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Document 52004IE0325

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Beschäftigungspolitische Maßnahmen“

ABl. C 110 vom 30.4.2004, p. 127–134 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

30.4.2004   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 110/127


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Beschäftigungspolitische Maßnahmen“

(2004/C 110/22)

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss am 17. Juli 2003 gemäß Artikel 29 Absatz 2 der Geschäftsordnung, eine Initiativstellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten: „Beschäftigungspolitische Maßnahmen“.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 4. Februar 2004 an. Berichterstatterin war Frau HORNUNG-DRAUS, Mitberichterstatter war Herr GREIF.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 406. Plenartagung am 25./26. Februar 2004 (Sitzung vom 26. Februar) mit 102 gegen 10 Stimmen und 11 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Zusammenfassung und Gesamtbewertung

Der EWSA begrüßt den Bericht der Taskforce Beschäftigung unter dem Vorsitz von Wim Kok, mit dem eine weitgehend ausgewogene Analyse der gegenwärtigen beschäftigungspolitischen Herausforderungen gelungen ist. Den Mitgliedstaaten wird die Dringlichkeit von Reformen anschaulich vor Augen geführt.

1.1

Die Methode der Taskforce, durch Benchmarking und das Aufzeigen von “good practices„ anschauliche Anregungen zur Verbesserung von beschäftigungspolitischen Maßnahmen zu geben, ist zu begrüßen. Um die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas in einer die gesellschaftliche Stabilität sichernden Weise zu stärken und mehr Beschäftigung zu schaffen, sind für den EWSA folgende Maßnahmen, die die Taskforce anspricht, besonders wichtig:

Förderung einer Kultur des Unternehmertums und Reduzierung der übermäßigen administrativen und regulativen Hindernisse für die Unternehmensgründung und Unternehmensführung;

Stärkung von Innovation und Forschung durch Verstärkung von Investitionen in diesem Bereich bei gleichzeitiger Förderung eines Umfeldes, das Innovationen begünstigt;

Schaffung von mehr Flexibilität - für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, ohne die notwendige Balance zwischen Flexibilität und Sicherheit auf dem Arbeitsmarkt aus den Augen zu verlieren, wozu insbesondere auch gehört, neue Formen der Flexibilität am Arbeitsmarkt mit neuen Formen der Sicherheit zu verbinden.

Ausrichtung von Steuern und Sozialbeiträgen in einer Weise, dass sie kein Hemmnis für Neueinstellungen darstellen, wenn dies die finanzielle Basis und die soziale Funktion der sozialen Sicherungssysteme nicht in Frage stellt;

Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen durch Schaffung fördernder Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, insbesondere im Bereich der Kinderbetreuung;

Schaffung von Anreizen für Arbeitnehmer, später in den Ruhestand zu treten und für Arbeitgeber, ältere Arbeitnehmer einzustellen und zu behalten durch geeignete personal- und arbeitsmarktpolitische Rahmenbedingungen;

Anhebung des Grundbildungsniveaus und Bemühen im Bereich der schulischen und beruflichen Erstausbildung sowie Anstrengungen, die Hochschulausbildung besser auf die Erfordernisse des Arbeitsmarktes abzustimmen;

Förderung des lebenslangen Lernens unter Einbeziehung aller relevanten Akteure - den Staat, den Einzelnen und die Wirtschaft;

Dringend notwendige Verstärkung der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit auf allen Ebenen: in Europa, auf nationaler Ebene in den Mitgliedstaaten und auf lokaler Ebene;

Stärkung der Rolle der nationalen Parlamente sowie der Sozialpartner in dem Prozess der Erstellung der Nationalen Aktionspläne;

1.2

Der EWSA begrüßt, dass die Taskforce auch auf die Umsetzung der vorgeschlagenen Reformen eingeht. Vielfach sollten gerade hier verstärkte Anstrengungen unternommen werden. Die Öffentlichkeit muss noch mehr als bislang davon überzeugt werden, dass durch wirtschaftlich und sozial ausgewogene Strukturreformen Europa gestärkt und die Arbeitsmarktlage verbessert wird.

Gleichwohl bewertet der EWSA verschiedene Aspekte des Berichts der Taskforce kritisch:

Es wäre wünschenswert gewesen, wenn die Taskforce in einigen Teilen einen noch umfassenderen Blick auf die beschäftigungspolitischen Herausforderungen geworfen hätte, z.B. durch eine stärkere Fokussierung auf die Vermittlung naturwissenschaftlicher Fähigkeiten und sozialer Schlüsselkompetenzen oder die Verringerung von Hindernissen bei einer erfolgreichen Unternehmensführung;

Es wird nicht ausreichend gewürdigt, dass eine erfolgreiche Beschäftigungspolitik neben strukturellen Maßnahmen am Arbeitsmarkt einer wachstums- und beschäftigungsorientierten makroökonomischen Politik bedarf;

Der wichtige Punkt der Förderung der nachhaltigen Integration Jugendlicher am Arbeitsmarkt ist nicht in der angemessenen Ausführlichkeit behandelt worden. Zudem geht der Bericht – neben der unbestrittenen Rolle, die die Sozialpartner in diesem Feld wahrnehmen – nicht auf die Bedeutung sozialer Organisationen wie NGOs, Wohlfahrtsverbände und Genossenschaften ein, die sich für arbeitslose und sozial ausgegrenzte Personen engagieren.

Im Rahmen der Investitionen in das Humankapital werden gesetzliche Zwangsbeiträge aller Unternehmen als eine der möglichen Lösungen zur Kostenverteilung zwischen den Arbeitgebern genannt. Aufgrund der jeweiligen nationalen Besonderheiten ist es jedoch fraglich, ob ein solcher Ansatz in allen Mitgliedstaaten der richtige Weg zur Förderung von Investitionen in das Humankapital ist. Es erscheint teilweise vielmehr erstrebenswert, die Ausweitung von freiwilligen Pool- und Fondslösungen einschließlich von Vereinbarungen der Sozialpartner z.B. auf lokaler, regionaler, sektoraler, nationaler Ebene zu fördern, um es insbesondere KMUs zu ermöglichen, ihre Investitionen in das Humankapital zu verstärken.

Während in den thematischen Kapiteln eine Balance zwischen der Förderung von Flexibilität und Sicherheit auf dem Arbeitsmarkt gefunden wurde, lässt diese insbesondere im Abschlusskapitel 5 zur Governance zu Lasten der notwendigen Sicherheiten, die ein flexibler Arbeitsmarkt verlangt, zu wünschen übrig.

Es wird nicht auf die Frage eingegangen, welchen Einfluss die Rechtssetzung auf EU-Ebene auf die gegenwärtige beschäftigungspolitische Situation hat.

Das Verhältnis der im Bericht angemahnten aktiven Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigungsentwicklung, die zwangsläufig mit zusätzlichen Kosten für die öffentliche Hand verbunden sind, zu der Forderung, diese Reformen innerhalb der vom Pakt für Stabilität und Wachstum ausgehenden Haushaltszwänge durchzuführen, wird nicht befriedigend angesprochen.

1.3

Die Beschäftigungsentwicklung ist für den EWSA ein zentrales Thema, dessen weitere Entwicklung er sehr aufmerksam begleiten und aktiv verfolgen wird. Der EWSA hofft, dass die vorangegangenen Bemerkungen bei den weiteren Diskussionen um dieses Thema Berücksichtigung finden.

1.4

Der EWSA wiederholt in diesem Zusammenhang seine bereits des Öfteren getätigte Überzeugung, dass dies vor allem auch über eine starke Einbindung der Sozialpartner im Rahmen ihrer Autonomie auf allen Ebenen und in allen Phasen der Europäischen Beschäftigungsstrategie von der Ausarbeitung über die Umsetzung bis hin zur Auswertung sowie über eine Einbindung der nationalen Parlamente in die entsprechenden nationalen Verfahren geschehen kann. Um das realisieren zu können, müssen die zeitlichen Abläufe entsprechend angepasst werden.

2.   Einführung

2.1

Ein hohes Maß an Beschäftigung ist ein wesentlicher Baustein für eine nachhaltige Entwicklung jeder Gesellschaft. Beschäftigung ist eine wesentliche Voraussetzung für die Integration vielfältiger gesellschaftlicher Gruppen in ein funktionierendes Gesellschaftssystem und ein wesentlicher Beitrag zur sozialen Integration. Sie bildet die Brücke zwischen jungen und alten Menschen, zwischen Menschen aus verschiedenen Regionen und gesellschaftlichen Schichten. Die Sicherung von Beschäftigung und deren qualitativer wie quantitativer Ausbau ist angesichts der europaweit hohen Arbeitslosigkeit eine dringende Aufgabe.

2.2

Anhaltend hohe und nun wieder steigende Arbeitslosenzahlen in vielen Staaten der Europäischen Union führen zu drängenden wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Problemen. Alle Mitgliedstaaten sind aufgefordert, der Verbesserung der Arbeitsmarktlage durch Förderung des Wirtschafts- und Beschäftigungswachstums und dem Abbau der hohen Arbeitslosigkeit höchste Priorität einzuräumen. Ziel ist es, die im Jahr 2000 in Lissabon festgelegten Ausrichtungen der Europäischen Union in die Realität umzusetzen. Danach soll die Europäische Union bis zum Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt werden, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einen größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen. Diese Zielvorgabe beinhaltet die Bereiche Wirtschaftswachstum (3 % Wachstum pro Jahr), Arbeitsplätze (insbesondere eine Beschäftigungsrate von 70 %) und sozialer Zusammenhalt.

2.2.1

Der EWSA hält weiterhin an seiner Aussage fest, dass es in vielen Mitgliedstaaten gemessen an den – vom Ausschuss befürworteten und unterstützten – Zielen von Lissabon nach wie vor insbesondere bezüglich des Beschäftigungsgrades, der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Produktivität beträchtliche Schwachstellen und Lücken gibt (1). Um sie zu schließen, ist es auch notwendig, sich zunächst die Ursachen der gegenwärtigen Lage vor Augen zu führen. Hierzu gehören Faktoren wie die zunehmende Geschwindigkeit der technologischen Veränderungen, die eine ständige Anpassung des Wissens an neue Voraussetzungen erforderlich macht. Ein weiterer Faktor ist die unzureichende Reaktion der Mitgliedstaaten auf die voranschreitende Globalisierung, die die Unternehmen ebenfalls zwingt, ihre Strukturen immer öfter und schneller anzupassen, um konkurrenzfähig bleiben zu können. Als weiteres Beispiel kann die nicht immer ausreichende Vorhersage der zukünftigen Qualifikationserfordernisse und die entsprechende Ausrichtung der Menschen in Ausbildung angeführt werden.

2.2.2

Um adäquat auf die bestehenden Probleme reagieren zu können, ist es notwendig, sich insbesondere mit den folgenden Komplexen zu befassen:

Maßnahmen zur Förderung des Wirtschaftswachstums: Die zeitliche Vernetzung von beschäftigungspolitischen Leitlinien und Grundzügen der Wirtschaftspolitik unterstützt die Zielsetzung von Lissabon. Zur weiteren Förderung ist eine verstärkte inhaltliche Verzahnung der Prozesse anzustreben. Der EWSA ist der Überzeugung, dass es „ohne starkes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum schwierig sein wird, die in Lissabon festgehaltenen Ziele zu erreichen“ (2). Die Lissabonner Ziele bedingen eine stärkere Ausrichtung der europäischen Wirtschaftspolitik auf die Zielvorgabe einer höheren Beschäftigung. Neben beschäftigungs- und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ist auch ein Augenmerk auf die allgemeine Wirtschaftspolitik zu legen, um „dem Wachstum in Europa als Voraussetzung für eine Besserung der Beschäftigungslage neue Impulse zu verleihen, indem die Grundzüge der Wirtschaftspolitik stärker zielorientiert, wirksamer in die Praxis umgesetzt und besser in die anderen Politikbereiche integriert werden“ (3).

Internationaler Handel, Freihandelsysteme, Globalisierung: Es werden Chancen für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung eröffnet, aber auch neue Herausforderungen. Als eine der Konsequenzen müssen die Unternehmen ihre Strukturen immer öfter und schneller anpassen, um konkurrenzfähig bleiben zu können. Diese Notwendigkeit führt zu signifikanten Auswirkungen auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Europa. Sie betrifft nicht nur große, sondern insbesondere auch kleine Unternehmen. Auch auf diesen Komplex ist der EWSA in verschiedenen Stellungnahmen eingegangen (4).

Beschäftigungsrelevante Strukturen in den einzelnen Mitgliedstaaten der EU: Die Taskforce „Beschäftigung“ hat in ihrem Bericht vom November 2003 praktische Reformmaßnahmen aufgezeigt, die nun von den EU-Mitgliedstaaten aufgegriffen werden sollen. Die vorliegende Initiativstellungnahme des EWSA wird sich mit diesem Themenkomplex auseinandersetzen.

2.3

Der EWSA begrüßt die Einsetzung der europäischen Taskforce „Beschäftigung“ unter der Leitung von Wim KOK. Die europäische Taskforce „Beschäftigung“ wurde beim letzten Frühjahrsgipfel des Europäischen Rates ins Leben gerufen, um beschäftigungspolitische Herausforderungen zu ermitteln und praktische Reformvorschläge sowohl für die EU-Ebene als auch für die Mitgliedstaaten aufzuzeigen, um so auch weiteren Input für die europäische Beschäftigungsstrategie zu geben. Sie führt den Regierungen die Dringlichkeit von durchgreifenden Reformen vor Augen und fordert die jetzigen und zukünftigen Mitgliedstaaten auf, diese Reformen auch tatsächlich durchzuführen.

2.3.1

Die Taskforce hat im November 2003 ihren Bericht vorgelegt, der folgende Bereiche anspricht:

„Anpassungsfähigkeit“ (Förderung von Unternehmensgründungen und Schaffung von Arbeitsplätzen maximieren, Entwicklung und Verbreitung von Innovation und Forschung, Förderung von Flexibilität und Sicherheit auf dem Arbeitsmarkt);

„Arbeitsmärkte“ (Arbeit lohnend machen, Verstärkung aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen, Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen, Strategien zur Reaktion auf die Überalterung, Eingliederung von Minderheiten und Einwanderern);

„Investitionen in das Humankapital“ (Erreichung eines höheren Bildungsniveaus, Teilung von Kosten und Verantwortlichkeiten, Erleichterung des Zugangs zu lebenslangem Lernen);

„Mobilmachen für Reformen“ (Mobilisierung der Gesellschaft, Umsetzung der Reformen, Verbesserung der Hebelwirkung der EU-Instrumente).

2.3.2

Der Taskforce-Bericht identifiziert vier Schlüsselfaktoren, die zur Steigerung der Beschäftigung und Produktivität erforderlich sind:

mehr Anpassungsfähigkeit auf Seiten der Arbeitnehmer und der Unternehmen;

größere Attraktivität des Arbeitsmarktes für mehr Menschen;

mehr und effektivere Investitionen in das Humankapital;

effektivere Durchführung der Reformen durch bessere beschäftigungspolitische Maßnahmen.

2.3.3

Der EWSA begrüßt in weiten Teilen den von der Taskforce vorgelegten Bericht. Der Taskforce „Beschäftigung“ ist eine weitgehend ausgewogene Analyse der gegenwärtigen beschäftigungspolitischen Herausforderungen gelungen. Gleichwohl steht der EWSA verschiedenen Aspekten kritisch gegenüber.

Der Bericht der Taskforce „Beschäftigung“ führt den politischen Entscheidungsträgern in den Mitgliedstaaten und auf EU-Ebene vor Augen, wie dringend Reformen eingeleitet und umgesetzt werden müssen, damit die Europäische Union ihr in Lissabon gesetztes Ziel noch erreichen kann, bis zum Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt zu werden, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen.

2.4

Um den Lissabonner Prozess zu unterstützen, ist es wichtig und richtig, auf europäischer Ebene im Rahmen der europäischen Beschäftigungsstrategie ein Benchmarking als Lernprozess durchzuführen, die Kompetenzen jedoch bei den einzelnen Mitgliedstaaten zu belassen (5). Europa kann einen Rahmen vorschlagen und die Mitgliedstaaten anregen, diesen auszufüllen. Die Europäische Beschäftigungsstrategie trägt positiv dazu bei, durch das Aufzeigen von Problemen auf den Arbeitsmärkten der EU und die Koordinierung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen auf der europäischen Ebene einen nützlichen Rahmen und wichtige Impulse für die Lösung nationaler und lokaler Herausforderungen zu geben. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, diese Impulse zeitnah in ihre Politiken einfließen zu lassen.

2.4.1

Die neue mittelfristige Ausrichtung der beschäftigungspolitischen Leitlinien auf den Zeithorizont 2010 ist sinnvoll und richtig (6). Eine größere Stabilität und längerfristige Perspektive unterstützen eine Politik, die neben kurzfristigen Maßnahmen auch eine mittel- und langfristige Orientierung anstrebt und so grundlegende Weichenstellungen ermöglicht. Die Verstärkung von Kohärenz und Komplementarität durch die stärkere zeitliche Vernetzung von beschäftigungspolitischen Leitlinien und Grundzügen der Wirtschaftspolitik sowie der anderen Prozesse im Rahmen der offenen Methode der Koordinierung (soziale Inklusion, Renten etc.) unterstützt die Zielsetzungen von Lissabon. Es ist aus Sicht des EWSA wichtig, einen weiteren Ausbau der inhaltlichen Verzahnung der Koordinierungsprozesse anzustreben. Gleichzeitig sollte den Aspekten der Umsetzung der Leitlinien in den Mitgliedstaaten, den Ergebnissen und der Evaluierung ein noch stärkeres Gewicht gegeben werden. Es darf auch nicht übersehen werden, dass eine erfolgreiche europäische Beschäftigungsstrategie, die zur Steigerung der Beschäftigung führt, ein wesentlicher Beitrag zur sozialen Integration ist. In diesem Zusammenhang betont der EWSA, dass die wirtschafts-, beschäftigungs- und sozialpolitischen Ziele, wie sie in Lissabon formuliert wurden, zusammengehören und nicht isoliert betrachtet werden dürfen.

2.5

Europa steht nicht zuletzt aufgrund der anstehenden Erweiterung an der Schwelle zu großen Veränderungen. Ein Binnenmarkt mit über 450 Millionen Menschen, die Entwicklung neuer Märkte und der Ausbau der grenzüberschreitenden Infrastruktur bringen neue wirtschaftliche Dynamik für ganz Europa und werden auch die Entwicklung im Bereich der Beschäftigung stark prägen. So stehen gerade auch die gemeinschaftsweiten Beschäftigungsziele von Lissabon vor einer großen Bewährungsprobe. Deswegen sind die jetzigen Mitgliedstaaten aufgefordert, auch im Bereich der Beschäftigungspolitik die nationalen Vorgaben so zu gestalten, dass sie für die neuen Herausforderungen gewappnet sind. Gleichzeitig sollte die Europäische Union den Bedürfnissen der neuen Mitgliedstaaten bei der Gestaltung ihrer Beschäftigungsstrategie besondere Aufmerksamkeit schenken, damit diese Länder die gemeinschaftsweiten Beschäftigungsziele auch tatsächlich erfüllen können. Der EWSA hat diese Themen im Rahmen der „joint consultant committees“ mit Vertretern der organisierten Zivilgesellschaft aus den Beitrittsländern bereits ausführlich behandelt (7).

Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung

3.   Steigerung der Anpassungsfähigkeit

3.1

Wirtschaftliche Entwicklung und die Beschäftigungsentwicklung stehen in einer engen Beziehung zueinander. Wirtschaftswachstum und ein Klima für Investitionen sind die wesentlichen Voraussetzungen für die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Aufrechterhaltung bereits bestehender Beschäftigung. Wirtschaftlicher Erfolg ist die Grundlage für die nachhaltige Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen. Ein die internationale Wettbewerbsfähigkeit fördernder beschäftigungsfreundlicher makroökonomischer Policymix aus Geld- Fiskal- und Lohnpolitik (unter Berücksichtigung der Zuständigkeit und Autonomie der jeweiligen Akteure) ist eine notwendige Voraussetzung dafür, die europäische Wirtschaft wieder auf jenen Wachstumspfad zurückzubringen, der eine bestmögliche Ausschöpfung der Wachstums- und Beschäftigungspotentiale in der Union ermöglicht.

3.2

Hierzu ist es nach Auffassung des EWSA notwendig, Unternehmen diejenigen Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen, die ihre Handlungsfähigkeit stärken und sie in die Lage versetzen, sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und Arbeitsplätze schaffen zu können und sich gleichzeitig ihrer sozialen Verantwortung zu stellen (8). Damit die Unternehmen das Potential für die Schaffung von Arbeitsplätzen voll nutzen können, unterstreicht der EWSA den Ansatz der Taskforce „Beschäftigung“, die Gründung und Expansion von Unternehmen z.B. durch die Reduzierung übermäßiger administrativer und regulativer Hindernisse für Unternehmensgründung und Unternehmensführung zu erleichtern und durch die Schaffung von Servicezentren (One-Shop-Stops) diesen Unternehmen gebündelte Beratung und Unterstützung anzubieten.

3.3

Neben der Förderung bereits vorhandener unternehmerischer Tätigkeit insbesondere auch in KMUs sollte man nach Ansicht des EWSA auch ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung des Unternehmergeistes und der Förderung von Existenzgründungen legen (9). Die Grundlage eines solchen Unternehmergeistes könnte bereits im Rahmen der Ausbildung gelegt werden. Im Jahr 2000 sind in der Europäischen Charta für Kleinunternehmen wichtige Voraussetzungen festgelegt worden, die zur Stärkung von Kleinunternehmen ergriffen werden sollten (10). Der EWSA begrüßt, dass die Taskforce „Beschäftigung“ sich intensiv mit den Voraussetzungen auseinandersetzt, die notwendig sind, um die Gründung von Unternehmen zu erleichtern. Wie der Bericht zu Recht betont, ist es insbesondere notwendig, die für Unternehmensgründungen erforderliche Zeit und die entsprechenden Kosten zu senken. Hier bestehen in den Mitgliedstaaten der EU größere Diskrepanzen, die abgebaut werden sollten. Auch für die Entwicklung von KMUs zeigt der Bericht der Taskforce wichtige Rahmenbedingungen, wie den Zugang zur Finanzierung, auf. Darüber hinaus sollte das große Beschäftigungspotential der kleinen und mittleren Unternehmen genutzt und ausgeweitet werden. Dabei sollte das Augenmerk auch auf die Förderung der Beschäftigung in Kleinstunternehmen gelegt werden. Um es Menschen zu ermöglichen, eine selbständige unternehmerische Tätigkeit aufzunehmen und sie auf diese Tätigkeit vorzubereiten, sollte interessierten Personen entsprechende Schulung und Unterstützung z.B. durch Bündelung von Informationen bei bestimmten Stellen angeboten werden. Die Jungunternehmer sollten das Entwicklungspotential bestimmter Branchen wie „Pflege“ oder „Umwelt“ beachten. Der EWSA hat in diesem Zusammenhang bereits auf das wachsende Beschäftigungspotential in der Sozialwirtschaft hingewiesen (11). Die im Bericht der Taskforce aufgenommene Forderung an die Mitgliedstaaten, eine Kultur des Unternehmertums zu fördern und die Stigmatisierung bei Misserfolg zu beseitigen, sind auch aus Sicht des EWSA wichtige Ansätze.

3.4

Die Förderung von Innovation und Forschung und ihre Verbreitung, die die Taskforce in ihrem Bericht anspricht, ist auch aus Sicht des EWSA ein wesentliches Element zur Steigerung der Anpassungsfähigkeit und Verbesserung der Qualität der Arbeit. Die zunehmende wirtschaftliche Verflechtung in einer globalen Welt macht die Fähigkeit zu Innovation zu einem wichtigen Wettbewerbsvorteil - zu Gunsten von Unternehmen und Arbeitnehmer. Insofern begrüßt der Ausschuss das Plädoyer der Taskforce, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung entsprechend den Zielvorgaben des Europäischen Rates vom März 2003 (3 % des BIP) in den Mitgliedstaaten zu erhöhen. Gleichzeitig muss jedoch die Schaffung eines Umfelds gefördert werden, in dem die Umwandlung von Ideen und Forschung in Innovation begünstigt wird.

3.5

Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, entsprechend ihrer nationalen Strukturen, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit Unternehmen und Arbeitnehmer besser auf den immer schneller voranschreitenden Wandel reagieren können. Nach Auffassung des EWSA ist es dabei wichtig, die richtige Balance zwischen Flexibilität und Sicherheit auf den Arbeitsmärkten zu finden, damit die Unternehmen die Möglichkeit haben, erfolgreich mehr Beschäftigung anbieten zu können und die Arbeitnehmer gleichzeitig die erforderliche Sicherheit erhalten. Der EWSA begrüßt den ausgewogenen Ansatz, den die Taskforce im Kapitel „Förderung von Flexibilität und Sicherheit auf dem Arbeitsmarkt“ vorlegt. Obwohl die gesellschaftlichen und strukturellen Voraussetzungen in den Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgestaltet sind, lassen sich in diesem Zusammenhang doch gemeinsame Aspekte identifizieren, auf die nach Ansicht des EWSA besonderer Wert gelegt werden sollte:

Modernisierung und Verbesserung der sozialen Sicherungssysteme, um sie den heutigen Gegebenheiten anzupassen, bei gleichzeitigem Erhalt ihre sozialen Schutzfunktion;

Stärkung der unternehmerischen Flexibilität durch eine stärkere Anpassung der Rahmenbedingungen an die Bedürfnisse von Unternehmen und ihren Belegschaften bei gleichzeitiger Gewährleistung von angemessener Sicherheit für die Arbeitnehmer;

Förderung und Konsolidierung flexibler Beschäftigungsformen wie die Zeitarbeit, die als Sprungbrett - soweit vom Arbeitnehmer gewünscht - in ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis dienen können, und hierbei die Gleichbehandlung und den Schutz der Arbeitnehmer beachten. Eine Förderung ist auch für innovative Formen der Arbeitsorganisation (wie z.B. Telearbeit) wichtig. Dabei sollten neue Formen der Flexibilität am Arbeitsmarkt mit neuen Formen der Sicherheit verbunden werden. Hierbei kommt den Sozialpartnern bei der Etablierung entsprechender Rahmenbedingungen u.a. auch im Bereich der Tarifvertragspolitik große Bedeutung zu.

Förderung der geographischen Mobilität zwischen den EU-Mitgliedstaaten sowie innerhalb der Arbeitsmärkte der Mitgliedstaaten z.B. durch Überwindung von sprachlichen und kulturellen Problemen oder administrativen Hindernissen.

4.   Steigerung der Attraktivität des Arbeitsmarkts für mehr Menschen

4.1

Die Taskforce „Beschäftigung“ spricht mit „Arbeit lohnend machen“ einen wichtigen Bereich an. Die Steuer- und Sozialeistungssysteme der Mitgliedstaaten sollen so ausgerichtet sein, dass es sich für Arbeitnehmer lohnt, in den Arbeitsmarkt einzutreten, dort zu bleiben und voranzukommen. Eine solche Politik kann aus Sicht des EWSA jedoch nur dann erfolgreich sein, wenn sie mit Maßnahmen verknüpft wird, die die Anzahl der zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze steigern und - wie die Taskforce anspricht - auch verhindern, „dass Menschen in schlecht bezahlten/wenig qualifizierten Beschäftigungen oder wiederholten Phasen der Arbeitslosigkeit gefangen bleiben“. In diesem Zusammenhang ist auch die Überführung von Schwarzarbeit in legale Beschäftigung wichtig, die durch kombinierte Maßnahmen von Kontrolle und Anreiz sowie auch eine Verringerung der Besteuerung der Arbeit erreicht werden kann, wie der EWSA bereits im Rahmen seiner Stellungnahme zur Zukunft der Europäischen Beschäftigungsstrategie betont hat (12). Steuern und Sozialbeiträge sowie das Leistungsniveau der sozialen Sicherungssysteme müssen dabei so ausgerichtet werden, dass die finanzielle Solidität der sozialen Sicherungssysteme und die Infrastrukturaufgaben des Staates nicht in Frage gestellt werden.

4.2

Die Förderung von aktiven und präventiven Maßnahmen für Arbeitslose und Nichterwerbspersonen ist für den EWSA ein wichtiges Ziel. Arbeitsmarktpolitische Instrumente müssen konsequent auf die Wiedereingliederung Arbeitsloser in den ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet werden. Es ist besonderer Wert auf die Evaluierung dieser Maßnahmen zu legen. Gleichzeitig ist es wichtig, Arbeitslose zu ermutigen, sich selbst aktiv um eine Arbeitsstelle zu bemühen. Hindernisse, die einem solchen aktiven Vorgehen entgegenstehen können, sollten u.a. durch maßgeschneiderte Dienstleistungen beseitigt werden. Den Arbeitsämtern kommt hierbei eine wichtige Rolle zu. Eine enge Zusammenarbeit zwischen der Arbeitsvermittlung und den Unternehmen ist anzustreben, um damit eine flexible Anpassung an sich verändernde Bedürfnisse des Arbeitsmarktes zu erleichtern. Der EWSA begrüßt darüber hinaus auch die Empfehlungen der Taskforce zur Prävention und Aktivierung und unterstreicht, dass im Falle von Unternehmensumstrukturierungen eher aktive als passive Maßnahmen den Vorrang erhalten sollten, worunter auch die Information und Konsultation der Arbeitnehmer zu zählen ist. Die europäischen Sozialpartner haben hierzu mit den „Orientations for reference in managing change and its social consequences“ einen ersten wichtigen Beitrag geleistet (13), was vom EWSA begrüßt wird.

4.3

Es wäre wünschenswert gewesen, wenn die Taskforce stärker als geschehen auf Maßnahmen zur Integration von Jugendlichen in den Arbeitsmarkt und zum Kampf gegen die Arbeitslosigkeit Jugendlicher eingegangen wäre. Gerade in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage und einem angespannten Arbeitsmarkt benötigen Jugendliche eine ausreichende Förderung, um auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können. Hierzu sind alle Akteure am Arbeitsmarkt aufgefordert, ihre gegenwärtigen Beiträge und Politiken im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit zu überprüfen. Sämtliche Ausbildungsgänge für junge Menschen, insbesondere in traditionellen Berufen, sollten die Entwicklung von Fähigkeiten umfassen, die in der wachsenden Wissensgesellschaft von Belang sind. Der EWSA hat sich in verschiedenen Stellungnahmen intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt (14).

4.4

Bestimmte Personengruppen, z.B. Menschen mit Handicaps wie Personen mit Behinderungen oder gering qualifizierte Arbeitskräfte, aber auch bestimmte Gruppen von Zuwanderern, die auf dem Arbeitsmarkt mit zusätzlichen Schwierigkeiten konfrontiert sind, benötigen vielfach besondere Voraussetzungen, die ihnen den Einstieg oder den Verbleib im Arbeitsleben ermöglichen und erleichtern. Die Integration dieser Menschen ist eine wichtige Gesellschaftsaufgabe. Eine aktive Politik zur Eingliederung ist notwendig. Um diesen Personen den Zugang zum und den Verbleib am Arbeitsmarkt zu ermöglichen, ist nicht nur ein Bewusstseinswandel aller Gesellschaftsgruppen notwendig, sondern es müssen auch die entsprechenden wirtschafts- und personalpolitischen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die Qualifizierung dieser Menschen ist ein sinnvoller Beitrag, damit sie sich behaupten können. Vorrangiges Ziel sollte dabei die nachhaltige Integration in alle Formen der Beschäftigung sein.

4.5

Der EWSA begrüßt, dass die Taskforce „Beschäftigung“ sich mit der Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen auseinandergesetzt hat. Der EWSA fordert die Mitgliedstaaten auf, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter voranzutreiben. In Lissabon wurde als Zielmarke festgelegt, die Beschäftigungsrate von Frauen von 54 % (2000) auf 60 % anzuheben. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Rahmenbedingungen verbessert werden, um es Frauen zu ermöglichen, eine Beschäftigung aufnehmen zu können. Hierbei handelt es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Insbesondere durch die Schaffung von Betreuungsangeboten für Kinder besteht die Chance, familiäre und berufliche Pflichten miteinander in Einklang zu bringen, im Berufsleben zu verbleiben bzw. nach einer Pause rasch auf den Arbeitsmarkt zurückkehren zu können. Der EWSA begrüßt deswegen die Aufforderung des Rates der Europäischen Union an die Mitgliedstaaten, diejenigen Hemmnisse zu beseitigen, die Frauen von einer Beteiligung am Arbeitsmarkt abhalten und gleichzeitig Betreuungsplätze für Kinder zur Verfügung zu stellen (15). Gleiches gilt für die Ausführungen der Taskforce, dass öffentliche Stellen sicherstellen müssen, dass solche Dienstleistungen der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und auch erschwinglich sind. Zudem ist es wichtig, dass die Taskforce auch flexible Möglichkeiten der Arbeitszeitgestaltung wie u.a. Teilzeit anspricht. Gleichzeitig sind die Tarifpartner aufgefordert, bei ihren Vereinbarungen den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen zu beachten.

4.6

Angesichts der rückläufigen und alternden Erwerbsbevölkerung sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union mehr denn je auf das Wissen, den Erfahrungsschatz und das Können älterer Arbeitnehmer angewiesen, um die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit auf Dauer zu erhalten. Die Förderung von aktivem Altern ist für den EWSA ein wichtiges Anliegen. Der EWSA begrüßt den Ansatz der Taskforce „Beschäftigung“, sowohl Anreize für Arbeitnehmer zu setzen, später in den Ruhestand zu treten, als auch für Arbeitgeber, ältere Arbeitnehmer einzustellen und zu behalten. Um das tatsächlich zu erreichen, müssen die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Anreize für längere Erwerbsbiographien stärken und die es gleichzeitig Unternehmen erleichtern, insbesondere auch ältere Arbeitnehmer zu beschäftigen. Zur Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer ist ein Arbeitsmarkt gefragt, der auch eine Beschäftigung älterer Arbeitnehmer zulässt, was von allen Akteuren am Arbeitsmarkt eine aktive Gestaltung erfordert, wozu auch Weiterbildung zur Verbesserung der Qualifikation und eine flexible Arbeitsorganisation gehört, wie eine Untersuchung der Dubliner Stiftung gezeigt hat (16). Ein besonderes Augenmerk sollte auch darauf gelegt werden, die Arbeitsfähigkeit der älteren Arbeitnehmer zu erhalten. In diesem Sinn ist eine entsprechende altersgerechte Arbeitsorganisation sowie altersgerechtes Personalmanagement ebenso zentral wie entsprechende Vorkehrungen im Bereich Sicherheit und Gesundheit (17).

4.7

Im Hinblick auf die rückläufige Erwerbsbevölkerung in Europa hat der EWSA kürzlich auch auf die Rolle hingewiesen, die Zuwanderer für die Sicherstellung eines ausreichenden Potenzials an qualifizierten Arbeitskräften auf dem Arbeitsmarkt spielen können (18).

5.   Investitionen in das Humankapital

5.1

Eine gute schulische und berufliche Ausbildung ist das Einstiegstor in eine erfolgreiche berufliche Entwicklung. Europa verändert sich hin zu einem „Europa des Wissens“. Der EWSA hat in der Vergangenheit wiederholt und intensiv auf die Bedeutung von Bildung hingewiesen (19). Der EWSA begrüßt, dass die Taskforce „Beschäftigung“ einen besonderen Akzent auf den Bereich der Bildung legt. Die Grundlage von Bildung wird in der Schule gelegt. Es ist besonders wichtig, die Zahl der Schulabbrecher ohne ausreichendes Qualifikations- und Fähigkeitsniveau zu senken, wie der Taskforce-Bericht zu Recht betont, damit die jungen Menschen zumindest die Grundqualifikationen besitzen, die für einen erfolgreichen Start ins Berufsleben unerlässlich sind. Um das zu erreichen, muss die Attraktivität der Schule gesteigert werden, ohne Abstriche bei der Qualität zu machen. Auch im Bereich der Berufsbildung, im dem traditionell den Sozialpartnern eine wichtige Bedeutung zukommt, ist ein effizientes System erforderlich, das sich neben allgemeinen bildungspolitischen Zielen auch an den Erfordernissen des Arbeitsmarkts orientiert.

5.2

Der EWSA spricht sich dafür aus, den Bereich der Hochschulbildung weiter auszubauen. Der Ansatz der Taskforce, einem größeren Teil der Bevölkerung den Zugang zu einer Hochschule zu ermöglichen, ist ein begrüßenswertes Ziel. Dabei dürfen jedoch keine Abstriche an der Qualität der Hochschulbildung hingenommen werden. Die Schaffung eines europäischen Hochschulraums ist ein weiterer wichtiger Schritt. Der EWSA fordert seit längerem, die Anstrengungen zum Aufbau eines europäischen Raumes des Lernens zu intensivieren (20). Qualifikationen müssen europaweit und international transparent sein. Deswegen begrüßt der EWSA den Beschluss der europäischen Wissenschaftsminister (21), die Einführung der international anerkannten Hochschulabschlüsse „Master“ und „Bachelor“ in den nächsten Jahren zu verwirklichen. Um den Hochschulabsolventen den Einstieg in das Berufsleben zu erleichtern, ist es auch hier notwendig, die Relevanz der Studienpläne für die aktuelle Arbeitswelt zu überprüfen.

5.3

Der Bereich des lebenslangen Lernens spielt für alle Gruppen von Arbeitnehmern eine wichtige Rolle. Der Begriff des lebenslangen Lernens umfasst insbesondere das lebensbegleitende systematische und aktive bildungsmäßige Bemühen der europäischen Bürger, sich auf die heutigen Erfordernisse des täglichen Leben einzustellen (22). Neben dem Arbeitnehmer selber haben auch die Unternehmen ein Interesse daran, berufliche Fähigkeiten zu erkennen und auszubauen. Der EWSA begrüßt es, dass die Taskforce auch auf die öffentliche Hand als relevanten Akteur in diesem Bereich abstellt. Auch den Sozialpartnern kommt hier eine wichtige Rolle zu. Da die Vorteile des lebenslangen Lernens den Arbeitnehmern, den Unternehmen und der Gesellschaft insgesamt zukommen, folgt daraus auch eine geteilte Verantwortung für das lebenslange Lernen sowie für die daraus entstehenden Kosten. Ein hoher Qualitätsstand bei Aus- und Weiterbildung mit der Möglichkeit für Arbeitnehmer, die erforderlichen Kompetenzen zu erwerben, verringert das Risiko von Arbeitslosigkeit, erhöht die Chancen auf Beschäftigung und wirkt so auch sozialer Ausgrenzung entgegen. Investitionen in eine höhere Qualifikation und Strategien zum lebensbegleitenden Lernen sind für die künftige Wettbewerbsfähigkeit in Europa wichtig und nehmen daher zu Recht auch einen prominenten Stellenwert in der Europäischen Beschäftigungsstrategie ein. Um die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten von Arbeitnehmern zu verbessern und ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen, ist es notwendig, den Bereich der Aus- und Weiterbildung im Hinblick auf die Vermittlung der relevanten Kompetenzen zu stärken. Der EWSA begrüßt, dass die Sozialpartner im „Aktionsrahmen für eine lebenslange Weiterentwicklung von beruflichen Fähigkeiten und Qualifikationen“ (23) diesen Ansatz aufgenommen haben.

Brüssel, den 26. Februar 2004

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Roger BRIESCH


(1)  Stellungnahme des EWSA „Europäische Beschäftigungsstrategie“ (ABl. C 133 vom 6.6.2003).

(2)  EWSA-Stellungnahme „Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen in den Mitgliedstaaten“ABl. C 208 vom 3.9.2003.

(3)  EWSA-Stellungnahme „Grundzüge der Wirtschaftspolitik 2003“ (ABl. C 133 vom 6.6.2003); vgl. zudem EWSA-Stellungnahme „Wirtschaftliches Regieren in der EU“ (ABl. C 85 vom 8.4.2003; EWSA-Stellungnahme ECO/110 „Grundzüge der Wirtschaftspolitik“ vom 11.12..2003.

(4)  vgl. u.a. Informationsbericht des EWSA: „Die Globalisierung bewältigen“; Stellungnahme des EWSA „Die WTO mit menschlichem Antlitz“ (ABl. C 133 vom 6.6.2003); „Vorbereitung der 5. WTO-Ministerkonferenz“ (ABl. C 234 vom 30.9.2003).

(5)  EWSA-Stellungnahme „Europäische Beschäftigungsstrategie“ (ABl. C 133 vom 6.6.2003), EWSA-Stellungnahme „Beschäftigungspolitische Leitlinien“ (ABl. C 208 vom 3.9.2003).

(6)  Stellungnahme des EWSA „Beschäftigungspolitische Leitlinien“ (ABl. C 208 vom 3.9.2003).

(7)  vgl. u.a. REX/130 – 2003 „Weiterbildung und lebenslanges Lernen und ihr Einfluss auf Beschäftigung in Estland“; REX/148 – 2003 „Gemeinsame Erklärung“; REX/087 – 2002 „Die Situation der KMUs in Ungarn im Vergleich zur KMU-Politik in der EU“.

(8)  Stellungnahme des EWSA zum Thema „Grünbuch: Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen“ vom 20.3.2002 (ABl. C 125 vom 27.5.2002).

(9)  EWSA-Stellungnahme „Grünbuch Unternehmergeist in Europa“.

(10)  Europäische Charta für Kleinunternehmen, Juni 2000; Stellungnahme des EWSA „Europäische Charta für kleine Unternehmen“ (ABl. C 204 vom 18.7.2002).

(11)  vgl. zur Sozialwirtschaft die EWSA-Stellungnahme „Sozialwirtschaft und Binnenmarkt“ (ABl. C 117 vom 26.4.2000).

(12)  Stellungnahme des EWSA „Europäische Beschäftigungsstrategie“ (ABl. C 133 vom 6.6.2003).

(13)  „Orientations for reference in managing change and its social consequences“, 16.10.2003, UNICE, ETUC, CEEP, UEAPME.

(14)  Stellungnahme des EWSA „Weißbuch der Europäischen Kommission: Schwung für die Jugend Europas“ (ABl. C 149 vom 21.6.2002); „Weißbuch Jugendpolitik“ (ABl. C 116 vom 20.4.2001).

(15)  Beschluss des Rates über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2003/578/EG).

(16)  Europäische Stiftung für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen: „Die Bekämpfung der Altersgrenzen auf dem Arbeitsmarkt“; vgl. u.a. hierzu die Stellungnahme des EWSA „Ältere Arbeitnehmer“ (ABl. C 14 vom 16.1.2001).

(17)  Stellungnahme des EWSA zum Thema „Grünbuch: Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen“ vom 20.3.2002 (ABl. C 125 vom 27.5.2002).

(18)  Stellungnahme des EWSA zu „Einwanderung, Integration und Beschäftigung“ vom 10.12.2003 (SOC/138).

(19)  Vgl. u.a. Stellungnahme des EWSA „Die europäische Dimension der allgemeinen Bildung: Wesen, Inhalt und Perspektiven“ (ABl. C 139 vom 11.5.2001); Stellungnahme des EWSA „Lebenslanges Lernen“ (ABl. C 311 vom 7.11.2001); Stellungnahme des EWSA „Europäische Benchmarks für allgemeine und berufliche Bildung“ (ABl. C 133 vom 6.6.2003); Stellungnahme des EWSA „Bildung von morgen“ (ABl. C 36 vom 8.2.2002); Stellungnahme EWSA Programm eLearning (ABl. C 133 vom 6.6.2003).

(20)  vgl. insbesondere: Stellungnahme des EWSA „Die europäische Dimension der allgemeinen Bildung: Wesen, Inhalt und Perspektiven“ (ABl. C 139 vom 11.5.2001).

(21)  „Communiqué of the Conference of Ministers responsible for Higher Education“ vom 19.9.2003.

(22)  Stellungnahme des EWSA „Lebenslanges Lernen“ (ABl. C 311 vom 7.11.2001).

(23)  „Framework of Actions for the Lifelong Development of Competencies and Qualifications“ vom 14.3.2002.


ANHANG

zur Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Abgelehnter Änderungsantrag

Folgender Änderungsantrag, auf den mindestens ein Viertel der abgegebenen Stimmen entfiel, wurde abgelehnt:

Ziffer 3.5, dritter Gedankenstrich Die ersten beiden Sätze streichen und die folgenden beiden wie folgt ändern:

„Dabei sollten neue Formen der Flexi-bilität am Arbeitsmarkt mit neuen Formen der Sicherheit verbunden werden. Die allgemeinen Bedingungen hierfür sind von den Sozialpartnern in Tarifverhandlungen festzulegen.“

Begründung

Die Aussage, dass Zeitarbeit zu fördern sei, kann nicht das eigentliche Bestreben sein. Es gibt zwar Situationen, in denen solche Beschäftigungsformen notwendig sind, doch ist die Förderung auf dauerhafte Beschäftigung zu richten. Flexible Beschäftigungsformen sind als Ausnahme davon anzusehen. Die Regelung flexibler Beschäftigungsformen muss immer Sache der Sozialpartner sein.

Ergebnis der Abstimmung zur Streichung des Textes:

Ja-Stimmen: 53, Nein-Stimmen: 67, Stimmenthaltungen: 4


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