SOC/640
EURES – Bessere Integration der Arbeitsmärkte
STELLUNGNAHME
Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft
EURES – Bessere Integration der Arbeitsmärkte
(Initiativstellungnahme)
Berichterstatter: Dimitar MANOLOV
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Beschluss des Plenums
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20/02/2020
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Rechtsgrundlage
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Artikel 32 Absatz 2 der Geschäftsordnung
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Initiativstellungnahme
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Zuständige Fachgruppe
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Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft
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Annahme in der Fachgruppe
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16/12/2021
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Verabschiedung im Plenum
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DD/MM/YYYY
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Plenartagung Nr.
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Ergebnis der Abstimmung
(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)
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…/…/…
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1.Empfehlungen und Schlussfolgerungen
1.1Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) unterstützt die auf europäischer und lokaler Ebene ergriffenen Initiativen zur Entwicklung eines anpassungsfähigeren und zugänglicheren europäischen Arbeitsmarkts für alle Bürger, unabhängig von ihrer Nationalität, ihrem Geschlecht, ihrem Alter und ihrem sozialen Status. Die Transparenz und Zugänglichkeit der Informations-, Beratungs- und Vermittlungsdienste für den Arbeitsmarkt sind von entscheidender Bedeutung für die Konsolidierung und Entwicklung des europäischen Arbeitsmarkts. Das 1994 eingerichtete EURES-Portal hat sich schnell zu einem anerkannten Instrument entwickelt, das darauf abzielt, einen gleichberechtigten Zugang zu einer hochwertigen Information, Beratung und Vermittlung sowie zu effizienten und sicheren Systemen für den elektronischen Datenaustausch zwischen Arbeitssuchenden und Arbeitsvermittlern sicherzustellen und das Feedback zwischen Arbeitgebern, Arbeitssuchenden und Institutionen in Bezug auf Verfahren bei der Arbeitsvermittlung in einem anderen Staat zu verbessern. Die Veränderungen in den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen, die sich in den vergangenen fast 27 Jahren in der EU und im EWR vollzogen haben, erfordern jedoch eine Verbesserung der Dienstleistungen und mehr Klarheit und Sichtbarkeit der tatsächlichen Ergebnisse der Tätigkeit der öffentlichen Arbeitsverwaltungen. Dafür ist es möglicherweise nötig, festzulegen, in welche Richtung die weitere Entwicklung gehen soll, Veränderungen bei den Informations-, Beratungs- und Vermittlungstätigkeiten vorzunehmen, die Ungleichgewichte auf dem europäischen Arbeitsmarkt abzubauen sowie missbräuchliche und ungeregelte Praktiken bei der Arbeitsvermittlung zu beseitigen. Die neuen Gegebenheiten nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU sowie die COVID-19-Pandemie, das sich rasant verändernde soziale und wirtschaftliche Umfeld in der EU und im EWR und die Einbindung des EURES-Netzes in die Tätigkeit der Europäischen Arbeitsbehörde erfordern auch eine neue Auslegung des EURES-Rechtsrahmens. Ferner ist zu berücksichtigen, dass das EURES-Netz seit seiner Einrichtung keine wesentlichen Änderungen erfahren hat, durch die sein Aufgabenspektrum und seine Arbeitsweise rechtzeitig an neue Gegebenheiten angepasst worden wären.
1.2Der EWSA empfiehlt eine umfassende Prüfung der Verordnung (EU) 2016/589 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2016 über ein Europäisches Netz der Arbeitsverwaltungen (EURES), den Zugang von Arbeitnehmern zu mobilitätsfördernden Diensten und die weitere Integration der Arbeitsmärkte. Wir sind der Auffassung, dass das Netz im Rahmen seiner Tätigkeit das Potenzial hat, mehr analytische Daten zu liefern und ein Monitoring der Verfahren im Bereich der Arbeitskräftemobilität zu gewährleisten. Über sein Online-Portal ist das Netz in der Lage, konsolidierte Informationen bereitzustellen und Arbeitssuchende und Arbeitgeber weitaus fundierter als bisher zu beraten. Mit der Einbeziehung von EURES in die Europäische Arbeitsbehörde (ELA) könnte die Tätigkeit des Netzes erweitert und optimiert werden, um die vorhandenen personellen und finanziellen Ressourcen optimal zu nutzen.
1.3Der EWSA fordert eine öffentliche Konsultation über die Modernisierung des Netzes und des Portals von EURES sowie die Bewertung der Effizienz der in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern sowohl auf nationaler wie auf europäischer Ebene erbrachten Dienstleistungen. Dies wird die notwendige Grundlage und Plattform für die weitere Entwicklung des Netzes unter aktiver Mitwirkung aller an dem Verfahren beteiligten Akteure liefern.
1.4Der EWSA hält eine systematische und detaillierte Analyse der Tätigkeit des EURES-Netzes im Hinblick auf seine Einbindung in die allgemeinen Arbeitsverfahren der Europäischen Arbeitsbehörde für unabdingbar. Als Teil der ELA verfügt da Netz über ein größeres Potenzial und mehr Möglichkeiten, seine Arbeit im Kampf gegen missbräuchliche Praktiken auf dem Arbeitsmarkt auszuweiten und die Nutzer einfacher und besser über die Arbeitskräftemobilität und die mit ihr verbundenen Herausforderungen zu informieren. Das EURES-Netz ist ein hervorragendes Instrument für eine systematische Information und kann eine aktivere Rolle bei der Prävention, Überwachung und Kontrolle der sich aus der grenzüberschreitenden Mobilität ergebenden Risiken im Zusammenhang mit dem Missbrauch der Arbeitsnehmerrechte spielen. Die Schaffung von öffentlich zugänglichen Systemen für das Monitoring der Entwicklungen infolge von COVID-19 betreffend die Dynamik des europäischen Arbeitsmarkts hätte einen echten zusätzlichen Nutzen für die Tätigkeit des EURES-Netzes sowie für diejenigen, die irreguläre Praktiken von Vermittlern und Akteuren des Arbeitsmarkts erfassen und bekannt machen.
1.5Der EWSA weist insbesondere auf die sich rasch verändernde Situation auf dem Arbeitsmarkt in Europa hin, die auch auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist. Die Mitgliedstaaten müssen sowohl den Vorgaben folgen, die für die Bewältigung der sich abzeichnenden sozialen Krise ausgearbeitet wurden, als auch innovative Ansätze für die Bewältigung der Herausforderungen entwickeln. Die EURES-Plattform sollte bereit sein, um bei einer Pandemie oder im Falle von Einschränkungen und neuen Herausforderungen für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer unverzüglich und konkret reagieren zu können. In diesem Zusammenhang sollten auch Maßnahmen für eine bessere Integration der arbeitsmarktfernsten sozialen Gruppen konzipiert werden – Menschen mit Behinderungen, Menschen kurz vor dem Rentenalter, Jugendliche –, auch durch den Ausbau des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Institutionen und den Sozialpartnern.
1.6Eine von der Pandemie besonders betroffene Gruppe auf dem Arbeitsmarkt sind Saisonarbeiter. Damit sich Arbeitsuchende in Kenntnis aller Fakten für die Aufnahme einer Beschäftigung in einem anderen Land als dem Heimatland entscheiden, ist es wichtig, dass die potenziellen Arbeitgeber die Arbeitssuchenden über alle die Saisonarbeit im Ausland erschwerende Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 eingehend informieren. Der EWSA hält es auch für sinnvoll, die Art und Weise der Stellenausschreibung sowie die Form der veröffentlichten Anzeigen zu überprüfen und so der Qualität gegenüber der Menge der veröffentlichten Informationen den Vorrang zu geben.
1.7Der EWSA empfiehlt, das europäische Portal zur beruflichen Mobilität (EURES) als Instrument auch für Initiativen im Zusammenhang mit der Bildungsmobilität und der beruflichen Weiterbildung verschiedener Gruppen auf dem Arbeitsmarkt zu nutzen. Wir sind der Auffassung, dass ein solches Modell mit den Ressourcen und der Qualität des EURES im Rahmen der Europäischen Arbeitsbehörde erfolgreich und möglich wäre.
2.Besondere Bemerkungen
2.1Der EWSA begrüßt das Europäische Portal zur beruflichen Mobilität (EURES) als Instrument zur Umgestaltung des europäischen Arbeitsmarkts sowie den wichtigen Beitrag der öffentlichen Arbeitsverwaltungen zu seiner Tätigkeit. Er ist der Ansicht, dass das Portal wesentlich mehr für die Information und Beratung von Arbeitnehmern tun kann, damit sie die aktuellen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung, der Umstellung auf grüne Arbeitsplätze und der anhaltenden Pandemie sowie im Lichte der neuen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und Beschäftigungsformen möglichst erfolgreich meistern können. Der EWSA begrüßt die Schaffung der Europäischen Arbeitsbehörde (ELA) und ihre Rolle als Koordinierungsinstrument im Bereich der grenzüberschreitenden Arbeitskräftemobilität und zur Erleichterung gemeinsamer Kontrollen sowie ihre Vermittlungsfunktion bei der Suche nach Lösungen für grenzüberschreitende Konflikte zwischen nationalen Behörden. Der EWSA ist der Auffassung, dass das EURES als Teil der ELA seine Umgestaltung fortsetzen und beschleunigen muss, indem es an seine Arbeit aktiv an die neuen Herausforderungen anpasst, die sich auch infolge der COVID-19-Pandemie stellen und die sich in der gesamten Entwicklung des europäischen Arbeitsmarkts niederschlagen.
2.2Die rechtzeitige Herstellung eines ausgewogenen Verhältnisses bei den prioritären Maßnahmen ist von entscheidender Bedeutung für eine wirtschaftlich und sozial gesunde EU. Der Faktor Mensch und sein Wohlergehen und seine Entwicklung sind das gemeinsame Anliegen der europäischen Gemeinschaft. Die neuen Gegebenheiten erfordern eine dringende Überprüfung aller verfügbaren Ressourcen und gegebenenfalls die Umgestaltung der Tätigkeiten, auch des EURES-Netzes, in einer Art und Weise, die den neuen Bedingungen auf dem Markt und in der Gesellschaft entspricht. Der EWSA ist der Auffassung, dass ein besonderer Schwerpunkt auch auf schutzbedürftige Gruppen auf dem Arbeitsmarkt gelegt werden muss, also auf Menschen mit Behinderungen, Jugendliche und ältere Menschen, und dass bestimmte Formen der Beschäftigung besonderer Aufmerksamkeit bedürfen, um die Gleichstellung der Beschäftigten in diesem Bereich zu garantieren, vor allem unter den Bedingungen der Pandemie. Dies betrifft etwa Saisonarbeitnehmer. Bei der Inanspruchnahme des Netzes stehen die Arbeitgeber vor beträchtlichen Herausforderungen. Der EWSA betont, dass gemeinsam mit den Sozialpartnern auf lokaler und europäischer Ebene deshalb eine Bewertung der erbrachten Dienstleistungen sowie eine Analyse der Ergebnisse vorgenommen werden sollte.
2.2.1Saisonarbeitnehmer. Die saisonale Arbeitsmobilität über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg bringt für die Betroffenen gegenwärtig nicht nur zusätzliche gesundheitliche Risiken infolge der Pandemie mit sich, sondern bedeutet potenziell auch weniger Sicherheit, weil die Saisonarbeitnehmer weniger Kenntnisse und Informationen über das Arbeitsrecht im Aufnahmestaat haben. Das EURES-Netz, das sich vor allem an Arbeitssuchende richtet, muss seine Arbeitsweise überdenken und einen möglichst hohen Informationsstand über die Garantien in Bezug auf die Rechte, die Arbeitsbedingungen und den Status dieser Gruppe von Arbeitnehmern unter Pandemiebedingungen sicherstellen. Jeder Arbeitnehmer, der sich dafür entscheidet, in einem anderen als seinem Heimatmitgliedstaat zu arbeiten, und dazu das EURES-Netz nutzt, muss von den EURES-Teams im Voraus und auf verständliche Weise über die genauen Parameter und Bedingungen sowie über die konkreten gesundheitlichen Maßnahmen informiert werden, die für ihn und seine Familie bei Aufnahme einer Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat gelten. Auch die Verantwortung bei Nichterfüllung der zugesagten sanitären und gesundheitlichen Bedingungen bei der Arbeit muss eindeutig festgelegt werden. Nach Auffassung des EWSA muss deshalb dringend geprüft werden, ob die Verordnung (EU) 2016/359 geeignete Lösungen für die aktuellen Herausforderungen und konkreten Bedürfnisse des europäischen Arbeitsmarkts bietet oder ob sie gegebenenfalls überarbeitet werden muss. Saisonarbeitnehmer gehören aufgrund der Natur ihrer Beschäftigung zu den schutzbedürftigsten grenzüberschreitend Erwerbstätigen, und der Schutz ihrer Rechte muss überarbeitet werden, sowohl im Falle von Beschränkungen aufgrund von Pandemiemaßnahmen, Naturkatastrophen oder sonstigem Auftreten höherer Gewalt als auch generell nach der Normalisierung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens. Das EURES-Netz muss über seine Berater in den Mitgliedstaaten täglich aktuelle Informationen über die Maßnahmen bereitstellen, die in den Mitgliedstaaten ergriffen werden und die die Rechte und Verpflichtungen der Arbeitnehmer unter Pandemiebedingungen betreffen, einschließlich der Möglichkeiten und Bedingungen für eine medizinische Behandlung bei gesundheitlichen Problemen. Die Veröffentlichungen zu den Rechten der Saisonarbeitnehmer auf dem Online-Portal sind eine gute Grundlage, auf der man aufbauen kann, wenn es um die Bereitstellung derartiger Informationen geht. Es müssen Instrumente zum Schutz dieser Gruppe von Arbeitnehmern entwickelt werden, die einem öffentlich zugänglichen Monitoring unterliegen müssen. Der EWSA empfiehlt, dass die Dienstleistungen, die sich an Saisonarbeitnehmer richten, geprüft und an die Anforderungen der Richtlinie 2014/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zwecks Beschäftigung als Saisonarbeitnehmer sowie an die Mitteilung der Kommission mit Leitlinien für Saisonarbeitnehmer in der EU im Zusammenhang mit dem COVID-19-Ausbruch (2020/C 235 I/01) angepasst werden.
2.2.2Menschen mit Behinderung. Der EWSA empfiehlt die Anpassung des Netzes an die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen, die derzeit von der Nutzung des Portals ausgeschlossen sind, was zu Ungleichheiten zwischen den schutzbedürftigen Gruppen auf dem Arbeitsmarkt führt. Der EWSA empfiehlt vor allem, das Portal um Funktionen zu erweitern, die es möglich machen, dass es von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen in Anspruch genommen werden kann. Darüber hinaus ist es auch erforderlich, dass ein eigener Bereich für behindertengerechte Arbeitsplätzen eingerichtet und ein barrierefreies Umfeld für den unkomplizierten Zugang zu Informationen über diese Arbeitsplätze geschaffen wird. Der EWSA ist der Auffassung, dass wir bei unseren Bemühungen um den Aufbau eines gemeinsamen und sozialen europäischen Hauses mehr Aufmerksamkeit und mehr Ressourcen auf diesen Aspekt richten müssen, und betont, dass strukturierte Informationen über die Zahl der Menschen mit Behinderungen nötig sind, die die Dienste des Portals in Anspruch nehmen. Gleichzeitig mangelt es uns auch an systematischen Informationen über europaweite, vom EURES initiierte Initiativen, und dieses Problem sollte rasch und angemessen behoben werden.
2.2.3Jugend. Initiativen zur Förderung von Jugendlichen, die Praktika und Ausbildungsplätze suchen, sind ein Schritt zur Verbesserung des Arbeitsklimas. Das EURES-Netz nimmt bereits an europäischen Jugendprojekten teil und kann durch eine objektive Prüfung ihrer Ergebnisse und unter Anwendung eines integrierten Ansatzes dazu beitragen, das Bewusstsein dafür zu schärfen, welche Risiken bei der Vergabe von Praktikumsplätzen an junge Menschen bestehen und wie diese bewältigt oder vermieden werden können. Immer mehr junge Menschen nehmen ihr Recht auf Arbeitsmobilität in einem anderen Mitgliedstaat wahr, um erste Arbeitserfahrungen zu sammeln. Bedauerlicherweise gibt es in diesem Zusammenhang auch zahlreiche ungeregelte und missbräuchliche Praktiken bei der Gestaltung dieser Art von Beschäftigung, die hauptsächlich auf unterschiedliche Standards in den Mitgliedstaaten und auf die Unterschiede in den einschlägigen Rechtsvorschriften zurückzuführen sind. Die bislang einzige Initiative, die sich an junge Menschen im Alter von 18 bis 35 Jahren richtet, ist das Projekt „Dein erster EURES-Arbeitsplatz“. Der EWSA fordert, dass diese Initiative bewertet und ihre Wirksamkeit und Effizienz geprüft wird und dass das Portal strukturierte Informationen der Mitgliedstaaten über die Rechte und Pflichten von Praktikanten/Auszubildenden sowie über die geltenden Rechtsvorschriften bereitstellt.
2.2.4Menschen kurz vor dem Rentenalter. Der EWSA begrüßt die steigende Lebenserwartung in Europa, ist jedoch sehr besorgt über die Auswirkungen der zunehmenden Alterung der Bevölkerung in Europa auf den Arbeitsmarkt. Um das Potenzial älterer Menschen durch die Nutzung der von EURES gebotenen Möglichkeiten so lange wie möglich voll ausschöpfen zu können, ist es sinnvoll, europaweite Programme zu entwickeln, die ältere Menschen möglichst lange in Beschäftigung halten, wie etwa das Programm „Senior Expert Services“ in Deutschland. Der Anteil älterer Menschen am Arbeitsmarkt nimmt stetig zu, was spezifische Maßnahmen und Anreize erfordert. Die demografischen Herausforderungen, mit denen sich der europäische Arbeitsmarkt konfrontiert sieht, erfordern neue Ansätze und Maßnahmen, die im Hinblick auf die erzielten Ergebnisse koordiniert und überwacht werden. In diesem Zusammenhang verfügt das EURES über hervorragende technische und personelle Ressourcen und Kapazitäten, die aktiver und gezielt für Initiativen zur Förderung der Beschäftigung in einer alternden Bevölkerung eingesetzt werden sollten. Derzeit schlägt das Netzwerk die Initiative Reactivate vor, die nach Auffassung des EWSA ebenfalls geprüft und auf ihre Wirksamkeit und Effizienz hin bewertet werden sollte.
2.2.5Arbeitgeber. Der EWSA ist der Auffassung, dass das EURES-Netz Arbeitgebern, die das Netz nutzen, zugängliche und verständliche Informationen zur Verfügung stellen sollte und dass das Portal nicht nur die grenzüberschreitende Mobilität, sondern auch die Mobilität innerhalb der Mitgliedstaaten fördern sollte. Im Interesse der Gleichstellung aller Arbeitgeber sollten klare Leitlinien für die Bewältigung administrativer Hindernisse bei der Einstellung von Personen aus anderen Mitgliedstaaten bereitgestellt werden, wie aus dem EURES-Bewertungsbericht 2019 (Study supporting the ex-post EURES evaluation and the second biennial EURES report) hervorgeht. Vor dem Hintergrund des Arbeitskräftemangels, insbesondere des Mangels an Fachkräften, in allen Mitgliedstaaten sollte das EURES-Netz aktuelle Informationen auch über den Arbeitskräftemangel und -überschuss in den einzelnen Mitgliedstaaten bereitstellen und die Koordinierung der Maßnahmen in den Mitgliedstaaten für eine gleichmäßige Verteilung der Arbeitsuchenden fördern, um den europaweiten Arbeitsmarkt zu stärken.
2.3Gleichzeitig ist sich der EWSA der Tatsache bewusst, dass Weiterqualifizierung und übertragbare Kompetenzen von wesentlicher Bedeutung sind, um die Kompetenzen der Arbeitskräfte zu stärken und hochwertige und nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen. Um die Chancen der Arbeitsuchenden auf eine Beschäftigung zu verbessern, schlägt der EWSA vor, die Funktionen des EURES-Portals um einschlägige Informationen über Möglichkeiten der Lernmobilität, also der Aus- und Weiterbildung in anderen Mitgliedstaaten, zu erweitern, die von privaten und öffentlichen Organisationen und Einrichtungen, einschließlich anderer Portale/Netze der Europäischen Kommission wie SALTO, angeboten werden. Derzeit ist es nicht möglich, auf derartige Informationen gesammelt zuzugreifen. Es wäre möglich, die Informationen des Portals durch eine engere Zusammenarbeit mit Organisationen und Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung zu ergänzen. Auf diese Weise kann das Online-Portal des Netzes zu einer soliden Plattform für das Angebot einheitlicher Lösungen in den Bereichen Ausbildung, Beschäftigung und Schutz der Interessen von Arbeitsuchenden und Arbeitgebern werden.
2.4Der EWSA ist der Auffassung, dass die begrenzte Rolle des EURES-Portals als Vermittlungsplattform für die Arbeitssuche und -vermittlung neu bewertet und erweitert werden sollte, zumal die Verwaltung des Portals nunmehr der ELA obliegt. Die Aufgaben der EURES‑Berater in den einzelnen Mitgliedstaaten, zu denen derzeit die Bereitstellung von Informationen sowie Beratungs- und Vermittlungsdienste sowohl für Arbeitsuchende als auch für Arbeitgeber gehört, müssen verbessert und dahingehend ergänzt werden, dass Verstöße gegen das Arbeitsrecht angezeigt und die Kontakte zu Vertretern der Arbeitsaufsichtsbehörden und anderer Kontrollstellen erleichtert werden. Dies erfordert eine wesentlich bessere Zusammenarbeit zwischen den öffentlichen Arbeitsverwaltungen und den Arbeitsaufsichtsbehörden auf nationaler Ebene sowie eine Verknüpfung mit der Plattform zur Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit.
2.5Der EWSA fordert ferner die Festlegung nachhaltiger Regeln für die Arbeit des EURES-Netzes zur Prävention und zur Überwachung der veröffentlichten Stellenanzeigen sowie für die Veranstaltung von Jobmessen in den einzelnen Mitgliedstaaten. In jedem Mitgliedstaat müssen gemeinsame Regeln und Verfahren für die Durchführung primärer Kontrollen, die Überprüfung unsolider Arbeitgeber und die vorübergehende Sperrung ihres Zugangs zum Portal festgelegt werden. Über entsprechende Netze und Organisationen für soziale Zusammenarbeit sollte ein geeignetes System für den Schutz der Rechte von grenzüberschreitend erwerbstätigen Personen entwickelt werden.
2.6EURES muss eine aktivere Rolle bei der Vermeidung von Ungleichgewichten auf den nationalen Arbeitsmärkten spielen. Das Netz sollte Informationen bereitstellen und dem spezifischen Mangel bzw. Überangebot an Arbeitskräften Rechnung tragen, um zu bestimmten Zeiten die massive Abwerbung knapper Arbeitskräfte, insbesondere hochqualifizierter Arbeitskräfte, die für die Wirtschaft des Landes von größter Bedeutung sind, zu verhindern. Für viele Mitgliedstaaten stellt die Abwanderung von Fachkräften in Länder mit einem höheren Lebensstandard bereits eine Bedrohung für ihre eigenen Ökosysteme dar. Der EWSA empfiehlt, dass das Netz Informationen über den Fachkräftemangel in den einzelnen Mitgliedstaaten erfasst und analysiert und einen klaren Algorithmus für die Organisation von und die Teilnahme an Aktivitäten im Zusammenhang mit der Rekrutierung von fehlenden Fachkräften schafft. Um die Sichtbarkeit und Aktualität der Aktivitäten des Netzes zu verbessern, muss überprüft werden, welche Stellenangebote von den Länderberatern auf dem EURES-Portal veröffentlicht werden. Derzeit sind auf dem Portal Millionen von Stellenanzeigen aus den nationalen Datenbanken der Arbeitsverwaltungen zu finden, ein großer Teil davon richtet sich jedoch nicht an alle europäischen Bürger. Dies schafft ein Gefühl für die Größenordnung des Angebots, andererseits müssen jedoch die Wirksamkeit eines solchen Ansatzes und das Endergebnis analysiert werden. Der EWSA bekräftigt, dass ein ausgewogenes Konzept für die Einstellung und das Angebot von Arbeitskräften angestrebt werden muss, das dem Mangel und dem Überschuss an Arbeitskräften in den einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung trägt.
2.7Der EWSA fordert einen einheitlichen Ansatz für die Arbeit der EURES-Berater in den einzelnen Mitgliedstaaten durch den Austausch bewährter Verfahren und die Entwicklung einheitlicher Leitlinien. Die Rückmeldungen zwischen den verschiedenen Akteuren des Beratungs- und Vermittlungsverfahrens sollten verbessert werden. In einigen Mitgliedstaaten gibt es keinen Rechtsrahmen, der Rückmeldung und Berichterstattung über die tatsächliche Zahl der Vermittlungen im Rahmen des EURES-Netzes vorschreibt. Wir empfehlen, das europäische Koordinierungsbüro als übergeordnete Stelle mit der Erhebung und Analyse dieser Art von Informationen über die Mitgliedstaaten zu beauftragen. Auf dieser Grundlage können rechtzeitige und angemessene Entscheidungen getroffen werden, um die Funktionen des Netzes zu verbessern oder darauf aufzubauen. Der EWSA ist der Auffassung, dass ein Feedback zwischen Arbeitgebern, Arbeitnehmern und öffentlichen Arbeitsverwaltungen von entscheidender Bedeutung ist, um die Wirksamkeit des EURES zu bewerten.
2.8Der EWSA weist ferner darauf hin, dass die Tatsache, dass einer der Hauptakteure, nämlich das Vereinigte Königreich, den europäischen Arbeitsmarkt verlassen hat, eine größere Flexibilität und Abstimmung der Verfahren im Zusammenhang mit der Verarbeitung, dem Schutz und der Übermittlung personenbezogener Daten, den Arbeitnehmerrechten und der Zusammenarbeit mit Vermittlungsagenturen auf lokaler Ebene und innerhalb der EU erfordert. Eine rechtzeitige Reaktion und Anpassung des Netzes an den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ist von entscheidender Bedeutung für die Sicherheit der Verfahren, die die Vermittlungstätigkeiten begleiten, sowie für die Qualität und sichere Verarbeitung der personenbezogenen Daten der EU-Bürger. Es muss sichergestellt werden, dass die EU-Bürger, deren personenbezogene Daten über das Netz übermittelt werden und bereits von Vermittlungsorganisationen im Hoheitsgebiet eines Drittlandes gespeichert wurden, angemessen informiert werden und dass auf ihre Probleme eingegangen wird. Diese Verfahren betreffen unmittelbar die Arbeit des EURES‑Netzes und müssen gegebenenfalls in der Rechtsgrundlage angemessen und rechtzeitig berücksichtigt werden, möglicherweise auch in Form einer Überarbeitung der Verordnung (EU) 2016/589 und ihrer Durchführungsbeschlüsse.
Brüssel, den 16. Dezember 2021
Aurel Laurenţiu Plosceanu
Vorsitzender der Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft
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NB:
Anhang auf den folgenden Seiten:
Anhang 1
Rechtsgrundlage
1.Die Stellungnahme stützt sich auf die Verordnung (EU) 2019/1149 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Errichtung einer Europäischen Arbeitsbehörde und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 883/2004, (EU) Nr. 492/2011 und (EU) 2016/589 sowie zur Aufhebung des Beschlusses (EU) 2016/344 und die Verordnung (EU) 2016/589 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2016 über ein Europäisches Netz der Arbeitsvermittlungen (EURES), den Zugang von Arbeitnehmern zu mobilitätsfördernden Diensten und die weitere Integration der Arbeitsmärkte und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 492/2011 und (EU) Nr. 1296/2013.
2.Seit seiner Einführung im Jahr 1994 ist das EURES ein Netz für die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den öffentlichen Arbeitsverwaltungen, das über sein Netz von Beratern und über Online-Instrumente, die über das Europäische Portal zur beruflichen Mobilität („EURES-Portal“) bereitgestellt werden, Informations-, Beratungs- und Rekrutierungs- oder Vermittlungsdienste für Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie alle Unionsbürger bereitstellt, die vom Grundsatz der Freizügigkeit der Arbeitnehmer profitieren möchten.
3.Eines der Ziele der Verordnung besteht darin, Unionsbürgern Vorrang bei der Besetzung freier Stellen einzuräumen, um ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nach Arbeitsplätzen in der Union herzustellen. Dazu wurde eine gemeinsame IT-Plattform eingerichtet. Mit der Annahme der Verordnung (EU) 2019/1149 wurde das EURES-Netz der Europäischen Arbeitsbehörde unterstellt. Das Leitungsorgan sollte dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen bis Mitte Mai 2021 einen Follow-up-Bewertungsbericht über die Durchführung und die Ergebnisse dieser Verordnung vorlegen.
4.Eine der wichtigsten Prioritäten für 2020 für die Mitgliedstaaten und die EU war die Entwicklung einer neuen koordinierten Beschäftigungsstrategie, die mit den sich wandelnden Bedingungen für wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit Schritt hält. Die wichtigsten Ziele der Strategie bestehen darin, das lebenslange Lernen zu erleichtern und zu fördern (ausgehend von einem Arbeitsmarkt, der nicht auf Berufen, sondern auf Kompetenzen beruht), für besser qualifizierte und anpassungsfähigere Arbeitskräfte zu sorgen, die sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten innerhalb der Union abzubauen sowie Transparenz, Nachhaltigkeit und Wirksamkeit des sozialen Dialogs zu gewährleisten.
5.In seiner Entschließung vom 13. März 2019 zum Europäischen Semester betonte das Europäische Parlament, dass die sozialen Ziele und Verpflichtungen der EU ebenso wichtig sind wie ihre wirtschaftlichen Ziele. Es fordert darin eine Stärkung der sozialen Rechte durch die Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte, um Armut und zunehmende Ungleichheit zu bekämpfen und soziale Investitionen zu fördern. Im Rahmen der europäischen Säule sozialer Rechte müssen alle Akteure, die an der Integration der Bürger in den Arbeitsmarkt in der EU und im EWR beteiligt sind, ihre Tätigkeiten so weit wie möglich abstimmen und so gestalten, dass alle Menschen die gleichen Ausgangschancen haben und sich in Würde entfalten können. Diese Bemühungen werden von der Europäischen Arbeitsbehörde aktiv unterstützt und erfordern eine Optimierung des Potenzials und der Ressourcen aller beteiligten Stellen, um ein nachhaltiges Ergebnis zu erzielen.
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