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Document 62021CJ0484

Urteil des Gerichtshofs (Neunte Kammer) vom 25. April 2024.
F C C und M A B gegen Caixabank SA.
Vorabentscheidungsersuchen des Juzgado de Primera Instancia de Barcelona.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Richtlinie 93/13/EWG – Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen – Hypothekendarlehensvertrag – Klausel, wonach der Verbraucher die mit dem Vertrag verbundenen Kosten zu tragen hat – Rechtskräftige Gerichtsentscheidung, mit der die Missbräuchlichkeit dieser Klausel festgestellt und diese für nichtig erklärt wird – Klage auf Rückerstattung der aufgrund der missbräuchlichen Klausel gezahlten Beträge – Beginn der Verjährungsfrist.
Rechtssache C-484/21.

Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2024:360

 URTEIL DES GERICHTSHOFS (Neunte Kammer)

25. April 2024 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Richtlinie 93/13/EWG – Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen – Hypothekendarlehensvertrag – Klausel, wonach der Verbraucher die mit dem Vertrag verbundenen Kosten zu tragen hat – Rechtskräftige Gerichtsentscheidung, mit der die Missbräuchlichkeit dieser Klausel festgestellt und diese für nichtig erklärt wird – Klage auf Rückerstattung der aufgrund der missbräuchlichen Klausel gezahlten Beträge – Beginn der Verjährungsfrist“

In der Rechtssache C‑484/21

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de Primera Instancia no 20 de Barcelona (Gericht erster Instanz Nr. 20 Barcelona, Spanien) mit Entscheidung vom 22. Juli 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 6. August 2021, in dem Verfahren

F C C,

M A B

gegen

Caixabank SA, vormals Bankia SA,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin O. Spineanu-Matei, des Richters S. Rodin (Berichterstatter) und der Richterin L. S. Rossi,

Generalanwalt: A. M. Collins,

Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2023,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

von F C C und M A B, vertreten durch I. Fernández Grañeda, F. Gómez Hidalgo Terán und J. Zaera Herrera, Abogados,

der Caixabank SA, vertreten durch J. Gutiérrez de Cabiedes Hidalgo de Caviedes, J. Rodríguez Cárcamo und E. Valencia Ortega, Abogados,

der spanischen Regierung, vertreten durch A. Ballesteros Panizo und A. Pérez-Zurita Gutiérrez als Bevollmächtigte,

der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Rocchitta, Avvocato dello Stato,

der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Baquero Cruz und N. Ruiz García als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen F C C und M A B, zwei Verbrauchern, auf der einen und der Caixabank SA, vormals Bankia SA, einem Kreditinstitut, auf der anderen Seite wegen der geforderten Rückerstattung von Beträgen, die aufgrund einer Vertragsklausel gezahlt wurden, deren Missbräuchlichkeit mit rechtskräftiger Gerichtsentscheidung festgestellt wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.“

4

Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 lautet:

„Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird.“

Spanisches Recht

5

Art. 121-20 der Ley 29/2002, primera Ley del Código Civil de Cataluña (Gesetz 29/2002, erstes Gesetz des Zivilgesetzbuchs von Katalonien) vom 30. Dezember 2002 (BOE Nr. 32 vom 6. Februar 2003, im Folgenden: katalanisches Zivilgesetzbuch) sieht vor:

„Ansprüche aller Art verjähren nach zehn Jahren, es sei denn, dass eine Person den Anspruch zuvor durch Ersitzung erworben hat oder dass in diesem Gesetz oder in den besonderen Gesetzen etwas anderes bestimmt ist“.

6

Art. 121-23 Abs. 1 des katalanischen Zivilgesetzbuchs bestimmt:

„Die Verjährungsfrist beginnt zu laufen, wenn der Anspruch entstanden und fällig ist und der Anspruchsinhaber die Umstände, auf denen er beruht, und die Person, gegen die er geltend gemacht werden kann, kennt oder vernünftigerweise kennen kann.“

7

In Art. 121-11 des katalanischen Zivilgesetzbuchs heißt es:

„Gründe für die Unterbrechung der Verjährung sind:

a)

Die Erhebung der Klage vor Gericht, auch wenn sie wegen eines Verfahrensfehlers abgewiesen wird.

b)

Die Einleitung des Schiedsverfahrens über die Forderung oder der Eingang der Schiedsklage, mit der die Ernennung der Schiedsrichter durch das Gericht beantragt wird.

c)

Die außergerichtliche Geltendmachung der Forderung.

d)

Die Anerkennung des Rechts oder der Verzicht auf die Verjährung durch die Person, der die Forderung innerhalb der Verjährungsfrist entgegengehalten werden kann.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

8

Die Parteien des Ausgangsverfahrens schlossen im Jahr 2007 einen Vertrag über ein Hypothekendarlehen. Da die Klausel dieses Vertrags, wonach die Kläger des Ausgangsverfahrens die gesamten Kosten für die Bestellung der Hypothek zu tragen hatten (im Folgenden: Kostenklausel), am 2. Mai 2019 durch ein Urteil des Juzgado de Primera Instancia no 50 de Barcelona (Gericht erster Instanz Nr. 50 Barcelona, Spanien) für nichtig erklärt worden war, wurden den Klägern des Ausgangsverfahrens die von ihnen entrichteten Notargebühren erstattet.

9

Am 23. Februar 2021 erhoben sie beim vorlegenden Gericht, dem Juzgado de Primera Instancia no 20 de Barcelona (Gericht erster Instanz Nr. 20 Barcelona, Spanien), Klage auf Rückerstattung der aufgrund der Kostenklausel für Grundbuchgebühren und Honorare des Abwicklungsunternehmens gezahlten Beträge in Höhe von 295,36 Euro.

10

Caixabank macht beim vorlegenden Gericht geltend, der von den Klägern des Ausgangsverfahrens geltend gemachte Anspruch sei verjährt. Die Verjährungsfrist betrage gemäß dem katalanischen Zivilgesetzbuch zehn Jahre und habe mit der Bestellung der Hypothek im Jahr 2007 begonnen, als die Beträge, deren Rückerstattung Gegenstand des Ausgangsverfahrens sei, gezahlt worden seien.

11

Die Kläger des Ausgangsverfahrens machen wiederum geltend, gemäß den Erkenntnissen aus dem Urteil vom 22. April 2021, Profi Credit Slovakia (C‑485/19, EU:C:2021:313), habe die Verjährungsfrist erst zu dem Zeitpunkt begonnen, zu dem die Nichtigkeit der Kostenklausel vom Juzgado de Primera Instancia no 50 de Barcelona (Gericht erster Instanz Nr. 50 Barcelona) festgestellt worden sei. Im Urteil vom 10. Juni 2021, BNP Paribas Personal Finance (C‑776/19 bis C‑782/19, EU:C:2021:470), habe der Gerichtshof zudem entschieden, dass die Verjährungsfrist nicht zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beginnen könne.

12

Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt man von der Kenntnis des Verbrauchers von dem Sachverhalt ausgehen kann, auf den er seine Klage auf Erstattung der aufgrund der für nichtig erklärten Klausel entrichteten Beträge stützt. An der Einhaltung von Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 bestehe somit ebenso wenig Zweifel wie an der Beachtung des Grundsatzes der Effektivität des Unionsrechts, wenn für den Beginn der Verjährung auf den Zeitpunkt der Nichtigerklärung der Kostenklausel abgestellt werde. Abgestellt werden könnte jedoch auch, wenngleich dies eher zweifelhaft sei, entweder auf den Tag, an dem der betroffene Verbraucher diese Beträge gezahlt habe, oder auf den Zeitpunkt, zu dem das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) ein Urteil verkündet habe, mit dem eine der Kostenklausel entsprechende Standardklausel für missbräuchlich erklärt worden sei.

13

Schließlich weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass der Erstattungsanspruch, wenn die Verjährung zum Zeitpunkt der Zahlung der Kosten beginnen würde, im vorliegenden Fall verjährt sei und die Verbraucher keine Rückerstattung der rechtsgrundlos gezahlten Beträge erhalten könnten. Beginne die Verjährungsfrist dagegen zu dem Zeitpunkt, zu dem das oben erwähnte Urteil des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) ergangen sei, also am 23. Dezember 2015, oder zu dem Zeitpunkt, zu dem die Nichtigkeit der Kostenklausel gerichtlich festgestellt worden sei, vorliegend also am 2. Mai 2019, so sei die Verjährungsfrist von zehn Jahren noch nicht abgelaufen und die Verbraucher könnten noch eine Entschädigung für den ihnen entstandenen Schaden erhalten.

14

Vor diesem Hintergrund hat der Juzgado de Primera Instancia no 20 de Barcelona (Gericht erster Instanz Nr. 20 Barcelona) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist es mit Art. 38 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, mit dem Grundsatz der Wirksamkeit des Unionsrechts sowie mit Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 vereinbar, dass die Verjährung eines Anspruchs auf Rückabwicklung der wirtschaftlichen Folgen einer missbräuchlichen Klausel wie der Kostenklausel vor dem Zeitpunkt beginnt, an dem diese Klausel wegen Missbräuchlichkeit für nichtig erklärt worden ist?

2.

Ist es mit Art. 38 der Charta der Grundrechte, mit dem Grundsatz der Wirksamkeit des Unionsrechts sowie mit Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 vereinbar, für den Beginn der Verjährungsfrist [des Anspruchs auf Erstattung von aufgrund] einer missbräuchlichen Klausel [gezahlten Beträgen] auf das Datum abzustellen, an dem ein Gericht wie das Tribunal Supremo, das eine Rechtsprechung [verbindlich] festlegen kann, feststellt, dass eine bestimmte Klausel missbräuchlich ist, unabhängig davon, ob der konkrete Verbraucher den Inhalt dieses Urteils kennt oder nicht?

3.

Ist es mit Art. 38 der Charta der Grundrechte, mit dem Grundsatz der Wirksamkeit des Unionsrechts sowie mit Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 vereinbar, bei einem Vertrag mit einer langen Dauer festzulegen, dass die Verjährungsfrist für einen Anspruch auf Erstattung von für die Bestellung einer Hypothek [aufgrund einer missbräuchlichen Klausel] gezahlten Kosten bereits dann beginnt, wenn die Kostenzahlung erfolgt, da die Wirkungen der missbräuchlichen Klausel in diesem Moment beendet sind und keine Gefahr besteht, dass die Klausel erneut angewandt wird?

Zu den Vorlagefragen

15

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass eine für missbräuchlich erklärte Vertragsklausel grundsätzlich als von Anfang an nicht existent anzusehen ist, so dass sie gegenüber dem Verbraucher keine Wirkungen haben kann. Folglich muss die gerichtliche Feststellung der Missbräuchlichkeit einer solchen Klausel grundsätzlich dazu führen, dass die Sach- und Rechtslage wiederhergestellt wird, in der sich der Verbraucher ohne diese Klausel befunden hätte (Urteile vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a.,C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 61, sowie vom 15. Juni 2023, Bank M. [Folgen der Nichtigerklärung des Vertrags], C‑520/21, EU:C:2023:478, Rn. 57).

16

Demnach entfaltet die Verpflichtung des nationalen Gerichts, eine missbräuchliche Vertragsklausel, nach der Beträge zu zahlen sind, die sich als rechtsgrundlos herausstellen, für nichtig zu erklären, im Hinblick auf diese Beträge grundsätzlich Restitutionswirkung (Urteile vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a., C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 62, sowie vom 15. Juni 2023, Bank M. [Folgen der Nichtigerklärung des Vertrags], C‑520/21, EU:C:2023:478, Rn. 58).

17

Ohne diese Restitutionswirkung könnte nämlich der Abschreckungseffekt in Frage gestellt werden, der sich nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 in Verbindung mit deren Art. 7 Abs. 1 an die Feststellung der Missbräuchlichkeit von Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit Verbrauchern geschlossen hat, knüpfen soll (Urteile vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a., C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 63, sowie vom 15. Juni 2023, Bank M. [Folgen der Nichtigerklärung des Vertrags], C‑520/21, EU:C:2023:478, Rn. 58).

18

Zwar verlangt Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 von den Mitgliedstaaten, vorzusehen, dass missbräuchliche Klauseln für die Verbraucher gemäß den „Bedingungen[, die sie] hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest[legen]“, unverbindlich sind (Urteile vom 6. Oktober 2009, Asturcom Telecomunicaciones, C‑40/08, EU:C:2009:615, Rn. 57, und vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a., C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 64).

19

Jedoch kann durch die Einbettung des den Verbrauchern durch die Richtlinie 93/13 gewährten Schutzes in das nationale Recht nicht die Tragweite und folglich das Wesen dieses Schutzes geändert und somit die vom Unionsgesetzgeber ausweislich des zehnten Erwägungsgrundes der Richtlinie 93/13 angestrebte Verbesserung des Schutzes durch die Aufstellung einheitlicher Rechtsvorschriften auf dem Gebiet missbräuchlicher Klauseln in Frage gestellt werden (Urteile vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a., C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 65, sowie vom 15. Juni 2023, Bank M. [Folgen der Nichtigerklärung des Vertrags], C‑520/21, EU:C:2023:478, Rn. 60).

20

Folglich obliegt es den Mitgliedstaaten zwar, durch ihr nationales Recht die Bedingungen festzulegen, unter denen die Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel erfolgt und die konkreten Rechtswirkungen dieser Feststellung eintreten, doch ändert dies nichts daran, dass eine solche Feststellung die Wiederherstellung der Sach‑ und Rechtslage, in der sich der Verbraucher ohne die missbräuchliche Klausel befände, ermöglichen muss, und zwar insbesondere durch Begründung eines Anspruchs auf Rückgewähr der Vorteile, die der Gewerbetreibende aufgrund der missbräuchlichen Klauseln zulasten des Verbrauchers rechtsgrundlos erhalten hat (Urteile vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a., C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 66, sowie vom 15. Juni 2023, Bank M. [Folgen der Nichtigerklärung des Vertrags], C‑520/21, EU:C:2023:478, Rn. 61).

Zur ersten und zur dritten Frage

21

Mit seiner ersten und seiner dritten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 sowie Art. 38 der Charta der Grundrechte dahin auszulegen sind, dass sie dem entgegenstehen, dass die Verjährungsfrist für einen Anspruch auf Rückerstattung von Kosten, die der Verbraucher zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit einem Gewerbetreibenden aufgrund einer Vertragsklausel gezahlt hat, deren Missbräuchlichkeit nach der Zahlung dieser Kosten durch rechtskräftige Gerichtsentscheidung festgestellt wurde, am Tag dieser Zahlung oder jedenfalls vor der Feststellung der Nichtigkeit durch dieses Urteil beginnt.

22

Nach ständiger Rechtsprechung ist es mangels spezifischer unionsrechtlicher Vorschriften nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, die Verfahrensmodalitäten für Klagen, die den Schutz der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, zu regeln, wobei diese Verfahrensmodalitäten jedoch nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen, die gleichartige, dem innerstaatlichen Recht unterliegende Sachverhalte regeln (Äquivalenzgrundsatz), und die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Effektivitätsgrundsatz) (Urteil vom 22. April 2021, Profi Credit Slovakia, C‑485/19, EU:C:2021:313, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23

In Bezug auf den Effektivitätsgrundsatz, um den allein es im vorliegenden Verfahren geht, ist darauf hinzuweisen, dass jeder Fall, in dem sich die Frage stellt, ob eine nationale Verfahrensvorschrift die Anwendung des Unionsrechts unmöglich macht oder übermäßig erschwert, unter Berücksichtigung der Stellung dieser Vorschrift im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen ist. Dabei sind gegebenenfalls die Grundsätze zu berücksichtigen, die dem nationalen Rechtsschutzsystem zugrunde liegen, wie z. B. der Schutz der Verteidigungsrechte, der Grundsatz der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäße Ablauf des Verfahrens (Urteil vom 10. Juni 2021, BNP Paribas Personal Finance, C‑776/19 bis C‑782/19, EU:C:2021:470, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24

Außerdem hat der Gerichtshof präzisiert, dass die Pflicht der Mitgliedstaaten, die Effektivität der Rechte sicherzustellen, die dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen, insbesondere für die Rechte aus der Richtlinie 93/13 das Erfordernis eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes, das auch in Art. 47 der Charta der Grundrechte verankert ist, impliziert; dieses Erfordernis gilt u. a. für die Festlegung der Verfahrensmodalitäten für Klagen, die sich auf solche Rechte stützen (Urteil vom 10. Juni 2021, BNP Paribas Personal Finance, C‑776/19 bis C‑782/19, EU:C:2021:470, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25

Was die Prüfung der Merkmale einer Verjährungsfrist wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden betrifft, hat der Gerichtshof präzisiert, dass diese Prüfung die Dauer dieser Frist und die Modalitäten ihrer Anwendung, einschließlich des Ereignisses, gemäß dem diese Frist in Lauf gesetzt wird, umfasst (Urteil vom 10. Juni 2021, BNP Paribas Personal Finance, C‑776/19 bis C‑782/19, EU:C:2021:470, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26

Zwar hat der Gerichtshof entschieden, dass der Antrag eines Verbrauchers auf Feststellung der Missbräuchlichkeit einer in einem Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher enthaltenen Klausel keiner Verjährungsfrist unterliegen kann (Urteil vom 10. Juni 2021, BNP Paribas Personal Finance, C‑776/19 bis C‑782/19, EU:C:2021:470, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung), aber er präzisiert, dass Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 einer nationalen Regelung, die die Klage eines Verbrauchers, mit der die Restitutionswirkungen dieser Feststellung geltend gemacht werden sollen, einer Verjährungsfrist unterwirft, nicht entgegenstehen, sofern sie die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität einhält (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Juni 2021, BNP Paribas Personal Finance, C‑776/19 bis C‑782/19, EU:C:2021:470, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27

Somit ist davon auszugehen, dass es für sich genommen nicht gegen den Effektivitätsgrundsatz verstößt, wenn Anträgen mit Restitutionscharakter, die von Verbrauchern gestellt werden, um Rechte, die ihnen aus der Richtlinie 93/13 erwachsen, geltend zu machen, eine Verjährungsfrist entgegengehalten wird, sofern deren Anwendung die Ausübung der durch diese Richtlinie verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert (Urteil vom 10. Juni 2021, BNP Paribas Personal Finance, C‑776/19 bis C‑782/19, EU:C:2021:470, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich der Verbraucher gegenüber dem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition befindet und einen geringeren Informationsstand besitzt, was dazu führt, dass er den vom Gewerbetreibenden vorformulierten Bedingungen zustimmt, ohne auf deren Inhalt Einfluss nehmen zu können. Ebenso ist darauf hinzuweisen, dass es möglich ist, dass der Verbraucher die Missbräuchlichkeit einer in einem Hypothekendarlehensvertrag enthaltenen Klausel nicht kennt oder den Umfang seiner Rechte aus der Richtlinie 93/13 nicht richtig erfasst (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Juni 2021, BNP Paribas Personal Finance, C‑776/19 bis C‑782/19, EU:C:2021:470, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29

In diesem Kontext ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Anwendung einer Verjährungsfrist, die ab Vertragsschluss zu laufen beginnt, geeignet, die Ausübung der diesem Verbraucher durch die Richtlinie 93/13 verliehenen Rechte übermäßig zu erschweren und folglich gegen den Effektivitätsgrundsatz in Verbindung mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit zu verstoßen, da der Verbraucher die Rückerstattung der in Vollziehung einer für missbräuchlich befundenen Klausel geleisteten Zahlungen unabhängig davon, ob er die Missbräuchlichkeit dieser Klausel kannte oder vernünftigerweise kennen konnte, nur während einer bestimmten Frist nach Unterzeichnung dieses Vertrags verlangen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2020, Caixabank und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, C‑224/19 und C‑259/19, EU:C:2020:578, Rn. 91; vgl. auch entsprechend Urteil vom 22. April 2021, Profi Credit Slovakia, C‑485/19, EU:C:2021:313, Rn. 63).

30

Somit ergibt sich im vorliegenden Fall aus der Vorlageentscheidung, dass angesichts der Tatsache, dass die Kostenklausel ihre Wirkung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entfaltet hat, zu dem diese Kosten auch entrichtet wurden, die Festlegung des Zeitpunkts des Vertragsschlusses und der Entrichtung der Kosten als Beginn der Verjährungsfrist für einen Anspruch auf Rückerstattung dieser Kosten zur Folge hätte, dass der Anspruch auf Erstattung am Tag der Erhebung der Erstattungsklage der Kläger des Ausgangsverfahrens bereits verjährt wäre, unabhängig davon, ob die Verbraucher Kenntnis von der Missbräuchlichkeit der Kostenklausel hatten oder zumindest vernünftigerweise haben konnten.

31

Im Hinblick auf die in den Rn. 28 und 29 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass der Tag, an dem der die missbräuchliche Klausel enthaltende Vertrag geschlossen wurde und die entsprechenden Kosten entrichtet wurden, als solcher nicht den Beginn der Verjährungsfrist darstellen kann.

32

Dagegen hat der Verbraucher unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung rechtskräftig wurde, mit der die Missbräuchlichkeit der betreffenden Vertragsklausel festgestellt und diese daher für nichtig erklärt wurde, gesicherte Kenntnis von der Rechtswidrigkeit dieser Klausel. Somit ist dieser Verbraucher grundsätzlich ab diesem Zeitpunkt in der Lage, seine ihm durch die Richtlinie 93/13 verliehenen Rechte wirksam geltend zu machen, so dass die Verjährungsfrist für den Erstattungsanspruch, dessen Hauptziel – wie dies aus den Rn. 15 und 20 des vorliegenden Urteils hervorgeht – darin besteht, die Sach- und Rechtslage wiederherzustellen, in der sich der Verbraucher ohne diese Klausel befunden hätte, auch ab dann zu laufen beginnen kann.

33

Denn ab diesem Zeitpunkt kann der Verbraucher, da es sich um eine an ihn gerichtete rechtskräftige Gerichtsentscheidung handelt, von der Missbräuchlichkeit der fraglichen Klausel Kenntnis haben und selbst einschätzen, ob die Erhebung einer Klage auf Rückerstattung der aufgrund dieser Klausel gezahlten Beträge binnen der im nationalen Recht vorgesehenen Frist sinnvoll wäre.

34

Somit ist eine Verjährungsfrist, die mit dem Tag beginnt, an dem die Entscheidung, mit der die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel festgestellt und diese daher für nichtig erklärt wird, Rechtskraft erlangt, mit dem Effektivitätsgrundsatz vereinbar, da der Verbraucher die Möglichkeit hat, von seinen Rechten Kenntnis zu nehmen, bevor diese Frist zu laufen beginnt oder abgelaufen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Juni 2021, BNP Paribas Personal Finance, C‑776/19 bis C‑782/19, EU:C:2021:470, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35

Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 93/13, wie sich aus der in Rn. 29 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergibt, zwar dem entgegensteht, dass die Verjährungsfrist für den Anspruch auf Rückerstattung der von einem Verbraucher aufgrund einer missbräuchlichen Vertragsklausel gezahlten Beträge unabhängig von der Frage beginnen kann, ob dieser Verbraucher die Missbräuchlichkeit dieser Klausel kannte oder vernünftigerweise kennen konnte, doch sie verwehrt es nicht, dass der Gewerbetreibende die Möglichkeit hat, den Nachweis dafür zu erbringen, dass dieser Verbraucher hiervon Kenntnis hatte oder vernünftigerweise haben konnte, bevor ein Urteil ergeht, mit dem die Nichtigkeit dieser Klausel festgestellt wird.

36

Unter diesen Umständen ist es nicht erforderlich, Art. 38 der Charta der Grundrechte auszulegen, um festzustellen, ob die dort verankerten Grundrechte einer innerstaatlichen Praxis wie jener entgegenstehen, die Gegenstand der vorliegenden Frage ist.

37

Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist auf die erste und die dritte Frage zu antworten, dass Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 in Verbindung mit dem Effektivitätsgrundsatz dahin auszulegen sind, dass sie dem entgegenstehen, dass die Verjährungsfrist für einen Anspruch auf Rückerstattung von Kosten, die der Verbraucher zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit einem Gewerbetreibenden aufgrund einer Vertragsklausel gezahlt hat, deren Missbräuchlichkeit nach der Zahlung dieser Kosten durch rechtskräftige Gerichtsentscheidung festgestellt wurde, am Tag dieser Zahlung zu laufen beginnt, unabhängig von der Frage, ob der Verbraucher bei dieser Zahlung von der Missbräuchlichkeit dieser Klausel Kenntnis hatte oder vernünftigerweise haben konnte, oder bevor die Nichtigkeit dieser Klausel durch diese Entscheidung festgestellt wurde.

Zur zweiten Frage

38

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen sind, dass sie dem entgegenstehen, dass die Verjährungsfrist für einen Anspruch auf Rückerstattung von Kosten, die ein Verbraucher aufgrund einer Klausel in einem mit einem Gewerbetreibenden geschlossenen Vertrag gezahlt hat, deren Missbräuchlichkeit durch rechtskräftige Gerichtsentscheidung festgestellt wurde, an dem Tag zu laufen beginnt, an dem das oberste nationale Gericht zuvor in einer getrennten Rechtssache ein Urteil erlassen hat, das eine Standardklausel für missbräuchlich erklärt, die derjenigen des in Rede stehenden Vertrags entspricht.

39

Wie der in den Rn. 15 und 20 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung zu entnehmen ist, zielt die Richtlinie 93/13 darauf ab, die Sach- und Rechtslage, in der sich der Verbraucher ohne missbräuchliche Vertragsklausel befände, u. a. dadurch wiederherzustellen, dass sie einen Anspruch auf Rückerstattung der Vorteile begründet, die der Gewerbetreibende aufgrund dieser Klauseln zulasten des Verbrauchers rechtsgrundlos erhalten hat.

40

Als Beginn der Verjährungsfrist für einen Anspruch auf Rückerstattung von Kosten, die ein Verbraucher aufgrund einer missbräuchlichen Vertragsklausel gezahlt hat, den Tag festzulegen, an dem das oberste nationale Gericht ein Urteil verkündet hat, das eine der fraglichen Vertragsklausel entsprechende Standardklausel für missbräuchlich erklärt, würde dem Gewerbetreibenden in vielen Fällen erlauben, die zum Nachteil des Verbrauchers aufgrund der missbräuchlichen Klausel zu Unrecht vereinnahmten Beträge zu behalten, was unvereinbar mit den Anforderungen der in Rn. 29 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung wäre, die die schwächere Position des Verbrauchers, die durch die Richtlinie 93/13 ausgeglichen werden soll, betont und wonach dieser Fristbeginn nicht unabhängig von der Frage festgelegt werden darf, ob der Verbraucher Kenntnis von der Missbräuchlichkeit der den Erstattungsanspruch begründenden Klausel hatte oder vernünftigerweise haben konnte, und nicht ohne dem Gewerbetreibenden eine Sorgfalts- und Hinweispflicht gegenüber dem Verbraucher aufzuerlegen.

41

Da dem Gewerbetreibenden insoweit keine Informationspflicht obliegt, kann zudem nicht angenommen werden, dass der Verbraucher vernünftigerweise Kenntnis davon haben kann, dass eine Klausel in seinem Vertrag einer Standardklausel entspricht, deren Missbräuchlichkeit vom obersten nationalen Gericht festgestellt wurde.

42

Obwohl die höchstrichterliche Rechtsprechung eines Mitgliedstaats bei angemessener Veröffentlichung einem Verbraucher erlauben kann, Kenntnis von der Missbräuchlichkeit einer Standardklausel zu erlangen, die in seinem mit einem Gewerbetreibenden geschlossenen Vertrag enthalten ist, kann nämlich von diesem Verbraucher, der angesichts seiner schwächeren Position gegenüber dem Gewerbetreibenden durch die Richtlinie 93/13 geschützt werden soll, dennoch nicht erwartet werden, dass er Schritte unternimmt, die zur juristischen Recherche gehören (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 2023, Banco Santander [Bezugnahme auf einen offiziellen Index], C‑265/22, EU:C:2023:578, Rn. 60).

43

Weiter ist insoweit darauf hinzuweisen, dass eine solche nationale Rechtsprechung nicht zwangsläufig geeignet ist, ipso facto alle Klauseln dieser Art in allen Verträgen, die in der Rechtsordnung dieses Mitgliedstaats zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossen wurden, für missbräuchlich zu erklären. Wurde eine Standardklausel von einem obersten nationalen Gericht für missbräuchlich erklärt, ist grundsätzlich noch im Einzelfall zu prüfen, inwieweit eine Vertragsklausel speziell dieser Standardklausel entspricht und ebenso, wie diese für missbräuchlich zu erklären ist.

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Gemäß Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 sind bei der Prüfung der etwaigen Missbräuchlichkeit einer Klausel in einem zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossenen Vertrag, bei der auch bestimmt wird, ob diese Klausel zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht, u. a. alle den Vertragsabschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. Eine solche Einzelfallprüfung ist umso wichtiger, als sich die Missbräuchlichkeit einer Klausel aus einer fehlenden Transparenz derselben ergeben kann. Daher kann die Missbräuchlichkeit einer bestimmten Vertragsklausel grundsätzlich nicht unterstellt werden, da eine solche Einstufung von spezifischen Umständen beim jeweiligen Vertragsabschluss und u. a. von den besonderen Hinweisen abhängen kann, die der jeweilige Gewerbetreibende dem jeweiligen Verbraucher gibt.

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Aufgrund dieser Erwägungen kann von einem angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher nicht verlangt werden, dass er sich nicht nur eigenständig regelmäßig über die nationale höchstrichterliche Rechtsprechung zu Standardklauseln in Verträgen informiert, die denjenigen entsprechen, die er möglicherweise mit einem Gewerbetreibenden geschlossen hat, sondern auch anhand eines Urteils eines obersten nationalen Gerichts ermittelt, ob eine solche in einem bestimmten Vertrag enthaltene Klausel missbräuchlich ist.

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Überdies wäre es nicht mit der Richtlinie 93/13 vereinbar, den Gewerbetreibenden für seine Untätigkeit angesichts der vom obersten nationalen Gericht festgestellten Rechtswidrigkeit zu belohnen. Denn unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens verfügt der Gewerbetreibende als Finanzinstitut grundsätzlich über eine auf dieses Fachgebiet spezialisierte Rechtsabteilung, die den in dieser Rechtssache in Rede stehenden Vertrag formuliert hat sowie in der Lage ist, die Entwicklung der Rechtsprechung dieses Gerichts zu verfolgen und daraus Schlüsse für die vom Finanzinstitut bereits abgeschlossenen Verträge zu ziehen. Ein solches Finanzinstitut verfügt grundsätzlich auch über einen Kundenservice, der alle erforderlichen Informationen hat, um problemlos Kontakt zu den betroffenen Kunden aufzunehmen.

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Nach alledem sind Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen, dass sie dem entgegenstehen, dass die Verjährungsfrist für einen Anspruch auf Rückerstattung von Kosten, die der Verbraucher aufgrund einer Klausel in einem mit einem Gewerbetreibenden geschlossenen Vertrag gezahlt hat, deren Missbräuchlichkeit durch rechtskräftige Gerichtsentscheidung festgestellt wurde, an dem Tag zu laufen beginnt, an dem das oberste nationale Gericht zuvor in einer getrennten Rechtssache ein Urteil erlassen hat, das eine Standardklausel für missbräuchlich erklärt, die derjenigen des in Rede stehenden Vertrags entspricht.

Kosten

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Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Neunte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen in Verbindung mit dem Effektivitätsgrundsatz

sind dahin auszulegen, dass

sie dem entgegenstehen, dass die Verjährungsfrist für einen Anspruch auf Rückerstattung von Kosten, die der Verbraucher zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit einem Gewerbetreibenden aufgrund einer Vertragsklausel gezahlt hat, deren Missbräuchlichkeit nach der Zahlung dieser Kosten durch rechtskräftige Gerichtsentscheidung festgestellt wurde, am Tag dieser Zahlung zu laufen beginnt, unabhängig von der Frage, ob der Verbraucher bei dieser Zahlung von der Missbräuchlichkeit dieser Klausel Kenntnis hatte oder vernünftigerweise haben konnte, oder bevor die Nichtigkeit dieser Klausel durch diese Entscheidung festgestellt wurde.

 

2.

Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13

sind dahin auszulegen, dass

sie dem entgegenstehen, dass die Verjährungsfrist für einen Anspruch auf Rückerstattung von Kosten, die der Verbraucher aufgrund einer Klausel in einem mit einem Gewerbetreibenden geschlossenen Vertrag gezahlt hat, deren Missbräuchlichkeit durch rechtskräftige Gerichtsentscheidung festgestellt wurde, an dem Tag zu laufen beginnt, an dem das oberste nationale Gericht zuvor in einer getrennten Rechtssache ein Urteil erlassen hat, das eine Standardklausel für missbräuchlich erklärt, die derjenigen des in Rede stehenden Vertrags entspricht.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Spanisch.

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