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Document 52017DC0254

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS Bericht über die Durchführung der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung in den Mitgliedstaaten

    COM/2017/0254 final

    Brüssel, den 26.4.2017

    COM(2017) 254 final

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS

    Bericht über die Durchführung der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung in den Mitgliedstaaten

    {SWD(2017) 204 final}


    I.Einleitung

    Der vorliegende Bericht gibt gemäß Artikel 24 der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung 1 (im Folgenden die „Richtlinie“ oder die „Arbeitszeitrichtlinie“) einen Überblick über deren Durchführung in den Mitgliedstaaten. Darin werden die Ziele und die wesentlichen Bestimmungen der Richtlinie aufgegriffen und die Hauptergebnisse der von der Kommission durchgeführten Überprüfung der Durchführung in den Mitgliedstaaten dargelegt. Der Anhang zu dem Bericht enthält eine Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen 2 , in der die Ergebnisse der Überprüfung im Einzelnen erläutert werden.

    Der Bericht soll daher einen Überblick darüber geben, wie die Mitgliedstaaten die Richtlinie durchgeführt haben, und die wichtigsten damit verbundenen Fragen und Probleme aufzeigen.

    Die Kommission legt ferner eine Mitteilung zu Auslegungsfragen 3  vor, um für die Mitgliedstaaten und anderen Interessenträger für Rechtsklarheit und sicherheit bei der Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie zu sorgen und damit deren Durchführung zu verbessern. Das gemeinsame Ziel des Berichts und der Auslegungsmitteilung besteht darin, die Durchführung der Richtlinie im Einklang mit dem in der kürzlich von der Kommission veröffentlichten Mitteilung EU-Recht: Bessere Ergebnisse durch bessere Anwendung 4  erläuterten Rechtsrahmen zu verbessern.

    Im Rahmen des Berichts ist es jedoch nicht möglich, sämtliche nationalen Durchführungsmaßnahmen erschöpfend darzustellen, und er stellt keine Vorwegnahme von Standpunkten dar, welche die Kommission künftig in etwaigen Gerichtsverfahren einnehmen könnte.

    II.Ziele und Bestimmungen der Richtlinie

    Die Richtlinie wurde vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union gemäß Artikel 137 Absatz 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (jetzt Artikel 153 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) erlassen.

    Ihr Hauptzweck besteht darin, Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung festzulegen. Aus zahlreichen Studien geht hervor, dass sich lange Arbeitszeiten und unzureichende Ruhezeiten (insbesondere über einen längeren Zeitraum) negativ auswirken können (höhere Unfall- und Fehlerzahlen, Zunahme von Stress und Müdigkeit, kurz- und langfristige Gesundheitsrisiken).

    Der Gerichtshof der Europäischen Union (der „Gerichtshof“ oder der „EuGH“) hat festgehalten, dass die Bestimmungen der Richtlinie in Bezug auf die Höchstdauer der Arbeit, den bezahlten Jahresurlaub und die Mindestruhezeit „besonders wichtige Regeln des Sozialrechts der Gemeinschaft sind, die jedem Arbeitnehmer … zugutekommen müssen“. 5

    Analog dazu ist in Artikel 31 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union 6 festgelegt:

    „Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub.“

    Die Richtlinie legt gemeinsame Mindestvorschriften für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in allen Mitgliedstaaten fest, darunter

    -Begrenzung der Arbeitszeit (nicht mehr als 48 Stunden im Wochendurchschnitt, einschließlich Überstunden);

    -tägliche und wöchentliche Mindestruhezeiten (tägliche Mindestruhezeit von elf zusammenhängenden Stunden und wöchentliche kontinuierliche Mindestruhezeit von 35 Stunden);

    -bezahlter Jahresurlaub (mindestens vier Wochen pro Jahr);

    -Sonderschutz bei Nachtarbeit.

    Die Richtlinie ermöglicht auch eine flexible Ausgestaltung der Arbeitszeit. Mindestruhezeiten können bei bestimmten Tätigkeiten teilweise oder ganz aufgeschoben werden. Einzelne Arbeitnehmer können sich dafür entscheiden, mehr als 48 Stunden pro Woche zu arbeiten (dies wird als „Opt-out“ bezeichnet). In Tarifverträgen kann eine flexible Ausgestaltung der Arbeitszeit eingeräumt werden, indem z. B. erlaubt wird, die wöchentliche Arbeitszeit über einen Bezugszeitraum von bis zu zwölf Monaten zu mitteln.

    III.Analyse der Anwendung der Richtlinie in den Mitgliedstaaten

    Im Jahr 2014 verpflichtete sich die Kommission, die Durchführung der Richtlinie in allen Mitgliedstaaten zu untersuchen. Bei dieser Untersuchung wurden nationale Berichte (einschließlich der Ansichten der Sozialpartner auf nationaler und europäischer Ebene), frühere Berichte der Kommission über die Durchführung, im Rahmen von EU-Pilot- und Vertragsverletzungsverfahren erhobene Informationen, Beiträge unabhängiger Sachverständiger und von der Kommission selbst durchgeführte Studien berücksichtigt. Die wichtigsten Ergebnisse von allgemeiner Bedeutung sind in den nachstehenden Punkten A bis I aufgeführt. Die einzelnen Punkte sind eng miteinander verknüpft – jedwede Bewertung der Einhaltung der Richtlinie muss diesem Umstand Rechnung tragen.

    A.Ausnahmen vom Anwendungsbereich der Richtlinie

    Die vorliegenden Informationen lassen den Schluss zu, dass die Richtlinie sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor größtenteils umgesetzt wurde.

    In einigen Mitgliedstaaten werden bestimmte Kategorien von Arbeitnehmern jedoch vom Anwendungsbereich der Rechtsvorschriften ausgenommen.  Im öffentlichen Sektor betrifft dies zumeist die Streitkräfte, die Polizei und sonstige Sicherheitskräfte sowie auch Katastrophenschutzdienste wie Strafvollzugspersonal und im öffentlichen Dienst beschäftigte Feuerwehrleute. 7   Was den privaten Sektor betrifft, so werden in mehreren Mitgliedstaaten Hausangestellte ausgenommen. 8  

    Derartige Ausnahmen entsprechen nur dann den Anforderungen der Arbeitszeitrichtlinie, wenn die Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie durch Tarifverträge sichergestellt wird.

    B.Arbeitnehmer mit mehr als einem Arbeitsvertrag

    Die Arbeitszeitrichtlinie legt Mindestvorschriften für „Arbeitnehmer“ fest, ohne jedoch explizit anzugeben, ob die Bestimmungen absolute Grenzen im Falle nebeneinander bestehender Verträge mit einem Arbeitgeber oder mehreren Arbeitgebern setzen oder ob sie für jedes einzelne Arbeitsverhältnis getrennt gelten. Der Gerichtshof hat sich zu dieser Frage noch nicht geäußert. Wie in früheren Berichten 9 erläutert, vertritt die Kommission die Auffassung, dass angesichts des Ziels der Richtlinie, den Gesundheitsschutz und die Sicherheit der Arbeitnehmer zu verbessern, die Begrenzung der durchschnittlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit und die täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten nach Möglichkeit je Arbeitnehmer gelten sollten. Damit die Ziele der Arbeitszeitrichtlinie im Bereich Gesundheit und Sicherheit umfassend berücksichtigt werden, sollten die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten geeignete Strukturen für die Überwachung und Durchsetzung vorsehen.

    In den Mitgliedstaaten wird dies höchst unterschiedlich gehandhabt. Österreich, Bulgarien, Kroatien, Zypern, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, das Vereinigte Königreich, Estland, Griechenland, Irland, Italien, Litauen, die Niederlande und Slowenien wenden die Richtlinie je Arbeitnehmer an (zumeist auf der Grundlage dahingehender ausdrücklicher rechtlicher Regelungen).

    Im Gegensatz dazu wenden die Tschechische Republik, Dänemark, Spanien, Lettland, Ungarn, Malta, Polen, Portugal, Rumänien und die Slowakei die Richtlinie je Arbeitsvertrag an.

    In Belgien, Finnland und Schweden gilt die Richtlinie je Arbeitnehmer, sofern dieser in mehr als einem Arbeitsverhältnis mit ein und demselben Arbeitgeber steht; unterhält er mehr als einen Arbeitsvertrag mit verschiedenen Arbeitgebern, wird die Richtlinie je Arbeitsvertrag angewendet.

    C.Bestimmung der Begriffe „Arbeitszeit“ und „Bereitschaftsdienstzeit“

    Im Allgemeinen scheint die offizielle Definition der „Arbeitszeit“ nach Artikel 2 der Richtlinie (nämlich dass ein Arbeitnehmer „arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt“) nicht mit Problemen bei der Anwendung verbunden zu sein.

    Die meisten Mitgliedstaaten sehen keine spezifischen rechtlichen Bestimmungen vor, mit denen der als Bereitschaftsdienst bezeichnete Zustand definiert wird.

    Der Begriff „Bereitschaftsdienst“ bezieht sich auf Zeiträume, in denen ein Arbeitnehmer am Arbeitsplatz oder an einem anderen vom Arbeitgeber bestimmten Platz bleiben und sich bereithalten muss, bei Bedarf seine Arbeit aufzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs muss der Bereitschaftsdienst am Arbeitsplatz vollständig als Arbeitszeit im Sinne der Richtlinie angerechnet werden. Dieser Grundsatz gilt für Zeiten, in denen der Arbeitnehmer auf einen Abruf hin arbeitet („aktive“ Bereitschaft), und für Zeiten, in denen der Arbeitnehmer während des Wartens auf einen Abruf ruhen darf („inaktive“ Bereitschaft), vorausgesetzt er hält sich am Arbeitsplatz auf.

    Sehen einzelstaatliche Rechtsvorschriften konkrete Regelungen zum Bereitschaftsdienst vor, so stehen sie im Allgemeinen mit der Auslegung des Gerichtshofs im Einklang. Zudem wenden die einzelstaatlichen Gerichte in der Praxis zumeist die EURechtsprechung an.

    Die Einhaltung der Anforderung, Bereitschaftsdienstzeit als Arbeitszeit anzusehen, durch die Mitgliedstaaten verbessert sich kontinuierlich, aber es bestehen noch immer einige Probleme

    So ist in den für die Polizei, Richter, die Streitkräfte und Beamte 10 geltenden Rechtsvorschriften Sloweniens nach wie vor ausdrücklich festgelegt, dass inaktive Zeiten während der Bereitschaftsdienstzeit am Arbeitsplatz nicht als Arbeitszeit anerkannt werden. In Belgien ist es einem für Internate und bestimmte stationäre Pflegeeinrichtungen in der französischen und der deutschsprachigen Gemeinschaft und in der Region Wallonien geltenden Erlass zufolge ebenfalls gestattet, bestimmte Zeiten nicht als Arbeitszeit anzuerkennen.  Dazu zählen Zeiten, die mit Bewohnern solcher Einrichtungen auf Ausflügen verbracht werden, sowie Abend- und Nachtzeiten, in denen dem Arbeitnehmer ein geeigneter Ruheplatz zur Verfügung steht. 11  Für Arbeitskräfte im Sozialbereich in Irland und für Ärzte im öffentlichen Gesundheitswesen in Griechenland stellt die Anerkennung von Bereitschaftsdienstzeit als Arbeitszeit noch immer ein Problem dar, aber es wird an einer Angleichung der Situation an die Anforderungen der Richtlinie gearbeitet. Nach einem neuen Tarifvertrag für bei den Kommunen angestellte Ärzte in Finnland 12 wird die Bereitschaftsdienstzeit, die bestimmte Ärzte zusätzlich zu ihrer regulären Arbeitszeit leisten, nicht als Arbeitszeit anerkannt. In Dänemark dürfen sich die Sozialpartner nach geltendem Recht darauf einigen, dass der Bereitschaftsdienst am Arbeitsplatz auch als Ruhezeit genutzt werden kann; diese Möglichkeit wird von einigen Sozialpartnern im Gesundheitssektor genutzt. 13  

    D.Ruhepausen und Ruhezeiten

    Gemäß Artikel 4 ist bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden eine Ruhepause zu gewähren, ohne dass in diesem Artikel die Dauer oder andere Einzelheiten festgelegt werden. In der Richtlinie ist vorgesehen, dass diese Einzelheiten „in Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern oder in Ermangelung solcher Übereinkünfte in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegt“ werden.

    Nach Maßgabe der Richtlinie können die Dauer und die Voraussetzungen für die Gewährung der Ruhepause durch Kollektivverträge geregelt werden. Ungeachtet dessen sind die Mitgliedstaaten für die Umsetzung der Richtlinie verantwortlich. Folglich ist es ihre Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass alle Arbeitnehmer, einschließlich solcher, die keinen Tarifverträgen unterliegen, Anspruch auf Ruhepausen haben.

    Generell hat es den Anschein, dass diese Bestimmung zufriedenstellend umgesetzt wird. Die meisten Mitgliedstaaten legen Mindestanforderungen für die Dauer und den Zeitpunkt einer Ruhepause während des Arbeitstages fest. In einigen Mitgliedstaaten ist die Mindestdauer von Ruhepausen jedoch nicht gesetzlich geregelt, 14 und es ist unklar, ob diese Aspekte in allen Fällen einer tariflichen Regelung unterliegen.

    Was Ruhezeiten (Artikel 3 und Artikel 5 der Richtlinie) anbelangt, so ist in der Richtlinie grundlegend festgelegt, dass dem Arbeitnehmer pro 24-Stunden-Zeitraum eine Mindestruhezeit von elf zusammenhängenden Stunden und pro Siebentageszeitraum eine kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden zuzüglich der täglichen Ruhezeit von elf Stunden zu gewähren ist. Nach der Richtlinie ist es möglich, die wöchentliche Mindestruhezeit aus objektiven Gründen auf 24 Stunden zu reduzieren.

    Diese grundlegenden Bestimmungen wurden von den Mitgliedstaaten für die meisten Sektoren offenbar zufriedenstellend in nationales Recht umgesetzt.  Einige wenige Mitgliedstaaten haben die Vorschriften für wöchentliche Mindestruhezeiten in einigen Punkten offenbar fehlerhaft umgesetzt, indem z. B. die Vorschrift für einen bestimmten Sektor nicht umgesetzt wurde 15 oder ohne Vorliegen objektiver Gründe eine 24-Stunden-Ruhezeit vorgesehen wird 16 .

    E.Begrenzung der Arbeitszeit

    Gemäß Artikel 6 der Richtlinie darf die durchschnittliche Wochenarbeitszeit (einschließlich Überstunden) 48 Stunden nicht überschreiten. Im Allgemeinen wurde diese Vorgabe zufriedenstellend umgesetzt, und viele Mitgliedstaaten haben in diesem Bereich sogar ein höheres Schutzniveau festgelegt.

    Mehrere Länder änderten ihre Rechtsvorschriften für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern, um den Vorgaben der Richtlinie zu genügen. In einigen wenigen Fällen werden die in der Richtlinie vorgegebenen Obergrenzen noch immer überschritten:

    -So wird die in der Richtlinie vorgesehene Obergrenze für die wöchentliche Arbeitszeit im Fall von Arbeitskräften im Sozialbereich durch Irland und im Fall von Ärzten im öffentlichen Gesundheitswesen durch Griechenland noch nicht zufriedenstellend umgesetzt, aber es wurden Maßnahmen eingeleitet, um Abhilfe zu schaffen.

    -Im bulgarischen Arbeitsgesetz ist eine Wochenarbeitszeit von bis zu 56 Stunden vorgesehen, die mithilfe eines Systems zur Berechnung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit ermittelt wird; keine Obergrenzen für obligatorische Überstunden sind in Fällen vorgesehen, die die Landesverteidigung, Notfälle, die dringende Wiederherstellung öffentlicher Versorgungsleistungen oder des Verkehrs sowie die Erbringung medizinischer Hilfe betreffen. 17

    Zudem hat es den Anschein, dass die für die Berechnung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit vorgesehene Begrenzung auf vier Monate in Deutschland 18 , Bulgarien 19 und Slowenien 20 , wo der Bezugszeitraum sechs Monate beträgt, und in Spanien, wo er zwölf Monate 21 beträgt, überschritten wird. Dies beschränkt sich nicht auf die in Artikel 17 Absatz 3 der Richtlinie genannten Tätigkeiten.

    F.Jahresurlaub

    Das grundlegende Recht auf bezahlten Jahresurlaub (Artikel 7 der Richtlinie) wird generell zufriedenstellend umgesetzt.

    Alle Mitgliedstaaten sehen ausdrücklich ein Recht auf einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen vor; sie sehen ferner vor, dass der Arbeitnehmer während seines Urlaubs Anspruch auf seinen „Durchschnittslohn“, sein „übliches Wochenarbeitsentgelt“, sein „durchschnittliches Monatsentgelt“ oder eine ähnliche Vergütung hat.

    Dabei wurden jedoch zwei wichtige Probleme festgestellt. Erstens knüpfen einige Mitgliedstaaten im ersten Beschäftigungsjahr Bedingungen an den Erwerb eines Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub oder dessen Gewährung, die über die Richtlinie in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof hinausgehen. Sie sehen beispielsweise zu lange Wartezeiten (6 bis 8 Monate) vor, bevor Urlaub in Anspruch genommen werden kann. 22  

    In einigen Mitgliedstaaten richtet sich das Recht auf bezahlten Jahresurlaub nach dem Arbeitseinkommen des Arbeitnehmers in einem Anwartschaftsjahr, das dem Jahr vorausgeht, in dem der bezahlte Jahresurlaub genommen werden kann, (das „Urlaubsjahr“). 23 Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf eine Freistellung im Urlaubsjahr, aber ohne Bezahlung. Diese Regeln können eine Verzögerung von über einem Jahr bewirken, bevor der aufgelaufene bezahlte Jahresurlaub tatsächlich in Anspruch genommen werden kann.

    Das zweite große Problem betrifft das Erlöschen des Rechts auf bezahlten Jahresurlaub, den der Arbeitnehmer nicht in Anspruch nehmen konnte. Nach der Rechtsprechung des EuGH erwirbt ein Arbeitnehmer, der aus Krankheitsgründen arbeitsunfähig ist, auch während der Arbeitsunfähigkeit weiterhin Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub. Die Mitgliedstaaten dürfen Beschränkungen für die Übertragung des Jahresurlaubs, der aufgrund einer begründeten Arbeitsunfähigkeit nicht in Anspruch genommen wurde, vorsehen.  Allerdings hat der Gerichtshof diese Möglichkeit ebenfalls geregelt und festgestellt, dass ein „Übertragungszeitraum ... die Dauer des Bezugszeitraums, für den er gewährt wird, deutlich überschreiten“ muss. 24  Viele Mitgliedstaaten sehen Regelungen vor, die den Arbeitnehmer zur Übertragung oder zum Aufschub erworbener Jahresurlaubsansprüche berechtigen, wenn die Inanspruchnahme dieses Urlaubs mit einer Krankheitszeit zusammenfällt.  Doch in einigen Ländern ist der Zeitraum, bevor der Anspruch auf den bezahlten Urlaub erlischt, offenbar zu kurz, da er die Dauer des einjährigen Bezugszeitraums nicht überschreitet. 25  

    G.Nachtarbeit

    Die Richtlinie enthält zusätzliche Schutzbestimmungen für Nachtarbeiter: Die Höchstarbeitszeit darf nicht mehr als durchschnittlich acht Stunden pro Tag und generell nicht mehr als acht Stunden pro Tag betragen, wenn die Nachtarbeit mit besonderen Gefahren oder besonderer Anspannung verbunden ist. Nach Artikel 16 Buchstabe c ist der Bezugszeitraum für die Anwendung dieser Begrenzung nach Anhörung der Sozialpartner oder in Tarifverträgen festzulegen.

    Generell begrenzen die Mitgliedstaaten die durchschnittliche Arbeitszeit für Nachtarbeiter auf acht Stunden. Allerdings ist es in einigen Mitgliedstaaten zulässig, die Arbeitszeit von Nachtarbeitern über einen Bezugszeitraum von vier Monaten zu mitteln. 26  Dieser Bezugszeitraum ist ebenso lang wie der Bezugszeitraum für die Berechnung der allgemeinen Höchstarbeitszeit.

    Ausgehend vom Ziel der Richtlinie, Mindestanforderungen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz festzulegen, und von der Notwendigkeit, die wirksame Umsetzung der Bestimmungen über die Nachtarbeit sicherzustellen, sollte der Bezugszeitraum für Nachtarbeit wesentlich kürzer sein als der Zeitraum, der für die Berechnung der Höchstarbeitszeit verwendet wird. Daher ist die Kommission der Auffassung, dass ein Bezugszeitraum von vier Monaten zu lang ist.

    Was Nachtarbeit betrifft, die mit besonderen Gefahren oder einer erheblichen Anspannung verbunden ist, so wurde diese Bestimmung der Richtlinie von drei Mitgliedstaaten nicht umgesetzt. 27  Zudem gestattet ein Mitgliedstaat bestimmte Ausnahmen, die nicht in den Bestimmungen der Richtlinie für diese Art von Arbeit vorgesehen sind. 28

    H.Abweichungen (Artikel 17, 18 und 22 der Richtlinie)

    1.Arbeitnehmer mit selbstständiger Entscheidungsbefugnis

    Die Mitgliedstaaten können von den für tägliche und wöchentliche Ruhezeiten, Ruhepausen, die wöchentliche Höchstarbeitszeit, die Länge der Nachtarbeit und für Bezugszeiträume geltenden Bestimmungen abweichen, „wenn die Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen und/oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann“. Dies trifft insbesondere zu auf leitende Angestellte mit selbstständiger Entscheidungsbefugnis, aber auch auf Arbeitskräfte, die Familienangehörige sind, oder auf Arbeitnehmer, die im liturgischen Bereich von Kirchen oder Religionsgemeinschaften beschäftigt sind.

    In einigen Fällen übernehmen Mitgliedstaaten nicht alle in Artikel 17 Absatz 1 genannten Kriterien in ihre nationalen Begriffsbestimmungen.

    So werden in einigen Rechtsvorschriften Arbeitnehmer ausgenommen, die entweder:

    von zu Hause aus arbeiten, 29

    das Dreifache des Mindestlohns verdienen, 30

    eine Position bekleiden, die von erheblicher Bedeutung oder mit beträchtlichem Vertrauen verbunden ist, und die das Siebenfache des gesetzlichen Mindestlohns erhalten 31 oder

    eine Verwaltungsfunktion ausüben 32 .

    Diese Kriterien garantieren nicht notwendigerweise, dass die Kriterien der Richtlinie erfüllt werden.

    2.Abweichungen, bei denen Arbeitnehmern eine gleichwertige Ausgleichsruhezeit zu gewähren ist

    Nach dieser Richtlinie sind Abweichungen von den Bestimmungen über Ruhepausen, tägliche und wöchentliche Ruhezeiten, Nachtarbeit und Bezugszeiträume für die Ermittlung der durchschnittlichen Arbeitszeit zulässig:

    -bei einer Reihe von Tätigkeiten und Situationen, z. B. Tätigkeiten, bei denen Kontinuität gewährleistet sein muss, bestimmten saisonalen Tätigkeiten mit einem übermäßigen Arbeitsanfall, bestimmten Situationen, die durch eine Entfernung zwischen dem Arbeitsplatz und dem Wohnsitz des Arbeitnehmers gekennzeichnet sind, (durch Tarifverträge, Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern oder innerstaatliche Gesetze oder Regelungen) und

    -bei jeder Art von Tätigkeit oder Situation, die durch Tarifverträge oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern auf nationaler oder regionaler Ebene festgelegt wird (oder, sofern die Beteiligten dies beschließen, durch die Sozialpartner oder durch die Sozialpartner auf geeigneter kollektiver Ebene).

    Nach den Regelungen ist es jedoch nicht erlaubt, dass Mindestruhezeiten ganz und gar ausgelassen werden. Dies ist nur in Ausnahmefällen gestattet, in denen es objektiv unmöglich ist, eine gleichwertige Ausgleichsruhezeit einzuräumen, und in denen die Arbeitnehmer angemessenen alternativen Schutz erhalten. Außerdem sollte die Ausgleichsruhezeit – gemäß dem Urteil in der Rechtssache Jaeger 33 – unmittelbar im Anschluss an den Zeitraum gewährt werden, in dem die Ruhephase ausgelassen wurde.

    Die Mitgliedstaaten haben diese Abweichungsregelungen im Allgemeinen umgesetzt und machen von ihnen Gebrauch.

    Was die betroffenen Sektoren und Tätigkeiten anbelangt, so wurden die in der Richtlinie aufgeführten Tätigkeiten im Allgemeinen von den Mitgliedstaaten übernommen.

    Ungeachtet dessen scheinen die einzelstaatlichen Vorschriften einiger Mitgliedstaaten über das in der Richtlinie zulässige Maß der Abweichungen hinauszugehen, insbesondere:

    -indem keine gleichwertigen Ausgleichsruhezeiten für betroffene Arbeitnehmer vorgeschrieben werden, z. B. in dringenden Fällen und wenn mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit zu rechnen ist, oder indem ein finanzieller Ausgleich für eine ausgelassene Ruhezeit gezahlt wird, 34 indem diese Vorgabe bei bestimmten Sektoren oder Schichtarbeit nicht angewendet werden muss, 35 indem andere Arten von Schutzmaßnahmen ergriffen werden oder indem keine Ausgleichsruhezeit gewährt wird, was einer Verkürzung der Ruhezeit gleichkommt 36 ;

    -durch Festlegen von zu langen Fristen für die Gewährung von Ausgleichsruhezeiten, weil einige Mitgliedstaaten beispielsweise zulassen, dass bei bestimmten Tätigkeiten oder Sektoren gleichwertige Ausgleichsruhezeiten für ausgelassene Teile der täglichen Ruhezeit innerhalb eines Zeitraums gewährt werden können, der von 14 Tagen bis zu sechs Monaten reicht, 37 oder weil einige Mitgliedstaaten zulassen, dass gleichwertige Ausgleichsruhezeiten für ausgelassene Teile der wöchentlichen Ruhezeit innerhalb eines Zeitraums von sechs Wochen bis sechs Monaten nach der ausgelassenen Ruhezeit gewährt werden können 38 .

    3.Das „Opt-out“

    Den Mitgliedstaaten ist freigestellt, die Obergrenze für die wöchentliche Arbeitszeit nicht anzuwenden, solange sie die allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer einhalten und bestimmte Schutzmaßnahmen treffen (Artikel 22 der Richtlinie). Ein Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, mehr als durchschnittlich 48 Stunden pro Woche zu arbeiten, es sei denn er hat sich vorab ausdrücklich, freiwillig und in Kenntnis der Sachlage bereit erklärt, diese Arbeit auszuführen. Der Mitgliedstaat muss sicherstellen, dass einem Arbeitnehmer keine Nachteile daraus entstehen, dass er nicht bereit ist, eine solche Arbeit zu leisten. Ferner muss der Mitgliedstaat gewährleisten, dass der Arbeitgeber aktuelle Listen über alle Arbeitnehmer führt, die eine solche Arbeit leisten, und die Listen den zuständigen Behörden zur Verfügung stellt, die aus Gründen der Sicherheit und/oder des Schutzes der Gesundheit der Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit unterbinden oder einschränken können.

    Etwa 18 Mitgliedstaaten bieten inzwischen die Möglichkeit, von der Opt-out-Klausel Gebrauch zu machen. In sechs davon (Bulgarien, Kroatien, Zypern, Estland, Malta und Vereinigtes Königreich) ist das Opt-out unabhängig von der Branche zugelassen, während die anderen zwölf (Belgien, die Tschechische Republik, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Lettland, Niederlande, Österreich, Polen, Slowakei, Slowenien und Spanien) die Nutzung des Opt-out auf Arbeitsplätze mit einem hohen Anteil an Bereitschaftsdienst, z. B. im Gesundheitswesen oder bei Notfalldiensten, beschränken. In Kroatien und Österreich wurde das Opt-out erst kürzlich eingeführt.

    Die übrigen zehn Mitgliedstaaten (Dänemark, Irland, Griechenland, Italien, Litauen, Luxemburg, Portugal, Rumänien, Finnland und Schweden) nehmen die Opt-out-Möglichkeit nicht in Anspruch.

    Im Allgemeinen werden die in der Richtlinie direkt aufgeführten Anforderungen in Bezug auf die ausdrückliche Zustimmung des Arbeitnehmers, die Führung von Listen und die Unterrichtung der Behörden über Arbeitnehmer, die im Durchschnitt mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten, eingehalten. In einigen Ländern wird die Vorgabe, der zufolge Arbeitnehmern, die ihre Zustimmung verweigern, keine Nachteile entstehen dürfen, offenbar nicht eindeutig umgesetzt.

    Es gibt keine ausdrückliche Obergrenze für die Zahl der Arbeitsstunden, die nach Artikel 22 zulässig sind. In der Richtlinie ist jedoch festgelegt, dass die allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer eingehalten werden müssen. Da nach Maßgabe der Richtlinie Abweichungen von den täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten ohne Ausgleichsruhezeiten nicht zulässig sind, wird die zulässige Arbeitszeit ohnehin durch die vorgeschriebene Ruhezeit begrenzt.

    Es hat den Anschein, dass die Hälfte der Mitgliedstaaten, die von der Opt-out-Klausel Gebrauch machen, in irgendeiner Form eine ausdrückliche Begrenzung der zulässigen Arbeitszeit vorsehen. 39

    Den der Kommission vorliegenden Informationen zufolge sind in fünf Mitgliedstaaten die Arbeitgeber per Gesetz ausdrücklich verpflichtet, die Arbeitszeit von Arbeitnehmern, die sich für das Opt-out entschieden haben, zu erfassen. 40 Die Erfassung der Arbeitszeit resultiert gegebenenfalls auch aus der allgemeinen Gesetzgebung, die für alle Arbeitnehmer gilt.

    I.Bewertung durch die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner

    1.Gewerkschaften

    Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) ist der Auffassung, dass die Ziele der Richtlinie in Bezug auf den Schutz und die Verbesserung der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer bei der praktischen Anwendung nicht erfüllt werden. Nach Ansicht des EGB wird das Ziel der Richtlinie durch die Opt-out-Möglichkeit unterminiert, weil eine lange Arbeitszeit der Gesundheit der Arbeitnehmer schadet.

    Der EGB vertritt die Ansicht, dass die Arbeitszeitrichtlinie in den verschiedenen Mitgliedstaaten nicht zufriedenstellend umgesetzt wird.

    Die Probleme betreffen vor allem folgende Aspekte:

    -Bereitschaftsdienstzeit wird nicht als Arbeitszeit anerkannt;

    -Ausgleichsruhezeiten werden nicht unmittelbar nach einer Schicht in Anspruch genommen;

    -Bezugszeiträume werden durch den Gesetzgeber auf zwölf Monate verlängert;

    -Inanspruchnahme der Opt-out-Regelung und

    -Abweichungen für Personen mit selbständiger Entscheidungsbefugnis.

    Die Ansicht, dass die Arbeitszeitrichtlinie in den verschiedenen Mitgliedstaaten nicht zufriedenstellend umgesetzt wird, vertritt auch Eurocadres, und zwar mit dem Argument, dass die deutlichsten Probleme bei Bereitschaftsdienstzeiten und Abweichungen für Personen mit selbständiger Entscheidungsbefugnis auftreten.

    2.Arbeitgeber

    Von Arbeitgeberverbänden wird hinsichtlich der Anwendung der Richtlinie vor allem auf folgende Probleme verwiesen:

    -einzelstaatliche Gesetze, die strenger als in der Richtlinie vorgesehen angewendet werden, und die unzureichende Inanspruchnahme der möglichen Abweichungen;

    -beträchtliche Probleme bei der praktischen Anwendung der Rechtsprechung in den Rechtssachen SIMAP und Jaeger zur Bereitschaftsdienstzeit und zur Ausgleichsruhezeit sowie zur Rechtsprechung, die den Jahresurlaub im Zusammenhang mit Krankheitszeiten betrifft.

    Nach Ansicht der Mitgliedsverbände von BusinessEurope werden mit den zur Umsetzung der Richtlinie getroffenen Maßnahmen deren Ziele in Bezug auf den Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer erfüllt. Sie sind jedoch auch der Meinung, dass sie über das diesbezüglich erforderliche Maß hinausgehen.

    Informationen von BusinessEurope zufolge vertreten die Mitgliedsverbände die Auffassung, dass die Arbeitszeitrichtlinie unter rechtlichen Gesichtspunkten in den jeweiligen Ländern in zufriedenstellender Weise umgesetzt wird. Die Mitgliedsverbände verweisen ebenfalls auf Probleme, die die Nichteinhaltung der Richtlinie bei der Bereitschaftsdienstzeit und der Gewährung von Ausgleichsruhezeiten in bestimmten öffentlichen und privaten Sektoren betreffen.

    3.Mitgliedstaaten

    Die Mitgliedstaaten wurden vor allem gebeten, über die unter ihrer Aufsicht durchgeführten Evaluierungsmaßnahmen zu berichten und sich zu den wichtigsten Schlussfolgerungen zu äußern, die hinsichtlich der mit der Umsetzung der Richtlinie verbundenen sozioökonomischen Auswirkungen gezogen wurden. Zum Zeitpunkt der Erhebung der Informationen hatte lediglich das Vereinigte Königreich eine spezifische Evaluierung der Auswirkungen von Maßnahmen durchgeführt, die zur Umsetzung der in der Richtlinie vorgesehenen Anforderungen und Abweichungen eingeleitet worden waren.

    Dieser Evaluierung zufolge ist der zwischen 1997 und 2013 zu verzeichnende 15-prozentige Rückgang der Zahl von Arbeitnehmern, die mehr als 48 Stunden arbeiten, in erster Linie im Zusammenhang mit einem umfassenderen internationalen Trend zur Verkürzung der Arbeitszeit zu sehen. Der Evaluierung zufolge deuten die Ergebnisse aber auch darauf hin, dass der Einführung der Arbeitszeitregelungen eine geringfügige zusätzliche Wirkung bei der Reduzierung der geleisteten Überstunden zuzuschreiben ist.



    J.Schlussfolgerung

    Insgesamt gesehen arbeitet die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer in der EU nach Arbeitszeitregelungen, die mit dem EU-Recht konform sind. In vielen Fällen geht das mit den einzelstaatlichen Vorschriften gewährte Schutzniveau über die Erfordernisse der Richtlinie hinaus.

    Die Einhaltung der Richtlinienvorgaben durch die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten nimmt weiter zu. So haben viele Länder ihre Rechtsvorschriften zum Jahresurlaub geändert, insbesondere im Hinblick auf den Erwerb eines Anspruchs auf Jahresurlaub und dessen Übertragung im Fall von Personen, die wegen Krankheit freigestellt sind oder sich im Mutterschafts-/Vaterschaftsurlaub befinden. Zudem haben mehrere Länder ihre Rechtsvorschriften geändert, die die Höchstarbeitszeit bestimmter Gruppen von Arbeitnehmern betreffen.

    Die von der Kommission 2010 durchgeführte Analyse ergab, dass zahlreiche Mitgliedstaaten eine Ausnahmeregelung eingeführt hatten, der zufolge Arbeitnehmer die Opt-out-Möglichkeit in Bezug auf die Begrenzung der Höchstarbeitszeit in Anspruch nehmen können. Seither ist die Lage stabil, und lediglich Kroatien und Österreich haben als einzige weitere Mitgliedstaaten die Opt-out-Regelung eingeführt.

    Der aktuelle Bericht verdeutlicht ferner, dass die Durchführung wichtiger Elemente der Richtlinie gemäß der Auslegung durch den Gerichtshof nach wie vor mit Problemen verbunden ist.

    Das am weitesten verbreitete Problem betrifft eindeutig die fehlerhafte Umsetzung der Anforderung, dass im Fall von verkürzten oder aufgeschobenen Mindestruhezeiten Ausgleichsruhezeiten zu gewähren sind.

    Es sind auch andere Probleme festzustellen, die allerdings weniger häufig auftreten. Sie betreffen die Anerkennung von Bereitschaftsdienstzeit als Arbeitszeit, die Begrenzung der Höchstarbeitszeit für bestimmte Arbeitnehmergruppen (insbesondere medizinisches Personal und Angehörige der Streitkräfte) sowie die Begrenzung der Arbeitszeit für Nachtarbeiter.

    Darüber hinaus treten in mehreren Mitgliedstaaten Probleme auf, die den Erwerb von Ansprüchen auf den Jahresurlaub im ersten Beschäftigungsjahr und das Recht des Arbeitnehmers auf Wahrung der erworbenen Urlaubansprüche für einen ausreichend langen Zeitraum betreffen, wenn der Jahresurlaub mit einer Krankheitszeit zusammenfällt.

    Die Kommission wird die im Rahmen nationaler Rechtsvorschriften oder Praktiken entstehenden Positionen gemäß ihrer Mitteilung EU-Recht: Bessere Ergebnisse durch bessere Anwendung behandeln.

    Unbeschadet ihrer Rolle als Hüterin der Verträge wird die Kommission die Mitgliedstaaten auch weiterhin in ihren Bemühungen zur Anwendung der Bestimmungen unterstützen und ist bereit, den Austausch zwischen Mitgliedstaaten und zwischen Sozialpartnern zu fördern, wann immer dies hilfreich sein kann.

    Die Auslegungsmitteilung bringt außerdem Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für die Durchführung der Richtlinie. Dieser Bericht trägt dazu bei, die wichtigsten Bereiche für die künftige Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten sowie für Durchsetzungsmaßnahmen zu ermitteln.

    (1) Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299 vom 18.11.2003, S. 9). Durch diese Richtlinie werden zwei ältere Richtlinien von 1993 bzw. 2000 konsolidiert und aufgehoben.
    (2) SWD(2017) 204.
    (3) Mitteilung der Kommission, Auslegungsmitteilung der Kommission zur Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, C(2017) 2601.
    (4) Mitteilung der Kommission „EU-Recht: Bessere Ergebnisse durch bessere Anwendung“, C(2016) 8600, ABl. C 18 vom 19.1.2017.
    (5) Urteil vom 1. Dezember 2005, Abdelkader Dellas u. a./Premier ministre and Ministre des Affaires sociales, du Travail et de la Solidarité, Rechtssache C-14/04, ECLI:EU:C:2005:728, Rn. 40-41 und 49; Urteil vom 6. April 2006, Federatie Nederlandse Vakbeweging/Staat der Nederlanden, ECLI:EU:C:2006:244, Rechtssache C-124/05, Rn. 28
    (6) Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 303 vom 14.12.2007, S. 1). Artikel 52 Absatz 1 der Charta besagt: Jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten muss gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.
    (7) Irland (Gesetz über die Arbeitszeitgestaltung (Organisation of Working Time Act), Nr. 20 Teil I Ziffer 3 Absatz 1): An Garda Síochána (Polizei), Streitkräfte), Irland (Gesetz über die Arbeitszeitgestaltung (Organisation of Working Time Act), Nr. 20 Teil I Ziffer 3 Absatz 3 Buchstabe b und die Regelungen für die Arbeitszeitgestaltung (mit Ausnahme der Katastrophenschutzdienste) (Organisation of Working Time (Exemption of Civil Protection Services) Regulations (S.I. No 52/1998): Feuerwehrleute, Strafvollzugspersonal und Seenotrettungspersonal), Zypern (Arbeitszeitgesetz von 2002 (The Working Time Law of 2002) Artikel 4: Streitkräfte), Italien (Gesetzesdekret Nr. 66/2003 Artikel 2: Polizei und Streitkräfte, Justiz- und Strafvollzugspersonal, Mitarbeiter des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des Katastrophenschutzes sind vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen, sofern ihre Aufgaben besondere Anforderungen stellen und dies in einem Ministerialdekret vorgesehen ist).
    (8)  Belgien (Arbeitsgesetz vom 16. März 1971 Artikel 3), Griechenland (Präsidialverordnung Nr. 88/1999, geändert durch Präsidialverordnung Nr. 79/2005 Artikel 1), Luxemburg (Arbeitsgesetz, Artikel L. 211-2), Schweden (Arbeitszeitgesetz, SFS 1982:673 § 2), Vereinigtes Königreich (Arbeitszeitverordnungen (Working Time Regulations 1998) Teil III Verordnung 19).
    (9) Bericht der Kommission zum Stand der Umsetzung der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, KOM(2000) 787 endg., Bericht der Kommission über die Durchführung der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung in den Mitgliedstaaten und Begleitdokument, KOM(2010) 802 endg. und SEK(2010) 1611 endg.
    (10) Gesetz über die Organisation und Tätigkeit der Polizei (Amtsblatt der Republik Slowenien, Nr. 15/13, 11/14, 86/15, 77/16) Artikel 71, Gerichtsverfassungsgesetz (Amtsblatt der Republik Slowenien, Nr. 94/07 offizielle konsolidierte Fassung, 91/09, 33/11.63/13.95/14.95/14 ZUPPJS15, 17/15), Verteidigungsgesetz, Artikel 97e (Amtsblatt der Republik Slowenien, Nr. 103/04, 95/16 – konsolidierte Fassung Nr. 8), Tarifvertrag für den öffentlichen Sektor (Amtsblatt der Republik Slowenien, Nr. 57/08, 23/09, 19/09, 89/10, 40/12, 46/13, 95/14, 91/16, Artikel 46).
    (11) Königlicher Erlass vom 26. Mai 2002 über die Arbeitszeit von Arbeitnehmern von Einrichtungen und Diensten des gemeinsamen Unterausschusses für Bildung und Wohnungswesen der französischen Gemeinschaft, der Region Wallonien und der deutschsprachigen Gemeinschaft (C.P. 319.02).
    (12) Verband der kommunalen Arbeitgeber (KT) und Tarifkommission für Fachkräfte im öffentlichen Sektor (JUKO), 31. Mai 2016.
    (13) Durchführungsbeschluss Nr. 324 vom 23. Mai 2002 über tägliche und wöchentliche Ruhezeiten, § 19, Kollektivvertrag über die Arbeitszeit von beiden Regionen angestelltem Gesundheitspersonal, Anhang 5, Annotierte Vereinbarung über tägliche und wöchentliche Ruhezeiten für Gesundheitspersonal, § 4 (Pflegekräfte, Bioanalytiker, Physiotherapeuten), Tarifvertrag für bei den Regionen angestellte Ärzte, § 29.
    (14)

    Dänemark (Gesetz Nr. 896 von 2004 über die Umsetzung von Teilen der Arbeitszeitrichtlinie, § 3), Luxemburg (Arbeitsgesetz, Art. L 211-16), Rumänien (Arbeitsgesetz (Gesetz Nr. 53/2003) Artikel 134), Schweden (Arbeitszeitgesetz (1982:673) § 15).

    (15) Spanien (Beamte).
    (16) Belgien, Slowenien (Gesundheitswesen).
    (17) Arbeitsgesetz Artikel 142 und Artikel 146 Absatz 3.
    (18)

    Arbeitszeitgesetz, Artikel 7 Absatz 8 und Artikel 14.

    (19) Arbeitsgesetz, Artikel 142, Beamtengesetz, Artikel 49.
    (20) Arbeitsverhältnisgesetz (ZDR-1), Artikel 144 Absatz 3.
    (21) Arbeitsgesetz, Artikel 34 Absatz 2.
    (22) Bulgarien (Arbeitsgesetz, Artikel 155 Absatz 2 – 8 Monate), Estland (Gesetz über Beschäftigungsverträge, Artikel 68 Absatz 4 – 6 Monate).
    (23) Dänemark, Finnland, Schweden.
    (24)  Urteil vom 22. November 2011, KHS AG/Winfried Schulte (Rechtssache C-214/10), ECLI:EU:C:2011:761, Rn. 38-40.
    (25) Dänemark (Konsolidiertes Gesetz Nr. 202 von 2013 über den Urlaub, Artikel 13 Absatz 5), Estland (Gesetz über Beschäftigungsverträge vom 17. Dezember 2008, Artikel 68 – innerhalb eines Jahres ab Ende des Kalenderjahres, für das der Urlaubsanspruch berechnet wird), Litauen (Arbeitsgesetz vom 4.6.2002, Artikel 174 – im darauffolgenden Urlaubsjahr), Slowenien (Gesetz über Arbeitsverhältnisse (Nr. 21/2013), Artikel 162 – bis zum 31. Dezember des darauffolgenden Jahres), Finnland (Jahresurlaubsgesetz (162/2005), Artikel 26 – ein aufgeschobener Sommerurlaub kann im selben Kalenderjahr nach der Urlaubszeit und ein aufgeschobener Winterurlaub kann bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres gewährt werden).
    (26) Dänemark (Gesetz Nr. 896 von 2004 über die Umsetzung von Teilen der Arbeitszeitrichtlinie, § 5), Kroatien (Arbeitsgesetz Nr. 93/14, Artikel 69), Malta (Tarifvertrag oder 17 Wochen), Ungarn, Niederlande (Arbeitszeitgesetz vom 23. November 1995, § 5:8), Polen, Slowenien (Gesetz über Arbeitsverhältnisse (Nr. 21/2013, Artikel 152), Slowakei (Gesetz Nr. 311/2001 Arbeitsgesetzbuch, Artikel 98), Schweden (Arbeitszeitgesetz, SFS 1982:673 § 13a), Vereinigtes Königreich (Arbeitszeitverordnungen (Working Time Regulations 1998) Verordnung 6).
    (27) Deutschland, Italien, Niederlande.
    (28) Tschechische Republik (Arbeitsgesetzbuch, § 94 Absatz 1).
    (29) Luxemburg, (Arbeitsgesetz, Artikel L. 211-3).
    (30) Niederlande (Arbeitszeitbeschluss vom 4. Dezember 1995, Artikel 2.1:1).
    (31) Ungarn (Gesetz I von 2012 über das Arbeitsgesetzbuch, § 208 und § 209).
    (32) Portugal (Gesetz Nr. 7/2009 vom 12. Februar (Arbeitsgesetz), Artikel 18 Buchstabe a).
    (33) Urteil vom 9. September 2003, Landeshauptstadt Kiel/Norbert Jaeger, Rechtssache C-151/02, ECLI:EU:C:2003:437.
    (34) Belgien (Arbeitsgesetz vom 16. März 1971, Abschnitt VI, Artikel 38), Frankreich (L.3132-5 Arbeitsgesetz), Frankreich (D-3131-2 Arbeitsgesetz), Finnland (605/1996 Arbeitszeitgesetz, § 32), Frankreich (Dekret Nr. 2000/815 vom 25. August 2000 über die Arbeitszeit im staatlichen öffentlichen Dienst, Artikel 3), Finnland (Arbeitszeitgesetz 605/1996, § 32).
    (35) Frankreich (Dekret Nr. 2000/815 vom 25. August 2000 über die Arbeitszeit im staatlichen öffentlichen Dienst, Artikel 3), Ungarn (Gesetz CLIV von 1997 über Gesundheitsdienstleistungen (Eütv), Gesetz CCV von 2012 über den rechtlichen Status von Soldaten (Hjt), Niederlande (Arbeitszeitbeschluss vom 4. Dezember 1995, Kapitel 5), Rumänien (Arbeitsgesetz, Artikel 135).
    (36) Deutschland (Arbeitszeitgesetz, Artikel 7 Absatz 2a und Artikel 7 Absatz 9).
    (37) Belgien (Gesetz vom 14. Dezember 2000 über die Arbeitszeitgestaltung im öffentlichen Sektor, Artikel 7), Tschechische Republik (Gesetz Nr. 262/2006 Arbeitsgesetzbuch, § 90a und § 92), Deutschland (Arbeitszeitgesetz vom 6. Juni 1994, Artikel 5 Absätze 2 und 3), Spanien (Gesetz 55/2003 vom 16. Dezember 2003 über das Rahmenstatut der statutarischen Bediensteten der Gesundheitsdienste, Artikel 54), Österreich (Beamten-Dienstrechtsgesetz (Nr. 33/1979), § 48a), Österreich (Arbeitszeitgesetz (Nr. 461/1969), § 12), Slowenien (Gesetz über Arbeitsverhältnisse (ERA-1) 2013, Artikel 158), Slowenien (Ärztegesetz Nr. 72/06-ZZdrS UPB3, Artikel 41 Buchstabe d, Gesetz über Gesundheitsdienstleistungen Nr. 23/05 – ZZdej UPB2), Slowakei (Gesetz Nr. 311/2001 Arbeitsgesetzbuch, § 92.2), Finnland (Arbeitszeitgesetz 605/1996, Abschnitt 29).
    (38) Tschechische Republik (Gesetz Nr. 262/2006 Arbeitsgesetzbuch, § 90a und § 92), Slowenien (Gesetz über Arbeitsverhältnisse (ERA-1) 2013, Artikel 158), Slowenien (Ärztegesetz Nr. 72/06-ZZdrS UPB3, Artikel 41 Buchstabe d, Gesetz über Gesundheitsdienstleistungen Nr. 23/05 – ZZdej UPB2), Slowakei (Gesetz Nr. 311/2001 Arbeitsgesetzbuch, § 93.5), Finnland (Arbeitszeitgesetz 605/1996, § 32).
    (39) Belgien, Tschechische Republik, Spanien, Kroatien, Lettland, Ungarn, Niederlande, Österreich, Slowakei.
    (40) Belgien, Deutschland, Frankreich, Zypern, Lettland.
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