren für die Wettbewerbsfähigkeit zurückzuführen sind. Der Ausschuss betont, dass sich die Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums auch an diesen Grundsätzen orientieren muss, um einen Beitrag zur strukturellen Entwicklung der ländlichen Gebiete zu leisten.

    5.2

    Mit der Erweiterung der Europäischen Union wächst das Problem der wirtschaftlichen Entwicklung der ländlichen Gebiete, da in den neuen Mitgliedstaaten eine hohe „verdeckte Arbeitslosigkeit“ vorhanden ist. Dadurch wird die Unterscheidung zwischen Regionalpolitik und Politik für die Entwicklung des ländlichen Raums noch komplizierter. Der Ausschuss schlägt vor, im Interesse einer besseren Verständlichkeit die der Regionalpolitik und der Politik für die Entwicklung des ländlichen Raums gemeinsamen Themen im Rahmen einer weiteren Verordnung über die Strukturfonds zu präzisieren und die Zahl der im Rahmen des einen oder anderen dieser Politikbereiche zu finanzierenden Maßnahmen zu begrenzen.

    5.3

    Aufgrund der Gebietsgebundenheit der direkten und indirekten Beschäftigung und der Ausdehnung der Kulturlandschaft sind flankierende Maßnahmen im Hinblick auf die Anpassung der Landwirtschaft an die veränderten Erwartungen der Bürger nach wie vor vorrangig. Durch die Erhaltung und Förderung der landwirtschaftlichen Tätigkeiten tragen auch der erste und der zweite Pfeiler der GAP zur Verwirklichung der ländlichen Entwicklungsziele bei.

    5.4

    Die Erweiterung der Europäischen Union stellt für die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik ebenfalls eine wichtige Herausforderung dar. Der Ausschuss betont, dass dem Erfahrungsaustausch und der Übertragung von Verfahren bei der Umsetzung des Zweiten Pfeilers der GAP in Zukunft ebenfalls ein besonderer Stellenwert eingeräumt werden müsse.

    5.5

    Schließlich möchte der Ausschuss hervorheben, dass dünn besiedelte Regionen wie Inseln, arktische Gebiete und Berggebiete aufgrund ihrer dauerhaften naturgegebenen Strukturschwächen immer noch nicht umfassend von der Vollendung des Binnenmarktes profitieren können. Bei der Durchführung der Regionalpolitik sowie der Politik zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums muss diesem Aspekt Rechnung getragen werden, indem ein höherer Kofinanzierungs-Anteil zum Ausgleich dieser Nachteile vorgeschlagen wird. Der Ausschuss setzt sich derzeit in einer Initiativstellungnahme (14) damit auseinander, wie eine bessere wirtschaftliche Integration von Regionen mit naturgegebenen Strukturschwächen erreicht werden kann.

    5.6

    Schließlich unterstreicht der Ausschuss, dass sich die Möglichkeiten der öffentlichen Hand, eine harmonische Entwicklung der Territorien der Europäischen Union sicherzustellen, nicht in der Politik zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums und der Regionalpolitik erschöpfen. Auch eine geeignete territoriale Verankerung der Leistungen der Daseinsvorsorge trägt zum territorialen Zusammenhalt bei.

    B.   VERTIEFUNG DER VORSCHLÄGE ZUR VERBESSERUNG DER MASSNAHMEN

    6.   Die im Rahmen des Luxemburg-Kompromisses vom 26. Juni 2003 beschlossenen Maßnahmen

    6.1

    Die Reform der GAP im Juni 2003 führte zu einer stärkeren Verbindung zwischen dem zweiten Pfeiler, der der Entwicklung des ländlichen Raums gewidmet ist, und der Anpassung des ersten Pfeilers. Dabei wurden einige neue Begleitmaßnahmen zum ersten Pfeiler der GAP eingeführt, so dass ihre Anzahl von 22 auf 26 angestiegen ist.

    6.1.1

    Zwei neue Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensmittelqualität wurden eingeführt. (freiwillige Teilnahme an einem nationalen Programm zur Vergabe anerkannter Qualitätszeichen und Absatzförderungsaktionen und Veranstaltungen, bei denen die Verbraucher über die landwirtschaftlichen Erzeugnisse mit Qualitätszeichen informiert werden). In den zwei weiteren neuen Maßnahmen wird der Schwerpunkt auf die Anpassung der Produktionstechniken an die europäischen Normen im Bereich Umwelt, artgerechte Tierhaltung sowie Pflanzen- und Tiergesundheit gelegt.

    6.1.2

    Mehrere bestehende Maßnahmen wurden angepasst (Berücksichtigung der Fragen der tiergerechten Haltung im Rahmen der Agrarumweltmaßnahmen, verstärkte öffentliche Unterstützung für die Niederlassung von Junglandwirten, Umsetzung der Habitat- und der Vogelrichtlinie (Natura 2000) und Finanzierung von Investitionen in der Forstwirtschaft im Rahmen der Waldbewirtschaftung anhand bestimmter Sozial- und Umweltkriterien).

    6.2

    In Bezug auf die neuen Mitgliedstaaten wurde ein vorläufiges Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums für die Jahre 2004-2006 angenommen. Zusätzlich zu den vier neuen Begleitmaßnahmen sieht dieses Programm eine Unterstützung für Verbände von Landwirten und für semi-subsistenzwirtschaftliche Betriebe sowie die Finanzierung der technischen Unterstützung und eine Ergänzung zu den Direktbeihilfen des ersten Pfeilers der GAP vor.

    7.   Neue Wege für die drei Schwerpunkte von Salzburg

    7.1

    Die Vollendung des Binnenmarktes sowie seine schrittweise Öffnung für die Agrarwirtschaften mit naturgegebenen komparativen Vorteilen oder weniger strengen Umweltauflagen macht eine weitere Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Agrarmodells notwendig.

    7.2

    Der Ausschuss befürwortet, dass Investitionshilfen für die landwirtschaftlichen Betriebe im Rahmen der Politik für die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums ausgeweitet werden müssen. Die Investitionen, die es den landwirtschaftlichen Betrieben ermöglichen, Umweltauflagen zu erfüllen und die Tierhaltungs- und Arbeitsbedingungen zu verbessern, sollten gefördert werden, zumal wenn sie die landwirtschaftliche Tätigkeit in einem Gebiet festigen.

    7.3

    Der Ausschuss hält es für erforderlich, die Maßnahme zur Einrichtung der landwirtschaftlichen Beratungsdienste im Hinblick auf die Unterstützung bei der Anpassung an die neuen Produktionsnormen vorzuziehen. Tatsächlich kann diese Maßnahme erst ab 2006 in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Die Cross Compliance jedoch wird ab 2005 angewendet.

    7.4

    Die Abschwächung der Instrumente zur Regulierung der Märkte für Agrarerzeugnisse, die Klimaveränderungen und die Maßnahmen im Zusammenhang mit den Krisen der Lebensmittelsicherheit machen seit einigen Jahren deutlich, wie wichtig es ist, den Umsatz der landwirtschaftlichen Betriebe zu steuern. In diesem Zusammenhang hat die Kommission im Rahmen der Reform der GAP im Jahr 2003 angekündigt, in einem Bericht zu untersuchen, ob ein Teil der Modulation auf nationaler Ebene für die Bewältigung von Risiken, Krisen und Naturkatastrophen verwendet werden kann. Der Ausschuss erinnert daran, dass die Kommission diesen Bericht, in dem auch die nationalen und gemeinschaftlichen Maßnahmen zur Entwicklung von Systemen zur Versicherung der Landwirte zu erörtern wären, vor Ablauf des Jahres 2004 vorlegen muss. Der Ausschuss würde es für angebracht halten, eine eventuelle begleitende Nutzung des zweiten Pfeilers zu analysieren.

    7.5

    Die künftige Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums sollte den zweiten Schwerpunkt auf den Umweltschutz und die Raumbewirtschaftung legen, wobei Agrarumweltmaßnahmen und der Ausgleich naturgegebener Strukturschwächen auf der Grundlage gemeinsamer Kriterien im Hinblick auf die Gewährleistung des territorialen Gleichgewichts die wichtigsten Instrumente sein sollten.

    7.6

    Die Reform der GAP macht die Gewährung von Direktbeihilfen an die Landwirte von der Einhaltung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften (19 Richtlinien und Verordnungen) in den Bereichen Umwelt, öffentliche Gesundheit, Tier- und Pflanzengesundheit sowie artgerechte Tierhaltung abhängig. Der Ausschuss betont, dass dieser neue Aspekt des ersten Pfeilers der GAP nicht mit den Agrarumweltmaßnahmen zu verwechseln ist. Die Agrarumweltmaßnahmen sind nicht als Rechtsvorschriften zu verstehen, sondern fördern die freiwilligen und partizipativen Maßnahmen von Landwirten zur Durchführung umweltgerechter und den natürlichen Lebensraum schützender landwirtschaftlicher Produktionsverfahren.

    7.7

    Der Ausschuss verweist darauf, dass die verwaltungsrechtlichen Bestimmungen zur Durchführung der Agrarumweltmaßnahmen vereinfacht werden müssen. Desgleichen müssen die Ziele dieser Maßnahmen unter Berücksichtigung der Subsidiarität festgelegt werden. Da der Gemeinschaftshaushalt gleich bleibt, fragt sich der Ausschuss auch, inwieweit der Anwendungsbereich dieser Maßnahmen auf andere Problemfelder im Umweltbereich ausgeweitet werden muss. Der Schwerpunkt sollte jedoch auf diejenigen Agrarumweltmaßnahmen gelegt werden, die die Diversifizierung der landwirtschaftlichen Produktionssysteme mit dem Ziel eines ausgewogenen Agrarsystems fördern.

    7.7.1

    Aufgrund der Erklärung des Europäischen Rats von Göteborg sollten Agrarumweltmaßnahmen verpflichtender Bestandteil aller nationalen Programme sein.

    7.7.2

    Der Ausschuss hebt hervor, dass die Finanzierung von Natura 2000 nicht zu Lasten der bestehenden Maßnahmen gehen darf. Die Kommission sollte deshalb neue Finanzierungsmöglichkeiten auftun, um die durch die Umsetzung der Habitat- und Vogelschutz-Richtlinie verursachten Kosten auszugleichen.

    7.8

    Der dritte Schwerpunkt der zukünftigen Politik zur Entwicklung des ländliches Raums sollte die Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft in Verbindung mit dem Landbau sein, die dazu beitragen sollte, die Bevölkerung im ländlichen Raum zu halten.

    7.9

    Aus dem dritten Kohäsionsbericht der Kommission geht hervor, dass drei Bereiche — Tourismus, Handwerk und ländliches Erbe — sowohl Gegenstand der regionalen Politik als auch der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums sein müssen. Dieses Gleichgewicht muss weiterhin gewährleistet werden. Augenscheinlich sollen die ländlichen Infrastrukturen nicht mehr durch die Strukturfonds finanziert werden. Der Ausschuss spricht sich dagegen aus, dass diese Art von Investitionen aus der Regionalpolitik herausgenommen und auf die Politik zur Förderung der ländlichen Entwicklung übertragen wird.

    7.10

    In Anbetracht der Entwicklung der Regionalpolitik schlägt der Ausschuss ferner vor, dass die Maßnahmen zur Erneuerung bzw. Aufwertung des ländlichen Kulturerbes, die nicht Teil des Tourismus im ländlichen Raum sind, nicht mehr in den Zuständigkeitsbereich der Regionalpolitik fallen sollen.

    7.11

    Schließlich schlägt der Ausschuss vor, eine Reihe von Dienstleistungen zur Verbesserung der Lebensqualität der ländlichen Bevölkerung (beispielsweise Ersatzleistungen für Landwirte) unter den Schwerpunkt „Wirtschaft im ländlichen Raum“ einzuordnen.

    C.   VERBESSERUNG DER BEDINGUNGEN FÜR DIE DURCHFÜHRUNG DER POLITIK ZUR ENTWICKLUNG DES LÄNDLICHEN RAUMS

    8.

    Eine Verbesserung der Verwaltungsbedingungen muss zuallererst an der Kontinuität der Programmplanung für die Entwicklung des ländlichen Raums ansetzen. Der Ausschuss unterstützt daher die Kommission bei ihren Anstrengungen, eine neue Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums auszuarbeiten, um die „Latenzzeit“ zwischen zwei Programmplanungszeiträumen so weit wie möglich zu begrenzen.

    8.1

    Die in einigen Mitgliedstaaten aufgetretenen Schwierigkeiten bei der verwaltungsmäßigen Umsetzung der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums zeugen davon, dass der Einsatz von mehreren Finanzinstrumenten nach unterschiedlichen Regeln die Durchschaubarkeit des öffentlichen Handelns beeinträchtigen kann. So konnte der Fortschritt, der mit der Verlagerung des Schwerpunktes der Maßnahmen auf die Entwicklung des ländlichen Raums in ein- und derselben Verordnung erzielt wurde, von den Anspruchsberechtigten als eine zusätzliche Komplikation der Verwaltungsvorgänge aufgefasst werden.

    8.2

    Die Vereinfachung der Programmplanung besteht darin, dass die Maßnahmen der Politik für die Entwicklung des ländlichen Raums nunmehr im Rahmen eines einzigen Fonds verwaltet werden. Der Ausschuss betont jedoch, dass die Kohärenz zwischen den Modalitäten für die Verwaltung dieses einzigen Fonds und den Modalitäten für die Verwaltung der anderen Fonds gewährleistet sein muss.

    8.3

    Die Gliederung der zukünftigen Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums in drei Schwerpunkte (Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft, Raumbewirtschaftung und Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft) muss bei der Ausarbeitung der nächsten Verordnung über die Entwicklung des ländlichen Raums ebenfalls zum Tragen kommen. In der Verordnung könnten die Interventionsgrundsätze geregelt, die Ziele der drei Schwerpunkte festgelegt und die möglichen Maßnahmenarten aufgezählt werden (Investitionsbeihilfen, zinsvergünstigte Darlehen, mehrjährige öffentliche Förderung mit bestimmten Vergünstigungen, technische Unterstützung, Finanzierungsmethoden usw.). Die Modalitäten für die Umsetzung der gewählten Maßnahmen sollten auf nationaler Ebene nach dem Subsidiaritätsprinzip geregelt werden. Die Verwaltung eines einzigen Beschlusses je Mitgliedstaat in Form eines strategischen Dokuments hätte den Vorteil, dass ein fester Gemeinschaftsrahmen für den Programmplanungszeitraum aufgestellt werden könnte.

    8.4

    Das derzeitige Verfahren zur Annahme von Änderungen der Maßnahmen im STAR-Ausschuss (Verwaltungsausschuss für Agrarstrukturen und die Entwicklung des ländlichen Raums) ist nicht flexibel genug, da das Verfahren zur Ex-ante-Bewertung nach wie vor zu lang ist. Der Ausschuss schlägt vor, dass sich das neue Verfahren an dem Verfahren zur Validierung von staatlichen Beihilfen orientieren soll. Mit anderen Worten: Wird der Plan zur Entwicklung des ländlichen Raums am Anfang der Programmplanung angenommen, dann könnten die Änderungen bei der Durchführung der Maßnahmen der Kommission zur Prüfung der Rechtmäßigkeit vorgelegt werden (Ex-post-Bewertung).

    8.5

    Die Validierung der operationellen Programme ist in Abhängigkeit vom Verwaltungsmodell der Mitgliedstaaten eine Frage der nationalen bzw. subnationalen Subsidiarität. Der Kommission obläge es folglich, für die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen aufgrund der durchgeführten Maßnahmen zu sorgen, die Rechtmäßigkeit der Interventionsmodalitäten zu prüfen und die Kohärenz mit den Strukturfonds sicherzustellen. Der Ausschuss unterstreicht zudem, dass die Kommission aufgrund ihrer Erfahrungen den Erfahrungsaustausch im Rahmen der technischen Unterstützung insbesondere der neuen Mitgliedstaaten begleiten könnte.

    8.6

    Der Ausschuss hält eine Reduzierung der Etappen bei der Programmvalidierung für wünschenswert. Dabei ist der Verantwortungsbereich der Entscheidungsträger auf allen Ebenen einzugrenzen (Kommission, Mitgliedstaaten und Gebietskörperschaften).

    8.7

    Ein einziger Fonds für alle Maßnahmen im Rahmen der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums bedeutet gleichzeitig eine Vereinfachung der Finanzverwaltung. Dieser neue Fonds müsste in seinen wichtigsten Merkmalen den Strukturfonds entsprechen. Mit anderen Worten müsste er

    auf einem vorausschauenden einjährigen Zeitplan beruhen,

    eine Mehrjahresplanung beinhalten und

    flexiblere Zahlungsmodalitäten aufweisen als der EAGFL, Abteilung Garantie (Verpflichtungsermächtigungen — Zahlungsermächtigungen).

    8.8

    Die Frage der Kontrollen ist ebenfalls Teil einer vereinfachten verwaltungsmäßigen Durchführung der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums. Der Ausschuss befürwortet die von der Kommission im dritten Kohäsionsbericht dargelegten Grundzüge, insbesondere in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit der Kontrollaufgaben. Wird ein bestimmter Grenzwert unterschritten, so könnte der betreffende Mitgliedsstaat für die jeweiligen Programme sein nationales Kontrollsystem in Anspruch nehmen. Der Ausschuss betont, dass diese Grundzüge bei der Durchführung der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums im Hinblick auf wirksame Kontrollen und somit eine korrekte Verwendung der Gemeinschaftsmittel Anwendung finden sollten.

    8.9

    Die im Rahmen der Agenda 2000 für die Strukturfonds eingeführte leistungsgebundene Reserve wird eher als eine Strafmaßnahme aufgefasst, die im Falle von Verwaltungsproblemen bei der Umsetzung der Programme greift. Ferner könnte eine Zuweisung, die einzig und allein nach dem Kriterium der Mittelausschöpfung erfolgt, negative Auswirkungen haben, weil sie zu einer raschen Planung und einer strengen Erfolgskontrolle der Operationsausführung führt, was wiederum der Durchführung eines Mehrjahresprogramm zuwiderlaufen würde. Deshalb betont der Ausschuss, dass der Grundsatz der leistungsgebundenen Reserve nicht auf die künftige Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums angewendet werden sollte.

    8.10

    Die partnerschaftliche Zusammenarbeit führt ebenfalls zu einer leichteren Umsetzung der Programme. Der Ausschuss hält es für wünschenswert, dass jeder Mitgliedstaat nach dem Vorbild der Regionalpolitik von der Phase der Programmentwicklung bis zur Phase der Umsetzung, einschließlich der Folgemaßnahmen, für eine Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Verwaltungsebenen sowie mit den Sozialpartnern und den Vertretern der organisierten Zivilgesellschaft sorgt.

    8.11

    Seit der Einleitung der Initiative LEADER im Jahr 1989 wurde der Schwerpunkt auf die Suche nach neuen Ansätzen zur Entwicklung des ländlichen Raums gelegt, was zum Erfolg dieser Initiative der Kommission beigetragen hat. Ferner hat die derzeitige Programmplanungsphase die Multiplikatorwirkung des Erfahrungsaustauschs verdeutlicht, der die Partnerschaften zwischen lokalen Verbänden der verschiedenen Länder erleichtert. Der Ausschuss hebt hervor, dass die Initiative LEADER weiterhin die lokalen Initiativen begleiten sollte, wobei insbesondere über eine im Rahmen der Politik zur Förderung der ländlichen Entwicklung festgelegten Aktionslinie nach neuen Wegen der Entwicklung der ländlichen Gebiete zu suchen wäre. Die frühzeitige Feststellung des Bedarfs an Weiterbildungsmaßnahmen in einem ländlichen Gebiet, die Suche nach neuen Absatzmärkten für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse sowie die Entwicklung von Synergien zwischen den Wirtschaftsakteuren ein- und desselben Gebiets sind Themen, die der Zukunft der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums eine neue Ausrichtung geben können. Der Ausschuss befürwortet daher die Fortführung der Initiative LEADER im Rahmen der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums, um diesbezüglich nach innovativen Lösungsansätzen zu suchen.

    Brüssel, den 30. Juni 2004

    Der Präsident

    des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Roger BRIESCH


    (1)  Europäische Konferenz über ländliche Entwicklung vom 7. bis 9. November 1996 in Cork (Irland);

    http://www.europa.eu.int/comm/agriculture/rur/cork_de.htm.

    (2)  KOM(2004) 101 endg.

    (3)  KOM(2004) 107 endg.

    (4)  Europäischer Rat von Göteborg, 15./16. Juni 2001;

    http://europa.eu.int/comm/gothenburg_council/sustainable_en.htm bzw.

    (5)  http://europa.eu.int/comm/gothenburg_council/sustainable_fr.htm.

    (6)  Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat von Göteborg (15./16. Juni 2001) — Dokument Nr. 200/1/01, Ziffer 31.

    (7)  2516. Tagung des Rates LANDWIRTSCHAFT UND FISCHEREI am 11., 12., 17., 18., 19., 25. und 26. Juni 2003 in Luxemburg (Presse 164), Seite 7, Ziffer 3.

    Potsdam, Mai 1999;

    (8)  http://europa.eu.int/comm/regional_policy/sources/docoffic/official/reports/som_de.htm.

    Artikel 3: Die Ziele der Union: „Die Union [...] fördert den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten.“

    (9)  http://europa.eu.int/futurum/constitution/part1/title1/index_de.htm#Article3.

    (10)  Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds; ABl. Nr. L 161 vom 26.6.1999, S. 1–42.

    (11)  Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und zur Änderung bzw. Aufhebung bestimmter Verordnungen; ABl. L 160 vom 26.6.1999, S. 80-102.

    (12)  Fact Sheet „Rural development in the European Union“ („Ländliche Entwicklung in der Europäischen Union“) — S. 9, Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Union 2003.

    „Eine Politik zur Konsolidierung des europäischen Agrarmodells“, CES 953/99, ABl. C 368 vom 20.12.1999, S. 76-86. „Die Zukunft der GAP“, CES 362/2002, ABl. C 125 vom 27.5.2002, S. 87-99.

    (13)  „Stadtnahe Landwirtschaft“, Entwurf einer Stellungnahme CESE 1324/2003 (Annahme auf der September-Plenartagung 2004).

    (14)  „Bessere Integration von Regionen mit anhaltenden naturbedingten Strukturschwächen“, Vorentwurf einer Stellungnahme R/CES 631/2004 (Annahme auf der September-Plenartagung 2004).


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