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Dokument 62006CJ0096
Judgment of the Court (Third Chamber) of 13 March 2008. # Viamex Agrar Handels GmbH v Hauptzollamt Hamburg-Jonas. # Reference for a preliminary ruling: Finanzgericht Hamburg - Germany. # Regulation (EC) No 615/98 - Directive 91/628/EEC - Export refunds - Refusal - Non-compliance with Directive 91/628/EEC - Adverse effect on animal welfare - Burden of proof - Lack of evidence. # Case C-96/06.
Urteil des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 13. März 2008.
Viamex Agrar Handels GmbH gegen Hauptzollamt Hamburg-Jonas.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Finanzgericht Hamburg - Deutschland.
Verordnung (EG) Nr. 615/98 - Richtlinie 91/628/EWG - Ausfuhrerstattungen - Ablehnung - Nichtbeachtung der Richtlinie 91/628/EWG - Beeinträchtigtes Wohlbefinden der Tiere - Beweislast - Fehlen von Beweisen.
Rechtssache C-96/06.
Urteil des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 13. März 2008.
Viamex Agrar Handels GmbH gegen Hauptzollamt Hamburg-Jonas.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Finanzgericht Hamburg - Deutschland.
Verordnung (EG) Nr. 615/98 - Richtlinie 91/628/EWG - Ausfuhrerstattungen - Ablehnung - Nichtbeachtung der Richtlinie 91/628/EWG - Beeinträchtigtes Wohlbefinden der Tiere - Beweislast - Fehlen von Beweisen.
Rechtssache C-96/06.
Sammlung der Rechtsprechung 2008 I-01413
ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2008:158
Parteien
Entscheidungsgründe
Tenor
In der Rechtssache C‑96/06
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 23. Januar 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Februar 2006, in dem Verfahren
Viamex Agrar Handels GmbH
gegen
Hauptzollamt Hamburg-Jonas
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter J. N. Cunha Rodrigues, J. Klučka (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh sowie der Richterin P. Lindh,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. März 2007,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der Viamex Agrar Handels GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt W. Schedl,
– des Hauptzollamts Hamburg-Jonas, vertreten durch G. Seber als Bevollmächtigte,
– der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch F. Erlbacher als Bevollmächtigten,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. November 2007
folgendes
Urteil
1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 der Kommission vom 18. März 1998 mit Durchführungsbestimmungen zur Ausfuhrerstattungsregelung in Bezug auf den Schutz lebender Rinder beim Transport (ABl. L 82, S. 19).
2. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Viamex Agrar Handels GmbH (im Folgenden: Viamex) und dem Hauptzollamt Hamburg‑Jonas über Erstattungen für die Ausfuhr lebender Rinder in den Libanon.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung Nr. 615/98
3. Nach Art. 13 Abs. 9 Unterabs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABl. L 148, S. 24) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2634/97 des Rates vom 18. Dezember 1997 (ABl. L 356, S. 13) geänderten Fassung setzt die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr von lebenden Tieren die Einhaltung der Vorschriften des Gemeinschaftsrechts zum Wohlbefinden der Tiere, insbesondere zum Schutz der Tiere während des Transports, voraus.
4. Die Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 805/68 in der durch die Verordnung Nr. 2634/97 geänderten Fassung wurden in der Verordnung Nr. 615/98 festgelegt.
5. Nach Art. 1 der Verordnung Nr. 615/98 setzt die Zahlung der Ausfuhrerstattungen für lebende Rinder voraus, dass während des Transports der Tiere bis zu ihrer ersten Entladung im Bestimmungsdrittland die Richtlinie 91/628/EWG des Rates vom 19. November 1991 über den Schutz von Tieren beim Transport sowie zur Änderung der Richtlinien 90/425/EWG und 91/496/EWG (ABl. L 340, S. 17) in der durch die Richtlinie 95/29/EG des Rates vom 29. Juni 1995 (ABl. L 148, S. 52) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 91/628) und die Verordnung Nr. 615/98 eingehalten werden.
6. Nach Art. 2 der Verordnung Nr. 615/98 werden die Tiere bei der Ausfuhr aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft kontrolliert. Von einem Amtstierarzt wird überprüft und bescheinigt, ob die Tiere im Sinne der Richtlinie 91/628 transportfähig sind, ob das Transportmittel, mit dem die Tiere aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden, den Erfordernissen dieser Richtlinie gerecht wird und ob Vorkehrungen zur Betreuung der Tiere während des Transports gemäß dieser Richtlinie getroffen sind.
7. Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 615/98 bestimmt:
„Stellt der amtliche Tierarzt an der Ausgangsstelle fest, dass die Voraussetzungen nach Absatz 2 erfüllt sind, bestätigt er dies durch den Vermerk
…
– Kontrolle nach Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 zufriedenstellend
…
und durch seinen Stempel und seine Unterschrift im Dokument über das Verlassen des Zollgebiets der Gemeinschaft entweder in Feld J des Kontrollexemplars T5 oder an geeigneter Stelle in der einzelstaatlichen Bescheinigung. Gegebenenfalls ist vom amtlichen Tierarzt die Zahl der Tiere anzugeben
– die nicht mehr transportfähig waren und daher aus der Lieferung entfernt wurden und/oder
– der Vermerk nach Artikel 3 Absatz 3.“
8. Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 615/98 sieht vor:
„Die mit der Kontrolle beauftragte Person erstellt einen Kontrollbericht, in dem Folgendes anzugeben ist:
– Zahl der aus dem Transportmittel entladenen lebenden Tiere;
– Zahl der unter dem ersten Gedankenstrich genannten Tiere, deren Zustand und/oder Gesundheit den Schluss rechtfertigt, dass die Gemeinschaftsvorschriften über den Schutz von Tieren beim Transport nicht eingehalten worden sind;
– ob die lebenden Tiere unter Quarantäne gestellt sind oder nicht.“
9. Art. 5 Abs. 1 der Verordnung Nr. 615/98 lautet:
„Der Ausführer teilt der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem die Ausfuhranmeldung angenommen wird, spätestens bei Einreichung der Ausfuhranmeldung alle erforderlichen Einzelheiten des Transports mit.
Gleichzeitig oder spätestens, wenn er davon Kenntnis erhält, teilt der Exporteur der zuständigen Behörde jeden möglicherweise beabsichtigten Wechsel des Transportmittels mit.“
10. Gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 615/98 ist der Antrag auf Zahlung der Ausfuhrerstattung durch den Nachweis der Einhaltung von Art. 1 dieser Verordnung zu vervollständigen, der durch die Vorlage des Kontrollexemplars T5 und des Kontrollberichts einer Kontrollgesellschaft unter Hinzufügung der tierärztlichen Bescheinigung erbracht wird.
11. Nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 615/98 wird die Ausfuhrerstattung jedoch nicht für Tiere gezahlt, die während des Transports verendet sind oder bei denen die zuständige Behörde aufgrund der Unterlagen nach Art. 5 Abs. 2, der Berichte über die Kontrolle nach Art. 4 dieser Verordnung und/oder sonstiger Informationen über die Einhaltung von Art. 1 dieser Verordnung zu dem Schluss gelangt, dass die Richtlinie 91/628 nicht eingehalten worden ist.
12. Art. 5 Abs. 6 der Verordnung Nr. 615/98 sieht vor:
„Kann die Kontrolle nach Artikel 3 Absatz 1 aus Gründen, die dem Ausführer nicht anzulasten sind, nicht vorgenommen werden, so kann die zuständige Behörde auf begründeten Antrag des Ausführers andere Dokumente akzeptieren, die den Schluss zulassen, dass die Richtlinie 91/628 eingehalten worden ist.“
Richtlinie 91/628
13. Nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. b und c der Richtlinie 91/628 tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass jede natürliche oder juristische Person, die Tiertransporte zu Erwerbszwecken durchführt, für den Tiertransport im Sinne der Richtlinie Transportmittel einsetzt, mit denen den im Anhang der Richtlinie vorgesehenen Anforderungen entsprochen werden kann, und Tiere nicht so befördert oder befördern lässt, dass sie verletzt werden können oder unnötig leiden müssen.
14. Nach Nr. 17 dieses Anhangs müssen die Schiffe so ausgerüstet sein, dass die Tiere transportiert werden können, ohne sich zu verletzen oder unnötig zu leiden.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
15. Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass Viamex am 8. März 1999 beim Hauptzollamt Kiel 35 lebende Rinder an Bord des Schiffes „Al Hajj Moustafa II“ (im Folgenden: Schiff) zur Ausfuhr anmeldete und hierfür beim Hauptzollamt Hamburg-Jonas (im Folgenden: Hauptzollamt) die Gewährung von Ausfuhrerstattung beantragte.
16. Mit Bescheid vom 1. Februar 2001 lehnte das Hauptzollamt diesen Antrag mit der Begründung ab, das Schiff sei zur Zeit des Transports auf einer von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften erstellten Negativliste von Schiffen geführt worden, die als nicht für den Transport von Lebendvieh geeignet qualifiziert worden seien (im Folgenden: Negativliste). Denn bei einer Überprüfung des Schiffes am 18. und 19. Februar 1997 habe das Lebensmittel- und Veterinäramt der Kommission festgestellt, dass es schwerwiegende Mängel aufweise und nicht den Anforderungen der Richtlinie 91/628 entspreche.
17. Das Lebensmittel- und Veterinäramt spielt eine wichtige Rolle bei der Umsetzung und Anwendung der gemeinschaftlichen Regelung über Lebensmittelsicherheit, Tier- und Pflanzengesundheit sowie Tierschutz.
18. Sein Auftrag besteht u. a. darin, durch Untersuchungen in den Mitgliedstaaten und Bewertungen im Bereich Lebensmittelsicherheit und ‑qualität sowie in den Bereichen Tier- und Pflanzengesundheit wirksame Kontrollsysteme zu fördern und zu kontrollieren, ob die Anforderungen des Gemeinschaftsrechts in diesen Bereichen in der Europäischen Union und in Drittländern, die in die Europäische Union exportieren, eingehalten werden. Außerdem hat es den Auftrag, zur Weiterentwicklung der Gemeinschaftspolitik in diesen Bereichen beizutragen.
19. Bei einer von Bediensteten dieses Amtes auf dem Schiff durchgeführten Kontrolle zeigte sich zum einen, dass sich die Laufstege, der Zutritt zu den Durchgängen und die Pferche in einem Zustand befanden, der bei den Tieren zu Verletzungen führen konnte, und zum anderen, dass sie nicht ausbruchsicher waren. Zudem waren diese Laufstege, der Zutritt zu den Durchgängen und die Pferche abgenutzt und rostig und befanden sich in einem Zustand, in dem sie schwer zu reinigen oder zu desinfizieren waren.
20. Hierzu ergibt sich aus der Akte, dass Viamex ihrem Antrag auf Ausfuhrerstattung zum einen eine vom Chef der Grenzveterinäre von Koper (Slowenien) gegengezeichnete schriftliche Erklärung des Kapitäns des Schiffes vom 16. Oktober 1997 über Instandsetzungsarbeiten und zum anderen einen Bericht des Havariekommissariats Kähler & Prinz AG vom 22. September 1998 beigefügt hatte.
21. Erst nach einer im November 1999 und damit rund acht Monate nach der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Ausfuhr durchgeführten Überprüfung wurde das Schiff ab dem 24. Januar 2000 in der Negativliste der Kommission nicht mehr aufgeführt.
22. Mit Entscheidung vom 18. Mai 2001 wies das Hauptzollamt den Einspruch von Viamex gegen den Bescheid vom 1. Februar 2001 zurück.
23. Viamex erhob dagegen Klage mit der Begründung, dass es im Erstattungsrecht keine Vorschrift gebe, nach der ein Schiff für den Lebendviehtransport zugelassen sein müsse; auch die Richtlinie 91/628 enthalte keine solche Bestimmung.
24. Das Hauptzollamt führt aus, dass die zuständige Behörde nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 615/98 lediglich über Informationen verfügen müsse, die den Schluss zuließen, dass die Richtlinie 91/628 nicht eingehalten worden sei, um eine Erstattung ablehnen zu können. Die zuständige Behörde sei nach dieser Vorschrift nicht verpflichtet, die Nichteinhaltung der Richtlinie 91/628 zu beweisen.
25. Das Hauptzollamt trägt ferner vor, es habe jedenfalls am 3. Dezember 1999 eine Aktualisierung der Negativliste erhalten, nach der das Schiff ein weiteres Mal nicht den Vorgaben der Richtlinie 91/628 entsprochen habe.
26. Diese Aktualisierung sei anlässlich einer im November 1999 durchgeführten Überprüfung durch Bedienstete des britischen Ministeriums für Landwirtschaft, Fischerei und Ernährung erfolgt. Aus den Kontrollen der britischen Behörden habe sich ergeben, dass das Schiff lediglich vorläufig und nur zum Transport von Schafen zugelassen gewesen sei. Die Geeignetheit des Schiffes zum Transport von Schafen lasse jedoch aufgrund des Größenunterschieds zwischen Schafen und Rindern nicht den Schluss zu, dass das Schiff ebenso für den Transport von Rindern geeignet gewesen sei.
27. Das Hauptzollamt war daher aufgrund dieser Informationen der Auffassung, dass bei dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Transport die Richtlinie 91/628 nicht eingehalten worden sein könne und dass die Voraussetzungen für die Versagung der Ausfuhrerstattung nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 615/98 vorgelegen hätten.
28. Da die Entscheidung des Rechtsstreits nach Auffassung des Finanzgerichts Hamburg von der Auslegung des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 615/98 abhängt, hat es beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Beinhaltet die Vorschrift des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 615/98 einen Ausschlusstatbestand mit der Folge, dass das Hauptzollamt für die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 615/98 darlegungs‑ und beweispflichtig ist?
2. Für den Fall, dass die vorstehende Frage bejaht wird: Erfordert der Schluss im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 615/98 auf die Nichteinhaltung der Richtlinie 91/628 den Beweis eines Verstoßes gegen diese Richtlinie im konkreten Fall oder genügt die Behörde ihrer Darlegungs‑ und Beweislast schon dann, wenn sie Umstände vorträgt und nachweist, die in ihrer Gesamtschau mit einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit dafür sprechen, dass (auch) bezogen auf die in Rede stehende Ausfuhrsendung die Richtlinie 91/628 nicht eingehalten worden ist?
3. Ungeachtet der Antworten zu Frage 1 und 2: Darf die Behörde einem Ausführer die Ausfuhrerstattung gemäß Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 615/98 (vollständig) versagen, wenn es hinsichtlich der in Rede stehenden Ausfuhrsendung keine Anzeichen dafür gibt, dass durch den (eventuellen) Verstoß gegen die Richtlinie 91/628 das Wohlbefinden der Tiere während des Transports beeinträchtigt worden ist?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten und zur zweiten Frage
29. Mit der ersten und der zweiten Frage, die gemeinsam zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob in dem Fall, dass der Ausführer alle nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 615/98 erforderlichen Dokumente vorgelegt hat, dieser oder die zuständige Behörde nachzuweisen hat, dass die in Abs. 3 dieses Artikels vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind. Falls die zuständige Behörde die Beweislast trägt, möchte das vorlegende Gericht wissen, auf welche Umstände diese Behörde sich für die Schlussfolgerung stützen kann, dass die Richtlinie 91/628 nicht eingehalten worden ist, und ob es ausreicht, wenn sie diese Umstände anführt, oder ob sie den Beweis für einen konkreten Verstoß gegen diese Richtlinie zu erbringen hat.
30. Da das System der Ausfuhrerstattungen auf freiwilligen Anmeldungen beruht, die der Ausführer einreicht, wenn er aus freien Stücken entschieden hat, die Erstattungen in Anspruch zu nehmen, muss er nach ständiger Rechtsprechung die sachdienlichen Angaben machen, die für die Feststellung des Erstattungsanspruchs und die Ermittlung von dessen Höhe notwendig sind. Der Gerichtshof hat im Zusammenhang mit der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 351, S. 1) und dem mit dieser Verordnung errichteten Sanktionssystem bereits entschieden, dass eine Beihilfe nach einer gemeinschaftlichen Beihilferegelung nur zu gewähren ist, wenn ihr Empfänger volle Gewähr für Redlichkeit und Zuverlässigkeit bietet (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juli 2002, Käserei Champignon Hofmeister, C‑210/00, Slg. 2002, I‑6453, Randnr. 41, und vom 1. Dezember 2005, Fleisch-Winter, C‑309/04, Slg. 2005, I‑10349, Randnr. 31).
31. Der Gerichtshof hat außerdem entschieden, dass ein Ausführer, der ein Erzeugnis im Rahmen des Ausfuhrerstattungsverfahrens anmeldet, damit stillschweigend zu verstehen gibt, dass dieses Erzeugnis alle für diese Erstattung geltenden Voraussetzungen erfüllt. Falls die zuständige Behörde im Hinblick auf die Anmeldung Zweifel äußert, obliegt es dem Ausführer, gemäß den nationalen Beweisregeln nachzuweisen, dass diese Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Fleisch-Winter, Randnrn. 32 und 35).
32. Ein solches System ist im Rahmen der Ausfuhrerstattungsregelung in Bezug auf das Wohlbefinden lebender Rinder beim Transport vorgesehen, und es ist Sache des Ausführers, gemäß Art. 5 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 615/98 nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der Ausfuhrerstattung erfüllt sind.
33. Dazu muss der Ausführer zum einen der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem die Ausfuhranmeldung angenommen wird, spätestens bei Einreichung der Ausfuhranmeldung alle erforderlichen Einzelheiten des Transports mitteilen. Zum anderen muss er für die Erlangung der Ausfuhrerstattung den Nachweis erbringen, dass Art. 1 der Verordnung Nr. 615/98 und demgemäß auch die Richtlinie 91/628 eingehalten worden sind, indem er die in Art. 2 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 2 dieser Verordnung vorgesehenen Dokumente vorlegt. Außerdem kann der Ausführer nach Art. 5 Abs. 6 dieser Verordnung unter bestimmten Voraussetzungen andere Dokumente vorlegen, die bestätigen, dass die Richtlinie 91/628 eingehalten worden ist.
34. Aus der Zweckbestimmung der Art. 3 und 5 der Verordnung Nr. 615/98 ergibt sich jedoch, dass die Vorlage dieser Dokumente durch den Ausführer keinen unwiderlegbaren Beweis für die Beachtung von Art. 1 dieser Verordnung und der Richtlinie 91/628 darstellt. Dieser Beweis ist nämlich nur ausreichend, sofern die zuständige Behörde nicht über Informationen verfügt, aufgrund deren sie der Ansicht sein kann, dass die Richtlinie 91/628 nicht eingehalten worden ist.
35. Diese Auslegung wird durch den Wortlaut von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 615/98 bestätigt, wonach die zuständige Behörde die Zahlung der Ausfuhrerstattung für Tiere ablehnen kann, bei denen sie aufgrund der Unterlagen nach Abs. 2 des genannten Art. 5, der Berichte über die Kontrolle nach Art. 4 dieser Verordnung und/oder sonstiger Informationen über die Einhaltung von Art. 1 der genannten Verordnung zu dem Schluss gelangt, dass die Richtlinie 91/628 nicht eingehalten worden ist.
36. Folglich kann die zuständige Behörde ungeachtet der vom Ausführer nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 615/98 vorgelegten Unterlagen zu dem Schluss gelangen, dass der Ausführer weder Art. 1 dieser Verordnung noch die Richtlinie 91/628 eingehalten hat, sofern u. a. die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 3 der genannten Verordnung erfüllt sind.
37. Da der Ausführer nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 615/98 den Nachweis der Einhaltung von Art. 1 dieser Verordnung zu erbringen hat, besteht die Verpflichtung der zuständigen Behörde darin, diese Nachweise und die sonstigen ihr vorliegenden Informationen daraufhin zu prüfen, ob die Richtlinie 91/628 eingehalten worden ist, und zu entscheiden, ob die Ausfuhrerstattung zu gewähren ist.
38. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 615/98 kann jedoch nicht dahin ausgelegt werden, dass er der zuständigen Behörde gestattet, die vom Ausführer seinem Antrag auf Ausfuhrerstattung beigefügten Beweise willkürlich in Frage zu stellen. Der Gerichtshof hat insoweit entschieden, dass das Ermessen der zuständigen Behörde nicht unbeschränkt ist, da es sich im Rahmen des Art. 5 der Verordnung Nr. 615/98 bewegen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Januar 2008, Viamex Agrar Handel und ZVK, C‑37/06 und C‑58/06, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 39). Dieses Ermessen erscheint insbesondere hinsichtlich der Art und der Beweiskraft der Informationen, auf die sich die zuständige Behörde beruft, begrenzt.
39. Erstens hat der Gerichtshof hinsichtlich der Art dieser Informationen u. a. entschieden, dass sich die zuständige Behörde nur auf die Unterlagen über die Gesundheit der Tiere nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 615/98, die Berichte über die Kontrolle nach Art. 4 dieser Verordnung und/oder sonstige, das Wohlergehen der Tiere betreffende Informationen über die Einhaltung von Art. 1 dieser Verordnung stützen kann, um festzustellen, dass die Richtlinie 91/628 nicht eingehalten worden ist (vgl. Urteil Viamex Agrar Handel und ZVK, Randnrn. 39 bis 41).
40. Zweitens ist hinsichtlich der Beweiskraft der in Betracht kommenden Informationen davon auszugehen, dass die zuständige Behörde nicht einfache Vermutungen oder Zweifel in Bezug auf die Einhaltung der Richtlinie 91/628 geltend machen kann, um die vom Ausführer gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 615/98 vorgelegten Nachweise in Frage zu stellen. Eine solche Auslegung nähme diesem Art. 5 Abs. 2 unvermeidbar jede praktische Wirksamkeit und würde für die Ausführer zu einer Rechtsunsicherheit in Bezug auf die Voraussetzungen führen, die für die Zahlung der Ausfuhrerstattung vorliegen müssen.
41. Folglich hat sich die zuständige Behörde bei der Anwendung von Art. 5 Abs. 3 dieser Verordnung auf objektive und konkrete Umstände betreffend das Wohlbefinden der Tiere zu stützen, aus denen sich ergibt, dass die vom Ausführer seinem Ausfuhrerstattungsantrag beigefügten Unterlagen nicht beweisen können, dass die Bestimmungen der Richtlinie 91/628 beim Transport eingehalten wurden; der Ausführer hat gegebenenfalls nachzuweisen, inwiefern die Beweise, die die zuständige Behörde für ihre Feststellung der Nichteinhaltung der Verordnung Nr. 615/98 und der Richtlinie 91/628 anführt, nicht erheblich sind (vgl. entsprechend Urteil Fleisch‑Winter, Randnr. 35).
42. Die zuständige Behörde hat ihre Entscheidung auf jeden Fall zu begründen und dabei anzugeben, warum sie der Ansicht war, dass sich aus den vom Ausführer vorgelegten Nachweisen nicht ergeben kann, dass die Bestimmungen der Richtlinie 91/628 eingehalten worden sind. Zu diesem Zweck hat sie u. a. eine objektive Bewertung der ihr vorgelegten Unterlagen vorzunehmen und zu beweisen, dass aufgrund der von ihr angeführten Umstände festgestellt werden kann, dass die dem Ausfuhrerstattungsantrag beigefügte Dokumentation nicht geeignet ist, die Einhaltung der maßgeblichen Bestimmungen der Richtlinie 91/628 nachzuweisen. Eine solche mit Gründen versehene Entscheidung ist für den Ausführer insbesondere dafür unerlässlich, dass er gegen diese, seinen Ausfuhrerstattungsantrag ganz oder teilweise zurückweisende Entscheidung Klage erheben kann.
43. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, im Ausgangsverfahren zu prüfen, ob das Schiff insbesondere unter Berücksichtigung der von Viamex ihrem Ausfuhrerstattungsantrag beigefügten Unterlagen und der in den Randnrn. 16, 21 und 25 des vorliegenden Urteils genannten Negativliste zur Zeit des Transports der Tiere den Bestimmungen der Richtlinie 91/628 entsprochen hat.
44. Nach alledem ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten, dass die zuständige Behörde ungeachtet der vom Ausführer gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 615/98 vorgelegten Unterlagen nach Art. 5 Abs. 3 dieser Verordnung zu dem Schluss gelangen kann, dass die Richtlinie 91/628 nicht eingehalten worden ist. Zu diesem Ergebnis kann die zuständige Behörde jedoch nur auf der Grundlage der in Art. 5 der Verordnung Nr. 615/98 genannten Unterlagen, der Kontrollberichte nach Art. 4 dieser Verordnung über die Gesundheit der Tiere oder sonstiger das Wohlbefinden der Tiere betreffender objektiver Umstände kommen, die die vom Ausführer vorgelegten Unterlagen in Frage stellen; dieser hat gegebenenfalls nachzuweisen, inwiefern die Umstände, die die zuständige Behörde für ihre Feststellung der Nichteinhaltung der Richtlinie 91/628 anführt, nicht erheblich sind.
Zur dritten Frage
45. Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die zuständige Behörde die Ausfuhrerstattung nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 615/98 versagen kann, auch wenn es keine Anzeichen dafür gibt, dass das Wohlbefinden der beförderten Tiere wegen der Nichteinhaltung der Bestimmungen der Richtlinie 91/628 konkret beeinträchtigt worden ist.
46. In dieser Hinsicht ist daran zu erinnern, dass in Anbetracht des Wortlauts von Art. 1 und Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 615/98 und der Zweckbestimmung dieser Verordnung die Einhaltung der Vorschriften der Richtlinie 91/628 eine Voraussetzung für die Zahlung der Ausfuhrerstattungen ist (vgl. Urteil Viamex Agrar Handel und ZVK, Randnr. 37).
47. Außerdem geht, wie der Generalanwalt in Nr. 44 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, aus dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 615/98 klar hervor, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber die Zahlung von Ausfuhrerstattungen von der Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie 91/628 abhängig gemacht hat, unabhängig von irgendeiner Feststellung eines konkreten Schadens, den die Tiere beim Transport erlitten haben.
48. Es zeigt sich nämlich, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber auf der Grundlage wissenschaftlicher und tiermedizinischer Gutachten sowie von Auswertungen über die Anwendung des Gemeinschaftsrechts im Bereich Tierschutz der Ansicht war, dass das Wohlbefinden der Tiere gefährdet ist und nicht mehr gewährleistet werden kann, sobald die die Gesundheit dieser Tiere betreffenden Bestimmungen der Richtlinie 91/628 nicht mehr beachtet werden.
49. Ein solcher Ansatz erscheint im Übrigen dadurch völlig gerechtfertigt, dass es für die zuständige Behörde in der Praxis nicht immer möglich ist, festzustellen, dass die Tiere wegen der Nichtbeachtung der genannten Bestimmungen konkret gelitten haben oder verletzt worden sind.
50. Dementsprechend ist eine zuständige Behörde, die feststellt, dass ein Schiff unter Verstoß insbesondere gegen Nr. 17 des Anhangs zur Richtlinie 91/628 nicht so ausgerüstet war, dass die Tiere befördert werden konnten, ohne sich zu verletzen oder unnötig zu leiden, berechtigt, die Ausfuhrerstattung zu versagen.
51. Die zuständige Behörde hat zu prüfen, ob sich der Verstoß gegen eine Bestimmung der Richtlinie 91/628 auf das Wohlbefinden der Tiere ausgewirkt hat, ob dieser Verstoß gegebenenfalls geheilt werden kann und ob er zum Verlust, zur Kürzung oder zur Aufrechterhaltung der Ausfuhrerstattung führen muss. Die Behörde hat auch zu entscheiden, ob die Ausfuhrerstattung anteilmäßig im Verhältnis zur Zahl der Tiere zu kürzen ist, die ihrer Meinung nach unter der Nichteinhaltung der Richtlinie 91/628 gelitten haben können, oder ob keine Erstattung zu zahlen ist, da sich die Nichteinhaltung einer Bestimmung dieser Richtlinie unvermeidbar auf das Wohlbefinden sämtlicher Tiere ausgewirkt hat (vgl. Urteil Viamex Agrar Handel und ZVK, Randnr. 44).
52. Auf die dritte Frage ist somit zu antworten, dass die zuständige Behörde nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 615/98 die Ausfuhrerstattung wegen der Nichteinhaltung der Bestimmungen der Richtlinie 91/628 betreffend die Gesundheit der Tiere versagen kann, auch wenn es keine Anzeichen dafür gibt, dass das Wohlbefinden der beförderten Tiere konkret beeinträchtigt worden ist.
Kosten
53. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:
1. Die zuständige Behörde kann ungeachtet der vom Ausführer gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 der Kommission vom 18. März 1998 mit Durchführungsbestimmungen zur Ausfuhrerstattungsregelung in Bezug auf den Schutz lebender Rinder beim Transport vorgelegten Unterlagen nach Art. 5 Abs. 3 dieser Verordnung zu dem Schluss gelangen, dass die Richtlinie 91/628/EWG des Rates vom 19. November 1991 über den Schutz von Tieren beim Transport sowie zur Änderung der Richtlinien 90/425/EWG und 91/496/EWG in der durch die Richtlinie 95/29/EG des Rates vom 29. Juni 1995 geänderten Fassung nicht eingehalten worden ist. Zu diesem Ergebnis kann die zuständige Behörde jedoch nur auf der Grundlage der in Art. 5 der Verordnung Nr. 615/98 genannten Unterlagen, der Kontrollberichte nach Art. 4 dieser Verordnung über die Gesundheit der Tiere oder sonstiger, das Wohlbefinden der Tiere betreffender objektiver Umstände kommen, die die vom Ausführer vorgelegten Unterlagen in Frage stellen; dieser hat gegebenenfalls nachzuweisen, inwiefern die Umstände, die die zuständige Behörde für ihre Feststellung der Nichteinhaltung der Richtlinie 91/628 in der durch die Richtlinie 95/29 geänderten Fassung anführt, nicht erheblich sind.
2. Die zuständige Behörde kann nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 615/98 die Ausfuhrerstattung wegen der Nichteinhaltung der Bestimmungen der Richtlinie 91/628 in der durch die Richtlinie 95/29 geänderten Fassung betreffend die Gesundheit der Tiere versagen, auch wenn es keine Anzeichen dafür gibt, dass das Wohlbefinden der beförderten Tiere konkret beeinträchtigt worden ist.