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Document 32012D0095

2012/95/Euratom: Beschluss des Rates vom 19. Dezember 2011 über das innerhalb des Rahmenprogramms der Europäischen Atomgemeinschaft für Forschungs- und Ausbildungsmaßnahmen im Nuklearbereich (2012-2013) von der Gemeinsamen Forschungsstelle durch direkte Maßnahmen durchzuführende spezifische Programm

ABl. L 47 vom 18.2.2012, p. 40–46 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Dieses Dokument wurde in einer Sonderausgabe veröffentlicht. (HR)

Legal status of the document No longer in force, Date of end of validity: 31/12/2013; Aufgehoben durch 32013R1314

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2012/95(1)/oj

18.2.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 47/40


BESCHLUSS DES RATES

vom 19. Dezember 2011

über das innerhalb des Rahmenprogramms der Europäischen Atomgemeinschaft für Forschungs- und Ausbildungsmaßnahmen im Nuklearbereich (2012-2013) von der Gemeinsamen Forschungsstelle durch direkte Maßnahmen durchzuführende spezifische Programm

(2012/95/Euratom)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 7,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Anhörung des Ausschusses für Wissenschaft und Technik,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß dem Beschluss 2012/93/Euratom des Rates vom 19. Dezember 2011 über das Rahmenprogramm der Europäischen Atomgemeinschaft für Forschungs- und Ausbildungsmaßnahmen (2012-2013) (3) (im Folgenden „Rahmenprogramm“) soll die Durchführung des Rahmenprogramms durch spezifische Programme erfolgen, in denen die Einzelheiten der Durchführung, die Laufzeit und die für notwendig erachteten Mittel festgelegt werden.

(2)

Das Rahmenprogramm umfasst zwei Arten von Maßnahmen: indirekte Maßnahmen zur Fusionsenergieforschung und zur Forschung in den Bereichen Kernspaltung, nukleare Sicherheit und Strahlenschutz sowie direkte Maßnahmen der Gemeinsamen Forschungsstelle (JRC) im Bereich der Entsorgung kerntechnischer Abfälle, der Umweltauswirkungen, der nuklearen Sicherheit und der Gefahrenabwehr, insbesondere in Bezug auf nukleare Ereignisse und unter Berücksichtigung der aus früheren Maßnahmen gewonnenen Erkenntnisse. Das vorliegende spezifische Programm betrifft die Durchführung der direkten Maßnahmen.

(3)

Die JRC sollte die durch „direkte Maßnahmen“ durchzuführenden Forschungs- und Ausbildungstätigkeiten gemäß diesem spezifischen Programm durchführen.

(4)

Bei der Erfüllung ihres Auftrags sollte die JRC auftraggeberorientierte wissenschaftlich-technische Unterstützung für die Politikgestaltung der Europäischen Union leisten, die Umsetzung und Überwachung bereits vorhandener Strategien unterstützen und dabei auf neue politische Anforderungen reagieren. Im Rahmen ihres Auftrags sollte die JRC Forschung auf höchstem europäischem Qualitätsniveau durchführen und dazu ihr eigenes wissenschaftliches Spitzenniveau aufrechterhalten.

(5)

Ein besonderer Schwerpunkt bei der Durchführung dieses spezifischen Programms sollte der Förderung der Mobilität und Ausbildung von Forschern sowie der Förderung von Innovationen in der Union gelten. Insbesondere sollte die JRC angemessene Ausbildungsmaßnahmen in Bezug auf die nukleare Sicherheit und die Gefahrenabwehr durchführen.

(6)

Dieses spezifische Programm sollte auf flexible, effiziente und transparente Weise umgesetzt werden, wobei die relevanten Anforderungen der Nutzer der JRC und die politischen Maßnahmen der Union zu beachten und gleichzeitig die finanziellen Interessen der Union zu wahren sind. Die im Rahmen dieses spezifischen Programms durchgeführten Maßnahmen sollten gegebenenfalls an diese Anforderungen sowie an wissenschaftliche und technische Entwicklungen angepasst werden und auf wissenschaftliche Exzellenz abzielen.

(7)

Neben der Zusammenarbeit im Rahmen des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Assoziierungsabkommens kann dieses spezifische Programm auch in internationaler Zusammenarbeit mit Drittländern und internationalen Organisationen durchgeführt werden, insbesondere auf der Grundlage von Artikel 2 Buchstabe h, Artikel 101 und Artikel 102 des Vertrags.

(8)

Im Rahmen der Erweiterungs- und Integrationsmaßnahmen möchte die JRC die Einbeziehung von Organisationen und Forschern aus neuen Mitgliedstaaten in ihre Tätigkeiten, insbesondere im Rahmen der wissenschaftlich-technischen Elemente des Besitzstands der Union, sowie eine verstärkte Zusammenarbeit mit Organisationen und Forschern aus Beitritts- und Bewerberländern fördern. Eine allmähliche Öffnung sollte auch gegenüber Nachbarländern angestrebt werden, insbesondere in Bezug auf vorrangige Themen der Europäischen Nachbarschaftspolitik.

(9)

Die JRC sollte durch wettbewerbsorientierte Tätigkeiten auch weiterhin zusätzliche Mittel erwirtschaften. Dies umfasst die Teilnahme an den indirekten Maßnahmen des Rahmenprogramms, die Arbeit für Dritte und in geringerem Umfang auch die Verwertung von Rechten des geistigen Eigentums.

(10)

Im Einklang mit der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (4) und der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (5) sollte unter Wahrung der Rechtssicherheit und Gewährleistung des Zugangs zu den Ergebnissen des Programms für alle Teilnehmer auf möglichst effiziente und nutzerfreundliche Weise die wirtschaftliche Haushaltsführung dieses spezifischen Programms und seine Durchführung sichergestellt werden.

(11)

Zur Verhinderung von Unregelmäßigkeiten und Betrug sollten — dem Umfang der finanziellen Interessen der Union entsprechend — Maßnahmen getroffen werden, um sowohl die Wirksamkeit der finanziellen Unterstützung als auch die wirksame Nutzung dieser Mittel zu überwachen. Es sollten zudem die erforderlichen Schritte eingeleitet werden, um entgangene, rechtsgrundlos gezahlte oder nicht ordnungsgemäß verwendete Beträge gemäß der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002, der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002, der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (6), der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2185/96 des Rates vom 11. November 1996 betreffend die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort durch die Kommission zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vor Betrug und anderen Unregelmäßigkeiten (7) und der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) (8) wieder einzuziehen.

(12)

Die Kommission sollte zu gegebener Zeit eine unabhängige Bewertung der Tätigkeiten auf den unter dieses spezifische Programm fallenden Gebieten veranlassen.

(13)

Bei den im Rahmen dieses spezifischen Programms durchgeführten Forschungstätigkeiten sollten ethische Grundprinzipien eingehalten werden, einschließlich derjenigen, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgelegt sind —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Das innerhalb des Rahmenprogramms der Europäischen Atomgemeinschaft für Forschungs- und Ausbildungsmaßnahmen im Nuklearbereich (2012-2013) von der Gemeinsamen Forschungsstelle (JRC) durch direkte Maßnahmen durchzuführende spezifische Programm (im Folgenden „spezifisches Programm“) wird für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2013 angenommen.

Artikel 2

In dem spezifischen Programm werden die Tätigkeiten für die Maßnahmen der JRC im Nuklearbereich festgelegt, mit denen sämtliche Forschungsmaßnahmen unterstützt werden, die in folgenden Themenbereichen im Rahmen internationaler Zusammenarbeit durchgeführt werden:

a)

Entsorgung nuklearer Abfälle, Umweltauswirkungen und Grundlagenwissen;

b)

nukleare Sicherheit von für Europa relevanten Reaktorsystemen;

c)

Gefahrenabwehr im Nuklearbereich (einschließlich Sicherungsmaßnahmen, Nichtverbreitung von Kernwaffen, Bekämpfung von illegalem Handel und Nuklearforensik).

Die Ziele und Grundzüge der in Absatz 1 genannten Maßnahmen sind im Anhang dargelegt.

Artikel 3

Gemäß Artikel 3 des Beschlusses 2012/93/Euratom beläuft sich der Höchstbetrag für die Durchführung des spezifischen Programms auf 233 216 000 EUR.

Artikel 4

Alle Forschungstätigkeiten innerhalb des spezifischen Programms werden unter Einhaltung ethischer Grundprinzipien durchgeführt.

Artikel 5

Das spezifische Programm wird mittels direkter Maßnahmen durchgeführt, die in Anhang II des Beschlusses 2012/93/Euratom beschrieben sind.

Artikel 6

(1)   Die Kommission stellt ein Mehrjahres-Arbeitsprogramm zur Durchführung des spezifischen Programms auf, in dem die im Anhang festgelegten Ziele und wissenschaftlichen und technologischen Prioritäten sowie der Zeitplan für die Durchführung genauer dargelegt sind.

(2)   Im Mehrjahres-Arbeitsprogramm werden relevante Forschungstätigkeiten der Mitgliedstaaten, der assoziierten Staaten sowie europäischer und internationaler Organisationen berücksichtigt. Es wird gegebenenfalls aktualisiert.

Artikel 7

Die Kommission veranlasst die in Artikel 6 des Beschlusses 2012/93/Euratom vorgesehene unabhängige Überwachung, Bewertung und Überprüfung der Maßnahmen auf den unter das spezifische Programm fallenden Gebieten.

Artikel 8

Dieser Beschluss tritt am dritten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 19. Dezember 2011.

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. KOROLEC


(1)  Stellungnahme vom 15. November 2011 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). Stellungnahme nach nicht obligatorischer Anhörung.

(2)  ABl. C 318 vom 29.10.2011, S. 127. Stellungnahme nach nicht obligatorischer Anhörung.

(3)  Siehe Seite 25 dieses Amtsblatts.

(4)  ABl. L 248 vom 16.9.2002, S. 1.

(5)  ABl. L 357 vom 31.12.2002, S. 1.

(6)  ABl. L 312 vom 23.12.1995, S. 1.

(7)  ABl. L 292 vom 15.11.1996, S. 2.

(8)  ABl. L 136 vom 31.5.1999, S. 1.


ANHANG

SPEZIFISCHES PROGRAMM DER GEMEINSAMEN FORSCHUNGSSTELLE

1.   Ziel

Das übergeordnete Ziel dieses spezifischen Programms besteht darin, auftraggeberorientierte wissenschaftlich-technische Unterstützung für die Politik der Europäischen Union im Bereich der Kernenergie zu erbringen und die Verpflichtungen aus dem Euratom-Vertrag zu erfüllen. Dazu ist es erforderlich, Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen kontinuierlich zu aktualisieren, um das erforderliche Fachwissen zur Sicherheit von Kernreaktoren, zu den entsprechenden Sicherungsmaßnahmen und zur Gefahrenabwehr stets auf dem aktuellen Stand der Technik bereitstellen zu können.

2.   Herangehensweise

Die Tätigkeiten der JRC im Nuklearbereich sind darauf ausgerichtet, den aus dem Euratom-Vertrag erwachsenden Verpflichtungen im Bereich Forschung und Entwicklung gerecht zu werden und sowohl die Kommission als auch die Mitgliedstaaten in den Bereichen Sicherungsmaßnahmen und Nichtverbreitung von Kernwaffen, Abfallentsorgung, Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen und des Brennstoffkreislaufs, Radioaktivität in der Umwelt und Strahlenschutz zu unterstützen. In Anbetracht der stärkeren Betonung der nuklearen Sicherheit als Beitrag zur Neuausrichtung der Forschung im Nuklearbereich wird der Bereich der Nichtverbreitung die größtmögliche Beachtung finden.

Im Zuge des Rahmenprogramms werden sich die Forschungs- und Unterstützungstätigkeiten auch weiterhin auf folgende Bereiche konzentrieren:

a)

Entsorgung nuklearer Abfälle, Umweltauswirkungen und Grundlagenwissen;

b)

nukleare Sicherheit von für Europa relevanten Reaktorsystemen;

c)

Gefahrenabwehr im Nuklearbereich (einschließlich Sicherungsmaßnahmen, Nichtverbreitung von Kernwaffen, Bekämpfung von illegalem Handel und Nuklearforensik).

Zudem wird die JRC ihre Rolle als europäischer Bezugspunkt für die Informationsverbreitung sowie für die Aus- und Weiterbildung junger Wissenschaftler weiter ausbauen.

3.   Tätigkeiten

3.1.   Entsorgung nuklearer Abfälle, Umweltauswirkungen und Grundlagenwissen

3.1.1.   Charakterisierung, Lagerung und Endlagerung abgebrannter Brennstoffe und hochradioaktiver Abfälle

Die Entsorgung abgebrannter Brennstoffe und hochradioaktiver Abfälle umfasst die Verarbeitung und Konditionierung, den Transport sowie die Zwischenlagerung und die Endlagerung in geologischen Formationen. In all diesen Phasen ist es das oberste Ziel, während der sehr langen Zerfallszeiten die Freisetzung von Radionukliden in die Biosphäre zu verhindern. Die Auslegung, Bewertung und das Funktionieren künstlicher und natürlicher Rückhaltesysteme während der jeweiligen Zeiträume sind dabei von entscheidender Bedeutung und hängen unter anderem vom Verhalten des Brennstoffs bzw. Abfalls in der geologischen Umgebung ab. Dieses spezifische Programm umfasst daher auch Studien in diesem Bereich.

3.1.2.   Trennung und Transmutation

Im Rahmen der Hauptstrategie für Kernenergieanlagen wird angestrebt, den Brennstoffzyklus mit dem Ziel zu schließen, die langfristige Radiotoxizität kerntechnischer Abfälle zu verringern und die Nutzung von Ressourcen sicherer und wirksamer zu gestalten. Die größten Herausforderungen dieses Konzepts bleiben die Optimierung der Brennstofftrennung zur Separation ausgewählter langlebiger Radionuklide vom abgebrannten Brennstoff sowie die Herstellung und Qualifizierung sicherer und zuverlässiger Brennstoffe für die Actinoidenumwandlung. An der JRC werden experimentelle Arbeiten im Bereich der Trennung sowohl in Bezug auf wässrige Lösungen als auch in Bezug auf pyrometallurgische Verfahren (mit salzhaltigen Medien) durchgeführt.

3.1.3.   Grundlagenforschung zu Actinoiden

Für die Erhaltung von Kompetenzen und einer Spitzenposition bei den Technologien für die zivile Nutzung der Kernenergie ist es wesentlich, die interdisziplinäre Grundlagenforschung zu Kernmaterial zu fördern, da sich hieraus technologische Innovationen ergeben können. Dazu wiederum sind Kenntnisse über die Reaktion der sogenannten „5f-Elemente“ (d. h. der Actinoide) und ihrer Verbindungen auf (meist extreme) thermodynamische Parameter erforderlich. Aufgrund der kleinen experimentellen Datengrundlage und der intrinsischen Komplexität der Modellierung sind unsere Kenntnisse dieser Mechanismen derzeit noch begrenzt. Eine weitere Grundlagenforschung in diesem Bereich ist daher unverzichtbar, um das Verhalten dieser Elemente zu verstehen und in der modernen Physik der kondensierten Materie auch weiterhin eine führende Rolle spielen zu können. Entwicklungen in den Bereichen Modellierung und Simulation werden genutzt, um die Ergebnisse experimenteller Programme zu unterstützen.

Die JRC wird weiterhin ein führendes Grundlagenforschungsprogramm im Bereich der Actinoiden-Physik und -Chemie durchführen, das in erster Linie dazu dient, Wissenschaftlern aus Universitäten und Forschungszentren Versuchsanlagen von Weltklasseniveau zur Verfügung zu stellen. Dies soll es ihnen ermöglichen, die Eigenschaften von Actinoiden zu erforschen und so ihre Ausbildung zu ergänzen und zu Fortschritten in den Nuklearwissenschaften beizutragen.

3.1.4.   Kerntechnische Daten

Aus der vorgeschlagenen Konzeption spezieller Verbrennungsanlagen für minore Actinoide und den fortgeschrittenen Konzepten für die Kernenergieerzeugung ergibt sich neuer Bedarf an weitaus präziseren kerntechnischen Daten. Die Qualität der Versuchsdaten ist für eine Verbesserung der Sicherheitsstandards und eine Verringerung der Fehlermargen und somit für die Kosteneffizienz der Auslegung und des Baus neuer Reaktorsysteme von entscheidender Bedeutung. Die von Industrie und Forschungslaboren verwendeten Daten, einschließlich jener der Kernenergie-Agentur der OECD, müssen vollständig, korrekt und mit Hilfe von klar definierten Qualitätssicherungsverfahren validiert sein.

Die JRC wird international erforderliche Daten generieren und auch weiterhin einen sicheren Betrieb des Van-de-Graaff-Beschleunigers und des Linearbeschleunigers GELINA gewährleisten.

3.1.5.   Medizinische Anwendungen der kerntechnischen Forschung

Neue Krebstherapien wie die zielgerichtete Alpha-Immuntherapie (Targeted Alpha Therapy, TAT) nutzen die besonderen physikalischen Eigenschaften der Alphastrahlung (insbesondere ihre hohe Energie und ihre kurze Reichweite im menschlichen Gewebe), um kranke Zellen gezielt zu zerstören, ohne dabei gesundes Gewebe in der Umgebung zu schädigen. Diese Techniken eignen sich zur Behandlung von Krebs und Infektionskrankheiten.

Die JRC wird in enger Zusammenarbeit mit nationalen Organisationen die Entwicklung von TAT auch weiterhin unterstützen und sich dabei insbesondere auf alternative Verfahren zur Herstellung von Alpha-Strahlern und die strahlenbiologische Prüfung von radioaktiv markierten Biomolekülen konzentrieren, wobei sie deren Effizienz und Durchführbarkeit im Hinblick auf den Einsatz in Krankenhäusern und in der Arzneimittelindustrie prüfen wird.

3.1.6.   Überwachung der Umweltradioaktivität

Titel II Kapitel 3 des Euratom-Vertrags sieht die Festlegung von Grundnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte gegen die Gefahren ionisierender Strahlungen vor. Die Artikel 31 bis 38 des Euratom-Vertrags enthalten Bestimmungen über die Rolle der Mitgliedstaaten und der Kommission in den Bereichen Gesundheitsschutz, Kontrolle des Radioaktivitätsgehalts in der Umwelt, Ableitungen in die Umwelt und Entsorgung radioaktiver Abfälle. Wesentliche Aspekte des Unfallmanagements werden ebenfalls einbezogen werden. Gemäß Artikel 39 des Euratom-Vertrags unterstützt die JRC die Kommission bei der Erfüllung dieser Aufgaben.

Angesichts neuer Grenzwerte für Radionuklide in Trinkwasser und in Lebensmittelzutaten wird die JRC Analysetechniken entwickeln und entsprechende Referenzmaterialien herstellen. Gemeinsam mit den Überwachungslabors der Mitgliedstaaten werden Vergleiche zwischen Labors organisiert, um die Vergleichbarkeit der gemäß den Artikeln 35 und 36 des Vertrags gemeldeten Überwachungsdaten zu prüfen und die Harmonisierung der Radioaktivitätsüberwachungssysteme durch Referenzprüfmaterialien zu unterstützen.

3.1.7.   Wissensmanagement, Aus- und Weiterbildung

Es ist wichtig, dass auch künftige Generationen von Nuklearwissenschaftlern und -ingenieuren vorhandene Kenntnisse erhalten und vertiefen können, weshalb die in Forschungs- und Anwendungsprogrammen durchgeführten Versuche und erzielten Ergebnisse, Interpretationen und erworbenen Fähigkeiten verbreitet werden sollten.

Die JRC wird dazu beitragen, dieses Wissen zugänglich zu machen, sinnvoll zu strukturieren und gut zu dokumentieren und die Hochschulbildung in Europa sowohl hinsichtlich derzeitiger als auch innovativer Reaktoren der Generation IV zu unterstützen. Zudem wird die JRC die Beobachtungsstelle für Humanressourcen im Nuklearbereich (European Nuclear Human Resources Observatory) aufbauen, die europäische Trends analysieren und die Politikgestaltung der Europäischen Union durch wissenschaftliche Beiträge unterstützen soll. Die JRC wird auch weiterhin auf eine bessere Kommunikation im Bereich der Kerntechnik hinarbeiten, insbesondere im Hinblick auf die öffentliche Akzeptanz sowie zur Unterstützung der allgemeinen Strategien zur Sensibilisierung für Energiefragen. Ihre langjährige Erfahrung und ihre einzigartigen Einrichtungen für kerntechnische Datenmessungen bieten zudem hervorragende Möglichkeiten für die Aus- und Weiterbildung von Wissenschaftlern und Ingenieuren im Nuklearbereich, die ihre Ausbildung an Universitäten so durch praktische Erfahrungen mit kerntechnischen Anlagen ergänzen können.

3.2.   Nukleare Sicherheit

3.2.1.   Sicherheit von Kernreaktoren

Zur Erhaltung und Verbesserung des Sicherheitsstandards von Kernkraftwerken müssen moderne, hochentwickelte Methoden zur Sicherheitsüberprüfung und die entsprechenden Analysewerkzeuge weiterentwickelt und validiert werden. An der JRC werden gezielte experimentelle Untersuchungen durchgeführt, um das Verständnis der zugrunde liegenden physikalischen Phänomene und Prozesse zu verbessern und so deterministische und probabilistische Sicherheitsbewertungen validieren und überprüfen zu können; dabei kommen moderne Modellierungen von Anlagenprozessen (Reaktivität und thermo-hydraulische Prozesse), von Bauteilen (unter Berücksichtigung der Betriebsbelastung bzw. der Alterung) und von menschlichen und organisatorischen Faktoren zum Einsatz. Ferner wird die JRC auch weiterhin eine zentrale Rolle bei der Einrichtung und beim Betrieb des Europäischen Clearinghouse für die Weitergabe von Betriebserfahrung (European Clearinghouse for Operational Experience Feedback) spielen, von dem alle Mitgliedstaaten profitieren werden. Im Interesse aller europäischen Aufsichtsbehörden sowie zur Minimierung der Wahrscheinlichkeit nuklearer Unfälle wird sie thematische Berichte zu speziellen Anlagenaspekten erstellen und eine effiziente Weitergabe und Umsetzung von Betriebserfahrungen unterstützen, um die Sicherheit von Kernkraftwerken zu verbessern. Sie wird Forschungsprogramme durchführen, die die Ausarbeitung von Sicherheitsanforderungen und fortgeschrittenen Evaluierungsmethoden für Reaktorsysteme mit Relevanz für die nukleare Sicherheit voranbringen sollen. Ebenfalls einbezogen werden wesentliche Forschungsaspekte bezüglich der Stilllegung von Reaktoren und ihrer Infrastrukturen (Methoden, Aus- und Fortbildung, wissenschaftliche Grundlagen).

3.2.2.   Sicherheit des Kernbrennstoffs in Kernkraftwerken der Europäischen Union

Leichtwasserreaktoren der Generationen II und III werden wahrscheinlich über das gesamte 21. Jahrhundert hinweg in Betrieb sein. Zur Maximierung ihrer Sicherheit bedarf es eines verbesserten Verständnisses des Verhaltens der Brennstäbe (Brennstoff und Umhüllung) im Reaktor, insbesondere bei verlängerten Betriebszeiten, im Normalbetrieb sowie bei Störfällen und Unfällen. Diese Forschung betrifft vor allem die mechanische Unversehrtheit der Brennstäbe während der Lebensdauer des Reaktors und die Reaktion des Brennstoffs auf instationäre Bedingungen (einschließlich schwerer Reaktorunfälle bis hin zur Kernschmelze).

Schließlich müssen Versuche und Theorien zu klar definierten physikalischen und chemischen Mechanismen in Multiskalen-Modelle und letztlich in Brennstoffleistungscodes integriert werden.

Ein weiteres Ziel der JRC-Forschung ist eine Verbesserung der experimentellen Benchmark für das Verhalten von UO2- und MOX-Brennstoffen bei hohem Abbrand.

3.2.3.   Sicherer Betrieb fortgeschrittener Kernenergiesysteme

Ein neues Forschungsthema weltweit und insbesondere im Rahmen des Internationalen Forums Generation IV (GIF) sind neue Reaktorkonzepte für eine verbesserte Sicherheit, Sicherungsmaßnahmen und Nachhaltigkeit. Die JRC wurde von den Mitgliedstaaten als Durchführungsorgan für die Teilnahme der Gemeinschaft am GIF benannt. In dieser Eigenschaft wird die JRC die europäischen Beiträge zu den verschiedenen GIF-Projekten (die durch direkte oder indirekte Maßnahmen oder über die Mitgliedstaaten geleistet werden) auch weiterhin koordinieren.

Die in den JRC-Labors vorgenommenen Studien betreffen in erster Linie Sicherheitsaspekte neuer innovativer Konzepte und innovativer Brennstoffzyklen, insbesondere die Charakterisierung neuer Brennstofftypen, ihre Prüfung unter Bestrahlung und nach der Bestrahlung sowie die Charakterisierung und Qualifizierung innovativer Bau- und Umhüllungswerkstoffe. Zudem werden Studien zu den Sicherheitsanforderungen der neuen Reaktorgeneration und zu den fortgeschrittenen Bewertungsmethoden für relevante kerntechnische Systeme durchgeführt. Dadurch soll die Entwicklung eines gemeinsamen europäischen Ansatzes für die Sicherheitsbewertung neuer innovativer Konzepte unter-stützt werden. In diesem Zusammenhang werden gegebenenfalls Synergien mit der Technologieplattform für nachhaltige Kernenergie (SNETP) angestrebt werden.

3.3.   Gefahrenabwehr im Nuklearbereich

3.3.1.   Sicherungsmaßnahmen im Nuklearbereich

Angesichts der zunehmenden Rolle der Kernenergie in der Energieerzeugung in Europa und weltweit nimmt auch der Umgang mit Kernmaterial im Brennstoffzyklus kontinuierlich zu. Um eine Abzweigung dieses Materials für ungewollte Zwecke zu verhindern, bedarf es eines starken und zuverlässigen Systems von Sicherungs- und Nichtverbreitungsmaßnahmen. Es sind auch weiterhin technische Innovationen und Verbesserungen erforderlich, um neue Vorgaben für Sicherungsmaßnahmen umzusetzen. Es muss an einer verstärkten Automatisierung und an besseren Werkzeugen für die Informationsanalyse gearbeitet werden, um sowohl die Arbeitsbelastung der Inspektoren als auch die Belastung der Nuklearindustrie zu verringern. Auch bei den für Europa relevanten Reaktorsystemen und den entsprechenden Brennstoffzyklen werden neue und innovative Konzepte für Sicherungsmaßnahmen umgesetzt werden.

3.3.2.   Zusatzprotokoll

Mit dem Zusatzprotokoll sollen nicht deklarierte kerntechnische Tätigkeiten unterbunden werden. Seine Umsetzung erfordert eine Reihe anderer Verfahren als jene, die bei der Überprüfung der Kernmaterialbuchführung zum Einsatz kommen (bzw. die Weiterentwicklung dieser Verfahren). Es wird mit einer Zunahme des Arbeitsaufwands für die Überprüfung der Vollständigkeit der Meldungen gerechnet, weshalb weitere FuE zu Methoden für die Aufdeckung illegaler Programme erforderlich ist. Dabei kommen in einigen Fällen dieselben Techniken wie in der Nuklearforensik zum Einsatz. Es muss intensiv daran gearbeitet werden, die Methoden zur Analyse von Spurenpartikeln zu verbessern, um deklarierte Tätigkeiten überprüfen und nicht deklarierte Tätigkeiten aufdecken zu können.

3.3.3.   Erfassung von Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen zur Nichtverbreitung von Kernwaffen

Zur Unterstützung der Kommissionsdienststellen sowie im Rahmen der Zusammenarbeit mit der IAEO und den Behörden der Mitgliedstaaten wird die JRC auch weiterhin Informationen zu Fragen der Nichtverbreitung von Kernwaffen aus verschiedenen Quellen (Internet, Fachliteratur, Datenbanken) systematisch erfassen und auswerten. Anhand dieser Informationen werden Länderberichte erstellt, um die Entwicklung der kerntechnischen Tätigkeiten sowie die Einfuhr bzw. Ausfuhr von Direct-Use- und Dual-Use-Ausrüstungen und -Technologien in bestimmten Ländern genau zu überwachen. Darüber hinaus wird die JRC die technische Entwicklung der Ausfuhrkontrollregelungen verfolgen und die zuständigen Kommissionsdienststellen fachlich unterstützen.

3.3.4.   Bekämpfung des illegalen Kernmaterialhandels, einschließlich nuklearforensischer Analyse

Ein möglicher illegaler Handel mit Kernmaterial und anderen radioaktiven Stoffen, die damit verbundenen Risiken der Verbreitung von Kernwaffen sowie die Bedrohung durch Nuklearterrorismus machen eine Reihe von Präventions-, Ermittlungs- und Gegenmaßnahmen erforderlich. Die Gefahrenabwehr im Nuklearbereich erfährt auf allen Ebenen zunehmende Aufmerksamkeit — von internationalen Initiativen (Global Initiative on Combating Nuclear Terrorism, Sicherheitsinitiative zur Unterbindung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, UNSC 1540 u. a.) bis hin zur multilateralen Zusammenarbeit und zu technischen Entwicklungen. Die Ausbildung der Mitarbeiter ist für die Umsetzung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr im Nuklearbereich von entscheidender Bedeutung. Die JRC gibt ihre Erfahrung und Sachkenntnis im Nuklearbereich im Allgemeinen und im Bereich der Gefahrenabwehr im Besonderen an die Mitgliedstaaten und internationalen Organisationen weiter.

Dazu müssen verschiedene Schulungsprogramme entwickelt bzw. verbessert und die damit verbundenen Schulungsmodule erarbeitet bzw. aktualisiert werden. Die JRC wird ein Europäisches Zentrum für Sicherheitsschulungen einrichten, das sich zunächst auf die Abwehr nuklearer und radiologischer Gefahren konzentrieren wird.

4.   Ethische Aspekte

Bei der Durchführung dieses spezifischen Programms und den damit verbundenen Forschungstätigkeiten müssen ethische Grundprinzipien beachtet werden. Dies umfasst auch die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgeschriebenen Grundsätze.

Im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip müssen die Teilnehmer an Forschungsprojekten angesichts der Vielfalt der Ansätze in Europa die unterschiedlichen geltenden Rechtsvorschriften, Regelungen und ethischen Regeln der Länder, in denen die Forschung durchgeführt wird, einhalten. Es gelten in jedem Fall die nationalen Bestimmungen, so dass Forschungsarbeiten, die in einem Mitgliedstaat oder einem anderen Land verboten sind, von Euratom in diesem Mitgliedstaat bzw. Land nicht finanziell unterstützt werden.

Gegebenenfalls müssen die Teilnehmer an Forschungsprojekten vor der Aufnahme der Tätigkeiten die Genehmigung der zuständigen nationalen oder lokalen Ethikausschüsse einholen. Bei Vorschlägen zu ethisch sensiblen Themen oder solchen, bei denen ethische Aspekte nicht ausreichend gewürdigt wurden, führt die Kommission systematisch eine Ethikprüfung durch. In Einzelfällen kann eine Ethikprüfung auch während der Durchführung des Projektes vorgenommen werden.

Artikel 13 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union bestimmt, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten bei der Festlegung und Durchführung der Politik der Union einschließlich der Forschung den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere in vollem Umfang Rechnung trägt.


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