EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 11.10.2018
COM(2018) 686 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
Das jährliche Arbeitsprogramm der Union für europäische Normung 2019
{SWD(2018) 434 final}
1.Einführung
Normen stellen unverzichtbare Instrumente für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts dar. Sie fördern ein höheres Wirtschaftswachstum, indem sie die Hindernisse für den Markteintritt innovativer, wettbewerbsfähiger Produkte und Dienstleistungen beseitigen und die Ausweitung des Handels auf neue Märkte erleichtern. Durch Normen werden Kompatibilität, Qualität und Leistung von Produkten und Dienstleistungen verbessert und den Herstellern eine stabile Grundlage für Investitionen in neue Technologien und die Digitalisierung von Prozessen zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus unterstützen Normen die Hersteller dabei, den Übergang zu kohlenstoffarmen Energiequellen zu vollziehen, an globalen Wertschöpfungsketten teilzunehmen und Produkte um Dienstekomponenten zu erweitern.
Der Schlüssel zu einer Maximierung der positiven Auswirkungen der Normung besteht darin, Synergien innerhalb des europäischen Normungssystems zu entwickeln, wobei auch der internationalen Dimension der Normung Rechnung zu tragen ist. Diese Synergien müssen KMU und Start-up-Unternehmen einbeziehen, damit auf diese Weise Innovation und Technologie im Binnenmarkt gestärkt werden.
Die Kommission verfolgt ihr übergeordnetes Ziel eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums durch Maßnahmen, die in ihren jährlichen Arbeitsprogrammen festgelegt werden. Bei vielen dieser Maßnahmen kommt den europäischen Normen eine wichtige unterstützende Rolle zu, da sie die Umsetzung einschlägiger Rechtsvorschriften durch die Begründung der Vermutung der Konformität in Bezug auf ihre wesentlichen Anforderungen erleichtern. Darüber hinaus fördern Normen die Interoperabilität zwischen einer Reihe von Sektoren, z. B. im IKT-Bereich, womit die Entwicklung neuer Technologien, Anwendungen und Dienste ermöglicht und Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in Europa gefördert werden.
Neben den von der Kommission förmlich in Auftrag gegebenen harmonisierten Normen zur Unterstützung eines Gesetzgebungsakts gibt es auch eine ganze Reihe europäischer Normen und europäischer Normungsprodukte, die von den europäischen Normungsorganisationen entwickelt werden. Diese Normen werden zwar nicht förmlich in Auftrag gegeben, sind aber trotzdem zur Unterstützung der Umsetzung politischer Vorhaben der Kommission erforderlich. Im vorliegenden jährlichen Arbeitsprogramm der Union für europäische Normung für das Jahr 2019 werden einige der wichtigsten, unter diesem Gesichtspunkt relevanten Politikbereiche herausgestellt: Energie, Kreislaufwirtschaft, Verteidigung, Sicherheit, Binnenmarkt und digitaler Binnenmarkt. Im Programm werden die strategischen Prioritäten für die europäische Normung zur Unterstützung von Rechtsvorschriften und politischen Maßnahmen der Union dargelegt. Darüber hinaus werden im jährlichen Arbeitsprogramm diese strategischen Prioritäten in einen breiteren Kontext der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der Normung gestellt.
Das europäische Normungssystem basiert auf einem einzigartigen System privilegierter öffentlich-privater Partnerschaften zwischen der Kommission und den europäischen Normungsorganisationen, das den Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 Rechnung trägt. Im EU-Jahresarbeitsprogramm 2019 werden die wichtigsten Leitlinien für die künftige Entwicklung dieser Partnerschaft, einschließlich des wichtigen Grundsatzes der Einbeziehung aller Akteure, festgelegt.
Seit der Annahme der Mitteilung über europäische Normen für das 21. Jahrhundert hat die Kommission eng mit ihren Partnern aus Industrie, Behörden, Nichtregierungsorganisationen und Hochschulen an der Umsetzung der in der Mitteilung vorgeschlagenen Initiativen zusammengearbeitet; dies umfasste auch einen Zyklus der politischen Steuerung zur Stärkung des Dialogs mit den EU-Mitgesetzgebern und die Entwicklung der Gemeinsamen Normungsinitiative (GNI). Die Arbeiten im Rahmen der GNI werden im Jahr 2019 abgeschlossen und im Jahresprogramm werden Schwerpunktbereiche für das letzte Durchführungsjahr vorgeschlagen.
Das vorliegende Arbeitsprogramm wurde unter Einbeziehung wertvoller Beiträge im Rahmen des interinstitutionellen Dialogs ausgearbeitet, der im Juni 2018 eingeleitet wurde und hochrangige Vertreter der Normungsgemeinschaft, der Industrie, der Kommission, des Europäischen Parlaments, des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, des Ausschusses der Regionen und anderer europäischer Interessenträger im Bereich der Normung zusammenbrachte.
Die Veranstaltung bot eine Gelegenheit, Ideen zu strategischen Fragen auszutauschen, Rückmeldungen zu den Normungsinitiativen der Kommission vorzulegen und die künftigen politischen Prioritäten und Möglichkeiten zur Stärkung des europäischen Normungssystems in einem offenen Rahmen zu erörtern. In der Diskussion wurde eine Reihe von Themen angesprochen, darunter die allgemeine Funktionsweise des Normungssystems, Fragen zum Steuerungsprozess und die Ausrichtung der EU-Normungsprioritäten, und zwar auch in einem breiteren internationalen Kontext. Die Rolle des europäischen Bildungssystems bei der Unterstützung neuer Technologien und der Ausbildung einer neuen Generation von Experten wurde als ein besonders wichtiger Aspekt hervorgehoben. Auch die Expertengruppe „Multi-Stakeholder-Plattform für die IKT-Normung“ (MSP) und der fortlaufende Plan für die IKT-Normung wurden als Modell für kooperative Planung und das Engagement von Interessenträgern herausgestellt.
Die Kommission erkundet die Möglichkeiten, dieses Format auch künftig beizubehalten, bei gleichzeitiger Herausstellung wichtiger Erkenntnisse aus diesem Dialog. Die Ergebnisse finden Eingang in die laufende Priorisierung der Normungsarbeit und werden im Vorfeld des Berichts über die Umsetzung der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 in interne Überlegungen und vorbereitende Maßnahmen einfließen. Dieser Bericht ist von der Kommission vorzubereiten und dem Europäischen Parlament und dem Rat zu übermitteln.
2.Strategische Prioritäten für die europäische Normung zur Unterstützung von Rechtsvorschriften und politischen Maßnahmen der Union
2.1.Maßnahmen zur Unterstützung der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt
Die Verfügbarkeit von IKT-Normen und technischen Spezifikationen, insbesondere zur Gewährleistung der Interoperabilität zwischen Produkten, Diensten und Geräten, ist von entscheidender Bedeutung für die praktische Verwirklichung aller Vorteile, die der digitale Binnenmarkt bieten kann. Die Kommission hat gemeinsam mit europäischen und internationalen Normungsorganisationen, mit anderen Foren und Gremien und mit Interessenträgern aus Industrie und Gesellschaft in allen in ihrer Mitteilung mit dem Titel „Schwerpunkte der IKT-Normung für den digitalen Binnenmarkt“ genannten Prioritätsbereichen und spezifischen Aspekten Fortschritte erzielt (wie in der Mitteilung über die Umsetzung der Normungspolitik der EU und den Beitrag europäischer Normen zur EU-Politik bekannt gegeben).
Die Digitalisierung wird nicht nur von der Anforderung einzelner Industriesektoren nach einer Leistungssteigerung, sondern auch von den Erwartungen der Kunden und Anbieter getragen. Daher ist es wichtig, nicht nur die Anbieter, sondern auch die Nutznießer, einschließlich benachteiligter gesellschaftlicher Gruppen und Minderheiten, wie Personen mit Behinderungen, bei der Entwicklung von IKT-Normen einzubeziehen. Normungsfragen müssen auch auf EU-Ebene behandelt werden, damit einschlägige Rechtsvorschriften, wie beispielsweise die EU-Datenschutzbestimmungen, angemessen berücksichtigt werden.
Der Normungsbedarf im Hinblick auf die Unterstützung der EU-Politik wird in dem jährlich aktualisierten, fortlaufenden, von der Kommission veröffentlichten Plan für die IKT-Normung dargelegt. In der Fassung des fortlaufenden Plans für die IKT-Normung für das Jahr 2018 werden 170 Maßnahmen ermittelt, die auf vier Themenbereiche ausgerichtet sind: Schlüsselfaktoren, gesellschaftliche Herausforderungen, Innovation für den Binnenmarkt und nachhaltiges Wachstum.
Die Schaffung der richtigen Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Entwicklung digitaler Netze und Dienste bildet eine der drei Säulen der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt. Dies wird im Bereich der Normung im Jahr 2019 durch Schwerpunktlegung auf folgende Bereiche unterstützt: Internet der Dinge, Big Data, Blockchain, kooperative intelligente Verkehrssysteme & autonomes Fahren, elektronische Gesundheitsdienste, intelligente Städte, Zugänglichkeit, elektronische Behördendienste und künstliche Intelligenz. Durch die Harmonisierung im Zusammenhang mit 5G-Frequenzen und der Verfügbarkeit der globalen 5G-Normen bis Ende 2019, wie im 5G-Aktionsplan vorgesehen, werden Investitionen in 5G-Netze und -Anwendungen gefördert.
Die Anforderungen im Bereich Cybersicherheit sollten einen parallelen Schutz vor Cyberangriffen auf die Steuerungsprozesse, Systeme und Ausrüstungen für Software und Hardware bieten. Die Kommission hat in ihrem Vorschlag für die Verordnung über den Rechtsakt zur Cybersicherheit aus dem Jahr 2017 die Schaffung eines IKT-Sicherheitszertifizierungsrahmens für Produkte und Dienstleistungen auf EU-Ebene vorgeschlagen. Im Rahmen der Zertifizierungssysteme kommen sowohl Normen als auch technische Spezifikationen zur Anwendung, um die Konformität mit bestimmten Cybersicherheits-Anforderungen zu begründen und zu bewerten.
Mit der Blockchain-Technologie werden eine sichere und überprüfbare Datenspeicherung unterstützt und die Transaktionskosten gesenkt, wodurch ein hohes Niveau an Rückverfolgbarkeit und Sicherheit bei wirtschaftlichen Transaktionen im Internet erreicht wird. Da das System öffentliche und private Netze umfasst, ist eine Normung erforderlich, um die Interoperabilität zwischen den verschiedenen Konfigurationen der Blockchain-Technologie herzustellen. Am 1. Februar 2018 hat die Kommission die Beobachtungsstelle und das Forum der EU für Blockchain-Technologie ins Leben gerufen. Im Rahmen der darin eingerichteten Arbeitsgruppe „Blockchain Policy and Framework Conditions“ (Blockchain-Politik und Rahmenbedingungen) werden unter anderem Fragen der technologischen und ökosystemrelevanten Entwicklungen wie der Interoperabilität behandelt, bei denen die Normung Lösungen bieten kann. Darüber hinaus wird in diesem Gremium der potenzielle Normungsbedarf im Blockchain-Bereich auf EU-Ebene ermittelt.
Die künstliche Intelligenz (AI) hat weitreichende Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft und wirkt sich in vielerlei Hinsicht auf unser tägliches Leben aus. Es ist notwendig, die Vermarktung der AI-Produkte und -Dienstleistungen und die Einhaltung der Sicherheitsnormen zu gewährleisten. Die europäische Allianz zur künstlichen Intelligenz (KI-Allianz) wird die europäische Referenzplattform für Denkansätze und Reflexion über die künstliche Intelligenz darstellen. Die Kommission richtet eine hochrangige Expertengruppe ein, die als Lenkungsgruppe für die Arbeit der Europäischen KI-Allianz fungieren und bei der Ermittlung des Normungsbedarfs Unterstützung leisten wird.
2.2.Maßnahmen zur Unterstützung der Energieunion und des Klimaschutzes
Mit den CO2-Emissionsminderungszielen für alle Arten von Fahrzeugen wird angestrebt, die Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors zu reduzieren und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors zu gewährleisten und damit den Verbrauchern Kraftstoffersparnisse zu ermöglichen. Solche Ziele können auch zur Verbesserung der Luftqualität in unseren Städten beitragen und positive Ergebnisse beim Umweltschutz zeitigen. Gleichzeitig stellen sie die Automobilindustrie vor die Herausforderung, Möglichkeiten zur Verringerung des Kraftstoffverbrauchs zu ermitteln. Die Kommission hat ihre diesbezüglichen Ziele festgelegt, und das Ziel der Normung besteht darin, Normen zu erarbeiten, die die Industrie bei der Verringerung des CO2-Ausstoßes unterstützen, indem sie die Innovation fördern und die Effizienz der Fahrzeuge (z. B. die Aerodynamik) steigern.
Im Rahmen des dritten Mobilitätspakets soll die vorgeschlagene EU-Verordnung über die Kennzeichnung von Reifen zu Kraftstoffeffizienz, Sicherheit und Lärmreduktion beitragen, indem sie den Verbrauchern bessere Informationen beim Kauf von Reifen zur Verfügung stellt. So könnten Normen beispielsweise die Entwicklung harmonisierter Leistungsprüfungen bezüglich bestimmter Eigenschaften, wie Eignung für die Nutzung auf Eis, unterstützen, die in das Etikett aufgenommen werden sollten, um den Verbrauchern ein vollständigeres Bild der Reifenleistung unter Winterbedingungen zu vermitteln. Die vorgeschlagene Verordnung ebnet auch den Weg für die mögliche Einbeziehung von Informationen über die Reifenabnutzung auf dem Etikett. Der Reifenabrieb gilt als die wichtigste Quelle für die Umweltverschmutzung durch Mikroplastik, es fehlen jedoch Prüfverfahren zur Unterstützung einer entsprechenden politischen Maßnahme.
Schließlich können Normen eine unterstützende Rolle bei der Ökologisierung des Schifffahrtssektors durch die Nutzung alternativer Treibstoffe (e.g. Flüssigerdgas aus fossilen Energieträgern, Biomasse oder „Power-to-Gas“-Technologien, Strom, Wasserstoff) für Schiffsverkehrsanwendungen spielen.
Die Kommission erweitert die Ökodesign-Anforderungen auf neue Produktkategorien: Pumpen, Einzelraumheizgeräte, Festbrennstoff-Einzelraumheizgeräte, Luftheizungsprodukte, Kühlungsprodukte, Prozesskühler mit hoher Betriebstemperatur, Gebläsekonvektoren, Klimaanlagen und Batterien. In den kommenden Jahren dürfte die Normung die technischen Spezifikationen liefern, die für die Umsetzung dieser neuen Anforderungen erforderlich sind.
2.3.Maßnahmen zur Unterstützung des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft
Ein sicherer Straßenverkehr, weniger umweltschädliche Fahrzeuge und fortgeschrittenere technologische Lösungen unterstützen die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Industrie und verschaffen dabei ihren Bürgerinnen und Bürgern eindeutige Vorteile. Auf der Grundlage der Arbeit der Europäischen Batterie-Allianz legte die Kommission einen strategischen Aktionsplan für die Entwicklung und Herstellung von Batterien in Europa vor. Im Einzelnen sieht der Plan Maßnahmen im Bereich der Normung vor, um Möglichkeiten der Entwicklung eines standardisierten EU-Lebenszyklus-Bewertungssystems für Batterien zu ermitteln. Darüber hinaus könnten Überlegungen zur Rolle des Ökodesigns angestellt werden, um die Anforderungen einer nachhaltigen Konzeption und Nutzung für Batterien zu fördern. In diesem Zusammenhang wird die potenzielle Rolle europäischer Normen bei der Gewährleistung einer sicheren und nachhaltigen Produktion, (Wieder-)Verwendung und des Recyclings von Batterien untersucht.
Was Kunststoffe anbelangt, so lässt sich die geringe Verwendung von recycelten Kunststoffen unter anderem auf die Bedenken vieler Markenhersteller und Produzenten zurückführen, die befürchteten, dass recycelte Kunststoffe nicht die benötigte, zuverlässige und großmengige Versorgung mit Materialien mit gleichbleibenden Qualitätseigenschaften gewährleisten werden. Vor diesem Hintergrund könnte die Entwicklung von Qualitätsstandards für getrennte Kunststoffabfälle und recycelte Kunststoffe eine stärkere Integration der Recycling-Maßnahmen in die Kunststoffwertschöpfungskette erleichtern. Im Anschluss an die Ermittlung des Normungsbedarfs wird die Kommission die Entwicklung von Normen vorschlagen‚ die sich mit den verfahrens- und infrastrukturbezogenen Fragen des Recyclings befassen. Darüber hinaus wird im Rahmen der Europäischen Strategie für Kunststoffe in einer Kreislaufwirtschaft die Notwendigkeit herausgestellt, Methoden zur Bewertung von Mikroplastikverlusten – unter anderem aus Textilien – zu entwickeln. Eine der Aufgaben der Normungsgremien im Jahr 2019 wird darin bestehen, die im Rahmen einer branchenübergreifenden Vereinbarung zur Bewertung der Freisetzung von Mikroplastik in das Wassermilieu während des Waschens synthetischer Textilien vereinbarten Prüfmethoden zu überarbeiten und möglicherweise näher auszugestalten.
Der kürzlich vorgelegte Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt enthält die Forderung, dass Getränkebehälter nur dann in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn die Verschlüsse und Deckel an den Behältern befestigt sind, da Verschlüsse und Deckel zu den am häufigsten aufgefundenen Gegenständen zählen. Im Hinblick auf die Gewährleistung eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts nach dem Inkrafttreten der Richtlinie sieht der Vorschlag der Kommission auch die Entwicklung einer harmonisierten Norm vor, was sowohl vom Rat als auch vom Europäischen Parlament als wesentlich betrachtet wird.
2.4.Maßnahmen zur Unterstützung eines vertieften und gerechteren Binnenmarktes mit einer gestärkten industriellen Basis
Normung ist eine wichtige Voraussetzung für einen vertieften und faireren Binnenmarkt. Die Entwicklung wichtiger technischer Normen ist von großer Bedeutung für die Gewährleistung der Interoperabilität der verschiedenen Systeme und kann die Einführung innovativer Lösungen deutlich erleichtern. Im Rahmen des kürzlich verabschiedeten Mobilitätspakets, das den Verkehrssektor bei der Verwirklichung eines wettbewerbsfähigen und sozial gerechten Übergangs zu sauberer Energie und Digitalisierung unterstützt, wird eine Reihe von Initiativen vorgestellt. So ermöglicht die Konvoibildung von automatisch gesteuerten Fahrzeugen (Platooning) einen sicheren Verkehr durch die Nutzung automatisierter, intelligenter und miteinander kommunizierender Steuerungssysteme. In diesem Fall kontrolliert das Leitfahrzeug die Geschwindigkeit und die Richtung aller übrigen Fahrzeuge im Konvoi. Dies stellt eine viel versprechende Technologie für eine höhere Sicherheit und Effizienz im Straßenverkehr dar. Die Normung sollte die Umsetzung der vorgeschlagenen EU-Verordnung unterstützen, indem technische Spezifikationen zur Erfüllung der Anforderungen an die Interoperabilität und Interkonnektion des Systems zur Verfügung gestellt werden. Parallel dazu wird die Kommission auf die Frequenzfragen eingehen, um Funkzugangstechnologien für die vernetzte und automatisierte Mobilität im 5,9-GHz-Band zu unterstützen.
Zur Gewährleistung sicherer Fahrbedingungen im EU-Gebiet müssen die Gestaltung, der Bau und der Betrieb der Straßeninfrastruktur einander angeglichen werden. Normen könnten die Harmonisierung und den Wissensaustausch zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Einhaltung der betreffenden Verfahren und Anforderungen fördern.
Darüber hinaus liegt der Schwerpunkt im Hinblick auf eine verbesserte Sicherheit, die Beseitigung technischer Hindernisse und die rasche Einführung von Innovationen weiterhin auf der Festlegung neuer technischer Spezifikationen für die Interoperabilität der Teilsysteme Infrastruktur und rollendes Material des Eisenbahnsystems.
Die Fertigstellung des Kernnetzes und der Korridore des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) wird die Transportkapazität im Binnenmarkt erhöhen, ohne dass die CO2-Emissionen erhöht werden. Die Normung könnte Lösungen zur Gewährleistung der Interoperabilität und Kommunikation zwischen den elektronischen Systemen des Netzes unterstützen.
In Verbindung mit der elektronischen Rechnungsstellung werden die elektronischen Frachtbeförderungsinformationen den Logistiksektor effizienter machen. In Bezug auf die elektronischen Frachtbeförderungsinformationen sollten die Normen die Ausarbeitung eines einheitlichen Ansatzes für die Anerkennung elektronischer Dokumente erleichtern.
Die Kommission wird ferner eine Aktualisierung der Normen in Auftrag geben, die für die Inspektion und Prüfung der in den Mitgliedstaaten beförderten Güter erforderlich sind.
2.5.Maßnahmen zur Unterstützung des europäischen Verteidigungs-Aktionsplans
Der europäische Markt für Verteidigungsgüter leidet darunter, dass er fragmentiert ist und die Kooperation in der Industrie unzureichend ist. Daher besteht eine der im Verteidigungs-Aktionsplan angekündigten Maßnahmen darin, einen offenen und wettbewerbsfähigen EU-Binnenmarkt für Verteidigungsgüter zu gewährleisten. Die europäische Normung hat nachweislich einen wesentlichen Beitrag zur Förderung der Offenheit und des Wettbewerbs im Binnenmarkt geleistet. Die Kommission hat der Europäischen Verteidigungsagentur vorgeschlagen, in Zusammenarbeit mit den europäischen Normungsorganisationen mit der Ausarbeitung eines Aktionsplans für die Normung im Verteidigungsbereich zu beginnen.
2.6.Maßnahmen zur Unterstützung der Weltraumstrategie für Europa
Die Errichtung des Galileo-Systems soll bis 2020 abgeschlossen sein, parallel zu der im Jahr 2017 gestarteten Betriebsphase. Dies bedeutet, dass das Weltraumsegment bis zu diesem Zeitpunkt vollständig in Betrieb genommen sein wird und alle Dienste voll einsatzfähig sind. Die Kommission hat der Agentur für das europäische globale Satellitennavigationssystem vorgeschlagen, in Zusammenarbeit mit den europäischen Normungsorganisationen mit der Ausarbeitung eines Aktionsplans für die Normung in diesem Bereich zu beginnen.
2.7.Maßnahmen zur Unterstützung der europäischen Sicherheitsagenda
Zur Bewältigung der neu auftretenden Sicherheitsherausforderungen finanziert die EU Forschungsmaßnahmen, mit denen die Sicherheitstechnologien auf europäischer Ebene gefördert werden sollen. Die industrielle Basis des EU-Sicherheitssektors ist gut positioniert, um die erforderlichen Lösungen bereitzustellen. Dazu muss der Sektor jedoch die bestehende Fragmentierung überwinden, damit die von der EU finanzierten Forschungsergebnisse in großem Umfang praktisch eingesetzt werden. Diese Lücke könnte durch Normen geschlossen werden. Mit ihrer Hilfe können Größenvorteile genutzt und die Informationsasymmetrien zwischen der Angebots- und der Nachfrageseite bei grenzüberschreitenden Transaktionen verringert werden.
3.Internationale Zusammenarbeit
Die Unterstützung der Wettbewerbsposition der EU-Industrie in der globalen Wertschöpfungskette und die Stärkung ihrer Präsenz auf internationalen Märkten sind wichtige Voraussetzungen für die Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachstum in Europa, insbesondere mit Blick auf die sich wandelnde Dynamik in der internationalen Handelspolitik.
Diese Ziele können in erster Linie durch das Streben nach einer größtmöglichen Kohärenz zwischen internationalen und europäischen Normen sowie durch die Förderung der allgemeinen Verwendung europäischer und/oder internationaler Normen außerhalb der EU verwirklicht werden.
Im Jahr 2019 wird die Kommission ihren politischen Dialog mit den internationalen Normungsorganisationen weiter intensivieren und ihre Beteiligung an einschlägigen internationalen Foren fortsetzen. Die Kommission wird sich auch mit internationalen Normungsgremien wie IEC, ISO, JTC1, ITU-T und gegebenenfalls mit den technischen Ausschüssen abstimmen.
Darüber hinaus wird die Kommission die europäische Normung fördern und im Rahmen der Verhandlung, Ausarbeitung und Umsetzung verschiedener internationaler politischer Maßnahmen (z. B. Freihandelsabkommen, Assoziierungsabkommen EU-Ukraine, Östliche Partnerschaft, Erneute Partnerschaft EU/Afrika und die Strategie zur Vernetzung zwischen der EU und Asien) einen entsprechenden Beitrag in den Kapiteln über technische Handelshemmnisse leisten.
Die Kommission wird einen Dialog mit den Vereinigten Staaten über Normen einleiten, um den Handel zu erleichtern, bürokratische Hindernisse abzubauen und die Kosten zu senken.
Ebenso wird die Kommission die Fortführung von Projekten zur Präsenz gewährleisten, beispielsweise die laufenden Programme zur Abordnung von Sachverständigen für europäische Normung nach China und Indien sowie die webbasierte Normungsplattform mit China und Projekte zur internationalen Zusammenarbeit im Bereich der Normung. Das übergeordnete Ziel dieser Maßnahmen besteht darin, das europäische Normungssystem als eine attraktive Alternative zu anderen regionalen oder nationalen Normungsvereinbarungen darzustellen, für die Normung relevante Erkenntnisse bereitzustellen und die bilaterale Zusammenarbeit in Normungsfragen zu erleichtern.
Darüber hinaus werden mit diesen Maßnahmen europäische Unternehmen unterstützt, die aufgrund von Problemen im Zusammenhang mit Normen Schwierigkeiten beim Zugang zu Märkten außerhalb der EU haben. Die Kommission beabsichtigt, das derzeitige Projekt in Indien von Mitte 2019 bis 2022 neu aufzulegen. Die Kommission wird die Ausrichtung der Sitzungen des Partnerschaftsprojekts zur 3. Generation (3GPP) in Europa unterstützen, um die aktive Teilnahme eines breiten Spektrums europäischer Teilnehmer, von wichtigen industriellen Akteuren, einschließlich der KMU, bis zu Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu fördern.
4.Öffentlich-private Partnerschaft
4.1.Governance
Voraussetzung für die rechtzeitige Bereitstellung hochwertiger Normen ist eine kontinuierliche Zusammenarbeit und Vertrauensbildung zwischen beiden Seiten der öffentlich-privaten Partnerschaft für europäische Normung.
Insbesondere die Qualität der harmonisierten Normen, die eine Konformitätsvermutung begründen, bedarf einer besonderen Aufmerksamkeit beider Seiten. Diese Kategorie der Normen muss mit der jüngsten einschlägigen Rechtsprechung und der Verordnung über die europäische Normung im Einklang stehen und die rechtlichen Anforderungen der abgedeckten sektoralen Rechtsvorschriften erfüllen. Im Einklang mit der jüngsten Rechtsprechung wird die Kommission ihre Verfahren weiterhin einer Neubewertung unterziehen und sie im Rahmen der im Jahr 2016 eingerichteten Gemeinsamen Normungsinitiative und des im Jahr 2017 zwischen der Kommission und den europäischen Normungsorganisationen vereinbarten Aktionsplans für die Bezugnahme auf harmonisierte Normen mit den Interessenträgern gemeinsam nutzen. Die europäischen Normungsorganisationen werden aufgefordert, der Behandlung der nicht referenzierten harmonisierten Normen höchste Priorität einzuräumen, um die hohen Qualitätsstandards des Marktes und des Gesetzgebers zu erfüllen und eine zeitnahe Bezugnahme im Amtsblatt der Europäischen Union zu gewährleisten.
Zur Umsetzung dieses Aktionsplans wird sich die Kommission im Jahr 2019 auf eine weitere Konsolidierung des neuen, im Jahr 2018 eingeführten Systems der Berater für harmonisierte Normen konzentrieren. Das System wurde eingerichtet, um die Qualität der harmonisierten Normen und ihre Konformität mit den entsprechenden Rechtsvorschriften und politischen Maßnahmen der Union zu überprüfen und zu bewerten.
Die Kommission wird den Governance-Prozess weiterhin durch ihren regelmäßigen strukturellen Dialog mit den europäischen Normungsorganisationen unterstützen. Der Dialog hat sich als ein nützlicher Rahmen für die frühzeitige Beseitigung von Hindernissen und die wirksame Umsetzung vereinbarter Maßnahmen erwiesen.
4.2.Integration
Die Kommission fordert die europäischen Normungsorganisationen, den nationalen Normungsgremien, die Organisationen in Anhang III (SBS, ANEC, ETUC und ECOS)
erneut auf, ihre Bemühungen fortzusetzen, um die Beteiligung der Interessengruppen zu gewährleisten und ihre Zusammenarbeit zu intensivieren, gegebenenfalls durch Anpassung ihrer internen Vorschriften und Verfahren.
Die Kommission beabsichtigt, die positiven Auswirkungen der Einbeziehung aller Akteure auf die Qualität der europäischen Normung sowie auf ihre Fähigkeit herauszustellen, Ergebnisse nach dem neuesten Stand der Technik zu liefern, mit deren Hilfe die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gesteigert werden kann und gleichzeitig den Bedürfnissen kleiner Unternehmen und der Zivilgesellschaft Rechnung getragen werden kann. Die Kommission wird daher die SBS, die kleine Unternehmen in der europäischen Normung vertritt, auffordern, konkrete Beispiele dafür zu liefern, wie die Einbeziehung der KMU in die Normung einen Mehrwert durch gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit schafft. Auch die Organisationen, die die Umweltinteressen und die Interessen von Verbrauchern und Arbeitnehmern im Bereich der Normung vertreten (ANEC, EGB und ECOS), sollten Beispiele anführen, aus denen hervorgeht, wie ihre Einbeziehung in die Normung Vorteile für die Gesellschaft im Allgemeinen verschafft. Solche Beispiele können Benchmarks und bewährte Verfahren umfassen, die anderen Einrichtungen als Leitlinien dienen können.
Darüber hinaus wäre es hilfreich, wenn die Organisationen in Anhang III die Verbindungen zu ihrer Basis in den verschiedenen Mitgliedstaaten verstärken und stärker herausstellen würden. Es ist wichtig, dass ihre nationalen Vertreter die Vorteile der Einbeziehung von Organisationen in Anhang III in die europäische Normung erkennen und die Legitimitätsbasis dieser Organisationen stärken.
Die europäischen Normungsorganisationen sollten auch Fälle melden, in denen die Einbeziehung von weniger vertretenen Interessengruppen, insbesondere von Organisationen in Anhang III, dem europäischen Normungssystem und seiner Arbeitsweise zugute gekommen ist.
Die Kommission wird die Integration und die damit verbundenen Herausforderungen im Rahmen ihres bilateralen Dialogs mit der Internationalen Organisation für Normung (ISO) und der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) fortsetzen.
4.3.Evaluierung der Verordnung
Artikel 24 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 zur europäischen Normung sieht vor, dass die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 31. Dezember 2015 und danach jeweils alle fünf Jahre einen Bericht über die Durchführung dieser Verordnung vorlegt.
In diesem Zusammenhang wird die Kommission 2019 eine unabhängige Überprüfung des europäischen Normungssystems vornehmen, um dessen Leistungsfähigkeit zu bewerten. Die unabhängige Überprüfung wird sich auf die Ergebnisse der gemeinsamen Normungsinitiative und möglicherweise auf die Ergebnisse der Studie über die Auswirkungen der Normung stützen.
4.4.Finanzierung der europäischen Normung
Die derzeitigen Partnerschaftsrahmenvereinbarungen mit CEN, CENELEC und ETSI, die den Rechtsrahmen für die Finanzierung der europäischen Normung durch die Union bilden, laufen im Dezember 2020 aus. Um die Verwaltungsarbeit für die europäischen Normungsorganisationen zu verringern und allen nationalen Normungsgremien die Möglichkeit zu geben, sich an der Entwicklung von Normen zu beteiligen, wird die Kommission potenzielle neue Maßnahmen zur Vereinfachung der Finanzierung der europäischen Normung prüfen, indem die Verwendung von Pauschalbeträgen auf alle Formen von Finanzhilfen ausgedehnt wird. Zur Berechnung der Einheitskosten und Pauschalbeträge wird die Kommission die europäischen Normungsorganisationen auffordern, ihre Methodik, Statistiken und Prüfbescheinigungen vorzulegen.
Darüber hinaus wird die Kommission im Hinblick auf die nächsten Partnerschaftsrahmenvereinbarungen, die sich an dem Zeitplan für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR 2021-2027) ausrichten, in Zusammenarbeit mit den europäischen Normungsorganisationen und den Organisationen in Anhang III die Möglichkeiten einer optimalen Definition der aktualisierten zentralen Leistungsindikatoren (Key Performance Indicators – KPI) sowie deren Umsetzung für ihre jeweiligen Maßnahmen prüfen. Die Verhandlungen über die nächsten Partnerschaftsrahmenvereinbarungen beginnen im Jahr 2019.
5.Umsetzung der Gemeinsamen Normungsinitiative
Die Gemeinsame Normungsinitiative ist in den Kontext der auf einvernehmlich vereinbarten Grundsätzen beruhenden Gemeinsamen Vision für die Europäische Normung eingebettet. Die im Juni 2016 eingerichtete, von den Interessenträgern vorangetriebene und von der Kommission unterstützte Initiative wird im Jahr 2019 grundsätzlich ihre Arbeit abschließen. Aus diesem Anlass wird die Kommission die erzielten Ergebnisse einer Analyse unterziehen. Dabei werden drei Kategorien unterschieden:
1. Sensibilisierung für das europäische Normungssystem und dessen Funktionsweise sowie relevante Weiterbildung;
2. Koordinierung, Zusammenarbeit, Transparenz und Integration;
3. Wettbewerbsfähigkeit und internationale Dimension.
5.1.Studie über die wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Auswirkungen der Normung
Normen leisten eine entscheidende, wenn auch manchmal weniger sichtbare Rolle bei der Förderung des Wirtschaftswachstums durch ihren Beitrag zur Förderung von Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit und Innovation und des gesellschaftlichen Wohlergehens. Ferner ist das Verständnis dafür, wie sich Normen in den Unternehmen und innerhalb ihrer Lieferketten auswirken, zu wenig ausgeprägt. Dies gilt auch für den öffentlichen Sektor, der sich nicht immer ausreichend dessen bewusst bzw. darüber informiert ist, wie sich die Nutzung von Normen im Rahmen seiner politischen Maßnahmen auswirkt.
Aus diesem Grunde bereitet die Kommission nach einer Aufforderung des Rates und im Einklang mit der Gemeinsamen Normungsinitiative eine Studie über die wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Auswirkungen der Normung in der EU vor. Das Ausschreibungsverfahren im Vorfeld des Studienbeginns ist für 2018 geplant und wird durch eine im Jahr 2017 eingeleitete Durchführbarkeitsstudie unterstützt.