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Document 52017IP0306
European Parliament resolution of 6 July 2017 on the 2016 Commission Report on Turkey (2016/2308(INI))
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Juli 2017 zu dem Bericht 2016 der Kommission über die Türkei (2016/2308(INI))
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Juli 2017 zu dem Bericht 2016 der Kommission über die Türkei (2016/2308(INI))
ABl. C 334 vom 19.9.2018, p. 128–136
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
19.9.2018 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 334/128 |
P8_TA(2017)0306
Bericht 2016 über die Türkei
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Juli 2017 zu dem Bericht 2016 der Kommission über die Türkei (2016/2308(INI))
(2018/C 334/14)
Das Europäische Parlament,
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unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen, insbesondere vom 24. November 2016 zu den Beziehungen zwischen der EU und der Türkei (1) und vom 27. Oktober 2016 zu der Lage der Journalisten in der Türkei (2), |
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unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. November 2014 zu Maßnahmen der Türkei, die Spannungen in der ausschließlichen Wirtschaftszone der Republik Zypern verursachen (3), und seine Entschließung vom 15. April 2015 zu dem 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern (4), |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 9. November 2016 an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die EU-Erweiterungspolitik (COM(2016)0715) und auf den Bericht 2016 über die Türkei (SWD(2016)0366), |
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unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 13. Dezember 2016 und auf frühere einschlägige Schlussfolgerungen des Rates und des Europäischen Rates, |
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unter Hinweis auf den Verhandlungsrahmen für die Türkei und insbesondere Absatz 5 der Verhandlungsgrundsätze vom 3. Oktober 2005, |
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unter Hinweis auf den Beschluss 2008/157/EG des Rates vom 18. Februar 2008 über die Grundsätze, Prioritäten und Bedingungen der Beitrittspartnerschaft mit der Republik Türkei (5) („Beitrittspartnerschaft“) sowie auf die vorangegangenen Beschlüsse des Rates aus den Jahren 2001, 2003 und 2006 über die Beitrittspartnerschaft, |
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unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung im Anschluss an das Gipfeltreffen zwischen der EU und der Türkei vom 29. November 2015 und auf den gemeinsamen Aktionsplan EU–Türkei, |
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unter Hinweis auf die Erklärung der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten vom 21. September 2005, die unter anderem besagt, dass die Anerkennung sämtlicher Mitgliedstaaten notwendiger Bestandteil der Verhandlungen ist und dass die Türkei das Zusatzprotokoll zum Abkommen von Ankara in Bezug auf alle Mitgliedstaaten vollständig und wirksam umsetzen muss, indem sie alle Hindernisse für den freien Warenverkehr ohne Vorurteil und Diskriminierung beseitigt, |
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gestützt auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, |
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unter Hinweis auf Artikel 46 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), gemäß dem die Vertragsparteien verpflichtet sind, in allen Rechtssachen, bei denen sie Partei sind, die endgültigen Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu befolgen und umzusetzen, |
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unter Hinweis auf die Stellungnahmen der Venedig-Kommission des Europarats, insbesondere vom 10./11. März 2017 zu den Änderungen der Verfassung, die Gegenstand eines landesweiten Referendums sein sollten, zu den Maßnahmen, die in den aktuellen Notstandsdekreten in Bezug auf die Freiheit der Medien und in Bezug auf die Pflichten, Zuständigkeiten und Arbeitsweise strafrechtlicher Friedensgerichte vorgesehen sind, vom 9./10. Dezember 2016 zu den Notstandsdekreten Nr. 667–676, die nach dem gescheiterten Putsch vom 15. Juli 2016 verabschiedet wurden, und vom 14./15. Oktober 2016 zur Aussetzung von Artikel 83 Absatz 2 der Verfassung (parlamentarische Unverletzlichkeit), |
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unter Hinweis auf die Erklärung des Menschenrechtskommissars des Europarats vom 26. Juli 2016 zu den Maßnahmen, die in der Türkei im Rahmen des Notstands ergriffen wurden, |
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unter Hinweis auf die Erklärung EU–Türkei vom 18. März 2016, |
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unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 2. März 2017 über den ersten Jahresbericht über die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei (COM(2017)0130) und auf den fünften Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den Rat vom 2. März 2017 über die Fortschritte bei der Umsetzung der Erklärung EU-Türkei (COM(2017)0204), |
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unter Hinweis darauf, dass sich die Türkei zur Erfüllung der Kopenhagener Kriterien, zu hinreichenden und wirksamen Reformen, zur Pflege gutnachbarschaftlicher Beziehungen und zu einer allmählichen Annäherung an die EU verpflichtet hat, und unter Hinweis darauf, dass diese Anstrengungen als eine Chance für die Türkei hätten gesehen werden sollen, ihre Institutionen zu stärken und ihren Demokratisierungs- und Modernisierungsprozess fortzuführen, |
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unter Hinweis auf die Empfehlung der Kommission vom 21. Dezember 2016 für einen Beschluss des Rates zur Genehmigung der Aufnahme von Verhandlungen mit der Türkei über eine Vereinbarung über die Ausweitung des Umfangs der bilateralen präferenziellen Handelsbeziehungen und über die Modernisierung der Zollunion, |
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unter Hinweis auf die Tatsache, dass die Achtung der Rechtsstaatlichkeit, darunter insbesondere Gewaltenteilung, Demokratie, Freiheit der Meinungsäußerung und der Medien, Menschenrechte, Rechte von Minderheiten und Religionsfreiheit, Vereinigungsfreiheit und das Recht auf friedlichen Protest, im Einklang mit den Kopenhagener Kriterien für den Beitritt zur Europäischen Union in den Verhandlungen von zentraler Bedeutung ist, |
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unter Hinweis auf die Tatsache, dass die Türkei auf der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit, die am 26. April 2017 veröffentlicht wurde, mit Rang 155 ihren bisher niedrigsten Rang belegt und damit zu den Ländern gezählt wird, in denen Journalisten den meisten Bedrohungen, physischen Übergriffen und gerichtlichen Schikanen, einschließlich Festnahmen und Gefängnisstrafen, ausgesetzt waren, |
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unter Hinweis darauf, dass das Parlament die Kommission und die Mitgliedstaaten im November 2016 aufgefordert hat, die laufenden Beitrittsverhandlungen mit der Türkei vorübergehend auszusetzen, und sich verpflichtet hat, seinen Standpunkt zu überprüfen, sobald die unverhältnismäßigen Maßnahmen im Rahmen des Notstands in der Türkei aufgehoben wurden, wobei die Überprüfung darauf basiert, ob die Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte im ganzen Land wiederhergestellt wurden, |
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unter Hinweis auf die Krise in Syrien, die Bemühungen im Hinblick auf einen Waffenstillstand und eine friedliche Einigung und die Verpflichtungen der Türkei, durch intensive Bemühungen Stabilität und gutnachbarschaftliche Beziehungen zu fördern, um offene bilaterale Fragen, Streitfälle und Konflikte mit den Nachbarländern über Land- und Seegrenzen und Luftraum im Einklang mit internationalen Übereinkommen, einschließlich dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen und der Charta der Vereinten Nationen, beizulegen, |
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unter Hinweis auf das Engagement Russlands in Syrien, einschließlich der Unterstützung des Einsatzes von chemischen Waffen durch das syrische Militär, wodurch das Land weiter destabilisiert wird und die Zahl der Flüchtlinge, die in der Türkei oder der EU Schutz suchen, steigt, |
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unter Hinweis auf die Sicherheitslage der Türkei, die sich sowohl intern als auch extern verschlechtert hat, und auf die terroristischen Anschläge, die in dem Land begangen wurden, |
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unter Hinweis auf die Tatsache, dass die Türkei weltweit die größte Flüchtlingsbevölkerung aufgenommen hat, nach Angaben des Amts des Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) beinahe 3 Millionen registrierte Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak und Afghanistan, |
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unter Hinweis auf die wirtschaftliche und finanzielle Lage in der Türkei, die zum Teil Folge der kürzlichen Anschlagswelle und der politischen Instabilität ist, aber auch aus tiefer liegenden Problemen in der Wirtschaft resultiert, |
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unter Hinweis auf den Bericht des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) von Februar 2017 mit dem Titel „Die Menschenrechtslage im Südosten der Türkei“, |
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unter Hinweis auf die Tatsache, dass die Türkei der großen Zahl der im Land lebenden Flüchtlinge eine bewundernswerte Gastfreundschaft entgegenbringt, |
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unter Hinweis auf die Erklärung der internationalen Referendumsbeobachtungsmission vom 17. April 2017 über vorläufige Erkenntnisse und Schlussfolgerungen, |
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unter Hinweis auf die Resolution 2156 der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE) vom 25. April 2017 mit dem Titel „Die Funktionsweise der demokratischen Institutionen in der Türkei“, die zu einer Wiederaufnahme des Monitoring-Verfahrens geführt hat, |
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gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung, |
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unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A8-0234/2017), |
A. |
in der Erwägung, dass Millionen von türkischen und türkischstämmigen Menschen seit Jahrzehnten in den Mitgliedstaaten der EU leben und zu ihrem Wohlstand beitragen; |
Einleitung
1. |
hebt hervor, dass 2016 aufgrund des anhaltenden Kriegs in Syrien, der hohen Anzahl von Flüchtlingen, des Konflikts im Südosten des Landes, einer Reihe abscheulicher Terroranschläge und eines gewaltsamen Putschversuchs, bei dem 248 Menschen getötet wurden, ein schwieriges Jahr für die türkische Bevölkerung war; bekräftigt, dass es den Putschversuch vom 15. Juli 2016 aufs Schärfste verurteilt, und bringt seine Solidarität mit dem türkischen Volk zum Ausdruck; erkennt das Recht und die Verantwortung der türkischen Regierung an, Maßnahmen zu ergreifen, um die Täter vor Gericht zu stellen, wobei die Achtung der Rechtsstaatlichkeit und des Rechts auf ein faires Verfahren garantiert werden müssen; |
2. |
betont jedoch, dass die im Rahmen des Notstands ergriffenen Maßnahmen umfassende, unverhältnismäßige und lang anhaltende negative Auswirkungen auf eine große Anzahl von Bürgern und auf den Schutz der Grundrechte im Land haben; verurteilt die Massenentlassungen von Beamten und Polizisten, die Massenliquidierung von Medien, die Verhaftungen von Journalisten, Wissenschaftlern, Richtern, Menschenrechtsverteidigern, gewählten und nicht gewählten Amtsträgern, Mitgliedern der Sicherheitsdienste und gewöhnlichen Bürgern und die Beschlagnahmung ihres Eigentums und Vermögens und ihrer Pässe, die Schließung vieler Schulen und Universitäten und das gegen Tausende türkischer Bürger auf der Grundlage der Notstandsdekrete ohne individuelle Entscheidungen und ohne die Möglichkeit einer zeitnahen juristischen Überprüfung verhängte Reiseverbot; ist besorgt über die Beschlagnahmung und in einigen Fällen die Verstaatlichung von türkischen privaten Betrieben und Unternehmen; fordert die unverzügliche und bedingungslose Freilassung aller Häftlinge, die ohne Beweise für eine persönliche Beteiligung an einer Straftat festgehalten werden; bedauert in diesem Zusammenhang, dass die legislativen Vorrechte des Parlaments nachhaltig untergraben wurden; |
3. |
hebt hervor, dass gute Beziehungen zwischen der EU und der Türkei von strategischer Bedeutung sind und eine Zusammenarbeit zwischen ihnen bei der Bewältigung der Herausforderungen, mit denen beide Seiten konfrontiert sind, einen hohen Mehrwert mit sich bringt; erkennt an, dass sowohl die Türkei als auch die EU seit dem Beginn der Beitrittsverhandlungen 2004 ihre eigenen Prozesse der internen Transformation durchlaufen haben; bedauert, dass die Beitrittsinstrumente nicht so umfassend wie möglich genutzt wurden, dass es in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, die im Mittelpunkt der Kopenhagener Kriterien stehen, Rückschritte gegeben hat, und dass die öffentliche Unterstützung für die vollständige Integration der Türkei in die EU im Laufe der Jahre auf beiden Seiten abgenommen hat; engagiert sich weiterhin dafür, mit der türkischen Regierung zusammenzuarbeiten und einen konstruktiven und offenen Dialog mit ihr zu unterhalten, um die gemeinsamen Herausforderungen und die gemeinsamen Prioritäten, wie die Stabilität in der Region, die Lage in Syrien oder die Themen Migration und Sicherheit anzugehen; |
4. |
nimmt das Ergebnis des Referendums zur Kenntnis, das am 16. April 2017 unter den Bedingungen des Notstands und unter Umständen, die einen fairen Wahlkampf und eine informierte Entscheidung unmöglich gemacht haben, durchgeführt wurde, da die beiden Seiten des Wahlkampfs bezüglich ihrer Möglichkeiten nicht gleichberechtigt waren und die Rechte der Gegner der Verfassungsänderung verletzt wurden; ist ernsthaft besorgt über den Vorwurf von Unregelmäßigkeiten und weit verbreitetem Wahlbetrug, der in den Erkenntnissen der Beobachtungsmission des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (BDIMR der OECD) vom 17. April 2017 festgestellt wurde, die schwerwiegende Bedenken bezüglich der Validität und Legitimität des Ergebnisses erhoben hat; befürwortet eine unabhängige Untersuchung aller Behauptungen in Bezug auf die in der Erklärung des BDIMR der OECD genannten Unregelmäßigkeiten; nimmt die Entscheidung der PACE zur Kenntnis, das Monitoring-Verfahren gegen die Türkei wiederaufzunehmen; |
5. |
weist darauf hin, dass die Türkei ihre Verpflichtungen als Mitglied des Europarats erfüllen muss; fordert die Türkei auf, ihre Verpflichtungen im Rahmen des Europarats weiterhin zu erfüllen und Änderungen der Verfassung und des Rechtssystems sowie Reformen in Zusammenarbeit mit und entsprechend den Kriterien der Venedig-Kommission umzusetzen; |
6. |
verurteilt aufs Schärfste, dass sich der türkische Präsident und verschiedene andere Politiker mehrfach für die Wiedereinführung der Todesstrafe ausgesprochen haben; weist darauf hin, dass die vorbehaltlose Ablehnung der Todesstrafe eine wesentliche Voraussetzung für die EU-Mitgliedschaft ist, und betont, dass eine Wiedereinführung der Todesstrafe einen Verstoß gegen die internationalen Verpflichtungen der Türkei darstellen würde, die Mitgliedschaft der Türkei im Europarat in Frage stellen würde und zu einer sofortigen Beendigung der EU-Beitrittsgespräche und der Heranführungshilfe führen würde; betont, dass die Mitgliedstaaten, falls in der Türkei ein Referendum zur Wiedereinführung der Todesstrafe organisiert wird, das Recht haben, eine Durchführung dieser Abstimmung in ihren jeweiligen Ländern zu verweigern; |
7. |
weist erneut auf seinen Standpunkt vom November 2016 hin, gemäß dem der Beitrittsprozess mit der Türkei ausgesetzt werden sollte; |
8. |
fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, im Einklang mit dem Verhandlungsrahmen die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei unverzüglich offiziell auszusetzen, wenn das Paket zur Verfassung unverändert umgesetzt wird; betont unter Berücksichtigung der Bemerkungen der Venedig-Kommission über die Verfassungsreform, dass die vorgeschlagenen Verfassungsänderungen nicht den Grundsätzen der Gewaltenteilung entsprechen, keine ausreichende gegenseitige Kontrolle vorsehen und nicht mit den Kopenhagener Kriterien im Einklang stehen; fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Türkei auf, eine offene und ehrliche Diskussion über die Bereiche von beiderseitigem Interesse abzuhalten, in denen eine intensivere Zusammenarbeit möglich wäre; betont, dass jegliche politischen Beziehungen zwischen der EU und der Türkei auf Auflagen bezüglich der Achtung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte basieren sollten; |
Menschenrechte und Grundfreiheiten
9. |
stellt mit Bedauern fest, dass die nach der Erklärung des Notstands ergriffenen unverhältnismäßigen Maßnahmen — unter anderem Festnahmen, Entlassungen, Inhaftierungen und Beschlagnahmung von Eigentum — nicht nur auf Tausende von Menschen abzielten, die mutmaßliche Mitglieder/Unterstützer der Gülen-Bewegung sind, sondern auch auf Andersdenkende im Allgemeinen und politische Oppositionsparteien im Besonderen; wartet immer noch darauf, dass stichhaltige Beweise bezüglich der Urheber des Putschversuchs vorgelegt werden; verurteilt aufs Schärfste die Inhaftierung von 11 Abgeordneten der Demokratischen Volkspartei (HDP), darunter ihre stellvertretenden Vorsitzenden Figen Yuksekdag und Selahattin Demirtas, eines Abgeordneten der Republikanischen Volkspartei (CHP) und von 85 kurdischen Bürgermeistern; fordert die türkische Regierung mit Nachdruck auf, den Notstand unverzüglich aufzuheben; warnt davor, Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung als Legitimation für die Unterdrückung der Menschenrechte zu missbrauchen; fordert den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) auf, unverzüglich die ersten Präzedenzfälle zuzulassen und die ersten Verfahren baldmöglichst zum Abschluss zu bringen, da es offenbar keine wirksamen nationalen Rechtsbehelfe gibt; |
10. |
fordert die türkischen Behörden auf, die Anschuldigungen bezüglich der schweren Misshandlung von Gefangenen, die von mehreren Menschenrechtsorganisationen erhoben wurden, eingehend zu untersuchen, und fordert, dass die für Menschenrechtsverletzungen Verantwortlichen uneingeschränkt zur Verantwortung gezogen und bestraft werden; erklärt sich zutiefst besorgt über die Haftbedingungen; fordert, dass die jüngsten Berichte des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe des Europarats unverzüglich veröffentlicht werden, und fordert die türkischen Regierungsstellen dringend auf, nationalen und internationalen Beobachtern die Überwachung von Hafteinrichtungen zu erlauben; |
11. |
fordert die türkische Regierung auf, allen Personen, die restriktiven Maßnahmen unterliegen, im Einklang mit der Rechtsstaatlichkeit angemessene und wirksame Rechtsbehelfe und gerichtliche Überprüfungen zu ermöglichen; betont, dass die Unschuldsvermutung ein Grundprinzip eines verfassungsmäßigen Staates ist; stellt fest, dass im Rahmen des andauernden Ausnahmezustands in der Türkei festgenommene Bürger in den ersten fünf Tagen ihrer Inhaftierung kein Recht auf einen Rechtsbeistand haben, und bedauert, dass Inhaftierten der Zugang zu Anwälten stark erschwert wird; hebt hervor, dass seit Juli 2016 mehr als 100 000 Beschwerden beim türkischen Verfassungsgericht eingegangen sind, das sich selbst für Angelegenheiten, die die Notstandsdekrete betreffen, für nicht zuständig erklärt hat; fordert die Türkei auf, die „Untersuchungskommission zu Notstandsverfahren“ unverzüglich dahingehend zu ändern, dass sie zu einer robusten, unabhängigen und mit einem vollständigen Mandat ausgestatteten Kommission wird, die in der Lage ist, alle Fälle individuell zu behandeln, die enorme Anzahl von Anträgen, die sie erhalten wird, wirksam zu bearbeiten und sicherzustellen, dass die juristische Überprüfung nicht unangemessen verzögert wird; |
12. |
verurteilt entschieden die ernstzunehmenden Rückschritte, die Verstöße gegen die Freiheit der Meinungsäußerung und die schwerwiegenden Verletzungen der Freiheit der Medien, darunter die unverhältnismäßigen Verbote von Medienwebsites und sozialen Medien; nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass etwa 170 Medien — darunter fast alle kurdischsprachigen Medien — geschlossen und mehr als 150 Journalisten inhaftiert wurden; betont, dass die Entscheidung der Türkei, den Zugang zu Wikipedia zu sperren, einen schwerwiegenden Angriff auf die Informationsfreiheit darstellt; nimmt zur Kenntnis, dass sich die Position der Türkei auf der von der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ erstellten Rangliste der Pressefreiheit beständig verschlechtert und dass sie nun auf Rang 155 von 180 Ländern steht; weist erneut darauf hin, dass eine freie und pluralistische Presse, einschließlich eines freien und offenen Zugangs zum Internet, ein wesentlicher Bestandteil jeder Demokratie ist, und fordert die türkische Regierung auf, alle unrechtmäßig verhafteten Journalisten unverzüglich freizulassen; fordert die türkische Regierung auf, dem ehemaligen MdEP und Vorsitzenden des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses Joost Lagendijk zu gestatten, zu seiner Familie in die Türkei zurückzukehren; |
13. |
zeigt sich ernsthaft besorgt angesichts der beständig schlechter werdenden Lage im Südosten der Türkei, insbesondere in den Gebieten, in denen Sperrstunden verhängt wurden, übermäßige Gewalt angewandt wurde und Einwohner kollektiv bestraft wurden und wo Berichten zufolge etwa 2 000 Menschen im Zusammenhang mit Sicherheitseinsätzen getötet wurden und zwischen Juli 2015 und Dezember 2016 schätzungsweise eine halbe Million Menschen vertrieben wurde; stellt fest, dass sich die örtlichen Staatsanwälte beständig geweigert haben, Untersuchungen der mutmaßlichen Tötungen einzuleiten, und dass unabhängigen Beobachtern der Zugang zu dem Gebiet verweigert wurde; weist erneut darauf hin, dass die türkische Regierung dafür verantwortlich ist, alle ihre Bürger unabhängig von ihrer kulturellen oder religiösen Herkunft oder ihren Ansichten zu schützen; bedauert die weitverbreiteten Enteignungen, auch von Eigentum von Gemeinden und Kirchen, durch die die Rechte religiöser Minderheiten verletzt werden; ist davon überzeugt, dass nur eine faire politische Beilegung der Kurdenfrage nachhaltige Stabilität und Wohlstand sowohl für die Region als auch für die Türkei insgesamt bringen kann, und fordert daher beide Seiten auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren; stellt fest, dass eine Reihe von Gesetzen, darunter das 2016 angenommene Gesetz Nr. 6722 über den rechtlichen Schutz von Sicherheitskräften, die am Kampf gegen terroristische Vereinigungen beteiligt sind, eine Atmosphäre der „systematischen Straflosigkeit“ für die Sicherheitskräfte geschaffen hat; |
14. |
verurteilt den Beschluss des türkischen Parlaments, die Immunität einer großen Anzahl von Abgeordneten, darunter 55 von 59 Abgeordneten der HDP, auf verfassungswidrige Weise aufzuheben, wodurch der Weg für die Verhaftung von Oppositionspolitikern bereitet und das Ansehen des Parlaments als demokratische Institution ernsthaft beschädigt wurde; betont, dass die Große Nationalversammlung der Türkei die zentrale Institution der türkischen Demokratie sein und alle Bürger gleichermaßen repräsentieren sollte; bedauert die hohe Sperrklausel; |
15. |
ist beunruhigt darüber, dass Richter und Staatsanwälte immer noch unter starken politischen Druck geraten und dass ganze 4 000, das heißt beinahe ein Viertel aller Richter und Staatsanwälte, entlassen oder verhaftet wurden und in einigen Fällen ihr Eigentum beschlagnahmt wurde; fordert die Türkei auf, alle rechtlichen Garantien wiederherzustellen und umzusetzen, um die vollständige Achtung der Unabhängigkeit der Justiz sicherzustellen, unter anderem durch die Änderung des Gesetzes über den Hohen Rat der Richter und Staatsanwälte (HSYK), damit der Einfluss der Exekutive innerhalb dieses Rates verringert wird; ist insbesondere beunruhigt darüber, dass die Institution der „strafrechtlichen Friedensrichter“, die im Juni 2014 durch die amtierende Regierung geschaffen wurde, offenbar zu einem Instrument der Schikanierung geworden ist, um die Opposition zu unterdrücken, und dass sie die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehenden Informationen kontrollieren; |
16. |
ist ernsthaft besorgt über die mangelnde Achtung der Religionsfreiheit, die Diskriminierung gegen religiöse Minderheiten, darunter Christen und Aleviten, sowie über Gewalt aus religiösen Gründen, einschließlich verbalen und körperlichen Angriffen, Stigmatisierung und sozialem Druck in Schulen sowie Problemen, wenn es darum geht, rechtmäßig einen Platz für Gottesdienste einrichten zu können; fordert die türkischen Regierungsstellen auf, positive und wirksame Reformen im Bereich der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit zu fördern, indem es Religionsgemeinschaften ermöglicht wird, Rechtspersönlichkeit zu erlangen, indem gemeinnützigen Stiftungen gestattet wird, ihre Leitungsgremien zu wählen, indem sämtliche Beschränkungen bei der Ausbildung, Ernennung und Nachfolge von Geistlichen aufgehoben werden, indem die einschlägigen Urteile des EGMR und die Empfehlungen der Venedig-Kommission befolgt werden und indem alle Formen der Diskriminierung und Benachteiligung aufgrund der Religion beseitigt werden; fordert die Türkei auf, den besonderen Charakter und die Bedeutung des Ökumenischen Patriarchats zu achten und dessen Rechtspersönlichkeit anzuerkennen; weist erneut darauf hin, dass die Wiedereröffnung des Seminars von Chalki erlaubt werden muss und alle Hindernisse für einen reibungslosen Seminarbetrieb beseitigt werden müssen; ist besorgt angesichts der Enteignung der Kirchen in der Region Diyarbakir; fordert die Regierung nachdrücklich auf, sie ihren rechtmäßigen Eigentümern zurückzugeben; fordert die türkischen Behörden nachdrücklich auf, sämtliche Erscheinungsformen des Antisemitismus in der Gesellschaft zu bekämpfen; |
17. |
fordert die Türkei auf, die Rechte der schutzbedürftigsten Gruppen und der Angehörigen von Minderheiten zu schützen; bedauert, dass die LGBTI-Märsche in Ankara und Istanbul im dritten Jahr in Folge verboten wurden und Gegenstand von Unterdrückung und Polizeigewalt waren; ist zutiefst beunruhigt über geschlechtsspezifische Gewalt, Diskriminierung, Hassreden gegen Minderheiten, Hassverbrechen und Verletzungen der Menschenrechte von LGBTI-Personen; fordert die Türkei auf, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um Hassreden oder Straftaten gegen Minderheiten zu verhindern und zu ahnden; fordert die Türkei auf, ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften an das Übereinkommen von Istanbul des Europarats, das sie 2014 ratifiziert hat, anzupassen; begrüßt die nationale Strategie und den Aktionsplan der Regierung für Roma und fordert die türkische Regierung auf, mit der Umsetzung der Strategie zu beginnen und einen Überwachungs- und Bewertungsmechanismus einzurichten; legt den Behörden nahe, die wesentlichen Hindernisse für die soziale Inklusion der Roma anzugehen; fordert die Türkei auf, für eine vollständige Gleichberechtigung aller Bürger zu sorgen und die Probleme der Angehörigen von Minderheiten insbesondere in Bezug auf Bildung und Eigentumsrechte zu lösen; stellt fest, dass entsprechend den Kopenhagener Kriterien Minderheiten an öffentlichen Schulen auch das Recht auf Bildung in ihrer Muttersprache haben sollten; weist erneut darauf hin, dass die Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarats zu Imbros und Tenedos umgesetzt werden muss, und fordert die Türkei auf, Minderheiten angehörende Familien, die auf die Inseln zurückkehren möchten, zu unterstützen; begrüßt, dass die Schule für die griechische Minderheit auf der Insel Imbros eröffnet wurde, was ein positiver Schritt ist; |
18. |
fordert die Regierung der Türkei auf, die rechtlichen Verpflichtungen, die sie in Bezug auf den Schutz des kulturellen Erbes eingegangen ist, zu achten und uneingeschränkt umzusetzen, und insbesondere nach Treu und Glauben eine integrierte Bestandsaufnahme des griechischen, armenischen und assyrischen sowie sonstigen kulturellen Erbes vorzunehmen, das im Laufe des letzten Jahrhunderts zerstört wurde oder verfallen ist; fordert die Türkei auf, das Übereinkommen der UNESCO zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen aus dem Jahr 2005 zu ratifizieren; fordert die Türkei auf, bei der Verhinderung und Bekämpfung des illegalen Handels und der vorsätzlichen Zerstörung kulturellen Erbes mit den einschlägigen internationalen Organisationen zusammenzuarbeiten, insbesondere mit dem Europarat; |
19. |
begrüßt die Schritte einzelner Mitgliedstaaten, die Asylverfahren für türkische Staatsbürger, die aufgrund der Notstandsdekrete verfolgt werden, zu beschleunigen; |
Beziehungen zwischen der EU und der Türkei
20. |
fordert eine Vertiefung der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei in wichtigen Bereichen von gemeinsamem Interesse wie Terrorismusbekämpfung, Migration, Energie, Wirtschaft und Handel, und bekräftigt, dass der Dialog und die Zusammenarbeit erhalten und gefördert werden sollten; ist der Überzeugung, dass die Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei in diesen Bereichen eine Investition in die Stabilität und den Wohlstand sowohl der Türkei als auch der EU darstellt, sofern beide Seiten ihren Verpflichtungen in Bezug auf Grundrechte und Grundfreiheiten nachkommen; ist der Überzeugung, dass eine Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern der Zivilgesellschaft von entscheidender Bedeutung ist, und fordert nachdrücklich dazu auf, diese Kontakte zu intensivieren; |
21. |
fordert die Türkei auf, ihre Außenpolitik weiter an die der EU anzugleichen; fordert eine engere Zusammenarbeit und Koordinierung im Hinblick auf die außenpolitischen Herausforderungen zwischen der EU und der Türkei; ist der Ansicht, dass der türkische Außenminister auf Einzelfallbasis zur Teilnahme an Sitzungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) eingeladen werden sollte, wenn dies zweckdienlich ist; empfiehlt, dass der Rat die türkische Regierung zu einem Gipfeltreffen einlädt, um über die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei zu sprechen; |
22. |
ist der Ansicht, dass eine Stärkung der Handelsbeziehungen konkrete Vorteile für die Bürger in der Türkei und der EU bringen könnte, und unterstützt daher angesichts der derzeitigen Defizite der Zollunion den Vorschlag der Kommission, Verhandlungen über die Aktualisierung der Zollunion aufzunehmen; bekräftigt, dass die EU der wichtigste Handelspartner der Türkei ist und dass zwei Drittel der ausländischen Direktinvestitionen in der Türkei aus EU-Mitgliedstaaten stammen; unterstreicht ebenso die wirtschaftliche Bedeutung der Türkei als Wachstumsmarkt für die EU; sieht die Einbeziehung der Sozialpartner in die Verhandlungen als entscheidend an; fordert die Kommission auf, eine Klausel über die Menschenrechte und die Grundfreiheiten in die verbesserte Zollunion zwischen der Türkei und der EU aufzunehmen, sodass die Menschenrechte und die Grundfreiheiten dabei zu einer Schlüsselvoraussetzung werden; weist darauf hin, dass die Zollunion ihr vollständiges Potenzial nur dann ausschöpfen kann, wenn die Türkei das Zusatzprotokoll gegenüber allen Mitgliedstaaten vollständig umsetzt; nimmt die Schlussfolgerung der Kommission zur Kenntnis, dass es für eine weitere Integration des Handels mit der EU förderlich wäre, wenn die Türkei die Hindernisse für die Funktionsfähigkeit der Zollunion beseitigt; |
23. |
stellt fest, dass die Visaliberalisierung für die türkische Bevölkerung, insbesondere für Geschäftsleute und für türkischstämmige Menschen in der EU, von zentraler Bedeutung ist und die Kontakte zwischen den Menschen verbessern wird; hält die türkische Regierung an, die verbleibenden noch offenen Kriterien zu erfüllen, die im Fahrplan für die Visaliberalisierung festgelegt sind; betont, dass die Überarbeitung ihrer Rechtsvorschriften zur Terrorismusbekämpfung eine zentrale Voraussetzung für die Sicherung der Grundrechte und Grundfreiheiten ist und dass eine Visaliberalisierung erst möglich ist, wenn alle Kriterien erfüllt wurden; |
24. |
betont, wie wichtig die Korruptionsbekämpfung ist, und weist erneut auf die Feststellungen der Kommission hin, dass die Korruption in vielen Bereichen weiterhin weit verbreitet ist und noch immer ein ernsthaftes Problem darstellt; ist besorgt darüber, dass die Erfolgsbilanz bei den Ermittlungen sowie der Strafverfolgung und Verurteilung in Korruptionsfällen auf hoher Ebene weiterhin unzulänglich ist; |
25. |
fordert die Kommission auf, die aktuellen Entwicklungen in der Türkei bei der Halbzeitüberprüfung der Mittel des Instruments für Heranführungshilfe 2017 zu berücksichtigen und die Mittel für Heranführungshilfe auszusetzen, wenn die Beitrittsverhandlungen ausgesetzt werden sollten; fordert die Kommission auf, diese Mittel — wenn der beschriebene Fall eintreten sollte — zu nutzen, um die türkische Zivilgesellschaft und Flüchtlinge in der Türkei unmittelbar zu unterstützen und mehr in Austauschprogramme zwischen Menschen, etwa Erasmus+ für Studenten, Wissenschaftler und Journalisten, zu investieren; |
26. |
verurteilt aufs Schärfste alle in der Türkei begangenen Terroranschläge und steht der türkischen Bevölkerung bei unserem gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus entschlossen zur Seite; nimmt die bilateralen Beziehungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten und der Türkei im Bereich der Zusammenarbeit zur Terrorismusbekämpfung bezüglich der „ausländischen Kämpfer“ zur Kenntnis; betont, dass eine intensive Zusammenarbeit zwischen Europol und den türkischen Strafverfolgungsbehörden von grundlegender Bedeutung für eine wirksame Bekämpfung des Terrorismus ist; verurteilt erneut, dass die kurdische Arbeiterpartei (PKK), die seit 2002 auf der EU-Liste terroristischer Vereinigungen steht, wieder Gewalttaten verübt, und fordert sie nachdrücklich auf, die Waffen niederzulegen und friedliche und rechtmäßige Mittel zu nutzen, um ihren Erwartungen Ausdruck zu verleihen; betont, dass eine friedliche Lösung der Kurdenfrage auch für die demokratische Zukunft der Türkei erforderlich ist und nur erzielt werden kann, wenn alle betroffenen Parteien und demokratischen Kräfte einbezogen werden; fordert eine Wiederaufnahme der Verhandlungen im Hinblick auf eine umfassende und nachhaltige Lösung der Kurdenfrage; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Rechtsvorschriften durchzusetzen, nach denen die Nutzung von Zeichen und Symbolen von Vereinigungen, die auf der EU-Liste terroristischer Vereinigungen stehen, verboten ist; |
27. |
bedauert die Entscheidung der türkischen Regierung, deutschen Bundestagsabgeordneten den Besuch der deutschen Bundeswehrtruppen in Incirlik zu verweigern, was bedeutet, dass sie jetzt in ein nicht der NATO angehöriges Land verlegt werden, was einen herben Rückschlag für die effektive Zusammenarbeit zwischen den Alliierten der NATO bei der Terrorismusbekämpfung darstellt; |
28. |
lobt die Bemühungen der türkischen Regierung und der nichtstaatlichen Organisationen vor Ort sowie die Gastfreundschaft der Bevölkerung, die in der Aufnahme von etwa 3 Millionen Flüchtlingen zum Ausdruck kommen; nimmt die Erklärung EU-Türkei zu Migration zur Kenntnis, und fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die freiwillige Neuansiedlungsregelung für die schutzbedürftigsten Flüchtlinge in der Türkei umzusetzen; fordert die Kommission auf, für langfristige Investitionen sowohl in Flüchtlinge als auch in ihre Aufnahmegemeinschaften in der Türkei sowie für einen angemessenen Einsatz der Finanzmittel zu sorgen; legt der türkischen Regierung nahe, allen syrischen Flüchtlingen Arbeitsgenehmigungen zu erteilen und ihnen Zugang zu Gesundheitsversorgung und den syrischen Kindern Zugang zu Bildung zu ermöglichen; fordert Ankara und die EU auf, ihre koordinierten Patrouillenbemühungen in der Ägäis fortzusetzen, ihre Anstrengungen zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität zu verstärken und das Rückübernahmeabkommen EU-Türkei sowie die bilateralen Rückübernahmeabkommen mit Bulgarien und Griechenland vollständig und wirksam umzusetzen; |
29. |
verurteilt entschieden die Erklärungen von Präsident Erdoğan, in denen einigen Staats- und Regierungschefs der EU „Nazi-Methoden“ vorgeworfen wurden sowie ihre Bürger als „Nazis“ bezeichnet wurden; weist darauf hin, dass die Glaubwürdigkeit der Türkei als politischer Partner durch die Fortsetzung solcher ungerechtfertigten Erklärungen untergraben wird und dass der Export ihrer internen Konflikte eine ernsthafte Bedrohung für die friedliche Koexistenz innerhalb der Gesellschaft in EU-Mitgliedstaaten mit einer bedeutenden türkischstämmigen Gemeinschaft darstellt; betont, dass die türkische Regierung von systematischen Bemühungen Abstand nehmen muss, die türkische Diaspora in den Mitgliedstaaten für ihre eigenen Zwecke zu mobilisieren; nimmt mit Besorgnis die Berichte zur Kenntnis, denen zufolge auf in den Mitgliedstaaten lebende Mitglieder der türkischen Diaspora Druck ausgeübt wird, und verurteilt die Überwachung von im Ausland lebenden Bürgern mit doppelter Staatsangehörigkeit durch die türkischen Behörden; ist beunruhigt darüber, dass eine große Anzahl von Pässen für ungültig erklärt wurde, sodass Menschen unter Verletzung des VN-Übereinkommens von 1954 über die Rechtsstellung der Staatenlosen und des VN-Übereinkommens von 1961 zur Verminderung der Staatenlosigkeit staatenlos geworden sind, und dass türkische Konsulate Berichten zufolge einigen ihrer Bürger Leistungen verwehrt haben; |
30. |
bekräftigt die Bedeutung gutnachbarschaftlicher Beziehungen; fordert die Türkei in diesem Zusammenhang auf, sich gemäß der Charta der Vereinten Nationen und dem Völkerrecht stärker um die Klärung offener bilateraler Fragen, einschließlich ungeklärter rechtlicher Verpflichtungen und Streitigkeiten mit ihren unmittelbaren Nachbarn um Land- und Seegrenzen sowie den Luftraum zu bemühen; fordert die türkische Regierung auf, das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen zu unterzeichnen und zu ratifizieren; fordert die türkische Regierung nachdrücklich auf, die wiederholten Verletzungen des griechischen Luftraums und der griechischen Hoheitsgewässer zu beenden und die territoriale Integrität und Souveränität all ihrer Nachbarländer zu achten; bedauert, dass die Casus-Belli-Drohung der Großen Nationalversammlung der Türkei gegen Griechenland noch immer nicht zurückgezogen wurde; |
31. |
fordert die Türkei und Armenien auf, an einer Normalisierung ihrer Beziehungen zu arbeiten; betont, dass die Öffnung der Grenze zwischen der Türkei und Armenien zu einer Verbesserung der Beziehungen insbesondere im Hinblick auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die wirtschaftliche Integration führen könnte; |
32. |
fordert die türkische Regierung auf, ihre Pläne für den Bau des Kernkraftwerks Akkuyu aufzugeben; hebt hervor, dass der geplante Standort in einer von starken Erdbeben betroffenen Region liegt und somit nicht nur für die Türkei, sondern auch für den gesamten Mittelmeerraum eine große Gefahr ist; fordert die türkische Regierung daher auf, dem Übereinkommen von Espoo beizutreten, mit dem die Parteien dazu verpflichtet werden, sich hinsichtlich geplanter Großprojekte, die voraussichtlich zu erheblichen grenzüberschreitenden Umweltbeeinträchtigungen führen werden, gegenseitig zu informieren und zu konsultieren; fordert die türkische Regierung zu diesem Zweck auf, die Regierungen ihrer Nachbarländer, beispielsweise Griechenland und Zypern, in weitere das Akkuyu-Projekt betreffende Entwicklungen einzubeziehen oder sie zumindest zu konsultieren; |
33. |
hebt hervor, dass eine Beilegung der Zypernfrage positive Auswirkungen auf die gesamte Region hätte, während in erster Linie sowohl griechische als auch türkische Zyprer Nutzen daraus ziehen würden; begrüßt die gemeinsame Erklärung vom 11. Februar 2014 als Grundlage für eine Einigung und lobt die Anführer der griechisch-zyprischen und türkisch-zyprischen Gemeinschaften dafür, dass sie bei den Gesprächen über die Wiedervereinigung große Fortschritte erzielt haben; begrüßt die Einigung zwischen den beiden Anführern über eine Reihe von vertrauensbildenden Maßnahmen und fordert nachdrücklich, dass alle vereinbarten Maßnahmen umgesetzt werden; begrüßt den bisher beispiellosen Austausch bevorzugter Karten und die erste Zypern-Konferenz mit den Schutzmächten und unter Beteiligung der EU in Genf, und setzt sich für ihre Fortsetzung ein, um eine beiderseits akzeptable Einigung über das Kapitel zu Sicherheit und Garantien zu erzielen; unterstützt eine faire, umfassende und zukunftsfähige Einigung auf der Grundlage einer Zwei-Gemeinschaften- und Zwei-Zonen-Föderation mit einer einzigen internationalen Rechtspersönlichkeit, einer einzigen Souveränität und einer einzigen Staatsbürgerschaft mit politischer Gleichberechtigung zwischen den beiden Gemeinschaften im Einklang mit den einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, des Völkerrechts und des Besitzstands der EU und auf der Grundlage der Achtung der Grundsätze, auf denen die Union gegründet wurde; begrüßt das verstärkte Engagement der Parteien für die Lösung des Zypern-Problems; erwartet, dass die Türkei einen raschen und erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen aktiv unterstützt, und bekräftigt, dass ihr Engagement und ihr Beitrag für eine umfassende Einigung weiterhin entscheidend sind; fordert alle beteiligten Parteien auf, den Verhandlungsprozess aktiv zu unterstützen, zu einem positiven Ergebnis beizutragen und die günstige Gelegenheit zu nutzen, die sich derzeit bietet; fordert die Kommission nachdrücklich auf, alle ihre Ressourcen einzusetzen, um den erfolgreichen Abschluss der Wiedervereinigung uneingeschränkt zu unterstützen; |
34. |
bekräftigt seine Forderung an die Türkei, mit dem Abzug ihrer Truppen aus Zypern zu beginnen, den abgesperrten Bereich von Famagusta im Einklang mit der Resolution 550 des VN-Sicherheitsrats (aus dem Jahr 1984) an die Vereinten Nationen zu übertragen und von Maßnahmen Abstand zu nehmen, die das demografische Gleichgewicht auf der Insel durch ihre Politik der illegalen Siedlungen ändern; weist darauf hin, dass die Umsetzung des Besitzstands der EU im künftigen türkisch-zyprischen Gliedstaat nach dem Inkrafttreten der Vereinbarung zur Streitbeilegung bereits im Vorfeld gut vorbereitet werden muss; würdigt in diesem Zusammenhang die Fortsetzung der Arbeiten des aus beiden Gemeinschaften zusammengesetzten Ad-hoc-Ausschusses für die EU-Vorbereitung; sagt zu, seine Bemühungen um eine Zusammenarbeit mit der türkisch-zyprischen Gemeinschaft bei der Vorbereitung der vollständigen Integration in die EU zu verstärken, und fordert die Kommission auf, dasselbe zu tun; lobt die wichtige Arbeit des Ausschusses für die Vermissten (CMP), der sich sowohl mit türkischen als auch mit griechischen Zyprern beschäftigt, die als vermisst gelten, und lobt die Tatsache, dass ein verbesserter Zugang zu einschlägigen Standorten, auch in militärischen Gebieten, gewährt wurde; fordert die Türkei auf, den CMP zu unterstützen, indem sie Informationen aus ihren Militärarchiven zur Verfügung stellt; fordert, dass die Tätigkeit des CMP eine besondere Würdigung erfährt, und begrüßt in diesem Zusammenhang die Ernennung eines ständigen Berichterstatters des Europäischen Parlaments für vermisste Personen; |
35. |
erkennt das Recht der Republik Zypern an, bilaterale Abkommen in Bezug auf ihre ausschließliche Wirtschaftszone zu schließen; fordert die Türkei erneut auf, die Hoheitsrechte aller Mitgliedstaaten uneingeschränkt zu achten, auch die, die sich auf die Exploration und Gewinnung natürlicher Ressourcen im Einklang mit dem Besitzstand der Union und dem Völkerrecht beziehen; fordert die Türkei auf, sich an der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten zu beteiligen und von Drohungen oder Maßnahmen abzusehen, die sich negativ auf die gutnachbarschaftlichen Beziehungen auswirken könnten; |
36. |
ist der festen Überzeugung, dass nur mit einer glaubwürdigen politischen Lösung für Stabilität in Syrien gesorgt werden kann und nur diese in Syrien zu einer entscheidenden Niederlage des ISIS/Da‘esh und sonstiger Gruppen, die von den Vereinten Nationen als terroristische Vereinigung eingestuft wurden, führen kann; bekräftigt, dass der von den Vereinten Nationen geführte Genfer Prozess Vorrang hat; würdigt die Bemühungen im Rahmen der Sitzungen in Astana, um eine uneingeschränkte Einstellung der Feindseligkeiten zu erreichen, sowie die Einrichtung des trilateralen Mechanismus, um zu überwachen und sicherzustellen, dass die Waffenruhe vollständig eingehalten wird; fordert sämtliche Schutzmächte einschließlich der Türkei nachdrücklich auf, ihren Verpflichtungen im Einklang mit der Resolution 2268 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen nachzukommen und sicherzustellen, dass die Waffenruhe uneingeschränkt umgesetzt wird, sowie Fortschritte beim vollständigen ungehinderten landesweiten Zugang für humanitäre Hilfe, bei der Beendigung von Belagerungen und bei der Freilassung aller willkürlich festgehaltenen Personen, insbesondere von Frauen und Kindern, zu erzielen; bekräftigt seine Forderung an die Türkei, die Souveränität und territoriale Unversehrtheit aller ihrer Nachbarstaaten zu achten; |
37. |
fordert, dass diese Entschließung ins Türkische übersetzt wird; |
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38. |
beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie den Mitgliedstaaten zu übermitteln. |
(1) Angenommene Texte, P8_TA(2016)0450.
(2) Angenommene Texte, P8_TA(2016)0423.
(3) ABl. C 285 vom 5.8.2016, S. 11.