EUR-Lex Der Zugang zum EU-Recht

Zurück zur EUR-Lex-Startseite

Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 62012CJ0591

Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 8. Mai 2014.
Bimbo SA gegen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM).
Rechtsmittel – Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Wortmarke BIMBO DOUGHNUTS – Ältere spanische Wortmarke DOGHNUTS – Relative Eintragungshindernisse – Verordnung (EG) Nr. 40/94 – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b – Umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr – Selbständig kennzeichnende Stellung eines Bestandteils in einer zusammengesetzten Wortmarke.
Rechtssache C‑591/12 P.

Sammlung der Rechtsprechung – allgemein

ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2014:305

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

8. Mai 2014 ( *1 )

„Rechtsmittel — Gemeinschaftsmarke — Widerspruchsverfahren — Anmeldung der Wortmarke BIMBO DOUGHNUTS — Ältere spanische Wortmarke DOGHNUTS — Relative Eintragungshindernisse — Verordnung (EG) Nr. 40/94 — Art. 8 Abs. 1 Buchst. b — Umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr — Selbständig kennzeichnende Stellung eines Bestandteils in einer zusammengesetzten Wortmarke“

In der Rechtssache C‑591/12 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 10. Dezember 2012,

Bimbo SA mit Sitz in Barcelona (Spanien), Prozessbevollmächtigte: C. Prat, abogado, und R. Ciullo, Barrister,

Klägerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch A. Folliard-Monguiral und J. Crespo Carrillo als Bevollmächtigte,

Beklagter im ersten Rechtszug,

Panrico SA mit Sitz in Esplugues de Llobregat (Spanien), Prozessbevollmächtigter: D. Pellisé Urquiza, abogado,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, G. Arestis, J.‑C. Bonichot und A. Arabadjiev (Berichterstatter),

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. November 2013,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. Januar 2014

folgendes

Urteil

1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Bimbo SA (im Folgenden: Bimbo) die Aufhebung des Urteils Bimbo/HABM – Panrico (BIMBO DOUGHNUTS) (T‑569/10, EU:T:2012:535, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht der Europäischen Union ihre Klage auf Abänderung, hilfsweise Aufhebung der Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 7. Oktober 2010 (Sache R 838/2009‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Panrico SA (im Folgenden: Panrico) und Bimbo abgewiesen hat (im Folgenden: streitige Entscheidung).

Rechtlicher Rahmen

2

Die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) wurde aufgehoben und ersetzt durch die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1). Die letztgenannte Verordnung trat am 13. April 2009 in Kraft.

3

Art. 8 („Relative Eintragungshindernisse“) Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 bestimmte:

„Auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen,

b)

wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird …“

Vorgeschichte des Rechtsstreits

4

Die Vorgeschichte des Rechtsstreits wird in den Rn. 1 bis 14 des angefochtenen Urteils wie folgt zusammengefasst:

„1

Am 25. Mai 2006 meldete [Bimbo] beim [HABM] nach der Verordnung Nr. 40/94 in geänderter Fassung [ersetzt durch die Verordnung Nr. 207/2009] eine Gemeinschaftsmarke an.

2

Dabei handelte es sich um das Wortzeichen ‚BIMBO DOUGHNUTS‘.

3

Die Eintragung wurde für Waren der Klasse 30 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung beantragt, die folgender Beschreibung entsprechen: ‚Feine Backwaren und andere Bäckereierzeugnisse, insbesondere Krapfen‘.

4

Die Gemeinschaftsmarkenanmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 42/2006 vom 16. Oktober 2006 veröffentlicht.

5

Am 16. Januar 2007 erhob [Panrico] gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke hinsichtlich der oben in Randnr. 3 genannten Waren.

6

Der Widerspruch war auf mehrere ältere nationale und internationale Wort- und Bildmarken gestützt. Insbesondere wurde er auf die spanische Wortmarke DOGHNUTS, eingetragen am 18. Juni 1994 unter der Nr. 1288926 für Waren der Klasse 30, die folgender Beschreibung entsprechen, gestützt: ‚Konditorei- und Bäckereierzeugnisse und ‑zubereitungen sowie Erzeugnisse und Zubereitungen für Süßwaren und feine Backwaren aller Art; Zucker, Schokolade, Tee, Kakao, Kaffee und deren Ersatzmittel; Vanille, Essenzen sowie Erzeugnisse und Zubereitungen für Karamellcreme und Kuchen; Esswaren auf der Grundlage von Schokolade und Zucker, Speiseeis, Kandiszucker, Schokoladen, Krapfen in runder Form, Kaugummi und Kekse‘.

7

Für den Widerspruch wurden die Widerspruchsgründe des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und des Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 geltend gemacht.

8

Am 25. Mai 2009 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch statt.

9

Am 24. Juli 2009 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM Beschwerde ein.

10

Mit [der streitigen Entscheidung] wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM [(im Folgenden: Beschwerdekammer)] die Beschwerde zurück. Wie die Widerspruchsabteilung beschränkte sich die Beschwerdekammer darauf, die angemeldete Marke mit der älteren spanischen Wortmarke DOGHNUTS (im Folgenden: ältere Marke) zu vergleichen, und nahm auf dieser Grundlage Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 an.

11

Die Beschwerdekammer führte aus, dass das Wort ‚doughnut‘ ein englisches Wort sei und ‚kleiner weicher Kuchen in Form eines dicken Ringes aus Teig‘ bedeute. Dieses Wort gebe es in der spanischen Sprache nicht, in der die entsprechenden Ausdrücke ‚dónut‘ oder ‚rosquilla‘ seien. Für den durchschnittlichen spanischen Verbraucher (mit Ausnahme der Englisch sprechenden Verbraucher) beschreibe das Wort ‚doughnut‘ weder die in Rede stehenden Erzeugnisse noch ihre Eigenschaften und besitze keine besondere Konnotation in Bezug auf diese. Das ältere Zeichen werde wie das angemeldete Zeichen von den meisten Verbrauchern als ausländischer oder Phantasiebegriff aufgefasst.

12

Die Beschwerdekammer nahm ferner an, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen ähnlich seien, da die ältere Marke in fast identischer Weise in die Anmeldemarke einbezogen worden sei. Die fraglichen Marken wiesen einen mittleren Grad an bildlicher und klanglicher Ähnlichkeit auf. Ein begrifflicher Vergleich sei nicht möglich.

13

Die von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren seien identisch. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke sei durchschnittlich.

14

Die Beschwerdekammer gelangte zu dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft bei einer umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr wegen des durchschnittlichen Grades der bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit der Zeichen bei den maßgeblichen Verbraucherkreisen Verwechslungsgefahr bei allen beanspruchten Erzeugnissen bestehe, die für identisch befunden wurden.“

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

5

Bimbo erhob Klage auf Abänderung der streitigen Entscheidung, hilfsweise auf deren Aufhebung.

6

Bimbo stützte ihre Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung auf zwei Gründe, erstens einen Verstoß gegen die Art. 75 und 76 der Verordnung Nr. 207/2009 und zweitens einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung.

7

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht den Antrag auf Abänderung der streitigen Entscheidung für unzulässig erklärt und die auf Aufhebung dieser Entscheidung gerichteten Klagegründe zurückgewiesen.

Anträge der Parteien

8

Bimbo beantragt, das angefochtene Urteil sowie die streitige Entscheidung aufzuheben und dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

9

Das HABM beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und Bimbo die Kosten aufzuerlegen.

10

Panrico beantragt, ihre Rechtsmittelbeantwortung für zulässig und begründet zu erklären, das angefochtene Urteil zu bestätigen und Bimbo die Kosten aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

11

Bimbo stützt ihr Rechtsmittel auf einen einzigen, in zwei Teile gegliederten Rechtsmittelgrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gerügt wird.

12

Da im vorliegenden Fall die Anmeldung der streitigen Gemeinschaftsmarke am 25. Mai 2006 eingereicht wurde und dieser Zeitpunkt für die Feststellung des anwendbaren materiellen Rechts maßgebend ist (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse Shah/Three‑N‑Products Private, C‑14/12 P, EU:C:2013:349, Rn. 2, und DMK/HABM, C‑346/12 P, EU:C:2013:397, Rn. 2), gelten für den vorliegenden Rechtsstreit zum einen die Verfahrensbestimmungen der Verordnung Nr. 207/2009 und zum anderen die materiell-rechtlichen Bestimmungen der Verordnung Nr. 40/94.

Zum ersten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes

Vorbringen der Parteien

13

Bimbo macht zuerst geltend, dass das Gericht in seinen Erwägungen in Rn. 97 des angefochtenen Urteils die Begriffe „Kennzeichnungskraft“ und „Bestandteil ohne jegliche Aussagekraft“ einerseits sowie „selbständig kennzeichnende Stellung“ andererseits miteinander verwechselt habe. Weder die einem Bestandteil einer zusammengesetzten Marke innewohnende Kennzeichnungskraft noch der Grad der Kennzeichnungskraft dürften mit der kennzeichnenden Stellung dieses Bestandteils in dieser Marke verwechselt werden. Der Begriff „Stellung“ deute darauf hin, dass es sich um einen Begriff handele, der anhand der Merkmale der anderen Bestandteile, aus denen sich das betreffende Zeichen zusammensetzte, beurteilt werden müsse.

14

Sodann hätten die Ausführungen des Gerichts zur Folge, dass jede aus zwei Bestandteilen zusammengesetzte Marke, von denen der erste Bestandteil eine bekannte Marke und der andere eine Marke mit durchschnittlicher Kennzeichnungskraft und ohne Aussagekraft für das maßgebliche Publikum sei, als Marke betrachtet werde, die sich aus zwei Bestandteilen mit selbständiger Kennzeichnungskraft zusammensetze. Der Gerichtshof habe aber angenommen, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahrnehme, und habe nur in besonderen Fällen anerkannt, dass nicht auszuschließen sei, dass ein Bestandteil einer zusammengesetzten Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung in dem betreffenden zusammengesetzten Zeichen haben könne.

15

Im gleichen Sinne habe der Gerichtshof in Rn. 38 des Urteils Becker/Harman International Industries (C‑51/09 P, EU:C:2010:368) ausgeführt, dass in einer zusammengesetzten Marke ein Nachname nicht in jedem Fall eine selbständig kennzeichnende Stellung nur deshalb besitze, weil er als Nachname wahrgenommen werde. Die Feststellung, dass eine solche Stellung vorliege, könne nur auf der Grundlage einer Prüfung aller relevanten Faktoren des Einzelfalls getroffen werden.

16

Schließlich führt Bimbo aus, dass ihres Erachtens die vom Gericht verwendeten Begriffe „einheitliches Ganzes“ oder „logische Einheit“ in der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht vorkämen. Wenn das Gericht mit diesen Begriffen darauf abstelle, dass die zusammengesetzte Marke verschiedene „selbständige“ Bestandteile enthalte, bedeute dies nicht, dass diese eine selbständig kennzeichnende Stellung einnähmen.

17

Das HABM und Panrico halten das Vorbringen von Bimbo für unzutreffend. Insbesondere führt das HABM aus, dass der erste Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes unzulässig sei, da aus Rn. 97 des angefochtenen Urteils hervorgehe, dass sich das Gericht auf die Prüfung der konkreten Aussage des angemeldeten Zeichens beschränkt habe und damit eine Tatsachenwürdigung vorgenommen habe.

Würdigung durch den Gerichtshof

18

Zur Zulässigkeit des ersten Teils des einzigen geltend gemachten Rechtsmittelgrundes ist festzustellen, dass Bimbo rügt, das Gericht habe verschiedene Rechtsbegriffe miteinander verwechselt, die Regel verkannt, wonach die selbständig kennzeichnende Stellung eines Bestandteils einer zusammengesetzten Marke nur ausnahmsweise festgestellt werden könne, und eine andere Terminologie als die einschlägige Rechtsprechung verwendet. Infolgedessen begnügt sich Bimbo entgegen dem Vorbringen des HABM nicht damit, vom Gerichtshof eine neue Tatsachenwürdigung zu begehren, sondern rügt, dass das Gericht Rechtsfehler begangen habe. Somit ist dieser Teil des Rechtsmittelgrundes zulässig.

19

Zur Begründetheit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 dann vorliegt, wenn die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. Urteile HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 33, und Nestlé/HABM, C‑193/06 P, EU:C:2007:539, Rn. 32).

20

Das Bestehen einer Verwechslungsgefahr beim Publikum ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteile SABEL, C‑251/95, EU:C:1997:528, Rn. 22, HABM/Shaker, EU:C:2007:333, Rn. 34, und Nestlé/HABM, EU:C:2007:539, Rn. 33).

21

Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken in Bild, Klang oder Bedeutung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. in diesem Sinne Urteile SABEL, EU:C:1997:528, Rn. 23, HABM/Shaker, EU:C:2007:333, Rn. 35, und Nestlé/HABM, EU:C:2007:539, Rn. 34).

22

Die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken bedeutet nicht, dass nur ein Bestandteil einer komplexen Marke zu berücksichtigen und mit einer anderen Marke zu vergleichen wäre. Vielmehr sind die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen (Urteil HABM/Shaker, EU:C:2007:333, Rn. 41).

23

Unter Umständen könnten ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein. Allerdings kann es nur dann für die Beurteilung der Ähnlichkeit allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind (Urteile HABM/Shaker, EU:C:2007:333, Rn. 41 und 42, sowie Nestlé/HABM, EU:C:2007:539, Rn. 42 und 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24

Hierzu hat der Gerichtshof festgestellt, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass eine ältere Marke, die von einem Dritten in einem zusammengesetzten Zeichen benutzt wird, das die Unternehmensbezeichnung dieses Dritten enthält, eine selbständig kennzeichnende Stellung in dem zusammengesetzten Zeichen behält. Deshalb genügt für die Feststellung von Verwechslungsgefahr, dass das Publikum aufgrund der von der älteren Marke behaltenen selbständig kennzeichnenden Stellung auch den Inhaber dieser Marke mit der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen in Verbindung bringt, die von dem zusammengesetzten Zeichen erfasst werden (Urteil Medion, C‑120/04, EU:C:2005:594, Rn. 30 und 36, sowie Beschluss Perfetti Van Melle/HABM, C‑353/09 P, EU:C:2011:73, Rn. 36).

25

Ein Bestandteil eines zusammengesetzten Zeichens nimmt dagegen keine solche selbständig kennzeichnende Stellung ein, wenn dieser Bestandteil mit dem oder den anderen Bestandteilen des Zeichens in der Gesamtbetrachtung eine Einheit bildet, die einen anderen Sinn als diese Bestandteile einzeln betrachtet hat (vgl. in diesem Sinne Beschluss ecoblue/HABM und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, C‑23/09 P, EU:C:2010:35, Rn. 47, Urteil Becker/Harman International Industries, EU:C:2010:368, Rn. 37 und 38, sowie Beschluss Perfetti Van Melle/HABM, EU:C:2011:73, Rn. 36 und 37).

26

Im vorliegenden Fall hat das Gericht in den Rn. 79 und 81 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass, selbst wenn der Bestandteil „Bimbo“ eine dominierende Stellung in der Marke einnähme, der Bestandteil „doughnuts“ in dem durch diese Marke hervorgerufenen Gesamteindruck nicht vernachlässigt werden könne und daher beim Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken berücksichtigt werden müsse.

27

In Rn. 97 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, dass der Bestandteil „doughnuts“, da er ohne jede Aussagekraft für das maßgebliche Publikum sei, mit dem anderen Bestandteil dieser Marke in der Gesamtbetrachtung keine Einheit bilde, die einen anderen Sinn als diese Bestandteile einzeln betrachtet habe. Es hat daraus geschlossen, dass der Bestandteil „doughnuts“ eine selbständig kennzeichnende Stellung in der angemeldeten Marke einnehme und daher bei der umfassenden Betrachtung der Verwechslungsgefahr berücksichtigt werden müsse.

28

In Rn. 100 des angefochtenen Urteils hat das Gericht entschieden, dass die umfassende Beurteilung unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren des vorliegenden Falles das Ergebnis der Beschwerdekammer bestätige, wonach Verwechslungsgefahr vorliege.

29

Somit hat das Gericht eine Verwechslungsgefahr nicht aufgrund der bloßen Feststellung angenommen, dass der Bestandteil „doughnuts“ in der Anmeldemarke eine selbständig kennzeichnende Stellung einnehme, sondern diese von einer umfassenden Beurteilung hergeleitet, die die verschiedenen Phasen der Prüfung einschließt, die sich aus der in den Rn. 19 bis 25 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergeben und in deren Rahmen es die im vorliegenden Fall relevanten Faktoren berücksichtigt hat. Es hat auf diese Weise Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 zutreffend angewandt.

30

Diese Feststellung wird durch die weiteren Argumente von Bimbo nicht entkräftet.

31

Soweit Bimbo zunächst rügt, dass das Gericht in Rn. 97 des angefochtenen Urteils die Begriffe „Kennzeichnungskraft“ und „Bestandteil ohne jede Aussagekraft“ verwendet habe, genügt die Feststellung, dass sich das Gericht in dieser Randnummer darauf beschränkt hat, das Vorbringen von Bimbo zurückzuweisen, mit dem dargetan werden sollte, dass der Bestandteil „doughnuts“ bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht berücksichtigt werden dürfe, da er keine Kennzeichnungskraft habe.

32

Das Gericht hat auf diese Weise seine Beurteilung in Rn. 81 des angefochtenen Urteils vervollständigt, wonach dieser Bestandteil bei dem von der Anmeldemarke hervorgerufenen Gesamteindruck nicht vernachlässigt werden dürfe und daher beim Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken zu berücksichtigen sei. Damit hat es die in Rede stehenden Begriffe keineswegs verwechselt.

33

Soweit Bimbo sodann geltend macht, das Gericht habe die Regel nicht beachtet, wonach bei einem zusammengesetzten Zeichen die Feststellung der selbständig kennzeichnenden Stellung eines Bestandteils eine Ausnahme von der allgemeinen Regel, wonach der Verbraucher eine Marke regelmäßig als ein Ganzes wahrnehme, darstelle und als solche gebührend gerechtfertigt werden müsse, ist darauf hinzuweisen, dass die Prüfung, ob eine selbständig kennzeichnende Stellung eines der Bestandteile eines zusammengesetzten Zeichens vorliegt, der Bestimmung derjenigen Bestandteile dient, die von den angesprochenen Verkehrskreisen wahrgenommen werden.

34

Wie nämlich der Generalanwalt in den Nrn. 25 und 26 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist in jedem Einzelfall insbesondere mittels einer Analyse der Bestandteile eines Zeichens und deren jeweiligen Gewichts in der Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise der von dem angemeldeten Zeichen hervorgerufene Gesamteindruck, der dem Verbraucher im Gedächtnis bleibt, zu bestimmen, und anschließend ist im Licht dieses Gesamteindrucks und sämtlicher maßgeblicher Umstände des Einzelfalls die Verwechslungsgefahr zu beurteilen.

35

Zum einen erfolgt die Bestimmung der Bestandteile eines zusammengesetzten Zeichens, die zu dem von diesem Zeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck beitragen, vor der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr der in Rede stehenden Zeichen. Eine solche Beurteilung muss sich auf den von den einander gegenüberstehenden Marken hervorgerufenen Gesamteindruck stützen, da der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet, wie in Rn. 21 des vorliegenden Urteils angeführt worden ist. Daher ist nicht anzunehmen, dass es sich um eine Ausnahme von dieser allgemeinen Regel handelt, die gebührend gerechtfertigt werden müsste.

36

Zum anderen ist die Einzelbeurteilung jedes Zeichens nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs nach Maßgabe der besonderen Umstände des konkreten Falles vorzunehmen, und es gelten für sie daher keine allgemeinen Vermutungen. Wie der Generalanwalt in Nr. 24 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, geht insbesondere aus der Rechtsprechung nach dem Urteil Medion (EU:C:2005:594) hervor, dass der Gerichtshof in diesem Urteil keine Ausnahme von den für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr geltenden Grundsätzen aufgestellt hat.

37

Was schließlich die in Rn. 16 des vorliegenden Urteils zusammengefasste Argumentation angeht, ist festzustellen, dass die vom Gericht in Rn. 97 des angefochtenen Urteils verwendeten Begriffe „einheitliches Ganzes“ und „logische Einheit“ dem vom Gerichtshof in der in Rn. 25 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung verwendeten Begriff „Einheit, die einen anderen Sinn hat“, entspricht.

38

Nach alledem ist die Beurteilung, die das Gericht vorgenommen hat, nicht mit den von Bimbo gerügten Rechtsfehlern behaftet, so dass der erste Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen ist.

Zum zweiten Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes

Vorbringen der Parteien

39

Bimbo vertritt zunächst die Ansicht, das Gericht habe die Annahme einer Verwechslungsgefahr auf die Vermutung gestützt, dass der Bestandteil „doughnuts“ eine selbständig kennzeichnende Stellung einnehme, ohne die anderen spezifischen Umstände des vorliegenden Falles berücksichtigt zu haben.

40

Das Gericht habe nicht berücksichtigt, dass die Anmeldemarke durch ihren ersten Bestandteil, „bimbo“, gekennzeichnet werde, der in Spanien als Marke für die Waren, für die die Eintragung beantragt worden sei, sehr bekannt sei. Es habe auch nicht ausgeführt, dass die ältere Marke keine erhöhte oder besondere Kennzeichnungskraft besitze und dass der Begriff „doghnuts“ in der angemeldeten Marke nicht genau so wiedergegeben sei.

41

Sodann macht Bimbo geltend, dass die Stärke einer bekannten Marke, die der erste Bestandteil der zusammengesetzten Marke sei, es gewöhnlich ermögliche, zu verhindern, dass der von der zusammengesetzten Marke hervorgerufene Gesamteindruck von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Zuschreibung der Herkunft der betreffenden Waren zum Inhaber der älteren Marke oder zu mit diesem wirtschaftlich verbundenen Unternehmen aufgefasst werde.

42

Daher könne das Gericht eine Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Marken nur dann annehmen, wenn es rechtfertige, aus welchen Gründen die angemeldete Marke im vorliegenden Fall ausnahmsweise im Hinblick auf den Gesamteindruck, den sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorrufe, Anlass zur Verwechslungsgefahr biete.

43

Schließlich ist Bimbo der Auffassung, dass das Gericht bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht gebührend berücksichtigt habe, dass es entgegen den Gepflogenheiten in dem gewerblichen Sektor, um den es in der Rechtssache gegangen sei, in der das Urteil Medion (EU:C:2005:594) ergangen ist, im Bäckereisektor sehr ungewöhnlich sei, Handelsabsprachen zu treffen oder sich für das Angebot von Waren zusammenzuschließen.

44

Das HABM und Panrico treten dem Vorbringen von Bimbo entgegen.

Würdigung durch den Gerichtshof

45

Zunächst kann, wie der Generalanwalt in den Nrn. 37 bis 42 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, dem Gericht in Anbetracht seiner Ausführungen insbesondere in den Rn. 91 bis 100 des angefochtenen Urteils nicht vorgeworfen werden, dass es die Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen automatisch aus der Feststellung einer selbständig kennzeichnenden Stellung des Bestandteils „doughnuts“ in der angemeldeten Marke hergeleitet habe.

46

Aus diesen Randnummern geht nämlich hervor, dass das Gericht eine umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr vorgenommen und zu diesem Zweck die spezifischen Faktoren des vorliegenden Falles berücksichtigt hat. Ferner wird diese Beurteilung in den Rn. 52 bis 89 des angefochtenen Urteils auf eine eingehende Prüfung sämtlicher von Bimbo vorgetragenen Umstände und insbesondere auf die Bekanntheit dieser Marke gestützt. Das darauf bezogene Vorbringen von Bimbo vor dem Gerichtshof beruht somit auf einem unzutreffenden Verständnis dieses Urteils und ist aus diesem Grund zurückzuweisen.

47

Sodann beruht in Anbetracht der Feststellungen in den Rn. 33 und 34 das in den Rn. 41 und 42 des vorliegenden Urteils zusammengefasste Vorbringen auf einer unzutreffenden Auslegung der einschlägigen Rechtsprechung und ist aus diesem Grund zurückzuweisen.

48

Schließlich genügt in Bezug auf das in Rn. 43 des vorliegenden Urteils zusammengefasste Vorbringen von Bimbo die Feststellung, dass es, wie das HABM zu Recht geltend gemacht hat, erstmals vor dem Gerichtshof vorgetragen worden und daher nach ständiger Rechtsprechung als unzulässig zurückzuweisen ist.

49

Somit ist der zweite Teil des einzigen von Bimbo geltend gemachten Rechtsmittelgrundes als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet zurückzuweisen.

50

Infolgedessen ist der einzige Rechtsmittelgrund und somit das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Kosten

51

Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

52

Da Bimbo mit ihrem Vorbringen unterlegen ist und das HABM sowie Panrico einen entsprechenden Antrag gestellt haben, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

 

2.

Die Bimbo SA trägt die Kosten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.

nach oben