EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 24.10.2023
COM(2023) 650 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
Bericht über die Lage der Energieunion 2023
(gemäß der Verordnung (EU) 2018/1999 über das Governance-System für die Energieunion und den Klimaschutz)
{SWD(2023) 646 final}
Einleitung und Überblick
Im vergangenen Jahr, als die Welt gerade begann, sich von der durch die globale Pandemie ausgelösten Wirtschaftskrise zu erholen, wurde die Europäische Union (EU) vor eine ihrer größten Herausforderungen seit ihrer Gründung gestellt: ein Krieg auf unserem Kontinent und die schlimmste globale Energiekrise seit Jahrzehnten. Die Ukraine wurde ungerechtfertigt und unprovoziert militärisch angegriffen, und Russland setzte seine Energielieferungen als Waffe ein, um die Versorgung Europas mit fossilen Brennstoffen zu stören und somit unserer Wirtschaft zu schaden.
Deshalb mussten Maßnahmen ergriffen werden, um Energie zu sparen, unsere Energieversorgung zu diversifizieren und die Energiewende zu beschleunigen und damit die Abhängigkeit von russischen Einfuhren fossiler Brennstoffe so schnell wie möglich zu verringern. Die EU und ihre siebenundzwanzig Mitgliedstaaten ergriffen tiefgreifende, entschlossene und gemeinsame Maßnahmen. Die Kommission schlug den REPowerEU-Plan vor, der im Laufe des Jahres durch mehrere legislative Sofortmaßnahmen ergänzt wurde, die in hohem Tempo verabschiedet wurden. Als Union ist es uns gemeinsam gelungen, Versorgungsstörungen zu vermeiden, den Druck auf die Energiemärkte zu verringern und die Versorgung mit Energie aus erneuerbaren Quellen zu fördern. Im Mai 2023 erzeugte die EU erstmals mehr Strom aus Windkraft und Solarenergie als aus fossilen Brennstoffen.
Kurz gesagt, der EU ist es gelungen, in Bezug auf die Energiekrise das Schlimmste zu verhindern. Gleichzeitig haben wir die Krise genutzt, um unser Ziel, die Energiewende zu beschleunigen, voranzutreiben und Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Der europäische Grüne Deal, mit dem Europa sich seinem historischen Auftrag stellt, ist heute nicht nur ein Gebot des Klimaschutzes und der europäischen Wachstumsstrategie, sondern auch eine Notwendigkeit im Hinblick auf die Energiesicherheit und ‑unabhängigkeit der EU. Tatsächlich ist der europäische Grüne Deal zu einem Kernstück unserer allgemeinen Wirtschaftsstrategie und zu einem wichtigen Motor für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit geworden.
Die schlimmsten Auswirkungen der Krise mögen nun hinter uns liegen, aber wir müssen wachsam bleiben. Die Energiemärkte sind nach wie vor anfällig, die Subventionen für fossile Brennstoffe wurden während der Krise erhöht, die Inflation ist nach wie vor hoch, unsere kritische Infrastruktur muss – auch vor Sabotage – geschützt werden, und die Auswirkungen der Krise zeigen, welche Risiken die Abhängigkeit von unzuverlässigen Quellen birgt. Langfristig muss die EU weiterhin eine erschwingliche, zuverlässige und zugängliche Energieversorgung der Haushalte sicherstellen und die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Industrie und Wirtschaft stärken, um weiterhin weltweit ein wichtiger Akteur zu sein. Die Energiekrise und die Störungen der Versorgungskette der letzten zwei Jahre zeigen, wie wichtig es ist, die Produktionskapazitäten der Netto-Null-Industrie der EU zu erhöhen und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Mit der Netto-Null-Industrie-Verordnung hat die Kommission wichtige Reformen zur Steigerung der Produktionskapazitäten in der EU vorgeschlagen, die durch Maßnahmen zum besseren Schutz unserer Industrie vor Marktverzerrungen durch Drittländer ergänzt werden sollen. Eine starke europäische Clean-Tech-Industrie ist für die Zukunft der EU von entscheidender Bedeutung.
Der jährliche Bericht über die Lage der Energieunion und seine Begleitberichte sind ein wichtiges Instrument zur Bestandsaufnahme der Fortschritte, die die EU im Hinblick auf die Verwirklichung der Ziele der Energieunion und der Energiewende im Einklang mit den Energie- und Klimazielen erzielt hat. Der diesjährige Bericht blickt darauf zurück, wie die EU während der Amtszeit der derzeitigen Kommission auf beispiellose Krisen und Herausforderungen reagiert hat, und geht auf die verbleibenden Herausforderungen ein.
Der Bericht ist in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil wird beschrieben, wie die ehrgeizigen Klima- und Umweltziele im Rahmen des europäischen Grünen Deals die Grundlage für die Krisenbewältigungsstrategie der EU und eine Strategie für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit bildeten. Im zweiten Teil wird der Stand der Umsetzung der Energieunion in all ihren fünf Dimensionen anhand der von der Kommission vorgenommenen Bewertung der nationalen energie- und klimabezogenen Fortschrittsberichte der Mitgliedstaaten (NEKFB) analysiert. Im letzten Teil wird auf künftige Herausforderungen für das Energiesystem und die Energiepolitik der EU hingewiesen.
Gemeinsam mit diesem Bericht wird eine Reihe von Begleitberichten veröffentlicht, die nachfolgend beschrieben werden. Sie bieten eine eingehendere Bewertung des Fortschritts, der hinsichtlich der Initiativen der Energieunion in ihren fünf Dimensionen und der Energiewende erzielt wurde.
-Bewertung der Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele der Energieunion und des Klimaschutzes,
-Fortschrittsbericht über Wettbewerbsfähigkeit 2023
-Bericht über die Nachhaltigkeit von Bioenergie gemäß der Verordnung (EU) 2018/1999
-Bericht über die Renovierung des nationalen Bestands an Wohn- und Nichtwohngebäuden und über Niedrigstenergiegebäude gemäß der Verordnung (EU) 2018/1999
-Bericht über die Umsetzung der Richtlinie mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt EU/2019/944
-Bericht 2023 über Energiesubventionen in Europa
-Fortschrittsbericht über den Klimaschutz
-Bericht über das Funktionieren des CO2-Marktes 2022
-Bericht über die Qualität von Benzin und Dieselkraftstoff im Straßenverkehr
-Bericht über die Umsetzung der Richtlinie 2009/31/EG über die geologische Speicherung von Kohlendioxid
Lage der Energieunion – wichtige Erfolge des Jahres 2023
-Die EU verlagerte ihre Energieeinfuhren rasch von Russland auf andere Länder, wodurch sie schließlich ihre Energieversorgungssicherheit gewährleisten konnte. Die EU-Energieplattform trug über einen Mechanismus zur Nachfragebündelung zu den Diversifizierungszielen der EU bei. Bis Oktober 2023 wurden drei öffentliche Ausschreibungen mit einem Gesamtvolumen von 44,75 Mrd. m3 und einem Angebotsvolumen von 52 Mrd. m3 erfolgreich durchgeführt.
-Von einem Jahresvolumen von 155 Mrd. m³ vor der Krise gingen die gesamten russischen Gaseinfuhren im Jahr 2022 auf etwa 80 Mrd. m³ und im Jahr 2023 auf schätzungsweise 40–45 Mrd. m³ zurück.
-Um den Rückgang der Einfuhren aus Russland auszugleichen, erhöhte die EU ihre Einfuhren von Erdgas und Flüssigerdgas aus Norwegen und den USA. Obgleich die Einfuhren von russischem Flüssigerdgas (LNG) gestiegen sind, ist der Gesamtanteil des russischen Gases (LNG und Pipelineerdgas) an den gesamten Gaseinfuhren der EU von 45 % bis 50 % in den Jahren vor der Krise auf 15 % gesunken, und der Anteil des russischen Pipelinegases ist seit Januar 2023 auf unter 10 % gesunken.
-Darüber hinaus hat die EU ihre weltweiten Bemühungen zur Förderung einer zunehmenden Methanreduzierung sowohl als Bestandteil der Klimaschutzmaßnahmen als auch zur Unterstützung der Energiesicherheit ausgeweitet. Die Erkundung von Systemen nach dem sogenannten Grundsatz „You collect/We buy“ erhöht die Verfügbarkeit von Gaslieferungen für die EU und den Weltmarkt.
-Die EU und ihre energieintensive Industrie haben ihren Energiebedarf im Vergleich zu den Werten vor der COVID-19-Krise gesenkt, unter anderem durch eine Einsparung von mehr als 18 % des Gases im Vergleich zu den vorangegangenen fünf Jahren. Gleichzeitig hat die EU ihre Gasspeicher vor dem Winter 2022/2023 bis zu 95 % gefüllt und auf diese Weise Störungen der Energieversorgung verhindert. Darüber hinaus erreichte die EU am 18. August ihr Ziel, die Gasspeicher zu 90 % zu füllen, also mehr als zwei Monate vor Ablauf der Frist am 1. November 2023.
-Die EU beschleunigte den Ausbau erneuerbarer Energiekapazitäten und produzierte immer mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Im Jahr 2022 wurden 39 % des Stroms aus erneuerbaren Quellen erzeugt, und im Mai 2023 übertrafen Windkraft und Solarenergie zum ersten Mal die gesamte Stromerzeugung aus fossilen Energiequellen.2022 war ein Rekordjahr für die neu installierte Photovoltaikleistung (41 GW), das sind 60 % mehr als im Jahr 2021 (26 GW). Ähnliche Ergebnisse wurden, auch dank beschleunigter Genehmigungsverfahren, bei der Leistung der Onshore- und Offshore-Windenergie erzielt (45 % mehr installierte Kapazität als im Jahr 2021).
-Im Einklang mit REPowerEU und dem europäischen Grünen Deal hat sich die EU auf höhere Ziele für die Energiewende geeinigt. Die Mitgesetzgeber einigten sich auf das Ziel, bis 2030 bei den erneuerbaren Energien einen Anteil von 42,5 % am Energiemix der EU zu erreichen, wobei ein Anteil von 45 % angestrebt wird, sowie auf das Ziel, den Endenergieverbrauch auf EU-Ebene bis 2030 um 11,7 % gegenüber den Prognosen des Referenzszenarios für 2020 zu senken.
-Dank der bestehenden EU-Rechtsvorschriften in den Bereichen Klima und Energie sind die Treibhausgasemissionen der EU im Vergleich zu 1990 bereits um 32,5 % gesunken, obgleich die EU-Wirtschaft im gleichen Zeitraum um rund 67 % gewachsen ist, was bedeutet, dass das Wachstum von den Emissionen entkoppelt wurde.
-Im März 2023 schlug die Kommission eine gezielte Reform der Gestaltung der Elektrizitätsmärkte und der Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts vor. Die vorgeschlagenen Bestimmungen zielen darauf ab, die Industrie der EU sauberer und wettbewerbsfähiger zu machen, und umfassen strukturelle Maßnahmen zur Stärkung und zum Schutz der Verbraucher sowie zur Verringerung des dominanten Einflusses von Gas auf den Strompreis. Die vorgeschlagene Reform fördert wettbewerbsfähige Märkte und eine transparente Preisgestaltung, um sicherzustellen, dass das Energiesystem der EU für eine dekarbonisierte Wirtschaft geeignet ist.
-Neben diesen Maßnahmen wurden Unterstützungsmaßnahmen eingeführt, um Haushalte und Unternehmen von den hohen Energiepreisen zu entlasten. Sie konnten die Auswirkungen der Energiekrise auf die Lebenshaltungskosten erfolgreich mildern. Bemerkenswert ist, dass die Zahl der von Energiearmut betroffenen Menschen EU-weit zwar um 10,7 Millionen gestiegen ist, der Anstieg jedoch ohne die politischen Maßnahmen noch deutlicher ausgefallen wäre.
-Die Kommission hat die Mitgliedstaaten dabei unterstützt, die Nutzung unserer Erdgasinfrastruktur zu optimieren. In den letzten Monaten hat die EU bemerkenswerte Fortschritte bei der Diversifizierung ihrer Energieversorgung und der Stärkung der bestehenden Erdgasinfrastruktur erzielt: durch Pipelines (beispielsweise die Ostseepipeline, die Polen-Slowakei-Pipeline, die Verbindungsleitung Griechenland-Bulgarien), die einen Umkehrfluss zwischen Frankreich und Deutschland ermöglichen, und durch LNG-Terminals (beispielsweise in Deutschland, Italien und Finnland).
-Kurz nach der Invasion der Ukraine durch Russland synchronisierte die EU am 16. März 2022 die Ukraine und die Republik Moldau mit dem kontinentaleuropäischen Netz – ein historischer Meilenstein. Kommerzielle Strombörsen wurden im Sommer 2022 eingerichtet. Die baltischen Staaten haben vereinbart, die Synchronisierung ihrer Netze mit dem kontinentaleuropäischen Netz bis Februar 2025 zu beschleunigen.
-Im Januar 2023 einigten sich die Mitgliedstaaten auf unverbindliche Ziele für die Offshore-Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen bis 2050, mit Zwischenzielen für 2030 und 2040, in jedem der fünf Meeresbecken der EU. Die neuen Ziele für das Jahr 2030 sind fast doppelt so hoch wie das in der Strategie 2020 der Kommission festgelegte Ziel von 61 GW. Insgesamt sollen bis zum Ende dieses Jahrzehnts etwa 111 GW an Kapazitäten zur Offshore-Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen installiert werden, die bis zur Mitte des Jahrhunderts im Einklang mit der EU-Strategie zur Nutzung des Potenzials der erneuerbaren Offshore-Energie auf etwa 317 GW ansteigen sollen.
-Im Mai 2023 gab die Kommission im Rahmen des Europäischen Semesters länderspezifische Empfehlungen für den ökologischen Wandel an alle Mitgliedstaaten ab, die sich insbesondere auf erneuerbare Energien, Energieinfrastruktur und Energieeffizienz konzentrieren.
-Die Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität ist in vollem Gange. Von den 705 Meilensteinen und Zielen, die bisher zufriedenstellend erfüllt wurden, tragen 261 zu den Klimazielen bei. Seit dem 1. März 2022 wurden die größten Fortschritte in den Politikbereichen Energieeffizienz, nachhaltige Mobilität sowie erneuerbare Energien und Netze erzielt. Der geschätzte Gesamtbeitrag der 27 nationalen Aufbau- und Resilienzpläne zum Klimaschutz beläuft sich auf 254 Mrd. EUR, was 50 % ihrer Gesamtmittel entspricht.
-Im Februar 2023 verabschiedete die EU die geänderte Verordnung über die Aufbau- und Resilienzfazilität, durch die zusätzliche Mittel (bis zu 166 Mrd. EUR) für Investitionen und Reformen zur Verwirklichung der REPowerEU-Ziele bereitgestellt werden.
-Es ist anzumerken, dass die im Jahr 2023 erstmals vorgenommene Bewertung der Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung ihrer 2019 vorgelegten nationalen Energie- und Klimapläne zeigt, dass noch erhebliche Ambitionen und Umsetzungsbemühungen erforderlich sind, um die ehrgeizigeren Ziele der EU für 2030 zu erreichen und auf dem Kurs zu bleiben, bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität zu erreichen.
|
1. DER EUROPÄISCHE GRÜNE DEAL ALS WACHSTUMS- UND KRISENBEWÄLTIGUNGSSTRATEGIE: AUF DEM WEG ZUR KLIMANEUTRALITÄT
1.1
Der europäische Grüne Deal und die Energieunion: Bestandsaufnahme und Fortschritte nach der Krise
Seit den Anfängen der europäischen Integration spielt die Energie eine Schlüsselrolle. Im Jahr 1952 wurde mit der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, dem Vorläufer der EU, ein Binnenmarkt für Kohle und Stahl geschaffen, in dem die damals wichtigste Energiequelle gebündelt wurde. Einige Jahre später wurde mit den Römischen Verträgen (1957) Euratom gegründet, um einen gemeinsamen Markt für die Entwicklung der friedlichen Nutzung der Atomenergie zu schaffen. In den 1990er Jahren kamen die erneuerbaren Energien mit ersten Richtzielen auf die europäische Agenda. Mit dem Vertrag von Lissabon (2007) wurde die Energiepolitik als geteilte Zuständigkeit zwischen den Mitgliedstaaten und der EU in den EU-Verträgen verankert. Seitdem hat ihre Bedeutung stetig zugenommen, was sich auch in der aktuellen Agenda der Kommission widerspiegelt.
Abbildung 1: Zeitleiste seit dem Amtsantritt der derzeitigen Kommission
Kurz nach ihrem Amtsantritt kündigte Präsidentin von der Leyen den europäischen Grünen Deal als übergreifende politische Priorität an. Die Kommission verpflichtete sich, die Herausforderungen in den Bereichen Energie, Klima und Umwelt zu bewältigen und im Einklang mit dem Pariser Abkommen bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Das Europäische Klimagesetz legt fest, dass die EU-Wirtschaft ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber dem Jahr 1990 verringern soll, und verlangt, dass die EU bis 2050 Klimaneutralität erreicht. Dies erfordert, dass die EU sich zu einer Gesellschaft entwickelt, die ihr natürliches Kapital mit einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft, die auf sauberer Energie basiert, schützt. Um dieses Ziel zu erreichen, spielt die Umgestaltung des Energiesystems eine grundlegende Rolle, da die Erzeugung und Nutzung von Energie für mehr als 75 % der Treibhausgasemissionen der EU verantwortlich sind. Die Energieunion unterstützt die Energiewende, da sie alle Aspekte der Energiepolitik in einem kohärenten, integrierten Ansatz vereint. Die Energieunion stützt sich auf fünf Dimensionen: 1) Sicherheit, Solidarität und Vertrauen, 2) einen vollständig integrierten Energiebinnenmarkt, 3) Energieeffizienz, 4) Klimaschutz und Dekarbonisierung der Wirtschaft und 5) Forschung, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. Alle Dimensionen sind für den europäischen Grünen Deal und für das erklärte Ziel der EU, bei der Bewältigung des Klimawandels und der Umweltzerstörung eine globale Führungsrolle zu übernehmen, indem sie als glaubwürdiges Beispiel für die Energiewende vorangeht, von wesentlicher Bedeutung.
Nur vier Monate nach dem Amtsantritt der Kommission kennzeichnete der Ausbruch der COVID-19-Pandemie einen Wendepunkt für die geplanten Arbeiten, und die Kommission ging in den Krisenmanagementmodus über. Umfassende Lockdowns führten zu einer schweren Wirtschaftskrise. Die Kommission traf die strategische Entscheidung, den Wandel der Wirtschaft und Gesellschaft zu beschleunigen und den europäischen Grünen Deal als Konjunktur- und Wachstumsstrategie zu nutzen.
Die Kommission entwickelte das Aufbauinstrument NextGenerationEU, mit dem sie im Namen der gesamten EU in beispiellosem Umfang Kredite auf den Kapitalmärkten aufnimmt. Dadurch kann die Kommission attraktivere Konditionen anbieten, die an die Begünstigten ihrer Finanzierungsprogramme weitergegeben werden. Das bedeutet, dass die EU in der Lage ist, den Mitgliedstaaten im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität Darlehen zu gewähren, die der Bonität und der Größe der EU als Emittentin entsprechen. Im Rahmen dieses Instruments ist die EU zur weltweit größten Emittentin grüner Anleihen geworden. Mindestens 37 % der Aufbau- und Resilienzfazilität fließen in Reformen und Investitionen in grüne Technologien und Kapazitäten, unter anderem in nachhaltige Mobilität, Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Anpassung an den Klimawandel, Kreislaufwirtschaft und biologische Vielfalt. Auf diese Weise wurden massive Investitionen in die Energiewende ermöglicht und gleichzeitig die Folgen der Wirtschaftskrise abgemildert.
Während die Kommission die Erholung von der Krise in die Wege leitete und weitere Investitionen auf die Ziele des europäischen Grünen Deals ausrichtete, brachte sie mehrere legislative Maßnahmen auf den Weg, um die Energiewende und ihr erweitertes Klimaziel für 2030 voranzutreiben. Im Juli und Dezember 2021 schlug die Kommission das Paket „Fit für 55“ vor, eine Reihe von Vorschlägen zur Überarbeitung und Aktualisierung der EU-Rechtsvorschriften in den Bereichen Energie, Klima und biologische Vielfalt. Es umfasste unter anderem Vorschläge zur Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen, zur Energieeffizienzrichtlinie, zur Richtlinie zur Besteuerung von Energieerzeugnissen, zur Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, zum Legislativpaket zu Wasserstoff und dekarbonisiertem Gas, zur Verordnung über die Verringerung der Methanemissionen im Energiesektor, zu einem Klima-Sozialfonds und zu mehreren anderen Vorschlägen, die auf die Stärkung des Verursacherprinzips, Aspekte der biologischen Vielfalt und die Ausweitung natürlicher Kohlenstoffsenken abzielen. Die Verhandlungen über diese wichtigen Dossiers sind weit fortgeschritten und werden größtenteils bereits im Jahr 2023 abgeschlossen. Die Mitgesetzgeber billigten ein höheres Ziel für erneuerbare Energien und ein höheres Ziel für die Energieeffizienz. Die Verhandlungen über die Energieeffizienz von Gebäuden und die Rechtsvorschriften für den Wasserstoff- und den dekarbonisierten Gasmarkt laufen noch, und die Mitgesetzgeber streben eine Einigung bis Ende 2023 an. Die Verhandlungen über die Richtlinie zur Besteuerung von Energieerzeugnissen sind ebenfalls noch im Gange und sollen bis 2024 abgeschlossen werden.
Im Februar 2022 begann der ungerechtfertigte und unprovozierte Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Neben der vorangegangenen russischen Beeinflussung der Brennstofflieferungen und ‑preise als Druckmittel für Europa trug dies zu der ernsten Energiepreiskrise bei, die sich bereits im Herbst 2021 abzuzeichnen begann. Die Energiepreise erreichten im August 2022 mit 294 EUR/MWh für Gas und 474 EUR/MWh für Strom ihren Höchststand, was zu einem erheblichen Anstieg der Lebenshaltungskosten führte, die globale Wettbewerbsfähigkeit der EU-Unternehmen beeinträchtigte und die Produktion der energieintensiven Industrien einschränkte. Auch hier blieben die EU und ihre Mitgliedstaaten geeint und kamen überein, die Abhängigkeit der EU von russischen fossilen Brennstoffen bis 2027 schrittweise zu beenden. Die Mitgliedstaaten ergriffen verschiedene Maßnahmen, um die Auswirkungen der hohen Energiepreise abzumildern, vor allem durch direkte Unterstützung der Endverbraucher. Darüber hinaus förderten die Mitgliedstaaten Energieeinsparungen und intervenierten sowohl auf den Großhandels- als auch auf den Endverbrauchermärkten für Energie.
Die Kommission übernahm bei der Reaktion der EU auf die Energiekrise die Federführung und verabschiedete im Mai 2022 den REPowerEU-Plan, der auch eine Strategie über das auswärtige Engagement im Energiebereich umfasst. Das Ziel besteht darin, Energie zu sparen und die hohen Energiepreise zu senken, die Energieversorgung zu diversifizieren und die Energiewende weiter zu beschleunigen, um die Abhängigkeit von russischen Einfuhren fossiler Brennstoffe bis spätestens 2027 zu beenden.
Mit dem REPowerEU-Plan wurden auch die Finanzierungsmöglichkeiten im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität erweitert, die zum wichtigsten Instrument für die Bereitstellung von EU-Mitteln zur Verwirklichung der REPowerEU-Ziele wurde. Nach der Verabschiedung der Verordnung in Bezug auf REPowerEU wurde von den Mitgliedstaaten erwartet, dass sie im Rahmen ihrer aktualisierten Aufbau- und Resilienzpläne bestimmte neue Kapitel vorlegen, in denen sie Reformen und Investitionen zur Erhöhung der Resilienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit des EU-Energiesystems darlegen. Bislang haben die Mitgliedstaaten im Rahmen der bestehenden Pläne 50 % ihrer Mittelzuweisung, d. h. insgesamt 252 Mrd. EUR, für Maßnahmen bereitgestellt, die zum Klimaziel beitragen und somit die Ziele von REPowerEU und die Energieunabhängigkeit unterstützen.
Neben dem REPowerEU-Plan und der Gasspeicherverordnung, die im März 2022 der erste Legislativvorschlag zur Reaktion auf die Krise war, schlug die Kommission im Laufe des Jahres 2022 mehrere legislative Sofortmaßnahmen gemäß Artikel 122 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vor, die der Rat in Rekordzeit verabschiedete, um die Auswirkungen der Energiekrise auf Industrie und Haushalte abzumildern. Dazu gehörten die Verordnung zur Senkung der Gasnachfrage, die Verordnung über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise, die Verordnung über mehr Solidarität, der Marktkorrekturmechanismus und die Genehmigungsverordnung. Diese Initiativen trugen dazu bei, die Gasversorgungssicherheit sicherzustellen, indem die Nachfrage nach Gas (um 18 %) und nach Strom (während der Spitzenlastzeiten) gesenkt und der Einsatz erneuerbarer Energien beschleunigt wurden. Sie zielten zudem darauf ab, überschüssige Gewinne der Energieerzeuger an die Verbraucher und die Industrie umzuleiten, übermäßige Preiserhöhungen zu verringern und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zu stärken, sodass ein Mitgliedstaat einspringt, wenn in einem anderen Mitgliedstaat ein Engpass bei der Gasversorgung droht. Die Mitgliedstaaten beschlossen, ihre Nachfrage nach Gas über die neu geschaffene EU-Energieplattform zu bündeln und die ersten Schritte in Richtung einer gemeinsamen Beschaffung über die Plattform AggregateEU, den Mechanismus zur Nachfragebündelung, zu unternehmen. Die Verordnung zur Senkung der Gasnachfrage wurde in der Zwischenzeit verlängert. Andere Maßnahmen, die gemäß Artikel 122 AEUV angenommen wurden, haben sich längerfristig als nützlich erwiesen und sind bereits in ständige Rechtsvorschriften aufgenommen worden bzw. könnten künftig aufgenommen werden.
Gleichzeitig unterstützte die EU das Energiesystem der Ukraine durch die Bereitstellung von 4 969 Stromgeneratoren und 2 507 Transformatoren im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der EU, die Einrichtung eines Energieunterstützungsfonds für die Ukraine durch das Sekretariat der Energiegemeinschaft mit derzeitigen Geberzusagen in Höhe von 218 Mio. EUR, die Spende von 5 700 Solarmodulen und die Stabilisierung der ukrainischen und moldauischen Stromnetze durch ihre Synchronisierung mit dem kontinentaleuropäischen Netz. Darüber hinaus stellte die EU der Ukraine mehr als 54,8 Mio. EUR an materieller Unterstützung und Hilfe für die nukleare Sicherheit zur Verfügung. Gemeinsam mit der Energiegemeinschaft unterstützt die Kommission die Ukraine, die Republik Moldau und die Länder des westlichen Balkans bei der kontinuierlichen Angleichung an den EU-Besitzstand, was ein wichtiger Schritt im Hinblick auf die Vorbereitung auf den künftigen Beitritt zur EU ist. Über internationale Koordinierungsmechanismen wie die Koordinierungsgruppe G7+ stimmt sich die EU mit globalen Akteuren ab, um auf die gezielte Zerstörungskampagne Russlands gegen die Energieinfrastruktur der Ukraine zu reagieren.
Ein weiterer entscheidender Schritt zur Wahrung der strategischen Unabhängigkeit bestand darin, sich durch die Gewährleistung einer sicheren Versorgung mit emissionsfreien Technologien und kritischen Rohstoffen für den ökologischen und digitalen Wandel auf die Zukunft vorzubereiten. Der derzeitige geopolitische Kontext hat auch den Wettbewerb in der klimaneutralen Wirtschaft verschärft, da sich der Weltmarkt für serienmäßig hergestellte emissionsfreie Technologien bis 2030 mit einem jährlichen Wert von rund 600 Mrd. EUR verdreifachen dürfte. Darüber hinaus haben mehrere Drittländer Initiativen ergriffen, um die Entwicklung eigener Wertschöpfungsketten für saubere Energietechnologien zu fördern. Die Verknüpfung der direkten und indirekten Auswirkungen der hohen Energiepreise und der wirtschaftlichen und geopolitischen Unruhen hat die Herstellungs- und Installationskosten für Windkraft- und in geringerem Maße auch für Solarenergievorhaben in die Höhe getrieben. Im Hinblick auf die Wertschöpfungsketten im Bereich der sauberen Energien, ist die EU beim Zugang zu Materialien und Produkten, die für den Einsatz sauberer Energietechnologien von entscheidender Bedeutung sind, in hohem Maße von Drittländern und auf mindestens einer Stufe der Wertschöpfungsketten von China abhängig. Insbesondere im Solarsektor wurden im Jahr 2022 nahezu alle in der EU verkauften Solarmodule eingeführt, und rund 90 % davon stammten aus China. In den letzten fünf Jahren wurden 18,5 Mrd. EUR, d. h. 91 % aller Ausgaben für die Einfuhr von Fotovoltaikelementen, für chinesische Produkte ausgegeben.
In dem im Februar 2023 angenommenen Industrieplan zum Grünen Deal wurden Pläne zur Sicherung der industriellen Führungsrolle der EU bei emissionsfreien Technologien und zum Wandel vom Nettoeinführer zu einer starken eigenen Fertigung durch einen beschleunigten Zugang zu Finanzmitteln, verbesserte Qualifikationen und Unterstützung des Handels dargelegt, um unsere Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der sauberen Technologien zu steigern. Die anschließenden Legislativvorschläge, die Netto-Null-Industrieverordnung und das Gesetz über kritische Rohstoffe, wurden vorgelegt, um den Rechtsrahmen zu vereinfachen, was entscheidend ist, um Investitionen anzuziehen, die Abhängigkeit der EU von hochkonzentrierten Einfuhren zu verringern und die Kreislaufwirtschaft im Hinblick auf die Versorgung mit strategischen Rohstoffen zu fördern. Beide Rechtsakte werden derzeit von den Mitgesetzgebern mit der Absicht verhandelt, bis Dezember 2023 eine Einigung zu erzielen. In diesem Zusammenhang gibt der diesem Bericht beigefügte Fortschrittsbericht zur Wettbewerbsfähigkeit sauberer Energietechnologien 2023 Aufschluss über die wichtigsten Triebkräfte, Chancen und Herausforderungen für die EU, die sich aus der Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit in der klimaneutralen Wirtschaft und insbesondere durch die strategischen emissionsfreien Technologien ergeben. Zu den weiteren Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der EU im Bereich der sauberen Technologien gehören ein europäisches Windkraftpaket, ein Aktionsplan für Energienetze, eine Reihe von Energiewende-Dialogen und ein überarbeiteter Strategieplan für Energietechnologie. All diese Maßnahmen sollen die Wettbewerbsfähigkeit der EU im Bereich der sauberen Energien stärken und werden durch den Sonderbericht von Mario Draghi über die Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit ergänzt.
Gleichzeitig bemüht sich die EU verstärkt um den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, in der die weltweite Materialgewinnung und ‑nutzung durch bessere Produktgestaltung, Haltbarkeit, Wiederverwendung und Recycling um ein Drittel reduziert werden könnte, was auch die Umweltauswirkungen verringern würde. Das Gesetz über kritische Rohstoffe schafft Anreize für das Recycling kritischer Rohstoffe, mit dem Ziel 15 % des EU-Bedarfs durch Sekundärrohstoffe zu decken. Dadurch wird die Sicherheit der Versorgung Europas mit kritischen Rohstoffen gestärkt, ohne Abhängigkeiten von anderen Ländern zu schaffen.
Die EU arbeitet weiter daran, die Rolle der Energieverbraucher zu stärken und sicherzustellen, dass sie vom Einsatz kostengünstiger erneuerbarer Energien im gesamten Energiesystem der EU profitieren. Im März 2023 schlug die Kommission eine gezielte Reform der Gestaltung der Elektrizitätsmärkte und der Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts vor, um die EU-Industrie sauberer und wettbewerbsfähiger zu gestalten und strukturelle Maßnahmen zur Stärkung und zum Schutz der Verbraucher zu treffen und gleichzeitig den dominierenden Einfluss von Gas auf den Strompreis zu verringern. Mit der vorgeschlagenen Reform werden wettbewerbsfähige Märkte und eine transparente Preisgestaltung gefördert. Dank der gestärkten Rolle der EU-Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) werden die Verbraucher und die Industrie in der EU besser vor Marktmanipulation und Missbrauch geschützt. Die Mitgesetzgeber streben einen Abschluss der Verhandlungen bis Ende 2023 an.
Die Erschwinglichkeit von Energie ist eines der wichtigsten Ziele der Energieunion und spielt eine entscheidende Rolle beim europäischen Grünen Deal und bei den Maßnahmen zur Krisenbewältigung. Um sicherzustellen, dass die Energiewende keinen Menschen, keinen Sektor und keine Region zurücklässt, ist dieser politische Rahmen weiterhin wichtiger denn je.
Bereits vor der Energiekrise hatte die Kommission mehrere Maßnahmen vorgeschlagen, um sicherzustellen, dass beim ökologischen Wandel niemand zurückbleibt, und eine wichtige Initiative war dabei der Mechanismus für einen gerechten Übergang. Zusammen mit der Initiative „Kohleregionen im Wandel“ unterstützt die Kommission weiterhin die Regionen, die am stärksten vom Übergang zur Klimaneutralität betroffen sind. Bis Ende Oktober 2023 haben siebenundzwanzig Mitgliedstaaten 70 territoriale Pläne für einen gerechten Übergang vorgelegt, in denen der Weg des Übergangs bis 2030 im Einklang mit den nationalen Energie- und Klimaplänen (NEKP) beschrieben wird. Die Plattform für einen gerechten Übergang bietet maßgeschneiderte, bedarfsorientierte Hilfe und Kapazitätsaufbau für kohle- und CO2-intensive Regionen und unterstützt die Umsetzung des Fonds für einen gerechten Übergang.
Der Klima-Sozialfonds zielt darauf ab, die negativen Auswirkungen des neuen EU-Emissionshandelssystems zu verhindern, mit dem das Instrument der CO2-Bepreisung auf Emissionen aus Gebäuden, dem Straßenverkehr und der Brennstoffverbrennung in der Industrie ausgeweitet wird, die nicht unter das bestehende Emissionshandelssystem fallen. Der im April 2023 angenommene Klima-Sozialfonds wird den Mitgliedstaaten im Zeitraum 2026–2032 schätzungsweise 86,7 Mrd. EUR zur Verfügung stellen, um benachteiligte Haushalte, Kleinstunternehmen und Verkehrsnutzer zu unterstützen, ihnen zu helfen, in die Energieeffizienz von Gebäuden zu investieren, die Heizung und Kühlung von Gebäuden zu dekarbonisieren und auf erneuerbare Energien umzusteigen sowie ihnen einen besseren Zugang zu emissionsfreier und emissionsarmer Mobilität und emissionsfreien und emissionsarmen Verkehrsmitteln zu gewähren. Die Mitgliedstaaten haben zudem die Möglichkeit, einen Teil der Mittel für befristete direkte Einkommensbeihilfen zu verwenden.
Mit der Aktualisierung der Energieeffizienzrichtlinie wird zudem ein stärkerer Schwerpunkt auf die Bekämpfung der Energiearmut und die Stärkung der Verbraucher gelegt. Die neuen Bestimmungen enthalten die allererste Begriffsbestimmung für „Energiearmut“ in der EU und verpflichten die Mitgliedstaaten, bei der Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen Menschen, die von Energiearmut betroffen sind, schutzbedürftige Kunden, Haushalte mit geringem Einkommen und gegebenenfalls Menschen, die in Sozialwohnungen leben, vorrangig zu berücksichtigen.
Während der Energiekrise waren viele Haushalte nicht in der Lage, ihre Energierechnungen zu bezahlen. Das Verbraucherbarometer 2023 zeigt, dass im Jahr 2022 16 % der europäischen Verbraucher Schwierigkeiten hatten, ihre Energierechnungen zu bezahlen, und 71 % der Verbraucher ihre Gewohnheiten geändert haben, um Energie einzusparen. Im Jahr 2022 waren 9,3 % der EU-Bevölkerung von Energiearmut betroffen, gemessen an der Unfähigkeit, die Wohnung angemessen warm zu halten; dies betraf etwa 40 Millionen Menschen, gegenüber etwa 30 Millionen im Jahr 2021. Die Ergebnisse von Modellszenarien zeigen, dass die Energiearmut infolge der Energiepreisänderungen zwischen August 2021 und Januar 2023 (im Vergleich zu den vorangegangenen 18 Monaten) in der gesamten EU deutlicher zugenommen hätte, wenn die politischen Maßnahmen nicht getroffen worden wären. Im Rahmen der legislativen Sofortmaßnahmen zum Schutz der Verbraucher vor hohen Energiepreisen im Jahr 2022 schlug die Kommission auch eine Verordnung über mehr Solidarität, durch die die Auswirkungen auf den Gaspreis durch die Steuerung der Nachfrage abgemildert wurden, sowie den Marktkorrekturmechanismus vor, mit dem die Preise auf den EU-Gasmärkten begrenzt wurden.
Im Oktober 2022 schlug die Kommission Maßnahmen zur Sicherung einer erschwinglichen Energieversorgung vor, die es den Mitgliedstaaten ermöglichten, nicht ausgegebene Fördermittel der Kohäsionspolitik im Rahmen ihrer Zuweisung für den Zeitraum 2014–2020 zu verwenden, um finanziell schwächere Familien sowie kleine und mittlere Unternehmen direkt zu unterstützen. Die Mitgliedstaaten führten Regelungen zum Schutz der Verbraucher und Unternehmen ein, die auf angepassten Regeln für staatliche Beihilfen (Befristeter Rahmen zur Krisenbewältigung und zur Gestaltung des Wandels) und anderen sozialpolitischen Maßnahmen basierten. Im Jahr 2022 belief sich der Gesamtbetrag der gezahlten Energiesubventionen auf etwa 93 Mrd. EUR für Haushalte und 53 Mrd. EUR für die Industrie. Der Gesamtbetrag der Energiesubventionen im Jahr 2022 wird auf 390 Mrd. EUR geschätzt.
Die Kommission veröffentlichte darüber hinaus eine Empfehlung zu Energiearmut und ermöglichte eine gemeinsame Erklärung der wichtigsten Interessenträger im Energiesektor zum verbesserten Verbraucherschutz. Schließlich richtete die Kommission offiziell eine Koordinierungsgruppe zum Thema Energiearmut ein, in der die Mitgliedstaaten bewährte Verfahren und Lösungen austauschen können, um den Schwächsten der Gesellschaft bei der Bewältigung der Krise zu helfen.
Nach Angaben der Internationalen Energieagentur wirkte sich das steigende Angebot an erneuerbaren Energien positiv auf die Verbraucher aus, da die Großhandelspreise für Strom auf allen europäischen Märkten ohne die zusätzliche installierte Kapazität um 8 % höher ausgefallen wären. Dank der zusätzlich installierten Fotovoltaik- und Windkraftkapazitäten dürften die Verbraucher in der EU von 2021 bis 2023 rund 100 Mrd. EUR eingespart haben. Gleichzeitig haben die hohen Energiepreise das Interesse der Verbraucher an kollektiven Eigenverbrauchssystemen erhöht. Die Mitgliedstaaten erzielten Fortschritte bei der Umsetzung der Rechtsvorschriften für Energiegemeinschaften, und die Kommission schlug eine weitere Ausweitung der Verbraucherrechte vor.
Abbildung 2: Aufschlüsselung der Maßnahmen zur Erschwinglichkeit. Quelle: ACER – High-level Analysis of Energy Emergency Measures, (ACER – Hochrangige Analyse von Notfallmaßnahmen im Energiebereich), 20. März 2023 [
Link
]
Das entschlossene und geschlossene Handeln der EU, begleitet von günstigen Bedingungen (z. B. milder Winter, geringerer Energiebedarf in Asien), trug dazu bei, die Auswirkungen der Energiekrise abzumildern. Nach dem Höchststand der Energiepreise im August 2022 sanken die Erdgaspreise von Januar bis Juni 2023 auf durchschnittlich 44 EUR/MWh und die Strompreise auf durchschnittlich 107 EUR/MWh. Als Reaktion auf die russische Aggression führte die EU restriktive Maßnahmen gegen Russland ein, darunter ein vollständiges Einfuhrverbot für Kohle und ein Verbot der Einfuhr von Erdöl auf dem Seeweg. Die EU stellte die Einfuhr russischer Kohle vollständig ein, verringerte ihre Abhängigkeit von russischem Erdöl um rund 90 %, und die Einfuhren von russischem Gas gingen zwischen März 2021 und März 2023 um 75 % zurück. Insgesamt konnte die EU ihre Energieabhängigkeit von Russland verringern und Störungen der Energieversorgung vermeiden. Dennoch muss die EU wachsam bleiben und die Energieabhängigkeit weiter verringern, da das Risiko von Störungen der Energieversorgung und daraus resultierenden Preisspitzen weiterhin besteht.
1.2 Das Energiesystem der EU vor dem Winter 2023/2024: Energiesicherheit in der EU und ihren Mitgliedstaaten
Vor dem Winter 2023/2024 ist die EU dank der Verfügbarkeit verschiedener Energiequellen, gefüllter Gasspeicher, einer geringeren Energienachfrage und zunehmend diversifizierter Energielieferanten gut darauf vorbereitet, die Energiesicherheit sicherzustellen.
Es bestehen jedoch weiterhin Risiken, wie eine mögliche vollständige Einstellung der Einfuhren von Pipelinegas und Angriffe auf kritische Infrastrukturen. Auch häufigere extreme Wetterereignisse können das Energiesystem und die Sicherheit der Energieversorgung beeinträchtigen. Ein ausgewogener Ansatz und die Solidarität unter den Mitgliedstaaten werden weiterhin maßgeblich für die kollektive Widerstandsfähigkeit der EU sein.
Die im Jahr 2022 verabschiedeten Maßnahmen haben den Druck auf die Energiemärkte und die Gaspreise erheblich verringert. Dennoch sind die Gaspreise nach wie vor höher als im Zeitraum 2015–2019, als sie im Durchschnitt zwischen 15 und 20 EUR pro MWh betrugen. Die Preise schwanken weiterhin und reagieren auf jede Störung auf dem Weltmarkt, wie der jüngste Anstieg der Gaspreise aufgrund der Krise im Nahen Osten und der vorübergehenden Schließung eines Gasfeldes in Israel sowie das Leck, das in einer Gaspipeline im Baltikum entdeckt wurde, die Finnland mit Estland verbindet, zeigen. Die EU muss wachsam bleiben, da die kumulativen Auswirkungen dieser Ereignisse in Verbindung mit der Unsicherheit des Marktes die europäischen und globalen Energiemärkte beeinträchtigen könnten.
Energieversorgung bei geringeren Einfuhren aus Russland
Die Jahre 2022 und 2023 gehörten zu den schwierigsten Jahren für das Energiesystem der EU, dennoch gelang es der EU, die Sicherheit ihrer Energieversorgung aufrechtzuerhalten und sogar zu erhöhen. Die rasche und erfolgreiche Umsetzung des REPowerEU-Plans hat dazu beigetragen, den Anteil des russischen Gases an den EU-Einfuhren deutlich zu senken, und gleichzeitig sicherzustellen, dass genügend Gas für Zeiten mit hoher Nachfrage vorhanden ist und die Energiepreise von ihren historischen Höchstständen sinken.
Abbildung 3: Zusammensetzung der Erdgaseinfuhren (Pipeline und LNG) für den Zeitraum 2021–2023; Quelle: Team des Chefökonomen der GD ENER, basierend auf Daten von JRC, ENTSO-G, Refinitiv
Beim Erdgas hat sich die Versorgungssicherheit im vergangenen Jahr deutlich verbessert, und die EU ist auf dem besten Weg, das REPowerEU-Ziel zu erreichen, bis 2027 unabhängig von fossilen Brennstoffen aus Russland zu sein. Im Jahr 2022 sanken die Gesamteinfuhren von russischem Gas (LNG und Pipelinegas) auf 80 Mrd. m³ (24 % der EU-Einfuhren), verglichen mit den jährlichen Einfuhren von 155 Mrd. m³ (45 %) vor der Krise. Obwohl die Einfuhren von Flüssigerdgas aus Russland seit 2021 gestiegen sind, machen sie nur einen sehr kleinen Teil der gesamten Gaseinfuhren aus. Die Gesamteinfuhren gehen im Jahr 2023 sogar noch weiter zurück und werden voraussichtlich bei etwa 40–45 Mrd. m³ liegen. Im Juni 2023 kamen nur noch 8 % der Gaseinfuhren durch russische Pipelines, während es vor dem Angriffskrieg mehr als 50 % waren. Dank der umfangreichen Diversifizierungsbemühungen und des Nachfragerückgangs war die EU in der Lage, die fehlenden Mengen aus Russland vollständig auszugleichen. Die neue Speicherpolitik stellt nicht nur die Energiesicherheit für den Winter 2022/2023 sicher, sondern sorgt auch für eine angenehmere Situation im kommenden Winter.
Abbildung 4: Anteil des russischen Pipelinegases an den gesamten Erdgaseinfuhren der EU; Quelle: Team des Chefökonomen der GD ENER, basierend auf Daten von JRC, ENTSO-G, Refinitiv
Die im Juni 2022 verabschiedete Gasspeicherverordnung trug im November 2022 zu einem historisch hohen Füllstand von 95 % bei und übertraf damit das Ziel eines Füllstands von 80 %. Die EU erreichte am Ende der Heizperiode 2022/2023 einen Speicherfüllstand von mehr als 56 %, und das Ziel einer Gasspeicherfüllung von 90 % wurde am 18. August 2023 erreicht, mehr als zwei Monate vor Ablauf der Frist im November.
Abbildung 5: Neuer Windkraft- und Solaranlagenbau im Jahr 2022 – Schätzungen für 2023; Quelle: Team des Chefökonomen der GD ENER, basierend auf Daten von Eurostat, WindEurope, Solar Power Europe
Die russischen Erdöleinfuhren in die EU sind seit März 2022 um 90 % zurückgegangen, ohne dass dies nennenswerte Auswirkungen auf die EU-Wirtschaft hatte. Die Mitgliedstaaten halten im Einklang mit den EU-Rechtsvorschriften Erdölsicherheitsvorräte. Die EU-Sanktionen und die Preisobergrenze der G7 für Erdöleinfuhren aus Russland haben die Versorgungssicherheit der EU mit Erdöl nicht beeinträchtigt, zeigten jedoch die beabsichtigte Wirkung, die Einnahmen Russlands aus dem Verkauf von Erdöl zu begrenzen. In ihrem 11. Sanktionspaket führte die EU-Instrumente zur Verhinderung der Umgehung dieser Sanktionen ein, um die Einfuhr von Erdölerzeugnissen zu verhindern, die in anderen Ländern aus russischem Erdöl oder Erzeugnissen unbekannter Herkunft hergestellt werden. Gemeinsam mit den Sachverständigen der Mitgliedstaaten beobachtet die Kommission die Erdölmärkte in der Koordinierungsgruppe Erdöl genau, da weitere Kürzungen der OPEC und Russlands die Marktverknappung verstärken könnten. Auch wenn die Mitgliedstaaten über hohe Erdölsicherheitsvorräte, insbesondere an Dieselöl, verfügen, muss anerkannt werden, dass die kumulativen Auswirkungen der jüngsten Ereignisse die Versorgungssicherheit der EU und die globalen Energiemärkte beeinträchtigen könnten.
Angesichts der Energiekrise hat die EU die Installation von Technologien für erneuerbare Energien verstärkt und beschleunigt, wodurch die Energieversorgung der EU gestärkt und die langfristige Abkehr von russischen Einfuhren fossiler Brennstoffe entscheidend unterstützt wurde. Auf der Grundlage von REPowerEU verabschiedete die EU die Genehmigungsverordnung, durch die sich die Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien vereinfachten und beschleunigten, indem man sich auf bestimmte Technologien und Vorhaben mit dem größten Potenzial für eine rasche Umsetzung konzentrierte, wie beispielsweise die Fotovoltaik (PV) auf künstlichen Strukturen, Wärmepumpen und Repowering. Im Jahr 2022 wurden 57 GW an neuen Kapazitäten für erneuerbare Energien installiert, im Wesentlichen Fotovoltaik- und Windkraftanlagen. Das sind in beiden Sektoren etwa 50 % mehr als im Jahr 2021. Dies trug dazu bei, die geringe Stromerzeugung aus Wasserkraft im Jahr 2022 (12 % der gesamten Stromerzeugung) mehr als auszugleichen, auch wenn sie sich im Jahr 2023 aufgrund erhöhter Niederschläge und höherer Wasserstände in den Reservoirs wieder auf ein durchschnittliches Niveau erholte. Im Bereich der Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien stieg der Einsatz von Wärmepumpen gegenüber 2021 um 39 %. Der Markt für Solarthermie wuchs um fast 12 %. Die Stromerzeugung aus festen Biobrennstoffen war stabil und machte etwa 3 % der gesamten Stromerzeugung aus (2,9 % im Jahr 2020 und 3,1 % im Jahr 2021). Die wichtigste erneuerbare Energiequelle in der EU ist nach wie vor die Bioenergie (rund 60 %), wenn man die Energie für die Strom- und Wärmeerzeugung kombiniert betrachtet. Insgesamt hat sich der Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix im Laufe der Jahre 2022 und 2023 erheblich erhöht, und die EU hat sich darauf geeinigt, den Einsatz erneuerbarer Energien zu beschleunigen, mit dem Ziel bis 2030 einen Anteil von 42,5 % am EU-Energiemix zu erreichen, und dem Bestreben 45 % zu erreichen.
Abbildung 6: Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung im Jahr 2022; Quelle: Team des Chefökonomen der GD ENER, basierend auf Daten des Fraunhofer-Instituts und ENTSO-E
Die Energiewende trägt auch dazu bei, die Luftverschmutzung zu bekämpfen und die damit verbundenen vorzeitigen Todesfälle und Auswirkungen auf das Ökosystem zu verringern. Laut dem dritten Ausblick zur Entwicklung der Luftqualität wird der beschleunigte Ausbau der Windkraft und Solarenergie dank REPowerEU langfristige Vorteile für die Reinhaltung der Luft mit sich bringen.
Die Kernenergie trägt weiterhin zur Sicherheit der Stromversorgung bei. Im Jahr 2023 wird sie rund 24 % gesamten Stromerzeugung in der EU ausmachen (23 % im Jahr 2022; 26 % im Jahr 2021). Die Kernkraftwerke in der EU sind in die Jahre gekommen, während neue fortschrittliche Nukleartechnologien wie kleine modulare Reaktoren entstehen, die erhebliche Investitionen in diesem Sektor erfordern. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission Maßnahmen zur Verbesserung des Investitionsumfelds für den langfristigen Betrieb und für neue Kapazitäten beschlossen. In dieser Situation müssen die Mitgliedstaaten, in denen die Kernenergie ein Bestandteil ihres Energiemixes ist, rechtzeitig Entscheidungen über Investitionen in den langfristigen Betrieb bestehender Kernkraftwerke treffen und entsprechende Sicherheits- und Effizienzverbesserungen vornehmen.
Die Kommission und die Euratom-Versorgungsagentur haben in enger Zusammenarbeit mit allen maßgeblichen Interessenträgern in den betroffenen Mitgliedstaaten und mit gleich gesinnten internationalen Partnern zudem ihre Bemühungen verstärkt, die weitere Diversifizierung der Versorgung mit Kernbrennstoff und Dienstleistungen des Kernbrennstoffkreislaufs zu fördern, mit dem Ziel, zuverlässigere Lieferanten außerhalb Russlands zu gewinnen. Auf diese Weise sollen die Risiken in einigen Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der Abhängigkeit von russischen Kernbrennstofflieferungen und Dienstleistungen im Bereich des Kernbrennstoffkreislaufs sowie von Ersatzteilen und Wartungsleistungen gemindert werden, indem die Verfügbarkeit von Brennstoffen und alternativen Kernbrennstofflieferungen sichergestellt wird.
Energienachfrage
Die Kommission hat verschiedene Maßnahmen zur Energieeinsparung und zur Verringerung des Energieverbrauchs nach dem Grundsatz „Energieeffizienz an erster Stelle“ vorgeschlagen. Im Mai 2022 skizzierte die Kommission in ihrer Mitteilung „Ein Energiesparplan für die EU“ mögliche Maßnahmen für die Mitgliedstaaten zur Senkung des Energieverbrauchs und zur Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden, in der Industrie und im Verkehr. Ergänzt wurde dies durch das Energiesparprogramm der Städte, eine Initiative, die von der Kommission, dem Konvent der Bürgermeister/innen Europas und dem Europäischen Ausschuss der Regionen ins Leben gerufen wurde, um Städte dabei zu unterstützen, Sofortmaßnahmen zu treffen, die in diese Richtung gehen.
Im Jahr 2022 einigte sich der Rat auf ein freiwilliges Ziel zur Senkung der Gasnachfrage um 15 % (oder 45 Mrd. m³) bis zum Frühjahr 2023, das mit einem Nachfragerückgang um 18 % (oder 53 Mrd. m³) übertroffen wurde, wobei alle Sektoren ihre Gasnachfrage senkten. Auf der Grundlage dieser Erfahrungen wurde das freiwillige Ziel bis März 2024 verlängert, wodurch schätzungsweise rund 60 Mrd. m3 Gas eingespart werden können. Im Oktober 2022 führte der Rat zeitlich befristete Notfallmaßnahmen ein, um die Stromnachfrage zu senken und die außergewöhnlich hohen Einnahmen des Energiesektors an die Endkunden umzuverteilen. In der Verordnung wurde das Ziel festgelegt, die Stromnachfrage insgesamt um 10 % und in den Spitzenzeiten um mindestens 5 % zu senken. Während die Senkung der Nachfrage während der Spitzenzeiten erreicht wurde, stellte die Reduzierung des Gesamtstromverbrauchs um 10 % eine Herausforderung für die Mitgliedstaaten dar.
Abbildung 7: Senkung der Erdgasnachfrage (August 2022 – August 2023 gegenüber dem 5-Jahres-Durchschnitt); Quelle: Eurostat
Die EU unternahm wichtige Schritte zur Stärkung der Rechtsvorschriften für mehr Energieeffizienz. Mit der Aktualisierung der Energieeffizienzrichtlinie wird erwartet, dass die EU den Endenergieverbrauch auf EU-Ebene bis 2030 um 11,7 % im Vergleich zu den Prognosen des Referenzszenarios 2020 senken wird. Darüber hinaus wurden neue Vorschriften für den Standby-Verbrauch von Elektrogeräten erlassen, und die Europäische Produktdatenbank für die Energieverbrauchskennzeichnung, ein neues Instrument für die breite Öffentlichkeit und öffentliche Auftraggeber zur Bestimmung effizienter Produkte, wurde zur Verfügung gestellt.
Diversifizierung der Energiequellen
Infolge des REPowerEU-Plans und der Bemühungen der EU, ihre Abhängigkeit von russischen fossilen Brennstoffen zu beenden, hat die EU ihre Energieversorgung erheblich diversifiziert. Im April 2022 richtete die Kommission im Auftrag des Europäischen Rates eine EU-Energieplattform ein, um die Gasnachfrage der EU zu bündeln und die freiwillige gemeinsame Beschaffung zu koordinieren, um günstige Verträge mit internationalen Lieferanten außerhalb Russlands zu erzielen. Die EU-Energieplattform wurde auch für Georgien, die Republik Moldau, die Ukraine und die Länder des Westbalkans geöffnet, wobei die Ukraine, die Republik Moldau und Serbien der Plattform beigetreten sind.
Die Plattform zur Nachfragebündelung AggregateEU wurde am 25. April 2023 ins Leben gerufen. Bisher wurden drei erfolgreiche öffentliche Ausschreibungen im Mai, Juni/Juli und September/Oktober 2023 durchgeführt. Diese drei Ausschreibungen ergaben eine Gesamtnachfrage von 44,75 Mrd. m³es gingen Angebote in Höhe von 52 Mrd. m³ ein, und für insgesamt 34,78 Mrd. m³ gab es eine teilweise oder vollständige Übereinstimmung zwischen Angebot und Nachfrage. Die von den EU-Käufern allein in den ersten beiden öffentlichen Ausschreibungen angemeldete Nachfrage war doppelt so hoch wie das in der Verordnung (EU) 2022/2576 des Rates festgelegte verbindliche Ziel von 13,5 Mrd. m3. An der EU-Energieplattform beteiligen sich rund 170 Unternehmen, und die aggregierten Mengen deuten darauf hin, dass sie ein wirksames Instrument ist, um das politische und marktwirtschaftliche Gewicht der EU zu nutzen. Im Rahmen der interinstitutionellen Verhandlungen über das vorgeschlagene Legislativpaket zu Wasserstoff und dekarbonisiertem Gas erörtern die Mitgesetzgeber Möglichkeiten, AggregateEU für die Beschaffung von Gas über das Jahr 2024 hinaus zu verlängern und den Mechanismus auf andere Produkte, wie erneuerbaren Wasserstoff und andere erneuerbare Gase, auszuweiten.
Die Kommission unterstützte die Mitgliedstaaten bei der Beseitigung der im Rahmen des REPowerEU-Plans ermittelten Engpässe in der Gasinfrastruktur und bei der Durchführung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse, die auf der fünften Unionsliste aufgeführt sind und im Einklang mit der früheren Verordnung zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur ausgewählt wurden. Viele davon werden durch die Fazilität „Connecting Europe“ (CEF) und die Fonds der Kohäsionspolitik finanziell unterstützt. Allein im Rahmen der CEF wurden in den Jahren 2021 und 2022 Zuschüsse in Höhe von 1,64 Mrd. EUR für Energieinfrastrukturvorhaben von gemeinsamem Interesse gewährt. Die in den letzten Monaten abgeschlossenen Vorhaben von gemeinsamem Interesse haben die Abhängigkeit aller Mitgliedstaaten von einem einzigen Energielieferanten beendet, und die EU hat bemerkenswerte Fortschritte bei der Diversifizierung ihrer Energieversorgung und der Optimierung der bestehenden Erdgasinfrastruktur erzielt, beispielsweise durch Pipelines (Ostseepipeline, Polen-Slowakei-Pipeline, Verbindungsleitung Griechenland-Bulgarien), die einen Umkehrfluss zwischen Frankreich und Deutschland ermöglichen, und durch LNG-Terminals (beispielsweise in Deutschland, Griechenland, Italien und Finnland). Um die Energieversorgungssicherheit der Mitgliedstaaten und Regionen sicherzustellen, wird die EU weiterhin kritische Vorhaben, die ohne finanzielle oder regulatorische Hilfe der EU wirtschaftlich nicht tragfähig wären, beispielsweise durch die CEF, die Aufbau- und Resilienzfazilität, die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und gegebenenfalls durch Ausnahmeregelungen, unterstützen.
Darüber hinaus hat die Kommission an der Stärkung der Beziehungen zu internationalen Partnern und der Diversifizierung ihrer Gas- und Flüssigerdgas-Einfuhren hin zu zuverlässigeren Lieferanten außerhalb Russlands gearbeitet. Die EU weitete ihre Einfuhren von Erdgas und Flüssigerdgas aus Norwegen und den USA aus, um die geringeren Einfuhren aus Russland auszugleichen. Mit 49,3 Mrd. m3 haben sich die Einfuhren von Flüssigerdgas aus den USA im Jahr 2022 mehr als verdoppelt (2021: 18,9 Mrd. m³). Die Pipelinegas-Einfuhren aus Norwegen stiegen von 79,26 Mrd. m³ im Jahr 2021 auf 86,69 Mrd. m³ im Jahr 2022, wodurch sich der Anteil Norwegens an den gesamten Pipelinegas-Einfuhren der EU von 30 % auf 40 % erhöhte. Die Kommission führt einen regelmäßigen Dialog mit Nigeria, dem größten Flüssigerdgas-Produzenten in Afrika. Im Juli 2023 wurden mit Uruguay und Argentinien neue Absichtserklärungen über die Zusammenarbeit bei der Energiewende unterzeichnet. Im Juli 2022 verabschiedeten die EU und Aserbaidschan eine neue Absichtserklärung über eine strategische Partnerschaft im Energiebereich, und die EU erhöhte die Gaslieferungen aus diesem Land um 40 %. Beide Parteien vereinbarten, die Gaslieferungen in die EU über den südlichen Gaskorridor bis 2027 zu verdoppeln und ihre Zusammenarbeit in den Bereichen saubere Energie, Energieeffizienz, Stromübertragung und Methanemissionen zu verstärken.
Im Mittelmeerraum arbeitete die Kommission weiter mit Ägypten, Israel und dem Gasforum Östliches Mittelmeer an der Umsetzung der trilateralen Absichtserklärung, die dazu beitrug, die Lieferungen von Flüssigerdgas aus Ägypten in die EU von 1,1 Mrd. m3 im Jahr 2021 auf 4,2 Mrd. m3 im Jahr 2022 zu erhöhen. Die Kommission wird die Lage im Nahen Osten und ihre möglichen Auswirkungen auf die globalen Energiemärkte weiterhin beobachten. Gleichzeitig setzte die EU ihren Dialog mit Algerien und Ägypten über die Bemühungen zur Verringerung der Methanemissionen fort, unter anderem durch die Umsetzung des Grundsatzes „You collect/We buy“, demzufolge Unternehmen das zurückgewonnene Gas, das sonst abgefackelt oder als Abgas freigesetzt würde, sammeln und verkaufen können. Die EU setzte ihren Dialog mit Algerien fort, um ihre strategische Partnerschaft im Energiebereich weiterzuentwickeln. Algerien ist der wichtigste Erdgaslieferant der EU im Mittelmeerraum und könnte in Zukunft zu einem Lieferanten kohlenstoffarmer und erneuerbarer Energien werden. Die gesamten Energieeinfuhren aus Algerien gingen im Jahr 2022 leicht auf 40,35 Mrd. m³ zurück (2021: 44,1 Mrd. m³). Die Einfuhren von Pipelinegas nach Spanien gingen zurück, während die Einfuhren nach Italien zunahmen.
Die EU beabsichtigt, die Versorgung mit erneuerbarem Wasserstoff als Bestandteil eines diversifizierten und dekarbonisierten Energiesystems, das unabhängig von russischen Energieeinfuhren ist, zu erhöhen. Mit dem vorgeschlagenen Legislativpaket zu Wasserstoff und dekarbonisiertem Gas soll die Marktstruktur für Wasserstoff festgelegt und ein einfacherer Marktzugang für erneuerbare und kohlenstoffarme Gase sichergestellt werden. Die Europäische Wasserstoffbank trägt dazu bei, die anfänglichen Investitionsschwierigkeiten für erneuerbaren Wasserstoff zu überwinden, indem sie die Kostenlücke zwischen erneuerbarem Wasserstoff und fossilen Brennstoffen ausgleicht. Die Nachfragebündelung für Wasserstoff könnte eine Angleichung zwischen künftigen Erzeugern und Abnehmern von Wasserstoff ermöglichen und dazu beitragen, das politische Gewicht und die Marktmacht der EU gegenüber den internationalen Wasserstofferzeugern zu stärken, was zu erschwinglicheren Preisen führen würde. Für die mögliche Einfuhr von erneuerbarem Wasserstoff strebt die EU Partnerschaften mit Ländern des Mittelmeerraums, der Nordseeregion, den Golfstaaten, Saudi-Arabien und der Ukraine an. Im Jahr 2022 schloss die EU auf dem Klimagipfel COP 27 in Sharm el-Sheikh bereits eine Partnerschaft mit Ägypten, um die Aufnahme von Investitionen in erneuerbaren Wasserstoff und den Handel zu erleichtern.
2.
BESTANDSAUFNAHME DER FORTSCHRITTE DER MITGLIEDSTAATEN IM HINBLICK AUF DAS ENERGIE- UND KLIMAZIEL 2030
Bis zum 15. März 2023 sollten die Mitgliedstaaten erstmals in integrierter Form über ihre Fortschritte bei der Umsetzung ihrer nationalen Energie- und Klimapläne (NEKP) von 2020 für den Zeitraum 2021–2030 berichten. Diese Berichterstattung erstreckte sich auf die Fortschritte bei der Verwirklichung ihrer Ziele, Vorgaben und Beiträge in den fünf Dimensionen der Energieunion, einschließlich der Treibhausgasemissionen und des Abbaus von Treibhausgasen, sowie auf die Umsetzung oder Änderung der Politiken und Maßnahmen der Mitgliedstaaten und deren Finanzierung.
Darüber hinaus mussten die Mitgliedstaaten über die Fortschritte bei der Verwirklichung ihrer Anpassungsziele, die Auswirkungen ihrer Politiken und Maßnahmen im Hinblick auf die Luftqualität und die Emissionen von Luftschadstoffen sowie über die Schritte zur Schaffung eines Energie- und Klimadialogs auf mehreren Ebenen berichten. Auf der Grundlage dieser Berichte hat die Kommission die Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung ihrer ersten NEKP bewertet. Diese Bewertung ist von entscheidender Bedeutung, um festzustellen, wo die EU bei der Verwirklichung ihrer Klima- und Energieziele für 2030 steht. Die vollständige Bewertung wird in einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, die diesem Bericht beigefügt ist, dargelegt. Darüber hinaus enthält der Fortschrittsbericht zum Klimaschutz eine Bewertung der klimapolitischen Fortschritte im Rahmen der Verordnung über das Governance-System für die Energieunion und für den Klimaschutz (im Folgenden „Governance-Verordnung“) und des europäischen Klimagesetzes, die erstmals auch die kollektiven Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Verwirklichung des EU-Ziels der Klimaneutralität bis 2050 umfasst.
Da die Berichterstattung auf integrierte Weise erfolgt, wurde der Verwaltungsaufwand sowohl für die Kommission als auch für die Mitgliedstaaten im Vergleich zu den vielfältigen Berichterstattungs- und Bewertungspflichten im Rahmen des Energie- und Klimabesitzstands vor Inkrafttreten der Governance-Verordnung erheblich verringert. Diese integrierte Berichterstattung ermöglicht eine ganzheitlichere Bewertung der Fortschritte bei der Verwirklichung der Energie- und Klimaziele für 2030. Dass die Berichterstattung über eine elektronische Plattform erfolgte, trug wesentlich dazu bei, den Berichterstattungsprozess zu vereinfachen und die Vergleichbarkeit der Daten zu erhöhen, wodurch die anschließende Überprüfung und Bewertung erleichtert wurde.
Die Mitgliedstaaten aktualisieren derzeit ihre NEKP und bauen dabei auf den bisher erzielten Fortschritten auf. Sie müssen nun einem neuen rechtlichen und politischen Umfeld (dem Paket „Fit für 55“, einer veränderten geopolitischen Lage seit der Festlegung der ursprünglichen NEKP und der Reaktion der EU im Rahmen des REPowerEU-Plans) Rechnung tragen, um sicherzustellen, dass sie gemeinsam die ehrgeizigeren Ziele durch Maßnahmen erreichen, die auf einer glaubwürdigen und soliden Planung der Mitgliedstaaten beruhen.
2.1. Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele, Vorhaben und Beiträge der EU und der Mitgliedstaaten für 2030
KASTEN – „Wir müssen nun zusehen, dass wir die Vorschriften möglichst rasch verabschieden und umsetzen“ (Ursula von der Leyen, Rede zur Lage der Union 2023)
ØDie Netto-Treibhausgasemissionen der EU gingen im Jahr 2022 um rund 3 % zurück und setzten damit den allgemeinen Abwärtstrend der letzten 30 Jahre fort. Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen jedoch ihre Umsetzungsbemühungen deutlich verstärken, um die EU-Ziele einer Treibhausgassenkung um 55 % bis 2030 und der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen.
ØDer Anteil der erneuerbaren Energien am Brutto-Endenergieverbrauch erreichte im Jahr 2021 21,8 %. Bei einem durchschnittlichen jährlichen Anstieg von 0,67 Prozentpunkten seit 2010 ist in den kommenden Jahren eine deutlich schnellere Zunahme erforderlich, um das neue EU-Ziel für 2030 von 42,5 % (und noch mehr das angestrebte Ziel von 45 %) erreichen zu können.
ØIm Jahr 2021 war der Primärenergieverbrauch in der EU (1 311 Mio. t RÖE) niedriger als im Jahr 2019. Sollte sich dieser Trend in den kommenden Jahren fortsetzen, könnte dies darauf hindeuten, dass in dem Zweijahreszeitraum strukturelle Verbesserungen stattgefunden haben.
ØZwar haben die Mitgliedstaaten sich sehr bemüht, die grenzüberschreitende Kapazität zu erhöhen, doch sind weitere Anstrengungen erforderlich, um die Verbundziele für 2030 zu erreichen, insbesondere im Hinblick auf die rechtzeitige Umsetzung geplanter grenzüberschreitender Vorhaben der Mitgliedstaaten.
|
Nach dem starken Anstieg der Treibhausgasemissionen im Jahr 2021, der auf den beispiellosen Rückgang im Jahr 2020 infolge der COVID-19-Pandemie folgte, dürften die EU-Emissionen im Jahr 2022 sich wieder im Rahmen des 30-jährigen Abwärtstrends befinden, der vor der Pandemie erreicht wurde. Vorläufigen Daten zufolge sind die gesamten inländischen Treibhausgasemissionen der EU (d. h. ohne Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) und internationalen Luftverkehr) im Jahr 2022 gegenüber 2021 um 2,4 % zurückgegangen, während das BIP der EU um 3,5 % wuchs. Dies entspricht einer Verringerung der Treibhausgasemissionen um 30,4 % im Vergleich zum Basisjahr 1990 (bzw. 29 %, wenn der internationale Luftverkehr einbezogen wird). Auch der gemeldete Nettoabbau von Treibhausgasen durch LULUCF wird voraussichtlich leicht ansteigen. Infolgedessen werden die Netto-Treibhausgasemissionen für 2022 (d. h. einschließlich LULUCF) voraussichtlich 32,5 % unter dem Niveau des Jahres 1990 liegen (bzw. 31,1 %, wenn der internationale Luftverkehr einbezogen wird).
Die jüngsten von den Mitgliedstaaten vorgelegten Prognosen für die Treibhausgasemissionen zeigen jedoch, dass es eine deutliche Lücke zu den kollektiven Klimazielen der EU gibt, selbst wenn zusätzliche Maßnahmen in Betracht gezogen werden. Um das Reduktionsziel der EU für 2030 und die Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, muss die EU das Tempo des Wandels deutlich erhöhen und sich stärker auf Bereiche konzentrieren, in denen die erforderlichen Emissionsreduktionen bedeutsam sind (z. B. Gebäude, Verkehr), in denen die Fortschritte in letzter Zeit viel zu langsam waren (z. B. Landwirtschaft) oder in denen sich die Reduktionen in den letzten Jahren sogar in die falsche Richtung bewegt haben (z. B. LULUCF).
Um dem Klimawandel Rechnung zu tragen und die Grundlage für eine wirksame und fundierte Anpassung an den Klimawandel vor dem Hintergrund der zunehmenden Häufigkeit und Intensität extremer Wetterereignisse zu schaffen, betrachteten die Mitgliedstaaten Hitzewellen, Dürren, stärkere Stürme und eine Zunahme der Niederschläge als Gefahren für die Energieunion. Zu den Beispielen für Schwachstellen und Risiken, die in allen Dimensionen der Energieunion genannt wurden, gehört die Anfälligkeit innerhalb des Energiesystems (z. B. Wasserkraft gegenüber Wasserknappheit und Dürren, Kernenergie gegenüber steigenden Temperaturen des Kühlwassers aufgrund von Hitzewellen, die Verringerung der Verfügbarkeit und Qualität von Biomasse, Netzstörungen).
Um diesen Risiken zu begegnen, legten die Mitgliedstaaten sowohl übergreifende nationale als auch sektorspezifische Anpassungsziele in miteinander verknüpften Sektoren wie Landwirtschaft, Gebäude, Forstwirtschaft, Energie, Infrastruktur und Verkehr fest. Zwanzig Mitgliedstaaten nannten Anpassungsziele, von denen die meisten vollständig den ermittelten Risiken entsprechen (14 vollständig, 6 teilweise). Überwachungs- und Bewertungsrahmen für Anpassungsziele sind in den Mitgliedstaaten entweder neu, oder sie befinden sich in der Entwicklung und werden im Rahmen nationaler Anpassungsstrategien oder ‑pläne eingesetzt, wobei Synergien mit den Dimensionen der Energieunion, wie sie in den NEKP zum Ausdruck kommen, selten berücksichtigt werden. Zwölf Mitgliedstaaten meldeten deutliche Fortschritte bei der Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen für jedes Anpassungsziel.
Im Jahr 2021 betrug der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch 21,8 %, und ging somit gegenüber 2020 leicht zurück (22 %). Während der Verbrauch erneuerbarer Energien in absoluten Zahlen im Vergleich zu 2020 um etwa 5 % auf 220 804 Mio. t RÖE (gegenüber 209 595 Mio. t RÖE im Vorjahr) anstieg, nahm der Gesamtenergieverbrauch schneller zu, da die Wirtschaftstätigkeit nach der Aufhebung der COVID-Beschränkungen anzog. Darüber hinaus sank der Anteil der erneuerbaren Energien in mehreren Mitgliedstaaten aufgrund von Verzögerungen bei der Umsetzung der Vorschriften über Nachhaltigkeitskriterien für Bioenergie gemäß der Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen.
Betrachtet man die Fortschritte im Kontext des Weges bis 2030, so liegt der Anteil von 21,8 % im Jahr 2021 leicht unter der Zielvorgabe für das verbindliche Zwischenziel des Jahres 2022 von 22,2 %, das auf dem aktuellen Ziel von 32 % für 2030 basiert. Legt man das aktualisierte Ziel von 42,5 % zugrunde, so läge er jedoch mehr als zwei Prozentpunkte unter der Zielvorgabe (der Meilenstein läge bei 24,05 %).
Im Durchschnitt ist der Gesamtanteil der erneuerbaren Energien seit 2010 jährlich um 0,67 Prozentpunkte gestiegen. Das neue EU-Ziel für 2030 von 42,5 % (und noch mehr das angestrebte Ziel von 45 %) erfordert in den kommenden Jahren ein deutlich schnelleres Wachstum. Besonders große Fortschritte sind im Stromsektor zu verzeichnen, wo der Anteil der erneuerbaren Energien von 21,3 % im Jahr 2010 auf 37,6 % im Jahr 2021 gestiegen ist. Die Fortschritte im Wärme- und Kältesektor (von 17 % auf 22,9 %) und im Verkehr (von 5,5 % auf 9,1 %) fielen bescheidener aus.
Die Anteile der erneuerbaren Energien im Jahr 2021 fallen in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich aus und spiegeln die unterschiedlichen Ausgangslagen und nationalen Ziele wider, die in der ursprünglichen Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen für jeden Mitgliedstaat festgelegt wurden, sowie die nationalen Beiträge, die in den nationalen Energie- und Klimaplänen vorgesehen sind. So konnte Schweden im Jahr 2021 den höchsten Anteil an erneuerbaren Energien erzielen (62,6 %), gefolgt von Finnland (43,1 %) und Lettland (42,1 %). Mit Anteilen von maximal 13 % wiesen Belgien, Irland, Luxemburg, Malta und die Niederlande die niedrigsten Anteile an erneuerbaren Energien auf. In mehreren Mitgliedstaaten ging der Anteil deutlich zurück, insbesondere in Bulgarien um 6,3 Prozentpunkte und in Irland um 3,7 Prozentpunkte (in beiden Fällen hauptsächlich aufgrund einer Verringerung der Bioenergie). Andere Länder wie Estland (mit einem Anstieg um fast 8 Prozentpunkte, der teilweise auf statistische Transfers zurückzuführen ist) verzeichneten einen starken Anstieg.
Unter Berücksichtigung sowohl des nationalen Einsatzes als auch der derzeit gemeldeten statistischen Transfers lag der Anteil in den folgenden Mitgliedstaaten im Jahr 2021 unter ihrem verbindlichen Ziel für erneuerbare Energien im Jahr 2020 gemäß der ursprünglichen Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen: Frankreich (3,7 Prozentpunkte unter dem Ziel für das Jahr 2020), Irland (3,5 Prozentpunkte), die Niederlande (1 Prozentpunkt) und Rumänien (0,6 Prozentpunkte). Folglich müssen diese Mitgliedstaaten innerhalb eines Jahres zusätzliche Maßnahmen treffen, um die Lücke im nächsten Jahr zu schließen.
Die EU hat die in der Richtlinie zur Energieeffizienz festgelegten Zielwerte für 2020 erreicht, und zwar sowohl beim Primärenergieverbrauch als auch beim Endenergieverbrauch. Allerdings wurden die Werte erheblich von der COVID-19-Krise und den Lockdown-Maßnahmen beeinflusst, die die gesamten Tätigkeiten einschränkten und folglich zu einem geringeren Energiebedarf führten.
Im Jahr 2021 betrug der Primärenergieverbrauch in der EU 1 311 Mio. t RÖE und lag damit um rund 6 % über dem Wert des Jahres 2020. Dies ist höchstwahrscheinlich auf die Erholung von der COVID-19-Krise zurückzuführen, auch wenn der Primärenergieverbrauch niedriger blieb als im Jahr 2019. Dies spiegelt noch nicht die gemeinsamen Bemühungen der EU wider, den Energiebedarf nach Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zu senken. Wenn sich der Abwärtstrend in den kommenden Jahren fortsetzt, würde dies auf strukturelle Verbesserungen hindeuten.
Der absolute Endenergieverbrauch im Jahr 2021 ging im Vergleich zu 2005 in 18 Mitgliedstaaten zurück, während er in acht Mitgliedstaaten anstieg, wobei in drei dieser Mitgliedstaaten (Litauen, Malta und Polen) ein Anstieg von mehr als 20 % zu verzeichnen war. Im Jahr 2021 stieg der Gesamtendenergieverbrauch in allen Mitgliedstaaten gegenüber 2020 an. Betrachtet man die Fortschritte im Kontext des Weges bis 2030, so entsprechen die Werte für den Primär- und den Endenergieverbrauch nach wie vor nicht den Zielen für das Jahr 2030.
Die gemeldeten neuen jährlichen Energieeinsparungen im Rahmen der Energieeinsparverpflichtung gemäß Artikel 7 der Richtlinie zur Energieeffizienz belaufen sich auf 10 384 kt RÖE/Jahr. Der Betrag an neuen jährlichen Einsparungen, der dem Ziel von 0,8 %/Jahr entspricht, beträgt 7 309 kt RÖE/Jahr für die 25 Mitgliedstaaten, die insgesamt Bericht erstattet haben. Die gemeldeten Einsparungen liegen somit um 42,1 % über den erforderlichen Einsparungen.
Die wenigen Mitgliedstaaten, die Daten gemeldet haben, zeigen einige Fortschritte bei der Verwirklichung der in den nationalen langfristigen Renovierungsstrategien für 2030 festgelegten Ziele für die Gebäuderenovierung. Die Zahl der neuen und renovierten Niedrigstenergiegebäude, die ab Ende 2020 in den Mitgliedstaaten zur Norm für neue Gebäude wurden, stieg von 2020 bis 2021 um durchschnittlich 80 %. Die Mitgliedstaaten haben zudem eine Vielzahl von Meilensteinen und Indikatoren für die Fortschritte auf nationaler Ebene festgelegt, die auf die Verbesserung des Gebäudebestands und die Verringerung seines Energieverbrauchs abzielen. Die Bemühungen, die Entwicklung des Gebäudebestands zu verfolgen, müssen verstärkt werden. Der Vorschlag zur Aktualisierung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden enthält diesbezüglich nützliche Bestimmungen, wie beispielsweise Pläne für die Renovierung von Gebäuden und nationale Datenbanken für die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, die jährlich Daten an die EU-Beobachtungsstelle für den Gebäudebestand übermitteln sollen.
Insgesamt haben die meisten Mitgliedstaaten in den NEKP für 2019 nationale Ziele und Vorgaben für die Energieversorgungssicherheit festgelegt. Diese Ziele sind vielfältig und reichen beispielsweise vom Bau und der Nutzung von Energiespeicheranlagen über den Bau von LNG-Terminals bis hin zur Verringerung der Abhängigkeit von Energieeinfuhren. Diese Verpflichtungen stärken die Energieversorgungssicherheit der EU.
Die Kommission war nicht in der Lage, die Fortschritte der EU im Hinblick auf die Diversifizierungsziele und damit die Energieversorgungssicherheit zu bewerten, da nur sieben Mitgliedstaaten entsprechende Ziele festgelegt haben. Allerdings konnten fast alle Länder, die sich solche Diversifizierungsziele gesetzt haben, gewisse Fortschritte verzeichnen.
Das Gleiche gilt für die Verringerung der Abhängigkeit von Energieeinfuhren aus Drittländern, da nur sechs Mitgliedstaaten quantifizierbare Ziele in diesem Bereich festgelegt haben. Von den Ländern, die sich konkrete Ziele für die Unabhängigkeit von Einfuhren gesetzt hatten, meldeten einige keine nennenswerten Fortschritte (z. B. Griechenland) oder stellten sogar eine Verschlechterung der Lage fest (z. B. Kroatien, Polen). Lediglich Bulgarien, Italien und Estland konnten Fortschritte verzeichnen. Die Abhängigkeit der EU von Einfuhren fossiler Brennstoffe war in den neun Jahren vor dem Berichtszeitraum weitgehend stabil, da sie im Jahr 2021 im Vergleich zu 2012 nur um einen Prozentpunkt anstieg. Bei diesem Indikator sind die Folgen der Invasion der Ukraine durch Russland nicht berücksichtigt, da die Daten nur bis 2021 verfügbar sind. Aufgrund der Abkehr der Mitgliedstaaten von den Einfuhren fossiler Brennstoffe aus Russland dürfte sich die Lage erheblich verändert haben.
Die Fortschritte, die bis 2021 im Hinblick auf das Ziel, die Fähigkeit zur Bewältigung einer eingeschränkten oder unterbrochenen Versorgung aus einer Energiequelle zu entwickeln, erreicht wurden, erscheinen positiv, da die meisten Länder erhebliche Fortschritte bei der Widerstandsfähigkeit ihrer Gas- und Stromsysteme erzielt haben.
Die Mitgliedstaaten haben große Anstrengungen unternommen, um die grenzüberschreitende Kapazität zu erhöhen. Die Fertigstellung verschiedener Vorhaben von gemeinsamem Interesse dürfte den Verbundgrad weiter verbessern. Dennoch konnten sieben Mitgliedstaaten (IE, EL, ES, FR, IT, CY, RO) das Verbundziel für 2030 nicht erreichen, und vier (IE, ES, IT, CY) konnten auch die Verbundvorgabe für 2020 nicht einhalten. Um die Ziele für 2030 zu erreichen, sind weitere Anstrengungen erforderlich, insbesondere im Hinblick auf die rechtzeitige Umsetzung geplanter grenzüberschreitender Vorhaben.
Nicht alle Mitgliedstaaten haben nationale Ziele für die Flexibilität des Energiesystems festgelegt. Bei den Mitgliedstaaten, die dies getan haben, unterscheiden sich die nationalen Ziele in Bezug auf die Anpassungsfähigkeit und Messbarkeit. Schweden hat sechs nationale Ziele für Flexibilitätslösungen festgelegt, um Hindernisse zu ermitteln und zu beseitigen und Flexibilitätslösungen wie Laststeuerung und Speicherung zu fördern. Griechenland hat einen klaren Rahmen für die Beteiligung an der Laststeuerung und deren Durchführung geschaffen, und es wurden Fortschritte erzielt, die Laststeuerung für die Energiemärkte attraktiver zu gestalten.
Im Bereich Forschung, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit berichteten 20 Mitgliedstaaten über Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele und Strategien im Rahmen des Europäischen Strategieplans für Energietechnologie. Die meisten Mitgliedstaaten berichteten über umfassende Forschungsfinanzierungsprogramme, mit denen die Entwicklung von Technologien, die in den Aufgabenbereich der Arbeitsgruppen zur Umsetzung des Plans fallen, gefördert wird. Im Hinblick auf die öffentlichen Ausgaben für Forschung und Innovation (FuI) haben 19 Mitgliedstaaten Angaben zu quantifizierbaren nationalen Zielen gemacht, und fünf haben ein Ziel angegeben. Von den 13 Mitgliedstaaten, die sowohl für 2020 als auch für 2021 Daten übermittelten, verzeichneten zwölf einen Anstieg der Investitionen in FuI (AT, CZ, DE, ES, FR, LT, MT, NL, AT, PT, FI, SE), und nur einer einen leichten Rückgang (EL).
Der Gesamtbetrag der Energiesubventionen in der EU stieg bis 2021 auf 216 Mrd. EUR. Als unmittelbare Folge der Energiekrise erreichte dieser Betrag im Jahr 2022 390 Mrd. EUR. Als Reaktion auf die Energiepreiskrise schufen die Mitgliedstaaten 230 befristete Subventionsinstrumente mit einem geschätzten Gesamtwert von 195 Mrd. EUR. Ein erheblicher Teil der befristeten Instrumente richtete sich an private Haushalte, die mit 93 Mrd. EUR unterstützt wurden. Die Unterstützung für den Straßenverkehrssektor belief sich auf 31 Mrd. EUR, während die sektorübergreifenden Subventionen 75 Mrd. EUR betrugen. Viele dieser Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten zum Schutz der privaten Haushalte sowie der gewerblichen und industriellen Verbraucher getroffen wurden, werden voraussichtlich im Jahr 2023 oder sobald die Energiepreise wieder ein stabiles Niveau erreichen, auslaufen.
Die Krise führte zu einem vorübergehenden Anstieg der Subventionen für fossile Brennstoffe (vor allem Erdgas und Kraftstoffe für den Straßenverkehr), die im Jahr 2022 123 Mrd. EUR erreichten. Obgleich der jährliche Ausbau der erneuerbaren Energien von Jahr zu Jahr zunimmt, sanken die Subventionen für erneuerbare Energien von 88 Mrd. EUR im Jahr 2020 auf 86 Mrd. EUR im Jahr 2021 und 87 Mrd. EUR im Jahr 2022. Dies ist vor allem auf marktbasierte Subventionsinstrumente wie Einspeiseprämien und Differenzverträge zurückzuführen. In Zeiten hoher Marktpreise flossen Erstattungen von den Erzeugern erneuerbarer Energien an die Regierungen.
Durch die Krise wurde ein langfristiger Abwärtstrend bei den Subventionen für fossile Brennstoffe unterbrochen. Etwa die Hälfte der Subventionen für fossile Brennstoffe (58 Mrd. EUR) werden im Jahr 2024 eingestellt oder sind kurzfristig. Für rund 1 % (1,7 Mrd. EUR) ist ein mittelfristiges Enddatum vorgesehen (2025–2030). Für die verbleibenden 52 % (64 Mrd. EUR) dieser Subventionen für fossile Brennstoffe wurde entweder noch kein Enddatum festgelegt, oder das Enddatum liegt jenseits des Jahres 2030.
Die Mitgliedstaaten verfolgen unterschiedliche Ansätze zur Bekämpfung der Energiearmut, die entweder auf quantitativen Zielen oder auf eher qualitativen Bewertungen beruhen. Während einige Länder Fortschritte erzielten, stehen andere vor der Herausforderung, klare Fortschrittsbewertungen abzugeben. Energiearmut ist im EU-Recht fest verankert: Die Mitgliedstaaten müssen die Zahl der von Energiearmut betroffenen Haushalte in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet ermitteln und eine Kombination aus struktur- und sozialpolitischen Maßnahmen treffen, wenn eine signifikante Häufigkeit vorliegt.
Der Anteil der Haushalte, die nicht in der Lage sind, ihre Wohnung angemessen warm zu halten, ist im Jahr 2021 in den meisten Mitgliedstaaten zurückgegangen. Lediglich Spanien verzeichnete zwischen 2019 und 2021 einen starken Anstieg. Es sind zwar alle Mitgliedstaaten betroffen, aufgrund der großen geografischen Vielfalt reichen die Zahlen jedoch von 1,4 % in Finnland bis 22,5 % in Bulgarien. Es ist zu beachten, dass diese gemeldeten Zahlen noch nicht den Anstieg bei den Haushalten widerspiegeln, die aufgrund der steigenden Energiepreise im Jahr 2022 nicht in der Lage waren, ihre Wohnungen angemessen warm zu halten (siehe Abschnitt 1.1). Gleichzeitig haben die Mitgliedstaaten im vergangenen Winter eine Vielzahl von Sofortmaßnahmen getroffen, die dazu beigetragen haben, die Auswirkungen der Energiekrise auf die am stärksten gefährdeten Haushalte zu begrenzen.
2.2. Politiken und Maßnahmen zur Verwirklichung der Ziele, Vorhaben und Beiträge der EU und der Mitgliedstaaten für 2030
Grundlegende Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele für das Jahr 2030 werden erzielt, indem die Mitgliedstaaten geeignete und glaubwürdige Politiken und Maßnahmen sowie die erforderliche Finanzierung sicherstellen, um ihre Ziele, Vorhaben und Beiträge zu untermauern, wie sie in ihren NEKP und den auf EU-Ebene verabschiedeten Rechtsvorschriften festgelegt sind. Im Jahr 2023 deckt diese Berichterstattung erstmals alle fünf Dimensionen der Energieunion in integrierter Form ab. Die Gesamtzahl der gemeldeten individuellen Politiken und Maßnahmen stieg von 2 052 im Jahr 2021 auf 3 039 im Jahr 2023. Im Durchschnitt sind es 113 individuelle Politiken und Maßnahmen pro Mitgliedstaat. Dies ist im Vergleich zu 2021 eine Steigerung um 48 %. Darüber hinaus ist ein starker Anstieg der neu durchgeführten politischen Strategien und Maßnahmen zu verzeichnen, was darauf zurückzuführen sein könnte, dass die Mitgliedstaaten neue Politiken und Maßnahmen umsetzen müssen, um ihre Klima- und Energieziele für 2030 zu erreichen.
Es ist nicht möglich, einen strukturellen Vergleich der verfügbaren und erforderlichen Finanzmittel zur Verwirklichung der Ziele, Vorhaben und Beiträge, die die Mitgliedstaaten in ihren NEKP festgelegt haben, vorzunehmen. Die Daten sind häufig unvollständig oder uneinheitlich, sodass ein strukturierter Vergleich nicht möglich ist. Im nächsten Berichtszyklus ist es daher wichtig, die Verfügbarkeit, Kohärenz und Vergleichbarkeit der gemeldeten Informationen zu verbessern.
Auf EU-Ebene wurde im Jahr 2023 die erste Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen im Rahmen des Finanzierungsmechanismus der Union für erneuerbare Energien veröffentlicht. Die Aufforderung basiert auf der freiwilligen Teilnahme Luxemburgs als beitragendes Land, das 40 Mio. EUR in den Mechanismus einzahlt, während Finnland das gastgebende Land ist, in dem Fotovoltaikvorhaben durchgeführt werden, die erneuerbare Energie mit einer Gesamtkapazität von bis zu 400 MW erzeugen werden. In den nächsten 15 Jahren teilen sich Luxemburg und Finnland die statistischen Vorteile der durch die geförderten Vorhaben erzeugten Elektrizität. Die Kommission bereitet derzeit die nächste Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für das Jahr 2024 vor.
Im Jahr 2023 wurde die Fazilität „Connecting Europe“ (CEF) für Energie und das Finanzierungsfenster für erneuerbare Energien und grenzüberschreitende Vorhaben durch zwei erfolgreiche Aufforderungen umgesetzt. Mit ihnen wurde der von Estland und Lettland entwickelte Offshore-Windpark ELWIND, das von Spanien, Italien, den Niederlanden und Deutschland entwickelte Vorhaben zu Wasserstoffwertschöpfungsketten CICERONE, der von Estland und Luxemburg entwickelte Offshore-Windpark SLOWP und der grenzüberschreitende Onshore-Windpark ULP-RES unterstützt. In den Jahren 2021 und 2022 wurden insgesamt 1,64 Mrd. EUR an Mitteln aus der Fazilität „Connecting Europe“ für kritische Infrastrukturvorhaben von gemeinsamem Interesse gewährt.
Im Hinblick auf die Auswirkungen und Kosten der Politiken und Maßnahmen haben 18 Mitgliedstaaten präventive Einsparungen von Treibhausgasemissionen beziffern können. Die Einsparungen belaufen sich auf 407 Mio. t CO2-Äquivalente im Jahr 2025, 703 Mio. t im Jahr 2030, 577 Mio. t im Jahr 2035 und 537 Mio. t im Jahr 2040. Die gemeldeten Einsparungen scheinen nicht vollständig zu sein, da der Rückgang nach 2030 nicht mit den Erwartungen zunehmender Einsparungen im Laufe der Zeit übereinstimmt.
Die Mitgliedstaaten berichteten nur in begrenztem und unterschiedlichem Umfang über die künftigen Auswirkungen der Emissionen von Luftschadstoffen, die sich aus der Umsetzung der in ihren NEKP dargelegten Politiken und Maßnahmen ergeben. Während zwei Mitgliedstaaten Auswirkungen auf (fast alle) politischen Strategien und Maßnahmen melden, decken die meisten einen (viel) kleineren Teil der Politiken und Maßnahmen ab, und sechs Mitgliedstaaten haben für keine ihrer politischen Strategien und Maßnahmen Auswirkungen auf die Luftqualität und Emissionen in die Luft gemeldet. Die meisten der berichterstattenden Mitgliedstaaten meldeten eine Verringerung je Schadstoff (NOx, NH3, PM2,5, SO2, flüchtige organische Verbindungen) als Ergebnis der Umsetzung der Politiken und Maßnahmen, wobei die Auswirkungen bei einigen Schadstoffen (z. B. SO2) deutlicher waren als bei anderen (z. B. NH3, PM2,5).
2.3. Regionale Zusammenarbeit
Eine verstärkte regionale Zusammenarbeit kann die Wirkung und Kohärenz der Energieunion in allen fünf Dimensionen verstärken. Die meisten Mitgliedstaaten berichteten über ihre Fortschritte bei der Umsetzung der regionalen Zusammenarbeit, wobei die meisten von ihnen gewisse Fortschritte bei mindestens einer ihrer Initiativen oder einem ihrer Vorhaben der regionalen Zusammenarbeit meldeten. Die gemeldeten regionalen Kooperationsvorhaben oder ‑initiativen erstrecken sich über alle fünf Dimensionen, wenngleich sich die Mehrheit auf die Energiesicherheit, den Energiebinnenmarkt und die Dekarbonisierung konzentriert, während es weniger Vorhaben oder Initiativen im Zusammenhang mit der Energieeffizienz oder mit Forschung, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit gibt.
Die regionale Zusammenarbeit im Bereich der erneuerbaren Energien beschleunigt sich, insbesondere im Offshore-Sektor. Aufbauend auf der Zusammenarbeit im Rahmen der Nordsee-Energiekooperation (North Seas Energy Cooperation, NSEC) und des Verbundplans für den baltischen Energiemarkt (Baltic Energy Market Interconnection Plan, BEMIP) haben die Nord- und Ostseeanrainer mehrere Erklärungen und Absichtserklärungen unterzeichnet, um das Offshore-Potenzial der beiden Meeresbecken gemeinsam zu entwickeln. Darüber hinaus trafen sich die europäischen Energieminister seit Januar 2022 bei mehr als 20 Gelegenheiten in verschiedenen Formaten (z. B. bei informellen und außerordentlichen Sitzungen sowie bei Sitzungen des Rats für Verkehr, Telekommunikation und Energie).
Mehrere Mitgliedstaaten berichten über Fortschritte bei der regionalen Zusammenarbeit durch regionale Foren wie das Pentalaterale Energieforum und die NSEC, durch Strategien wie die EU-Strategie für den adriatisch-ionischen Raum und durch die Zusammenarbeit im Rahmen technischer Energievorhaben, die über die Programme des Europäischen Verbunds der Übertragungsnetzbetreiber, Interreg und die Fazilität „Connecting Europe“ durchgeführt werden.
2.4. Dialog auf mehreren Ebenen
Der Dialog auf mehreren Ebenen ist ein grundlegendes Instrument, um in der gesamten Gesellschaft Zustimmung für die Notwendigkeit der Energiewende und die Verwirklichung der Klima- und Energieziele für 2030 zu gewinnen. Die meisten Mitgliedstaaten berichteten über Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Einrichtung nationaler Klima- und Energiedialoge auf mehreren Ebenen und verwiesen auf die Schaffung verschiedener Foren, Plattformen und Ausschüsse. Daran waren lokale Gebietskörperschaften, Organisationen der Zivilgesellschaft, die Wirtschaft, Investoren, andere einschlägige Interessenträger und die breite Öffentlichkeit beteiligt.
Der Reifegrad, die Komplexität und die Struktur dieser Dialoge sind jedoch von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr unterschiedlich. Einige Mitgliedstaaten verweisen auf Strukturen oder Verfahren, die bereits seit mehreren Jahren bestehen und damit sogar schon vor Inkrafttreten der Governance-Verordnung eingeführt wurden, während andere Mitgliedstaaten auf Prozesse verweisen, die seit 2022 bestehen oder gerade erst eingerichtet werden.
Einigen Mitgliedstaaten ist es gelungen, ihren Prozess ins Verhältnis zu setzen, indem sie die Regelmäßigkeit und Dauerhaftigkeit ihrer Initiativen hervorhoben und ihre Tätigkeiten, die erzielten Ergebnisse und Wirkungen qualifiziert und quantifiziert darstellten, während andere Mitgliedstaaten eher ihre Konsultationen und Veranstaltungen aufführten, ohne den Gesamtansatz oder die Art und Weise, in der die Initiativen verknüpft sind, zu erläutern. Die Einbeziehung der lokalen Gebietskörperschaften war für mehrere Mitgliedstaaten ein wichtiges Anliegen, wird jedoch nicht in großem Umfang umgesetzt.
Viele Mitgliedstaaten beschränken den Umfang ihrer Klima- und Energiedialoge auf mehreren Ebenen auf den Entwicklungsprozess der NEKP, während die Governance-Verordnung einen umfassenderen Rahmen anstrebt und die Mitgliedstaaten verpflichtet, einen Dialog auf mehreren Ebenen einzurichten, der die verschiedenen Szenarien für die Energie- und Klimapolitik, auch langfristig, abdeckt, und die Fortschritte zu überprüfen.
3.
SCHLUSSFOLGERUNGEN, AUSBLICK und VERBLEIBENDE HERAUSFORDERUNGEN
Die Energiekrise in der EU hat gezeigt, wie wichtig die Vorbereitung und die Widerstandsfähigkeit sind. Gleichzeitig haben sich die Koordinierung auf EU-Ebene und das gemeinsame Vorgehen der EU und der Mitgliedstaaten als wirksam erwiesen, was zu einer größeren Einigkeit unter den Mitgliedstaaten und zu einem stärkeren geopolitischen Einfluss und Gewicht der EU geführt hat. Auch in Zukunft werden sowohl die Widerstandsfähigkeit als auch die Abstimmung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten und der EU von entscheidender Bedeutung sein, um die Energiesicherheit sicherzustellen, die Energieunabhängigkeit der EU zu stärken und die Energiewende zu vollenden. Die jüngsten Entwicklungen haben auch gezeigt, dass die Energiesicherheit für die wirtschaftliche Sicherheit der EU von entscheidender Bedeutung ist, da die meisten Wirtschaftssektoren von einer stabilen Energieversorgung und stabilen Versorgungsketten abhängen.
Die Kommission arbeitet weiterhin eng mit dem Parlament und dem Rat zusammen, um noch vor dem Ende der laufenden Amtszeit der Kommission faire, ausgewogene und dennoch ehrgeizige Vereinbarungen zu den noch ausstehenden Initiativen des europäischen Grünen Deals zu erzielen. Dadurch könnte die EU eine solide Rechtsgrundlage schaffen und sich auf deren Umsetzung konzentrieren, um die Herausforderungen zu meistern, die sich aus dem Ziel ergeben, der erste klimaneutrale Kontinent zu werden. Gleichzeitig müssen die Mitgliedstaaten bis zum 30. Juni 2024 ihre aktualisierten nationalen Energie- und Klimapläne (NEKP) fertigstellen, nachdem die Kommission die Entwürfe bewertet und Empfehlungen dazu abgegeben hat. In diesen Plänen wird ausführlich dargelegt, wie die einzelnen Mitgliedstaaten die entscheidende Aufgabe der Umsetzung des europäischen Grünen Deals bis 2030 bewältigen werden. Diese Pläne stehen im Mittelpunkt der Strategie der EU und der Mitgliedstaaten zur Verwirklichung der erweiterten Ziele und Ambitionen der Energieunion.
Der EU ist es gelungen, die jüngsten Schwierigkeiten erfolgreich zu meistern, einige große Herausforderungen bleiben jedoch bestehen. Diese müssen kurz- bis mittelfristig bewältigt werden, um die Widerstandsfähigkeit und Souveränität der EU im Energiebereich zu stärken, die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Industrie zu fördern, dauerhafte Arbeitsplätze zu sichern und die Klimaneutralität für künftige Generationen zu verwirklichen. Nachfolgend werden einige zu untersuchende Bereiche im Detail dargelegt.
1)Modernisierung der EU-Governance in den Bereichen der Energie- und Klimapolitik sowie der Architektur der politischen Strategien nach 2030
Dank des Vorschlagspakets „Fit für 55“ und des REPowerEU-Plans ist die EU nun nahezu vollständig mit legislativen und nichtlegislativen Instrumenten ausgestattet, um die Energiewende mit einer sicheren, erschwinglichen und wettbewerbsfähigen Energieversorgung zu erreichen. Im Hinblick auf die bevorstehende Überprüfung der Governance-Verordnung im Jahr 2024 muss die Governance in den Bereichen der Energie- und Klimapolitik und der Architektur der politischen Strategien der EU möglicherweise überarbeitet werden. Seit dem Beginn der Invasion der Ukraine durch Russland haben die Koordinierung und die Maßnahmen der EU im Energiebereich entscheidend dazu beigetragen, die Auswirkungen der Energiekrise erfolgreich abzumildern. Die strategische Koordinierung der Energiepolitik auf EU-Ebene ist wichtig, um die energiepolitischen Ziele der EU zu erreichen, einschließlich der schrittweisen Abkehr von russischen Einfuhren fossiler Brennstoffe bis 2027 und des Aufbaus einer strategischen Energieunabhängigkeit. Die Überprüfung des Rahmens für die Governance in den Bereichen der Energie und des Klimaschutzes muss die Veränderungen widerspiegeln, die das Paket „Fit für 55“ mit sich bringt, und die Fähigkeit der EU stärken, ihre Ziele zu erreichen. Dies wäre von entscheidender Bedeutung, um mit gutem Beispiel voranzugehen und die internationalen Partner davon zu überzeugen, dass auch ihnen die Energiewende gelingt, angefangen bei den globalen Zielen für Energieeffizienz und erneuerbare Energien im Vorfeld der COP 28 am Ende des Jahres.
Darüber hinaus ist es an der Zeit, über das Ziel der Treibhausgasemissionen für 2040 nachzudenken. Dieses Ziel sollte glaubwürdige und messbare Schritte in Richtung des Ziels der Klimaneutralität bis 2050 darstellen. Die Festlegung eines Ziels für die Treibhausgasemissionen bis 2040 wird die langfristige Vorhersehbarkeit für Investoren verbessern und gleichzeitig eine kosteneffiziente Energiewende ermöglichen, die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Industrie steigern und die Position der EU als weltweit führender Akteur bei der Energiewende festigen. Weder der Weg zur Klimaneutralität noch die Versorgungssicherheit oder die Erschwinglichkeit können als selbstverständlich betrachtet werden. Daher muss die künftige Governance in den Bereichen der Energie- und Klimapolitik die EU und die Mitgliedstaaten in die Lage versetzen, die verbleibenden Herausforderungen zu bewältigen und sicherzustellen, dass die Union ein wettbewerbsfähiger globaler Akteur bleibt.
2)Deutliche Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der industriellen Führungsrolle der EU
Die Wettbewerbsfähigkeit der EU ist ein wichtiger Schutz für die technologische Unabhängigkeit der EU und die Unabhängigkeit ihres Energiesystems. Die derzeitige Kommission ist der Auffassung, dass die Erhaltung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU strategisch wichtig sind. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass die Präsidentin der Kommission Mario Draghi aufgefordert hat, einen Sonderbericht über die Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit zu erstellen. Wettbewerbsfähige europäische Unternehmen und eine starke Produktionsbasis für saubere Technologien sind von entscheidender Bedeutung, um die Energieziele der EU zu erreichen. Die Inflation ist nach wie vor hoch. Dies wirkt sich auf die Energiewende und insbesondere auf Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz aus, die kapitalintensiv sind. Die Erdgaspreise haben sich zwar nach der Krise stabilisiert, sind aber immer noch doppelt so hoch wie vor der Krise, und die EU verzeichnet durchweg höhere Energiepreise als andere Regionen der Welt. Bei der Energiewende muss ein sicherer, kostengünstiger und stabiler Zugang zu Elektrizität sichergestellt werden. Hohe Energiepreise sind nicht nur ein Wettbewerbsnachteil für das verarbeitende Gewerbe in der EU, sondern auch für den weltweiten Wettlauf um saubere Technologien.
Mit der Verabschiedung des Inflation Reduction Act (Gesetz zur Senkung der Inflationsrate) investieren die USA öffentliche Mittel, um einen umweltverträglichen Verbrauch, eine umweltverträgliche Produktion und umweltverträgliche Investitionen zu fördern, vor allem durch gezielte Steuererleichterungen (insgesamt 500 Mrd. USD, von denen 60 % in den Energiesektor fließen). Gleichzeitig ist China führend bei der Förderung sauberer Technologien durch eine investitionsorientierte Wirtschaft. China stellt große Mengen an subventionierten Solarmodulen her und bedient damit die starke Nachfrage auf dem EU-Markt.
Mit der Netto-Null-Industrieverordnung als Teil des Industrieplans zum Grünen Deal strebt die Kommission an, die Wettbewerbsfähigkeit der EU und ihre eigenen Produktionskapazitäten im Bereich der emissionsfreien Technologien zu verbessern. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss die EU Kapazitäten aufbauen, die alle maßgeblichen Technologien auf die effizienteste Weise nutzen, indem sie einen geeigneten Rechtsrahmen schafft. Die Kommission legt ein europäisches Windkraftpaket vor, um die besonderen Herausforderungen im Windenergiesektor zu bewältigen. Zu den wichtigsten Punkten dieses Pakets gehören Maßnahmen zur weiteren Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, zur Verbesserung der Auktionssysteme in der gesamten EU, zu Qualifikationen, zum Zugang zu Finanzmitteln und zu stabilen Versorgungsketten. Darüber hinaus könnte die EU im Rahmen bilateraler Handelsabkommen oder durch Netto-Null-Industriepartnerschaften mit ausgewählten Drittländern zusammenarbeiten, die über entsprechende Industriekapazitäten und niedrigere Produktionskosten verfügen.
Der Regulierungs- und Finanzrahmen der EU zielt darauf ab, die Lücke zwischen Forschung und Innovation (FuI) und der Marktakzeptanz in neuen oder sich im Frühstadium befindlichen Sektoren der sauberen Technologien zu schließen. Die Kommission wird FuI weiterhin in enger Partnerschaft mit der Industrie fördern, um die Entwicklung sauberer Technologien zu beschleunigen und die Produktionsbasis der EU zu stärken. Insbesondere könnten gezielte Regeln für ein umweltfreundliches öffentliches Beschaffungswesen dazu beitragen, private Investitionen zu mobilisieren, um Start-ups und Scale-ups in der EU zu unterstützen. Das Geschäftsumfeld für kleine und mittlere Unternehmen wird durch eine Überprüfung der Wettbewerbsfähigkeit aller neuen Rechtsvorschriften und einen Legislativvorschlag verbessert, der darauf abzielt, die Berichterstattungspflichten auf EU-Ebene um 25 % zu reduzieren. Die Aufnahme von Dialogen mit der Industrie über die Energiewende unterstützt auch die Schaffung eines Geschäftsmodells für die Dekarbonisierung der Industrie (z. B. Stahl, Batterien). Gleichzeitig wird die EU den Schutz ihrer Industrie vor Marktverzerrungen durch Drittländer verstärken. Die Einleitung einer Antisubventionsuntersuchung zu Elektrofahrzeugen aus China ist ein erster Schritt. Intelligente, innovative Technologien spielen bereits eine grundlegende Rolle bei der Analyse und Optimierung von Energiesystemen. In diesem Zusammenhang sowie im Bereich FuI wird erwartet, dass die Rolle der künstlichen Intelligenz zunimmt. Die Kommission arbeitet an globalen Mindeststandards für den sicheren und ethischen Einsatz von künstlicher Intelligenz. Der Grundstein für die Zukunft unserer Clean-Tech-Industrie muss in Europa gelegt werden.
3)Sicherung einer zuverlässigen Versorgung mit kritischen Rohstoffen
Der verlässliche Zugang zu bestimmten Rohstoffen bereitet in der EU zunehmend Anlass zur Sorge. Dieser Zugang wird für die Energiewende und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in der EU von entscheidender Bedeutung sein. Die meisten grünen Technologien erfordern erhebliche Mengen an Metallen und Mineralien wie Kupfer, Lithium und Kobalt. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur könnte es bei steigender Nachfrage zu einer zunehmenden Verknappung des Angebots an bestimmten Rohstoffen kommen. Während die Nachfrage der EU nach kritischen Rohstoffen den Prognosen zufolge drastisch ansteigen wird, ist sie in hohem Maße von Einfuhren aus einigen wenigen, oft quasi-monopolistischen Drittländern abhängig (z. B. bezieht die EU 98 % ihrer Versorgung mit seltenen Erden und 93 % ihres Magnesiums aus China). Die jüngste Krise hat die Risiken und Folgen einer übermäßigen Abhängigkeit von einem anderen Land deutlich gemacht, und China hat bereits Ausfuhrbeschränkungen für Gallium und Germanium eingeführt, die für Halbleiter und Solarmodule unerlässlich sind. Der Vorschlag der Kommission für ein Gesetz über kritische Rohstoffe zielt darauf ab, den Zugang zu einer sicheren und nachhaltigen Versorgung mit diesen Materialien zu gewährleisten. Fortschritte bei der Kreislaufwirtschaft für Materialien können auch die Versorgungssicherheit der EU mit kritischen Rohstoffen verbessern. Weitere Maßnahmen zur Diversifizierung des Zugangs zu Rohstoffen erscheinen notwendig. Darüber hinaus kündigte die Kommission an, sie werde einen neuen Club für kritische Rohstoffe gründen, an dem alle gleich gesinnten Länder teilnehmen, die bereit sind, die globalen Lieferketten zu stärken, die Welthandelsorganisation zu unterstützen und die Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken voranzutreiben.
4)Sicherung der erforderlichen Investitionen für die Energiewende
Um die ehrgeizigen Ziele für 2030 zu erreichen, müssen die Investitionen in die Energiewende deutlich erhöht werden, obgleich die öffentlichen Mittel voraussichtlich begrenzt sein werden. In ihrer strategischen Vorausschau 2023 schätzt die Kommission, dass zusätzliche jährliche Investitionen in Höhe von 620 Mrd. EUR erforderlich sind, um die Ziele des europäischen Grünen Deals und des REPowerEU-Plans zu erreichen. Obgleich europäische Finanzinstitute wie die Europäische Investitionsbank und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung eine wesentliche Rolle spielen werden, muss der Großteil der Investitionen aus dem Privatsektor kommen. Die EU muss ein attraktives Investitionsumfeld schaffen und private Mittel mobilisieren. Zu diesem Zweck arbeitet die EU an der Schaffung eines soliden Rahmens für eine nachhaltige Finanzierung, um mehr privates Kapital in den grünen und nachhaltigen Wandel, auch für erneuerbare Energien, zu lenken. Ein wichtiger Faktor, um die notwendigen Investitionen zu realisieren, ist die langfristige Vorhersehbarkeit der Politik. Ein vereinfachter und weniger bürokratischer Zugang zu Fördermitteln der EU (insbesondere für Darlehen und Darlehensgarantien) würde die Attraktivität des Binnenmarktes für grüne Investitionen erhöhen und die Hebelwirkung privater Investitionen über den EU-Haushalt unterstützen.
5)Erschwingliche Energiepreise, starker Verbraucherschutz und Stärkung der Verbraucher
Eine echte Energieunion muss bereits kurzfristig für erschwingliche Energiepreise zum Nutzen aller sorgen. Den Verbrauchern und der Gesellschaft kommt eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Auswirkungen der Energiekrise zu, da sie ihren Energiebedarf gesenkt haben, auch wenn sich dadurch die finanziellen Probleme vieler Menschen verschärft haben. Möglicherweise sind sie jedoch geschwächt aus dieser Krise hervorgegangen, und die Erdgas- und Strompreise sind heute nach wie vor doppelt so hoch wie vor der Krise. Der Übergang zu einem stärker elektrifizierten, dekarbonisierten und dezentralisierten Energiesystem wird dank der Entstehung innovativer Modelle zur Stärkung der Verbraucher, die sich auf den kollektiven Eigenverbrauch und die gemeinsame Nutzung von Energie konzentrieren, den Verbraucher wirklich in die Lage versetzen, die Dekarbonisierung voranzutreiben.
Diese Modelle stellen sicher, dass die Verbraucher von moderaten Strompreisen profitieren können, die aus extern erzeugter erneuerbarer Energie stammen. Für einen fairen und gerechten Übergang ist es wichtig, dass solche Systeme auch für einkommensschwache Haushalte zugänglich sind und dass die Verbraucher ausreichend informiert sind und sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene über ein starkes Bündel von Rechten, Rechtsschutz- und Unterstützungsmaßnahmen verfügen. Die weitere Einführung intelligenter Zähler in den Haushalten wird entscheidend dazu beitragen, die Verbraucher zu stärken und intelligentere Energieverbrauchsmuster und Energieeinsparungen zu fördern. In Grenzregionen kann die lokale grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Energiesektor dazu beitragen, dem Problem des dortigen Bevölkerungsrückgangs entgegenzuwirken, indem sie zur wirtschaftlichen Wiederbelebung dieser Gebiete beiträgt. Der EU muss weiterhin eine entscheidende Rolle zukommen, um die breite Öffentlichkeit dabei zu unterstützen, weiterhin eine treibende Kraft der ökologischen Energiewende zu sein und einen fairen und gerechten Übergang sicherzustellen. Darüber hinaus hat die Umsetzung des Grundsatzes „Energieeffizienz an erster Stelle“ nach wie vor eine entscheidende Bedeutung.
6)Verbesserung der Energiemärkte und ‑netze sowie weitere Integration der Energiesysteme
Das EU-Energiesystem der Zukunft muss integriert sein und eine zunehmende Dezentralisierung verkraften können. Die Energienetze müssen dringend verstärkt werden, und der Energiemarkt muss angepasst werden. Ein sauberes, effizientes und integriertes Energiesystem erfordert erhebliche Investitionen in die Übertragungs- und Verteilungsnetze, um den Verbund sicherzustellen, die Anpassung an eine dezentralisierte Erzeugung und eine nachfrageseitige Steuerung zu ermöglichen und die Durchdringung des Marktes mit einem hohen Anteil an kostengünstiger erneuerbarer Energie zu ermöglichen. Im kommenden Aktionsplan für Energienetze werden wichtige Schritte in diese Richtung vorgeschlagen. Die künstliche Intelligenz wird bei der Verwaltung und Optimierung des künftigen EU-Energiesystems eine wachsende Rolle spielen. Ein zunehmend digitalisiertes Energiesystem birgt ein höheres Risiko von Cyberangriffen und erfordert entsprechende Cybersicherheitsmaßnahmen. Von den Energiemärkten müssen die entsprechenden Investitionssignale für erneuerbare Energien, Energieeffizienzmaßnahmen und den notwendigen Netzausbau ausgehen. Die Märkte müssen nicht nur mehr Teilnehmer aufnehmen, die auf lokaler Ebene agieren, sondern auch die Entwicklung großer und komplexer hybrider Vorhaben für erneuerbare Energien, auch weit draußen auf dem Meer, erleichtern. In einem ersten Schritt ist es wichtig, dass alle Mitgliedstaaten das Paket „Saubere Energie“ umsetzen.
Digitalisierung, Flexibilität und Laststeuerung werden in einem gut funktionierenden sauberen und dezentralen Energiesystem eine zentrale Rolle spielen. Die EU hat einen umfassenden Rechtsrahmen verabschiedet, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Darüber hinaus hat die Kommission angesichts der Energiekrise eine Strukturreform der Gestaltung der Elektrizitätsmärkte vorgelegt. Dadurch werden der Einfluss fossiler Brennstoffe auf die Energiepreise verringert und Anreize für die Einführung sauberer und flexiblerer Lösungen geschaffen. Dennoch bestehen nach wie vor erhebliche Hindernisse für die Einführung geeigneter Geschäftsmodelle und technischer Lösungen wie intelligenter Netze. Die weitere Integration der Endkundenmärkte könnte die Erforschung innovativer Instrumente und Anreize erfordern, um den sauberen und fairen Übergang zu beschleunigen. Zu diesem Zweck arbeitet die EU mit allen Marktteilnehmern zusammen, um eine aktive Beteiligung zu ermöglichen und das volle Potenzial der integrierten EU-Energiemärkte zu mobilisieren. Gleichzeitig muss sich das Energiesystem an die drastischen klimabedingten Veränderungen anpassen.
7)Bewältigung des Qualifikationsdefizits und des Arbeitskräftemangels im Energiesektor
Der Mangel an Fachkräften und Arbeitskräften stellt einen Engpass für die Umsetzung der Energiewende und für die Wettbewerbsfähigkeit der EU dar. Schätzungen zufolge müssen zur Verwirklichung der REPowerEU-Ziele bis 2030 mehr als 3,5 Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden, was mehr als eine Verdreifachung der bestehenden rund 1,5 Millionen Arbeitskräfte bedeutet. Dabei handelt es sich um Arbeitsplätze im Bereich der sauberen Energien selbst, aber auch in der Fertigung, im Bausektor, im Transportwesen und bei den Dienstleistungen, die mit der verstärkten Entwicklung und dem Einsatz dieser Technologien verbunden sind. Voraussetzungen dafür sind die Verfügbarkeit von Qualifikationen und die Fähigkeit der Arbeitnehmer, in diese aufstrebenden Sektoren zu wechseln. Fast 30 % der Unternehmen in der EU, die elektrische Ausrüstungen herstellen, verzeichneten im Jahr 2022 einen Arbeitskräftemangel. Dieser Trend wird sich voraussichtlich noch verstärken und auch den Kernenergiesektor betreffen. In diesem Zusammenhang muss die Weiterbildung und Umschulung von Arbeitskräften für die EU eine Priorität darstellen, wobei gleichzeitig ein ausgewogenes, faires und integratives Arbeitsumfeld für Männer und für Frauen sichergestellt werden muss. Der Zugang zum Arbeitsmarkt muss verbessert werden, insbesondere für Frauen, junge Menschen und Migranten, und es sollte darauf geachtet werden, dass gute Arbeitsbedingungen sichergestellt werden. Im Einklang mit dem politischen Ziel, niemanden zurückzulassen, ist es für die gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende auch entscheidend, dass sie zu guten Beschäftigungsmöglichkeiten für die EU-Bürger führt.
8)Betrachtung der Auswirkungen von Wasserknappheit auf die Energiesysteme
Den Zusammenhängen zwischen dem Energiesystem und der Verfügbarkeit von Süßwasser muss mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Dies liegt daran, dass Wasser für das Energiesystem der EU von entscheidender Bedeutung ist und extreme Wetterereignisse immer häufiger und intensiver auftreten. Wasser wird in der EU für fast alle Arten der Energieerzeugung verwendet, und Wasserknappheit hat bereits Auswirkungen auf die Energieerzeugung in der EU, etwa bei den Wasserkraftwerken und konventionellen Wärmekraftwerken, der Kühlung von Kernreaktoren oder dem Transport von Brennstoffen über Wasserstraßen. Auf der Wasserkonferenz der Vereinten Nationen 2023 wurde hervorgehoben, dass zur Bewältigung von Wasser-, Energie-, Nahrungsmittel- und Ökosystemkrisen ein integrierter Ansatz wichtig ist.
9)Bestimmung eines festen Zeitrahmens für die Einstellung der Subventionen für fossile Brennstoffe
Während der Energiekrise haben die Subventionen für fossile Brennstoffe zugenommen, auch wenn der langfristige Trend rückläufig war. Da für mehr als 50 % (64 Mrd. EUR) der Subventionen für fossile Brennstoffe noch kein Enddatum feststeht, ist es wichtig, einen Zeitrahmen für die schrittweise Einstellung der Subventionen für fossile Brennstoffe festzulegen, der mit den Dekarbonisierungszielen des europäischen Grünen Deals und des REPowerEU-Plans übereinstimmt.
Fazit
Die EU agiert in einem zunehmend komplexen internationalen Umfeld, in dem verschiedene internationale Akteure neue, oft konfrontativere Rollen einnehmen. Die internationalen Energiemärkte befinden sich in einer tiefgreifenden Neuausrichtung, da sich die Welt an den Rückgang der Energieströme zwischen Russland und Europa anpasst und nach wie vor anfällig ist. Der globale Wettlauf um saubere Technologien ist ebenfalls ein Beispiel dafür. Diese neuen geopolitischen Realitäten des internationalen Wettbewerbs müssen bei der Gestaltung der künftigen Energiepolitik, die die Grundlage für wirtschaftlichen Wohlstand und Sicherheit bildet, berücksichtigt werden. Die EU setzt sich weiterhin für einen offenen und fairen Handel ein, trotz der Praktiken einiger Drittländer. Die Einleitung einer Antisubventionsuntersuchung zu Elektrofahrzeugen aus China ist ein Beispiel dafür, wie die EU Maßnahmen treffen kann, um ihre Wirtschaft auf faire Weise vor den Risiken von Marktverzerrungen zu schützen.
Gleichzeitig liegt es im strategischen Interesse der EU, internationale Partnerschaften, auch mit Beitrittskandidaten, auszubauen, da dies die Sicherheit und den Einfluss der EU erhöht. Das EU-Konzept der „Partnerschaft auf Augenhöhe“ in der internationalen Zusammenarbeit ist nach wie vor von entscheidender Bedeutung, da immer mehr Länder nach den vorteilhaftesten Partnerschaften suchen.
Solidarität unter den Mitgliedstaaten und Bündnisse mit gleich gesinnten Ländern wie den G7-Mitgliedern werden von entscheidender Bedeutung sein. Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen sowohl im Inland als auch in internationalen Gremien geschlossen und koordiniert handeln, um ihren Einfluss zu erhöhen. Die Kommissionspräsidentin formulierte es so: „Wenn wir im Inneren geeint sind, kann man uns nicht spalten“.
Bislang hat die EU Fortschritte bei der Energieautonomie, der Energiesicherheit und der Gefahrenabwehr im Energiebereich erzielt und ist auf einen fairen und erschwinglichen Übergang zu einer globalen sauberen Energieversorgung vorbereitet. Gleichzeitig wird der künftige Kontext durch Inflationstendenzen und die Folgen der Klimakrise noch komplexer. Die für 2024 erwarteten endgültigen Aktualisierungen der NEKP der Mitgliedstaaten werden ein wichtiger Meilenstein sein, um die ermittelten Herausforderungen zu bewältigen und auf die veränderten Umstände seit der Annahme der ersten Pläne im Jahr 2019 zu reagieren. Nun muss die EU den eingeleiteten Prozess weiter vorantreiben, künftige Herausforderungen antizipieren und bewältigen und die Umsetzung der zahlreichen politischen Initiativen, die im Rahmen des europäischen Grünen Deals eingeleitet wurden, beschleunigen. Die politischen Strategien und Investitionen müssen bereits jetzt die Perspektive nach 2030 berücksichtigen.