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Document 62012CJ0350

Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 3. Juli 2014.
Rat der Europäischen Union gegen Sophie in ’t Veld.
Rechtsmittel – Zugang zu Dokumenten der Organe – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dritter Gedankenstrich, Abs. 2 zweiter Gedankenstrich und Abs. 6 – Gutachten des Juristischen Dienstes des Rates betreffend die Aufnahme von Verhandlungen für ein internationales Abkommen – Ausnahmen vom Recht auf Zugang – Schutz des öffentlichen Interesses im Bereich internationaler Beziehungen – Schutz der Rechtsberatung – Entscheidung über die teilweise Verweigerung des Zugangs.
Rechtssache C‑350/12 P.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2014:2039

Rechtssache C‑350/12 P

Rat der Europäischen Union

gegen

Sophie in ’t Veld

„Rechtsmittel — Zugang zu Dokumenten der Organe — Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 — Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dritter Gedankenstrich, Abs. 2 zweiter Gedankenstrich und Abs. 6 — Gutachten des Juristischen Dienstes des Rates betreffend die Aufnahme von Verhandlungen für ein internationales Abkommen — Ausnahmen vom Recht auf Zugang — Schutz des öffentlichen Interesses im Bereich internationaler Beziehungen — Schutz der Rechtsberatung — Entscheidung über die teilweise Verweigerung des Zugangs“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 3. Juli 2014

  1. Organe der Europäischen Union – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten – Enge Auslegung und Anwendung – Auf mehrere Ausnahmen gestützte Verweigerung – Zulässigkeit

    (Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Erwägungsgründe 4 und 11 sowie Art. 1 und 4)

  2. Organe der Europäischen Union – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten – Begründungspflicht – Umfang

    (Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, elfter Erwägungsgrund und Art. 4 Abs. 1 Buchst. a)

  3. Organe der Europäischen Union – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten – Schutz des Entscheidungsprozesses – Verpflichtung zur Abwägung der bestehenden Interessen – Umfang in Bezug auf die dem Gesetzgebungsverfahren zugrunde liegenden Dokumente

    (Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, zweiter Erwägungsgrund und Art. 2 Abs. 3, Art. 4 Abs. 2 und 3)

  4. Organe der Europäischen Union – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten – Schutz des öffentlichen Interesses – Gerichtliche Nachprüfung – Umfang – Grenzen

    (Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4 Abs. 1 Buchst. a)

  5. Organe der Europäischen Union – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten – Schutz der Rechtsberatung – Verpflichtung des Organs, den Rechtsberatungscharakter der Handlung und die konkrete Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Schutzes der Rechtsberatung zu prüfen und zu überprüfen, dass kein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, das die Verbreitung rechtfertigt

    (Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich)

  1.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 46-48, 100)

  2.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 51, 52, 64)

  3.  Ein Organ muss bei der Anwendung einer der Ausnahmen nach Art. 4 Abs.2 und 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission das besondere Interesse, das durch die Nichtverbreitung des betreffenden Dokuments geschützt werden soll, u. a. gegen das allgemeine Interesse an der Zugänglichmachung dieses Dokuments abwägen, und zwar unter Berücksichtigung der Vorteile, die sich, wie im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 ausgeführt, aus einer größeren Transparenz ergeben – nämlich einer besseren Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozess und einer größeren Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System –, da diese Erwägungen von ganz besonderer Bedeutung sind, wenn das Organ als Gesetzgeber tätig wird.

    Die nicht gesetzgeberische Tätigkeit der Organe liegt nicht außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung Nr. 1049/2001, wobei Art. 2 Abs. 3 dieser Verordnung klarstellt, dass sie für alle Dokumente eines Organs gilt, d. h. für Dokumente aus allen Tätigkeitsbereichen der Union, die von dem Organ erstellt wurden oder bei ihm eingegangen sind und sich in seinem Besitz befinden.

    (vgl. Rn. 53, 106, 107)

  4.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 63)

  5.  Im Hinblick auf die Ausnahme für die Rechtsberatung in Art. 4 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission muss die Prüfung, die das Organ vorzunehmen hat, wenn bei ihm die Verbreitung eines Dokuments beantragt wird, entsprechend den in dieser Bestimmung genannten drei Kriterien notwendigerweise in drei Schritten erfolgen.

    So muss sich das Organ in einem ersten Schritt vergewissern, dass das Dokument, dessen Verbreitung beantragt wird, tatsächlich eine Rechtsberatung betrifft. In einem zweiten Schritt muss es prüfen, ob der Schutz der Rechtsberatung durch die Verbreitung der Abschnitte des fraglichen Dokuments, die als eine Rechtsberatung betreffend identifiziert wurden, in dem Sinne beeinträchtigt würde, dass sie das Interesse eines Organs, Rechtsgutachten anzufordern und freie, objektive und vollständige Stellungnahmen zu erhalten, schädigen würde. Die Gefahr einer Beeinträchtigung dieses Interesses kann nur geltend gemacht werden, wenn sie angemessen absehbar und nicht rein hypothetisch ist. In einem dritten und letzten Schritt muss das Organ, wenn es der Auffassung ist, dass die Verbreitung eines Dokuments den Schutz der Rechtsberatung, wie er soeben definiert worden ist, beeinträchtigt, prüfen, ob nicht ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, das diese Verbreitung trotz der Beeinträchtigung seiner Möglichkeiten, Rechtsgutachten anzufordern und freie, objektive und vollständige Stellungnahmen zu erhalten, rechtfertigt.

    (vgl. Rn. 95, 96)

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Rechtssache C‑350/12 P

Rat der Europäischen Union

gegen

Sophie in ’t Veld

„Rechtsmittel — Zugang zu Dokumenten der Organe — Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 — Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dritter Gedankenstrich, Abs. 2 zweiter Gedankenstrich und Abs. 6 — Gutachten des Juristischen Dienstes des Rates betreffend die Aufnahme von Verhandlungen für ein internationales Abkommen — Ausnahmen vom Recht auf Zugang — Schutz des öffentlichen Interesses im Bereich internationaler Beziehungen — Schutz der Rechtsberatung — Entscheidung über die teilweise Verweigerung des Zugangs“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 3. Juli 2014

  1. Organe der Europäischen Union – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten – Enge Auslegung und Anwendung – Auf mehrere Ausnahmen gestützte Verweigerung – Zulässigkeit

    (Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Erwägungsgründe 4 und 11 sowie Art. 1 und 4)

  2. Organe der Europäischen Union – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten – Begründungspflicht – Umfang

    (Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, elfter Erwägungsgrund und Art. 4 Abs. 1 Buchst. a)

  3. Organe der Europäischen Union – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten – Schutz des Entscheidungsprozesses – Verpflichtung zur Abwägung der bestehenden Interessen – Umfang in Bezug auf die dem Gesetzgebungsverfahren zugrunde liegenden Dokumente

    (Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, zweiter Erwägungsgrund und Art. 2 Abs. 3, Art. 4 Abs. 2 und 3)

  4. Organe der Europäischen Union – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten – Schutz des öffentlichen Interesses – Gerichtliche Nachprüfung – Umfang – Grenzen

    (Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4 Abs. 1 Buchst. a)

  5. Organe der Europäischen Union – Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten – Verordnung Nr. 1049/2001 – Ausnahmen vom Recht auf Zugang zu Dokumenten – Schutz der Rechtsberatung – Verpflichtung des Organs, den Rechtsberatungscharakter der Handlung und die konkrete Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Schutzes der Rechtsberatung zu prüfen und zu überprüfen, dass kein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, das die Verbreitung rechtfertigt

    (Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich)

  1.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 46-48, 100)

  2.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 51, 52, 64)

  3.  Ein Organ muss bei der Anwendung einer der Ausnahmen nach Art. 4 Abs.2 und 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission das besondere Interesse, das durch die Nichtverbreitung des betreffenden Dokuments geschützt werden soll, u. a. gegen das allgemeine Interesse an der Zugänglichmachung dieses Dokuments abwägen, und zwar unter Berücksichtigung der Vorteile, die sich, wie im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 ausgeführt, aus einer größeren Transparenz ergeben – nämlich einer besseren Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozess und einer größeren Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System –, da diese Erwägungen von ganz besonderer Bedeutung sind, wenn das Organ als Gesetzgeber tätig wird.

    Die nicht gesetzgeberische Tätigkeit der Organe liegt nicht außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung Nr. 1049/2001, wobei Art. 2 Abs. 3 dieser Verordnung klarstellt, dass sie für alle Dokumente eines Organs gilt, d. h. für Dokumente aus allen Tätigkeitsbereichen der Union, die von dem Organ erstellt wurden oder bei ihm eingegangen sind und sich in seinem Besitz befinden.

    (vgl. Rn. 53, 106, 107)

  4.  Siehe Text der Entscheidung.

    (vgl. Rn. 63)

  5.  Im Hinblick auf die Ausnahme für die Rechtsberatung in Art. 4 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission muss die Prüfung, die das Organ vorzunehmen hat, wenn bei ihm die Verbreitung eines Dokuments beantragt wird, entsprechend den in dieser Bestimmung genannten drei Kriterien notwendigerweise in drei Schritten erfolgen.

    So muss sich das Organ in einem ersten Schritt vergewissern, dass das Dokument, dessen Verbreitung beantragt wird, tatsächlich eine Rechtsberatung betrifft. In einem zweiten Schritt muss es prüfen, ob der Schutz der Rechtsberatung durch die Verbreitung der Abschnitte des fraglichen Dokuments, die als eine Rechtsberatung betreffend identifiziert wurden, in dem Sinne beeinträchtigt würde, dass sie das Interesse eines Organs, Rechtsgutachten anzufordern und freie, objektive und vollständige Stellungnahmen zu erhalten, schädigen würde. Die Gefahr einer Beeinträchtigung dieses Interesses kann nur geltend gemacht werden, wenn sie angemessen absehbar und nicht rein hypothetisch ist. In einem dritten und letzten Schritt muss das Organ, wenn es der Auffassung ist, dass die Verbreitung eines Dokuments den Schutz der Rechtsberatung, wie er soeben definiert worden ist, beeinträchtigt, prüfen, ob nicht ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, das diese Verbreitung trotz der Beeinträchtigung seiner Möglichkeiten, Rechtsgutachten anzufordern und freie, objektive und vollständige Stellungnahmen zu erhalten, rechtfertigt.

    (vgl. Rn. 95, 96)

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