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Document 52004AE0962

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Dritten Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt — Eine neue Partnerschaft für den Zusammenhalt: Konvergenz, Wettbewerbsfähigkeit und Zusammenarbeit“ (KOM(2004) 107 endg.)

ABl. C 302 vom 7.12.2004, p. 60–69 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

7.12.2004   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 302/60


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Dritten Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt — Eine neue Partnerschaft für den Zusammenhalt: Konvergenz, Wettbewerbsfähigkeit und Zusammenarbeit“

(KOM(2004) 107 endg.)

(2004/C 302/14)

Die Europäische Kommission beschloss am 8. Dezember 2003, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen: „ Dritter Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt — Eine neue Partnerschaft für den Zusammenhalt: Konvergenz, Wettbewerbsfähigkeit und Zusammenarbeit “

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten des Ausschusses beauftragte Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt nahm ihre Stellungnahme am 8. Juni 2004 an. Berichterstatter war Herr BARROS VALE.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 410. Plenartagung am 30. Juni/1. Juli 2004 (Sitzung vom 30. Juni) mit 118 Ja-Stimmen bei 5 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Einleitung

1.1

Der „Dritte Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt“ unter dem Motto „Eine neue Partnerschaft für den Zusammenhalt: Konvergenz, Wettbewerbsfähigkeit und Zusammenarbeit“ umfasst eine Bilanz der Kohäsionspolitik in der Europäischen Union und insbesondere der Fortschritte beim wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt sowie eine Vorausschau.

1.2

Der Bericht ist in vier Hauptteile gegliedert und enthält zudem auf den ersten Seiten eine Zusammenfassung sowie Schlussfolgerungen mit einem Vorschlag für die Reform der Kohäsionspolitik:

Teil 1 — Zusammenhalt, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und Wachstum - Aktuelle Lage und Tendenzen;

Teil 2 — Auswirkungen der Politik der Mitgliedstaaten auf den Zusammenhalt;

Teil 3 — Auswirkungen der Gemeinschaftspolitik: Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und Zusammenhalt;

Teil 4 — Auswirkungen und zusätzlicher Nutzen der Strukturpolitik.

1.3

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt die Ergebnisse, die in den letzten Jahren in der Kohäsionspolitik, einem der grundlegenden Politikbereiche der Europäischen Union, erreicht wurden. Er ist der Auffassung, dass die in diesem Bericht enthaltenen Vorschläge den Zielen entsprechen, für die sich der Ausschuss bereits in einer Reihe von Dokumenten ausgesprochen hat.

1.3.1

In diesem Zusammenhang begrüßt der Ausschuss auch, dass die Kommission Vorschläge zur Renationalisierung der Kohäsionspolitik unberücksichtigt lässt.

1.4

Um der Komplexität und thematischen Vielfalt des Berichts gerecht zu werden und eine bessere Darstellung der Problematik zu ermöglichen, orientiert sich der Aufbau der vorliegenden Stellungnahme an dem des Kommissionsberichts. Im Schlussteil dieser Stellungnahme werden die bisherigen Entwicklungen bewertet und die Zukunftsperspektiven erläutert.

2.   TEIL I — Zusammenhalt, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und Wachstum - Aktuelle Lage und Tendenzen

2.1

Auf der Grundlage verschiedener statistischer Daten wird in dem Bericht auf den Stand des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts in Europa und die etwaigen positiven Auswirkungen auf die Konvergenz eingegangen.

2.2

In dem Dokument werden die Fortschritte der „Kohäsionsländer“ in Bezug auf die reale Konvergenz — anhand von Daten für 2001 und teilweise für 2002 — recht eingehend behandelt und verschiedene Perspektiven aufgezeigt. Die Analyse erstreckt sich auch auf den Stand des Zusammenhalts in einem erweiterten Europa.

2.3

Dieser Teil des Berichts beschäftigt sich somit mit dem Anstieg des Pro-Kopf-BIP und der Beschäftigung in den Kohäsionsländern während der letzten Jahre im Vergleich zum Rest der EU und mit der Entwicklung der Disparitäten in der EU15 in den letzten zehn Jahren, wobei der besondere Schwerpunkt auf den Ziel-1-Regionen liegt. Des Weiteren wird die wirtschaftliche Entwicklung in den neuen Mitgliedstaaten während der jüngsten Vergangenheit untersucht, wobei auf die Wirtschaftsleistung dieser Länder eingegangen und darauf hingewiesen wird, dass für eine Annäherung dieser Länder an das durchschnittliche Einkommensniveau der EU hohe Wachstumsraten über einen längeren Zeitraum erforderlich sein werden.

2.4

Die Bevölkerungsalterung in der Union sowie die maßgeblichen Faktoren für Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung, wie z.B. Innovation und Wissen, gehören zusammen mit dem Umweltschutz im Rahmen der Ziele von Göteborg zu den Aspekten, auf die in diesem Teil des Berichts abgehoben wird.

2.5   Allgemeine Aspekte

2.5.1

In den letzten zehn Jahren und vor allem während der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre ist der Zusammenhalt in der EU sowohl auf nationaler als auch auf regionaler Ebene deutlich gestiegen, d.h. die Disparitäten sowohl zwischen den Ländern als auch zwischen den Regionen haben sich verringert. Diese Entwicklung war jedoch ausgeprägter auf Ebene der Mitgliedstaaten als auf Ebene der Regionen.

2.5.2

Trotz des positiven Beitrags der Strukturfonds und trotz der bisher erzielten Fortschritte bestehen auch weiterhin sehr große Unterschiede im Hinblick auf Wohlstand und Wirtschaftsleistung, was auf die strukturellen Schwächen einiger Länder und Regionen zurückzuführen ist.

2.5.3

Außerdem bereitet die Wettbewerbsfähigkeit der am wenigsten wohlhabenden Regionen nach wie vor Probleme. Einige Regionen Europas sind zu stark abgeschieden, es fehlt an qualifizierten Arbeitskräften und Investitionen, und sie verfügen nicht über die Mittel, um den Anschluss an die Informationsgesellschaft zu schaffen.

2.5.4

Im Bereich des sozialen Zusammenhalts und der Beschäftigung wurden anscheinend am wenigsten Fortschritte erzielt:

2.5.4.1

Die Langzeitarbeitslosigkeit hält beharrlich an.

2.5.4.2

Ein leichter Anstieg der Beschäftigung in der EU15 im Jahr 2001 hat in Verbindung mit dem Beschäftigungsrückgang in den Beitrittsländern während der letzten Jahre zu einer immer größeren Verschärfung der regionalen Disparitäten geführt.

2.5.4.3

Das natürliche Bevölkerungswachstum ist in etlichen Regionen Europas rückläufig und wird in den nächsten Jahren voraussichtlich noch weiter zurückgehen (den demographischen Prognosen zufolge ist in den einzelnen Mitgliedstaaten und den Beitrittsländern mit nur wenigen Ausnahmen ein Rückgang zu erwarten).

2.5.4.4

Für die Beschäftigung am relevantesten ist jedoch die Tatsache, dass die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter schneller schrumpft als die Gesamtbevölkerung. Nach den Prognosen für 2025 werden 35 % der Erwerbstätigen in der EU15 über 50 Jahre alt sein, im Vergleich zu 26 % im Jahr 2000. Parallel dazu wird der Anteil der Menschen über 65 kontinuierlich weitersteigen.

2.5.4.5

Die Daten lassen einen Anstieg des Altersabhängigkeitsquotienten erkennen. In der EU15 beträgt der Anteil der über 65-Jährigen an der Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter derzeit fast 25 %, d.h. auf jede Person im Rentenalter kommen vier 15- bis 64-Jährige. Bis 2025 wird dieser Anteil auf 36 % ansteigen, d.h. auf jede Person im Rentenalter werden weniger als drei Personen im erwerbsfähigen Alter kommen. In den Beitrittsländern wird dieser Anteil von weniger als 20 % auf über 30 % ansteigen.

2.5.4.6

In dem Bericht wird allerdings deutlich gemacht, dass aus diesen Daten nicht hervorgeht, wie viele Menschen im erwerbsfähigen Alter auch tatsächlich beschäftigt sein werden und damit die Renten der über 65-Jährigen finanzieren können (2002 waren in der EU15 lediglich 64 % der Personen im erwerbsfähigen Alter auch tatsächlich erwerbstätig und in den Beitrittsländern sogar nur 56 %, wobei diese Zahlen aber je nach Land und Region stark variieren).

2.5.5

Im Bericht wird darauf hingewiesen, dass mit dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten im Mai 2004 die Disparitäten - sowohl was das Einkommen als auch die Beschäftigung betrifft - zwischen den Ländern und Regionen der Europäischen Union noch größer werden. Diese Länder haben zwar in den letzten Jahren ein starkes Wachstum verzeichnet, aber ihr Pro-Kopf-BIP und vielfach auch ihre Beschäftigungsquote liegen noch deutlich unter dem EU15-Durchschnitt.

2.5.6

Aufgrund der zunehmenden Verflechtung im Handel und bei Investitionen kann über die wirtschaftliche Entwicklung in den neuen Mitgliedstaaten die erforderliche Dynamik entstehen, um EU-weit die Weichen für höhere Wachstumsraten zu stellen und diese aufrechtzuerhalten. Die positiven Impulse werden sich vor allem in Deutschland und Italien bemerkbar machen.

2.5.7

In der erweiterten Union können die Mitgliedstaaten nach ihrem Pro-Kopf-BIP in KKS in drei Gruppen eingeteilt werden:

in der ersten Gruppe, die 12 der gegenwärtig 15 Mitgliedstaaten umfasst, liegt das Pro-Kopf-BIP deutlich über dem Durchschnitt der EU25 (10 Prozentpunkte oder mehr);

in der zweiten Gruppe mit insgesamt sechs Ländern — die restlichen drei derzeitigen Mitgliedstaaten Spanien, Portugal und Griechenland plus Zypern, Slowenien, Malta und die Tschechische Republik — liegt das Pro-Kopf-BIP zwischen 73 % und 92 % des EU25-Durchschnitts;

in der dritten Gruppe mit acht Ländern (einschließlich Rumänien und Bulgarien) liegt das Pro-Kopf-BIP unter 60 % des Gemeinschaftsdurchschnitts.

2.5.8

In dem Kapitel über den territorialen Zusammenhalt wird herausgestellt, dass die grenzüberschreitende, transnationale und interregionale Zusammenarbeit zwischen den Regionen einen wichtigen Beitrag zu einer ausgewogenen Entwicklung des Gemeinschaftsgebiets leistet.

2.5.9

Im Hinblick auf die Bestimmungsfaktoren für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit bestehen dem Bericht zufolge weiterhin regionale Disparitäten:

was die Humanressourcen angeht, haben die am wenigsten wohlhabenden Regionen einen hohen Anteil an Schulabbrechern; die Anzahl derjenigen, die an Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen, liegt in den Kohäsionsländern mit Ausnahme Irlands weit unter dem Durchschnitt und ist in den Beitrittsländern vielfach noch niedriger.

in dem Bericht werden verschiedene Indikatoren angeführt, an denen sich die großen Disparitäten zwischen den Mitgliedstaaten der EU15 bei der Innovation ablesen lassen. Die Ausgaben für FuE belegen den Rückstand der Ziel-1-Regionen (die Unternehmensausgaben für FuE liegen im Verhältnis zum BIP erheblich unter dem europäischen Durchschnitt und belaufen sich auf etwas mehr als ein Fünftel des Gemeinschaftsdurchschnitts).

2.5.9.1

In den Beitrittsländern wird bezogen auf das BIP weitaus weniger für FuE ausgegeben als in den meisten Mitgliedstaaten der EU15, jedoch nur geringfügig weniger als in den Ziel-1-Regionen.

2.5.9.2

Wie in der EU15 konzentriert sich auch in den Beitrittsländern ein relativ hoher Anteil der FuE-Ausgaben in den wohlhabenderen Regionen.

2.5.9.3

Die regionalen Disparitäten beim Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) bestehen ebenfalls weiter.

2.5.10

In dem Bericht wird darauf hingewiesen, dass zunächst verschiedene Voraussetzungen für eine nachhaltige Regionalentwicklung und die Verfolgung von Strategien zur Beschäftigungsförderung geschaffen werden müssen. Dem Bericht zufolge muss auf nationaler Ebene durch ein stabilitäts- und wachstumsförderndes Umfeld sowie steuerliche und gesetzliche Rahmenbedingungen dafür gesorgt werden, dass das Vertrauen der Unternehmen steigt. Auf regionaler Ebene sind angemessene materielle Infrastrukturen und qualifizierte Arbeitskräfte erforderlich, insbesondere in den Ziel-1-Regionen und den Beitrittsländern, wo noch in beiden Bereichen gravierende Defizite bestehen. In dem Bericht wird grundsätzlich herausgestellt, dass in den Regionen eine Reihe von Bedingungen erfüllt sein müssen, die in unmittelbarerem Zusammenhang mit den „immateriellen“ Faktoren der Wettbewerbsfähigkeit stehen, wie z. B. Innovation, FuE und die Nutzung der IKT, damit die Ziele der Lissabon-Strategie verwirklicht werden können.

2.5.11

In dem Bericht wird außerdem festgestellt, dass beim Umweltschutz mit Blick auf die Umsetzung der Ziele von Göteborg wesentliche Unterschiede bestehen.

2.6   Kohäsionsländer

2.6.1

Eine eingehende Prüfung der Konvergenz bei Pro-Kopf-BIP, Beschäftigung und Produktivität in den Kohäsionsländern lässt den Schluss zu, dass diese Länder auch weiterhin Boden gutmachen und ihr Wachstum im Zeitraum 1994-2001 über dem Gemeinschaftsdurchschnitt lag. Irland wird als deutliches Beispiel dafür angeführt, wie wirksam die von den Strukturfonds geleistete Unterstützung ist, wenn sie mit einer wachstumsorientierten Politik des jeweiligen Staates einhergeht.

2.6.2

Wie in dem Bericht betont wird, hat sich seit der Veröffentlichung des letzten Berichts das Wirtschaftswachstum in der EU spürbar verlangsamt, was unweigerlich Konsequenzen für den Zusammenhalt hatte, nicht nur weil infolgedessen die Arbeitslosigkeit gestiegen ist, sondern auch weil sich die Bedingungen für eine weitere Verringerung der regionalen Disparitäten beim Einkommen und bei der Beschäftigung verschlechtert haben.

2.6.3

Von der Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in der EU, die in praktisch allen Mitgliedstaaten zu verzeichnen war, war von den Kohäsionsländern Portugal am stärksten betroffen. Falls sich die Prognosen für 2004 bestätigen, steht vor dem Hintergrund der Daten für 2001 dem Bericht zufolge zu befürchten, dass die in Portugal erreichte Annäherung an den Gemeinschaftsdurchschnitt wieder verloren geht.

2.6.4

Dem Bericht zufolge hat sich der Unterschied im Pro-Kopf-BIP zwischen den am wenigsten wohlhabenden Regionen der EU — auf die die Kohäsionspolitik vorrangig ausgerichtet war — und den übrigen Regionen bis 2001 verringert. Es ist derzeit aber nicht möglich zu sagen, wie die Entwicklung seit 2001 verlaufen ist, da für die letzten Jahre keine regionalen Daten vorliegen.

2.7   Beitrittsländer

2.7.1

In den Beitrittsländern sind die regionalen Disparitäten beim Pro-Kopf-BIP erheblich größer geworden. In der Tschechischen Republik und der Slowakei ist das Pro-Kopf-BIP der 20 % der Bevölkerung, die in den wohlhabendsten Regionen leben, etwas mehr als doppelt so hoch wie das der 20 %, die in den am wenigsten wohlhabenden Regionen leben.

2.7.2

Dem Bericht zufolge wird eine hohe Wachstumsrate über einen längeren Zeitraum erforderlich sein, damit sich das Einkommensniveau dieser Länder dem Gemeinschaftsdurchschnitt annähern kann. Das Wachstum in diesen Ländern würde auch das Wachstum der EU-Wirtschaft insgesamt steigern und zur Verringerung der Arbeitslosigkeit und zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts beitragen.

2.7.3

In den Beitrittsländern hat sich das Wachstum — teilweise aufgrund der Wachstumsschwäche der EU, ihres wichtigsten Exportmarktes — seit 2001 verlangsamt, was zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führte.

2.7.4

2002 betrug die Beschäftigungsquote in den zehn Beitrittsländern im Durchschnitt 56 % und war damit bedeutend geringer als der EU15-Durchschnitt, der bei rund 64 % lag. In sämtlichen Beitrittsländern mit Ausnahme Zypern blieb die Beschäftigungsquote hinter den im Rahmen der Lissabon-Strategie für Europa festgelegten Zahlen zurück (67 % für 2005 und 70 % für 2010).

2.8   Die Erweiterung

2.8.1

Im Zuge der Erweiterung werden sich die Disparitäten zwischen den wohlhabendsten und den am wenigsten wohlhabenden Mitgliedstaaten verschärfen. Die neuen Mitgliedstaaten hatten zwar in den letzten Jahren ein stärkeres Wachstum zu verzeichnen als die EU15, aber der Abstand beim Pro-Kopf-BIP ist nach wie vor sehr groß. Lediglich in Malta, Zypern, der Tschechischen Republik und Slowenien lag das Pro-Kopf-BIP in KKS im Jahr 2002 bei über 60 % des EU15-Durchschnitts. In Polen, Estland und Litauen lag der Wert bei rund 40 %, in Lettland bei rund 35 % und in Bulgarien und Rumänien bei rund 25 % des Durchschnitts.

2.8.2

Die Erweiterung wird sich auf die Disparitäten zwischen den Regionen noch stärker auswirken als auf die zwischen den Ländern. Den jüngsten Schätzungen (2001) zufolge leben 73 Millionen Menschen, etwa 19 % der EU15-Bevölkerung, in Regionen mit einem Pro-Kopf-BIP von weniger als 75 % des Gemeinschaftsdurchschnitts. Die Erweiterung wird dazu führen, dass in der EU25 die Zahl der Menschen, die in Regionen mit einem Pro-Kopf-BIP von weniger als 75 % des Durchschnitts leben, auf rund 123 Millionen anwächst. Mit dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens wird die Zahl weiter auf 153 Millionen steigen, d.h. auf mehr als das Doppelte derer, die zum jetzigen Zeitpunkt in solchen Regionen leben.

2.8.3

Der Bericht stellt fest, dass — falls am Kriterium für die Förderfähigkeit im Rahmen von Ziel 1 festgehalten würde — infolge des statistischen Effekts der Erweiterung, der zu einem Absinken des durchschnittlichen Pro-Kopf-BIP führt, einige Regionen ihren Anspruch auf Strukturhilfe verlören, obgleich ihr Pro-Kopf-BIP nach der Erweiterung genau dasselbe sein wird wie vorher. Davon betroffen sind beispielsweise mehrere Regionen in Deutschland, Spanien, Griechenland, Italien und Portugal.

3.   TEIL 2 — Beitrag der Politik der Mitgliedstaaten zum Zusammenhalt

3.1

In Teil 2 des Berichts wird der Beitrag der Politik der Mitgliedstaaten zur Kohäsionspolitik der Europäischen Union untersucht. Er wird dabei als Ergänzung aufgefasst, da in beiden Fällen eine ausgewogenere Verteilung der Realeinkommen und Lebenschancen in den Regionen sowie eine gleichmäßigere Entwicklung des gesamten Territoriums (Mitgliedstaat bzw. EU als Ganzes) angestrebt werden.

3.1.1

Die Kommission weist darauf hin, dass die für die Verringerung der öffentlichen Ausgaben erforderlichen Einschränkungen einen Anreiz zur Verbesserung der Qualität der Programme darstellen, auch wenn nicht abzusehen ist, inwieweit dies zu einer höheren Effizienz der regionalen Kohäsionspolitik führt.

3.1.2

Der Bericht enthält Daten, die — obwohl unvollständig — eindeutig belegen, dass ein Großteil der öffentlichen Ausgaben in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten (insbesondere für den Sozialschutz) im Zusammenhang mit dem europäischen Gesellschaftsmodell steht und — absichtlich oder nicht — wesentlich zum Abbau der Disparitäten in Bezug auf Realeinkommen und Lebenschancen beiträgt.

3.1.3

Hinsichtlich der Änderungen bei der Verteilung der öffentlichen Ausgaben wird die Tatsache hervorgehoben, dass trotz der Bevölkerungsalterung und des zunehmenden Rentneranteils zwischen 1995 und 2002 in der EU der Anteil der Ausgaben für den Sozialschutz am BIP tendenziell abnahm (mit Ausnahme einiger Länder wie Deutschland, Griechenland, Portugal oder — in geringerem Maße — Italien).

3.1.4

Im Bericht wird ferner festgestellt, dass die Regionalentwicklungspolitik der einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich ist, was mit institutionellen Faktoren (im Wesentlichen dem Grad der Dezentralisierung der politischen Zuständigkeiten im Bereich der Wirtschaftsförderung), aber auch mit einer unterschiedlichen Vorstellung von den für die wirtschaftliche Entwicklung bestimmenden Faktoren zusammenhängt.

3.1.5

Dem Bericht zufolge gehört es zu den wichtigen Strategien für Regionalentwicklung, ausländische Direktinvestitionen anzuziehen, da sie für neue Arbeitsplätze sorgen und ein Mittel für den Transfer von Technologien und Know-how darstellen. Ein wesentliches Ziel der Regionalförderung besteht deshalb darin, Regionen für ausländische Investoren attraktiver zu machen.

3.1.6

Trotz ihrer Unvollständigkeit lassen die Daten erkennen, dass sich die Investitionen unverhältnismäßig stark auf die wirtschaftlich dynamischsten Regionen innerhalb eines Landes bzw. im gesamten EU-Gebiet konzentrieren.

3.1.7

Die Regierungen der Kohäsionsländer, aber auch der Beitrittsländer stehen vor einem besonderen Dilemma: einem möglichen trade-off zwischen der Notwendigkeit, die am wenigsten entwickelten Regionen als Investitionsstandorte attraktiv zu machen, und der Tatsache, dass Investitionen naturgemäß in die dynamischsten Regionen fließen.

4.   TEIL 3 — Beitrag der Gemeinschaftspolitik: Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung und Zusammenhalt

4.1

Im Zweiten Kohäsionsbericht stand der Beitrag der Gemeinschaftspolitik zum Zusammenhalt im Mittelpunkt. In Teil 3 des Dritten Berichts geht es nun um die Frage, inwieweit sich diese Politik seit 2001, insbesondere unter Berücksichtigung der in Lissabon und Göteborg festgelegten Ziele, verändert hat.

4.1.1

Die infolge der Lissabonner Strategie ergriffenen Initiativen lassen Fortschritte vor allem bei der Verwendung der neuen Technologien erkennen (Schulen mit Internetzugang oder elektronische Behördendienste in allen Beitrittsländern, von denen einige in gewissen Bereichen weiter fortgeschritten sind als die derzeitigen EU-Mitgliedstaaten).

4.1.2

Über die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten hinaus veranschaulicht der Bericht die positiven Auswirkungen der Europäischen Beschäftigungsstrategie auf den Arbeitsmarkt (Rückgang der durchschnittlichen Arbeitslosenquote in der EU und Erhöhung der Erwerbsquote).

4.1.3

Bei der Beschreibung der übrigen Gemeinschaftspolitiken, die den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt stärken (vornehmlich die Verkehrs-, Telekommunikations-, Energie-, Agrar-, Fischerei- und Umweltpolitik), wird die Entwicklung der transeuropäischen Verkehrs-,Telekommunikations- und Energieversorgungsnetze hervorgehoben, die vor allem seit 1991 eine Erhöhung der Anbindungen ermöglicht haben. In den nächsten Jahren werden insbesondere in den Beitrittsländern noch deutlichere Auswirkungen erwartet.

4.1.4

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die nachhaltige Entwicklung in Übereinstimmung mit dem Kyoto-Protokoll eine der Prioritäten der Energiepolitik ist, wird es den Randgebieten durch die Erschließung neuer Energiequellen ermöglicht, einerseits ihre Energieversorgung zu diversifizieren und andererseits ihre Lebensqualität zu verbessern. Investitionen in den Umweltschutz können ebenfalls erheblich zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

4.1.5

Im Bericht wird die Komplementarität von staatlichen Beihilfen und Kohäsionspolitik hervorgehoben. Eine strikte Kontrolle staatlicher Beihilfen ist notwendig, um die Ziele von Lissabon und Göteborg zu erreichen. Deshalb wurden die Mitgliedstaaten aufgefordert, ihre Strategien an horizontalen Zielen auszurichten.

4.2

Schließlich wird darauf hingewiesen, dass die Schaffung eines sicheren Umfelds, in dem die Gesetze eingehalten werden, eine Grundvoraussetzung für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung ist.

5.   TEIL 4 — Zusätzlicher Nutzen und Auswirkungen der Strukturpolitik

5.1

Dieser Teil des Berichts bietet eine Übersicht über die Ergebnisse der Kohäsionspolitik im Zeitraum 1994-1999 und die vorläufigen Ergebnisse der Durchführung bestimmter Programme im Zeitraum 2000-2006. Es werden verschiedene Aspekte der Kohäsionspolitik analysiert, z.B. der Beitrag der Strukturpolitik zum nachhaltigen Wachstum der rückständigsten Regionen, die Auswirkungen der Kohäsionspolitik außerhalb der Ziel-1-Regionen, die Rolle des Europäischen Sozialfonds (ESF) im Bereich der Investitionen in die Beschäftigung sowie in die allgemeine und berufliche Bildung, die Rolle der Strukturpolitik bei der Förderung der Zusammenarbeit und die mittels der Heranführungshilfen erzielten Ergebnisse in den neuen Mitgliedstaaten.

5.2

Unter den dargestellten Ergebnissen sind folgende besonders erwähnenswert:

5.2.1

In den Zeiträumen 1989-1993 und 1994-1999 verzeichneten fast alle unter Ziel 1 fallenden Länder einen erheblichen Zuwachs der Investitionen der öffentlichen Hand.

5.2.2

Strukturfondsmittel wurden für den Ausbau der transeuropäischen Verkehrsnetze verwendet, was die Attraktivität der betreffenden Regionen steigerte und die Wirtschaftstätigkeit förderte.

5.2.3

Es wurde festgestellt, dass für die Entwicklung einer wissensbasierten Wirtschaft Investitionen in Infrastruktur und Ausrüstung allein nicht ausreichen. Deshalb sollten im letzten Jahrzehnt strukturpolitische Maßnahmen (vor allem in Ziel-1-Regionen) auch zum Ausbau der Forschungs- und Entwicklungskapazität beitragen.

5.2.4

Die Hilfen aus den Strukturfonds wirkten sich ferner positiv auf den Umweltschutz aus.

5.2.5

In neueren empirischen Studien wird die tatsächliche Konvergenz zwischen den Regionen untersucht und festgestellt, dass ein positiver Zusammenhang zwischen der Höhe der Strukturbeihilfen und dem realen BIP-Wachstum besteht.

5.2.6

Auf der Grundlage von Simulationen bezüglich der makroökonomischen Effekte der Strukturpolitik im Zeitraum 1994-1999 wird geschätzt, dass infolge der Strukturinterventionen im Jahr 1999 das reale BIP in Griechenland 2,2 %, in Spanien 1,4 %, in Irland 2,8 % und in Portugal 4,7 % höher ausfiel. Diese Divergenzen spiegeln den unterschiedlichen Öffnungsgrad der Volkswirtschaften wider, der in den beiden letztgenannten Fällen besonders hoch ist.

5.2.7

Die Strukturinterventionen gehen mit einem deutlichen Anstieg der Investitionen (insbesondere in Infrastruktur und Humankapital) einher, der 1999 schätzungsweise 24 % in Portugal und 18 % in Griechenland betrug.

5.2.8

Augenscheinlich haben die Strukturbeihilfen die „nationale Konvergenz“ in einigen Fällen gefördert (Irland), während sie in anderen Fällen eher den Auswirkungen einer Polarisierung der Wirtschaftstätigkeit entgegengewirkt haben (Spanien). Die Erfahrung zeigt jedoch, dass ein solcher trade-off zwischen „regionaler“ und „nationaler“ Konvergenz vor allem von der räumlichen Verteilung der Wirtschaftstätigkeit und der Siedlungskerne innerhalb des betreffenden Lands abhängt.

5.2.9

Die Strukturfonds tragen zur wirtschaftlichen Integration bei. Die europäischen Volkswirtschaften sind immer enger miteinander verflochten, wie die Handels- und Investitionsströme zwischen ihnen zeigen. Das Handelsaufkommen der Kohäsionsländer mit dem Rest der EU hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Diese Situation beweist, dass die anderen EU-Länder aus den Strukturbeihilfen für benachteiligte Regionen ebenfalls Vorteile gezogen haben. Im Zeitraum 2002-2006 fließt schätzungsweise ein Viertel derartiger Ausgaben (24,1 %) in den Rest der Union zurück, vornehmlich, weil diese Länder ihre Maschinen- und Ausrüstungsgüterexporte in die Kohäsionsländer steigern können. Der entsprechende Prozentsatz ist im Falle von Griechenland (42,3 % der Strukturbeihilfen) und Portugal (35,2 %) besonders hoch.

5.2.10

Neben Ziel-1-Regionen unterstützen Strukturfondsinterventionen auch die Wirtschaftsentwicklung in anderen Regionen der EU, die von Strukturproblemen betroffen sind (Gebiete mit rückläufiger industrieller Entwicklung, ländliche Gebiete). Der Bericht enthält Ergebnisse aus neueren Untersuchungen über die wichtigsten Auswirkungen dieser Gemeinschaftsbeihilfen im Zeitraum 1994-1999: Die Beihilfen trugen dabei zur Umstrukturierung traditioneller Industriezweige und zur Diversifizierung wirtschaftlicher Aktivitäten sowie zur Schaffung von Arbeitsplätzen in den Fördergebieten bei.

5.2.11

Eine genaue Analyse ergibt, dass die Beihilfen in den Bereichen FuE, Innovation und Technologietransfer hinsichtlich der Schaffung neuer Arbeitsplätze und des Erhalts bestehender Arbeitsplätze besonders wirksam waren. Gleichwohl ist die Innovationsfähigkeit — von einigen Ausnahmen abgesehen — in den meisten Ziel-2-Regionen weit weniger ausgeprägt als in den fortgeschrittensten Regionen der EU. Dies steht im Gegensatz zu ihrer Ausstattung mit Infrastruktur (vor allem Verkehrs- und Telekommunikationssystemen) und Humankapital. Darüber hinaus wurden große Anstrengungen zur Sanierung von Industriebrachen und zur Verbesserung der Umwelt (insbesondere in städtischen Gebieten) unternommen.

5.2.12

In Bezug auf die Beihilfen für Landwirtschaft, ländliche Entwicklung und Fischerei enthält der Bericht u.a. die Ergebnisse der Maßnahmen, die im Zeitraum 1994-1999 im Rahmen von Ziel 5a und 5b finanziert wurden.

5.2.13

Ein wesentlicher Teil der Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) wurde zur Unterstützung von Ziel-1-Regionen, aber auch anderen Regionen der EU verwendet. Im Zeitraum 1994-1999 wirkten die ESF-Beihilfen für Ziel-3- und Ziel-4-Regionen der Arbeitslosigkeit (insbesondere der Langzeitarbeitslosigkeit) entgegen und sorgten für Verbesserungen für ethnische Minderheiten und bei der Gleichstellung von Männern und Frauen.

5.2.14

Eine Reihe von Gemeinschaftsinitiativen zur Förderung der Zusammenarbeit und Vernetzung stellt eine wichtige Ergänzung zur Kohäsionspolitik dar. Beispielsweise wurden unter INTERREG II die Einrichtung von Netzwerken zwischen Ländern, der Erfahrungsaustausch zwischen Regionen und die Verbreitung von Wissen gefördert. Hinsichtlich des Abbaus der Isolierung ergibt sich jedoch ein uneinheitliches Bild. In einigen Regionen wurden Straßenverbindungen und Hafenanlagen wesentlich verbessert (z.B. in Griechenland, Deutschland und Finnland), während die Auswirkungen in bestimmten Grenzgebieten (z.B. zwischen Portugal und Spanien) weniger ins Gewicht fielen.

5.2.15

Des Weiteren wird die Bedeutung der Gemeinschaftsinitiative URBAN für die Entwicklung der städtischen Gebiete und die Verbesserung der Lebensqualität hervorgehoben.

5.2.16

Im Bericht wird festgestellt, dass die Erweiterung eine große Herausforderung für die Kohäsionspolitik darstellt. Die Beihilfen aus den Strukturfonds werden in den neuen Mitgliedstaaten bei der Verbesserung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und der Angleichung des Pro-Kopf-BIP an das Durchschnittsniveau der EU eine wichtige Rolle spielen. Auf Seiten der Beitrittsländer bedarf es einer sorgfältigen Vorbereitung, um die erhaltenen Beihilfen verwalten und einsetzen zu können. Die Heranführungshilfen sollten auch eine Art Übung sein, damit die betreffenden Länder einen effizienten Umgang mit Finanzmitteln erlernen können, bevor sie dann nach ihrem Beitritt sehr viel umfangreichere Beihilfen erhalten. Allerdings müssen die Verwaltungskapazität und die Dezentralisierung der Programmdurchführung nach 2006 weiter verstärkt werden.

6.   Bemerkungen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

6.1

Die im Bericht dargestellten Ergebnisse zeigen, dass die Kohäsionspolitik offenkundig positive Folgen gezeitigt hat.

6.2

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss ist jedoch insofern besorgt, als die Ziele der Kohäsionspolitik in den Mitgliedstaaten in stärkerem Maße erreicht worden sind als in den Regionen. Trotz positiver Tendenz bestehen weiterhin regionale Unterschiede bei der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung. Der Ausschuss weist ferner darauf hin, dass diese Disparitäten durch die Erweiterung verstärkt werden und dies eine zentrale Herausforderung für die Kohäsionspolitik darstellen wird.

6.3

Der Ausschuss teilt die Auffassung, dass die erhebliche Vergrößerung des Binnenmarkts infolge der Erweiterung neue, wenngleich für die EU-Mitgliedstaaten unterschiedliche Chancen bietet. Wegen der zunehmenden wechselseitigen Abhängigkeit bei Handel und Investitionen kann die Wirtschaftsentwicklung in den neuen Mitgliedstaaten zu einer Erhöhung der Zuwachsraten im gesamten Unionsgebiet führen (die Strukturfonds tragen zur wirtschaftlichen Integration bei, wie die Zunahme der Handels- und Investitionsströme zwischen ihnen zeigt).

6.4

Der Ausschuss stellt zudem fest, dass die Strukturfonds nicht nur der Wirtschaft der förderfähigen Regionen zugute kommen. Ein Großteil der Beihilfen für die Regionen mit Entwicklungsrückstand fließt in Form von Exportsteigerungen in die fortgeschrittensten Regionen der EU zurück. Im Zeitraum 2002-2006 beträgt dieser Rückfluss schätzungsweise rund ein Viertel (24,1 %) der Strukturinterventionen unter Ziel 1. Langfristig wird die Entwicklung in diesen Regionen auch den Regionen und Ländern, die Nettozahler sind, neue Märkte eröffnen und sich günstig auf ihre Wirtschaft auswirken.

6.5

Die Daten lassen erkennen, dass sich die Investitionen unverhältnismäßig stark auf die wirtschaftlich dynamischsten Regionen eines Landes bzw. des gesamten EU-Gebiets konzentrieren, was die Regierungen der Kohäsionsländer, aber auch der Beitrittsländer vor ein besonderes Dilemma stellt.

6.6

Als positiv erweist sich die Koordinierung zwischen mehreren sektorspezifischen Gemeinschaftspolitiken hinsichtlich des Kohäsionsziels (vor allem in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, Verkehr, Forschung und Technologie, berufliche und allgemeine Bildung).

6.7

Wichtig sind die Gemeinschaftsbeihilfen auch für Regionen außerhalb von Ziel 1, da sie zum Abbau wirtschaftlicher und sozialer Unterschiede beitragen.

6.8

Die Verlangsamung der Wirtschaftsentwicklung hat grundsätzlich negative Folgen für die Beschäftigung. Die Beschäftigungsquote in der EU15 ist weit entfernt von dem ehrgeizigen Ziel, das der Europäische Rat von Lissabon festgelegt hat. Allerdings überdeckt der Durchschnittswert die erheblichen Unterschiede in der gesamten Union.

6.9

Die demografische Entwicklung, vor allem die Alterung der Erwerbstätigen, spielt für die Zukunft des Arbeitsmarktes in der EU eine entscheidende Rolle. Diese Entwicklung macht auch eine verstärkte Förderung der Ausbildung und des lebenslangen Lernens notwendig.

6.10

Die demografischen Prognosen verdeutlichen, dass es wichtig ist, in den nächsten Jahren ein hohes Beschäftigungsniveau zu erreichen, um sozialen Spannungen vorzubeugen. Dies sollte mit einem nachhaltigen Produktionsanstieg einhergehen.

6.11

Es besteht Einvernehmen darüber, dass sich die europäische Wirtschaft auf wissensbasierte Aktivitäten, Innovationen und neue Informations- und Kommunikationstechnologien konzentrieren muss, damit sie wettbewerbsfähiger wird und der Beschäftigungsstand und der Lebensstandard steigen. Mit einem Wort, es geht um die Verwirklichung der Ziele der Lissabon-Strategie.

7.   Prioritäten der Kohäsionspolitik

7.1

Der Ausschuss begrüßt die Neugestaltung der Kohäsionspolitik der EU für den Zeitraum nach 2006, die auf einer begrenzten Zahl von Prioritäten (I — Konvergenz, II — Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung, III — Europäische regionale Zusammenarbeit) beruht und vorwiegend im Rahmen der Strategien von Lissabon und Göteborg auf nationaler und regionaler Ebene umgesetzt werden soll.

7.2

Der Ausschuss ist der Auffassung, dass die im Bericht enthaltenen Daten die Notwendigkeit vor Augen führen, das Kohäsionsziel in einer erweiterten Union mit größerem Nachdruck zu verfolgen. Deshalb ist er einverstanden, dass im Rahmen des Konvergenzziels vornehmlich Regionen mit einem Pro-Kopf-BIP unter 75 % des Gemeinschaftsdurchschnitts gefördert werden. Darüber hinaus begrüßt er die Sonderbehandlung der vom „statistischen Effekt“ betroffenen Regionen, für die ein Förderniveau vorgesehen ist, das höher ist als das 1999 für die Regionen im phasing out-System festgelegte.

7.3

Der Ausschuss begrüßt die vorgeschlagene Ausrichtung des Kohäsionsfonds auf das Konvergenzziel. Der Kohäsionsfonds sollte dabei weiterhin national (d. h. auf Mitgliedstaaten mit einem BIP unter 90 % des Gemeinschaftsdurchschnitts) ausgerichtet sein, ohne dass sein Einsatz durch regionale Kriterien eingeschränkt wird.

7.4

Der Ausschuss hält es für sinnvoll, die Kohäsionspolitik über die Mitgliedstaaten und Regionen mit Entwicklungsrückstand hinaus auszuweiten (vor allem um die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern und die Disparitäten zwischen den Regionen zu verringern sowie die Europäische Beschäftigungspolitik zu unterstützen) und befürwortet die Konzentration auf wenige Prioritäten im Bereich der Wettbewerbsfähigkeit (wissensbasierte Wirtschaft, Zugänglichkeit, Umweltschutz und Leistungen der Daseinsvorsorge).

7.5

Der Ausschuss ist auch damit einverstanden, dass im Rahmen der zweiten Priorität die derzeit unter Ziel 1 förderfähigen Regionen, die nicht die Förderkriterien im Rahmen der Konvergenzpriorität erfüllen, eine Sonderbehandlung erhalten, indem sie während eines Übergangszeitraums (phasing in) verstärkt unterstützt werden.

7.6

Da die Förderung der grenzüberschreitenden, transnationalen und interregionalen Zusammenarbeit für die territoriale Integration in Europa ein wichtiger Faktor war und ist, unterstützt der Ausschuss den Vorschlag der Kommission auf der Grundlage der Erfahrungen mit der Initiative INTERREG ein neues Ziel „territoriale Zusammenarbeit“ festzulegen. Dabei soll an den Kategorien „grenzüberschreitend“, „interregional“ und „transnational“ festgehalten und es den Mitgliedstaaten weiterhin ermöglicht werden, die Küstengebiete in die Kategorie „grenzüberschreitend“ aufzunehmen. Darüber hinaus müssen sich die Regionen, die an die neuen Mitgliedstaaten grenzen, der veränderten Situation anpassen, weshalb ein spezifisches Programm für diese Regionen aufgelegt werden sollte. Der Ausschuss ist deshalb einverstanden, die Finanzmittel für das Ziel „Europäische territoriale Zusammenarbeit“ (im Vergleich zu den für die Initiative INTERREG vorgesehenen Mitteln) deutlich aufzustocken.

7.7

Der Ausschuss begrüßt die Absicht der Kommission, die Schaffung eines neuen Rechtsinstruments in Form von „grenzüberschreitenden regionalen Gebietskörperschaften“ vorzuschlagen, um die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und lokalen Behörden zu erleichtern und um die Beziehungen an den Außengrenzen (vor allem mit den neuen Nachbarstaaten) zu stärken.

7.8

Der Ausschuss stimmt der Auffassung der Kommission zu, dass die Programme auf einem „integrierten Konzept für individuelle territoriale Besonderheiten“ aufbauen und auf die notwendige Bekämpfung der unterschiedlichen Formen sozialer Diskriminierung abzielen sollten.

7.9

Der Ausschuss begrüßt, dass die Kommission der städtischen Dimension große Bedeutung beimisst, indem sie sie in einschlägigen Aktionsprogrammen berücksichtigt und dabei ihr Augenmerk auf die Probleme der Städte richtet, die sie als Motoren der Regionalentwicklung anerkennt. Wie die Kommission hält der Ausschuss die Zusammenarbeit zwischen Städten für ein Schlüsselelement der territorialen Zusammenarbeit.

7.10

Für besonders wichtig hält der Ausschuss die Zusage, die neuen in ländlichen Gebieten eingesetzten Instrumente in die Gemeinsame Agrarpolitik nach und nach einzubinden und bei den Beihilfen die derzeitige Konzentration auf Regionen und Länder mit großem Entwicklungsrückstand, die unter die Konvergenzprogramme fallen, unverändert beizubehalten. Er weist auch darauf hin, dass nicht nur landwirtschaftliche Projekte gefördert werden sollten, sondern auch andere, die die Entwicklung des ländlichen Raums ermöglichen.

8.   Verwaltungssystem

8.1

Der Ausschuss ist damit einverstanden, die Zahl der Finanzinstrumente für die Kohäsionspolitik auf drei (EFRE, ESF und Kohäsionsfonds) zu begrenzen und sowohl die Ziele als auch die damit verbundenen Finanzinstrumente grundsätzlich zu reduzieren. Dies wird zur Vereinfachung und Effizienz der Programmplanung beitragen.

8.2

Der Ausschuss befürwortet die Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, den lokalen Gebietskörperschaften und den Wirtschafts- und Sozialpartnern.

8.3

Der Ausschuss hält es auch für richtig, dass der regelmäßigen Bewertung der territorialen Auswirkungen der Regionalpolitik große Bedeutung beigemessen wird — einschließlich, wie von der Kommission empfohlen, der Bewertung der Auswirkungen der Handelsentwicklung.

8.4

Er ist der Auffassung, dass in künftigen Berichten der Kommission die Frage der Gleichstellung von Frauen und Männern und der Bewertung des Beitrags der Kohäsionspolitik zu diesem Ziel mehr Raum einnehmen sollte.

8.5

In Bezug auf das Verwaltungssystem begrüßt der Ausschuss die Beibehaltung der vier Prinzipien Programmplanung, Partnerschaft, Konzentration und Zusätzlichkeit sowie die Vereinfachung durch stärkere Dezentralisierung. Nach Auffassung des Ausschusses darf die stärkere Dezentralisierung aber nicht die Tatsache in Frage stellen, dass die Kommission die Durchführung der Programme aufmerksam verfolgen, für die Kohärenz der Regionalpolitik auf EU-Ebene sorgen und Abweichungen, die den betreffenden Zielen abträglich sind, verhindern muss. Die Kommission muss nicht nur streng darauf achten, dass die Fonds korrekt verwaltet und Unregelmäßigkeiten ausgeschlossen werden, sondern auch darauf, dass die finanzierten Projekte die Zwecke erfüllen, für die sie entwickelt wurden.

9.   Partnerschaft bei der Durchführung der Strukturfonds

9.1

Der Ausschuss hat eine Stellungnahme zum Thema „Partnerschaft bei der Durchführung der Strukturfonds“ (1) verabschiedet, in der er u.a. folgende Ansichten vertritt:

9.2

Die Begleitausschüsse gemäß Artikel 35 der Strukturfondsverordnung sind ein wichtiger Punkt, mit dem man sich auseinandersetzen muss. Die neuen wichtigen Aufgaben, die diesen Gremien bzw. ihren Nachfolgern übertragen werden, erfordern eine Revision der Mechanismen für die Beteiligung der Sozialpartner.

9.3

Vor allem muss dafür gesorgt werden, dass die Beteiligung der Wirtschafts- und Sozialpartner in den Begleitausschüssen obligatorisch und durch die Zuerkennung des Stimmrechts aufgewertet wird, da dadurch die Position der Partner im Hinblick auf die in diesem Gremium erörterten Fragen klargestellt wird.

9.4

Die Kommission sollte eine aktualisierte Studie über die verschiedenen Partnerschaftsmodelle auf nationaler und regionaler Ebene in Auftrag geben, die als Informationsgrundlage für die Bewertung und Verbreitung weniger bekannter, aber für die Zukunft belangvoller Praktiken genutzt werden kann.

9.5

Nach Ansicht des Ausschusses muss unbedingt gewährleistet werden, dass diejenigen, die ein bestimmtes Programm zu bewerten haben, von der für die Durchführung des Programms zuständigen nationalen Behörde unabhängig sind; auch in diesem Bereich können die institutionellen Partner und die Wirtschafts- und Sozialpartner aufgrund ihrer Kenntnisse über die konkreten Ergebnisse der verschiedenen Interventionen eine größere Rolle spielen.

9.6

Die Auswahl der Partner und die Transparenz im Hinblick auf ihre Aufgaben und Zuständigkeiten ist nach Auffassung des Ausschusses von allergrößter Wichtigkeit.

9.7

Es stellt sich die Frage, ob es miteinander zu vereinbaren ist, wenn die in den verschiedenen Phasen beteiligten Partner zugleich Projektträger sind; es müssen entsprechende Bestimmungen für die Auswahl der Partner festgelegt werden, die gewährleisten, dass keine Organisationen in die Partnerschaft einbezogen werden, die dem Staat unterstehen und daher funktionell oder strukturell in der Unabhängigkeit ihres Handelns eingeschränkt sind.

9.8

Neben den Organisationen, die traditionell den Wirtschafts- und Sozialpartnern zugerechnet werden (Gewerkschaften, Industrie-, Bauern-, Handwerks- und Handelsverbände, dritter Sektor, Genossenschaften usw.), müssen verstärkt die so genannten funktional unabhängigen Einrichtungen wie z.B. die Handelskammern, Universitäten, Träger des sozialen Wohnungsbaus u.a. in die Strukturpolitik der Gemeinschaft einbezogen werden.

9.9

Infolge der Zusammensetzung der Partnerschaften und der möglichen Ineffizienz der Verfahren aufgrund der Kumulierung von Funktionen, die mit dem Erfordernis von Transparenz und Unabhängigkeit der Entscheidungen nicht vereinbar sind — wie z. B. die Beteiligung an der Programmplanung/Begleitung/Bewertung von Personen, die vielfach gleichzeitig Begünstigte der Programme sind — können Probleme auftreten.

9.10

In der Regel dürfte die Gefahr einer Unvereinbarkeit oder eines Interessenkonflikts dann bestehen, wenn derjenige, der zu entscheiden hat, auch Begünstigter im Rahmen der Strukturfonds sein kann.

9.11

Der Ausschuss ist außerdem der Meinung, dass die Wirtschafts- und Sozialpartner Anspruch auf finanzielle Hilfe und spezielle Schulungsmaßnahmen haben müssen, um ihre Aufgaben uneingeschränkt wahrnehmen zu können; diese Möglichkeit gibt es zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur selten bzw. praktisch überhaupt nicht.

9.12

In einigen Fällen ist die geringe Beteiligung der Partner darauf zurückzuführen, dass sie nicht genug und nicht ausreichend qualifizierte Fachleute besitzen, um eine aktive Beteiligung in den Strukturfondsgremien, in denen sie mitwirken könnten und sollten, auch wirklich sicherzustellen.

9.13

Der Ausschuss ist der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten besonders auf den bürokratischen Aufwand achten und ihn auf ein vertretbares Minimum verringern müssen. Durch eine überzogene und unverhältnismäßige Komplexität der Verwaltungsvorgänge, die zumeist kontraproduktive Hemmnisse und Praktiken zur Folge hat, wird das Partnerschaftsprinzip häufig von Grund auf in Frage gestellt.

9.14

Nach Ansicht des Ausschusses wäre es von großem Vorteil, eine Mindestbeteiligung in einer Gemeinschaftsverordnung zu verankern, die es den Mitgliedstaaten überlässt, in ihren nationalen Rechtsvorschriften oder Durchführungsbestimmungen Detailregelungen für den Umfang der Beteiligung festzulegen. Durch diese Regelungen sollten Möglichkeiten für verstärkte Informationen und intensivere, stabilere und kontinuierlichere Formen der Beteiligung der Wirtschafts- und Sozialpartner geschaffen werden.

9.15

Die Rolle der Wirtschafts- und Sozialpartner, der Inhalt der Vorschläge und die Beteiligungsverfahren sind in den einzelnen Phasen der Vorbereitung, Finanzierung, Begleitung und Bewertung der Strukturinterventionen zwangsläufig voneinander verschieden. Es muss deshalb geklärt werden, was von den Partnern erwartet wird, welche Maßnahmen die Partner ergreifen müssen, um einen größtmöglichen Erfolg der Programme zu gewährleisten, auf wie viele Ebenen sich die Beteiligung der Partner erstreckt und in welchen politischen und technischen Gremien die Partner mitwirken sollen.

9.16

Die Partnerschaft ist in zwei Phasen der Strukturfondsinterventionen von entscheidender Bedeutung:

in der „politischen“ Phase der Programmierung der Mittel und der grundsätzlichen Entscheidungen sowohl auf gemeinschaftlicher als auch einzelstaatlicher Ebene;

in der Phase der Begleitung und Bewertung der Interventionen.

10.   Beiträge des EWSA zur laufenden Debatte über das Thema „Eine neue Partnerschaft für den Zusammenhalt: Konvergenz, Wettbewerbsfähigkeit und Zusammenarbeit“

10.1   Prioritäten der Kohäsionspolitik

10.1.1

Der Ausschuss begrüßt die Absicht der Kommission, im Rahmen der Konvergenzpriorität einen spezifischen Mechanismus zum Ausgleich aller Nachteile der Regionen in äußerster Randlage und der Regionen mit anhaltenden Strukturschwächen zu schaffen.

10.1.2

Der Ausschuss empfiehlt, im Rahmen der Förderstrategie für verschiedene Regionen zu überprüfen, inwiefern die verfügbaren quantitativen Daten den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt tatsächlich widerspiegeln und inwiefern sie sich nicht aus dem statistischen Effekt solcher externer Faktoren ergeben, die für die wirtschaftliche und soziale Situation dieser Regionen häufig irrelevant sind (wie z. B. Off-shore-Niederlassungen, die die verwendeten Indikatoren verfälschen).

10.2   Komplementarität der sektorspezifischen Gemeinschaftspolitiken

10.2.1

Der Ausschuss ist der Auffassung, dass Komplementarität der sektorspezifischen Gemeinschaftspolitiken im Hinblick auf das Kohäsionsziel besonders wichtig ist. Dies gilt insbesondere für die Bereiche FuE, Informationsgesellschaft und Verkehr. Er billigt die Absicht der Kommission, dafür zu sorgen, dass eine ausgewogene Berücksichtigung der Aspekte Kohäsion und Wettbewerb ein zentraler Punkt der verschiedenen Gemeinschaftspolitiken wird.

10.2.2

Angesichts der Tatsache, dass mehr als 50 % der für FuE bestimmten Fondsmittel im Wesentlichen einer sehr begrenzten Zahl von Regionen in der EU zugute kommen, fordert der Ausschuss nachdrücklich eine Komplementarität mit den sektorspezifischen Politiken, um dieser übermäßigen Konzentration entgegenzuwirken und mehr Anreize für den Technologietransfer zwischen den Regionen zu schaffen.

10.3   Haushalt

10.3.1

Angesichts der ambitionierten Aufgaben, die die Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit den Zielen der Erweiterung und der Lissabon-Strategie auf die EU übertragen haben, wäre es unvernünftig anzunehmen, dass am derzeitigen Haushaltsvolumen festgehalten werden könnte. In den letzten Jahren hat der Ausschuss mehrere Stellungnahmen verabschiedet, in denen er die Anhebung der Obergrenze des Gemeinschaftshaushalts fordert. Angesichts der von der Kommission im Rahmen der Finanziellen Vorausschau für den Zeitraum 2007-2013 vorgeschlagenen Höchstgrenze von 1,24 % betrachtet der EWSA die Tatsache, dass 0,41 % für die Kohäsionspolitik (0,46 % einschließlich der Mittelzuweisungen für die ländliche Entwicklung und die Fischerei) vorgesehen werden, nur als Ergebnis dieser Deckelung der Gesamtmittel, die nach Auffassung des Ausschusses nicht ausreichen werden, um die vorgeschlagenen ehrgeizigen Ziele zu erreichen..

10.3.1.1

Da künftig mehr Finanzmittel erforderlich sind, um der aus der Erweiterung resultierenden Verschärfung der regionalen Unterschiede zu begegnen, müssen in erster Linie die derzeit durch die Kohäsionspolitik begünstigten Regionen die Kosten der Erweiterung schultern, denn sie werden de facto weniger Gemeinschaftsmittel erhalten.

10.3.1.2

Der Ausschuss hält diese Situation unter politischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten für unhaltbar, da sie dem Grundsatz der gleichmäßigen Verteilung der Kosten der Erweiterung zuwiderläuft.

10.3.1.3

Der Ausschuss versteht nicht, wie das einvernehmliche politische Ziel der Erweiterung und Vertiefung der Union mit einem stagnierenden oder sogar geringeren Mittelaufwand vereinbart werden kann, obwohl dieses Ziel den Mitgliedstaaten doch mehr abverlangt. Er wendet sich dabei gegen eine einseitige Vorstellung vom europäischen Integrationsprozess, die einzig und allein auf konjunkturelle Schwierigkeiten und fehlende Weitsicht einiger der wichtigsten an diesem Prozess beteiligten Akteure zurückzuführen ist.

11.   Weitere Empfehlungen

11.1

Der Ausschuss erachtet es als äußert wichtig, die wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Kriterien, anhand deren die für die Priorität „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ vorgesehenen Mittel unter den Mitgliedstaaten aufgeteilt werden, mit größerer Objektivität und Konsequenz festzulegen. Dabei verdienen nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale Kriterien besondere Aufmerksamkeit.

11.2

Hinsichtlich der Durchführung der Fondsinterventionen ist der Ausschuss der Ansicht, dass an der Entwicklung neuer Formen der Einbeziehung der institutionellen sowie wirtschaftlichen und sozialen Partner — weit über die Beteiligung an den Planungs-, Verwaltungs-, Überwachungs- und Bewertungsgremien hinaus — weiter gearbeitet werden sollte.

11.3

Der Ausschuss unterstützt den Vorschlag, Mechanismen nach dem Vorbild der Globalzuschüsse einzuführen und die Mitgliedstaaten zur Einrichtung dieser Mechanismen — zumindest bei einem kleinen Teil der Gemeinschaftlichen Förderkonzepte — zu verpflichten. Die Vorteile dieser Mechanismen sind ein geringerer Verwaltungsaufwand, größere Schnelligkeit und die Nichtbelastung der Haushalte der Mitgliedstaaten (mit Blick auf die grundsätzlich angespannte Situation der öffentlichen Haushalte).

11.4

Darüber hinaus sollten öffentlich-private Partnerschaften gefördert werden, um die derzeitigen Zwänge im Bereich der öffentlichen Haushalte zu umgehen sowie ihre langfristige Finanzierung zu gewährleisten.

11.5

Der Ausschuss ist der Auffassung, dass die Vorschriften zur Bekämpfung von Missbrauch im Zusammenhang mit Betriebsverlagerungen verstärkt werden sollten, insbesondere durch exemplarische Sanktionen und die Rückzahlung des Betrags der erhaltenen Fördermittel, wenn bewiesen ist, dass die Desinvestition nicht in einem Verlust an Wirtschaftlichkeit der betreffenden Produktionseinheit begründet ist, sondern lediglich in der Absicht, durch die Verlagerung an weitere Fördermittel zu gelangen.

11.6

Nach Auffassung des Ausschusses sollte den KMU im Rahmen der Unternehmensförderung wegen ihrer sozialen und wirtschaftlichen Rolle mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden - vor allem aber wegen ihrer Fähigkeit, Arbeitsplätze und Wohlstand zu schaffen, und ihres stärkeren Engagements für die Entwicklung der Region, in der sie sich befinden.

11.7

Schließlich stellt die Verwirklichung einer Politik des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts in einer erweiterten EU mit Sicherheit eine der größten Herausforderungen dar, denen sich die EU in Zukunft stellen muss. Da die Kohäsionspolitik einen wesentlichen Faktor für das Zusammenwachsen der Völker und der Regionen der EU darstellt, fordert der Ausschuss die Mitgliedstaaten auf, die Reform zu einem Erfolg zu machen — und damit die jüngsten Rückschläge im Integrationsprozess vergessen zu machen, sodass die Bürger wieder an das europäische Aufbauwerk glauben können.

11.8

Der Ausschuss hält es für entscheidend, dass die Mitgliedstaaten — unabhängig von den einschlägigen Maßnahmen der Union - ihre kohäsionspolitischen Anstrengungen fortsetzen und verstärken.

11.9

Die Gründe für die neue Struktur und Prioritätensetzung der Kohäsionspolitik der Union liegen einerseits in der Erweiterung und andererseits in der Begrenztheit der verfügbaren Mittel — nicht aber in der tatsächlichen Verringerung regionaler und sozialer Unterschiede. Künftig werden einige Mitgliedstaaten und Regionen, die bis jetzt große Nutznießer der europäischen Kohäsionspolitik sind, schrittweise aus der Förderung durch einen wesentlichen Teil der einschlägigen Instrumente herausfallen. Da dies aber selbstverständlich nicht bedeutet, dass sie das angestrebte Entwicklungs- und Kohäsionsniveau bereits erreicht haben, verdienen sie entsprechende Aufmerksamkeit im Rahmen der Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten.

Brüssel, den 30. Juni 2004

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Roger BRIESCH


(1)  Absatz 9 entstammt der Stellungnahme des EWSA zum Thema „Partnerschaft bei der Durchführung der Strukturfonds“, ABl. C 10 vom 14.1.2004, S. 21.


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