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Dokument 62004TJ0339
Judgment of the Court of First Instance (Fourth Chamber) of 8 March 2007. # France Télécom SA v Commission of the European Communities. # Competition - Decision ordering an inspection - Loyal cooperation with the national courts - Loyal cooperation with the national competition authorities - Article 20(4) of Regulation (EC) No 1/2003 -Commission Notice on Cooperation within the Network of Competition Authorities - Statement of reasons - Proportionality. # Case T-339/04.
Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte Kammer) vom 8. März 2007.
France Télécom SA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Wettbewerb - Entscheidung, mit der eine Nachprüfung angeordnet wird - Loyale Zusammenarbeit mit den nationalen Gerichten - Loyale Zusammenarbeit mit den nationalen Wettbewerbsbehörden - Art. 20 Abs. 4 der Verordnung [EG] Nr. 1/2003 - Bekanntmachung der Kommission über die Zusammenarbeit innerhalb des Netzes der Wettbewerbsbehörden - Begründung - Verhältnismäßigkeit.
Rechtssache T-339/04.
Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte Kammer) vom 8. März 2007.
France Télécom SA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Wettbewerb - Entscheidung, mit der eine Nachprüfung angeordnet wird - Loyale Zusammenarbeit mit den nationalen Gerichten - Loyale Zusammenarbeit mit den nationalen Wettbewerbsbehörden - Art. 20 Abs. 4 der Verordnung [EG] Nr. 1/2003 - Bekanntmachung der Kommission über die Zusammenarbeit innerhalb des Netzes der Wettbewerbsbehörden - Begründung - Verhältnismäßigkeit.
Rechtssache T-339/04.
Sammlung der Rechtsprechung 2007 II-00521
ECLI-Identifikator: ECLI:EU:T:2007:80
Rechtssache T‑339/04
France Télécom SA
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften
„Wettbewerb – Entscheidung, mit der eine Nachprüfung angeordnet wird – Loyale Zusammenarbeit mit den nationalen Gerichten – Loyale Zusammenarbeit mit den nationalen Wettbewerbsbehörden – Art. 20 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Bekanntmachung der Kommission über die Zusammenarbeit innerhalb des Netzes der Wettbewerbsbehörden – Begründung – Verhältnismäßigkeit“
Leitsätze des Urteils
1. Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Nachprüfungsbefugnis der Kommission – Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden – Entscheidung, mit der eine Nachprüfung angeordnet wird – Gerichtliche Überprüfung – Umfang
(Art. 10 EG, 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 20 Abs. 4, 7 und 8)
2. Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Nachprüfungsbefugnis der Kommission – Entscheidung, mit der eine Nachprüfung angeordnet wird – Begründungspflicht – Umfang
(Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 20 Abs. 4)
3. Wettbewerb – Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden – Bekanntmachung der Kommission zur Zusammenarbeit innerhalb des Netzes der Wettbewerbsbehörden – Recht der Kommission, eine Nachprüfung in einem Fall vorzunehmen, der Gegenstand einer Prüfung durch eine nationale Wettbewerbsbehörde ist
(Art. 5 EG; Dem EG-Vertrag beigefügtes Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 11 Abs. 6; Bekanntmachung 2004/C 101/03 der Kommission)
4. Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Nachprüfungsbefugnis der Kommission – Wahl einer Nachprüfungsentscheidung – Ermessen der Kommission – Grenzen
(Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 20)
1. Hinsichtlich der Nachprüfungen, die die Kommission vornehmen kann, um für die Einhaltung der Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft durch die Unternehmen zu sorgen, wird in Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 klar zwischen den Entscheidungen der Kommission auf der Grundlage von Abs. 4 dieses Artikels und dem beim einzelstaatlichen Gericht nach Abs. 7 gestellten Antrag auf Unterstützung unterschieden.
Während die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der Kommission nach Art. 20 Abs. 4 der Verordnung dem Gemeinschaftsrichter vorbehalten ist, ist es Aufgabe allein des nationalen Gerichts, bei dem gemäß Art. 20 Abs. 7 der Verordnung der Antrag auf Genehmigung des Erlasses von Zwangsmaßnahmen gestellt wird, gegebenenfalls mit Unterstützung des Gerichtshofs im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens und unbeschadet eventueller nationaler Rechtsbehelfe festzustellen, ob die von der Kommission im Rahmen dieses Antrags übermittelten Informationen es ihm ermöglichen, die ihm nach Art. 20 Abs. 8 der Verordnung obliegende Kontrolle auszuüben, und es somit in die Lage versetzen, sachdienlich über den ihm vorgelegten Antrag zu entscheiden.
Das gemäß Art. 20 Abs. 7 der Verordnung angerufene einzelstaatliche Gericht kann nach Art. 20 Abs. 8 und der Rechtsprechung von der Kommission Erläuterungen anfordern, und zwar insbesondere zu den Gründen, die sie veranlasst haben, das Unternehmen einer Zuwiderhandlung gegen die Art. 81 EG und 82 EG zu verdächtigen, sowie zur Schwere der behaupteten Zuwiderhandlung und zur Art der Beteiligung des betreffenden Unternehmens. Eine Prüfung des Gemeinschaftsgerichts, die zu der Feststellung führen könnte, dass die Informationen, die die Kommission dem nationalen Gericht gegeben hat, nicht ausreichend waren, würde dazu führen, dass das Gemeinschaftsgericht die vom nationalen Gericht insoweit bereits vorgenommene Prüfung erneut durchführen würde. Dies ist jedoch unzulässig, denn die vom nationalen Gericht vorgenommene Prüfung unterliegt allein den Kontrollen, die sich aus den gegen Entscheidungen dieses Gerichts gegebenen innerstaatlichen Rechtsbehelfen ergeben.
Aus diesem Grund geht das Vorbringen ins Leere, mit dem das betreffende Unternehmen zur Stützung einer Klage gegen die Entscheidung der Kommission, mit der die Nachprüfung angeordnet wird, geltend macht, dass diese Entscheidung unter Verstoß gegen die der Kommission nach Art. 10 EG obliegende Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden keine ausreichenden Informationen enthalte, um es dem mit einem Antrag auf Genehmigung des Erlasses von Zwangsmaßnahmen befassten nationalen Gericht zu ermöglichen, in voller Kenntnis der Sachlage zu entscheiden.
(vgl. Randnrn. 47, 50-53)
2. Die Entscheidung, mit der die Kommission in Ausübung der Befugnisse, die ihr die Verordnung Nr. 1/2003 verleiht, damit sie für die Einhaltung der Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft durch die Unternehmen sorgt, auf der Grundlage von Art. 20 dieser Verordnung eine Nachprüfung anordnet, muss nach Art. 20 Abs. 4 und der Rechtsprechung eine Begründung mit einer Reihe wesentlicher Bestandteile aufweisen, durch die die Berechtigung des beabsichtigten Eingriffs in den betroffenen Unternehmen aufgezeigt wird und diese in die Lage versetzt werden, den Umfang ihrer Mitwirkungspflicht zu erkennen und zugleich ihre Verteidigungsrechte zu wahren. So muss sie Gegenstand und Zweck der Nachprüfung bezeichnen und dabei folgende Angaben enthalten: die wesentlichen Merkmale des vermuteten Verstoßes, den betroffenen Markt, die Natur der vermuteten Zuwiderhandlungen, Erklärungen zu der Art der vermuteten Beteiligung des von der Nachprüfung betroffenen Unternehmens an der Zuwiderhandlung, wonach gesucht wird und auf welche Punkte sich die Nachprüfung beziehen soll, die Befugnisse der Kontrolleure der Gemeinschaft, der Zeitpunkt des Beginns der Nachprüfung, die in den Art. 23 und 24 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Sanktionen und die Möglichkeit, gegen die Entscheidung Klage vor dem Gericht zu erheben. Die Kommission muss zudem substantiiert darlegen, dass sie über ernsthafte Informationen und Hinweise verfügt, aufgrund deren sie das von der Nachprüfung betroffene Unternehmen der vermuteten Zuwiderhandlung verdächtigt.
Ob die Begründung einer solchen Entscheidung ausreicht, ist anhand des Kontexts zu beurteilen, in dem sie erlassen wurde.
(vgl. Randnrn. 56-60, 105)
3. Auch wenn die Verordnung Nr. 1/2003 eine Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden vorsieht, hält sie an der beherrschenden Rolle der Kommission bei der Ermittlung von Zuwiderhandlungen fest. Insbesondere bestimmt ihr Art. 11 Abs. 6, dass die Kommission vorbehaltlich einer bloßen Konsultation der betroffenen nationalen Behörde die Möglichkeit behält, ein Verfahren zum Erlass einer Entscheidung einzuleiten, selbst wenn eine nationale Behörde bereits in dem Fall tätig ist. Die Verordnung kann erst recht nicht dahin ausgelegt werden, dass sie es der Kommission in einer solchen Situation verbietet, nach Art. 20 die Vornahme einer Nachprüfung zu beschließen, die nur ein Rechtsakt ist, durch den die Behandlung des Falles in der Sache selbst vorbereitet werden soll, und die keine förmliche Einleitung des Verfahrens im Sinne von Art. 11 Abs. 6 darstellt.
Ein solches Verbot ergibt sich auch weder aus der Bekanntmachung der Kommission über die Zusammenarbeit innerhalb des Netzes der Wettbewerbsbehörden, die für Unternehmen, denen eine wettbewerbswidrige Praxis zur Last gelegt wird, im Übrigen keinerlei Rechte dahin gehend begründet, dass sich eine bestimmte Behörde mit einem Fall zu befassen hat, noch aus der Gemeinsamen Erklärung des Rates und der Kommission zur Arbeitsweise des Netzes der Wettbewerbsbehörden, die politischer Natur ist und keinerlei rechtliche Ansprüche oder Verpflichtungen schafft, oder dem in Art. 5 EG verankerten und im Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit, das dem EG-Vertrag beigefügt ist, näher erläuterten Subsidiaritätsgrundsatz, denn dieser Grundsatz stellt nicht die Zuständigkeiten in Frage, die der Kommission im EG-Vertrag übertragen worden sind und zu denen die Anwendung der Wettbewerbsregeln und besonders das Recht zur Vornahme von Nachprüfungen zur Ermittlung eventueller Zuwiderhandlungen gehören.
(vgl. Randnrn. 79-83, 85, 88-89)
4. Damit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt, dürfen, wenn die Kommission auf der Grundlage von Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln beschließt, eine Nachprüfung vorzunehmen, die beabsichtigten Maßnahmen nicht zu Nachteilen führen, die angesichts der mit der Nachprüfung verfolgten Ziele übermäßig und untragbar sind. Die von der Kommission zu treffende Wahl zwischen Nachprüfungen durch schlichten Auftrag und mit einer Entscheidung angeordneten Nachprüfungen hängt allerdings nicht von Umständen wie dem besonderen Ernst der Lage, der außerordentlichen Dringlichkeit oder der Notwendigkeit absoluter Geheimhaltung ab, sondern von den Erfordernissen einer den Besonderheiten des Einzelfalls angemessenen Untersuchung. Folglich verletzt eine Nachprüfungsentscheidung nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn sie der Kommission nur erlauben soll, die nötigen Anhaltspunkte für die Beurteilung der Frage einer Vertragsverletzung zusammenzutragen.
Es ist grundsätzlich Sache der Kommission, zu beurteilen, ob eine Auskunft erforderlich ist, um ermitteln zu können, ob eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln vorliegt. Selbst wenn ihr hierfür bereits Indizien oder gar Beweise vorliegen, kann sie es daher zu Recht für erforderlich halten, zusätzliche Nachprüfungen anzuordnen, die es ihr ermöglichen, die Zuwiderhandlung oder ihre Dauer genauer zu bestimmen.
(vgl. Randnrn. 118-119)
URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)
8. März 2007(*)
„Wettbewerb – Entscheidung, mit der eine Nachprüfung angeordnet wird – Loyale Zusammenarbeit mit den nationalen Gerichten – Loyale Zusammenarbeit mit den nationalen Wettbewerbsbehörden – Art. 20 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Bekanntmachung der Kommission über die Zusammenarbeit innerhalb des Netzes der Wettbewerbsbehörden – Begründung – Verhältnismäßigkeit“
In der Rechtssache T‑339/04
France Télécom SA, vormals Wanadoo SA, mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H. Calvet und M.‑C. Rameau,
Klägerin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch É. Gippini Fournier und O. Beynet als Bevollmächtigte,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung C(2004) 1929 der Kommission vom 18. Mai 2004 (COMP/C‑1/38.916), mit der die France Télécom SA und alle Unternehmen, die sie unmittelbar oder mittelbar kontrolliert, einschließlich der Wanadoo SA und aller von dieser unmittelbar oder mittelbar kontrollierten Unternehmen, verpflichtet wurden, eine Nachprüfung gemäß Art. 20 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) zu dulden,
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten H. Legal sowie der Richterin I. Wiszniewska-Białecka und des Richters E. Moavero Milanesi,
Kanzler: K. Pocheć, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juni 2006
folgendes
Urteil
Rechtlicher Rahmen
1 Die Abs. 1 und 6 des mit „Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten“ überschriebenen Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L1, S.1) lauten:
„Die Kommission und die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten arbeiten bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft eng zusammen.
…
Leitet die Kommission ein Verfahren zum Erlass einer Entscheidung nach Kapitel III ein, so entfällt damit die Zuständigkeit der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten für die Anwendung der Artikel 81 [EG] und 82 [EG]. Ist eine Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats in einem Fall bereits tätig, so leitet die Kommission ein Verfahren erst ein, nachdem sie diese Wettbewerbsbehörde konsultiert hat.“
2 Der mit „Nachprüfungsbefugnisse der Kommission“ überschriebene Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 bestimmt:
(1) Die Kommission kann zur Erfüllung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben bei Unternehmen und Unternehmensvereinigungen alle erforderlichen Nachprüfungen vornehmen.
(2) Die mit den Nachprüfungen beauftragten Bediensteten der Kommission und die anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen sind befugt,
a) alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen zu betreten;
b) die Bücher und sonstigen Geschäftsunterlagen, unabhängig davon, in welcher Form sie vorliegen, zu prüfen;
c) Kopien oder Auszüge gleich welcher Art aus diesen Büchern und Unterlagen anzufertigen oder zu erlangen;
d) betriebliche Räumlichkeiten und Bücher oder Unterlagen jeder Art für die Dauer und in dem Ausmaß zu versiegeln, wie es für die Nachprüfung erforderlich ist;
e) von allen Vertretern oder Mitgliedern der Belegschaft des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung Erläuterungen zu Tatsachen oder Unterlagen zu verlangen, die mit Gegenstand und Zweck der Nachprüfung in Zusammenhang stehen, und ihre Antworten zu Protokoll zu nehmen.
(3) Die mit Nachprüfungen beauftragten Bediensteten der Kommission und die anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen üben ihre Befugnisse unter Vorlage eines schriftlichen Auftrags aus, in dem der Gegenstand und der Zweck der Nachprüfung bezeichnet sind und auf die in Artikel 23 vorgesehenen Sanktionen für den Fall hingewiesen wird, dass die angeforderten Bücher oder sonstigen Geschäftsunterlagen nicht vollständig vorgelegt werden oder die Antworten auf die nach Maßgabe von Absatz 2 des vorliegenden Artikels gestellten Fragen unrichtig oder irreführend sind. Die Kommission unterrichtet die Wettbewerbsbehörde des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll, über die Nachprüfung rechtzeitig vor deren Beginn.
(4) Die Unternehmen und Unternehmensvereinigungen sind verpflichtet, die Nachprüfungen zu dulden, die die Kommission durch Entscheidung angeordnet hat. Die Entscheidung bezeichnet den Gegenstand und den Zweck der Nachprüfung, bestimmt den Zeitpunkt des Beginns der Nachprüfung und weist auf die in Artikel 23 und Artikel 24 vorgesehenen Sanktionen sowie auf das Recht hin, vor dem Gerichtshof Klage gegen die Entscheidung zu erheben. Die Kommission erlässt diese Entscheidungen nach Anhörung der Wettbewerbsbehörde des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll.
(5) Die Bediensteten der Wettbewerbsbehörde des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll, oder von dieser Behörde entsprechend ermächtigte oder benannte Personen unterstützen auf Ersuchen dieser Behörde oder der Kommission die Bediensteten der Kommission und die anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen aktiv. Sie verfügen hierzu über die in Absatz 2 genannten Befugnisse.
(6) Stellen die beauftragten Bediensteten der Kommission und die anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen fest, dass sich ein Unternehmen einer nach Maßgabe dieses Artikels angeordneten Nachprüfung widersetzt, so gewährt der betreffende Mitgliedstaat die erforderliche Unterstützung, gegebenenfalls unter Einsatz von Polizeikräften oder einer entsprechenden vollziehenden Behörde, damit die Bediensteten der Kommission ihren Nachprüfungsauftrag erfüllen können.
(7) Setzt die Unterstützung nach Absatz 6 nach einzelstaatlichem Recht eine Genehmigung eines Gerichts voraus, so ist diese zu beantragen. Die Genehmigung kann auch vorsorglich beantragt werden.
(8) Wird die in Absatz 7 genannte Genehmigung beantragt, so prüft das einzelstaatliche Gericht die Echtheit der Entscheidung der Kommission sowie, ob die beantragten Zwangsmaßnahmen nicht willkürlich und, gemessen am Gegenstand der Nachprüfung, nicht unverhältnismäßig sind. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Zwangsmaßnahmen kann das einzelstaatliche Gericht von der Kommission unmittelbar oder über die Wettbewerbsbehörde des betreffenden Mitgliedstaats ausführliche Erläuterungen anfordern, und zwar insbesondere zu den Gründen, die die Kommission veranlasst haben, das Unternehmen einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 [EG] oder 82 [EG] … zu verdächtigen, sowie zur Schwere der behaupteten Zuwiderhandlung und zur Art der Beteiligung des betreffenden Unternehmens. Das einzelstaatliche Gericht darf jedoch weder die Notwendigkeit der Nachprüfung in Frage stellen noch die Übermittlung der in den Akten der Kommission enthaltenen Informationen verlangen. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Kommissionsentscheidung ist dem Gerichtshof vorbehalten.“
3 Abs. 2 des mit „Ermittlungen durch Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten“ überschriebenen Art. 22 der Verordnung Nr. 1/2003 lautet:
„Auf Ersuchen der Kommission nehmen die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten die Nachprüfungen vor, die die Kommission gemäß Artikel 20 Absatz 1 für erforderlich hält oder die sie durch Entscheidung gemäß Artikel 20 Absatz 4 angeordnet hat. Die für die Durchführung dieser Nachprüfungen verantwortlichen Bediensteten der einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden sowie die von ihnen ermächtigten oder benannten Personen üben ihre Befugnisse nach Maßgabe ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften aus.“
Die Bediensteten der Kommission und andere von ihr ermächtigte Begleitpersonen können auf Verlangen der Kommission oder der Wettbewerbsbehörde des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll, die Bediensteten dieser Behörde unterstützen.“
Sachverhalt
4 Die Kommission stellte in ihrer Entscheidung vom 16. Juli 2003 in einem Verfahren nach Art. 82 [EG] (COMP/38.233 – Wanadoo Interactive) (im Folgenden: Entscheidung vom 16. Juli 2003) fest, dass das Unternehmen Wanadoo Interactive, seinerzeit eine 99,9%ige Tochtergesellschaft der Wanadoo SA, die ihrerseits eine Tochtergesellschaft von France Télécom SA war, die in dem von der Entscheidung betroffenen Zeitraum zwischen 70 % und 72,2 % ihres Kapitals hielt, zwischen März 2001 und Oktober 2002 seine beherrschende Stellung auf dem Markt für Breitband-Internetzugänge für Privatkunden durch die Festlegung von Verdrängungspreisen für seine Dienste eXtense und Wanadoo ADSL missbraucht habe, und erlegte Wanadoo Interactive eine Geldbuße von 10,35 Mio. Euro auf.
5 In den Art. 2 und 3 dieser Entscheidung verpflichtete die Kommission Wanadoo Interactive ferner,
– im Rahmen ihrer Dienste eXtense und Wanadoo ADSL von jeglichem Verhalten Abstand zu nehmen, das den gleichen oder einen ähnlichen Zweck oder die gleiche oder eine ähnliche Wirkung haben könnte wie der Verstoß;
– der Kommission am Ende jedes Geschäftsjahres bis einschließlich des Geschäftsjahres 2006 die Ergebnisrechnung für ihre diversen Aktivitäten im Bereich ADSL (Asymmetric Digital Suscriber Line, asymmetrische digitale Teilnehmeranschlussleitung) vorzulegen, in der die buchhalterischen Erlöse, die Betriebskosten und die Aufwendungen für die Kundenakquisition angeführt werden.
6 Der französische Minister für Wirtschaft, Finanzen und Industrie genehmigte am 11. Dezember 2003 nach Befürwortung durch die französische Telekommunikations-Regulierungsbehörde eine Senkung der Großhandelstarife von France Télécom für den Zugang zu und die Sammlung von IP/ADSL, auch als „Option 5“ bezeichnet. Mehrere Anbieter von Internetzugängen, darunter Wanadoo, beschlossen, diese Senkung der Großhandelstarife an die Endverbraucher weiterzugeben.
7 Am 12. Dezember 2003 kündigte Wanadoo eine erste Senkung seiner Endverbraucherpreise für seine Pauschalangebote für den Breitband-Internetzugang (Angebote eXtense 512k illimité, eXtense 512k Fidélité illimité, eXtense 1024k illimité und eXtense Fidélité illimité) an, die sowohl für die alten als auch für die neuen Abonnenten gelten und am 6. Januar 2004 in Kraft treten sollte. Der Tarif für das Angebot eXtense 128k illimité blieb unverändert.
8 Die Kommission erinnerte Wanadoo mit Schreiben vom 9. Januar 2004 an Art. 2 der Entscheidung vom 16. Juli 2003 und ersuchte sie, ihr mitzuteilen, ob sie seit deren Erlass ihre Endverbraucherpreise für die von dieser Entscheidung erfassten Dienste gesenkt habe oder beabsichtige, dies zu tun. Sie wies Wanadoo darauf hin, dass sie ihr bejahendenfalls ein förmliches Auskunftsverlangen über die Einzelheiten dieser Preissenkungen übermitteln werde. Sie fragte ferner, wann das Geschäftsjahr von Wanadoo enden werde und wann ihr die in Art. 3 der Entscheidung vom 16. Juli 2003 vorgeschriebenen Auskünfte erteilt würden. Die Kommission wiederholte ihr Ersuchen mit E‑Mail vom 26. Januar 2004.
9 Am 12. Januar 2004 erhoben die AOL France SNC und die AOL Europe Services SARL (im Folgenden zusammen: AOL) beim französischen Conseil de la concurrence (im Folgenden: Wettbewerbsrat) Beschwerde wegen Anwendung von Verdrängungspreisen durch Wanadoo in Bezug auf die von dieser am 12. Dezember 2003 angekündigten vier neuen Angebote. Diese Beschwerde wurde auf die Art. 82 EG und L 420‑2 des Code de Commerce (französisches Handelsgesetz) gestützt. Zugleich wurden gemäß Art. L 464-1 des Code de Commerce vorläufige Maßnahmen beantragt, die u. a. auf die Aussetzung der Vermarktung dieser Angebote gerichtet waren.
10 Am 29. Januar 2004 kündigte Wanadoo an, am 3. Februar 2004 ein Angebot eXtense 128k Fidélité illimité und vier Pauschalangebote (oder Angebote „à la carte“), nämlich eXtense 128k/20h, eXtense 128k/20h Fidélité, eXtense 512k/5Go und eXtense 512k/5Go Fidélité, einführen zu wollen.
11 Wanadoo teilte der Kommission auf deren Schreiben vom 9. Januar 2004 mit Schreiben vom 30. Januar 2004 mit, sie habe im Anschluss an die Senkung der Großhandelstarife von France Télécom neue Angebote angekündigt, die ab 1. Januar oder 1. Februar 2004 in Kraft treten sollten. Außerdem übersandte sie der Kommission mit Schreiben vom 15. März 2004 noch nicht von der Hauptversammlung der Aktionäre genehmigte Abschlüsse für das am 31. Dezember 2003 abgelaufene Geschäftsjahr 2003.
12 Am 24. Februar 2004 ergänzte AOL ihre beim Wettbewerbsrat eingereichte Beschwerde, indem sie zusätzlich die von Wanadoo am 3. Februar 2004 auf den Markt gebrachten Angebote vorlegte und beantragte, deren Vermarktung durch vorläufige Maßnahmen auszusetzen.
13 Am 11. Mai 2004 erließ der Wettbewerbsrat seine Entscheidung Nr. 04‑D-17 über die Beschwerde von AOL und ihren Antrag auf Erlass vorläufiger Maßnahmen. Er lehnte diesen Antrag ab und verwies die Beschwerde zur Untersuchung zurück (im Folgenden: Entscheidung des Wettbewerbsrats).
14 Am 18. Mai 2004 erließ die Kommission die Entscheidung C(2004) 1929 (COMP/C‑1/38.916), mit der sie France Télécom und alle Unternehmen, die diese unmittelbar oder mittelbar kontrolliert, einschließlich von Wanadoo und aller von dieser unmittelbar oder mittelbar kontrollierten Unternehmen, verpflichtete, eine Nachprüfung gemäß Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 zu dulden (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).
15 In den Erwägungsgründen 1 und 5 bis 13 dieser Entscheidung heißt es:
„Die Kommission … hat Informationen dahin gehend erhalten, dass Wanadoo in Frankreich Tarife für den ADSL-Internetzugang für die breite Öffentlichkeit praktiziert, von denen einige nicht die variablen Kosten decken und andere unterhalb der Vollkosten liegen. Nach den vorliegenden Informationen sind diese Tarife Teil eines Plans, der die Absicht erkennen lässt, die Konkurrenten zu verdrängen. Zudem ergibt sich aus den erhaltenen Informationen, dass der geringe wirtschaftliche Spielraum zwischen den fraglichen Endverbraucherpreisen und den Großhandelsangeboten (Option 5) von France Télécom eine Tarifschere zuungunsten der konkurrierenden Betreiber schafft, die auf der Grundlage der Option 5 von France Télécom den Breitband-Internetzugang für Privatkunden anbieten wollen.
…
Nach den der Kommission vorliegenden Informationen ergibt sich aus einer Analyse auf der Grundlage von Vorausschätzungen, dass mindestens drei [der zehn in der angefochtenen Entscheidung genannten, oben in den Randnrn. 7 und 10 bezeichneten] Angebote (die beiden Angebote ‚à la carte‘ von 128kbit/s und das Angebot ‚à la carte‘ von 512 kbit/s/24 Monate) nicht ihre variablen Kosten decken. Mindestens zwei weitere Angebote von 512 kbit/s (das Angebot ‚à la carte‘ 12 Monate und das unbegrenzte Angebot 24 Monate) decken nicht ihre Vollkosten.
Die Kommission hat ferner Informationen erhalten, aus denen hervorgeht, dass die betreffenden Angebote Teil einer Strategie zur Abschottung und zur Verdrängung der Konkurrenten sind.
Darüber hinaus ist nach den der Kommission vorliegenden Informationen der wirtschaftliche Spielraum zwischen den neuen von Wanadoo praktizierten Endverbraucherpreisen und der Option 5 trotz der Senkung der Tarife für diese letztere im Januar 2004 ungenügend und hindert die konkurrierenden Betreiber, die ihre Angebote auf die Option 5 stützen, zu angemessenen Bedingungen mit Wanadoo in Wettbewerb zu treten.
Die Kommission kam in ihrer Entscheidung … vom 16. Juli 2003 zu dem Ergebnis, dass Wanadoo auf dem französischen Markt für den Breitband-Internetzugang für Privatkunden eine beherrschende Stellung einnahm. Nach den der Kommission vorliegenden Informationen ist dies auch jetzt noch der Fall.
Die nicht kostendeckenden Angebote von Wanadoo und der geringe Spielraum zwischen diesen Angeboten und den Tarifen der Option 5 haben sehr wahrscheinlich das Eindringen der – französischen oder in anderen Mitgliedstaaten ansässigen – Konkurrenten in den Markt behindert und die bereits auf diesem Markt tätigen Anbieter gefährdet. Nach den vorliegenden Informationen mussten sich die meisten Konkurrenten von Wanadoo den neuen Angeboten anpassen, und der gesamte ADSL‑Markt in Frankreich ist zurzeit defizitär.
Praktiken der oben beschriebenen Art kommen einer Erzwingung von unangemessenen Verkaufspreisen gleich. Wenn ihr Vorliegen erwiesen wäre, würden derartige Praktiken einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung und damit einen Verstoß gegen Art. 82 [EG] darstellen.
Um alle relevanten Umstände betreffend die vermuteten Praktiken und den Kontext des angeblichen Missbrauchs beurteilen zu können, muss die Kommission Nachprüfungen gemäß Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 vornehmen.
Nach den der Kommission vorliegenden Informationen ist es sehr wahrscheinlich, dass alle die genannten Praktiken betreffenden Informationen, insbesondere diejenigen, die es ermöglichen, zu bestimmen, bis zu welchem Grad die Kosten gedeckt sind, und diejenigen, die sich auf die Strategie der Abschottung und der Verdrängung der Konkurrenten beziehen, nur einigen Mitgliedern des Personals von France Télécom und/oder von Wanadoo bekannt gegeben wurden. Die die vermuteten Praktiken betreffenden Unterlagen sind sehr wahrscheinlich auf das strikte Mindestmaß beschränkt und werden an Orten und in einer Form aufbewahrt, die es im Fall einer Nachprüfung ermöglichen, sie zu verbergen, zurückzuhalten oder zu vernichten.
Um die Wirksamkeit dieser Nachprüfung zu gewährleisten, muss sie deshalb ohne vorherige Unterrichtung der Unternehmen, an die die vorliegende Entscheidung gerichtet ist, durchgeführt werden. Somit ist eine Entscheidung gemäß Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 zu erlassen, durch die die Unternehmen verpflichtet werden, eine Nachprüfung zu dulden.“
16 Art. 1 der angefochtenen Entscheidung bestimmt:
„France Télécom … und Wanadoo …
sind verpflichtet, eine Nachprüfung betreffend eine vermutete gegen Art. 82 [EG] verstoßende Erzwingung von unangemessenen Verkaufspreisen im Bereich des Breitband-Internetzugangs für Privatkunden mit der Absicht der Abschottung und der Verdrängung der Konkurrenten zu dulden. Die Nachprüfung kann in allen Räumlichkeiten der Unternehmen vorgenommen werden …
France Télécom … und Wanadoo … gestatten es den mit den Nachprüfungen beauftragten Bediensteten der Kommission und den anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen sowie den Bediensteten der zuständigen Behörde des betroffenen Mitgliedstaats und den von dieser bevollmächtigten oder bezeichneten Bediensteten, die sie unterstützen, alle ihre Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel während der üblichen Geschäftszeiten zu betreten. Diese Unternehmen legen die Bücher und sonstigen Geschäftsunterlagen, die diese Bediensteten und anderen Personen einsehen wollen, unabhängig davon, in welcher Form sie vorliegen, vor und gestatten es ihnen, diese Bücher und sonstigen Geschäftsunterlagen vor Ort zu prüfen und Kopien oder Auszüge gleich welcher Art aus ihnen anzufertigen oder zu erlangen. Sie geben unverzüglich vor Ort alle von diesen Bediensteten und anderen Personen verlangten mündlichen Erläuterungen zu Tatsachen oder Unterlagen, die mit Gegenstand und Zweck der Nachprüfung in Zusammenhang stehen und gestatten es allen Vertretern oder Mitgliedern der Belegschaft, derartige Erläuterungen zu geben. Sie erlauben es [diesen] Bediensteten und anderen Personen, diese Erläuterungen in jeder Form aufzuzeichnen.“
17 Die angefochtene Entscheidung legt ferner in Art. 2 das Anfangsdatum der Nachprüfung fest. Schließlich regelt sie, unter welchen Umständen die Kommission gegen alle Unternehmen, an die die Entscheidung gerichtet ist, Geldbußen und Zwangsgelder gemäß den Art. 23 und 24 der Verordnung Nr. 1/2003 festsetzen kann, und bestimmt, dass, wenn ein Unternehmen, an das die Entscheidung gerichtet ist, sich der angeordneten Nachprüfung widersetzt, der betreffende Mitgliedstaat den beauftragten Bediensteten der Kommission und den anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen gemäß Art. 20 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 die erforderliche Unterstützung gewährt, damit sie ihren Nachprüfungsauftrag erfüllen können. Die Entscheidung enthält außerdem eine Rechtsbehelfsbelehrung über die Möglichkeit einer Klage vor dem Gericht und in der Anlage Auszüge aus der Verordnung Nr. 1/2003.
18 Aufgrund dieser Entscheidung ersuchte die Kommission die französischen Behörden gemäß Art. 20 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1/2003 um Unterstützung. Der französische Minister für Wirtschaft, Finanzen und Industrie wies den Leiter der Nationalen Direktion für Ermittlungen in den Bereichen Wettbewerb, Verbrauch und Betrugsbekämpfung mit Untersuchungsaufforderung vom 25. Mai 2004 an, alle für die Durchführung der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung beschriebenen Nachprüfung erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Zu diesem Zweck ersuchte der Leiter dieser Direktion den zuständigen Richter (Juge des libertés et de la détention beim Tribunal de Grande Instance Nanterre, im Folgenden: zuständiger Richter) um die Genehmigung, bei France Télécom und Wanadoo eine Nachprüfung vorzunehmen oder vornehmen zu lassen und die Kommission zu unterstützen. Er fügte diesem Ersuchen die angefochtene Entscheidung bei.
19 Der zuständige Richter erteilte die beantragte Genehmigung durch Beschluss vom 27. Mai 2004 und gestattete es den noch zu benennenden französischen Kontrolleuren insbesondere, die ihnen nach den Art. L 450-4 und L 470-6 des Code de commerce zustehenden Befugnisse auszuüben.
20 Die angefochtene Entscheidung wurde Wanadoo am 2. Juni 2004 bekannt gegeben, d. h. unmittelbar vor Beginn der Nachprüfung, die am 4. Juni 2004 abgeschlossen wurde.
Verfahren und Anträge der Parteien
21 Wanadoo hat mit Klageschrift, die am 10. August 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.
22 Am 1. September 2004 schloss sich Wanadoo mit ihrer Muttergesellschaft France Télécom zusammen, die damit zur Klägerin des vorliegenden Verfahrens wurde.
23 Das Gericht (Vierte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.
24 Die Parteien haben in der öffentlichen Sitzung vom 8. Juni 2006 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.
25 Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären,
– der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
26 Die Kommission beantragt,
– die Klage abzuweisen,
– der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Entscheidungsgründe
27 Die Klägerin stützt ihre Klage auf fünf Klagegründe: Verstoß gegen Art. 10 EG und gegen die Verordnung Nr. 1/2003, Verletzung der Verpflichtung der Kommission, alle relevanten Gesichtspunkte des vorliegenden Falles sorgfältig und unparteiisch zu untersuchen, unzureichende Begründung, Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und offensichtlicher Beurteilungsfehler.
Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 10 EG und gegen die Verordnung Nr. 1/2003
Zum ersten Teil: Verstoß gegen die Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit mit den nationalen Gerichten
– Vorbringen der Parteien
28 Die Klägerin trägt vor, nach der Rechtsprechung seien die Gemeinschaftsorgane und die Mitgliedstaaten, insbesondere die nationalen Gerichte, gemäß Art. 10 EG gegenseitig zu loyaler Zusammenarbeit verpflichtet. Die Verordnung Nr. 1/2003 sei im Licht dieser Vorschrift zu lesen.
29 Aufgrund dieser Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit müsse die Kommission dafür sorgen, dass die nationale Behörde, die zu prüfen habe, ob die beabsichtigten Zwangsmaßnahmen nicht willkürlich und, gemessen am Gegenstand der Nachprüfung, nicht unverhältnismäßig seien, über alle Mittel verfüge, die zur Ausübung der ihr obliegenden Kontrolle erforderlich seien. Deshalb müsse die Kommission nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 22. Oktober 2002 (Roquette Frères, C‑94/00, Slg. 2002, I‑9011) das zuständige nationale Gericht über die wesentlichen Merkmale der behaupteten Zuwiderhandlung informieren.
30 In der vorliegenden Rechtssache habe die Kommission unter mehreren Gesichtspunkten gegen diese Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit verstoßen, was zur Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidung führen müsse.
31 Erstens habe sie dem zuständigen Richter die Entscheidung des Wettbewerbsrats vom 11. Mai 2004, das bei diesem anhängige Verfahren und die in ihrer Entscheidung vom 16. Juli 2003 enthaltenen Anordnungen verschwiegen. Somit habe sie die französische Justiz nicht loyal über die Natur und die Schwere der behaupteten Zuwiderhandlung in Kenntnis gesetzt.
32 Zweitens lasse die angefochtene Entscheidung die vom Wettbewerbsrat vorgenommene Untersuchung unerwähnt, in der das Vorliegen der behaupteten Zuwiderhandlung als zweifelhaft bezeichnet werde und die somit das Vorbringen der Kommission nicht stütze. Insbesondere werde die Ablehnung des Antrags auf vorläufige Maßnahmen nicht mit mangelnder Eilbedürftigkeit begründet, sondern damit, dass die fragliche Preispolitik die Konkurrenten der Klägerin nicht gefährdet habe.
33 Drittens habe die Kommission behauptet, die Klägerin habe beabsichtigt, Unterlagen zurückzuhalten, obwohl es keinerlei Hinweise darauf gegeben habe; außerdem habe sie dem zuständigen Richter nicht mitgeteilt, dass sie zur Ermittlung der Tatsachen, die es ihr ermöglicht hätten, die Entscheidung vom 16. Juli 2003 zu erlassen, keine Nachprüfung und keine Unterstützung der nationalen Behörden gebraucht habe.
34 Wenn der zuständige Richter über diese Tatsachen unterrichtet gewesen wäre, hätte er die Frage, ob die beantragten Zwangsmaßnahmen nicht willkürlich oder unverhältnismäßig gewesen seien, anders beurteilt. Außerdem habe er die Kommission nicht um zusätzliche Informationen ersucht, weil er auf ihre Loyalität vertraut habe.
35 Abschließend trägt die Klägerin vor, sie habe die Nachprüfung nur geduldet, weil ihr der Beschluss des zuständigen Richters zugestellt worden sei. Jedenfalls sei die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung allein aufgrund der tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten zu beurteilen, die zum Zeitpunkt ihres Erlasses vorgelegen hätten.
36 Die Kommission entgegnet erstens, dass das Vorbringen der Klägerin ins Leere gehe.
37 Die Nichterwähnung der Entscheidung des Wettbewerbsrats sei unerheblich, da die Klägerin akzeptiert habe, sich der Anordnung der Nachprüfung zu unterwerfen, die als solche zwingend sei, ohne dass die Kommission gemäß Art. 20 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 die Unterstützung der nationalen Behörden habe anfordern müssen. Der Beschluss des zuständigen Richters habe somit keine Wirkungen entfaltet. Diesen Beschluss hätte die Klägerin anfechten müssen, wenn sie der Meinung gewesen sei, dass der zuständige Richter beim Erlass seines Beschlusses nicht ausreichend unterrichtet gewesen sei.
38 Selbst wenn der zuständige Richter nicht ausreichend unterrichtet gewesen sein sollte, um die Verhältnismäßigkeit der geplanten Zwangsmaßnahmen beurteilen zu können, hätte dies keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, denn dann hätte er die beantragten Zwangsmaßnahmen ablehnen müssen.
39 Zweitens könne die sich aus Art. 10 EG ergebende Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit nicht isoliert von einem Einzelnen ins Feld geführt werden, um die Nichtigerklärung einer Handlung zu erreichen, es sei denn, der behauptete Verstoß gegen diese Vorschrift schließe die Verletzung einer anderen Vorschrift des Gemeinschaftsrechts ein. Insoweit reiche ein allgemeiner Hinweis auf die Verordnung Nr. 1/2003 nicht aus.
40 Drittens weist die Kommission darauf hin, dass sie dem zuständigen Richter jedenfalls alle notwendigen Angaben gemacht habe, die er für seine Prüfung, ob die beantragten Zwangsmaßnahmen nicht willkürlich und, gemessen am Gegenstand der Nachprüfung, nicht unverhältnismäßig seien, benötigt habe. Das nationale Gericht sei für die Kontrolle der Notwendigkeit und der Berechtigung der angeordneten Nachprüfungsmaßnahme, der Arbeitsteilung innerhalb des europäischen Wettbewerbskontrollsystems und der möglichen Auswirkungen der Preispolitik des betreffenden Unternehmens auf den fraglichen Markt nicht zuständig.
41 Sonach seien weder das Verfahren vor dem Wettbewerbsrat noch dessen Entscheidung für die Ausübung der Kontrolle durch den zuständigen Richter notwendig oder nützlich gewesen. Das Vorbringen der Klägerin stehe deshalb im Widerspruch zu Art. 20 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1/2003. Die Entscheidung vom 16. Juli 2003 werde in der streitigen Entscheidung erwähnt, und das nationale Gericht hätte, wenn es dies für erforderlich gehalten hätte, weitere Auskünfte von der Kommission einholen können.
42 Hilfsweise macht die Kommission geltend, die Entscheidung des Wettbewerbsrats stütze die Auffassung, dass es ausreichende Gründe für die Vornahme einer Nachprüfung gegeben habe. Dass der Antrag auf vorläufige Maßnahmen abgelehnt worden sei, sei unerheblich, da diese Entscheidung nicht aus materiellrechtlichen Gründen, sondern wegen mangelnder Eilbedürftigkeit gefällt worden sei.
43 Somit enthalte die angefochtene Entscheidung alle notwendigen und zweckdienlichen Erläuterungen, die es dem nationalen Richter ermöglicht hätten, die ihm obliegende Kontrolle auszuüben. Es werde ausführlich dargelegt, dass sich in den Akten der Kommission ernsthafte Hinweise auf Wettbewerbsverstöße fänden, und der nationale Richter werde im Einklang mit der Rechtsprechung über die wesentlichen Merkmale der vermuteten Zuwiderhandlung, den Gegenstand der Nachprüfung und die Punkte, auf die sich die Nachprüfung beziehen sollte, informiert.
44 Viertens trägt die Kommission vor, das Bestreiten einer Absicht, Informationen zurückzuhalten, sei unerheblich.
45 Die Kommission bemerkt abschließend, mit diesem ersten Teil des ersten Klagegrundes strebe die Klägerin ein Ergebnis an, das der Aufhebung des Beschlusses des zuständigen Richters gleichkomme. Dieses Vorbringen sei zurückzuweisen.
– Würdigung durch das Gericht
46 Zunächst geht entgegen den Ausführungen der Kommission aus dem Vorbringen der Klägerin klar hervor, dass diese nicht isoliert einen Verstoß gegen Art. 10 EG und damit gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit, sondern eine Verletzung dieses Artikels in Verbindung mit einem Verstoß gegen die Verordnung Nr. 1/2003 geltend macht.
47 Die Einzelheiten der Erfüllung der sich aus Art. 10 EG ergebenden Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit, die die Kommission im Rahmen ihrer Beziehungen zu den Mitgliedstaaten zu beachten hat (Urteil des Gerichtshofs vom 10. Februar 1983, Luxemburg/Parlament, C‑230/81, Slg 1983, 255, Randnr. 37, und Beschluss des Gerichtshofs vom 13. Juli 1990, Zwartveld u. a., C‑2/88 IMM, Slg. 1990, I‑3365, Randnr. 17), sind, soweit es sich um die Beziehungen handelt, die sich im Rahmen von Nachprüfungen herausbilden, die die Kommission zur Aufdeckung von Zuwiderhandlung gegen die Art. 81 EG und 82 EG vornimmt, in Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 geregelt. Dort werden die Modalitäten festlegt, nach denen die Kommission, die nationalen Wettbewerbsbehörden und die nationalen Gerichte zusammenarbeiten müssen, wenn die Kommission beschlossen hat, eine Nachprüfung nach dieser Verordnung vorzunehmen.
48 So ermächtigt Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 die Kommission, Nachprüfungen vorzunehmen, und zwar entweder gemäß Abs. 3 unter Vorlage eines schriftlichen Auftrags oder gemäß Abs. 4 aufgrund einer Entscheidung, die die Unternehmen verpflichtet, die Nachprüfung zu dulden. Nimmt die Kommission eine Nachprüfung gemäß Art. 20 Abs. 3 vor, muss sie die Wettbewerbsbehörde des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll, rechtzeitig vor deren Beginn darüber unterrichten. Nimmt die Kommission eine Nachprüfung gemäß Abs. 4 vor, muss sie die Wettbewerbsbehörde des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet diese vorgenommen werden soll, vor Erlass der Nachprüfungsentscheidung anhören.
49 Nach Art. 20 Abs. 6 der Verordnung 1/2003 ist die Unterstützung der nationalen Behörden für die Vornahme der Nachprüfung notwendig, wenn das Unternehmen, bei dem die Nachprüfung vorgenommen werden soll, sich dieser widersetzt. Setzt diese Unterstützung eine Genehmigung eines Gerichts voraus, so ist diese gemäß Abs. 7 zu beantragen. In diesem Fall prüft das einzelstaatliche Gericht gemäß Abs. 8, ob die Entscheidung, mit der die Nachprüfung angeordnet wird, echt ist und ob die zur Durchführung der Nachprüfung beantragten Zwangsmaßnahmen nicht willkürlich und, gemessen an deren Gegenstand, nicht unverhältnismäßig sind. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Kommissionsentscheidung ist jedoch dem Gemeinschaftsrichter vorbehalten.
50 Art. 20 der Verordnung Nr. 1/2003 unterscheidet somit klar zwischen den Entscheidungen der Kommission nach Abs. 4 und dem beim einzelstaatlichen Gericht nach Abs. 7 gestellten Antrag auf Unterstützung.
51 Während die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der Kommission nach Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 dem Gemeinschaftsrichter vorbehalten ist, wie sich namentlich aus Art. 20 Abs. 8 a. E. ergibt, ist es Aufgabe allein des nationalen Gerichts, bei dem gemäß Art. 20 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1/2003 der Antrag auf Genehmigung des Erlasses von Zwangsmaßnahmen gestellt wird, gegebenenfalls mit Unterstützung des Gerichtshofs im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens und unbeschadet eventueller nationaler Rechtsbehelfe festzustellen, ob die von der Kommission im Rahmen dieses Antrags übermittelten Informationen es ihm ermöglichen, die ihm nach Art. 20 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1/2003 obliegende Kontrolle auszuüben, und es somit in die Lage versetzen, sachdienlich über den ihm vorgelegten Antrag zu entscheiden (vgl. in diesem Sinne zur Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG], ABl. 1962, 13, S. 204, Urteil Roquette Frères, oben in Randnr. 29 angeführt, Randnrn. 39, 67 und 68).
52 Das gemäß Art. 20 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1/2003 angerufene einzelstaatliche Gericht kann nach Art. 20 Abs. 8 und nach der Rechtsprechung (vgl. zur Verordnung Nr. 17 Urteil Roquette Frères, oben in Randnr. 29 angeführt) von der Kommission Erläuterungen anfordern, und zwar insbesondere zu den Gründen, die sie veranlasst haben, das Unternehmen einer Zuwiderhandlung gegen die Art. 81 EG und 82 EG zu verdächtigen, sowie zur Schwere der behaupteten Zuwiderhandlung und zur Art der Beteiligung des betreffenden Unternehmens. Eine Prüfung des Gemeinschaftsgerichts, die zu der Feststellung führen könnte, dass die Informationen, die die Kommission dem nationalen Gericht gegeben hat, nicht ausreichend waren, würde dazu führen, dass das Gemeinschaftsgericht die vom nationalen Gericht insoweit bereits vorgenommene Prüfung erneut durchführen würde. Dies ist jedoch unzulässig, denn die vom nationalen Gericht vorgenommene Prüfung unterliegt allein den Kontrollen, die sich aus den gegen Entscheidungen dieses Gerichts gegebenen innerstaatlichen Rechtsbehelfen ergeben.
53 Folglich geht das Vorbringen, auf das die Klägerin ihren ersten Klagegrund stützt, insgesamt ins Leere, denn dadurch, dass sie die angefochtene Entscheidung inhaltlich angreift, ersucht sie das Gericht, die Beurteilung in Frage zu stellen, die der zuständige Richter bereits gemäß Art. 20 Abs. 8 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgenommen hat, um festzustellen, ob die Informationen, die die Kommission ihm gegeben hat, um die nach Art. 20 Abs. 7 der Verordnung Nr. 1/2003 beantragte Genehmigung zu erhalten, ausreichend sind. Das Gemeinschaftsgericht ist nämlich nicht befugt, nachzuprüfen, wie das gemäß dieser Vorschrift angerufene einzelstaatliche Gericht die ihm durch Art. 20 Abs. 8 übertragene Aufgabe erfüllt.
54 Außerdem ist die Rechtmäßigkeit eines Akts an dem Sachverhalt und der Rechtslage zu messen, die zur Zeit des Erlasses des Akts bestanden (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Februar 1979, Frankreich/Kommission, 15/76 und 16/76, Slg. 1979, 321, Randnr. 7, und des Gerichts vom 15. Juli 2004, Valenzuela Marzo/Kommission, T‑384/02, Slg. ÖD 2004, I‑A-235 und II‑1035, Randnr. 98). Folglich haben der Gebrauch, der möglicherweise von einer Nachprüfungsentscheidung gemacht wird, oder die Würdigung der in dieser enthaltenen Angaben durch das einzelstaatliche Gericht im Rahmen eines von der Kommission gemäß Art. 20 Abs. 7 der Verordnung Nr./2003 gestellten Antrags keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Nachprüfungsentscheidung.
55 Die Stichhaltigkeit des Vorbringens der Klägerin, die Kommission habe ihre Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit verletzt, ist somit im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes allein aufgrund der Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 in seiner Auslegung durch die Rechtsprechung zu beurteilen.
56 Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 nennt die wesentlichen Angaben, die eine Nachprüfungsentscheidung enthalten muss, indem er die Kommission verpflichtet, Gegenstand und Zweck der angeordneten Nachprüfung zu bezeichnen, den Zeitpunkt des Beginns der Nachprüfung zu bestimmen und auf die in Art. 23 und Art. 24 der Verordnung vorgesehenen Sanktionen sowie auf das Recht hinzuweisen, vor dem Gemeinschaftsrichter Klage gegen die Entscheidung zu erheben.
57 Durch die Begründung der Nachprüfungsentscheidungen soll somit nicht nur die Berechtigung des beabsichtigten Eingriffs in den betroffenen Unternehmen aufgezeigt werden, sondern diese Unternehmen sollen auch in die Lage versetzt werden, den Umfang ihrer Mitwirkungspflicht zu erkennen und zugleich ihre Verteidigungsrechte zu wahren (vgl. zur Verordnung Nr. 17 die Urteile des Gerichtshofs vom 21. September 1989, Hoechst/Kommission, 46/87 und 227/88, Slg. 1989, I‑2859, Randnr. 29, und Roquette Frères, oben in Randnr. 29 angeführt, Randnr. 47).
58 Die Verpflichtung der Kommission, Gegenstand und Zweck der Nachprüfung anzugeben, bildet nämlich eine wesentliche Garantie für die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen. Folglich kann der Umfang der Pflicht zur Begründung der Nachprüfungsentscheidungen nicht aus Gründen der Wirksamkeit der Nachprüfung beschränkt werden. So braucht die Kommission zwar dem Adressaten der Entscheidung nicht alle Informationen zu geben, über die sie im Zusammenhang mit der vermuteten Zuwiderhandlung verfügt; sie braucht den relevanten Markt nicht genau abzugrenzen, keine exakte rechtliche Qualifizierung der Zuwiderhandlungen vorzunehmen und auch nicht den Zeitraum anzugeben, in dem diese begangen worden sein sollen. Sie muss jedoch möglichst genau angeben, welche Verdachtsmomente sie erhärten will, d. h., wonach gesucht wird und auf welche Punkte sich die Nachprüfung beziehen soll (vgl. zur Verordnung Nr. 17 die Urteile des Gerichtshofs vom 17. Oktober 1989, Dow Benelux/Kommission, 85/87, Slg. 1989, 3137, Randnr. 10; Hoechst/Kommission, oben in Randnr. 57 angeführt, Randnr. 41, und Roquette Frères, oben in Randnr. 29 angeführt, Randnr. 48).
59 Zu diesem Zweck muss die Kommission in einer Nachprüfungsentscheidung außerdem eine Beschreibung der wesentlichen Merkmale der behaupteten Zuwiderhandlung geben, indem sie den ihrer Ansicht nach relevanten Markt und die Natur der behaupteten Wettbewerbsbeschränkungen bezeichnet, sie muss erläutern, wie das von der Nachprüfung betroffene Unternehmen in die Zuwiderhandlung verwickelt sein soll, wonach gesucht wird und auf welche Punkte sich die Nachprüfung beziehen soll, und sie muss angeben, welche Befugnisse die Kontrolleure der Gemeinschaft haben (vgl. zur Verordnung Nr. 17 die Urteile des Gerichtshofs vom 26. Juni 1980, National Parasonic/Kommission, 136/79, Slg. 1980, 2033, Randnr. 26, und Roquette Frères, oben in Randnr. 29 angeführt, Randnrn. 81, 83 und 99).
60 Um darzutun, dass die Nachprüfung gerechtfertigt ist, muss die Kommission in der Entscheidung, durch die eine Nachprüfung angeordnet wird, substantiiert darlegen, dass sie über ernsthafte Informationen und Hinweise verfügt, aufgrund deren sie das von der Nachprüfung betroffene Unternehmen der vermuteten Zuwiderhandlung verdächtigt (vgl. zur Verordnung Nr. 17 das Urteil Roquette Frères, oben in Randnr. 29 angeführt, Randnrn. 55, 61 und 99).
61 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die in den Randnrn. 15 bis 17 wiedergegebene angefochtene Entscheidung zwar allgemein formuliert ist, jedoch die nach Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 und der Rechtsprechung erforderlichen wesentlichen Informationen enthält. Gegenstand und Zweck der Nachprüfung werden bezeichnet, indem die wesentlichen Merkmale des vermuteten Verstoßes genannt werden. Angegeben werden der angeblich betroffene Markt – Breitband-Internetzugang für Privatkunden in Frankreich –, die Natur der angeblichen Wettbewerbsbeschränkungen durch die Klägerin – eine gegen Art. 82 EG verstoßende Preispolitik –, Erklärungen zu der Art der angeblichen Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung – sie habe diese initiiert –, wonach gesucht wurde und auf welche Punkte sich die Nachprüfung beziehen sollte – Informationen über diese Preispolitik, insbesondere Informationen, die es ermöglichten, zu ermitteln, bis zu welchem Grad die Kosten der Klägerin gedeckt waren, und Informationen, die sich auf eine Strategie der Abschottung und der Verdrängung der Konkurrenten bezogen und die möglicherweise nur einigen Mitgliedern des Personals von France Télécom und/oder der Klägerin bekannt gegeben wurden und in allen Geschäftsräumen des Unternehmens, in ihren Büchern und anderen Geschäftsunterlagen und eventuell durch mündliche Befragungen in Erfahrung gebracht werden mussten –, die Befugnisse der Kontrolleure der Gemeinschaft, der Zeitpunkt des Beginns der Nachprüfung – der 2. Juni 2004 –, die in Art. 23 und Art. 24 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Sanktionen und die Möglichkeit, gegen die Entscheidung Klage vor dem Gericht zu erheben.
62 Was die Rechtfertigung der Nachprüfung betrifft, enthält die Entscheidung substantiierte Angaben darüber, dass die Kommission in ihren Akten über ernsthafte Informationen und Hinweise verfügte, die den Verdacht von Wettbewerbsverstößen durch die Klägerin begründeten. So erwähnt die Kommission insbesondere, dass sie Informationen erhalten habe, aus denen hervorgehe, dass die Klägerin für den ADSL-Internetzugang für die breite Öffentlichkeit in Frankreich Tarife praktiziere, von denen einige nicht die variablen Kosten deckten und andere unter den Vollkosten lägen, die Teil eines Plans seien, der die Absicht der Verdrängung der Konkurrenten erkennen lasse und die möglicherweise gegen Art. 82 EG verstießen. Außerdem gibt sie an, dass eine Prüfung aufgrund von Vorausberechnungen tatsächlich gezeigt habe, dass bestimmte in der angefochtenen Entscheidung bezeichnete Angebote der Klägerin weder ihre variablen Kosten noch ihre Vollkosten deckten.
63 Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ermöglichen weder das beim Wettbewerbsrat anhängige Verfahren noch die Entscheidung des Wettbewerbsrats, noch die in der Entscheidung vom 16. Juli 2003 enthaltenen Anordnungen den Schuss, dass die im vorliegenden Fall beschlossene Nachprüfung nicht gerechtfertigt war.
64 Obwohl der Wettbewerbsrat – worauf die Klägerin hingewiesen hat – in seiner Entscheidung vom 11. Mai 2004 ausführt, dass „offensichtlich weder der Sektor selbst noch die Unternehmen dieses Sektors durch die Preispolitik von Wanadoo einen schweren und unmittelbaren Schaden erlitten haben“, vertritt er gleichwohl die Auffassung, dass „nicht auszuschließen ist, dass eine bestimmte von Wanadoo befolgte Preispolitik unter … Art. 82 [EG] fällt, sofern sie einen wesentlichen Teil des nationalen Hoheitsgebiets betrifft“. Weiter heißt es in dieser Entscheidung, dass die Klägerin eine beherrschende Stellung auf dem fraglichen Markt einnehme, dass bestimmte Hypothesen, die die Klägerin hinsichtlich ihrer Einkünfte aufstelle, „wenig wahrscheinlich“ seien, dass die Klägerin ihre Dienstleistungen für die Angebote „eXtense 128k/20h Fidélité“ und „eXtense 512k/5Go Fidélité“ offensichtlich unter ihren variablen Kosten verkauft habe, was nach der Gemeinschaftsrechtsprechung einen starken Verdacht auf Verdrängungspreise begründe, und dass die Angebote „eXtense 128k/20h“, „eXtense 512 k/5Go Fidélité“ und „eXtense 512k Fidélité“ in bestimmten Fällen ihre Vollkosten nicht decken könnten.
65 Unerheblich ist, dass es sich um eine Entscheidung handelt, mit der der Erlass vorläufiger Maßnahmen abgelehnt wurde, da der Wettbewerbsrat diese Ablehnung nicht damit begründet hat, dass die bei ihm eingereichte Beschwerde offensichtlich unbegründet sei, sondern damit, dass keine schwere und unmittelbare Schädigung des Sektors oder der Unternehmen in diesem Sektor gegeben sei und auch die Verbraucher nicht unmittelbar gefährdet seien, mit anderen Worten, dass keine Eilbedürftigkeit vorliege.
66 Im Übrigen geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission trotz der in der Entscheidung vom 16. Juli 2003 enthaltenen Anordnungen Informationen dahin gehend erhalten hatte, dass die Klägerin diesen wahrscheinlich nicht nachkam. Außerdem tut die Klägerin nicht dar, dass die ernsthaften Informationen und Hinweise, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung erwähnt, die Vornahme der Nachprüfung nicht rechtfertigen konnten. Somit ist nicht erwiesen, dass diese nicht berechtigt war.
67 Schließlich steht fest, dass die Klägerin von dem schwebenden Verfahren vor dem Wettbewerbsrat, der Entscheidung des Wettbewerbsrats und den in der Entscheidung vom 16. Juli 2003 enthaltenen Anordnungen Kenntnis hatte. Somit konnte die Nichterwähnung dieser Tatsachen in der angefochtenen Entscheidung ihre Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigen und sie auch nicht daran hindern, den Umfang ihrer Pflicht zur Zusammenarbeit mit der Kommission bei der Nachprüfung zu erkennen.
68 Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission die sich aus Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 für sie ergebenden Verpflichtungen erfüllt hat, so dass der erste Teil des ersten Klagegrundes nicht durchgreift.
Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen die in der Verordnung Nr. 1/2003 festgelegte Zuständigkeitsverteilung und die Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit mit den nationalen Wettbewerbsbehörden
– Vorbringen der Parteien
69 Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe gegen die in der Verordnung Nr. 1/2003 und den dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen festgelegte Zuständigkeitsverteilung verstoßen und ihre in Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 und in Art. 10 EG verankerte Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit mit den nationalen Wettbewerbsbehörden verletzt.
70 Durch die Verordnung Nr. 1/2003 sei das gemeinschaftliche Wettbewerbsrecht auf der Grundlage des dort aufgestellten Subsidiaritätsgrundsatzes sowie des Prinzips der Zusammenarbeit zwischen den für die Anwendung dieses Rechts zuständigen Behörden dezentralisiert worden. Zu diesem Zweck sei durch diese Verordnung ein europäisches Netz der Wettbewerbsbehörden und ein System der Zuständigkeiten und der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern dieses Netzes begründet worden. Das Prinzip der Zusammenarbeit sei namentlich in Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 genannt sowie in der Bekanntmachung der Kommission über die Zusammenarbeit innerhalb des Netzes der Wettbewerbsbehörden (ABl. 2004, C 101, S. 43, im Folgenden: Bekanntmachung) und in der Gemeinsamen Erklärung des Rates und der Kommission vom 10. Dezember 2002 zur Arbeitsweise des Netzes der Wettbewerbsbehörden (diese Erklärung findet sich im Protokoll der Ratstagung betreffend den Erlass der Verordnung Nr. 1/2003, Dokument 15435/02 ADD 1, im Folgenden: Gemeinsame Erklärung).
71 Auf der Grundlage dieser beiden Prinzipien habe die Kommission in der Bekanntmachung die Regeln für die Aufteilung der Fälle unter den Mitgliedern des Netzes festgelegt. Diese Regeln würden durch die angefochtene Entscheidung verletzt. Erstens sei der Bekanntmachung zufolge der Wettbewerbsrat die geeignete Behörde für die Behandlung des hier in Rede stehenden Falles, und die Kommission sei nicht besser geeignet als dieser. Deshalb könne die Nachprüfung nicht dazu führen, dass die Zuständigkeit des Wettbewerbsrats entfalle und der Fall erneut der Kommission zugewiesen werde. Folglich sei die angeordnete Nachprüfung nicht rechtmäßig. Zweitens sei das direkte Eingreifen der Kommission nicht gerechtfertigt, denn der Wettbewerbsrat besitze selbst Nachprüfungsbefugnisse, und die Kommission hätte ihn auffordern können, davon Gebrauch zu machen. Drittens hätte die Kommission selbst dann, wenn die angefochtene Entscheidung als rechtmäßig anzusehen wäre, Art. 22 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 anwenden und folglich den Wettbewerbsrat zu den Nachprüfungsmaßnahmen hinzuziehen und ihm alle Aufgaben übertragen müssen, bei denen dies möglich gewesen sei.
72 Die Kommission entgegnet in erster Linie, dieser Teil des ersten Klagegrundes sei insoweit unzulässig, als die Klägerin einen Verstoß gegen die sich aus der Verordnung Nr. 1/2003 ergebende Zuständigkeitsverteilung geltend mache, denn sie gebe den Nichtigkeitsgrund nicht genau an. So berufe sie sich nicht auf eine bestimmte Vorschrift der Verordnung. Tatsächlich legten der EG‑Vertrag und die Verordnung Nr. 1/2003 parallele Zuständigkeiten für die Anwendung der Art. 81 EG und 82 EG fest. Die Gemeinsame Erklärung und die Bekanntmachung enthielten lediglich Angaben darüber, wie die in dem Netz zusammengefassten Behörden ihre Tätigkeit koordinieren könnten; sie ließen die Befugnis der Kommission, jederzeit gegen jedwede Zuwiderhandlung gegen die Art. 81 EG und 82 EG vorzugehen, unberührt.
73 Was den Subsidiaritätsgrundsatz angehe, besage die Verordnung Nr. 1/2003 lediglich, dass ihr Erlass nicht über das hinausgehe, was für eine wirksame Anwendung der Regeln des Vertrags notwendig sei, ohne jedoch die Nachprüfungsbefugnisse der Kommission einzuschränken. Da die Kommission befugt sei, den EG-Vertrag unmittelbar auf Einzelfälle anzuwenden, könne der Subsidiaritätsgrundsatz nicht dahin ausgelegt werden, dass ihr diese Befugnis genommen werde. Schließlich liege die Berufung auf diesen Grundsatz neben der Sache, denn das Eingreifen der Kommission habe sich auf eine Voruntersuchungsphase beschränkt, bevor sie über die Zweckmäßigkeit der Einleitung eines Verfahrens entschieden habe.
74 Im Übrigen habe die Bekanntmachung keine zwingenden Rechtswirkungen, und die Klägerin habe die Kriterien für die Aufteilung der Fälle falsch ausgelegt. Tatsächlich stehe es der Kommission frei, jederzeit einen Fall aufzugreifen. Zudem hätten bestimmte Umstände des vorliegenden Falles für ein Tätigwerden ihrer Dienststellen in der Sache selbst gesprochen, und ihre Entscheidung, Nachprüfungen vorzunehmen und den vorliegenden Fall in der Sache selbst zu behandeln, sei mit den französischen Behörden abgestimmt worden. Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung hänge ohnehin nicht davon ab, ob sie zuvor mit den nationalen Wettbewerbsbehörden erörtert oder genau abgestimmt worden sei, denn die einzige Verpflichtung der Kommission in diesem Zusammenhang sei die, die im letzten Satz des Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 festgelegt sei. Dessen Verletzung mache die Klägerin nicht geltend.
75 Schließlich stehe Art. 22 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht entgegen, denn die Kommission sei nach der Verordnung nicht verpflichtet, den nationalen Behörden bestimmte Aufgaben zu übertragen.
76 Aus allen diesen Gründen ist die Kommission der Auffassung, dass sie ihre Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit den französischen Wettbewerbsbehörden nicht verletzt hat.
– Würdigung durch das Gericht
77 Zunächst ist das Vorbringen der Kommission zurückzuweisen, dass dieser Teil des ersten Klagegrundes insoweit unzulässig sei, als die Klägerin einen Verstoß gegen die sich aus der Verordnung Nr. 1/2003 ergebende Zuständigkeitsverteilung geltend mache. Dieses Vorbringen der Klägerin wird nämlich nicht dadurch unzulässig, dass sie insoweit keine bestimmte Vorschrift der Verordnung angegeben hat, denn sie macht im Wesentlichen geltend, dass ein sich aus der Verordnung Nr. 1/2003 ergebendes System der Zuständigkeitsverteilung verletzt worden sei, und die Frage des tatsächlichen Bestehens dieses Systems ist eine der Grundlagen ihrer Argumentation.
78 Somit ist zu prüfen, ob die Kommission durch den Erlass der angefochtenen Entscheidung gegen die Zuständigkeitsverteilung oder gegen die Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit mit den nationalen Wettbewerbsbehörden verstoßen hat, die sich aus dem Subsidiaritätsgrundsatz, aus Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003, aus der Bekanntmachung, aus der Gemeinsamen Erklärung und aus Art. 22 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ergeben.
79 Was erstens die Zuständigkeitsverteilung zwischen der Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden betrifft, beendet die Verordnung Nr. 1/2003 die vorhergehende zentralisierte Regelung und organisiert gemäß dem Subsidiaritätsgrundsatz einen weiteren Zusammenschluss der nationalen Wettbewerbsbehörden, indem sie ihnen zu diesem Zweck die Befugnis zur Durchführung des gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts einräumt. Der Aufbau der Verordnung beruht jedoch auf einer engen, auf eine Weiterentwicklung angelegten Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den in einem Netz organisierten Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten, wobei es Sache der Kommission ist, die konkreten Modalitäten dieser Zusammenarbeit festzulegen. Außerdem stellt die Verordnung nicht die allgemeine Zuständigkeit in Frage, die der Kommission von der Rechtsprechung zuerkannt worden ist (Urteil des Gerichtshofs vom 14. Dezember 2000, Masterfoods, C‑334/98, Slg. 2000, I‑11369, Randnrn. 46 und 48). Sie besitzt nämlich aufgrund der Verordnung Nr. 1/2003 eine sehr weit gehende Nachprüfungsbefugnis und ist auf jeden Fall berechtigt, ein Verfahren betreffend eine Zuwiderhandlung einzuleiten mit der Folge, dass die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit verlieren. Sie behält somit ihre beherrschende Rolle bei der Ermittlung von Zuwiderhandlungen.
80 Deshalb versteht die Klägerin die mit der Verordnung Nr. 1/2003 eingeführte Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten falsch. Diese Verordnung enthält entgegen dem Vorbringen der Klägerin keine Vorschrift, die die Zuständigkeitsverteilung in der Weise regelte, dass die Kommission nicht befugt wäre, eine Nachprüfung vorzunehmen, wenn eine nationale Wettbewerbsbehörde bereits in demselben Fall tätig ist. Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 bestimmt vielmehr, dass die Kommission vorbehaltlich einer bloßen Konsultation der betroffenen Wettbewerbsbehörde die Möglichkeit behält, ein Verfahren zum Erlass einer Entscheidung einzuleiten, selbst wenn eine nationale Behörde bereits in dem Fall tätig ist.
81 Somit muss die Kommission erst recht in der Lage sein, eine Nachprüfung wie die, die in der vorliegenden Rechtssache angeordnet wurde, vorzunehmen. Eine Entscheidung, durch die eine Nachprüfung angeordnet wird, ist nämlich nur ein Rechtsakt, durch den die Behandlung des Falles in der Sache selbst vorbereitet werden soll. Sie stellt keine förmliche Einleitung des Verfahrens im Sinne von Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 dar, da sie als solche nicht den Willen der Kommission zum Ausdruck bringt, eine Entscheidung in der Sache selbst zu erlassen (vgl. in diesem Sinne zur Verordnung Nr. 17 das Urteil des Gerichtshofs vom 6. Februar 1973, Brasserie de Haecht, 48/72, Slg. 1973, 77, Randnr. 16). Aus dem 24. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003 ergibt sich im Übrigen, dass die Kommission die Befugnis haben sollte, die Nachprüfungen vorzunehmen, die notwendig sind, um Zuwiderhandlung gegen Art. 82 EG aufzudecken, und in Art. 20 Abs. 1 dieser Verordnung heißt es ausdrücklich, dass die Kommission zur Erfüllung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben alle erforderlichen Nachprüfungen vornehmen kann.
82 Folglich enthält die Verordnung Nr. 1/2003 entgegen dem Vorbringen der Klägerin kein System der Zuständigkeitsverteilung. Das auf die Verletzung dieses Systems gestützte Vorbringen greift somit nicht durch.
83 Was zweitens die Bekanntmachung angeht, die nach Auffassung der Klägerin ebenfalls die Zuständigkeitsverteilung zwischen der Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden regelt und im vorliegenden Fall verletzt worden ist, heißt es in Ziff. 4, dass Konsultationen und Informationsaustausch innerhalb des Netzes eine Angelegenheit zwischen den Wettbewerbsbehörden sind, und nach Ziff. 31 begründet die Bekanntmachung für Unternehmen keinerlei Rechte dahin gehend, dass sich eine bestimmte Behörde mit einem Fall zu befassen hat. Die Klägerin kann somit nicht geltend machen, dass nach dieser Bekanntmachung allein der Wettbewerbsrat im vorliegenden Fall tätig werden konnte.
84 Zudem steht das Vorbringen der Klägerin im Widerspruch zum Wortlaut der Bekanntmachung. In Ziff. 8, auf die sich die Klägerin beruft, werden nämlich die Bedingungen aufgezählt, bei deren Vorliegen davon ausgegangen werden kann, dass eine Behörde geeignet ist, sich eines Falles anzunehmen. Die Verwendung des Verbs „können“ zeigt jedoch, dass es sich nur um eine mögliche Verteilung der Aufgaben handelt, aus der keine Verpflichtung der Kommission hergeleitet werden kann, in einem Fall, in dem die in Ziff. 8 genannten Bedingungen erfüllt sind, nicht tätig zu werden oder keine Nachprüfung vorzunehmen. Außerdem liegt es nach Ziff. 5 der Bekanntmachung im vollen Ermessen jedes Netzmitglieds zu entscheiden, ob in einem bestimmten Fall Ermittlungen eingeleitet werden sollen oder nicht, und Ziff. 55 sieht im Einklang mit der in Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 enthaltenen Regelung vor, dass die Kommission in jedem Fall einen von einer nationalen Behörde untersuchten Fall an sich ziehen kann. Dann aber kann sie auch eine Nachprüfung durchführen. Das auf die Bekanntmachung gestützte Vorbringen der Klägerin greift somit nicht durch.
85 Was drittens die Gemeinsame Erklärung betrifft, geht aus ihrem Punkt 3 hervor, dass sie politischer Natur ist und keinerlei rechtliche Ansprüche oder Verpflichtungen schafft. Die Klägerin kann sich somit nicht auf dieses Dokument stützen, um die Nichtigerklärung eines sie beschwerenden Gemeinschaftsrechtsakts zu erreichen. Jedenfalls kann die Kommission nach Punkt 22 einen Fall auch dann an sich ziehen, wenn eine nationale Wettbewerbsbehörde bereits in diesem Fall tätig ist, vorausgesetzt, sie erläutert dieser und den anderen Mitgliedern des Netzes die Gründe, aus denen sie Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 anwendet. Es ist jedoch bereits dargelegt worden, dass die angefochtene Entscheidung nicht in Anwendung des Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 erlassen wurde und dass die Kommission somit im vorliegenden Fall berechtigt war, eine Nachprüfung vorzunehmen.
86 Was viertens die Verpflichtung betrifft, gemäß Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 und Art. 10 EG loyal mit den nationalen Wettbewerbsbehörden zusammenzuarbeiten, genügt es, festzustellen, dass diese Bestimmung der Verordnung eine allgemeine Regel enthält, nach der die Kommission und die nationalen Wettbewerbsbehörden verpflichtet sind, eng zusammenzuarbeiten, die die Kommission aber nicht verpflichtet, in einem Fall, in dem eine nationale Wettbewerbsbehörde parallel tätig ist, auf die Durchführung einer Nachprüfung zu verzichten. Aus den bisher untersuchten Bestimmungen und namentlich aus Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 ergibt sich vielmehr, dass der Grundsatz der Zusammenarbeit bedeutet, dass die Kommission und die nationalen Wettbewerbsbehörden zumindest im Anfangsstadium der Fälle, mit denen sie befasst sind, nebeneinander tätig werden können. Zudem bestreitet die Klägerin nicht, dass die Kommission tatsächlich mit der betroffenen nationalen Behörde Kontakt hatte, bevor sie die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Was Art. 10 EG betrifft, beschränkt sich die Klägerin darauf, seine Verletzung geltend zu machen, ohne dieses Vorbringen anders zu substantiieren als durch eine Verweisung auf Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003. Der angebliche Verstoß gegen diese Vorschriften ist somit nicht dargetan.
87 Fünftens greift auch das auf Art. 22 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 gestützte Vorbringen nicht durch, denn diese Bestimmung ermöglicht es der Kommission lediglich, den nationalen Wettbewerbsbehörden einen Teil ihrer Aufgaben zu übertragen, verpflichtet sie aber nicht dazu.
88 Was schließlich sechstens die Berufung auf den in Art. 5 Abs. 2 EG verankerten Subsidiaritätsgrundsatz angeht, ist daran zu erinnern, dass nach dessen Wortlaut die Gemeinschaft in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig wird, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können.
89 Die in der Verordnung Nr. 1/2003 enthaltene Verweisung auf den Subsidiaritätsgrundsatz beschränkt sich auf die Feststellung, dass der Erlass dieser Verordnung diesem Grundsatz entspricht. Außerdem stellt das Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit, das dem Vertrag beigefügt ist, in Nr. 3 klar, dass das Subsidiaritätsprinzip nicht die Befugnisse in Frage stellt, über die die Gemeinschaft aufgrund des Vertrags entsprechend der Auslegung des Gerichtshofs verfügt (Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juli 2005, Alliance for Natural Health u. a., C‑154/04 und C‑155/04, Slg. 2005, I‑6451, Randnr. 102). Somit stellt dieses Prinzip nicht die Zuständigkeiten in Frage, die der Kommission im EG-Vertrag übertragen worden sind und zu denen die Anwendung der Wettbewerbsregeln und besonders das Recht zur Vornahme von Nachprüfungen zur Ermittlung eventueller Zuwiderhandlungen gehören. Außerdem handelte es sich bei dem Vorgehen der Kommission, wie bereits dargelegt, ohnehin nur um eine vorbereitende Handlung, die keine förmliche Einleitung des Verfahrens nach Art. 11 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1/2003 darstellt. Deshalb führte der Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht dazu, dass die Zuständigkeit des Wettbewerbsrats entfiel. Der Subsidiaritätsgrundsatz ist somit nicht verletzt.
90 Nach alledem hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die Kommission gegen eine Bestimmung über die Zuständigkeitsverteilung verstoßen hat, die es ihr untersagt hätte, die fragliche Nachprüfung vorzunehmen, dass sie die namentlich in der Verordnung Nr. 1/2003 aufgestellte Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit mit den nationalen Wettbewerbsbehörden verletzt hat oder dass sie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz missachtet hat. Somit kann der zweite Teil des ersten Klagegrundes keinen Erfolg haben.
91 Folglich ist der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.
Zum zweiten Klagegrund: Verstoß der Kommission gegen ihre Verpflichtung zur sorgfältigen und unparteiischen Untersuchung aller relevanten Gesichtspunkte des vorliegenden Falles
Vorbringen der Parteien
92 Die Klägerin trägt vor, nach der Rechtsprechung sei die Kommission in den Fällen, in denen sie über ein Ermessen verfüge, verpflichtet, die in der Gemeinschaftsrechtsordnung vorgesehenen Garantien zu beachten, wozu namentlich die Verpflichtung gehöre, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen. Hier habe die Kommission diese Verpflichtung dadurch verletzt, dass sie vor ihrer Entscheidung, Nachprüfungen vorzunehmen, völlig außer Acht gelassen habe, dass der Wettbewerbsrat bereits mit den von der Klägerin im Januar und Februar 2004 auf den Markt gebrachten Angeboten befasst worden sei und es als sehr unwahrscheinlich bezeichnet habe, dass Verdrängungspreise vorlägen. Selbst wenn die Kommission die Struktur und die Entwicklung des französischen Marktes für Dienstleistungen im Bereich des Breitband-Internetzugangs anders beurteilen könne als der Wettbewerbsrat, hätte sie gleichwohl die ihr vorliegenden Informationen mit denen abgleichen müssen, die in der Entscheidung des Wettbewerbsrats enthalten gewesen seien. Sie habe die Entscheidung des Wettbewerbsrats jedoch nicht einmal erwähnt. Zu dieser Rechtsverletzung sei ein offensichtlicher Beurteilungsfehler hinzugetreten, und sie werde durch die Kontakte der Kommission mit dem Referenten des Wettbewerbsrats und mit AOL noch erschwert. Bei einer sorgfältigen und unparteiischen Untersuchung hätte sie erklären müssen, weshalb die Nachprüfung auch nach der Entscheidung des Wettbewerbsrats noch notwendig war.
93 Nach Auffassung der Kommission ist dieser Klagegrund zurückzuweisen, denn sie habe alle relevanten Gesichtspunkte des vorliegenden Falles, namentlich die Entscheidung des Wettbewerbsrats, sorgfältig und unparteiisch untersucht und auch ihre eigene Entscheidung vom 16. Juli 2003 berücksichtigt. Sie habe sich keine feste Überzeugung über das Vorliegen einer Zuwiderhandlung gebildet, sondern lediglich aufgrund von Informationen, die sie u. a. von mehreren Konkurrenten der Klägerin erhalten habe, einen Verdacht gehabt. Im Übrigen enthalte die Entscheidung des Wettbewerbsrats selbst schon ausreichende Hinweise auf das wahrscheinliche Vorliegen einer Zuwiderhandlung. Schließlich sei die Kommission abgesehen von dieser Entscheidung und mehreren Treffen mit dem Referenten des Wettbewerbsrats auch wiederholt mit dem für die Kontakte mit der Kommission zuständigen Beamten des Wettbewerbsrats zusammengetroffen.
Würdigung durch das Gericht
94 Zu den Garantien, die die Gemeinschaftsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, gehört insbesondere der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, aus dem die Verpflichtung des zuständigen Organs folgt, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen (Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑191/98 und T‑212/98 bis T‑214/98, Slg. 2003, II‑3275, Randnr. 404).
95 Vorliegend wirft die Klägerin der Kommission im Wesentlichen vor, diese Verpflichtung dadurch verletzt zu haben, dass sie der Entscheidung des Wettbewerbsrats nicht Rechnung getragen und ihren Inhalt nicht mit den ihr vorliegenden Informationen abgeglichen habe. Die Kommission habe diese Zuwiderhandlung durch ihre Kontakte mit dem für diesen Fall zuständigen Referenten des Wettbewerbsrats und mit AOL, der Konkurrentin der Klägerin, noch erschwert.
96 Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen.
97 Zunächst rechtfertigt der bloße Umstand, dass die Entscheidung des Wettbewerbsrats in der angefochtenen Entscheidung nicht erwähnt wird, nicht den Schluss, dass die Kommission sie nicht berücksichtigt hat. Im Gegenteil weisen die Kontakte zwischen der Kommission und dem Referenten des Wettbewerbsrats – welche Rolle dieser auch immer bei der Ausarbeitung und dem Erlass der Entscheidung des Wettbewerbsrats gespielt hat – eher darauf hin, dass der Kommission beim Erlass der angefochtenen Entscheidung sehr wohl bekannt war. dass diese Entscheidung ergangen war, oder zumindest, dass ihr Erlass unmittelbar bevorstand und dass beim Wettbewerbsrat ein Verfahren anhängig war.
98 Weiter sprachen viele Gesichtspunkte, die der Wettbewerbsrat in seiner Entscheidung aufgeführt hat und die oben in den Randnrn. 64 und 65 wiedergegeben sind, unabhängig von ihrer Beurteilung bei einer Untersuchung in der Sache selbst für die Anordnung einer Nachprüfung. Deshalb kann weder behauptet werden, dass die Kommission von dieser Entscheidung tatsächlich keine Kenntnis hatte, noch kann davon ausgegangen werden, dass sie hätte erklären müssen, weshalb die angeordnete Nachprüfung auch nach der Entscheidung des Wettbewerbsrats noch notwendig war.
99 Somit kann dem Vorbringen, dass die Kommission nicht alle relevanten Gesichtspunkte des vorliegenden Falles sorgfältig und unparteiisch untersucht hat oder dass ihr bei der Prüfung dieser Gesichtspunkte ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei, nicht gefolgt werden. Dieses Ergebnis wird auch nicht durch die Kontakte der Kommission mit dem Referenten des Wettbewerbsrats und mit AOL in Frage gestellt, da nicht festgestellt worden ist, dass die Kommission ihre Verpflichtung, alle Gesichtspunkte des vorliegenden Falles sorgfältig und unparteiisch zu untersuchen, verletzt hat.
100 Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.
Zum dritten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht
Vorbringen der Parteien
101 Die Klägerin weist darauf hin, dass die Kommission nach Art. 253 EG verpflichtet sei, ihre Entscheidungen zu begründen. Nach ständiger Rechtsprechung müsse sie ihre Überlegungen so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen die Gründe für die erlassene Maßnahme erkennen und die Gemeinschaftsgerichte deren Rechtmäßigkeit nachprüfen könnten.
102 Die angefochtene Entscheidung sei unzureichend begründet. Sie enthalte nicht die Überlegungen, aufgrund deren sich die Kommission für berechtigt gehalten habe, sich über das Vorliegen eines denselben Sachverhalt betreffenden nationalen Verfahrens hinwegzusetzen, von den Feststellungen des Wettbewerbsrats abzuweichen und eine Nachprüfung als erforderlich und verhältnismäßig anzusehen. Zudem begründe sie nicht die Schlussfolgerung, dass die Entscheidung des Wettbewerbsrats die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der beschlossenen Nachprüfungsmaßnahmen nicht beseitige, enthalte keine Erwähnung dieser Entscheidung und widerspreche dieser in wesentlichen tatsächlichen Punkten. Es sei der Klägerin somit unmöglich, die Gründe für eine so schwerwiegende Maßnahme wie die vorgenommene Nachprüfung zu verstehen. Die Kommission habe insoweit ihre Begründungspflicht verletzt, und die angefochtene Entscheidung müsse für nichtig erklärt werden.
103 Die Kommission entgegnet, dass Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 die Punkte festlege, in denen eine Entscheidung, mit der eine Nachprüfung angeordnet werde, begründet werden müsse, indem er bestimme, dass sie den Gegenstand und den Zweck der Nachprüfung bezeichnen müsse. Die gegebene Begründung genüge auch den Anforderungen, die die Rechtsprechung bezüglich Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 17 aufgestellt habe, der Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 entspreche. Sie sei u. a. nicht verpflichtet gewesen, die Zuwiderhandlung rechtlich zu qualifizieren oder ihre Entscheidung im Hinblick auf alle tatsächlichen Umstände zu rechtfertigen, die sich aus einer Entscheidung einer nationalen Behörde über die Anordnung vorläufiger Maßnahmen ergeben könnten. Desgleichen gehöre die tatsächliche Beurteilung der ihr bekannten Umstände nicht zu den Punkten, in denen sie ihre Nachprüfungsentscheidung gegenüber dem Adressanten begründen müsse. Die Nichterwähnung der Entscheidung des Wettbewerbsrats sei unerheblich, denn sie könne weder das Verständnis der angefochtenen Entscheidung durch die Klägerin oder deren Verteidigung noch die Kontrolle durch das Gericht beeinträchtigen.
104 Schließlich sei die Kommission keineswegs verpflichtet, ihre Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer Nachprüfung oder der Art und Weise, in der sie sich in einem konkreten Fall die Aufgaben mit den nationalen Behörden teile, zu begründen.
Würdigung durch das Gericht
105 Die Pflicht zur Begründung von Einzelentscheidungen, die sich allgemein aus Art. 253 EG ergibt, dient dem Zweck, dem Gemeinschaftsrichter die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu ermöglichen und den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob die Entscheidung begründet oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der sie anfechtbar macht, wobei der Umfang der Begründungspflicht von der Art des in Rede stehenden Rechtsakts und dem Kontext abhängt, in dem er erlassen wurde (Urteile des Gerichtshofs vom 25. Oktober 1984, Instituut Electronenmicroscopie, 185/83, Slg. 1984, 3623, Randnr. 38, und des Gerichts vom 15. Juni 2005, Corsica Ferries France/Kommission, T‑349/03, Slg. 2005, II‑2197, Randnrn. 62 und 63).
106 Hinsichtlich der Nachprüfungsentscheidungen der Kommission nennt Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 die wesentlichen Punkte, die die Begründung einer solchen Entscheidung enthalten muss. In Randnr. 68 ist bereits festgestellt worden, dass diese Vorschrift nicht verletzt wurde, da die Kommission insbesondere nicht verpflichtet war, ihre Entscheidung, die angeordnete Nachprüfung durchzuführen, im Hinblick auf die von der Klägerin angegebenen Tatsachen zu rechtfertigen.
107 Der Klagegrund eines Begründungsmangels ist daher zurückzuweisen.
Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
Vorbringen der Parteien
108 Die Klägerin trägt vor, nach der Rechtsprechung müssten die von der Kommission beschlossenen Nachprüfungsmaßnahmen verhältnismäßig und zur Erreichung des verfolgten Ziels notwendig sein. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass das von der Kommission verfolgte Ziel darin bestanden habe, festzustellen, ob die zehn Angebote, die Wanadoo im Januar und im Februar 2004 auf den Markt gebracht habe, nach Art. 82 EG verbotene Verdrängungspreise enthalten hätten, sei die Ausübung der Nachprüfungsbefugnisse, über die die Kommission gemäß Art. 20 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1/2003 verfüge, nicht verhältnismäßig gewesen. Der Wettbewerbsrat habe bereits zahlreiche Informationen über die sich aus den fraglichen Angeboten ergebenden Einkünfte und die mit ihnen verbundenen Kosten eingeholt, und es habe keine Gefahr einer Vernichtung oder Dissimulierung von Informationen bestanden. Darüber hinaus hätte sich die Kommission diese Informationen durch weniger belastende Mittel als eine Nachprüfung beschaffen können.
109 Im Übrigen habe sich bereits aus einem streitigen Verfahren ergeben, dass es sehr unwahrscheinlich sei, dass Wanadoo seine Verluste hätte ausgleichen können und somit wie vermutet Preise angewandt habe, die tatsächlich zu Verdrängungen vom Markt geführt hätten. Unter diesen Umständen sei die Subsumtion der beanstandeten Handlungen unter Art. 82 EG unsicher gewesen, und die Nachprüfung sei – auch wenn sie Ergebnisse erbracht habe – zur Erreichung des Ziels der Feststellung einer Zuwiderhandlung nicht notwendig und auch nicht verhältnismäßig gewesen.
110 Die Kommission habe nicht angegeben, weshalb die Kontrolle der von Wanadoo vorgelegten Zahlen nicht durch weniger belastende Mittel als die einer Nachprüfung hätte vorgenommen werden können wie z. B. durch technische Feststellungen eines Sachverständigen. Was die Beschaffung von Informationen über eine eventuelle Verdrängungsabsicht betreffe, habe die Kommission keine Angaben gemacht, die den Schuss zuließen, dass sie Informationen dahin gehend erhalten habe, dass die fraglichen Angebote Teil einer Strategie der Abschottung oder der Verdrängung der Konkurrenten gewesen seien. Die angefochtene Entscheidung sei deshalb wegen Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für nichtig zu erklären.
111 Die Kommission entgegnet, nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürften die Handlungen der Gemeinschaftsorgane nicht über die Grenzen dessen hinausgehen, was zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich sei. Die Verhältnismäßigkeit einer Nachprüfungsentscheidung hänge von der Schwere der vermuteten Zuwiderhandlung ab sowie von der Möglichkeit, durch die Nachprüfung zuverlässige Erkenntnisse über deren Vorliegen zu gewinnen; auch müsse die erhoffte Wirksamkeit dieser Nachprüfung mit der anderer Untersuchungsmaßnahmen verglichen werden. Bei Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere der Tatsache, dass der Wettbewerbsrat die von ihm beschafften Informationen selbst zumindest teilweise als unzuverlässig angesehen habe, sei dieser Grundsatz gewahrt worden.
112 Außerdem hänge nach der Rechtsprechung die Wahl der Kommission zwischen einer durch Entscheidung angeordneten Nachprüfung und einer anderen, weniger belastenden Untersuchungsmaßnahme allein von der Notwendigkeit einer den Besonderheiten des Einzelfalls angemessenen Untersuchung ab, nicht dagegen vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände.
113 Die Behauptung der Klägerin, die Kommission dürfe keine Nachprüfung vornehmen, wenn bereits eine dasselbe Unternehmen betreffende Entscheidung ohne Durchführung einer Nachprüfung erlassen worden sei, sei haltlos; auch habe sie sich darauf beschränkt, eine Nachprüfung in den Geschäftsräumen der Klägerin anzuordnen.
114 Schließlich könne sie sich nur aufgrund einer genauen Untersuchung eine Meinung über das Vorliegen einer Zuwiderhandlung bilden. Jedenfalls stehe das inhaltliche Vorbringen der Klägerin zu der vermuteten Zuwiderhandlung selbst im Widerspruch zu der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts.
115 Die angefochtene Entscheidung habe es der Kommission nur erlauben sollen, die nötigen Anhaltspunkte für die Beurteilung der Frage einer Vertragsverletzung zusammenzutragen. Deshalb sei sie unter Berücksichtigung des verfolgten Ziels nicht unverhältnismäßig, namentlich weil nach der Natur der vermuteten Zuwiderhandlung, die ein Absichtselement enthalte, zu erwarten stehe, dass die Unterlagen, die Beweis für einen schweren Verstoß erbringen könnten, systematisch an unzugänglichen Orten aufbewahrt würden und eine erhebliche Gefahr bestehe, dass sie vernichtet oder verheimlicht würden.
116 Die Kommission leitet daraus her, dass der Klagegrund des Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht durchgreife.
Würdigung durch das Gericht
117 Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts gehört, dürfen die Handlungen der Gemeinschaftsorgane nicht über die Grenzen dessen hinausgehen, was zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die verursachten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen (Urteile vom 13. November 1990, Fedesa u. a., 331/88, Slg. 1990, I‑4023, Randnr. 13, und vom 14. Juli 2005, Niederlande/Kommission, C‑180/00, Slg. 2005, I‑6603, Randnr. 103).
118 In dem hier in Rede stehenden Bereich dürfen, damit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt, die beabsichtigten Maßnahmen nicht zu Nachteilen führen, die angesichts der mit der Nachprüfung verfolgten Ziele übermäßig und untragbar sind (vgl. zur Verordnung Nr. 17 das Urteil Roquettes Frères, oben in Randnr. 29 angeführt, Randnr. 76). Die von der Kommission zu treffende Wahl zwischen Nachprüfungen durch schlichten Auftrag und mit einer Entscheidung angeordneten Nachprüfungen hängt allerdings nicht von Umständen wie dem besonderen Ernst der Lage, der außerordentlichen Dringlichkeit oder der Notwendigkeit absoluter Geheimhaltung ab, sondern von den Erfordernissen einer den Besonderheiten des Einzelfalls angemessenen Untersuchung. Folglich verletzt eine Nachprüfungsentscheidung nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn sie der Kommission nur erlauben sollte, die nötigen Anhaltspunkte für die Beurteilung der Frage einer Vertragsverletzung zusammenzutragen (vgl. zur Verordnung Nr. 17 die Urteile National Parasonic/Kommission, oben in Randnr. 59 angeführt, Randnrn. 28 bis 30, und Roquette Frères, oben in Randnr. 29 angeführt, Randnr. 77).
119 Es ist grundsätzlich Sache der Kommission, zu beurteilen, ob eine Auskunft erforderlich ist, um ermitteln zu können, ob eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln vorliegt. Selbst wenn ihr hierfür bereits Indizien oder gar Beweise vorliegen, kann sie es daher zu Recht für erforderlich halten, zusätzliche Nachprüfungen anzuordnen, die es ihr ermöglichen, die Zuwiderhandlung oder ihre Dauer genauer zu bestimmen (vgl. zur Verordnung Nr. 17 Urteile des Gerichtshofs vom 18. Oktober 1989, Orkem/Kommission, 374/87, Slg. 1989, 3283, Randnr. 15, und Roquette Frères, oben in Randnr. 29 angeführt, Randnr. 78).
120 Im vorliegenden Fall wollte die Kommission mit der angefochtenen Entscheidung erstens Informationen über die von der Klägerin angewandte Preispolitik zusammentragen, um die Frage einer Vertragsverletzung beurteilen zu können. Zwar heißt es in der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission insoweit bereits über bestimmte Informationen verfüge. Sie durfte gleichwohl nach der Rechtsprechung versuchen, zusätzliche Informationen einzuholen, insbesondere Informationen über eine Strategie der Abschottung und der Verdrängung der Konkurrenten, die sie sich schwerlich anders als durch eine Nachprüfung verschaffen konnte. Da zweitens zu den gesuchten Informationen mögliche Hinweise auf eine Absicht der Verdrängung der Konkurrenten gehörten, konnte sie zum Zweck einer angemessenen Untersuchung des Falles eine Nachprüfung durch Entscheidung anordnen, um die Wirksamkeit dieser Nachprüfung sicherzustellen. Drittens wurde die durch die angefochtene Entscheidung angeordnete Nachprüfung auf die Geschäftsräume beschränkt, während die Verordnung Nr. 1/2003 es nunmehr unter bestimmten Bedingungen ermöglicht, andere Räumlichkeiten einschließlich der Wohnung bestimmter Mitarbeiter des betroffenen Unternehmens zu durchsuchen. Unter Berücksichtigung dieser Gegebenheiten hat die Kommission im Hinblick auf das verfolgte Ziel nicht unverhältnismäßig gehandelt. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist nicht verletzt, da die Durchführung der durch Entscheidung angeordneten Nachprüfung aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles angemessen war.
121 Das Vorbringen der Klägerin vermag dieses Ergebnis nicht zu erschüttern. Erstens ist bereits festgestellt worden, dass die Entscheidung des Wettbewerbsrats ihre Auffassung, dass das Vorliegen der vermuteten Praktiken ungewiss sei, nicht stützt und es somit nicht ermöglicht, die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung aufgestellte Hypothese, dass die Klägerin gegen Art. 82 EG verstoßende Preise praktiziert hat, auszuschließen. Dabei ist unerheblich, dass es der Kommission in der Folgezeit möglicherweise nicht gelungen ist, auf der Grundlage der Auskünfte, die sie im Rahmen der fraglichen Nachprüfung eingeholt hat, das Vorliegen von Verdrängungspreisen nachzuweisen, denn daraus folgt nicht, dass die angeordnete Nachprüfung unangemessen war. In der angefochtenen Entscheidung heißt es nämlich auch ganz allgemein, dass die Kommission die Klägerin verdächtige, eine gegen Art. 82 EG verstoßende Preispolitik zu betreiben. Diese Angabe reicht allein schon aus, um die Nachprüfung zu rechtfertigen.
122 Zweitens führt nach der Rechtsprechung der Umstand, dass die Kommission bereits über bestimmte Informationen dahin gehend verfügte, dass die Klägerin eine gegen Art. 82 EG verstoßende Preispolitik betrieb oder dass derartige Auskünfte bereits vom Wettbewerbsrat eingeholt worden waren und somit an die Kommission weitergegeben werden konnten, für sich allein nicht zur Unverhältnismäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, denn die Rechtsprechung räumt der Kommission das Recht ein, nach weiteren Anhaltspunkten zu suchen, auch wenn sie bereits über Hinweise auf das Vorliegen einer Zuwiderhandlung verfügt.
123 Drittens kann die Klägerin nicht behaupten, dass die Kommission keine Angaben gemacht habe, die den Schluss zuließen, dass sie Informationen dahin gehend erhalten habe, dass die fraglichen Angebote Teil einer Strategie der Verdrängung der Konkurrenten gewesen seien. Zum einen heißt es in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich, dass diese Hypothese auf Informationen beruhe, die die Kommission erhalten habe, und zum anderen ist die Kommission nicht verpflichtet, in einer Entscheidung wie der hier angefochtenen die dieser zugrunde liegenden Informationen und Indizien im Einzelnen anzugeben (Urteil Roquette Frères, oben in Randnr. 29 angeführt, Randnr. 62).
124 Nach alledem ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen.
Zum fünften Klagegrund: offensichtlicher Beurteilungsfehler
Vorbringen der Parteien
125 Die Klägerin trägt vor, der Kommission sei ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie in der angefochtenen Entscheidung die Behauptung aufgestellt habe, dass der gesamte ADSL-Markt in Frankreich seinerzeit defizitär gewesen sei, während aus der Entscheidung des Wettbewerbsrats vom 11. Mai 2004, die der Kommission habe bekannt sein müssen, hervorgehe, dass zahlreiche Internet-Provider rentabel arbeiteten und dass ein Anbieter angegeben habe, Gewinn zu erwirtschaften. Die Kommission habe somit in einem wesentlichen Punkt unrichtige Tatsachen vorgetragen und so den Grund für das Verbot von Verdrängungspreisen, nämlich die Verdrängung von Konkurrenten, falsch verstanden. Die angefochtene Entscheidung enthalte also einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und müsse deshalb für nichtig erklärt werden.
126 Die Kommission entgegnet, dass ihr Informationen vorgelegen hätten, die die Behauptung stützten, dass der gesamte ADSL-Markt in Frankreich defizitär sei. Jedenfalls sei es ausreichend gewesen, dass sie zu dem Schluss gelangt sei, dass die ihr vorliegenden Informationen ernsthafte Hinweise auf eine mögliche Zuwiderhandlung enthielten, die ihr im vorliegenden Fall die Vermutung gestattet hätten, dass einige der neuen Angebote unter ihren Kosten vermarktet würden.
127 Unter diesen Bedingungen gehe der vorliegende Klagegrund ins Leere, da die fragliche Behauptung, selbst wenn sie unrichtig wäre, nicht zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung führen könnte. Die in dem gesamten Sektor erzielte Gewinnspanne gehöre nämlich nicht zu den entscheidenden Kriterien für die Feststellung, ob es sich bei den von einem beherrschenden Unternehmen praktizierten Preisen um Verdrängungspreise handele. Erstens lasse nach der Rechtsprechung die Existenz von Preisen, die unter den durchschnittlichen variablen Kosten lägen, den Schluss zu, dass eine Preispolitik Verdrängungscharakter habe. Zweitens könne, wenn man dem Vorbringen der Klägerin folgen wollte, keine Verdrängung vorliegen, solange nicht alle konkurrierenden Anbieter Verluste erlitten und kollektiv von Verdrängung bedroht seien. Es könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, Art. 82 EG auf eine Preispolitik anzuwenden, die sich nur auf einen Teil der Konkurrenz beziehe, was die Entscheidung des Wettbewerbsrats bestätige. Schließlich beziehe sich der Satz in der Entscheidung des Wettbewerbsrats, auf den die Klägerin Bezug genommen habe, tatsächlich nur auf einen Teil der Angebote und der Tarife, um die es hier gehe, und die Kommission, der widersprüchliche Informationen vorgelegen hätten, sei jedenfalls berechtigt gewesen, sich ein Urteil über die Glaubhaftigkeit der verschiedenen ihr gegenüber gemachten Angaben zu bilden. Auf jeden Fall handele es sich um Fragen, die das tatsächliche Vorliegen einer Zuwiderhandlung beträfen und nur nach einer gründlichen Untersuchung beantwortet werden könnten.
Würdigung durch das Gericht
128 Die Klägerin macht geltend, der Kommission sei ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, verweist aber zur Begründung dieses Vorbringens lediglich auf eine Beurteilung, die sich ihrer Meinung nach aus der Entscheidung des Wettbewerbsrats ergibt. Diese Entscheidung bezieht sich jedoch nur auf einen Antrag auf Erlass vorläufiger Maßnahmen, und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Wettbewerbsrat nach einer Prüfung des Akteninhalts in der Sache selbst zu einem anderen Ergebnis kommt. Außerdem ist die Kommission nicht an Tatsachenbeurteilungen gebunden, die eine nationale Wettbewerbsbehörde aufgrund bestimmter Gegebenheiten vorgenommen hat, da nicht auszuschließen ist, dass der Kommission weitere Erkenntnisse vorliegen, die sie zu einer anderen Schlussfolgerung führen als der, zu der diese Behörde gelangt ist. Übrigens geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission über Informationen verfügte, die die hier von der Klägerin bestrittene Behauptung stützten.
129 Da für die Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane grundsätzlich die Vermutung der Gültigkeit spricht (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juni 1994, Kommission/BASF, C‑137/92 P, Slg. 1994, I‑2555, Randnr. 48), so dass derjenige, der die Rechtswidrigkeit eines solchen Akts geltend macht, diese beweisen muss, und da die Klägerin für ihre Behauptung keinen konkreten Beweis erbringt außer der Verweisung auf eine Entscheidung, die wie bereits festgestellt nicht beweiskräftig ist, liegt kein offensichtlicher Beurteilungsfehler vor.
130 Folglich ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen.
131 Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Kosten
132 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Vierte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Legal |
Wiszniewska-Białecka |
Moavero Milanesi |
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am.
Der Kanzler |
Der Präsident |
E. Coulon |
H. Legal |
* Verfahrenssprache: Französisch.