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Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise eingeführte Regeln für die wirtschaftspolitische Steuerung – eine Überprüfung

Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise eingeführte Regeln für die wirtschaftspolitische Steuerung – eine Überprüfung

 

ZUSAMMENFASSUNG DES DOKUMENTS:

Mitteilung (COM(2014) 905 final) – Überprüfung der wirtschaftspolitischen Steuerung

WAS IST DER ZWECK DIESER MITTEILUNG?

  • In der Mitteilung werden die verschiedenen Rechtstexte überprüft, die Teil des sogenannten „Sixpack“ und „Twopack“ sind und auf eine Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung der Europäischen Union (EU) abzielen.
  • Analysiert wird, inwiefern die neuen Vorschriften das Ziel einer engeren Koordinierung der Wirtschaftspolitik erreicht haben.

WICHTIGE ECKPUNKTE

Seit der Wirtschafts- und Finanzkrise hat sich das System der wirtschaftspolitischen Steuerung in der EU erheblich verändert. Diese Änderungen spielen eine wichtige Rolle bei der Sicherung von dauerhafter Konvergenz, Wirtschaftswachstum und der Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Die Ziele der Gesetzespakete

Die sieben geprüften Verordnungen sollen

Haushaltspolitische Überwachung

Die Finanz- und Wirtschaftskrise resultierte in einem Anstieg der Defizite und Schuldenstände der EU-Regierungen und ließ Lücken in der Überwachung der Haushaltspolitik erkennen. Die Rechtsvorschriften bringen eine Reform der zwei Komponenten des Stabilitäts- und Wachstumspakts, und zwar der präventiven und der korrektiven Komponente:

  • Die präventive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts (die das Auftreten von übermäßigen Haushaltsdefiziten verhindern soll) wurde durch die Einführung eines Ausgabenrichtwerts und das Konzept der erheblichen Abweichung gestärkt und verschärft.
  • Die korrektive Komponente wurde durch die Operationalisierung des im Vertrag vorgesehenen Schuldenstandskriteriums (die Begrenzung der Staatsverschuldung auf 60 % des BIP) und die Verschärfung der Sanktionen gegen Länder des Euro-Raums, die die Empfehlungen im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit nicht befolgen, verbessert.
  • Der Stabilitäts- und Wachstumspakt kann im Fall einer Krise mittels der korrektiven und präventiven Komponente flexibel angewandt werden. Im Januar 2015 hat die Europäische Kommission im Hinblick auf eine stärkere Verknüpfung von Investitionen, Strukturreformen und verantwortungsvoller Fiskalpolitik neue Leitlinien für EU-Länder vorgeschlagen, durch die die im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehene Flexibilität optimal genutzt werden soll.
  • Die erste Verordnung des Twopack (Verordnung (EU) Nr. 473/2013) führt zusätzlich Aspekte zur Stärkung der haushaltspolitischen Überwachung und der nationalen Haushaltsrahmen der Länder des Euro-Raums ein. Sie sieht eine Bewertung der von den Ländern erstellten Übersichten über die Haushaltsplanung durch die Kommission vor und sorgt für eine weitere Stärkung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit. Dies gibt der Kommission zum Beispiel die Möglichkeit, für Länder mit übermäßigem Defizit autonome Empfehlungen auszusprechen.

Verfahren bei makroökonomischen Ungleichgewichten

Das Sixpack führte eine umfassendere Überwachung der Haushaltspolitik ein, indem es ein Verfahren geschaffen hat, um makroökonomische Ungleichgewichte zu erkennen, zu vermeiden und zu korrigieren. Das Verfahren umfasst mehrere Schritte:

  • Im Frühwarnmechanismus-Bericht wird die Situation in EU-Ländern anhand einer Reihe von Wirtschaftsindikatoren analysiert, um potenzielle Ungleichgewichte zu erkennen. Er stellt diejenigen EU-Länder heraus, die ausführlicher geprüft werden müssen (eingehende Überprüfung).
  • Eingehende Überprüfungen: Die Kommission führt eine gründliche Prüfung der Situation in den Ländern durch, die laut Frühwarnmechanismus-Bericht Ungleichgewichte aufzuweisen drohen. Dieser Bericht bestätigt oder widerlegt das Vorhandensein von Ungleichgewichten und sagt aus, ob diese übermäßig sind oder nicht.
  • Verfahren bei übermäßigem Ungleichgewicht: Wird das Ungleichgewicht für übermäßig befunden, kann das betroffene Land Gegenstand eines Verfahrens bei übermäßigem Ungleichgewicht werden und muss einen Korrekturmaßnahmenplan aufstellen, der einen Zeitplan und bestimmte Fristen enthält.
  • Sanktionen können verhängt werden, wenn die Korrekturmaßnahmenpläne der Länder des Euro-Raums nicht angemessen oder unzureichend umgesetzt sind.

Länder des Euro-Raums, die Schwierigkeiten mit ihrer Finanzstabilität haben

Das Ziel der zweiten Verordnung des Twopack (Verordnung (EU) Nr. 472/2013) ist die Stärkung der Kontrolle und Überwachung von EU-Ländern, die von gravierenden Schwierigkeiten in Bezug auf ihre finanzielle Stabilität betroffen oder bedroht sind. Sie zielt auf die Einrichtung eines Kontrollverfahrens für unter verstärkter Überwachung stehende EU-Länder, eines makroökonomischen Anpassungsprogramms oder einer Überwachung nach Abschluss des Anpassungsprogramms ab.

Bewertung der Effektivität der Verordnungen

  • Die vorstehenden Gesetze zur Regelung dieses Systems der wirtschaftspolitischen Steuerung haben die aktuelle Steuerungsstruktur eindeutig gestärkt.
    • Der erst kürzlich eingerichtete reformierte Rahmen zur haushaltspolitischen Überwachung trägt bereits zur Korrektur übermäßiger Defizite bei. Das durchschnittliche Haushaltsdefizit der EU-28 (1) ist von 4,5 % des BIP im Jahr 2011 auf geschätzte 3 % im Jahr 2014 gesunken. Die Zahl der Länder, die Gegenstand eines Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit sind, ist bis Ende 2014 von 23 (von 27) auf 11 (von 28) zurückgegangen.
    • Das Verfahren bei makroökonomischen Ungleichgewichten hat zu einem gemeinsamen Verständnis der strategischen Herausforderungen, mit denen die EU-Länder konfrontiert sind, beigetragen und sorgt für die laufende Korrektur der Ungleichgewichte.
    • Die neuen Vorschriften bringen mehr Transparenz, Vorhersehbarkeit, Praktikabilität und Effizienz der Überwachung und Beobachtung von den Ländern, die von gravierenden Schwierigkeiten in Bezug auf ihre Finanzstabilität betroffen sind oder diese voraussichtlich bekommen werden.
  • Da dieses neue System der wirtschaftspolitischen Steuerung erst kürzlich in Kraft getreten ist und entsprechend nur begrenzte Erfahrungen damit gesammelt werden konnten, ist es allerdings aktuell schwierig, Schlussfolgerungen über die Effektivität der Verordnungen zu ziehen.
  • Bisher kam das System nur in einer schweren Finanz- und Wirtschaftskrise zum Einsatz. Jedoch hängt die Effizienz dieses Systems weitgehend davon ab, dass seine präventive Komponente gut funktioniert, was sich in einem günstigeren Wirtschaftsumfeld noch beweisen muss.
  • Obgleich die Verordnungen den Rahmen der wirtschaftspolitischen Steuerung der EU verbessert haben, zeigt die Überprüfung auch verbesserungswürdige Aspekte auf. Dazu zählen die Transparenz und die Komplexität des sich auf Regeln stützenden Rahmens und seine Auswirkungen auf Wachstum und Ungleichgewichte.

HINTERGRUND

  • Als Reaktion auf Schwächen im System der wirtschaftspolitischen Steuerung, die durch die Wirtschafts- und Finanzkrise aufgedeckt wurden, hat die EU eine umfassende Reihe von Maßnahmen zur Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung und zur Erzielung dauerhafter Konvergenz, Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätzen ergriffen. Im Mittelpunkt dieser Bemühungen stehen die Gesetzespakete unter dem Namen Sixpack (das im Dezember 2011 in Kraft trat) und Twopack (das im Mai 2013 in Kraft trat).
  • Die Richtlinie 2011/85/EU über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der EU-Länder zählt zwar zum Sixpack, ist jedoch nicht Teil dieser Überprüfung. Sie folgt einem gesonderten Zeitplan, der den 14. Dezember 2018 als Termin für die Überprüfung vorsieht.
  • Weiterführende Informationen:

HAUPTDOKUMENT

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Überprüfung der wirtschaftspolitischen Steuerung: Bericht über die Anwendung der Verordnungen (EU) Nr. 1173/2011, 1174/2011, 1175/2011, 1176/2011, 1177/2011, 472/2013 und 473/2013 (COM(2014) 905 final vom 28.11.2014)

VERBUNDENE DOKUMENTE

Verordnung (EU) Nr. 1173/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 1-7)

Nachfolgende Änderungen der Verordnung 1173/2011 wurden in den Originaltext eingefügt. Diese konsolidierte Fassung hat ausschließlich dokumentarischen Charakter

Verordnung (EU) Nr. 1174/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über Durchsetzungsmaßnahmen zur Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 8-11)

Verordnung (EU) Nr. 1175/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 12-24)

Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25-32)

Verordnung (EU) Nr. 1177/2011 des Rates vom 8. November 2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 33-40)

Verordnung (EU) Nr. 472/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über den Ausbau der wirtschafts- und haushaltspolitischen Überwachung von Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet, die von gravierenden Schwierigkeiten in Bezug auf ihre finanzielle Stabilität betroffen oder bedroht sind (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 1-10)

Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11-23)

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuss der Regionen und die Europäische Investitionsbank – Optimale Nutzung der im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehenen Flexibilität (COM(2015) 12 final vom 13.1.2015)

Letzte Aktualisierung: 30.03.2017



(1) Zum 1. Februar 2020 tritt das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union aus und ist dann ein Drittland (Nicht-EU-Land).

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