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Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 62017CJ0128

    Urteil des Gerichtshofs (Sechste Kammer) vom 13. März 2019.
    Republik Polen gegen Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union.
    Nichtigkeitsklage – Richtlinie (EU) 2016/2284 – Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe – Erlass von Unionsrechtsakten – Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens – Art. 4 Abs. 3 EUV – Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit – Tatsächliche Ausübung des Ermessens des Unionsgesetzgebers – Folgenabschätzung – Hinreichende Prüfung der Auswirkungen des angefochtenen Rechtsakts – Art. 5 Abs. 4 EUV – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Art. 4 Abs. 2 EUV – Gleichheit der Mitgliedstaaten vor den Verträgen – Art. 191 Abs. 2 AEUV – Umweltpolitik der Union – Berücksichtigung der Vielfalt der Regionen der Europäischen Union – Gerichtliche Kontrolle.
    Rechtssache C-128/17.

    ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2019:194

    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

    13. März 2019 ( *1 )

    „Nichtigkeitsklage – Richtlinie (EU) 2016/2284 – Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe – Erlass von Unionsrechtsakten – Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens – Art. 4 Abs. 3 EUV – Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit – Tatsächliche Ausübung des Ermessens des Unionsgesetzgebers – Folgenabschätzung – Hinreichende Prüfung der Auswirkungen des angefochtenen Rechtsakts – Art. 5 Abs. 4 EUV – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Art. 4 Abs. 2 EUV – Gleichheit der Mitgliedstaaten vor den Verträgen – Art. 191 Abs. 2 AEUV – Umweltpolitik der Union – Berücksichtigung der Vielfalt der Regionen der Europäischen Union – Gerichtliche Kontrolle“

    In der Rechtssache C‑128/17

    betreffend eine Klage auf Nichtigerklärung gemäß Art. 263 AEUV, eingereicht am 10. März 2017,

    Republik Polen, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

    Klägerin,

    unterstützt durch

    Ungarn, vertreten durch M. Z. Fehér, G. Koós und E. Tóth als Bevollmächtigte,

    Rumänien, vertreten durch C. Canţăr, R. H. Radu, A. Wellman und M. Chicu als Bevollmächtigte,

    Streithelfer,

    gegen

    Europäisches Parlament, vertreten durch A. Tamás und A. Pospíšilová Padowska als Bevollmächtigte,

    Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Simm, A.‑Z. Varfi, K. Adamczyk Delamarre und A. Sikora-Kalėda als Bevollmächtigte,

    Beklagte,

    unterstützt durch

    Europäische Kommission, vertreten durch K. Petersen, K. Herrmann und G. Gattinara als Bevollmächtigte,

    Streithelferin,

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

    unter Mitwirkung des Präsidenten der Ersten Kammer J.‑C. Bonichot (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer sowie der Richter E. Regan und C. G. Fernlund,

    Generalanwalt: N. Wahl,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

    folgendes

    Urteil

    1

    Die Republik Polen beantragt mit ihrer Klage, die Richtlinie (EU) 2016/2284 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe, zur Änderung der Richtlinie 2003/35/EG und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/81/EG (ABl. 2016, L 344, S. 1, im Folgenden: angefochtene Richtlinie) für nichtig zu erklären, hilfsweise, sie für nichtig zu erklären, soweit sie nationale Emissionsreduktionsverpflichtungen für das Jahr 2030 und die Folgejahre festlegt.

    Rechtsrahmen

    Angefochtene Richtlinie

    2

    Die Erwägungsgründe 1, 3, 5 bis 9, 10, 13, 14, 18 und 19 der angefochtenen Richtlinie lauten:

    „(1)

    In den vergangenen 20 Jahren wurden in der Europäischen Union insbesondere durch eine gezielte Politik der Union, zu der auch die Mitteilung der Kommission vom 21. September 2005 mit dem Titel ‚Thematische Strategie zur Luftreinhaltung‘ (TSAP – Thematic Strategy on Air Pollution) [(KOM[2005] 446 endgültig)] gehört, erhebliche Fortschritte bei den anthropogenen Emissionen in die Luft und bei der Luftqualität erzielt. … Wie aus der Mitteilung der Kommission vom 18. Dezember 2013 mit dem Titel ‚Programm Saubere Luft für Europa‘ [COM(2013) 918 final] (im Folgenden ‚überarbeitete TSAP‘) hervorgeht, sind signifikante negative Auswirkungen auf und Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt jedoch noch immer bedeutend.

    (3)

    Die überarbeitete TSAP gibt neue strategische Ziele für die Zeit bis 2030 vor, um dem langfristigen Ziel der Union zur Luftqualität näher zu rücken.

    (5)

    Die Mitgliedstaaten und die Union sind Vertragsparteien des Übereinkommens der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung [vom 13. November 1979] (im Folgenden‚LRTAP-Übereinkommen‘) und mehrerer Protokolle dazu, einschließlich des Protokolls zur Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und Bodennahem Ozon von 1999, das im Jahr 2012 überarbeitet wurde (im Folgenden ‚überarbeitetes Göteborg-Protokoll‘).

    (6)

    Das überarbeitete Göteborg-Protokoll gibt für das Jahr 2020 und danach jeder Vertragspartei neue Emissionsreduktionsverpflichtungen für Schwefeldioxid, Stickstoffoxid, flüchtige organische Verbindungen außer Methan, Ammoniak und Feinstaub mit dem Jahr 2005 als Referenzjahr vor, …

    (7)

    Die mit der Richtlinie 2001/81/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe (ABl. 2001, L 309, S. 22)] eingeführte Regelung für nationale Emissionshöchstmengen sollte daher überarbeitet und mit den internationalen Verpflichtungen der Union und der Mitgliedstaaten in Übereinstimmung gebracht werden. Zu diesem Zweck sind die nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen für jedes Jahr von 2020 bis 2029 in der vorliegenden Richtlinie mit denen im überarbeiteten Göteborg-Protokoll identisch.

    (8)

    Die Mitgliedstaaten sollten diese Richtlinie in einer Weise umsetzen, die … wirksam dazu beiträgt, das langfristige Ziel der Union für eine Luftqualität in Einklang mit den Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation … zu verwirklichen.

    (9)

    Diese Richtlinie sollte außerdem dazu beitragen, dass zusätzlich zur weltweiten Verbesserung der Luftqualität und zur Verbesserung von Synergien mit den klima- und energiepolitischen Maßnahmen der Union die im Unionsrecht verankerten Luftqualitätsziele auf kosteneffiziente Weise erreicht und die Auswirkungen des Klimawandels abgemildert werden, wobei Überschneidungen mit geltenden Rechtsvorschriften der Union vermieden werden.

    (10)

    Diese Richtlinie trägt durch Verbesserung des Wohlbefindens der Unionsbürger auch zur Senkung der durch Luftverschmutzung bedingten Gesundheitskosten in der Union und zur Förderung des Übergangs zu einer umweltverträglichen Wirtschaft (Green Economy) bei.

    (13)

    Die Mitgliedstaaten sollten die in dieser Richtlinie enthaltenen Emissionsreduktionsverpflichtungen von 2020 bis 2029 und ab 2030 erfüllen. Um nachweisbare Fortschritte bei den Verpflichtungen für 2030 sicherzustellen, sollten die Mitgliedstaaten indikative Emissionsziele für 2025 bestimmen, die technisch umsetzbar und nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden wären, und sollten bestrebt sein, diese Ziele zu erfüllen. Gelingt es nicht, die Emissionen bis 2025 in Einklang mit dem festgelegten Reduktionspfad zu begrenzen, sollten die Mitgliedstaaten diese Abweichung sowie die Maßnahmen, die sie zu ihrem Pfad zurückführen würden, in ihren darauffolgenden Berichten, die gemäß dieser Richtlinie zu erstellen sind, begründen.

    (14)

    Die ab 2030 geltenden nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen gemäß dieser Richtlinie beruhen auf dem geschätzten Reduktionspotenzial jedes Mitgliedstaats im TSAP-Bericht Nr. 16 vom Januar 2015, auf der technischen Prüfung der Unterschiede zwischen den nationalen Schätzungen und den Schätzungen im TSAP-Bericht Nr. 16 sowie auf dem politischen Ziel, die Reduktion der gesundheitlichen Auswirkungen bis 2030 (im Vergleich zu 2005) in einem möglichst ähnlichem Maße zu reduzieren wie im Entwurf der Kommission für diese Richtlinie vorgeschlagen. Zwecks größerer Transparenz sollte die Kommission die im TSAP-Bericht Nr. 16 verwendeten zugrunde liegenden Hypothesen veröffentlichen.

    (18)

    Jeder Mitgliedstaat sollte ein nationales Luftreinhalteprogramm erstellen, verabschieden und durchführen, um seine Emissionsreduktionsverpflichtungen zu erfüllen und wirksam zur Verwirklichung der Luftqualitätsziele der Union beizutragen. …

    (19)

    Um die Emissionen aus anthropogenen Quellen zu reduzieren, sollten die nationalen Luftreinhalteprogramme Maßnahmen für alle einschlägigen Sektoren umfassen, einschließlich Landwirtschaft, Energie, Industrie, Straßenverkehr, Binnenschifffahrt, Hausbrand und Einsatz von nicht für den Straßenverkehr bestimmten mobilen Maschinen und Geräten sowie Lösemittel. Allerdings sollten die Mitgliedstaaten selbst darüber entscheiden dürfen, welche Maßnahmen sie treffen, um die in dieser Richtlinie festgelegten Emissionsreduktionsverpflichtungen zu erfüllen.“

    3

    Art. 1 der angefochtenen Richtlinie bestimmt:

    „(1)   Im Hinblick auf die Verwirklichung eines Luftqualitätsniveaus, das nicht zu signifikanten negativen Auswirkungen auf und Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt führt, legt diese Richtlinie die Emissionsreduktionsverpflichtungen für die anthropogenen atmosphärischen Emissionen von Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffoxiden (NOx), flüchtigen organischen Verbindungen außer Methan (NMVOC), Ammoniak (NH3) und Feinstaub (PM2,5) in den Mitgliedstaaten fest und schreibt die Erstellung, Verabschiedung und Durchführung von nationalen Luftreinhalteprogrammen sowie die Überwachung von und Berichterstattung über Emissionen dieser Schadstoffe und der anderen in Anhang I genannten Schadstoffe sowie deren Auswirkungen vor.

    (2)   Die Richtlinie trägt ferner dazu bei, dass folgende Ziele erreicht werden:

    a)

    die in den Rechtsvorschriften der Union festgelegten Luftqualitätsziele und Fortschritte in Bezug auf das langfristige Ziel der Union, ein Luftqualitätsniveau zu erreichen, das den von der Weltgesundheitsorganisation veröffentlichten Luftqualitätsleitlinien entspricht;

    b)

    die Ziele der Union in Bezug auf den Schutz der Artenvielfalt und der Ökosysteme gemäß dem 7. Umweltaktionsprogramm;

    c)

    größere Synergieeffekte zwischen der Luftqualitätspolitik der Union und anderen einschlägigen Unionspolitiken, insbesondere der Klimapolitik und der Energiepolitik.“

    4

    Art. 4 dieser Richtlinie bestimmt:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten begrenzen ihre jährlichen anthropogenen Emissionen von Schwefeldioxid, Stickstoffoxiden, flüchtigen organischen Verbindungen außer Methan, Ammoniak und Feinstaub zumindest im Einklang mit ihren in Anhang II festgelegten, von 2020 bis 2029 und ab 2030 geltenden nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen.

    (2)   Unbeschadet Absatz 1 ergreifen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, die darauf abzielen, ihre … Emissionen … im Jahr 2025 zu begrenzen. Die betreffenden indikativen Emissionsmengen werden anhand eines linearen Reduktionspfads ermittelt, der zwischen ihren Emissionsmengen, die sich aus den Emissionsreduktionsverpflichtungen für 2020 ergeben, und den Emissionsmengen, die sich aus den Emissionsreduktionsverpflichtungen für 2030 ergeben, gezogen wird.

    Die Mitgliedstaaten können einem nichtlinearen Reduktionspfad folgen, wenn dies wirtschaftlich oder technisch effizienter ist und sofern dieser Pfad sich ab 2025 schrittweise dem linearen Reduktionspfad annähert und dies die Emissionsreduktionsverpflichtungen für 2030 unberührt lässt. Die Mitgliedstaaten legen diesen nichtlinearen Reduktionspfad in den gemäß Artikel 10 Absatz 1 der Kommission vorzulegenden nationalen Luftreinhalteprogrammen fest und begründen dort, warum sie sich daran ausrichten.

    Gelingt es nicht, die Emissionen bis 2025 in Einklang mit dem festgelegten Reduktionspfad zu begrenzen, so müssen die Mitgliedstaaten diese Abweichung sowie die Maßnahmen, die sie zu ihrem Pfad zurückführen würden, in den darauffolgenden informativen Inventarberichten begründen, die der Kommission gemäß Artikel 10 Absatz 2 vorzulegen sind.

    […]“

    5

    Art. 5 Abs. 3 dieser Richtlinie lautet:

    „Wenn ein Mitgliedstaat, für den in Anhang II eine oder mehrere im Vergleich zur kosteneffizienten Reduktion nach dem TSAP-Bericht Nr. 16 strengere Reduktionsverpflichtungen festgelegt sind, in einem bestimmten Jahr seine einschlägigen Emissionsreduktionsverpflichtungen nicht erfüllen kann, nachdem er alle kosteneffizienten Maßnahmen umgesetzt hat, so gelten seine einschlägigen Emissionsreduktionsverpflichtungen für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren als eingehalten, sofern er diese Nichteinhaltung in dem betreffenden Zeitraum durch eine vergleichbare Emissionsreduktion bei einem anderen in Anhang II genannten Schadstoff kompensiert.“

    6

    Art. 14 Abs. 3 dieser Richtlinie lautet:

    „Die Kommission veröffentlicht auf ihrer Website

    a)

    die zugrunde liegenden Hypothesen, die bei der Ausarbeitung des TSAP-Berichts Nr. 16 für jeden Mitgliedstaat bei der Bestimmung des jeweiligen nationalen Emissionsreduktionspotenzials verwendet wurden,

    …“

    7

    Anhang II der angefochtenen Richtlinie enthält ein Verzeichnis, das für jeden einzelnen Mitgliedstaat die nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen für die Jahre 2020 bis 2029 und ab dem Jahr 2030 auflistet.

    8

    Anhang III Teil 1 Nr. 1 dieser Richtlinie lautet:

    „Die ersten nationalen Luftreinhalteprogramme gemäß den Artikeln 6 und 10 enthalten mindestens Folgendes:

    b)

    die Politikoptionen, die für die Erfüllung der Emissionsreduktionsverpflichtungen für den Zeitraum zwischen 2020 und 2029 und ab 2030 sowie der für 2025 vorgegebenen Emissionszwischenziele und zur weiteren Verbesserung der Luftqualität in Betracht gezogen werden, sowie die Analyse dieser Optionen und die angewandte Analysemethode; sofern verfügbar die einzelnen oder kombinierten Auswirkungen der Strategien und Maßnahmen auf die Emissionsreduktion, die Luftqualität und die Umwelt sowie die damit verbundenen Unsicherheiten;

    d)

    gegebenenfalls eine Erläuterung der Gründe, weswegen die indikativen Emissionsziele für 2025 nicht erreicht werden können, ohne Maßnahmen zu treffen, die unverhältnismäßige Kosten verursachen;

    …“

    Die Interinstitutionelle Vereinbarung „Bessere Rechtsetzung“

    9

    Die Interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung (ABl. 2016, L 123, S. 1, im Folgenden: Interinstitutionelle Vereinbarung „Bessere Rechtsetzung“) enthält einen Titel III („Instrumente für eine bessere Rechtsetzung“), in dem u. a. die Nrn. 12 bis 15 dieser Vereinbarung wiedergegeben sind. Diese lauten wie folgt:

    „(12)

    Die drei Organe stimmen darin überein, dass Folgenabschätzungen zur qualitativen Verbesserung der Rechtsvorschriften der Union beitragen.

    Folgenabschätzungen stellen ein Instrument dar, das den drei Organen dabei hilft, fundierte Entscheidungen zu treffen, und sind kein Ersatz für politische Entscheidungen im demokratischen Entscheidungsprozess. Folgenabschätzungen dürfen weder zu unnötigen Verzögerungen im Rechtsetzungsverfahren führen, noch dürfen sie die Fähigkeit der Mitgesetzgeber, Änderungen vorzuschlagen, beeinträchtigen.

    Mit einer Folgenabschätzung sollten das Vorhandensein, der Umfang und die Auswirkungen eines Problems sowie die Frage geklärt werden, ob ein Tätigwerden der Union angezeigt ist oder nicht. Mit einer Folgenabschätzung sollten alternative Lösungswege und nach Möglichkeit die potenziellen kurz- und langfristigen Kosten und Vorteile aufgezeigt werden, beruhend auf einer integrierten und ausgewogenen Bewertung der wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Auswirkungen sowie unter Vornahme einer qualitativen wie auch einer quantitativen Prüfung. Die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit sollten uneingeschränkt geachtet werden, ebenso wie die Grundrechte. … Folgenabschätzungen sollten sich auf korrekte, objektive und vollständige Angaben stützen und im Hinblick auf Umfang und Schwerpunkt verhältnismäßig sein.

    (13)

    Die Kommission wird ihre Gesetzgebungsinitiativen und Initiativen ohne Gesetzgebungscharakter … einer Folgenabschätzung unterziehen …

    (14)

    Das Europäische Parlament und der Rat werden bei der Prüfung der Gesetzgebungsvorschläge der Kommission in vollem Umfang die Folgenabschätzungen der Kommission berücksichtigen. …

    (15)

    Wenn sie dies im Hinblick auf den Gesetzgebungsprozess für zweckmäßig und erforderlich halten, werden das Europäische Parlament und der Rat Folgenabschätzungen in Bezug auf die von ihnen vorgenommenen wesentlichen Abänderungen am Kommissionsvorschlag durchführen. Das Europäische Parlament und der Rat werden in der Regel die Folgenabschätzung der Kommission als Ausgangspunkt für ihre weiteren Arbeiten zugrundelegen. Was als ‚wesentliche‘ Abänderung zu betrachten ist, sollte das jeweilige Organ bestimmen.“

    Vorgeschichte des Rechtsstreits

    10

    Die angefochtene Richtlinie ist Teil der Maßnahmen der Union im Bereich der anthropogenen Emissionen in die Luft und der Luftqualität. Sie fügt sich in eine strategische Politik der Union ein, die zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Richtlinie unter anderem die folgenden Bestandteile umfasste:

    die strategische Politik zur Luftreinhaltung von 2005, die sich aus dem sechsten Aktionsprogramm von 2002 ergab, das durch den Beschluss Nr. 1600/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juli 2002 über das sechste Umweltaktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft (ABl. 2002, L 242, S. 1) festgelegt wurde;

    die Gesetzgebungsakte der Union zur Umsetzung dieser Strategie wie z. B. die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. 2008, L 152, S. 1) und die Richtlinie 2001/81, sowie

    die Tätigkeit der Union auf internationaler Ebene, insbesondere das im Namen der Union durch den Beschluss 81/462/EWG des Rates vom 11. Juni 1981 (ABl. 1981, L 171, S. 11) genehmigte LRTAP-Übereinkommen und das im Namen der Union durch den Beschluss 2003/507/EG des Rates vom 13. Juni 2003 (ABl. 2003, L 179, S. 1) genehmigte Protokoll vom 30. November 1999 zu diesem Übereinkommen über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung betreffend die Verringerung von Versauerung, Eutrophierung und bodennahem Ozon (im Folgenden: Göteborg-Protokoll).

    11

    Das überarbeitete Göteborg-Protokoll wurde im Namen der Union durch den Beschluss (EU) 2017/1757 des Rates vom 17. Juli 2017 (ABl. 2017, L 248, S. 3) genehmigt.

    12

    Im Laufe des Jahres 2013 veröffentlichte die Kommission ihre überarbeitete TSAP, aus der hervorgeht, dass die mit der Luftverunreinigung einhergehenden negativen Auswirkungen und erheblichen Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt fortbestanden. In diesem Zusammenhang legte die Kommission am 18. Dezember 2013 einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verringerung der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe und zur Änderung der Richtlinie 2003/35/EG (COM[2013] 920 final, im Folgenden: Richtlinienvorschlag) vor.

    13

    In diesem Vorschlag wurden die nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen für die Jahre 2020 und 2030 auf der Grundlage der Daten ermittelt, die in der Folgenabschätzung der Dienststellen der Kommission vom 18. Dezember 2013 (SWD[2013] 531 final, im Folgenden: Folgenabschätzung) angegeben waren. Für die Erstellung der Folgenabschätzung griff die Kommission auf die Daten zurück, die mit Hilfe des als „GAINS“ bezeichneten Modellierungssystems (im Folgenden: GAINS-System) des International Institute for Applied Systems Analysis (Internationales Institut für angewandte Systemanalyse, im Folgenden: IIASA) in seiner Eigenschaft als Berater der Kommission erzeugt worden waren.

    14

    Das Europäische Parlament und der Rat prüften diesen Richtlinienvorschlag. Im Rat wurden dieser Vorschlag und die Folgenabschätzung in 24 Sitzungen der Arbeitsgruppe, 13 Tagungen des Ausschusses der Ständigen Vertreter (AStV) und vier Treffen auf Ministerebene zwischen den Jahren 2014 und 2016 erörtert. Darüber hinaus hielt der jeweilige Vorsitz des Rates informelle bilaterale Zusammenkünfte mit allen Mitgliedstaaten ab, teilweise mit Unterstützung der Kommission, um spezifische Fragen zu klären, die einzelne Mitgliedstaaten betrafen. In diesem Rahmen wurden die in der Folgenabschätzung angegebenen Daten anhand von 17 Folgeberichten des IIASA aktualisiert, die den Titel „TSAP-Bericht“, gefolgt von ihren jeweiligen Nummern (1 bis 16b), tragen.

    15

    Am 16. Dezember 2015 nahm der Rat die allgemeine Ausrichtung zum Richtlinienvorschlag an. Anfang 2016 nahm er Verhandlungen mit dem Parlament auf. Eine formlose Übereinkunft zwischen diesen beiden Organen wurde vom AStV am 29. Juni 2016 gebilligt.

    16

    Auf der Tagung des Rates vom 17. Oktober 2016 äußerten die Republik Polen, Ungarn und Rumänien ihre Bedenken hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkungen der im Richtlinienvorschlag vorgesehenen nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen und hinsichtlich der zur Festlegung dieser Verpflichtungen verwendeten Methode.

    17

    Nach der Abstimmung im Parlament am 23. November 2016 stimmte der Rat am 8. Dezember 2016 über die angefochtene Richtlinie ab. Sie wurde am 14. Dezember 2016 in Straßburg angenommen.

    Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof

    18

    Die Republik Polen beantragt,

    die angefochtene Richtlinie für nichtig zu erklären;

    hilfsweise, Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 14 Abs. 3 Buchst. a, Anhang II und Anhang III Teil 1 Nr. 1 Buchst. b und d dieser Richtlinie für nichtig zu erklären;

    dem Parlament und dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

    19

    Das Parlament und der Rat beantragen,

    die Klage insgesamt abzuweisen;

    der Republik Polen die Kosten aufzuerlegen.

    20

    Mit Beschluss vom 30. August 2017 sind Ungarn und Rumänien als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Republik Polen zugelassen worden. Die Kommission ist am selben Tag als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Parlaments und des Rates zugelassen worden.

    Zur Klage

    Dritter Klagegrund

    Vorbringen der Parteien

    21

    Mit ihrem dritten Klagegrund, der zuerst zu prüfen ist, macht die Republik Polen geltend, dass das Parlament und der Rat gegen die Verpflichtung verstoßen hätten, vor Annahme der angefochtenen Richtlinie eine ordnungsgemäße Abschätzung ihrer Folgen durchzuführen.

    22

    Gemäß Nr. 13 der Interinstitutionellen Vereinbarung „Bessere Rechtsetzung“ sei die Kommission verpflichtet, einen Rechtsakt, bei dem mit erheblichen Auswirkungen zu rechnen sei, einer Folgenabschätzung zu unterziehen. Gemäß Nr. 12 dieser Vereinbarung sollten die im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses durchgeführten Folgenabschätzungen das Vorhandensein, den Umfang und die Auswirkungen eines Problems untersuchen. Sie sollten auch die Kosten und die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen berücksichtigen. Diese Abschätzungen sollten auch im Hinblick auf ihren Umfang und Schwerpunkt verhältnismäßig sein und sich auf objektive, vollständige und korrekte Angaben stützen. Gemäß den Leitlinien der Kommission vom 7. Juli 2017 über die Durchführungsbestimmungen zur Interinstitutionellen Vereinbarung „Bessere Rechtsetzung“ (SWD[2017] 350 final) sei die Kommission verpflichtet, eine sektorspezifische Analyse durchzuführen. Folglich verfüge dieses Organ über keinen Ermessensspielraum in Bezug auf den Inhalt einer Folgenabschätzung.

    23

    Die Folgenabschätzung werde diesen Anforderungen nicht gerecht. Die mit den nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen verbundenen Kosten sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die betroffenen Sektoren seien in nicht ordnungsgemäßer Weise untersucht oder unterschätzt worden. Außerdem seien die zur Bewertung der positiven Auswirkungen der angefochtenen Richtlinie verwendeten Daten nicht verlässlich.

    24

    Diese Mängel beträfen insbesondere das Potenzial für die Emissionsreduktionen und die Kosten der notwendigen Maßnahmen in den Sektoren der landwirtschaftlichen Erzeugung, des Individualverkehrs und der Stromerzeugung. Das Gleiche gelte für die Modernisierung der Raumheizungen von Privathaushalten.

    25

    Darüber hinaus sei die Folgenabschätzung zu allgemein, weil sie die Auswirkungen, die sich aus der Gesamtheit der im Rahmen des Maßnahmenpakets „Saubere Luft“ angenommenen Rechtsakte, nämlich der angefochtenen Richtlinie, der Richtlinie (EU) 2015/2193 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über die Begrenzung der Emissionen bestimmter Schadstoffe aus mittelgroßen Feuerungsanlagen in die Luft (ABl. 2015, L 313, S. 1) und des Beschlusses 2017/1757 ergäben, gemeinsam prüfe. Sie trage auch nicht der besonderen Lage jedes Mitgliedstaats Rechnung.

    26

    In Anbetracht der vorstehenden Umstände sei es unmöglich, die mit der Umsetzung der angefochtenen Richtlinie in Polen verbundenen Kosten zu schätzen.

    27

    Zudem hätten das Parlament und der Rat im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wesentliche Aspekte des Richtlinienvorschlags geändert, insbesondere hinsichtlich der Reduktionsziele für Feinstaub in Polen. Aus diesem Grund hätte die Folgenabschätzung gemäß Nr. 15 der Interinstitutionellen Vereinbarung „Bessere Rechtsetzung“ aktualisiert werden müssen. Da diese Folgenabschätzung im Jahr 2013 erarbeitet worden sei, sei ihre Aktualisierung auch erforderlich gewesen, um zu prüfen, ob sie auch für 2016 noch relevant gewesen sei.

    28

    Darüber hinaus ergebe sich aus der Folgenabschätzung, dass die Umsetzung der nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen sogar eine Änderung der Struktur der Energieversorgung der Mitgliedstaaten erforderlich machen könne. In diesem Fall hätte die angefochtene Richtlinie gemäß Art. 192 Abs. 2 AEUV einstimmig angenommen werden müssen, weil diese Vorschrift ein solches Quorum für Maßnahmen vorsehe, welche die Wahl eines Mitgliedstaats zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur seiner Energieversorgung erheblich berührten.

    29

    Das Parlament und der Rat beantragen, den dritten Klagegrund zurückzuweisen.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    30

    Zur Stützung ihres dritten Klagegrundes macht die Republik Polen im Wesentlichen geltend, bei dem Verfahren zum Erlass der angefochtenen Richtlinie habe es Unregelmäßigkeiten gegeben, weil die Folgenabschätzung Lücken aufweise, insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen der geplanten Maßnahmen auf die Wirtschaft der Mitgliedstaaten, vor allem der Republik Polen.

    31

    Erstens ist darauf hinzuweisen, wie das Parlament zu Recht vorträgt, dass die Form, in der die vom Unionsgesetzgeber berücksichtigten Ausgangsdaten aufgeführt sind, ohne Bedeutung ist. Der Unionsgesetzgeber kann nicht nur die Folgenabschätzung, sondern auch jede andere Informationsquelle berücksichtigen (vgl. entsprechend Urteile vom 8. Juli 2010, Afton Chemical, C‑343/09, EU:C:2010:419, Rn. 36, 37 und 40, sowie vom 4. Mai 2016, Pillbox 38, C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 64 bis 66).

    32

    Beim Erlass der angefochtenen Richtlinie hat der Unionsgesetzgeber sich auf die Folgenabschätzung, auf die im GAINS-System enthaltenen Daten, auf die TSAP-Berichte sowie auf eine Sensitivitätsanalyse gestützt, von der das Dokument Nr. 11265/16 des Rates vom 14. Juli 2016 eine Zusammenfassung enthält.

    33

    Was zunächst die Folgenabschätzung betrifft, weist diese nach dem Vortrag des Rates und der Kommission die Kosten aus, die mit der Einhaltung der Verpflichtungen der einzelnen Mitgliedstaaten und mit jeder der in Betracht gezogenen Optionen verbunden sind, ausgedrückt in Millionen Euro sowie als Prozentsatz des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die mit der Einhaltung der Verpflichtungen verbundenen Kosten werden auch für jeden Wirtschaftssektor auf Unionsebene dargestellt.

    34

    Die Folgenabschätzung untersucht fünf strategische Optionen, die sich durch den jeweils in Betracht gezogenen Umfang der Emissionsreduktionen unterscheiden. Für jede Option enthält sie auf der Grundlage von Schätzungen und Prognosen eine Beurteilung der Investitionen, die zu ihrer Umsetzung erforderlich sind, sowie der unmittelbaren und sonstigen Vorteile, die sich daraus ergeben.

    35

    Was sodann das GAINS-System betrifft, macht dieses System es nach dem Vortrag des Rates möglich, kostengünstige Strategien zur Kontrolle von Emissionen zu untersuchen, indem es die historischen Emissionen soweit wie möglich wiedergibt und auf dieser Grundlage Prognosen über die Emissionen bestimmter Luftschadstoffe für jedes Land erstellt. Die hierfür verwendeten Daten entstammen internationalen Energie- und Industriestatistiken sowie von den betreffenden Ländern selbst gelieferten Emissionsbestandsaufnahmen und Daten. Die Funktionsweise des GAINS-Systems besteht darin, den Mitgliedstaaten alle Daten zur Verfügung zu stellen, die es ihnen ermöglichen, die zur Prüfung vorgelegten alternativen Annahmen durch Nachweise zu untermauern. Die Hinweise auf den aktualisierten Rahmen sind in der Folgenabschätzung enthalten. Genaue Angaben zu den für den jeweiligen Sektor der einzelnen Mitgliedstaaten verwendeten Parametern wurden auf der Website von GAINS veröffentlicht, damit diese Staaten die konkreten Annahmen erkennen können, die ihre Situation betreffen.

    36

    Die Kommission weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass das GAINS-System für jeden Sektor der Wirtschaftstätigkeit eines jeden Mitgliedstaats detaillierte Angaben zu den Emissionen, zum Potenzial für eine Verringerung dieser Emissionen und zu den mit einer solchen Verringerung verbundenen Kosten liefert.

    37

    Wie das Parlament hervorhebt, wurden diese Daten in enger Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden und Sachverständigen geprüft. Ferner ist unstreitig, dass die Mitgliedstaaten Zugang zum GAINS-System und zu den vom IIASA erstellten TSAP-Berichten hatten.

    38

    Außerdem ergibt sich aus den Ausführungen des Parlaments und des Rates, die durch die Kommission unterstützt werden, dass das IIASA seine Berechnungen nach der Veröffentlichung der Folgenabschätzung aktualisiert und in diesem Rahmen die TSAP-Berichte Nrn. 11 bis 16b erstellt hat. Um eine Reihe von Unterschieden auszuräumen, die zwischen den nationalen Annahmen und denen des IIASA festgestellt wurden, hat das IIASA die TSAP-Berichte Nrn. 13 und 14 veröffentlicht und die Emissionsreduktionsverpflichtungen im TSAP-Bericht Nr. 16 neu berechnet. In ihrer Klageschrift räumt die Republik Polen im Übrigen ein, dass die Untersuchung der Abweichungen zwischen den von verschiedenen Mitgliedstaaten vorgenommen Schätzungen und denen des IIASA in mehreren TSAP-Berichten veröffentlicht wurde.

    39

    Wie der Rat, unterstützt durch die Kommission, ausführt, hatten die Mitgliedstaaten auch Gelegenheit, ihre Standpunkte zu den Abweichungen zwischen ihren Kostenschätzungen und denen des IIASA im Rahmen der vom Vorsitz des Rates geführten bilateralen Gespräche darzulegen. Das Ergebnis dieser Erörterungen ist Gegenstand des TSAP-Berichts Nr. 16, was die Republik Polen nicht bestreitet.

    40

    Schließlich wurde eine Sensitivitätsanalyse durchgeführt, um den endgültigen Umfang der nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen für den Zeitraum zwischen dem Jahr 2020 und dem Jahr 2029 und ab dem Jahr 2030 zu bestimmen, so wie diese in Anhang II der angefochtenen Richtlinie aufgeführt sind. Wie in Rn. 32 des vorliegenden Urteils angegeben, enthält das Dokument Nr. 11265/16 des Rates vom 14. Juli 2016 eine Zusammenfassung dieser Analyse. Nach Angaben der Kommission wurde den polnischen Behörden am 13. Mai 2016 eine vollständige Fassung dieser Analyse übermittelt. Im Rahmen dieser Sensitivitätsanalyse wurde geprüft, ob die Verwendung der eigenen Schätzungen der Mitgliedstaaten in Bezug auf bestimmte Annahmen die Erfüllbarkeit der im TSAP-Bericht Nr. 16 vorgeschlagenen Emissionsreduktionsverpflichtungen beeinträchtigt hätte.

    41

    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Republik Polen nicht mit Erfolg geltend machen kann, dass die Daten, die der Unionsgesetzgeber berücksichtigt habe, um die angefochtene Richtlinie zu erlassen, hinsichtlich der besonderen Situation der Republik Polen unvollständig seien, denn diese Daten wurden vom IIASA gemeinsam mit den Vertretern dieses Mitgliedstaats und insbesondere auf der Grundlage der von diesen Vertretern zur Verfügung gestellten Daten festgestellt. Wie sich überdies aus dem Dokument Nr. 11265/16 des Rates vom 14. Juli 2016 (S. 66 und 67) ergibt, hat die Republik Polen nicht alle erforderlichen Angaben zu bestimmten in der angefochtenen Richtlinie aufgeführten Schadstoffen übermittelt.

    42

    Aus denselben Gründen – und vor allem, weil der Unionsgesetzgeber sich auch auf andere ihm zur Verfügung stehende Informationen gestützt hat – kann das Vorbringen der Republik Polen, mit dem sie nachzuweisen sucht, dass die Folgenabschätzung ungenau, unzureichend und zu allgemein gewesen sei, nicht durchgreifen.

    43

    Was zweitens das Vorbringen der Republik Polen betrifft, wonach das Parlament und der Rat wesentliche Aspekte des Richtlinienvorschlags geändert hätten und aus diesem Grund verpflichtet gewesen seien, die Folgenabschätzung gemäß Nr. 15 der Interinstitutionellen Vereinbarung „Bessere Rechtsetzung“ zu aktualisieren, genügt die Feststellung, dass diese Bestimmung jedenfalls keine zwingende Verpflichtung zu Lasten der betroffenen Organe enthält. Sie sieht nur die Möglichkeit vor, eine solche Aktualisierung vorzunehmen, wenn das Parlament und der Rat dies „für zweckmäßig und erforderlich halten“.

    44

    Jedenfalls kann die Republik Polen dem Parlament und dem Rat nicht vorwerfen, die Annahme der angefochtenen Richtlinie auf Daten gestützt zu haben, die nicht mehr auf dem neuesten Stand gewesen seien. Der Entscheidungsprozess ging nämlich laufend mit Aktualisierungen der verfügbaren Daten einher, was insbesondere die TSAP-Berichte und die Sensitivitätsanalyse belegen, die in den vorstehenden Randnummern des vorliegenden Urteils erwähnt sind.

    45

    Aus dem Vorstehenden folgt, dass das Parlament und der Rat im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens die verfügbaren wissenschaftlichen Daten und Informationen berücksichtigt haben, um ihr Ermessen tatsächlich auszuüben.

    46

    Drittens ist das Vorbringen der Republik Polen, dass die angefochtene Richtlinie nicht auf der Grundlage von Art. 192 Abs. 1 AEUV, sondern von Art. 192 Abs. 2 AEUV hätte erlassen werden müssen, im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes als ins Leere gehend zurückzuweisen. Mit ihrem dritten Klagegrund versucht die Republik Polen nämlich allein darzutun, dass die Folgenabschätzung lückenhaft gewesen sei, ohne die Wahl der Rechtsgrundlage der angefochtenen Richtlinie in Frage zu stellen.

    47

    Der dritte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

    Erster und zweiter Klagegrund

    Vorbringen der Parteien

    48

    Mit dem ersten und dem zweiten Klagegrund rügt die Republik Polen, das Parlament und der Rat hätten gegen die Grundsätze der loyalen Zusammenarbeit, der Transparenz und der Offenheit sowie gegen die Pflicht zur Begründung von Rechtsakten verstoßen.

    49

    Zum einen seien die Verhandlungen über die nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen diskriminierend und undurchsichtig gewesen und zum anderen seien der Republik Polen die Verfahrensgarantien vorenthalten worden, wie z. B. die Möglichkeit, die diesen Verpflichtungen zugrunde liegenden Annahmen zu überprüfen.

    50

    Aus dem Urteil vom 24. Juni 1992, Kommission/Griechenland (C‑137/91, EU:C:1992:272), ergebe sich, dass der in Art. 4 Abs. 3 EUV verankerte Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit eigenständige Grundlage einer Klage vor dem Gerichtshof sein könne, und aus dem Urteil vom 14. Juni 2016, Parlament/Rat (C‑263/14, EU:C:2016:435), dass der Verstoß gegen diesen Grundsatz selbst dann zur Nichtigerklärung eines Rechtsakts der Union führen könne, wenn kein Verstoß gegen das im AEU-Vertrag vorgesehene Gesetzgebungsverfahren vorliege.

    51

    Die Republik Polen, unterstützt durch Ungarn und Rumänien, ist der Ansicht, dass der Rat, um den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit im Laufe des zum Erlass eines Rechtsakts der Union führenden Verfahrens vollständig zu wahren, verpflichtet sei, im Stadium der Vorarbeiten allen Mitgliedstaaten die Informationen zu übermitteln, die es ihnen erlaubten, die Auswirkungen eines solchen Rechtsakts zu verstehen. Das Urteil vom 5. Dezember 2017, Deutschland/Rat (C‑600/14, EU:C:2017:935, Rn. 107), stütze diese Auslegung.

    52

    Darüber hinaus gälten die Grundsätze der loyalen Zusammenarbeit, der Transparenz und der Offenheit sowie die Begründungspflicht auch für das Gesetzgebungsverfahren und gewährleisteten sein reibungsloses Funktionieren, wie sich aus der Interinstitutionellen Vereinbarung „Bessere Rechtsetzung“ ergebe.

    53

    Die Republik Polen trägt vor, dass sie während des gesamten Verfahrens, das zum Erlass der angefochtenen Richtlinie geführt habe, Bedenken gegen den Ablauf der Verhandlungen geäußert habe. Ferner habe sie zusätzliche Informationen mit der Begründung verlangt, dass die zur Festlegung der nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen verwendeten Annahmen und Daten teilweise unbekannt seien.

    54

    Einige wesentliche Informationen seien nämlich weder im GAINS-System noch in den Veröffentlichungen des IIASA enthalten gewesen. Insbesondere habe die Republik Polen bestimmte Annahmen hinsichtlich der nach Sektoren aufgegliederten Verteilung der Quellen der Luftverunreinigung, die Annahmen zur wirtschaftlichen Entwicklung der Mitgliedstaaten und die für das Jahr 2030 und die Folgejahre zugrunde gelegten Emissionsvorhersagen nicht überprüfen können. Die Modalitäten, nach denen das allgemeine Ziel im Gesundheitsbereich durch Emissionsreduktionsverpflichtungen konkretisiert worden sei, und die Art und Weise der Festlegung dieser Verpflichtungen für die einzelnen Mitgliedstaaten seien nicht offengelegt worden. Die Republik Polen habe erfolglos eine Beschreibung der einzelnen Unterkategorien der untersuchten Emissionsquellen verlangt.

    55

    In Ermangelung eines Zugangs zu allen zugrunde gelegten Annahmen, zu den Werkzeugen für die Modellierung, zur Programmierung und zu den Parametern könne das GAINS-System diese Lücken nicht schließen. Dasselbe gelte für das sogenannte „Primes“-Modell, das die Kommission verwende, um die in das GAINS-System einzugebenden Daten zu erzeugen. Auch das Dokument Nr. 11265/16 des Rates vom 14. Juli 2016 enthalte nicht die erforderlichen Informationen, sondern nur eine kurze Beschreibung der verwendeten Methode.

    56

    Zur Unterstützung der Anträge der Republik Polen macht Rumänien geltend, dass das Dokument Nr. 11265/16 des Rates vom 14. Juli 2016 nicht alle technischen Informationen enthalte, die die der Republik Polen auferlegten Emissionsreduktionsverpflichtungen rechtfertigten. Außerdem sei dieses Dokument verspätet, nämlich nach der Abstimmung im Rat am 29. Juni 2016 über den Richtlinienentwurf, übermittelt worden.

    57

    Darüber hinaus hält die Republik Polen bestimmte Grundannahmen für fehlerhaft, insbesondere diejenigen, die die Geschwindigkeit der Ersetzung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor und den Ammoniakausstoß aus der Landwirtschaft betreffen. Die Kommission habe diese Fehler nicht berichtigt, obwohl die Republik Polen dies verlangt habe.

    58

    Die Republik Polen vertritt die Auffassung, dass der Rat die Probleme, die sie aufgezeigt habe, trotz ihrer Beschwerden nicht berücksichtigt und damit gegen ihr Recht auf umfassende Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren verstoßen habe.

    59

    Der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit umfasse das Recht, gehört zu werden, was der Partei, die von einem sie beschwerenden Rechtsakt betroffen sei, Gelegenheit gebe, sachgerecht Stellung zu nehmen. Dieses Recht sei verletzt worden, weil die Republik Polen die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen, die die den Mitgliedstaaten auferlegten Emissionsreduktionsverpflichtungen mit sich brächten, nicht habe erkennen können.

    60

    Der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verlange zudem eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Organen und den Mitgliedstaaten, die sich über die ins Auge gefassten Lösungen und die für diesen Zweck berücksichtigten Daten einigen müssten. Die Organe seien verpflichtet gewesen, in einen Dialog mit der Republik Polen einzutreten und die Zurückweisung der von diesem Mitgliedstaat vorgebrachten Einwände zu begründen. Der bloße Verweis auf die analytischen Modelle des GAINS-Systems oder auf andere allen Mitgliedstaaten zugängliche Unterlagen des IIASA reiche insoweit nicht aus.

    61

    Außerdem macht Rumänien geltend, der Grundsatz der Transparenz sei in Art. 19 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2009/937/EU des Rates vom 1. Dezember 2009 zur Änderung seiner Geschäftsordnung (ABl. 2009, L 325, S. 35, im Folgenden: Geschäftsordnung des Rates) verankert. Die Tragweite dieses Grundsatzes werde in Art. 20 dieser Verordnung in Verbindung mit ihrem Anhang V konkretisiert, der bestimme, dass „[d]er Vorsitz … den Delegationen im Rahmen der Vorbereitung der AStV-Tagungen so rasch wie möglich alle Informationen [übermittelt], die für eine eingehende Vorbereitung dieser Tagungen erforderlich sind“.

    62

    Im vorliegenden Fall habe der Zeitraum, der zwischen der Mitteilung der vorgeschlagenen neuen Fassung des Anhangs II der angefochtenen Richtlinie am 28. Juni 2016 und der dem Abschluss einer Vereinbarung mit dem Parlament dienenden Billigung dieses Vorschlags im AStV am 29. Juni 2016 gelegen habe, keine gründliche Vorbereitung erlaubt. Außerdem sei die Methode zur Berechnung der nationalen Verpflichtungen den Mitgliedstaaten erst am 18. Juli 2016 mitgeteilt worden.

    63

    Diese Feststellung werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass die angefochtene Richtlinie im Anschluss an eine Abstimmung des Rates erst am 8. Dezember 2016 erlassen worden sei, weil die Mitgliedstaaten nach der Abstimmung vom 29. Juni 2016 faktisch keine Möglichkeit mehr gehabt hätten, ihre jeweiligen Standpunkte geltend zu machen.

    64

    Ferner ist Rumänien der Ansicht, dass Anhang II Art. 5 der Geschäftsordnung des Rates, der die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) vorsehe, bei der Bearbeitung der Auskunftsersuchen der Republik Polen nicht beachtet worden sei.

    65

    Nach Auffassung des Parlaments und des Rates sind diese Klagegründe zurückzuweisen.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    66

    Insbesondere aus dem im Wesentlichen in den Rn. 51, 52 und 58 bis 60 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Vorbringen geht hervor, dass die Republik Polen sich auf eine Verletzung des Grundsatzes der Transparenz, des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Begründungspflicht nur beruft, um die Verpflichtungen zu veranschaulichen, die die Unionsorgane im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wegen des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit einzuhalten haben. Folglich sind die Argumente, die dieser Mitgliedstaat zur Stützung seines ersten und seines zweiten Klagegrundes vorbringt, nur anhand dieses zuletzt genannten Grundsatzes zu beurteilen.

    67

    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Union und die Mitgliedstaaten sich gemäß Art. 4 Abs. 3 EUV gegenseitig bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus den Verträgen ergeben, achten und unterstützen.

    68

    Daher ist unter Berücksichtigung des Ablaufs des Entscheidungsprozesses, der zum Erlass der angefochtenen Richtlinie geführt hat, wie er sich aus der dem Gerichtshof vorgelegten Akte ergibt, zu prüfen, ob das Europäische Parlament und der Rat ihre Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit verletzt haben.

    69

    Insoweit waren der Richtlinienvorschlag und die Folgenabschätzung, wie aus Rn. 14 des vorliegenden Urteils hervorgeht, im Rat zwischen dem Jahr 2014 und dem Jahr 2016 Gegenstand von Erörterungen in 24 Sitzungen der Arbeitsgruppe, 13 Tagungen des AStV und vier Treffen auf Ministerebene. Darüber hinaus hielt der jeweilige Vorsitz des Rates, zum Teil mit Unterstützung der Kommission, informelle bilaterale Zusammenkünfte mit allen Mitgliedstaaten ab.

    70

    Außerdem hatte die Republik Polen, wie aus den Rn. 32 bis 41 des vorliegenden Urteils hervorgeht, während des Gesetzgebungsverfahrens Zugang zu sämtlichen Unterlagen, auf die sich der Unionsgesetzgeber im Hinblick auf den Erlass der angefochtenen Richtlinie gestützt hat, und konnte zu den in diesen Unterlagen enthaltenen Daten und den zugrunde gelegten Annahmen Stellung nehmen.

    71

    Diese Feststellung wird durch die Behauptung Rumäniens, das Dokument Nr. 11265/16 des Rates vom 14. Juli 2016 sei der Republik Polen verspätet übermittelt worden, nicht entkräftet. Dieses Dokument war nämlich mehrere Monate vor der Annahme der angefochtenen Richtlinie durch den Rat am 8. Dezember 2016 verfügbar.

    72

    Die Republik Polen macht ferner geltend, dass die Informationen, über die der Unionsgesetzgeber und die Mitgliedstaaten während des Gesetzgebungsverfahrens verfügten, das zum Erlass der angefochtenen Richtlinie geführt habe, nicht ausgereicht hätten, um alle Auswirkungen dieser Richtlinie zu verstehen, oder sogar zum Teil falsch gewesen seien.

    73

    In Bereichen, in denen der Unionsgesetzgeber über ein weites Ermessen verfügt, überprüft der Gerichtshof jedoch nur, ob die Urheber des angefochtenen Rechtsakts in der Lage sind, zu belegen, dass sie beim Erlass des Rechtsakts ihr Ermessen tatsächlich ausgeübt haben, und zu diesem Zweck die Grunddaten, die zur Begründung der angefochtenen Maßnahmen dieses Rechtsakts zu berücksichtigen waren und von denen die Ausübung ihres Ermessens abhing, klar und eindeutig darzulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Juni 2018, Polen/Parlament und Rat, C‑5/16, EU:C:2018:483, Rn. 151 bis 153). Aus Rn. 45 des vorliegenden Urteils geht indes hervor, dass der Unionsgesetzgeber dieser Pflicht tatsächlich nachgekommen ist, indem er die Gesamtheit der zahlreichen verfügbaren Daten berücksichtigt hat.

    74

    Die Tragweite der Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit kann nicht in dem Sinne ausgedehnt werden, dass sie den Unionsgesetzgeber unter allen Umständen zwingen würde, auf Antrag eines Mitgliedstaats angeblich fehlende Dokumente und Informationen beizubringen oder die Informationen, über die er verfügt, zu berichtigen, bevor er einen Rechtsakt erlassen kann. Eine solche Auslegung liefe nämlich Gefahr, die Organe an der Ausübung ihres Ermessens zu hindern und das Gesetzgebungsverfahren zu blockieren.

    75

    Es trifft zwar zu, dass die Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit die Pflicht zu gegenseitiger Amtshilfe umfasst, zu der insbesondere der Austausch relevanter Informationen zwischen den Organen und den Mitgliedstaaten im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens gehört. Diese Pflicht erlaubt es einem dieser Staaten aber nicht, im Fall der Meinungsverschiedenheit darüber, ob die verfügbaren Informationen ausreichend, relevant oder zutreffend sind, allein aus diesem Grund die Rechtmäßigkeit des Entscheidungsprozesses in Frage zu stellen.

    76

    Insoweit geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass der Erlass eines Rechtsakts im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen des AEU-Vertrags kein Verstoß gegen die Pflicht des Parlaments und des Rates zur loyalen Zusammenarbeit sein kann, nur weil ihm eine Minderheit von Mitgliedstaaten widersprochen hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Oktober 1992, Portugal und Spanien/Rat, C‑63/90 und C‑67/90, EU:C:1992:381, Rn. 53, sowie vom 23. November 1999, Portugal/Rat, C‑149/96, EU:C:1999:574, Rn. 66).

    77

    Das Urteil vom 5. Dezember 2017, Deutschland/Rat (C‑600/14, EU:C:2017:935), vermag diese Feststellung nicht zu entkräften, weil der Gerichtshof in dessen Rn. 107, auf die sich die Republik Polen beruft, nur die Frage untersucht hat, ob der Entscheidungsprozess, der zum Erlass des angefochtenen Rechtsakts in der Rechtssache geführt hat, in der dieses Urteil ergangen ist, im Hinblick auf den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit unter Berücksichtigung der relevanten Umstände mit der erforderlichen Zügigkeit durchgeführt wurde.

    78

    Was das im Wesentlichen in den Rn. 61 bis 63 des vorliegenden Urteils wiedergegebene Vorbringen Rumäniens betrifft, dass das Gesetzgebungsverfahren aufgrund der verspäteten Mitteilung bestimmter Informationen und bestimmter Unterlagen nicht im Einklang mit der Geschäftsordnung des Rates durchgeführt worden sei, ist festzustellen, dass die Republik Polen mit ihrem ersten und ihrem zweiten Klagegrund geltend macht, dass ihr die zur angemessenen Teilnahme an dem Verfahren, das zum Erlass der angefochtenen Richtlinie geführt habe, erforderlichen Informationen nicht vorgelegen hätten. Dagegen behauptet die Republik Polen weder, dass die Geschäftsordnung des Rates verletzt worden sei, noch dass ihr Informationen oder Dokumente verspätet übermittelt worden seien.

    79

    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine Partei, die gemäß Art. 40 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union in einem bei ihm anhängigen Rechtsstreit als Streithelfer zugelassen wird, den Streitgegenstand, wie er durch die Anträge sowie die Klage- und Verteidigungsgründe der Hauptparteien umschrieben wird, nicht ändern kann. Folglich ist nur das Vorbringen eines Streithelfers zulässig, das sich in dem durch diese Anträge sowie Klage- und Verteidigungsgründe festgelegten Rahmen hält (Urteil vom 7. Oktober 2014, Deutschland/Rat, C‑399/12, EU:C:2014:2258‚ Rn. 27).

    80

    Somit ist dieses Vorbringen Rumäniens zurückzuweisen.

    81

    Gleiches gilt für das auf einen Verstoß gegen die Verordnung Nr. 1049/2001 gestützte Vorbringen Rumäniens, weil die Republik Polen weder behauptet, beim Rat gemäß der Verordnung Nr. 1049/2001 Einsicht in die Unterlagen beantragt zu haben, noch geltend macht, dass das Parlament und der Rat gegen diese Verordnung verstoßen hätten.

    82

    In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen sind der erste und der zweite Klagegrund der Republik Polen zurückzuweisen.

    Vierter Klagegrund

    Vorbringen der Parteien

    83

    Mit ihrem vierten Klagegrund macht die Republik Polen geltend, dass die Maßnahmen, die zur Einhaltung der durch die angefochtene Richtlinie vorgesehenen nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen erforderlich seien, für sie negative Auswirkungen auf bestimmte Sektoren und besonders hohe gesellschaftliche und wirtschaftliche Kosten zur Folge hätten. Der Unionsgesetzgeber habe dies nicht berücksichtigt und daher mit dem Erlass der angefochtenen Richtlinie einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, der einen Verstoß gegen den in Art. 5 Abs. 4 EUV verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darstelle.

    84

    Sie ist der Auffassung, dass die Kontrolle der Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme durch den Gerichtshof nicht auf offenkundige Fehler beschränkt sei, sondern auch die Abwägung der bestehenden Interessen sowie die Beurteilung der Angemessenheit der streitigen Maßnahmen, ihrer Notwendigkeit und der Fähigkeit der Mitgliedstaaten zu ihrer Umsetzung umfasse. Der Gerichtshof müsse auch die Möglichkeit weniger belastender Lösungen, das Verhältnis zwischen den Kosten und dem verfolgten Ziel sowie die Optionen zur Verringerung der Belastung der Wirtschaftsteilnehmer prüfen.

    85

    Für die Zwecke dieser Prüfung könne das in den Erwägungsgründen der angefochtenen Richtlinie erwähnte überarbeitete Göteborg-Protokoll nicht als Bezugsrahmen dienen. Es sei nicht von allen Mitgliedstaaten ratifiziert worden und gehöre nicht zur Rechtsordnung der Union.

    86

    Hinsichtlich der Kosten der Umsetzung der angefochtenen Richtlinie ist die Republik Polen der Auffassung, dass diese Kosten sich, was sie betreffe, auf ungefähr 557 Mio. Euro jährlich beliefen, zusätzlich zu den mit der Umsetzung der Richtlinie 2008/50 verbundenen Kosten. Diese Kosten und die negativen Auswirkungen, die sich aus den nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen für die industriellen und nicht industriellen Sektoren, d. h. für Verkehr, Landwirtschaft und städtische Privathaushalte, ergäben, überstiegen den damit verbundenen Nutzen deutlich.

    87

    In der Landwirtschaft seien mehr als zwei Drittel der Betriebe Kleinbetriebe, die nach Anhang III Teil 2 Abschnitt C der angefochtenen Richtlinie von den Maßnahmen zur Begrenzung von Ammoniakemissionen ausgenommen werden könnten. Folglich müsse ein Drittel der nationalen landwirtschaftlichen Betriebe die Last dieser Maßnahmen tragen. Im Verkehrssektor entfalle ein großer Teil des polnischen Kraftfahrzeugbestands auf Fahrzeuge, die älter als zehn Jahre seien. Ihre Ersetzung würde geschätzte Kosten zwischen 1,3 und 3,9 Mrd. Euro verursachen, ohne dass der geforderte Umfang der Emissionsreduktion durch diese Maßnahme erreicht werden könnte. Die Kosten im Zusammenhang mit der Ersetzung der Raumheizgeräte für den Hausgebrauch beliefen sich auf etwa 12,7 Mrd. EUR für das ganze Land. Darüber hinaus würde der Ausstieg aus der Kohle, der preiswertesten Energiequelle, die Energiepreise spürbar steigen lassen.

    88

    Angesichts der Struktur dieser Sektoren würde eine Verringerung der Emissionen nach Maßgabe der angefochtenen Richtlinie vor allem Menschen mit geringem Einkommen treffen. Die Republik Polen sei nicht in der Lage, diese Belastung anderen Personen aufzuerlegen. Insbesondere das Verursacherprinzip und der Grundsatz der Gleichbehandlung stünden einer Verlagerung der Verantwortlichkeit auf die großen landwirtschaftlichen Betriebe entgegen. Somit sei die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Kleinbetriebe bedroht.

    89

    Sie ist ferner der Auffassung, dass die nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen sowie die für ihre Umsetzung auferlegte kurze Frist über das hinausgingen, was erforderlich sei, um das vom Unionsgesetzgeber vorgegebene Ziel zu erreichen. Das Gleiche gelte für die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, ab 2025 indikative Emissionsmengen anhand eines linearen Reduktionspfads zu ermitteln, der zwischen den Emissionsmengen gezogen werde, die sich aus den Emissionsreduktionsverpflichtungen für 2020 einerseits und für 2030 andererseits ergäben. Ein Mechanismus schrittweiser Erfüllung der Verpflichtungen zwischen den Jahren 2030 und 2035 wäre in Betracht gekommen und hätte es ermöglicht, die Kosten über einen größeren Zeitraum zu verteilen. Außerdem könnten diese Kosten geringer ausfallen, weil der Preis der Technologien im Lauf der Zeit sinken könnte.

    90

    Im Übrigen verstoße der zwingende Charakter des in der angefochtenen Richtlinie vorgesehenen Zeitplans gegen Art. 288 AEUV, dem zufolge eine Richtlinie den Mitgliedstaaten die Wahl der Form und der Mittel ihrer Umsetzung überlasse.

    91

    Der in Art. 5 Abs. 3 der angefochtenen Richtlinie vorgesehene Flexibilitätsmechanismus mildere den Umfang der nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen nicht ab, weil die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Mechanismus zu restriktiv seien.

    92

    Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der angefochtenen Richtlinie zeige außerdem, dass die Republik Polen eine schwerere Last als die anderen Mitgliedstaaten tragen müsse. Hinsichtlich der Verringerung der Ammoniakemissionen sei für die Republik Polen als Ziel eine Reduktion um 17 % festgelegt worden, während sie auf Unionsebene bei durchschnittlich 13 % liege. In Bezug auf Feinstaub (PM2,5) müsse die Republik Polen eine Reduktion um 58 % – gegenüber einem Durchschnitt von 27 % – erreichen. Das Potenzial für Emissionsreduktionen sei zwar in Polen recht groß. Das könne aber unverhältnismäßige Verpflichtungen zu Lasten dieses Mitgliedstaats nicht rechtfertigen.

    93

    Das Parlament und der Rat sind der Ansicht, dass dieser Klagegrund zurückzuweisen ist.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    94

    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt, dass die Handlungen der Unionsorgane zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung verfolgten legitimen Ziele geeignet sind und nicht über die Grenzen dessen hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist, wobei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die dadurch bedingten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen (vgl. u. a. Urteile vom 4. Mai 2016, Polen/Parlament und Rat, C‑358/14, EU:C:2016:323, Rn. 78, und vom 6. September 2017, Slowakei und Ungarn/Rat, C‑643/15 und C‑647/15, EU:C:2017:631, Rn. 206).

    95

    Was die gerichtliche Nachprüfung der Einhaltung dieses Grundsatzes betrifft, verfügt der Unionsgesetzgeber in einem komplexen technischen und sich ständig weiterentwickelnden Rahmen über ein weites Ermessen insbesondere in Bezug auf die Beurteilung der hoch komplexen wissenschaftlichen und technischen tatsächlichen Umstände bei der Festlegung von Art und Umfang der Maßnahmen, die er erlässt, während die Kontrolle durch den Unionsrichter auf die Prüfung beschränkt ist, ob die Ausübung eines solchen Ermessens nicht offensichtlich fehlerhaft ist, einen Ermessensmissbrauch darstellt oder der Gesetzgeber die Grenzen seines Ermessens offensichtlich überschritten hat. In einem solchen Kontext darf der Unionsrichter nämlich nicht seine Beurteilung der tatsächlichen Umstände wissenschaftlicher und technischer Art an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen, dem allein der Vertrag diese Aufgabe anvertraut hat (Urteil vom 21. Juni 2018, Polen/Parlament und Rat, C‑5/16, EU:C:2018:483, Rn. 150).

    96

    In Anbetracht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob der Unionsgesetzgeber beim Erlass der Maßnahmen, um die es in der angefochtenen Richtlinie geht, einen offenkundigen Fehler begangen hat und ob die Nachteile, die sich aus ihr für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer ergeben, zu den mit ihr verbundenen Vorteilen völlig außer Verhältnis stehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Juni 2018, Polen/Parlament und Rat, C‑5/16, EU:C:2018:483, Rn. 170).

    97

    Wie aus dem ersten Erwägungsgrund der angefochtenen Richtlinie hervorgeht, bestehen trotz der bereits erzielten Fortschritte bei den anthropogenen Emissionen in die Luft und bei der Luftqualität nach wie vor signifikante negative Auswirkungen auf und Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt. Nach ihrem achten Erwägungsgrund soll die Umsetzung dieser Richtlinie durch die Mitgliedstaaten auch dazu beitragen, die im Unionsrecht verankerten Luftqualitätsziele zu verwirklichen und Fortschritte in Bezug auf das langfristige Ziel der Union für eine Luftqualität in Einklang mit den Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu erzielen.

    98

    Gemäß ihrem Art. 1 Abs. 1 und ihrem Art. 4 sieht diese Richtlinie mehrere Maßnahmen zur Verwirklichung eines Luftqualitätsniveaus, das nicht zu signifikanten negativen Auswirkungen auf und Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt führt, und insbesondere eine Emissionsreduktion in zwei Etappen für den Zeitraum zwischen 2020 und 2029 und ab 2030 vor.

    99

    Aus dem siebten Erwägungsgrund der angefochtenen Richtlinie geht hervor, dass die in ihrem Anhang II aufgeführten nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen für den Zeitraum zwischen 2020 und 2029 die Union in die Lage versetzen sollen, den internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten und der Union nachzukommen. Diese Verpflichtungen sind nämlich identisch mit denen im überarbeiteten Göteborg-Protokoll, das, wie in Rn. 11 des vorliegenden Urteils ausgeführt, durch den Beschluss 2017/1757 im Namen der Europäischen Union genehmigt wurde.

    100

    Außerdem ergibt sich aus der Folgenabschätzung, dass die nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen für den Zeitraum zwischen 2020 und 2029 erfüllt werden könnten, wenn die Luftqualitätsvorschriften der Union, die im Jahr 2012 in Kraft waren, vollständig umgesetzt würden.

    101

    Nach dem 14. Erwägungsgrund der angefochtenen Richtlinie beruhen die nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen, die sie ab 2030 vorsieht, u. a. auf dem geschätzten Reduktionspotenzial jedes Mitgliedstaats, auf der technischen Prüfung der Unterschiede zwischen den nationalen Schätzungen und den Schätzungen im TSAP-Bericht Nr. 16 sowie auf dem politischen Ziel, die Reduktion der gesundheitlichen Auswirkungen bis 2030 im Vergleich zu 2005 in einem möglichst ähnlichen Maße zu reduzieren wie im Richtlinienvorschlag angegeben.

    102

    Damit das zuletzt genannte Ziel erreicht werden kann, sieht Art. 4 Abs. 2 dieser Richtlinie in Verbindung mit ihrem 13. Erwägungsgrund einen Mechanismus vor, der nachweisbare Fortschritte im Hinblick auf den ab 2030 vorgeschriebenen Umfang der Emissionsreduktionen sicherstellen soll. Diese Bestimmung verpflichtet die Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass die nationalen Emissionsmengen im Jahr 2025 einem Wert entsprechen, der sich aus einem linearen Reduktionspfad zwischen den Verpflichtungen für das Jahr 2020 und denen für das Jahr 2030 ergibt. Auf diese Weise fördert die angefochtene Richtlinie eine schrittweise und kontinuierliche Verringerung der Emissionen.

    103

    In Anbetracht all dieser Erwägungen ist nicht ersichtlich, dass der Unionsgesetzgeber einen offensichtlichen Fehler begangen hätte, als er die Mitgliedstaaten verpflichtete, ihre jährlichen anthropogenen Emissionen von Schwefeldioxid, Stickstoffoxiden, flüchtigen organischen Verbindungen außer Methan, Ammoniak und Feinstaub zumindest im Einklang mit ihren in Anhang II der angefochtenen Richtlinie erwähnten, für den Zeitraum von 2020 bis 2029 und ab 2030 geltenden nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen zu begrenzen.

    104

    Das Vorbringen der Republik Polen, dass die negativen Auswirkungen, die sich für sie aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen in den Bereichen Landwirtschaft und Verkehr sowie für Haushalte mit niedrigem Einkommen ergäben, unverhältnismäßig seien, vermag diese Feststellung nicht zu entkräften.

    105

    Mit dem Parlament und dem Rat ist nämlich festzustellen, dass die angefochtene Richtlinie, wie sich aus ihrem 19. Erwägungsgrund ergibt, weder bestimmt, wie die Kosten der Erfüllung der Emissionsreduktionsverpflichtungen aufzuteilen sind, noch aus welcher Quelle sie finanziert werden sollen.

    106

    Abgesehen davon ist der Unionsgesetzgeber nicht verpflichtet, die besondere Situation eines Mitgliedstaats zu berücksichtigen, wenn der betreffende Unionsrechtsakt Auswirkungen in allen Mitgliedstaaten hat und die Wahrung eines Gleichgewichts zwischen den verschiedenen betroffenen Interessen unter Berücksichtigung der mit dem Rechtsakt verfolgten Ziele voraussetzt. Der Versuch, ein solches Gleichgewicht herzustellen, indem nicht die besondere Situation nur eines Mitgliedstaats, sondern die Situation aller Mitgliedstaaten der Union berücksichtigt wird, kann daher für sich genommen nicht als Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Juni 2018, Polen/Parlament und Rat, C‑5/16, EU:C:2018:483, Rn. 167).

    107

    Insoweit haben das Parlament und der Rat, wie sich bereits aus den Rn. 32 bis 40 des vorliegenden Urteils ergibt, die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kosten, die die Umsetzung der angefochtenen Richtlinie insbesondere für die Republik Polen mit sich bringt, nicht außer Acht gelassen. Vielmehr sind diese Organe auf der Grundlage sämtlicher Informationen, über die sie verfügten, davon ausgegangen, dass die Kosten im Zusammenhang mit der Umsetzung dieser Richtlinie deutlich geringer sind als der sich daraus ergebende gesellschaftliche und wirtschaftliche Nutzen. Zu diesen Vorteilen zählen z. B. die Verringerung der Kosten der Gesundheitsfürsorge, die Verbesserung der Produktivität, die Reduzierung von Schäden an Gebäuden, ertragreichere Ernten und die Erhöhung der Zahl der zu erwartenden gesunden Lebensjahre.

    108

    Außerdem geht aus den Erwägungsgründen 9 und 10 dieser Richtlinie hervor, dass diese dazu beitragen soll, die im Unionsrecht verankerten Luftqualitätsziele auf kosteneffiziente Weise zu erreichen und durch Verbesserung des Wohlbefindens der Unionsbürger die durch Luftverschmutzung bedingten Gesundheitskosten in der Union zu senken.

    109

    Wie aus Rn. 34 des vorliegenden Urteils hervorgeht, wurden in der Folgenabschätzung die jeweiligen Kosten und Vorteile ausgewiesen, die mit fünf strategischen Optionen verbunden waren. Wie der Rat bestätigt, wurde die Option „6C“ ausgewählt. Aus Anhang 7 der Folgenabschätzung ergibt sich insbesondere, dass diese Option unter dem Gesichtspunkt des Kosten/Nutzen-Vergleichs diejenige war, deren Umsetzung den höchsten Nettonutzen zu erbringen versprach. Wie die Kommission ausführt, sah die Option 6C vor, die globale Emissionsreduktionsverpflichtung für das Jahr 2025 in einer Höhe festzulegen, die einer Schließung der Lücke (gap closure), bezogen auf die WHO-Richtwerte in Bezug auf die Auswirkungen von Feinstaub (PM2,5) auf die menschliche Gesundheit, um 75 % entspricht.

    110

    Wie die Kommission ferner ausführt, sah der Richtlinienvorschlag eine weniger ehrgeizige Lückenschließung um 67 % über einen längeren Zeitraum vor, d. h. bis 2030, von der angenommen wurde, dass sie zum einen die Kostenbelastung der beiden am stärksten betroffenen Wirtschaftszweige, der Landwirtschaft und der Erdölraffinerien, um 40 % und zum anderen die Kosten für die Verringerung der Luftverunreinigung um 25 % im Vergleich zu den in der Folgenabschätzung angegebenen Kosten vermindern könne.

    111

    Im Lauf der Verhandlungen im Rat wurde die Gesamthöhe der Emissionsreduktionsverpflichtungen weiter herabgesetzt, was die Republik Polen in ihrer Klageschrift selbst eingeräumt hat. Wie auch die Kommission bestätigt hat, sah der Richtlinienvorschlag nämlich als allgemeines Ziel für das Jahr 2030 und die Folgejahre eine Verringerung vorzeitiger Todesfälle aufgrund schlechter Luftqualität in Europa um 52 % im Vergleich zu der im Laufe des Jahres 2005 festgestellten Zahl solcher Todesfälle vor. Im Lauf der Verhandlungen im Rat wurde dieses Ziel auf 49,6 % gesenkt. Auf dieser Grundlage nahm das Parlament am 23. November 2016 seinen Standpunkt zum Richtlinienvorschlag an, den der Rat am 8. Dezember 2016 billigte.

    112

    Außerdem ergibt sich aus Kapitel 6 und Anhang 8 der Folgenabschätzung, dass die Lastenverteilung auf die Mitgliedstaaten nicht offensichtlich unausgewogen ist. Zwar beliefen sich die erwarteten Investitionen zur Erreichung der in der Option 6C festgelegten Ziele in Schweden auf 0,003 % des BIP und in Bulgarien auf 0,168 % des BIP. Diese Differenz spiegelt aber zugleich die unterschiedlichen BIP-Niveaus innerhalb der Union als auch die in bestimmten Mitgliedstaaten bereits unternommenen Anstrengungen wider. Hierzu weist der Rat zu Recht darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen den historischen Emissionsmengen und dem Umfang der aufgrund der angefochtenen Richtlinie erforderlichen Anstrengungen im Einklang mit dem Verursacherprinzip steht.

    113

    Im Übrigen genügt die Feststellung, dass die Republik Polen sich darauf beschränkt, die hohen Kosten zu kritisieren, die sich aus den nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen ergeben, ohne den in Rn. 107 des vorliegenden Urteils dargelegten Nutzen zu berücksichtigen. Sie hat auch weder dargetan, dass diese Verpflichtungen über das hinausgingen, was angesichts der Ziele der angefochtenen Richtlinie notwendig sei, noch Anhaltspunkte dafür geliefert, dass diese Ziele auch durch weniger belastende Verpflichtungen hätten erreicht werden können.

    114

    Die Beanstandungen der Republik Polen in Bezug auf die Wahl des Jahres 2030 als Zeitpunkt des Beginns verschärfter Emissionsreduktionen sind aus denselben Gründen wie den in Rn. 113 des vorliegenden Urteils genannten zurückzuweisen. Insbesondere reicht der Umstand, dass eine Aufschiebung dieses Zeitpunkts eine Verteilung der Kosten über einen größeren Zeitraum ermöglicht hätte, nicht aus, um festzustellen, dass die Wahl des Unionsgesetzgebers offensichtlich unverhältnismäßige Folgen für diesen Mitgliedstaat mit sich bringe. Das Gleiche gilt für die Annahme, dass der Preis der Technologien, mit denen sich die unter die angefochtene Richtlinie fallenden Emissionen reduzieren lassen, im Lauf der Zeit sinken könnte.

    115

    Die gleichen Erwägungen gelten sinngemäß auch für die Behauptung, dass die Verpflichtung, die Emissionen gemäß Art. 4 Abs. 2 der angefochtenen Richtlinie nach Maßgabe eines linearen Reduktionspfads zu verringern, für die Republik Polen eine unverhältnismäßige zusätzliche Belastung darstelle. Die Republik Polen trägt nichts vor, was darauf schließen lässt, dass der Unionsgesetzgeber einen offenkundigen Fehler begangen hat, indem er einen Mechanismus einführte, der die Emissionen – von dem für das Jahr 2020 vorgesehenen Niveau ausgehend – schrittweise weiter verringern soll, um konkrete Fortschritte in Richtung auf die für den Zeitraum nach 2030 vorgesehenen Emissionsmengen sicherzustellen.

    116

    Was im Übrigen das Vorbringen betrifft, diese Verpflichtung zur schrittweisen Verringerung schränke den Handlungsspielraum der Mitgliedstaaten übermäßig ein, genügt in Anbetracht der Rechtsnatur der Richtlinien, wie sie sich aus Art. 288 AEUV ergibt, die Feststellung, dass die angefochtene Richtlinie zwar verbindliche Verpflichtungen vorsieht, den Mitgliedstaaten jedoch die Wahl der Mittel zu ihrer Erfüllung überlässt. Jedenfalls betrifft der vierte Klagegrund der Republik Polen die Verhältnismäßigkeit der angefochtenen Richtlinie und nicht einen Verstoß gegen Art. 296 Abs. 1 AEUV über die Rechtsakte der Union.

    117

    Soweit die Republik Polen geltend macht, dass die angefochtene Richtlinie ihr eine höhere Last als den anderen Mitgliedstaaten auferlege, versucht sie in Wirklichkeit einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichheit der Mitgliedstaaten vor den Verträgen darzutun, der im Rahmen des fünften Klagegrundes zu prüfen ist.

    118

    Nach alledem ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen.

    Fünfter Klagegrund

    Vorbringen der Parteien

    119

    Mit ihrem fünften Klagegrund rügt die Republik Polen einen Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichheit der Mitgliedstaaten vor den Verträgen und der ausgewogenen Entwicklung, weil die in der angefochtenen Richtlinie vorgesehenen nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen festgesetzt worden seien, ohne die wirtschaftliche und soziale Lage, den technologischen Fortschritt und die Kosten der Umsetzung dieser Verpflichtungen in den einzelnen Mitgliedstaaten und Regionen der Union zu berücksichtigen.

    120

    Zur Stützung dieses Klagegrundes beruft sich die Republik Polen auf Art. 4 Abs. 2 EUV und Art. 191 AEUV über die Gleichheit der Mitgliedstaaten vor den Verträgen bzw. über die ausgewogene Entwicklung der Regionen und bezieht sich insoweit auf das Urteil vom 14. Juli 1998, Safety Hi-Tech (C‑284/95, EU:C:1998:352, Rn. 36 und 37). In diesem Urteil habe der Gerichtshof entschieden, dass die Ziele, Grundsätze und Kriterien des Art. 191 AEUV als einander gleichwertig zu betrachten seien und so weit wie möglich berücksichtigt werden müssten. Die Art. 37 und 51 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verlangten ebenfalls, bei der Gestaltung der Umweltpolitik der Union den Grundsatz der ausgewogenen Entwicklung zu beachten.

    121

    Zur Erfüllung dieser Pflichten genüge es nicht, die einen Mitgliedstaat betreffenden sozioökonomischen Daten selektiv, lückenhaft und vereinfacht zu berücksichtigen. Die angefochtene Richtlinie nehme auch keine Interessenabwägung vor, nämlich zwischen dem Umweltschutz einerseits und der wirtschaftlichen Entwicklung der einzelnen Regionen der Union andererseits. Vielmehr bringe sie die Gefahr mit sich, in Polen die Wettbewerbsfähigkeit zu verringern, zu einem sinkenden Lebensstandard zu führen und die Armut zu verschärfen, was der Kohäsionspolitik der Union zuwiderlaufe.

    122

    Außerdem beliefen sich die Kosten der Umsetzung der nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen in Polen auf ungefähr 543 Mio. Euro pro Jahr. Diese Schätzung liege nahe an den 557 Mio. Euro jährlich, die das IIASA für das Jahr 2015 errechnet habe, und entspreche ungefähr einem Viertel der Gesamtkosten der Umsetzung der Verpflichtungen innerhalb der Union. Dieser Betrag komme zu den Kosten der Umsetzung der Richtlinie 2008/50 hinzu. Die Republik Polen bestreitet zwar nicht die Notwendigkeit, die unter die angefochtene Richtlinie fallenden Emissionen zu reduzieren, ist aber der Auffassung, dass die Umsetzung dieser Richtlinie, was Polen betreffe, zu einer unverhältnismäßigen Belastung führe, weil die damit verbundenen Kosten in Polen fast 15 Euro pro Monat und Einwohner betrügen, während sie in den wohlhabenden Mitgliedstaaten wie dem Königreich Spanien, der Französischen Republik und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland unter 3 Euro lägen.

    123

    Diese unverhältnismäßige Belastung belege, dass die zur Bestimmung der nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen verwendete Methode die mit der Umsetzung der angefochtenen Richtlinie einhergehenden Kosten nicht berücksichtigt habe. Das historische Niveau der von dieser Richtlinie erfassten Emissionen könne unverhältnismäßig hohe Kosten, die ohnehin gegen den Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung verstießen, nicht rechtfertigen. Die Bezugnahme auf dieses historische Niveau verkenne zudem die seit etlichen Jahren erheblich verbesserte Luftqualität in diesem Mitgliedstaat.

    124

    Außerdem stünden die Erwägungsgründe 9 und 13 der angefochtenen Richtlinie der Auferlegung von Verpflichtungen entgegen, die mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden seien. Art. 84 des Beschlusses Nr. 1386/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 über ein allgemeines Umweltaktionsprogramm der Union für die Zeit bis 2020 „Gut leben innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten“ (ABl. 2013, L 354, S. 171) bestätige diese Feststellung.

    125

    Darüber hinaus habe die Folgenabschätzung den Auswirkungen der aus Drittländern stammenden grenzüberschreitenden Verschmutzung nicht gebührend Rechnung getragen, insbesondere, weil die von der Ukraine und der Republik Belarus gelieferten relevanten Daten unvollständig seien. Die grenzüberschreitende Verschmutzung drohe die Bemühungen der Republik Polen um Einhaltung ihrer Verpflichtungen im Rahmen der angefochtenen Richtlinie aber zunichte zu machen, was zu einer Ungleichbehandlung der an Drittländer angrenzenden Mitgliedstaaten im Vergleich zu den anderen Mitgliedstaaten führe und dem Verursacherprinzip zuwiderlaufe.

    126

    Das Parlament und der Rat beantragen, den fünften Klagegrund zurückzuweisen.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    127

    Mit ihrem fünften Klagegrund macht die Republik Polen erstens im Wesentlichen geltend, dass die Kosten der Umsetzung der angefochtenen Richtlinie in Polen erheblich höher seien als in anderen Mitgliedstaaten. Dieser Unterschied sei unverhältnismäßig und verstoße gegen den in Art. 4 Abs. 2 EUV, in Art. 191 Abs. 3 AEUV und in Art. 37 der Charta verankerten Grundsatz der Gleichheit der Mitgliedstaaten vor den Verträgen. Die beiden letztgenannten Bestimmungen erforderten u. a. die Berücksichtigung der ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung der Regionen der Union.

    128

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 191 Abs. 2 AEUV bestimmt, dass die Umweltpolitik der Union „auf ein hohes Schutzniveau“ unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Regionen der Union abzielt. Im gleichen Sinne sieht Art. 3 Abs. 3 EUV vor, dass die Union insbesondere auf „ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität“ hinwirkt (Urteil vom 21. Dezember 2016, Associazione Italia Nostra Onlus, C‑444/15, EU:C:2016:978, Rn. 42).

    129

    Art. 37 der Charta sieht vor, dass ein „hohes Umweltschutzniveau und die Verbesserung der Umweltqualität … in die Politik der Union einbezogen und nach dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung sichergestellt werden [müssen]“.

    130

    Art. 52 Abs. 2 der Charta bestimmt, dass die Ausübung der durch sie anerkannten Rechte, die in den Verträgen geregelt sind, im Rahmen der in den Verträgen festgelegten Bedingungen und Grenzen erfolgt. Dies gilt auch für Art. 37 der Charta, der im Wesentlichen auf Art. 3 Abs. 3 EUV und auf den Art. 11 und 191 AEUV beruht (Urteil vom 21. Dezember 2016, Associazione Italia Nostra Onlus, C‑444/15, EU:C:2016:978, Rn. 62).

    131

    Folglich ist das Vorbringen der Republik Polen zur Charta im Licht der Voraussetzungen und Grenzen zu prüfen, die sich aus Art. 191 AEUV ergeben.

    132

    Auch wenn feststeht, dass Art. 191 Abs. 2 AEUV verlangt, dass die Umweltpolitik der Union auf ein hohes Schutzniveau abzielt, muss dieses, um mit dieser Bestimmung in Einklang zu stehen, nicht unbedingt das in technischer Hinsicht höchstmögliche sein (Urteil vom 21. Dezember 2016, Associazione Italia Nostra Onlus, C‑444/15, EU:C:2016:978, Rn. 44).

    133

    Art. 191 AEUV sieht nämlich eine Reihe von Zielen, Grundsätzen und Kriterien vor, die der Unionsgesetzgeber im Rahmen der Durchführung der Umweltpolitik zu beachten hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juli 1998, Safety Hi-Tech, C‑284/95, EU:C:1998:352, Rn. 36).

    134

    Insbesondere ergibt sich aus Art. 191 Abs. 3 AEUV, dass die Union bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten, die Umweltbedingungen in den einzelnen Regionen der Union, die Vorteile und die Belastung aufgrund des Tätigwerdens bzw. eines Nichttätigwerdens, die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Union insgesamt sowie die ausgewogene Entwicklung ihrer Regionen berücksichtigt.

    135

    Da jedoch bestimmte dieser Ziele und Grundsätze gegeneinander abgewogen werden müssen und die Anwendung der Kriterien komplex ist, muss sich die gerichtliche Nachprüfung zwangsläufig auf die Frage beschränken, ob der Unionsgesetzgeber hinsichtlich der Anwendungsvoraussetzungen des Art. 191 AEUV einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat (Urteile vom 14. Juli 1998, Safety Hi-Tech, C‑284/95, EU:C:1998:352, Rn. 37, und vom 21. Dezember 2016, Associazione Italia Nostra Onlus, C‑444/15, EU:C:2016:978, Rn. 46).

    136

    Wie sich insbesondere aus den Rn. 32 bis 40 des vorliegenden Urteils ergibt, hat der Unionsgesetzgeber die angefochtene Richtlinie unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Daten erlassen, darunter u. a. der Angaben über die Kosten ihrer Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten und der daraus resultierenden Vorteile. Ferner hat er eine Wahl zwischen mehreren Optionen getroffen, um sich für diejenige zu entscheiden, die den höchsten Nettonutzen zu erbringen verspricht.

    137

    Darüber hinaus hat der Unionsgesetzgeber, wie vor allem in den Rn. 101 und 112 des vorliegenden Urteils bereits ausgeführt, dem Emissionsreduktionspotenzial in den einzelnen Mitgliedstaaten gebührend Rechnung getragen und sich um eine ausgewogene Aufteilung der Anstrengungen unter ihnen bemüht.

    138

    Damit ist der Unionsgesetzgeber seiner Pflicht gemäß Art. 191 Abs. 3 AEUV nachgekommen. Er hat nämlich auf der Grundlage der verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten der ausgewogenen Entwicklung der Union und ihrer Regionen tatsächlich Rechnung getragen, indem er insbesondere die Kosten der Umsetzung der angefochtenen Richtlinie in jedem Mitgliedstaat und den daraus zu erwartenden Nutzen berücksichtigt hat.

    139

    Diese Feststellung wird durch die in Rn. 106 des vorliegenden Urteils wiedergegebene Rechtsprechung untermauert, nach der das Bemühen des Unionsgesetzgebers, ein solches Gleichgewicht nicht anhand der besonderen Situation nur eines Mitgliedstaats, sondern anhand der Situation aller Mitgliedstaaten herzustellen, nicht als Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angesehen werden kann.

    140

    Zweitens macht die Republik Polen geltend, dass einige ihrer sozioökonomischen Sektoren und ihrer Regionen, z. B. der Agrarsektor und die ländlichen Gebiete, durch die finanziellen Verpflichtungen, die sich aus den nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen ergäben, besonders stark betroffen würden. Hierzu genügt der Hinweis, dass, wie sich aus Rn. 105 des vorliegenden Urteils ergibt, weder die Aufteilung der mit der Erfüllung dieser Verpflichtungen verbundenen Kosten noch ihre Finanzierungsquelle durch die angefochtene Richtlinie festgelegt wurden und deren Durchführung Sache der Mitgliedstaaten ist.

    141

    Außerdem kann der Umstand, dass die Republik Polen zu den Mitgliedstaaten zählt, die zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen im Rahmen der angefochtenen Richtlinie die größten finanziellen Investitionen vornehmen müssen, für sich genommen nicht bedeuten, dass diese Richtlinie diesem Mitgliedstaat oder den Regionen ihres Hoheitsgebiets eine unverhältnismäßige Belastung auferlegt.

    142

    Was drittens das Vorbringen betrifft, die grenzüberschreitende Verschmutzung sei unberücksichtigt geblieben, genügt die Feststellung, dass die Republik Polen keine Angaben liefert, die ihre Kritik untermauern könnten. Insbesondere erläutert dieser Mitgliedstaat nicht, aus welchen Gründen die grenzüberschreitende Verschmutzung entscheidende Auswirkungen auf die unter die angefochtene Richtlinie fallenden, im polnischen Hoheitsgebiet erzeugten Emissionen und somit auf die Festlegung ihrer Verpflichtungen zu deren Reduzierung haben soll.

    143

    Aus Art. 1 Abs. 1 und aus Art. 2 Abs. 1 der angefochtenen Richtlinie folgt nämlich, dass diese für Emissionen der in Anhang I genannten Schadstoffe „aus sämtlichen Quellen im Gebiet der Mitgliedstaaten“ gilt und die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten festlegt, diese Emissionen zu reduzieren. Wie im 14. Erwägungsgrund dieser Richtlinie ausgeführt, beruhen diese ab 2030 geltenden Verpflichtungen auf dem geschätzten Reduktionspotenzial jedes Mitgliedstaats sowie auf dem politischen Ziel, die gesundheitlichen Auswirkungen der Verschmutzung zu reduzieren.

    144

    Mit ihrer Behauptung, die grenzüberschreitende Verschmutzung mache die ihr im Rahmen der angefochtenen Richtlinie obliegenden Anstrengungen zunichte, vermag die Republik Polen auch keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung darzutun, weil sie keine näheren Angaben zur Stützung dieses Vorbringens macht, zumindest keine, die es ermöglichen würden, seine Begründetheit zu beurteilen.

    145

    Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass der Unionsgesetzgeber hinsichtlich der Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 191 AEUV keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat.

    146

    Aus den gleichen Gründen ist das Vorbringen der Republik Polen zurückzuweisen, die angefochtene Richtlinie verstoße gegen den Grundsatz der Gleichheit der Mitgliedstaaten vor den Verträgen.

    147

    Der fünfte Klagegrund ist daher insgesamt zurückzuweisen.

    148

    Da keiner der von der Republik Polen geltend gemachten Klagegründe begründet ist, ist die Klage insgesamt abzuweisen.

    Kosten

    149

    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Parlament und der Rat beantragt haben, die Republik Polen zur Tragung der Kosten zu verurteilen, und diese mit ihren Klagegründen unterlegen ist, sind ihr außer ihren eigenen Kosten die Kosten dieser beiden Organe aufzuerlegen.

    150

    Nach Art. 140 Abs. 1 dieser Verfahrensordnung tragen Ungarn, Rumänien und die Kommission ihre eigenen Kosten.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

     

    1.

    Die Klage wird abgewiesen.

     

    2.

    Die Republik Polen trägt die Kosten des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union.

     

    3.

    Ungarn und Rumänien sowie die Europäische Kommission tragen ihre eigenen Kosten.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Polnisch.

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