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Document 52004AE0954

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verbesserung der Gefahrenabwehr in Häfen“ (KOM(2004) 76 endg. — 2004/0031 (COD))

    ABl. C 302 vom 7.12.2004, p. 23–26 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

    7.12.2004   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 302/23


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verbesserung der Gefahrenabwehr in Häfen“

    (KOM(2004) 76 endg. — 2004/0031 (COD))

    (2004/C 302/06)

    Der Rat beschloss am 24. Februar 2004, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 80 Absatz 2 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen.

    Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 10. Mai 2004 an. Berichterstatterin war Frau Dr. BREDIMA-SAVOPOULOU.

    Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 410. Plenartagung am 30. Juni/1. Juli 2004 (Sitzung vom 30. Juni) mit 154 Stimmen bei 4 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

    1.   Einleitung

    1.1

    Die Kommission hat mit ihrer Mitteilung (1) über die Verbesserung der Gefahrenabwehr im Seeverkehr und mit ihrem Vorschlag (2) für eine Verordnung über die Verbesserung der Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen Fragen der Sicherheit auf Schiffen und an der Schnittstelle zwischen Schiff und Hafen aufgegriffen und Vorschläge für konkrete Maßnahmen unterbreitet, die derzeit das Rechtsetzungsverfahren durchlaufen. Der Geltungsbereich der vorgeschlagenen Verordnung beschränkte sich jedoch auf den Teil des Hafens, der die Schnittstelle zwischen Hafen und Schiff bildet, d. h., den Terminal.

    1.2

    In seiner Stellungnahme (3) begrüßte der EWSA die vorgeschlagenen Maßnahmen und billigte die Absicht der Kommission als zweiten Schritt auf dem Weg zur Umsetzung zusätzlicher gemeinschaftlicher Maßnahmen, die sowohl den Hafen selbst als auch die Schnittstelle zwischen Hafen und Hinterland sichern sollen.

    1.3

    Der zweite, schwierigere Schritt der Kommissionsinitiative trägt der Tatsache Rechnung, dass angesichts der Anfälligkeit der Bereiche des Hafengebiets, die ein wesentliches Verbindungsglied in der gesamten Transportkette und den Passagierströmen darstellen, eine umfassende Politik der Hafensicherheit erforderlich ist.

    2.   Der Vorschlag der Kommission

    2.1

    Der Vorschlag wird die mit der Verordnung über die Verbesserung der Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen ergriffenen Sicherheitsmaßnahmen ergänzen und dafür sorgen, dass letztlich der gesamte Hafen einheitlichen Sicherheitsregeln unterliegt. Mit der Richtlinie werden angemessene Gefahrenabwehrniveaus für die Gemeinschaftshäfen gewährleistet und die harmonisierte Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen, die das gesamte Hafengelände abdecken, sichergestellt.

    2.2

    Die Kommission weist darauf hin, dass trotz der angekündigten Maßnahmen in Form von freiwilligen Verhaltensregeln für die Gefahrenabwehr in Häfen, welche die IMO und IAO derzeit gemeinsam ausarbeiten, eine schnelle Einführung der erforderlichen Sicherheitsregeln nicht gesichert ist. Deswegen muss die EU selbst tätig werden, vorzugsweise in Form einer Richtlinie, um die nötige Flexibilität zu ermöglichen.

    2.3

    Die vorgeschlagene Richtlinie ermöglicht es, dass bestehende Regeln zur Gefahrenabwehr im Hafen, welche die Grundsätze und Rahmenanforderungen der Richtlinie erfüllen, beibehalten werden. Konkret wird in der Richtlinie verlangt, dass Risikobewertungen vorgenommen, Gefahrenstufen definiert, Pläne zur Gefahrenabwehr erstellt und angenommen, für die Gefahrenabwehr im Hafen zuständige Behörden und Beauftragte be- bzw. ernannt, Ausschüsse für die Gefahrenabwehr im Hafen eingesetzt werden und die Umsetzung der genannten Maßnahmen unterstützt wird.

    3.   Allgemeine Bemerkungen

    3.1

    Die Ereignisse und Maßnahmen seit den Terroranschlägen vom 11. September haben die Vorhersage bestätigt, dass die Bekämpfung des Terrorismus ein langwieriges Unterfangen sein wird. Die tragischen Ereignisse am 11. März 2004 in Madrid haben die Anfälligkeit des gesamten Verkehrs- und Transportsystems für Terroranschläge deutlich gemacht und gezeigt, dass es absolute Sicherheit nicht geben kann. In seiner Sondierungsstellungnahme zum Thema „Verkehrssicherheit“ (4) und in der späteren Stellungnahme (5) zum Thema Gefahrenabwehr im Seeverkehr vertrat der EWSA die Auffassung, dass die EU international eine Führungsrolle bei der Entwicklung eines breiter angelegten Sicherheitsrahmens übernehmen sollte, bei dem auch die Ursachen des Terrorismusphänomens angegangen werden und nicht nur versucht wird, seine Auswirkungen zu beseitigen.

    3.2

    Sicherheit im Seeverkehr ist ein globales Problem, das weltweit und in der EU entsprechende Beachtung gefunden hat. Es ist jedoch so, dass die Gefahrenabwehr im Schienenverkehr weitgehend mit einzelstaatlichen Initiativen angestrebt wird, während der Terrorgefahr für den Straßen- und Binnenschiffstransport bisher relativ wenig Beachtung geschenkt wurde. Der EWSA weist darauf hin, dass solange die anderen Verkehrsträger nicht ihren Teil Verantwortung übernehmen, das „schwächste Glied“ der Kette Ziel der Terroristen sein wird, um in das System einzudringen. Es kann von den Häfen nicht erwartet werden, dass sie die Sicherheitslücken anderer Verkehrsträger schließen, und es wäre unfair, ihnen die finanziellen Belastungen aufzubürden.

    3.3

    Der EWSA bekräftigt seinen Standpunkt, dass Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung mit Maßnahmen zur Begegnung herkömmlicher Sicherheitsprobleme (organisierte Kriminalität, Piraterie, Betrug, Schmuggel und illegale Einwanderung) verknüpft werden sollten. Derartige Sicherheitsprobleme bestehen im gesamten Hafengebiet und hätten — wie vom EWSA gefordert — dringend aufgegriffen werden müssen. In diesem Zusammenhang bedauert der EWSA, dass einige Mitgliedstaaten der EU noch nicht Vertragsstaaten des Übereinkommens über die Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen und des dazugehörigen Protokolls sind, und weist auf die Notwendigkeit und Dringlichkeit der umgehenden Ratifizierung durch diese Mitgliedstaaten hin, was eine Stärkung der rechtlichen Mittel zur Terrorismusbekämpfung darstellen würde.

    3.4

    Der EWSA (6) hat die von der EU ergriffenen Maßnahmen zum Abschluss einer auf Gegenseitigkeit und Zusammenarbeit basierenden Vereinbarung mit den USA zur Gleichbehandlung aller aus der EU stammenden Frachten (Container) und zur Überführung/Einbeziehung der bilateralen Vereinbarungen in ein multilaterales Abkommen im Rahmen der Weltzollorganisation unterstützt. Ähnliche gegenseitige Vereinbarungen sollten auch mit anderen Regionen und Ländern angestrebt und durch ein System für den Informationsaustausch ergänzt werden. Erforderlichenfalls sollten die Abkommen auch die technische Zusammenarbeit und Finanzhilfe für Entwicklungsländer vorsehen, damit diese die Sicherheitsinfrastrukturen ihrer Häfen verbessern können.

    3.5

    Der Rahmen für die vorgeschlagenen Maßnahmen entspricht weitgehend dem für die Hafenanlagen (Terminals) aufgestellten. Als wesentlich neues Element wurde der geographische Geltungsbereich ausgedehnt, um das gesamte Hafengebiet, das von den Mitgliedstaaten im Einklang mit ähnlichen Maßnahmen der USA zu definieren sein wird. Der EWSA ist der Auffassung, dass diesem Zweck am besten durch Ausdehnung des Geltungsbereichs der Verordnung (EG) 725/2004 (7) gedient worden wäre. Der EWSA erkennt jedoch die Dringlichkeit einer schnellen Ausdehnung sämtlicher Sicherheitsregeln der oben genannten Verordnung auf das gesamte Hafengebiet sowie die Notwendigkeit an, den Mitgliedstaaten angesichts der großen Vielfalt an Häfen in der Gemeinschaft und der verschiedenen dort ausgeübten Tätigkeiten durch die Richtlinie die erforderliche Flexibilität einzuräumen, damit diese geeignete Maßnahmen ergreifen können. Diese Flexibilität darf aber keine großen Unterschiede bei den Maßnahmen in den Gemeinschaftshäfen hervorrufen, die dazu führen könnten, dass ausländische Häfen in Bezug auf die Entdeckung illegaler Einwanderer und Terroristen entweder als „sicher“ eingestuft oder als „unsicher“ auf die schwarze Liste gesetzt werden. Dies könnte zu Marktverzerrungen führen und die reibungslose Abwicklung des internationalen Handels gefährden.

    3.6

    Der EWSA bekräftigt seine Auffassung (8), dass das Mittelmeer im Zuge der EU-Erweiterung an Bedeutung gewinnt. Da es an Gebiete angrenzt, von denen mögliche Sicherheitsprobleme ausgehen könnten, wird eine Mittelmeerdimension der Politik für die Sicherheit im Seeverkehr immer wichtiger. Der EWSA hat die Entwicklung eines Europa-Mittelmeer-Verkehrsnetzes und die Aufnahme der Sicherheit im Seeverkehr in die gemeinsamen verkehrspolitischen Ziele begrüßt (9). Er teilt die Auffassung, dass die Mittelmeer-Partnerländer zu einer verstärkten Gefahrenabwehr auf internationaler Ebene beitragen müssen, wobei die Errichtung eines Europa-Mittelmeer-Instituts für technische Sicherheit als erster Schritt in diese Richtung gesehen wurde.

    3.7

    In ihrer derzeitigen Form zielt die Richtlinie im Wesentlichen auf verwaltungstechnische Aspekte ab. In der Richtlinie werden keine harmonisierten Verfahren zur Anwendung der in den Anlagen genannten Details definiert, vielmehr ist die Möglichkeit späterer Anpassungen vorgesehen. Der EWSA ist sich über die Dringlichkeit der Ausdehnung der Gefahrenabwehr über die Schnittstelle Schiff/Hafen hinaus im Klaren, unterstreicht jedoch, dass es umsichtiger gewesen wäre, wenn man eine Bestandsaufnahme der auf diesem Gebiet auf internationaler Ebene bisher erzielten Fortschritte, insbesondere der im Rahmen der IMO, IAO und Weltzollorganisation erreichten Ergebnisse, vorgenommen und gleich klare Leitlinien für die Umsetzung der entsprechenden Ziele vorgegeben hätte.

    3.8

    Der EWSA stellt fest, dass die Richtlinie keine neuen Verpflichtungen auf Gebieten schafft, die bereits unter die Verordnung (EG) Nr. 725/2004 (10) fallen oder die für das gesamte Hafengebiet gelten. Er möchte jedoch bei dieser Gelegenheit das Grundprinzip bekräftigen, dass Maßnahmen zur Gefahrenabwehr in Häfen in Bezug auf die damit verfolgten Ziele, die dafür anfallenden Kosten und die Auswirkungen auf die Verkehrs- und Handelsströme ausgewogen sein müssen. Ihre Notwendigkeit ist daher sorgfältig abzuwägen und es muss geprüft werden, ob sie realistisch und praktisch durchführbar sind. Die Maßnahmen müssen mit den Grundrechten und insbesondere mit den Grundsätzen der Grundrechtscharta der Europäischen Union in Einklang stehen, damit weder die Menschenrechte der Bürger noch die verfassungsmäßige Ordnung beeinträchtigt werden, was ja den Absichten von Terroristen dienlich wäre. Aus diesem Grund gilt es, folgende Dinge zu vermeiden:

    Die Umleitung zugunsten bestimmter Häfen (wegen besserer Sicherheitsmaßnahmen) auf Kosten anderer Häfen. Besonders kleinere Häfen würden unter einer solchen Verlagerung leiden. Maßnahmen der Gefahrenabwehr dürfen nicht zu einer Frage des Wettbewerbs zwischen Häfen werden.

    Einen unverhältnismäßig hohen bürokratischen Aufwand oder Kosten für den Sektor.

    Ein Gefälle zwischen der Sicherheit von Schiffen und der Sicherheit im Hafen, das Schiffe und deren Betreiber zu zusätzlichen Maßnahmen der Gefahrenabwehr am Kai zwingen würde, um dieses Gefälle auszugleichen. Häfen sollten nicht übergebührlich mit den Kosten für die Umsetzung der Sicherheitsmaßnahmen belastet und andere Verkehrsträger dadurch begünstigt werden.

    Eine unverhältnismäßig aufwendige technische Ausrüstung, hinter der bestimmte geschäftliche Interessen stehen könnten.

    3.9

    Die mit den zusätzlichen Maßnahmen zur Sicherung des gesamten Hafengebiets, sprich Zugangsbeschränkungen, Fracht- und Gepäckkontrolle und die Identitätskontrolle von Personen, einhergehenden Kosten werden für die meisten Häfen um ein Vielfaches steigen, denn mit dem erweiterten Anwendungsbereich der Sicherheitsmaßnahmen sind zusätzliche Vorkehrungen in Bezug auf die Infrastruktur, Ausrüstung, Arbeitskräfte und Schulung verbunden. Unter Verweis auf seine früheren Stellungnahmen zur Frage der Finanzierung der Kosten für die Gefahrenabwehr fordert der EWSA die Kommission nochmals auf, eine EU-Regelung für die Finanzierung der Umsetzung der Maßnahmen auszuarbeiten. Der EWSA hat insbesondere darauf hingewiesen, dass zwar ein Teil der erhöhten Kosten auf die Kunden abgewälzt werden wird, „doch auch die Staaten einen Teil der Kosten zur Terrorismusbekämpfung übernehmen sollten, da der Terror eine Reaktion auf die Politik der Regierungen ist“. Darüber hinaus ersucht der EWSA die Kommission erneut, eine Gesamtfolgenabschätzung über die finanziellen Auswirkungen der Maßnahmen für mehr Sicherheit im Seeverkehr zu erstellen, und schließt sich der ähnlich lautenden Forderung des EP an.

    3.9.1

    Seehäfen sind für die betreffenden Staaten wichtige nationale Einrichtungen. Maßnahmen zur Sicherung des gesamten Hafengeländes können deshalb als Leistungen von allgemeinem öffentlichen Interesse angesehen werden. Eine öffentliche Finanzierung solcher Maßnahmen fiele daher nicht unter die Vorschriften des EU-Vertrags über staatliche Beihilfen. Da die Mitgliedstaaten jedoch selbst entscheiden können, ob sie solche Maßnahmen mit öffentlichen Geldern unterstützen wollen oder nicht, sollte hier ein harmonisiertes Konzept auf EU-Ebene ausgearbeitet werden, um Wettbewerbsverzerrungen vorzubeugen. Dieses Konzept, das auch die Finanzierung der Maßnahmen zur Gefahrenabwehr in Hafenanlagen berücksichtigt, sollte sich auf folgende Grundsätze stützen:

    Die Kosten für Maßnahmen der Hafensicherheit, die in Umsetzung der Richtlinie über Gefahrenabwehr im Hafen ergriffen werden, sind von allgemeinem öffentlichen Interesse und sollten aus öffentlichen Mitteln der Mitgliedsstaaten oder der EU finanziert werden.

    Die Kosten für Maßnahmen der Sicherheit in Hafenanlagen, die in Umsetzung der Verordnung über Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen ergriffen werden, sollten wie folgt finanziert werden:

    a)

    Alle von der zuständigen Behörde getätigten Aufwendungen (Bewertungen, Genehmigung von Bewertungen, Genehmigung von Plänen, Prüfungsberichten, Konformitätserklärungen) sollten aus öffentlichen Mitteln der Mitgliedsstaaten oder der EU finanziert werden.

    b)

    Wiederkehrende Gemeinkosten zur Kontrolle und Prüfung der Sicherheitspläne für Hafenanlagen sollten aus öffentlichen Mitteln der Mitgliedsstaaten oder der EU finanziert werden.

    c)

    Alle anderen Aufwendungen für die Sicherheit im Zusammenhang mit Hafenanlagen sollten nach transparenten Kriterien an die Nutzer dieser Anlagen weitergegeben werden.

    3.9.2

    Die Kosten für die Hafensicherheit lassen sich äußerst schwer abschätzen. Allerdings wird davon ausgegangen, dass sie aus geographischen Gründen aufgrund der größeren Anzahl an Häfen in Europa vergleichsweise höher ausfallen als in den USA. Es wird erwartet, dass die Kosten für die Umsetzung der Maßnahmen für Großhäfen (11) und für kleinere Häfen enorm sein werden.

    3.10

    Wenn nicht umgehend auf die neuen Realitäten des Terrorismus reagiert wird, könnte es zu milliardenteuren Hafenstilllegungen kommen. Das Sicherheitsrisiko kann also zu einem nichttarifären Handelshemmnis geraten.

    4.   Besondere Bemerkungen

    4.1

    Häfen sind im Allgemeinen flächen- und verwaltungsmäßig gut definierte Bereiche, in denen verschiedene Tätigkeiten nebeneinander existieren. Normalerweise umfassen die Grenzen eines Hafens die Hafenanlagen und nicht umgekehrt, wie sich aus Artikel 2.4 und aus der Definition von „Hafen“ oder „Seehafen“ nach Artikel 3 ergibt. Der Definition zufolge ist das Hafengelände offenbar kleiner als das Gelände der „Hafenanlage“, das zusätzlich Bereiche wie Reeden, Warteplätze und seewärtige Hafenzufahrten umfasst. Deswegen muss in Artikel 2.4 eine Klärung des Begriffs „Vorrang“ vorgenommen werden.

    4.2

    Zunächst einmal muss der Plan zur Gefahrenabwehr im Hafen, der ja ein Leitplan ist, mit den Entscheidungen vereinbar sein, die im Zuge der Umsetzung des ISPS-Codes und der Verordnung (EG) 725/2004 (12) über die Kriterien für Hafenanlagen bereits getroffen wurden. Er muss die abgestimmten Sicherheitspläne für die innerhalb der Hafengrenzen liegenden Hafenanlagen einschließen. Die untergeordneten Hafenanlagen sollten als Bereiche des Hafens gelten und ihre Sicherheitspläne damit Teil des Gesamtplans zur Gefahrenabwehr im Hafen sein. Gegebenenfalls müssen sie aufeinander und mit den umfassenderen Zielen des Gesamtplans abgestimmt werden. Die Verfügungsgewalt und Verantwortung sollte daher letztlich bei der für die Gefahrenabwehr im Hafen zuständigen Behörde liegen.

    4.3

    Die beratende Rolle des Ausschusses für Gefahrenabwehr im Hafen wird die wirksame Umsetzung des Plans zur Gefahrenabwehr im Hafen verbessern. Der EWSA geht davon aus, dass die Ausschüsse von den zuständigen Behörden für die Gefahrenabwehr eingesetzt werden und zwar auch zur Definition der einzelnen Teilelemente des Plans zur Gefahrenabwehr im Hafen. Der EWSA unterstützt die Mitwirkung von Vertretern der Seeleute und der Hafenarbeiter in den Ausschüssen für Gefahrenabwehr, um zu praktischen Lösungen zu gelangen.

    4.4

    Es muss vermieden werden, dass Frachtgut und Passagiere doppelt kontrolliert werden, einmal bei Eintritt in das Hafengelände und schließlich noch einmal bei Eintritt in die eigentlichen Hafenanlagen. Außerdem sollte die Bewegungsfreiheit von Schiffsbesatzungen, Besuchern und Personen, die das Schiff beliefern, nach praktischen Gesichtspunkten gehandhabt werden.

    4.5

    Inspektionen zur Kontrolle der Durchführung der Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, die in einem Mitgliedsstaat durch Sicherheitsbeauftragte eines anderen Mitgliedsstaats vorgenommen werden, müssen unter der Verantwortung der Kommission durchgeführt werden. (Artikel 17.2 und 14.3).

    5.   Schlussfolgerungen

    5.1

    Die tragischen Ereignisse vom 11. März in Madrid bestätigten die Befürchtungen, dass das gesamte Verkehrs- und Transportsystem für Terroranschläge anfällig ist und es keine absolute Sicherheit gibt.

    5.2

    Der EWSA weist darauf hin, dass wenn nicht alle Verkehrsträger ihren Teil der Verantwortung übernehmen, das „schwächste Glied“ der Kette bevorzugtes Ziel von Terroristen sein wird, um in das System einzudringen. Es kann nicht von den Häfen erwartet werden, dass sie die Sicherheitslücken anderer Verkehrsträger schließen, und es wäre unfair, ihnen finanzielle Belastungen aufzubürden.

    5.3

    Der EWSA ist der festen Überzeugung, dass in einer unsicheren Welt eine polizeiliche Strategie kein zuverlässiger Ansatz ist. Daher sollte die EU eine internationale Führungsrolle bei der Entwicklung eines breiter angelegten Sicherheitsrahmens übernehmen, bei dem auch die Ursachen der Terrorismusphänomens angegangen werden und nicht nur versucht wird, seine Auswirkungen zu beseitigen.

    5.4

    Der EWSA unterstützt voll und ganz die vorgeschlagene Richtlinie zur Durchführung von Maßnahmen der Gefahrenabwehr im gesamten Hafengebiet. Die Flexibilität, die den Mitgliedstaaten im Rahmen der vorgeschlagenen Richtlinie eingeräumt wird, darf nicht dazu führen, dass ausländische Häfen als „sicher“ eingestuft oder als „unsicher“ auf die schwarze Liste gesetzt werden, da dies zu Marktverzerrungen führen und die reibungslose Abwicklung des internationalen Handels gefährden könnte.

    5.5

    Der EWSA bekräftigt seinen Standpunkt, dass Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung mit Maßnahmen zur Bekämpfung herkömmlicher Sicherheitsprobleme (organisierte Kriminalität, Piraterie, Betrug, Schmuggel und illegale Einwanderung) verknüpft werden müssen.

    5.6

    Seehäfen sind für die betreffenden Staaten wichtige nationale Einrichtungen. Maßnahmen zur Sicherung des gesamten Hafengeländes können deshalb als Leistungen von allgemeinem öffentlichen Interesse angesehen werden. Eine öffentliche Finanzierung solcher Maßnahmen fiele daher nicht unter die Vorschriften des EU-Vertrags über staatliche Beihilfen. Auf EU-Ebene sollte ein harmonisiertes Verfahren der Mitgliedstaaten zur Gewährung öffentlicher Beihilfen auf diesem Gebiet ausgearbeitet werden, um Wettbewerbsverzerrungen vorzubeugen. Der EWSA fordert die Kommission nochmals auf, eine EU-Regelung für die Finanzierung der Umsetzung der Maßnahmen im Bedarfsfalle auszuarbeiten. Der EWSA ist der Auffassung, dass die finanzielle Seite der Hafensicherheit eine wichtige Frage des internationalen Handels ist und dringlichst von der EU behandelt werden sollte.

    5.7

    Die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr im Hafen müssen mit den Grundrechten und insbesondere mit den Grundsätzen der Grundrechtscharta der Europäischen Union in Einklang stehen, damit weder die Menschenrechte der Bürger noch die verfassungsmäßige Ordnung beeinträchtigt werden.

    5.8

    Der EWSA unterstreicht die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer Mittelmeerdimension bei der EU-Politik zur Gefahrenabwehr im Hafen, die im Zuge der EU-Erweiterung zentrale Bedeutung annimmt.

    Brüssel, den 30. Juni 2004

    Der Präsident

    des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Roger BRIESCH


    (1)  KOM(2003) 229 endg. — 2003/0089 (COD).

    (2)  KOM(2003) 229 endg. — 2003/0089 (COD).

    (3)  ABl. C 32 vom 5.2.2004, S. 21.

    (4)  ABl. C 61 vom 14.3.2003, S. 174.

    (5)  ABl. C 32 vom 5.2.2004, S. 21.

    (6)  ABl. C 61 vom 14.3.2003, ABl. C 32 vom 5.2.2004, S. 21.

    (7)  ABl. L 129 vom 29.4.2004, S. 6.

    (8)  ABl. C 32 vom 5.2.2004, S. 21.

    (9)  ABl. C 32 vom 5.2.2004, S. 21 und KOM(2003) 376 endg.

    (10)  ABl. L 129 vom 29.4.2004, S. 6.

    (11)  Ein Containerscanner im Hafen von Rotterdam kostet 14 Mio. EUR: ABl. C 32 vom 5.2.2004.

    (12)  ABl. L 129 vom 29.4.2004, S. 6.


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