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Document 52001PC0257

    Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten

    /* KOM/2001/0257 endg. - COD 2001/0111 */

    ABl. C 270E vom 25.9.2001, p. 150–160 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    52001PC0257

    Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten /* KOM/2001/0257 endg. - COD 2001/0111 */

    Amtsblatt Nr. 270 E vom 25/09/2001 S. 0150 - 0160


    Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten

    (von der Kommission vorgelegt)

    BEGRÜNDUNG

    1. Einleitung

    1.1. "Die Unionsbürgerschaft stellt für den Bürger eine Garantie der Zugehörigkeit zu einer Politik- und Rechtsgemeinschaft dar". Diese Meinung hat das Europäische Parlament in seiner Entschließung zum Zweiten Bericht der Kommission über die Unionsbürgerschaft vertreten [1]. Die Kommission hatte in diesem Bericht [2] die These aufgestellt, dass "durch die Einführung einer Unionsbürgerschaft die Erwartungen der Bürger in Bezug auf die ihnen nunmehr zustehenden Rechte und deren Schutz (...) gestiegen sind". Der Europäische Rat von Cardiff hat festgestellt, dass "die Mitgliedstaaten und alle Institutionen nachhaltige Anstrengungen unternehmen [müssen], um die Union offener, leichter verständlich und für das alltägliche Leben relevanter werden zu lassen und sie auf diese Weise den Bürgern näher zu bringen".

    [1] Entschließung zum Zweiten Bericht der Kommission über die Unionsbürgerschaft (KOM(97) 230 C4-0291/97), ABl. C 226 vom 20.7.1998, S. 61.

    [2] Zweiter Bericht der Kommission über die Unionsbürgerschaft (KOM(97) 230 endg.).

    1.2. In ihrer Mitteilung über die Folgemaßnahmen zu den Empfehlungen der hochrangi gen Sachverständigengruppe zu Fragen der Freizügigkeit [3] hat die Kommission bestätigt, dass durch die Verankerung der Unionsbürgerschaft im EG-Vertrag "zugunsten aller Bürger die Rechte auf Einreise, Aufenthalt und Verbleib auf dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaats eingeführt" wurden. "Unter dieser Perspektive werden diese Rechte nunmehr integraler Bestandteil des rechtlichen Besitzstands eines jeden Bürgers der Europäischen Union und sollten in einem gemeinsamen Sockel formalisiert werden" (.....), indem der "Rechtsstatus aller Gemeinschafts bürger in den Mitgliedstaaten, unabhängig davon, ob sie eine wirtschaftliche Tätigkeit verfolgen oder nicht, [harmonisiert wird]". Das bedeutet, dass es eines neuen Ansatzes für die Ausübung der Rechte des Unionsbürgers bedarf, der auf eine einheitliche Regelung der Freizügigkeit im Sinne der Artikel 17 und 18 EG-Vertrag abstellt.

    [3] Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Folgemaßnahmen zu den Empfehlungen der hochrangigen Sachverständigengruppe zu Fragen der Freizügigkeit (KOM(98) 403 endgültig).

    1.3. Dieser Richtlinienvorschlag berücksichtigt die neue rechtliche und politische Sachlage, die durch die Einführung der Unionsbürgerschaft geschaffen wurde. Die Grundidee ist folgende: Die Freizügigkeit der Unionsbürger zwischen den Mitgliedstaaten sollte mutatis mutandis unter ähnlichen Bedingungen stattfinden, wie denjenigen, die für die Bürger eines Mitgliedstaats gelten, die sich innerhalb ihres eigenen Landes bewegen und ihren Wohnort wechseln. Zusätzliche Verwaltungs- oder rechtliche Verpflichtungen sollten auf das absolute Notwendige beschränkt werden, das sich aus der Tatsache ergibt, dass der Betreffende kein Inländer ist.

    1.4. Der Vorschlag hat mehrere Schwerpunkte: erstens handelt es sich um einen einzigen Rechtsakt, was im Vergleich zu der bisherigen Situation die Verständlichkeit und Transparenz verbessert, zweitens die Erleichterung der Ausübung der Freizügigkeit, wobei die Maßnahmen je nach Grad der Integration in das betreffende Land von der Ausdehnung des Aufenthaltsrechts ohne weitere Formalitäten auf sechs Monate bis zur Abschaffung jeglicher Voraussetzung und Kategorisierung der Begünstigten sowie zur Gleichstellung mit den Inländern nach einem Aufenthalt von vier Jahren reichen; drittens eine genauere Abgrenzung der Beschränkungen des Aufenthalts rechts. Schließlich soll mit diesem Vorschlag auch den Familienangehörigen des Unionsbürgers, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die Ausübung der Freizügigkeit und des Aufenthaltsrechts erleichtert werden.

    2. Die im Richtlinienvorschlag vorgesehenen Maßnahmen

    2.1. Das Recht auf Einreise und auf Aufenthalt der Unionsbürger ist derzeit in zwei Verordnungen und neun Richtlinien geregelt, die ein komplexes Rechtsgefüge bilden. Diese Rechtsvorschriften stützen sich auf unterschiedliche Artikel des EG-Vertrags und gelten für unterschiedliche Kategorien von Personen.

    Der Vorschlag erfasst sämtliche Personenkategorien. Für Erwerbstätige, d.h. Arbeitnehmer und Selbständige, soll es nur noch eine einzige Voraussetzung für das Aufenthaltsrecht geben: die - durch eine einfache Erklärung glaubhaft zu machende - Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit.

    Für Nichterwerbstätige bleibt die Voraussetzung der ausreichenden Existenzmittel und einer Krankenversicherung während der ersten vier Jahre des Aufenthalts im Aufnahmemitgliedstaat beibehalten, damit die Betreffenden nicht zu einer unangemessen hohen finanziellen Belastung für den Aufnahmemitgliedstaat werden. Die Bedingung wurde jedoch dahingehend gelockert, dass der als ausreichend zu betrachtende Betrag in der Richtlinie nicht genannt und von den Mitgliedstaaten auch nicht festgelegt werden darf. Der Nachweis, dass diese beiden Voraussetzungen erfuellt sind, wird durch eine einfache eidesstattliche Erklärung des Betreffenden ersetzt, die nur dann überprüft werden soll, wenn dieser Sozialhilfe bzw. - wenn er über keine Krankenversicherung verfügt - Krankenhilfe in Anspruch nimmt. Studenten müssen nachweisen, dass sie in einer Bildungseinrichtung eingeschrieben sind und in einer Erklärung bestätigen, dass sie über ausreichende Existenzmittel und eine Krankenversicherung verfügen.

    2.2. Die Einführung eines Rechts auf Daueraufenthalt nach vier Jahren regelmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts im Aufnahmemitgliedstaat ist eine Neuerung, die die logische und zwingende Folge des persönlichen Grundrechts ist, die der EG-Vertrag jedem Unionsbürger zuerkennt. Hat der Betreffende sich vier Jahre im Aufnahme mitgliedstaat aufgehalten, ist sein Aufenthaltsrecht an keine Bedingung mehr geknüpft und frei von jeder Beschränkung; ihm ist eine nahezu uneingeschränkte Gleichbehandlung mit den Inländern gesichert.

    2.3. Die hier nur kurz erläuterten Ziele ließen sich nicht verwirklichen, wenn die tatsächliche Ausübung der Freizügigkeit durch schwerfällige und nicht gerecht fertigte Verwaltungsmodalitäten und -verfahren behindert würde. Deshalb zielt dieser Richtlinienvorschlag darauf ab, für die Unionsbürger und ihre Familienan gehörigen Garantien und Formalitäten festzuschreiben, die den für Inländer vorgesehenen "gleichwertig" sind.

    Dieses Ziel ist bereits im Gemeinschaftsrecht verankert. So sieht Artikel 40 EG-Vertrag die Beseitigung der Verwaltungsverfahren und -praktiken sowie der Fristen und sonstigen Beschränkungen vor, die die Freizügigkeit der Arbeitnehmer behindern. Artikel 9 Absatz 3 der Richtlinie 68/360/EWG [4] und Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 73/148/EWG [5] sehen vor, dass "die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen [treffen], um die Formalitäten und Verfahren für die Beschaffung der [Aufenthaltsdokumente] soweit irgend möglich zu vereinfachen".

    [4] Richtlinie 68/360/EWG des Rates vom 15. Oktober 1968 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthalts beschränkungen für Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten und ihre Familienangehörigen innerhalb der Gemeinschaft, ABl. L 257 vom 19.10.1968, S. 13.

    [5] Richtlinie 73/148/EWG des Rates vom 21. Mai 1973 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthalts beschränkungen für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs, ABl. L 172 vom 28.6.1973, S. 14.

    Deshalb müssen in die neue Rechtsvorschrift Verwaltungsbestimmungen aufge nommen werden, die u.a. die Rechtsprechung des Gerichtshofs berücksichtigen.

    Einerseits fließt das Recht der Unionsbürger, in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats einzureisen und sich dort zu den im Vertrag genannten Zwecken aufzuhalten, nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs unmittelbar aus dem Vertrag oder, je nach Sachlage, aus den zu seiner Durchführung ergangenen Bestimmungen (siehe z.B. das Urteil in der Rechtssache 48/75, Royer, vom 8. April 1976, Slg. 1976, Seite 497, Rdnrn. 31 ff.). Dieses Recht wird unabhängig von der Erteilung eines Aufenthaltstitels durch die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaats erworben. Die Erteilung dieses Aufenthaltstitels ist also eine Handlung, mit der ein Mitgliedstaat die persönliche Stellung eines Angehörigen eines anderen Mitgliedstaats nach den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts feststellt, mit anderen Worten: der Aufenthaltstitel hat, so der Gerichtshof, nur eine deklaratorische Wirkung und wirkt nicht rechtsbegründend hinsichtlich des Aufenthaltsrechts der Unionsbürger. Andererseits haben die Mitgliedstaaten das völlig legitime und vom Gerichtshof anerkannte Recht, über die Bevölkerungs bewegungen in ihrem Hoheitsgebiet im Bilde zu sein. Dieses Erfordernis erfuellt die Bestimmung, dass der Betreffende sich zum einen bei der zuständigen Behörde seines Aufenthaltsortes anmelden, zum anderen im Besitz eines Personalausweises seines Herkunftslandes oder eines gültigen Reisepasses sein muss.

    Zunächst wird vorgeschlagen, den Zeitraum, während dessen der Betreffende nur im Besitz eines Personalausweises oder eines gültigen Reisepasses sein muss und keine weitere Formalitäten auf sich zu nehmen braucht, von derzeit drei auf sechs Monate auszudehnen. Damit wird den neuen Formen der Mobilität und des zwischen den Mitgliedstaaten alternierenden Lebens Rechnung getragen.

    Gleichzeitig bedarf es eines neuen Ansatzes für die Ausübung des Aufenthaltsrechts u.a. dahingehend, dass die Pflicht, im Besitz eines Aufenthaltstitels zu sein, auf Fälle beschränkt wird, in denen sie gerechtfertigt ist. So kann diese Pflicht nur für die Familienangehörigen aufrechterhalten werden, die nicht Unionsbürger sind. Letzteren soll die ihnen durch das Gemeinschaftsrecht zuerkannte Freizügigkeit durch eine Aufenthaltskarte erleichtert werden.

    Dadurch, dass in der vorgeschlagenen Richtlinie die dem Aufnahmemitgliedstaat vorzulegenden Urkunden abschließend aufgelistet, die Verfahren beschrieben und die Fristen festgelegt werden, ergibt sich für die Unionsbürger und ihre Familienangehörigen eine maximale Vereinfachung der Formalitäten, da sie auf das absolut Notwendige beschränkt werden.

    2.4. Die vorgeschlagene Richtlinie trägt außerdem der spezifischen Lage der Familien angehörigen eines Unionsbürgers Rechnung. Zwar sieht der EG-Vertrag nicht ausdrücklich die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht der Familienangehörigen eines Unionsbürgers vor, doch leiten sich diese Rechte aus dem Recht auf Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft ab, das untrennbar mit dem Recht auf Schutz des Familienlebens verbunden ist. Letzteres ist ein Grundrecht, das Teil der gemein samen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ist, durch das Gemeinschafts recht geschützt ist und in die EU-Grundrechtecharta aufgenommen wurde.

    Zunächst wird eine breite Definition des Begriffs "Familienangehöriger" vorge schlagen, um nicht nur die Rechtsprechung des Gerichtshofs und die Entwicklungen in den innerstaatlichen Rechtsordnungen zu berücksichtigen, sondern auch die Freizügigkeit der Unionsbürger dadurch zu erleichtern, dass alle möglichen negativen Auswirkungen einer Familienzusammenführung beseitigt werden. Nach geltendem Gemeinschaftsrecht kann dem geschiedenen Ehegatten eines Unions bürgers oder dem Kind eines Unionsbürgers, das volljährig oder nicht mehr unterhaltsberechtigt ist, das Recht auf Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat versagt werden, unabhängig davon, welche Staatsangehörigkeit diese Personen besitzen. Das ist insbesondere für Drittstaatsangehörige problematisch, die der Familie eines Unionsbürgers angehören. Es bedarf also gerechter Maßnahmen, die einerseits das Familienleben und die menschliche Würde achten, andererseits aber Missbrauch vorbeugen.

    2.5. Schließlich zielt die vorgeschlagene Richtlinie auf eine präzisere Begrenzung der Möglichkeit ab, das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers und seiner Familienange hörigen zu beschränken. Der EG-Vertrag sieht vor, dass die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit versagt werden können. Auch wenn der Gerichtshof eingeräumt hat, dass der Begriff der öffentlichen Ordnung in den innerstaatlichen Rechtsordnungen unterschiedlich definiert wird, hat er doch im Zuge der Auslegung der Richtlinie 64/221/EWG [6] Präzisierungen eingeführt, die in die vorgeschlagene Richtlinie (die die Richt linie 64/221/EWG ersetzen soll) aufgenommen werden sollten. Außerdem werden neue Bestimmungen, die sich an den Grundrechten orientieren, den Unionsbürgern mehr Garantien und einen besseren Rechtsschutz gegen Entscheidungen sichern, die ihr Grundrecht auf Freizügigkeit und Aufenthalt beschränken (Rechtsbehelfe und Rechtsmittel). Für Minderjährige mit familiären Bindungen im Aufnahmemitglied staat und für Personen, die das Recht auf Daueraufenthalt erworben haben, soll dieser Schutz sogar absolut lückenlos sein.

    [6] Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind, ABl. B 56 vom 4.4.1964, S. 850.

    3. Rechtsgrundlage

    3.1. Die vorgeschlagene Richtlinie wird auf Artikel 12, Artikel 18 Absatz 2 sowie auf die Artikel 40, 44 und 52 des EG-Vertrags gestützt. Artikel 18 Absatz 2 ist keine voll wertige Rechtsgrundlage und kann nur für Bestimmungen über Nichterwerbstätige herangezogen werden. Daher muss der Vorschlag auf die spezifischen Artikel 40, 44 und 52 gestützt werden, die Personen erfassen, die im Aufnahmemitgliedstaat einer Erwerbstätigkeit nachgehen, so dass ein einziger Rechtsakt in einem einzigen Verfahren angenommen werden kann, das alle in den genannten Artikeln vorgesehenen Verfahren abdeckt. Angesichts dieses vorrangigen Ziels eines einzigen Rechtsakts verzichtet die Kommission auf ihre in Artikel 39 Absatz 3 Buchstabe d) EG-Vertrag vorgesehene Befugnis, Durchführungsverordnungen festzulegen, in denen das Recht in einem Mitgliedstaat nach Beendigung einer Beschäftigung zu verbleiben, geregelt würden, denn in die vorgeschlagene Richtlinie werden Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 der Kommission [7], die das Verbleiberecht regeln, aufgenommen. Sie wird zu gegebener Zeit einen Rechtsakt zur Aufhebung dieser Verordnung vorschlagen (siehe auch weiter unten die Erläuterung zu Artikel 42).

    [7] Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 der Kommission vom 29. Juni 1970 über das Recht der Arbeitnehmer, nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verbleiben, ABl. L 142 vom 30.6.1970, S. 24.

    3.2. Da der vorliegende Richtlinienvorschlag auf andere als auf die Bestimmungen des Titel IV des Vertrags zur Gründung einer Europäischen Gemeinschaft, die sich auf Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personen verkehr gestützt ist, muss er in allen Mitgliedstaaten der Union umgesetzt werden.

    4. Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit

    4.1. Gemäß Artikel 40, 44 und 52 EG-Vertrag muss die Gemeinschaft die Rechts instrumente erlassen, die zur Verwirklichung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Einreise- und Aufenthaltsrecht), der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienst leistungsverkehrs erforderlich sind. Artikel 18 Absatz 1 EG-Vertrag erkennt jedem Unionsbürger das Recht zu, sich vorbehaltlich der im EG-Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen in den Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten: Die Mitgliedstaaten verfügen hier über keinerlei Befugnis. Artikel 18 Absatz 2 erlaubt es der Gemeinschaft, Vor schriften zu erlassen, mit denen die Ausübung der Freizügigkeit erleichtert wird. Bevor Artikel 18 in den EG-Vertrag aufgenommen wurde, hatte die Gemeinschaft Maßnahmen zur Gewährleistung der Freizügigkeit von Personen, die keiner wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen (Rentner und Nichterwerbstätige) auf der Grundlage von Artikel 235 (jetzt Artikel 308) und entsprechende Maßnahmen für Studenten auf Grund von Artikel 7 (jetzt Artikel 12) erlassen.

    4.2. Die vorgeschlagenen Maßnahmen stehen in Einklang mit den Befugnissen der Europäischen Gemeinschaft, die unter Einhaltung von Artikel 5 EG-Vertrag auszuüben sind. Dieser sieht vor, dass "die Maßnahmen der Gemeinschaft nicht über das für die Erreichung der Ziele dieses Vertrags erforderliche Maß hinausgehen". Das Einreise- und Aufenthaltsrecht ist derzeit in zwei Verordnungen und neun Richtlinien geregelt: mit der vorgeschlagenen Richtlinie sollen diese Rechtsvor schriften zu einem einzigen Rechtsakt zusammengefasst und Änderungen vorge nommen werden, die die Ausübung diese Rechte erleichtern sollen. Die Wahl der Richtlinie als Rechtsinstrument drängt sich also auf, will man am Ziel eines einzigen Rechtsaktes festhalten und gleichzeitig der Verpflichtung hinsichtlich der Art des Instruments nachkommen, die sich aus einigen der Rechtsgrundlagen des vorge schlagenen Rechtsaktes ergibt.

    4.3. Außerdem erlaubt es eine Richtlinie, klare Grundsätze für die Ausübung der Freizügigkeit und des Aufenthaltsrechts aufzustellen, und den Mitgliedstaaten die Entscheidung zu überlassen, wie diese Grundsätze in ihrem Verwaltungs- und Rechtsrahmen am besten umzusetzen sind. Einige vorgeschlagene Bestimmungen sind allerdings sehr detailliert, damit es nicht zu abweichenden Verwaltungs verfahren oder Auslegungen kommt, die die Ausübung der besagten Rechte behindern würden. Schließlich erlaubt es die für Richtlinien vorgesehene Umsetzungsfrist den Mitgliedstaaten, alle erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um die derzeitige Regelung anzupassen.

    ERLÄUTERUNGEN ZU DEN ARTIKELN

    Kapitel I

    Allgemeine Bestimmungen

    Artikel 1

    Mit dieser Richtlinie, die eine Reihe von Rechtsinstrumenten zur Freizügigkeit und zum Aufenthaltsrecht ersetzen soll, werden mehrere Ziele verfolgt:

    Erstens: Definition der Bedingungen, unter denen Unionsbürger und ihre Familienangehöri gen Freizügigkeit und Recht auf Aufenthalt ausüben können: Die entsprechenden Bestimmungen ersetzen die der Richtlinien 68/360/EWG, 73/148/EWG, 90/364/EWG [8], 90/365/EWG [9] und 93/96/EWG [10], die die Freizügigkeit und das Recht auf Aufenthalt von abhängig und selbständig Erwerbstätigen, Nichterwerbstätigen, Rentnern und Studenten regeln.

    [8] Richtlinie 90/364/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 über das Aufenthaltsrecht, ABl. L 180 vom 13.7.1990, S. 26.

    [9] Richtlinie 90/365/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 über das Aufenthaltsrecht der aus dem Erwerbs leben ausgeschiedenen Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätigen, ABl. L 180 vom 13.7.1990, S. 28.

    [10] Richtlinie 93/96/EWG des Rates vom 29. Oktober 1993 über das Aufenthaltsrecht von Studenten, ABl. L 317 vom 18.12.1993, S. 59.

    Zweitens: Festschreibung des Rechts auf Daueraufenthalt. Hierbei handelt es sich um eine mit der Richtlinie eingeführte Neuerung. Die einschlägigen Bestimmungen entsprechen auch im Wesentlichen - mit Anpassungen - denjenigen der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 und der Richtlinie 75/34/EWG [11] betreffend das Verbleiberecht von Arbeitnehmern und Selbständigen.

    [11] Richtlinie 75/34/EWG des Rates vom 17. Dezember 1974 über das Recht der Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, nach Beendigung der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verbleiben, ABl. L 14 vom 20.1.1975, S. 10.

    Drittens: Beschränkung dieser Rechte aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit; die jeweiligen Bestimmungen ersetzen die der Richtlinie 64/221/EWG betreffend die öffentliche Ordnung.

    Artikel 2

    In diesem Artikel werden drei Grundbegriffe des Richtlinienvorschlags definiert:

    1. Der Unionsbürger: es handelt sich um die Definition in Artikel 17 EG-Vertrag.

    2. Der Familienangehörige: Bislang gelten für Familienangehörige, die unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit Freizügigkeit genießen, unterschiedliche Definitionen, je nach dem welcher Kategorie der Unionsbürger, von dem sie abhängen, zugeordnet wird. Für die Arbeitnehmer sieht Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 [12] vor, dass der Ehegatte und seine Verwandten in absteigender Linie, die noch nicht 21 Jahre alt sind, oder denen er Unterhalt gewährt, sowie die Verwandten des Unionsbürgers und seines Ehegatten in aufsteigender Linie, denen der Unionsbürger Unterhalt gewährt, aufenthaltsberechtigt sind. Das sehen auch die Richtlinien über das Aufenthaltsrecht von Selbständigen, Nichterwerbstätigen und Rentnern vor. Für Studenten hingegen wird das Aufenthaltsrecht nur dem Ehegatten und den Verwandten in absteigender Linie gewährt (Richtlinie 93/96). Das bedeutet, dass die Mutter eines Unionsbürgers, der sich in einem anderen Mitgliedstaat als Arbeitnehmer aufhält, sich nicht mit ihrem Sohn dort aufhalten kann, wenn sie von ihm keinen Unterhalt erhält, weil sie ein Einkommen bezieht, dieses Einkommen aber unterhalb der im Mitgliedstaat geltenden Grenze für ein ausreichendes Einkommen liegt. Auch die Mutter eines Studenten darf sich nicht mit diesem in einem anderen Mitgliedstaat aufhalten, es sei denn sie verfügt über ausreichende Einkünfte und eine Krankenversicherung.

    [12] Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeit nehmer innerhalb der Gemeinschaft, ABl. L 257 vom 19.10.1968, S. 2.

    In Absatz 2 wird für den Begriff Familienangehöriger eine einheitliche und erweiterte Definition vorgeschlagen.

    Der Begriff stellt zunächst auf den Ehegatten und den ledigen Lebenspartner ab. Buchstabe b), eine Neuerung, berührt das Problem des Aufenthaltsrechts des mit dem Unionsbürger nicht verheirateten Lebenspartner. In Bezug auf die "Lebensgemein schaft" hat sich in jüngster Zeit ein rascher Wandel vollzogen; immer mehr Menschen, häufig mit Kindern, bilden "De-facto-Paare". Außerdem haben mehrere Mitgliedstaaten für nicht verheiratete Paare einen besonderen Rechtsstatus einge führt, der Rechte und Verpflichtungen vorsieht, und von diesen Paaren beantragt werden kann. Das Aufenthaltsrecht der Gemeinschaft muss dieser Entwicklung Rechnung tragen. Daher wird vorgeschlagen, zum Zwecke des Rechts auf Aufenthalt den ledigen Lebenspartner und den Ehegatten gleichzustellen, sofern diese Gleich stellung im Aufnahmemitgliedstaat vorgesehen ist, und zwar unter den Bedingungen, die in diesem Mitgliedstaat gelten.

    Außerdem umfasst der Begriff zum einen die Verwandten in absteigender Linie des Ehegatten, unabhängig davon, ob sie minderjährig oder unterhaltsberechtigt sind, zum anderen die Verwandten in aufsteigender Linie des Ehegatten, unabhängig davon, ob der Unionsbürger ihnen Unterhalt gewährt.

    Wie die hochrangige Sachverständigengruppe unter dem Vorsitz von Frau Veil festgestellt hat, gibt es keinen triftigen Grund, Kindern, die volljährig oder keinen Unterhalt erhalten, oder Verwandten in aufsteigender Linie, denen kein Unterhalt gewährt wird, zu verweigern, ihrer Familie in einem anderen Mitgliedstaat nach zureisen.

    3. Der Aufnahmemitgliedstaat.

    Artikel 3

    1. Hier werden die Begünstigten der Richtlinie definiert: alle Unionsbürger, die sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben oder sich dort aufhalten, sowie ihre Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die sie begleiten, oder ihnen nachziehen. Die Bestimmung enthält keine Hinweise auf den Zweck der Einreise oder des Aufenthalts. Es versteht sich von selbst, dass der Unionsbürger sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben kann, um dort entweder einer abhängigen oder selbstständigen Beschäftigung nachzugehen, unentgeltlich tätig zu sein, an einer Berufsbildungsmaßnahme teilzunehmen oder als Nichterwerbstätiger, Rentner, Student oder auch als Erbringer bzw. Empfänger von Dienstleistungen.

    2. Dieser Absatz entspricht Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 73/148/EWG, nach denen die Mitgliedstaaten "den Zugang aller anderen Familienangehörigen des Unionsbürgers oder des Ehe gatten begünstigen", denen der Unionsbürger Unterhalt gewährt, oder die mit ihm im Herkunftsland in häuslicher Gemeinschaft leben. Diese Bestimmung würde nur dann gelten, wenn die Betreffenden kein eigenständiges Recht auf Aufenthalt haben.

    Artikel 4

    Nach diesem Artikel sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, bei der Erfuellung der Verpflichtun gen aus der Richtlinie das Diskriminierungsverbot zu beachten. Diese Bestimmung orientiert sich an Artikel 21 der EU-Grundrechtecharta und berührt nicht die Verpflichtungen aus anderen völkerrechtlichen Instrumenten, wie der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Artikel 14).

    Kapitel II

    Freizügigkeit und Aufenthalt bis zu sechs monaten

    Artikel 5

    1. In diesem Absatz ist das Recht des EU-Bürgers festgeschrieben, das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verlassen und sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben. Im großen und ganzen entspricht dieser Absatz Artikel 2 Absatz 1 der Richt linie 68/360/EWG, nach dem es zur Ausreise "lediglich der Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses [bedarf]". Um der Abschaffung der Kontrollen an den EU-Binnengrenzen Rechnung zu tragen, wurde statt des Wortes "Vorlage" der Ausdruck "mit sich führen" verwendet.

    Der Unterabsatz dieser Bestimmung dehnt das Recht, das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verlassen, auf Familienangehörige aus, die den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen. Sie entspricht im Großen und Ganzen dem letzten Satz von Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 68/360/EWG.

    2. Der Wortlaut dieses Absatzes entspricht dem von Artikel 2 Absatz 4 der Richt linie 68/360/EWG (Verbot, von einem Freizügigkeitsberechtigten für die Ausreise einen Sichtvermerk oder einen ähnlichen Nachweis zu verlangen).

    3. In diesen Absatz hat Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 68/360/EWG, der die Erteilung und Verlängerung der Reisedokumente (Reisepass oder Personalausweis) für die eigenen Staatsangehörigen betrifft, Eingang gefunden.

    4. Hier wurde Artikel 2 Absatz 3 der Richtlinie 68/360/EWG (Gültigkeit der Reise dokumente) übernommen und präzisiert.

    Artikel 6

    1. Absatz 1 entspricht Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 68/360/EWG. Er betrifft die Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats von einem Unionsbürger und seiner Familienangehörigen, die dafür nur im Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses sein müssen. Auch hier wurde der Ausdruck "auf Vorlage" durch "mit sich führen" ersetzt. Unterabsatz 2 entspricht dem in Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 68/360/EWG festgeschriebenen Verbot, vom Unionsbürger für die Einreise weder einen Sichtvermerk noch einen gleichartigen Nachweis zu verlangen.

    2. Dieser Absatz schreibt deutlich fest, dass nur Familienangehörige, die nicht Unionsbürger sind und einem Land angehören, das in der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staats angehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visum pflicht befreit sind [13] genannt ist, der Visumpflicht gegebenenfalls unterliegen. Mit Satz 2 wird eine große Neuerung eingeführt, nämlich die Gleichwertigkeit des Visums und des von einem Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels.

    [13] ABl. L 81 vom 21.3.2001, S. 1.

    Für Familienangehörige, die die Staatsangehörigkeit eines Drittstaates besitzen, sind bereits einfachere Verfahren zur Erlangung eines Visums, das im übrigen auch gebührenfrei erteilt werden muss, vorgesehen. Diese Bestimmung würde also nur noch für die Fälle aufrechterhalten, in denen diese Personen keinen Aufenthaltstitel besitzen.

    3. Diese Bestimmung stellt darauf ab, dass im Reisepass des Familienangehörigen nur die absolut notwendigen Stempel angebracht werden (d.h. der Einreisestempel, der der im Visum genannten Aufenthaltsdauer Wirkung verleiht oder der Ausreise stempel, der diese Aufenthaltsdauer unterbricht). Das Abstempeln erübrigt sich, wenn der Betreffende eine Aufenthaltskarte hat, die es ihm erlaubt, während deren Gültigkeitsdauer das Hoheitsgebiet zu betreten und zu verlassen.

    4. Diese Bestimmung stellt auf den Fall ab, dass der Freizügigkeit Beanspruchende an der Grenze die erforderlichen Dokumente nicht vorlegen kann (Personalausweis oder Reisepass und gegebenenfalls Aufenthaltstitel oder Visum). Bevor der betreffende Mitgliedstaat die Abschiebung verfügt, muss er dieser Person alle Erleichterungen gewähren, damit sie ihr Recht auf Freizügigkeit nachweisen kann. So können Dokumente, die einfach zuhause vergessen wurden, von einem Familienangehörigen beigebracht werden. Handelt es sich um ein Visum, wäre zu prüfen, ob alle Bedingungen vorliegen, damit der Familienangehörige, der der Visumpflicht unterliegt, das Visum an der Grenze erhalten kann.

    5. Der Unionsbürger braucht für einen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats in den ersten sechs Monaten nur ein Ausweisdokument. In diesen Absatz werden die bereits geltenden Bestimmungen (Artikel 8 der Richt linie 68/360/EWG und Artikel 4 der Richtlinie 73/148/EWG) mit zwei Neuerungen übernommen. Erstens wird die Zeit, während der man sich ohne weitere Formalitäten in einem anderen Mitgliedstaat aufhalten kann, auf sechs Monate ausgedehnt: im Prinzip wird davon ausgegangen, dass jemand, der mindest sechs Monate in einem Land lebt, dort wohnhaft ist. Diese Bestimmung erleichtert Kurzaufenthalte von weniger als sechs Monaten (z.B. von Praktikanten oder Studenten). Zweitens wird gegenüber Artikel 8 Buchstabe a) der Richtlinie 68/360/EWG und Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Richtlinie 73/148/EWG eine Änderung vorgenommen: Der Verweis auf den Personalausweis oder den Reisepass "mit dem der Betroffene in das Hoheitsgebiet eingereist ist" ist unvereinbar mit der Tatsache, dass an den Binnengrenzen keine Kontrollen mehr durchgeführt werden, und wird ersetzt durch die Verpflichtung, den Personalausweis oder den Reisepass mit sich zu führen.

    Satz 2 schreibt fest, dass der Aufnahmemitgliedstaat den Betreffenden auferlegen kann, ihre Anwesenheit im Hoheitsgebiet anzuzeigen. Diese Verpflichtung ist nach heutigem Recht bereits gegeben. Es handelt sich um eine einfache Anmeldung bei den zuständigen Behörden, die einige Mitgliedstaaten bereits in ihrem nationalen Recht vorgesehen haben und die unter den gleichen Bedingungen mutatis mutandis erfolgen soll, wie es für eigene Staatsangehörige vorgesehen ist. Diese Verpflichtung ergibt sich aus der Befugnis der Mitgliedstaaten, Maßnahmen zu ergreifen, die es den Behörden erlauben, eine genaue Kenntnis von den Bevölkerungsbewegungen im Hoheitsgebiet zu haben (siehe in diesem Zusammenhang das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache 118/75, Watson, Rdnrn. 17 und 18 vom 7. Juli 1976). Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann mit nicht diskriminierenden und verhältnismäßigen Sanktionen geahndet werden.

    6. Die Bestimmungen des Absatzes 5 finden auch Anwendung auf Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats haben und den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen. Eine Ausnahme bilden hier Familienangehörige, die der Visumpflicht unterliegen, weil sie noch keinen Aufenthaltstitel erhalten haben. Sie müssen vor Ablauf ihres Visums eine Aufenthaltskarte beantragen, um nicht in eine rechtswidrige Situation zu geraten.

    KAPITEL III

    Aufenthalte von über sechs Monaten

    Artikel 7

    1. In diesem Absatz werden die Voraussetzungen festgeschrieben, an die die Ausübung des Aufenthaltsrechts geknüpft ist. Die Ausübung dieses Rechts muss zwar erleich tert werden, da aber die Sozialhilfeleistungen zur Zeit nicht gemeinschaftsrechtlich geregelt und meistens nicht exportierbar sind, kann eine uneingeschränkte Gleichbehandlung auf dem Gebiet der Sozialleistungen nicht gewährleistet werden, weil man dann Gefahr liefe, dass bestimmte Gruppen von Personen, die Aufenthaltsrecht genießen, insbesondere die Nichterwerbstätigen, dem Aufnahme mitgliedstaat in unangemessener Weise zur Last fallen.

    Für EU-Bürger sind die Voraussetzungen unter a), b) c) und d) festgelegt. Er muss einer abhängigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit nachgehen oder über ausreichende Existenzmittel und eine Krankenversicherung, die alle Risiken im Aufnahmemitgliedstaat abdeckt, verfügen, oder auch ein Student sein, der im Aufnahmemitgliedstaat eine Berufsausbildung absolviert.

    Buchstabe d) stellt auf die Lage des EU-Bürgers ab, der das Aufenthaltsrecht ausüben könnte, weil er selbst die in Buchstabe a), b) oder c) genannten Voraussetzungen (Erwerbstätigkeit oder ausreichende Existenzmittel oder Student) erfuellt, oder weil er Familienangehöriger eines Unionsbürgers ist, der diese Bedingungen erfuellt. Bestimmen sich die Voraussetzungen nach dem Status, auf Grund dessen das Aufenthaltsrecht ausgeübt wird, empfiehlt es sich im Interesse der Freizügigkeit, die Regelung anzuwenden, die für den, der Aufenthaltsrecht genießt, am günstigsten ist.

    2. Das Recht auf Aufenthalt der Familienangehörigen des Unionsbürgers, die selbst nicht Unionsbürger sind, leitet sich aus dem Aufenthaltsrecht des Unionsbürgers ab, d.h. ihr Aufenthaltsrecht ist an die familiäre Bindung geknüpft, und sie müssen ihn - im weitesten Sinne - in den Aufnahmemitgliedstaat begleiten. Ausnahmen von dieser Regel sind im Falle des Todes oder des Wegzugs des Unionsbürgers oder bei Scheidung vorgesehen (Artikel 12 und 13).

    Artikel 8

    1. Der Gerichtshof hat bestätigt, dass die Aufenthaltskarte rein deklaratorische Wirkung hat, d.h. lediglich das Bestehen eines Rechts feststellt (Urteil vom 8. April 1976 in der Rechtssache 48/75, Royer, Slg. S. 497, Rdnr. 50). Die Aufrechterhaltung und Einsetzung dieser Urkunde sollte für den Unionsbürger eine praktische Wirksamkeit entfalten und nicht nur eine administrative und finanzielle Belastung für die Mitgliedstaaten sein.

    Nach Ansicht der Kommission muss die Pflicht zur Ausstellung einer Aufenthalts karte nicht unbedingt vorgesehen werden; hingegen wäre es annehmbar, wenn der Unionsbürger als Nichtinländer die gleichen Pflichten hat wie der Inländer, der seinen Wohnsitz wechselt, nämlich sich in einem Bevölkerungsregister (oder jedem anderen für Inländer maßgebliches Verzeichnis) eintragen zu lassen, damit die Behörden Kenntnis erhalten von seiner Anwesenheit; so könnte eine Meldeliste für nicht inländische Unionsbürger vorgesehen werden, so wie es bereits in den meisten Mitgliedstaaten Listen für die Wahlen zum Europäischen Parlament und die Gemeindewahlen gibt.

    In diesem Sinne ist Absatz 1 Satz 1 zu verstehen, der vorsieht, dass die Mitglied staaten den Unionsbürger und seine Familienmitglieder, die Angehörige eines Mitgliedstaats sind, verpflichten können, sich bei der zuständigen Behörde des Aufenthaltsortes anzumelden.

    2. Die Anmeldefrist muss mindestens sechs Monate betragen; diese Bestimmung stimmt mit Artikel 6 (Recht auf Aufenthalt bis zu sechs Monaten ohne Formalitäten) überein, hindert den Unionsbürger jedoch nicht daran, sich früher anzumelden, wenn er es für zweckmäßig hält. Satz 2 sieht vor, dass die zuständige Behörde unmittelbar nach der Anmeldung eine Bescheinigung ausstellt, die für den Bürger eine Art Empfangsbestätigung und für die Behörden den Beweis darstellt, dass die Formalität erledigt wurde. Die Bescheinigung wird unverzüglich ausgestellt, sobald die Vorgaben des Absatzes 3, 4 oder 6 erfuellt sind. Die Bescheinigung gibt Aufschluss über Name und Anschrift des Unionsbürgers; sie hat keine zeitliche Gültigkeit und vermerkt nur den Zeitpunkt der Anmeldung. Sie bestätigt lediglich, dass eine Formalität erledigt wurde.

    Der letzte Satz betrifft die Sanktionen bei Nichteinhaltung der Anmeldungspflicht: sie dürfen nicht diskriminierend wirken und müssen verhältnismäßig sein. Außerdem müssen sie den Grundsätzen entsprechen, die in dem besonderen Artikel über die Sanktionen festgeschrieben sind.

    3. Bei seiner Anmeldung erklärt der Unionsbürger, dass er entweder abhängig oder selbständig erwerbstätig ist oder, wenn das nicht der Fall ist, über ausreichende Existenzmittel und eine Krankenversicherung verfügt. Das hier vorgeschlagene System, das dem derzeit für Studenten vorgesehenen vergleichbar ist und die Ausübung des Aufenthaltsrechts beträchtlich erleichtert, lehnt sich an das von einigen Mitgliedstaaten praktizierte System der "Selbstbescheinigung" an. Falsche Angaben können gegebenenfalls entsprechend dem Grundsatz der Gleichbehandlung mit den eigenen Staatsangehörigen sowie dem Verhältnismäßigkeitsprinzip geahndet werden.

    Nach dem hier vorgeschlagenen System überprüft der Mitgliedstaat nicht, ob der Unionsbürger die Bedingungen erfuellt und vertraut seiner Erklärung. Eine falsche Erklärung oder gegebenenfalls ein Antrag auf Sozialhilfe könnten eine Überprüfung der Existenzmittel und/oder eine Verwaltungsuntersuchung nach sich ziehen, die darauf hinauslaufen könnte, dass den Betreffenden das Aufenthaltsrecht versagt würde. Außerdem hätte auch die Tatsache, dass der Unionsbürger nicht für seine medizinische Behandlung aufkommen kann, da er nicht über eine Kranken versicherung verfügt, Auswirkungen zivilrechtlicher Art und könnte damit das Aufenthaltsrecht in Frage stellen.

    Es ist außerdem festzustellen, dass die Vorlage eines einfachen Nachweises über eine Krankenversicherung den Betreffenden nicht von der Verpflichtung entbindet, gegebenenfalls im Kontakt mit den Trägern der Gesundheitsfürsorge weitere Bescheinigungen vorzulegen, sofern dies im nationalen Recht vorgesehen ist.

    4. Begibt sich ein Unionsbürger in einen Mitgliedstaat, um dort zu studieren, muss er nachweisen, dass er in einer anerkannten Einrichtung eingeschrieben ist, um dort - als Hauptzweck - eine Berufsbildung zu absolvieren. Außerdem muss er in einer Erklärung bestätigen, dass er über ausreichende Existenzmittel und eine Kranken versicherung verfügt.

    5. Entgegen den derzeitigen Gemeinschaftsvorschriften, sieht diese Bestimmung vor, dass die Mitgliedstaaten den Betrag, den sie als ausreichend betrachten, nicht festlegen können, da es dann nicht möglich wäre, der Vielfalt der denkbaren Situationen Rechnung zu tragen.

    6. Unionsbürger, die sich in ihrer Eigenschaft als Familienangehörige eines anderen, die Bedingungen für den Erwerb des Aufenthaltsrechts erfuellenden Unionsbürger niederlassen wollen, müssen den Nachweis erbringen, dass sie zu einer der Personen gruppen gemäß Artikel 2 Absatz 2 (Definition des Begriffs "Familienangehöriger") oder gemäß Artikel 3 Absatz 2 gehören.

    7. In diesen Absatz wurde das Wesentliche einiger Bestimmungen der Richt linie 68/360/EWG übernommen und präzisiert. Dabei wurde auch die Rechtspre chung des Gerichtshofs im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung der Arbeit nehmereigenschaft beim Ausscheiden aus der abhängigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit aufgenommen.

    Artikel 9

    1. Die Familienmitglieder eines Unionsbürgers, die nicht Angehörige eines Mitglied staats sind, müssen eine Aufenthaltskarte beantragen. Anders als bei den Unions bürgern ist die Ausstellung dieser Aufenthaltskarte erforderlich, denn sie liegt im Interesse des Betreffenden (u.a. mit Blick auf die Gleichwertigkeit von Aufenthalts titel und Visum gemäß Artikel 6) und der Behörden.

    2. Der Antrag muss binnen sechs Monaten nach der Einreise in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats gestellt werden. Der zweite Satz betrifft Familienangehöri ge, die der Visumpflicht unterliegen und die Aufenthaltskarte vor Ablauf ihres Visums beantragen müssen.

    3. Diese Bestimmung erlaubt es den Mitgliedstaaten bei Verstoß gegen die Pflicht, eine Aufenthaltskarte zu beantragen, Sanktionen entsprechend dem in Artikel 8 Absatz 2 festgeschriebenen Grundsatz zu verhängen.

    Artikel 10

    1. Das Aufenthaltsrecht von Familienmitgliedern, die nicht Angehörige eines Mitglied staats sind, wird durch die Aufenthaltskarte festgestellt, die binnen drei Monaten nach dem Antrag erteilt wird. Aus der Aufenthaltskarte geht deutlich hervor, dass es sich um einen Familienangehörigen eines Unionsbürgers handelt. So wird heraus gestellt, dass er unter das Gemeinschaftsrecht fällt. Eine Bescheinigung über den Antrag wird unmittelbar und unentgeltlich ausgestellt. Auch in dieser ist die Eigenschaft des Betreffenden als Begünstigter des Gemeinschaftsrechts festgehalten.

    2. Indem diese Bestimmung auf Artikel 8 Absatz 6 verweist, listet sie abschließend die Nachweise auf, die die Familienmitglieder eines Unionsbürgers, die nicht Angehöri ge eines Mitgliedstaats sind, beibringen müssen, um eine Aufenthaltskarte zu erhalten. Es sind die gleichen Nachweise, die auch von Familienmitgliedern, die Angehörige eines Mitgliedstaats sind, verlangt werden.

    Artikel 11

    1. Die Aufenthaltskarte ist ab dem Erteilungsdatum mindestens fünf Jahre gültig. Nach vier Jahren ununterbrochenen Aufenthalts erwirbt der Familienangehörige das Recht auf Daueraufenthalt und muss entsprechend den Bestimmungen von Kapitel IV eine neue Aufenthaltskarte beantragen. Da die erste Aufenthaltskarte fünf Jahre gültig ist, bleibt der Betreffende im Besitz eines Dokuments, bis ihm die zweite Aufenthalts karte erteilt wird (Erledigung der Formalitäten).

    Nach dem derzeitigen Recht wird dem Familienmitglied, das nicht Angehöriger eines Mitgliedstaats ist, "ein Aufenthaltsdokument mit der gleichen Gültigkeit ausgestellt wie dem Arbeitnehmer, von dem es seine Rechte herleitet" (Richtlinie 68/360/EWG, Artikel 4 Absatz 4). Da nach der vorgeschlagenen Richtlinie die Unionsbürger keine Aufenthaltskarte, sondern lediglich eine Bescheinigung erhalten, die eine Art Empfangsbestätigung ist, ist es nicht mehr sinnvoll, für die Gültigkeit des Aufenthaltsdokuments des Familienangehörigen auf die Gültigkeit der Aufenthalts karte des Unionsbürgers zu verweisen.

    2. Unterbrechungen bis zu sechs Monaten oder - unter besonderen Umständen - mehr, beeinträchtigen nicht die Gültigkeit der Aufenthaltskarte. Diese Bestimmung entspricht Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 68/360/EWG und dehnt die möglichen Abwesenheitszeiträume, die auch in Artikel 18 Absatz 1 der vorgeschlagenen Richtlinie festgelegt sind, aus.

    Artikel 12

    1. Familienangehörige, die Unionsbürger sind, haben ein eigenständiges Recht auf Aufenthalt: der Tod oder der Wegzug des Unionsbürgers, von dem sie abhängen, lässt dieses Recht also unberührt. Mit diesen Bestimmungen soll lediglich geklärt werden, dass diese Personen, wenn der Unionsbürger, der das originäre Recht auf Aufenthalt hat, verstirbt oder wegzieht, persönlich eine der Voraussetzungen des Artikels 7 Absatz 1 für die Ausübung des Aufenthaltsrechts erfuellen müssen, und zwar bis sie das Recht auf Daueraufenthalt erwerben.

    2. Familienangehörige, die nicht Unionsbürger sind, leiten ihr Aufenthaltsrecht vom Unionsbürger ab, von dem sie abhängen. Verstirbt der Unionsbürger, können sie ihr Aufenthaltsrecht behalten. Das gilt nicht, wenn er wegzieht: sie müssen dann mit ihm wegziehen. Absatz 3 sieht eine Ausnahme für Kinder vor, die ein Studium absolvieren.

    Das Aufenthaltsrecht von Familienangehörigen eines verstorbenen Unionsbürgers, die selbst nicht Unionsbürger sind, ist an die Voraussetzung geknüpft, dass sie - bis zum Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt - eine Erwerbstätigkeit ausüben oder über ausreichende Existenzmittel verfügen, oder bereits im Aufnahmemitgliedstaat als Familienangehörige desjenigen gelten, der diese Voraussetzungen erfuellt. Anders als bei Unionsbürgern reicht eine einfache Erklärung nicht aus: die Betreffenden müssen nachweisen, dass sie die Voraussetzungen erfuellen. In diesem Absatz wird außerdem festgelegt, wann Existenzmittel als ausreichend gelten. Ferner findet sich darin die derzeit geltende Regel für den Aufenthalt von Nichterwerbstätigen.

    3. In diesen Absatz ist ein Grundsatz festgeschrieben, der sich aus dem Urteil des Gerichtshofs in den verbundenen Rechtssachen 389 und 390/87, Echternach und Moritz, vom 15. März 1989 ergibt. Er stellt auf die Situation der Kinder von Unionsbürgern ab, die selbst nicht EU-Bürger sind, die zur Schule gehen, sich in das Schulsystem im Aufnahmestaat integriert haben und sich aufgrund sprachlicher, kultureller oder anderer Gründe schwierig in ein neues Schulsystem einfügen könnten: für diese Personen kann es sich nachteilig auswirken, dass ein Elternteil, der Unionsbürger ist, aus beruflichen oder anderen Gründen das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats verlässt. Ihr Aufenthaltsrecht, das auf die Dauer des Studiums begrenzt werden kann, ist an die Bedingung geknüpft, dass sie in einer weiterführenden oder darauf aufbauenden Bildungseinrichtung eingeschrieben sind, da es in diesem Stadium der Ausbildung viel schwieriger wird, sich in ein neues Schulsystem zu integrieren. Es ergibt sich logischer Weise, dass der Aufenthalt dieser Personen von den Prinzipien des Artikels 21 bezüglich der Gleichbehandlung erfasst wird.

    Artikel 13

    1. Die Scheidung oder Aufhebung der Ehe berühren nicht das Aufenthaltsrecht der Familienmitglieder, die selbst Unionsbürger sind. Mit dieser Bestimmung soll lediglich geklärt werden, dass die Familienmitglieder im Falle der Eheaufhebung eine der Voraussetzungen des Artikels 7 Absatz 1 für die Ausübung des Aufenthalts rechts persönlich erfuellen müssen.

    2. Dieser Absatz regelt das Aufenthaltsrecht der Familienangehörigen eines Unions bürgers, die selbst nicht Unionsbürger sind, bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe. Ziel ist, diesen Personen einen gewissen Rechtsschutz zu bieten, da ihr Aufenthalts recht von der durch die Ehe ausgedrückten familiären Bindung abhängig ist, und sie daher mit einer Scheidungsandrohung unter Druck gesetzt werden könnten. Aus Gründen der Rechtssicherheit geht die Auflösung der Ehe notwendigerweise mit einem rechtskräftigen Scheidungsurteil einher; leben die Ehegatten getrennt, berührt das nicht das Aufenthaltsrecht des Ehegatten. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 13. Februar 1985 in der Rechtssache 267/83, Diatta, Slg. 1985, Seite 567, Rdnr. 20, festgestellt, dass "das eheliche Band nicht als aufgelöst angesehen werden [kann], solange dies nicht durch die zuständige Stelle ausgesprochen worden ist. Das ist bei Ehegatten nicht der Fall, die lediglich voneinander getrennt leben, selbst wenn sie die Absicht haben, sich später scheiden zu lassen".

    Damit das Aufenthaltsrechts gewahrt bleibt, muss eine der drei folgenden Voraus setzungen vorliegen:

    a) die Ehe muss - bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Auf hebungsverfahrens - fünf Jahre bestanden haben, davon mindestens ein Jahr im Aufnahmemitgliedstaat: damit soll Versuchen vorgebeugt werden, die Bestimmungen über das Aufenthaltsrecht durch eine Scheinehe zu umgehen.

    b) oder die elterliche Sorge über die Kinder des Unionsbürgers ist dem Ehegatten übertragen worden, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt und der sein Aufenthaltsrecht aus der in der Ehe zum Ausdruck kommenden familiären Bindung ableitete. Diese Bestimmung ist im Interesse sowohl der Kinder, die den Aufnahmemitgliedstaat, in den sie vielleicht schon integriert sind, nicht verlassen müssen, als auch des Unionsbürgers, dem das Besuchs- und Aufsichtsrecht so erleichtert wird.

    c) oder die Ehe wurde aufgrund von Umständen aufgelöst, die eine schwere Härte darstellen. Die Formulierung ist gewollt vage, damit insbesondere Fälle von häuslicher Gewalt erfasst werden.

    Für die Familienangehörigen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, ist das Aufenthaltsrecht an die Bedingung geknüpft, dass sie - bis zum Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt - eine Erwerbstätigkeit ausüben oder über ausreichende Existenzmittel verfügen, oder bereits im Aufnahmemitgliedstaat als Familienangehörige desjenigen gelten, der diese Voraussetzungen erfuellt. Anders als bei Unionsbürgern reicht eine einfache Erklärung nicht aus: die Betreffenden müssen nachweisen, dass sie die Bedingungen erfuellen. In diesem Absatz wird außerdem der Betrag der als ausreichend geltenden Existenzmittel festgelegt, und zwar auf der Grundlage der geltenden Regel für den Aufenthalt von Nichterwerbstätigen.

    Kapitel IV

    Recht auf Daueraufenthalt

    Derzeit ist das Verbleiberecht sehr eingeschränkt und an restriktive Bedingungen geknüpft. Daher schlägt die Kommission vor, dass alle Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Daueraufenthalt nach einem vierjährigen ununterbrochenen Aufenthalt im Aufnah memitgliedstaat erwerben können; für letztere soll das auch möglich sein, wenn sie nicht Unionsbürger sind. Mehrere Mitgliedstaaten haben bereits das Recht auf Daueraufenthalt ungeachtet der Staatsangehörigkeit vorgesehen, knüpfen es aber an eine bestimmte Aufenthaltsdauer.

    Abschnitt I

    Erwerb

    Artikel 14

    1. Jeder Unionsbürger erwirbt nach vier Jahren ununterbrochenen Aufenthalts das Recht auf Daueraufenthalt. Dieses Recht ist nicht an die in Kapitel III genannten Bedingungen des Richtlinienvorschlags geknüpft.

    Es ist davon auszugehen, dass der Unionsbürger nach einem hinreichend langen Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat enge Bindungen entwickelt hat und sich in die Gesellschaft dieses Staates integriert hat. Das rechtfertigt die Gewährung eines Aufenthaltsrechts, das als verfestigtes Recht bezeichnet werden könnte. Im Übrigen trägt die Integration der Unionsbürger, die sich in einem Mitgliedstaat dauerhaft niedergelassen haben, entscheidend zur Förderung des sozialen Zusammenhalts bei, der ein grundlegendes Ziel der Europäischen Union ist.

    2. Auch die Familienangehörigen, die nicht Unionsbürger sind, können das Recht auf Daueraufenthalt erwerben, nachdem sie sich vier Jahre mit dem Unionsbürger, von dem sie abhängen, im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten haben (im weitesten Sinne des Wortes).

    3. Wer das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, verliert es nur, wenn er sich während mehr als vier Jahren nicht im Aufnahmemitgliedstaat aufhält. Mit dem Recht auf Daueraufenthalt wird die Integration des Unionsbürgers und seiner Familienangehörigen in den Aufnahmemitgliedstaat anerkannt. Abwesenheiten von über vier Jahren deuten darauf hin, dass diese Integration nicht mehr gegeben ist.

    Artikel 15

    Ziel dieses Artikels ist es, die bereits geltenden Bestimmungen über das Verbleiberecht aufrechtzuerhalten.

    1. Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 der Kommission und Artikel 2 der Richtlinie 75/34/EWG des Rates regeln die Bedingungen, unter denen Erwerbstätige, die im Aufnahmemitgliedstaat ihre Beschäftigung aufgegeben haben, nach einem Aufenthalt von weniger als vier Jahren das Recht erwerben können, auf Dauer in dem betreffenden Mitgliedstaat zu verbleiben. Dieser Absatz zielt darauf ab, diese gegenüber der allgemeinen Regel des Artikels 14 günstigere Regelung für Erwerbs tätige aufrechtzuerhalten.

    2. Dieser Absatz entspricht Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 und Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 75/34/EWG.

    3. Erwirbt der Erwerbstätige das Recht auf Daueraufenthalt, erwerben auch seine Familienangehörigen dieses Recht, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, und ohne dass es an einen vorherigen Aufenthalt geknüpft wäre. Diese Bestimmungen entsprechen den geltenden Rechtsvorschriften über das Verbleiberecht, die vorsehen, dass die Familienangehörigen das Recht haben, auf Dauer im Aufnahmemitgliedstaat zu verbleiben, wenn der Erwerbstätige das Verbleiberecht in diesem Mitgliedstaat erworben hat (Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 der Kommission und der Richtlinie 75/34/EWG des Rates).

    4. In diesem Artikel werden die Bestimmungen von Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 und von Artikel 3 der Richtlinie 75/34/EWG übernommen, nach denen den Familienangehörigen eines abhängig oder selbständig Erwerbstätigen, der im Laufe seines Erwerbslebens verstorben ist, unter bestimmten Voraussetzungen selbst dann das Recht zuerkannt wird, sich in dem betreffenden Mitgliedstaat ständig aufzuhalten, wenn der Erwerbstätige dieses Recht noch nicht erworben hatte. Die einzigen Änderungen sind, dass die Dauer des vorherigen Aufenthalts von zwei Jahren auf ein Jahr verringert und Buchstabe c) präzisiert wird.

    Artikel 16

    Aus Gründen der Klarheit wird in diesem Artikel festgeschrieben, dass die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzenden Familienangehörigen, die nach der Scheidung oder dem Tod des Unionsbürgers ihr Aufenthaltsrecht behalten haben, bevor dieser das Recht auf Daueraufenthalt erworben hatte, und auf die Artikel 12 Absatz 2 und Artikel 13 Absatz 2 abstellen, das Recht auf Daueraufenthalt erwerben, wenn sie seit vier Jahren seit ihrer Einreise ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat gelebt haben und die in diesen Artikeln genannten Bedingungen erfuellen.

    Abschnitt II

    Formalitäten

    Artikel 17

    1. Das Recht auf Daueraufenthalt beinhaltet mehrere wichtige Rechte, wie das Recht auf Sozialhilfe im Aufnahmemitgliedstaat für alle Begünstigten der Richtlinie oder das Verbot der Abschiebung. Deshalb muss dieses Recht durch die Erteilung einer Aufenthaltskarte bestätigt werden. Dazu bedarf es einiger Verwaltungsförmlichkeiten, die aber nur einmal zu erledigen sind, da diese Aufenthaltskarte unbegrenzt gültig ist.

    2. Der Aufenthaltsberechtigte kann seine Aufenthaltskarte binnen zwei Jahren bean tragen. Diese Bestimmung beruht auf Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70. Auf den ersten Blick mag sie einschränkend erscheinen, doch sie enthebt den Aufnahmemitgliedstaat von der Pflicht, eine knappere Frist aufzuerle gen. Im Übrigen kann die Nichteinhaltung dieser Frist nur durch nichtdiskriminie rende und verhältnismäßige Sanktionen geahndet werden, wie bereits im Zusammen hang mit Verstößen gegen die Anmeldepflicht (Artikel 8) vorgesehen ist.

    3. Nur Abwesenheiten von über vier Jahren berühren die Gültigkeit dieser Aufenthalts karte.

    Artikel 18

    1. Hier wurde Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 über das Verbleiberecht übernommen und abgeändert. Die Kontinuität des Aufenthalts kann durch mehrere Mittel glaubhaft gemacht werden, insbesondere durch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder die Vorlage von Mietquittungen. Die Mitgliedstaaten müssen hinsichtlich der Beweise für die Dauer und die Kontinuität des Aufenthalts flexibel sein. Die Dauer der Abwesenheiten, die die Kontinuität des Aufenthalts nicht berühren, wurde auf sechs Monate oder mehr (in besonderen Fällen wie militärische Verpflichtungen, Schwangerschaft oder Mutterschaft, Studium bzw. Berufsbildung, berufliche Entsendung) ausgedehnt.

    2. In diesem Absatz ist festgeschrieben, dass der Aufenthalt als unterbrochen gilt, wenn eine rechtskräftige Ausweisungsverfügung gegen den Aufenthaltsberechtigten erlassen wurde.

    Kapitel V

    Gemeinsame Bestimmungen für das Recht auf Aufenthalt und das recht auf Daueraufenthalt

    Artikel 19

    Satz 1 entspricht dem Wortlaut von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a) der Richtlinie 68/360/EWG sowie von Artikel 5 der Richtlinie 73/148. Satz 2 schreibt die Gleichbehandlung fest und entspricht dem Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache 36/75, Roland Rutili gegen Innenministerium vom 28. Oktober 1975 (Slg. 1975, S. 1219, Rdnr. 50).

    Artikel 20

    Die Familienangehörigen eines Unionsbürgers haben ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit das Recht, im Aufnahmemitgliedstaat einer selbständigen oder nichtselbständigen Erwerbstätig keit nachzugehen. Hier wird nicht zwischen einzelnen Familienangehörigen unterschieden, was eine Neuerung gegenüber dem bestehendem Recht darstellt, das dieses Recht auf den Ehegatten oder die minderjährigen oder unterhaltspflichtigen Kinder beschränkt, obwohl logischerweise doch jeder Unionsbürger auf Grund des EG-Vertrags das Recht auf Ausübung einer Erwerbstätigkeit hat.

    Artikel 21

    1. Dieser Artikel schreibt die Gleichbehandlung des Unionsbürgers und der Inländer fest. Er entspricht im Großen und Ganzen dem Urteil des Gerichtshof in der Rechts sache C-85/96, Maria Martinez Sala gegen Freistaat Bayern vom 12. Mai 1998 (Slg. 1998, S. I-2691, Rdnr. 62) und stellt einen direkten Bezug her zwischen dem Diskriminierungsverbot und dem Aufenthaltsrecht (Artikel 12 und Artikel 18 Absatz 1 EG-Vertrag).

    Dieses Recht auf Gleichbehandlung wird auf Familienangehörige ausgedehnt, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und im Aufnahme mitgliedstaat das Recht auf Aufenthalt oder auf Daueraufenthalt genießen.

    2. Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz wird durch diese Bestimmung abge schwächt: sie sieht vor, das Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die sich im Aufnahmemitgliedstaat aufhalten, ohne dort eine Erwerbstätigkeit auszuüben, keinen Anspruch auf Sozialhilfe haben. Damit soll vermieden werden, dass dem Aufnahmemitgliedstaat eine übermäßige finanzielle Belastung entsteht. Im Übrigen sieht Artikel 7 ausdrücklich vor, dass sie über ausreichende Existenzmittel und eine Krankenversicherung verfügen müssen, folglich könnte der Antrag auf Sozialhilfe das Aufenthaltsrecht für diese Personen in Frage stellen. Die Erwähnung der Sozialhilfe schließt ebenfalls kostenlose Leistungen der Gesundheitsfürsorge ein, die der Mitgliedsstaat in seiner Gesetzgebung für mittellose Personen vorsieht.

    Außerdem ist der Aufnahmemitgliedstaat nicht gehalten, Unionsbürgern, die sich in erster Linie zum Studium in seinem Hoheitsgebiet aufhalten, eine Unterhaltsbeihilfe zu gewähren. Unterhaltsbeihilfen gehören zu den Fürsorgeleistungen im weitesten Sinne; Studenten haben auf Grund dieser Richtlinie keinen Anspruch darauf, denn sie bestätigen der zuständigen innerstaatlichen Behörde, dass sie über ausreichende Existenzmittel verfügen und daher keine Sozialhilfeleistung des Aufnahmemitglied staats in Anspruch nehmen werden. Aus Gründen der Klarheit, empfiehlt es sich, diese Bestimmung beizubehalten. Absatz 1 eröffnet den Studenten allerdings das Recht, auf Grund ihrer Staatsangehörigkeit nicht diskriminiert zu werden, beispiels weise bei anderen Beihilfen als den Unterhaltsbeihilfen, sowie bei kurzfristigen zinsvergünstigten Darlehen für Studenten.

    Diese Situation gilt bis zum Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt nach den Vorschriften des Kapitel IV der Richtlinie; dann sind die Daueraufenthaltsberech tigten den Inländern gleichgestellt.

    Artikel 22

    1. Es handelt sich hier um eine neue, klarstellende Bestimmung über die Wirkung der vom Aufnahmestaat ausgestellten Aufenthaltsdokumente, die die Konsequenz aus der bereits vom Gerichtshof anerkannten deklaratorischen Wirkung der Aufenthalts karte zieht: ihr Besitz ist keine Voraussetzung für die Ausübung der Freizügigkeit und insbesondere das Recht auf Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat (vgl. u.a. das Urteil in der Rechtssache 48/75, Royer, vom 8. April 1976 (Slg. S. 497, Rdnr. 50).

    2. Die Aufenthaltsdokumente werden von den Mitgliedstaaten kostenlos oder zum gleichen Preis wie die entsprechenden Dokumente für ihre eigenen Staatsangehö rigen ausgestellt (z.B. die Gebühren für die Aufenthaltskarte könnten vergleichbar derjenigen sein, die für die Ausstellung des Personalausweises an die eigenen Staatsangehörigen gefordert wird).

    Artikel 23

    Dieser Artikel schreibt die Gleichbehandlung in Bezug auf die Pflicht fest, jederzeit in der Lage zu sein, den Aufenthaltstitel vorzulegen. Satz 1 orientiert sich am Urteil des Gerichtshof in der Rechtssache 321/87, Kommission/Belgien, vom 27. April 1989 (Slg. 1989, S. 997, Rdnr. 12); Satz 2 lehnt sich ebenfalls an die Rechtsprechung des Gerichtshofs an (Urteil in der Rechtssache C-265/88, Messner, vom 12. Dezember 1989, Slg. 1989, S. 4209, Rdnr. 14 und Urteil in der Rechtssache C-24/97, Kommission/Deutschland, vom 30. April 1998; Slg. 1998, S. I-2133).

    Artikel 24

    Es handelt sich hier um eine neue Bestimmung, die den Unionsbürger gegen willkürliche Verfügungen der Behörden schützen soll.

    Der Artikel schreibt die Verfahrensgarantien für Aufenthaltsberechtigte fest, gegen die ein Mitgliedstaat aus anderen als den in Kapitel VI (öffentliche Ordnung) vorgesehenen Gründen eine Ausweisungsverfügung erlässt. Es handelt sich um die gleichen Garantien, die auch bei einer aus Gründen der öffentlichen Ordnung verfügten Abschiebung gelten. Ziel ist, zu verhindern, dass ein Bürger gegen Ausweisungen aus administrativen Gründen weniger geschützt ist als gegen Ausweisungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung.

    Eine derartige Ausweisungsverfügung darf kein Gebietsverbot enthalten; darin unterscheidet sie sich von einer Abschiebung aus Gründen der öffentlichen Ordnung.

    Kapitel VI

    Beschränkungen des Einreise- und Aufenthaltsrechts aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit

    Entsprechend der Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteil in der Rechtssache 157/79, Regina/Pieck, vom 3. Juli 1980, Slg. 1980, S. 2171) stellt die im Vertrag vorgesehene Einschränkung der Freizügigkeit aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit keine Voraussetzung für den Erwerb des Rechts auf Einreise und Aufenthalt dar, sondern erlaubt es, in Einzelfällen und mit ordnungsgemäßer Begründung ein unmittelbar aus dem EG-Vertrag begründetes Recht zu beschränken. Die Mitgliedstaaten dürfen mithin nicht generell und ohne konkrete Begründung die Ausnahmeregelung im Zusammenhang mit der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit geltend machen, um die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht zu beschränken.

    Ziel der Kommission ist es, den Begriff der öffentlichen Ordnung genauer zu umschreiben (durch Einbeziehung der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs in diesem Bereich), die Verfahrensgarantien zu stärken (u.a. durch die Möglichkeit, ein Rechtsmittel einzulegen) und den Schutz gegen Abschiebung dahingehend zu erhöhen, dass der Grad der Integration in den Aufnahmemitgliedstaat berücksichtigt wird; dieser Schutz soll sogar für Minderjährige mit familiären Bindungen im Aufnahmemitgliedstaat und Personen, die das Recht auf Daueraufenthalt haben, uneingeschränkt sein.

    Artikel 25

    1. In diesem Artikel wird der bereits im EG-Vertrag verankerte Grundsatz festge schrieben, dass Beschränkungen der Freizügigkeit und des Aufenthaltsrechts nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit erlaubt sind. Diese Gründe dürfen nicht zu wirtschaftlichen Zwecken angeführt werden (Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 64/221/EWG).

    2. Maßnahmen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit sind nach Maßgabe des persönlichen Verhaltens des Betreffenden zu ergreifen. Die Tatsache, dass dieser strafrechtlich verurteilt wurde, reicht allein nicht aus, um derartige Maßnahmen zu rechtfertigen (Richtlinie 64/221/EWG, Artikel 3 Absätze 1 und 2).

    In diesem Unterabsatz wird der Begriff der öffentlichen Ordnung in Anlehnung an das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache 30/77, Bouchereau, vom 27. Okto ber 1977, Slg. 1977, S. 1999, Rdnr. 35, definiert. Die Gefahr muss gegenwärtig und schwerwiegend sein und ausschließlich vom persönlichen Verhalten ausgehen.

    Dieser Unterabsatz schreibt einen Grundsatz fest, den der Gerichtshof in seinem Urteil in den verbundenen Rechtssachen 115 und 116/81, Adoui et Cornuaille, vom 18. Mai 1982, Slg. 1982, S. 1665, Rdnr. 8, dargelegt hat, und der einerseits den Begriff der schwerwiegenden Gefährdung klärt und andererseits die Gleichbehand lung von Inländern und anderen Unionsbürgern sichert.

    3. Wortlaut von Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie 64/221/EWG, mit einigen kleinen Änderungen.

    4. Wortlaut von Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie 64/221/EWG, mit einigen kleinen Änderungen.

    5. Wortlaut von Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 64/221/EWG.

    Artikel 26

    1. Mit diesen Bestimmungen soll ein erhöhter Schutz gegen Ausweisung gewährleistet werden: die Mitgliedstaaten sind gehalten, vor dem Erlass einer Ausweisungsverfü gung gegen einen Unionsbürger oder einen seiner Familienangehörigen den Grad der Bindung des Betreffenden im Aufnahmemitgliedstaat zu beachten; dazu soll er Elemente heranziehen, die in diesem Artikel informationshalber aufgezählt werden. Diese Bestimmung entfaltet durchaus rechtliche Wirkung, denn eine Verfügung der Mitgliedstaaten, die diese Elemente nicht berücksichtigt, kann als unverhältnismäßig beurteilt und somit durch die innerstaatlichen Gerichte aufgehoben werden. Letztere werden ausdrücklich verpflichtet, nachzuprüfen, ob diese Kriterien tatsächlich herangezogen wurden (Artikel 29 Absatz 4).

    2. Diese Bestimmung sieht den uneingeschränkten Schutz der Unionsbürger, der Familienangehörigen, die das Recht auf Daueraufenthalt erworben haben, sowie der minderjährigen Familienmitglieder gegen Abschiebung vor. Für die Minderjährigen geschieht dies aus humanitären Gründen. Für die Personen, die das Recht auf Daueraufenthalt erworben haben, geht man davon aus, dass sie im Aufnahme mitgliedstaat derart enge Bindungen entwickelt haben, dass eine Ausweisung sich nicht rechtfertigen lässt. Die Abschiebung hat für den Betreffenden gravierende Folgen, da seine affektiven oder familiären Bindungen im Aufnahmemitgliedstaat zerstört werden.

    Artikel 27

    1. In diesem Absatz werden die Krankheiten und Gebrechen präzisiert, die die Verweigerung der Einreise oder des Aufenthalts aus Gründen der öffentlichen Gesundheit rechtfertigen können. Einige dieser Krankheiten sind im Anhang der Richtlinie 64/221/EWG aufgelistet und weiterhin aktuell. Andere wurden, weil überholt, nicht in diesen Richtlinienvorschlag übernommen.

    2. Diese Einschränkung entspricht Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 64/221/EWG. Sie bedeutet, dass das Recht auf Aufenthalt nicht aus gesundheitlichen Gründen in Frage gestellt werden kann.

    3. Der Rückgriff auf diese Bestimmungen darf nur in Ausnahmefällen erfolgen und muss von zwei Bedingungen abhängig gemacht werden: erstens müssen ernsthafte Hinweise dafür vorliegen, dass die betreffende Person an einem Gebrechen oder einer Krankheit leidet, die die Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung rechtfertigt; zweitens muss der Aufnahmemitgliedstaat die Kosten dieser Untersuchung tragen. Derartige Untersuchungen dürfen auf keinen Fall systematisch durchgeführt werden, soll die praktische Wirksamkeit der Bestimmungen über die Erteilung der Aufenthaltsbescheinigung oder der Aufenthaltskarte nicht beeinträchtigt werden (Artikel 8 und 10).

    Artikel 28

    1. Dieser Absatz entspricht Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 64/221/EWG. Es wird festgelegt, wie die Mitteilung zu erfolgen hat; maßgeblich ist das Urteil des Gerichtshof in den verbundenen Rechtssache 115 et 116/81, Adoui und Cornuaille, vom 18. Mai 1982 (Slg.1982, S. 1665, Rdnr. 13). Hier wird nicht gefordert, dass die Entscheidung in die Sprache des Betreffenden übersetzt wird, zumal es sich um eine weniger verbreitete Sprache handeln kann, doch die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass der Betreffende Inhalt und Wirkung der Entscheidung auch wirklich versteht.

    2. Dieser Absatz entspricht Artikel 6 der Richtlinie 64/221/EWG mit zwei neuen Präzisierungen, die sich an der Rechtsprechung des Gerichtshofs anlehnen (Urteil in der Rechtssache 36/75, Rutili, vom 28. Oktober 1975, Slg. 1975, S. 1219, Rdnr. 39), nach der der Mitgliedstaat, wenn er dem Betreffenden die gegen ihn verhängte Maßnahme mitteilt, ihn auch präzise über sämtliche Gründe für diese Entscheidung unterrichten muss, damit er sich angemessen verteidigen kann. Eine weitere Garantie ist, dass die Verweigerung der Einreise oder des Aufenthaltsrechts nicht nur ordnungsgemäß begründet, sondern auch schriftlich erfolgen muss, damit die zuständigen Gerichte gegebenenfalls diese Entscheidung auch nachprüfen können.

    3. Der Schutz des Betreffenden wird dadurch ergänzt, dass er in der Mitteilung auch auf die Rechtsbehelfe verwiesen wird, die er gegen die Versagung des Einreise- oder Aufenthaltsrecht einlegen kann. Der letzte Satz entspricht Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie 64/221/EWG. Er ermöglicht es dem Betreffenden, außer in dringenden, ordnungsgemäß begründeten Fällen, je nach Sachlage noch zwei Wochen oder einen Monat im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats zu bleiben, so dass er Zeit hat, die mit der Einlegung des Rechtsbehelfs verbundenen Förmlichkeiten zu erledigen.

    Artikel 29

    1. Diese Bestimmungen zielen darauf ab, den Aufenthaltsberechtigten den Zugang zu Rechtsbehelfen und Rechtsmitteln und somit einen lückenlosen Rechtsschutz zu sichern.

    2. Ein lückenloser Rechtsschutz schließt nicht aus, dass ein Mitgliedstaat vorsieht, dass ein Rechtsbehelf bei einer Behörde eingelegt werden kann. In diesem Fall müssen die in Artikel 9 der Richtlinie 64/221/EWG genannten Objektivitätsgarantien gegeben sein, insbesondere die vorherige Stellungnahme einer anderen Behörde, als die, die Einreiseverweigerung oder die Ausweisung verfügen soll, sowie Garantie in Bezug auf die Rechte der Verteidigung.

    3. Nach dieser Bestimmung wird der innerstaatliche Richter befugt sein, die Aussetzung der Einreiseverweigerung oder der Ausweisung auszusetzen, wenn er die Entscheidung prima facie für ungerechtfertigt hält, und zwar auch dann, wenn der Rechtsbehelf nach innerstaatlichem Recht keine aufschiebende Wirkung hat. Es empfiehlt sich nicht, vorzusehen, dass der Rechtsbehelf stets aufschiebende Wirkung hat, da dies Missbrauch fördern könnte. Es kann davon ausgegangen werden, dass der innerstaatliche Richter bei seiner Beurteilung einen angemessenen Schutz der Interessen sowohl des Einzelnen als auch des Mitgliedstaates anstreben wird.

    4. Diese Bestimmung entspricht Randnummer 15 des Urteils in der Rechtssache Adoui und Cornuaille. Sie macht deutlich, dass der innerstaatliche Richter nicht nur eine - hier eher unwichtige - Kontrolle der Rechtmäßigkeit, sondern auch des Sachver halts vornimmt, der Anlass zu der angefochtenen Entscheidung gegeben hat. Satz 2 in diesem Absatz schreibt fest, dass es im Ermessen des innerstaatlichen Richters liegt, alle in Artikel 26 nicht abschließend aufgeführten Elemente zu beurteilen: er muss die betreffende Maßnahme am grundlegenden Gebot der Verhältnismäßigkeit bewerten.

    5. Absatz 5 erlaubt es den Mitgliedstaaten, dem Betreffenden die Anwesenheit in ihrem Hoheitsgebiet bis zu Beginn des Gerichtsverfahrens zu verbieten. Sie dürfen ihm allerdings nicht verbieten, während des Prozesses vor dem Richter zu erscheinen und müssen dafür sorgen, dass er sein Grundrecht auf einen fairen Prozess ausüben kann (Pecastaing-Urteil des Gerichtshofs, Rdnr. 13).

    Artikel 30

    1. Mit dieser Bestimmung wird ein bereits vom Gerichtshof anerkanntes Recht festgeschrieben (Urteil in den verbundenen Rechtssachen 115 und 116/81, Adoui und Cornuaille, vom 18. Mai 1982; Urteil in der Rechtssache C-348/96, Donatella Calfa, vom 19. Januar 1999): einer Person, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgewiesen wurde, darf nicht auf Lebenszeit verboten werden, sich in dem betreffenden Mitgliedstaat aufzuhalten.

    2. Absatz 2 schreibt fest, dass die vom Gerichtshof im Adoui/Cornuaille-Urteil als angemessen betrachtete Frist für die Einreichung eines neuen Antrags zwei Jahre, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Einreiseverweigerung oder der Ausweisung, nicht überschreiten darf. Bei der Prüfung des neuen Antrags muss der Mitgliedstaat jede Änderung des Sachverhalts beachten, auf Grund dessen die Ausweisung erfolgt war.

    Außerdem wird festgelegt, binnen welcher Frist der Mitgliedstaat über den neuen Antrag entscheiden muss, damit Unterabsatz 1 nicht ausgehöhlt wird.

    3. Dieser Absatz entspricht Randnummer 12 des Adoui/Cornuaille-Urteils. Die Be stimmung dürfte eine angemessene Lösung sein, um Missbrauch zu vermeiden.

    Artikel 31

    1. Es handelt sich hier um eine neue Bestimmung, die auf den Fall abstellt, dass die Ausweisung als Strafe oder Nebenstrafe zu einer Haftstrafe von einem Strafrichter oder - wie es in einigen Mitgliedstaaten bei strafrechtlicher Verurteilung wegen bestimmter Delikte der Fall ist - von einer Behörde verfügt wird. Das Strafrecht fällt grundsätzlich in den Kompetenzbereich der Mitgliedstaaten; nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs jedoch stößt diese Kompetenz insoweit auf Grenzen, als das innerstaatliche Strafrecht nicht die durch das Gemeinschaftsrecht garantierten Grundfreiheiten einschränken darf (Urteil in der Rechtssache 186/87, Cowan, vom 2. Februar 1989, Rdnr. 19). Der Strafrichter oder die zuständige Behörde sind künftig gehalten, bevor sie die Ausweisung eines Unionsbürgers oder eines seiner Familienangehörigen gemäß dem innerstaatlichen Recht als Strafe oder Nebenstrafe verfügen, das Gemeinschaftsrecht, insbesondere die Artikel 25, 26, 27 sowie Artikel 38 Absatz 1, zu beachten.

    2. In mehreren Mitgliedstaaten wird die zu einem bestimmten Zeitpunkt, mitunter zeitgleich mit einer strafrechtlichen Verurteilung verfügte Ausweisung, erst später, manchmal mehrere Jahre nach der Verfügung, vollstreckt. Diese Bestimmung ver pflichtet die Mitgliedstaaten dazu, zum Zeitpunkt der Vollstreckung nachzuprüfen, ob die Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit weiter besteht und der Sachverhalt, der zur Ausweisung geführt hat, sich nicht verändert hat.

    Kapitel VII

    Schlussbestimmungen

    Artikel 32

    Da die Richtlinie ein neues Regime hinsichtlich der Personenfreizügigkeit und des Aufenthaltsrechts der Unionsbürger einführt und sie neue Rechte verleiht, ist es angemessen, dass die Mitgliedstaaten die Unionsbürger über ihre von der vorliegenden Richtlinie umfassten Rechte informieren.

    Artikel 33

    Dieser Artikel schreibt die Grundsätze fest, die bei der Verhängung von Sanktionen wegen Nichteinhaltung der innerstaatlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie gelten. Sie müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Außerdem müssen sie den Sank tionen entsprechen, die die Mitgliedstaaten wegen geringfügigerer Vergehen gegen ihre eige nen Staatsangehörigen verhängen. Hiermit wird die ständige Rechtsprechung des Gerichts hofs berücksichtigt (Rechtssachen C-265/88, Messner, sowie C-2/97, Kommission/Deutsch land).

    Artikel 34

    Diese Richtlinie steht innerstaatlichen Rechtsvorschriften, die für die Angehörigen anderer Mitgliedstaaten günstiger sind, nicht entgegen. Eine innerstaatliche Bestimmung, nach der beispielsweise ein Familienmitglied, das nicht Unionsbürger ist, nach zweijährigem Aufenthalt einen eigenständigen Status erlangen kann, kann weiterhin angewandt werden.

    Artikel 35

    Hier werden die Rechtsvorschriften genannt, die aufgehoben beziehungsweise gestrichen werden. Von den derzeitigen Rechtsvorschriften über die Freizügigkeit und das Aufenthalts recht sollen weiterhin nur die Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und (EWG) Nr. 1251/70 in Kraft bleiben.

    Allerdings werden einige Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 zum Begriff des Familienangehörigen und zum Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung gestrichen, denn diese Richtlinie findet Anwendung auf alle und ersetzt mithin die Bestimmungen der besagten Verordnung.

    Sobald die hier vorgeschlagene Richtlinie angenommen ist, wird die Kommission einen Vorschlag zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 unterbreiten, den sie auf der Grundlage von Artikel 39 Absatz 3 Buchstabe d) EG-Vertrag angenommen hat. Nach diesem Artikel verfügt sie über die alleinige Zuständigkeit auf dem Gebiet des Verbleiberechts von Arbeitnehmern.

    Zur Vermeidung einer Regelungslücke werden die Absätze 1 und 2 dieses Artikels am 1. Juli 2003 wirksam.

    Artikel 36

    Wie dies für viele neue Richtlinien der Fall ist, wird die Kommission auch für diese Richtlinie einen Bericht über den Stand der Anwendung erstellen. In diesem Rahmen kann sie sich von der korrekten Umsetzung überzeugen, etwaige Schwierigkeiten bei der praktischen Anwendung aufdecken und erforderlichenfalls Änderungen vorschlagen.

    Artikel 37

    Die Mitgliedstaaten müssen diese Richtlinie vor dem 1. Juli 2003 annehmen und deren Bestimmungen veröffentlichen. Sie müssen die Bestimmungen ab dem 1. Juli 2003 anwenden. Sie unterrichten die Kommission über die Änderung ihrer Rechts- und Verwaltungsvorschriften. Bei der Annahme dieser Bestimmungen verweisen sie auf diese Richtlinie.

    Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

    Artikel 38

    In diesem Artikel wird der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie festgelegt.

    Artikel 39

    Die Richtlinie ist ausschließlich an die Mitgliedstaaten gerichtet.

    2001/0111 (COD)

    Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten

    (Text von Bedeutung für den EWR)

    DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION,

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften, insbesondere auf die Artikel 12, 18, 40, 44 und 52,

    auf Vorschlag der Kommission [14],

    [14] ABl. C [...] vom [...], S. [...].

    nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses [15],

    [15] ABl. C [...] vom [...], S. [...].

    nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen [16],

    [16] ABl. C [...] vom [...], S. [...].

    im Einklang mit dem in Artikel 251 des Vertrages vorgesehenen Verfahren [17],

    [17] ABl. C [...] vom [...], S. [...].

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1) In den Gemeinsamen Bestimmungen in Titel I des Vertrags über die Europäische Union setzt sich die Union unter anderem folgendes Ziel: "die Stärkung des Schutzes der Rechte und Interessen der Angehörigen ihrer Mitgliedstaaten durch Einführung einer Unionsbürgerschaft".

    (2) Die Personenfreizügigkeit stellt eine der Grundfreiheiten des Binnenmarktes dar, der gemäß Artikel 14 Absatz 2 des EG-Vertrages ein Raum ohne Binnengrenzen ist, in dem diese Freiheit gemäß den Bestimmungen des Vertrages gesichert ist.

    (3) Die mit Artikel 17 und 18 EG-Vertrag eingeführte Unionsbürgerschaft verleiht jedem Bürger der Union das individuelle Grundrecht, sich im Hoheitsgebiet der Mitglied staaten frei zu bewegen und aufzuhalten.

    (4) Die Förderung der Mobilität von Studenten, Forschern, Auszubildenden, Volontären, Lehrern und Ausbildern wurde als politische Priorität der Union anerkannt.

    (5) Vor diesem Hintergrund erfordern die bereichsspezifischen und fragmentarischen Ansätze der Freizügigkeit und des Aufenthaltsrechts, welche die Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft [18], die Richtlinie 68/360/EWG des Rates vom 15. Okto-ber 1968 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten und ihre Familienangehörigen innerhalb der Gemeinschaft [19], die Richtlinie 73/148/EWG des Rates vom 21. Mai 1973 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs [20], die Richtlinie 90/364/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 über das Aufenthaltsrecht [21], die Richtlinie 90/365/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 über das Aufenthaltsrecht der aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen Arbeitnehmer und selbständig Erwerbs tätigen [22] und die Richtlinie 93/96/EWG des Rates vom 29. Oktober 1993 über das Aufenthaltsrecht von Studenten [23] vorsehen, eine Überprüfung dahingehend, dass die Ausübung dieses Rechts, wie in Artikel 18 Absatz 2 EG-Vertrag vorgesehen, erleichtert wird.

    [18] ABl. L 257 vom 19.10.1968, S. 2, zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 2434/92 (ABl. L 245 vom 26.8.1992, S. 1).

    [19] ABl. L 257 vom 19.10.1968, S. 13, zuletzt geändert durch die Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens.

    [20] ABl. L 172 vom 28.6.1973, S. 14.

    [21] ABl. L 180 vom 13.7.1990, S. 26.

    [22] ABl. L 180 vom 13.7.1990, S. 28.

    [23] ABl. L 317 vom 18.12.1993, S. 59.

    (6) Das Recht jedes Unionsbürgers, sich frei im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu bewegen und aufzuhalten, setzt voraus, dass, wenn es unter objektiven Bedingungen hinsichtlich Freiheit und Würde ausgeübt werden soll, es auch den Familienangehöri gen ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit gewährt wird. Es gilt, den Begriff des Familienangehörigen für all jene, die das Aufenthaltsrecht genießen, zu erweitern und zu vereinheitlichen.

    (7) Es gilt, die Formalitäten im Zusammenhang mit der Freizügigkeit von Unionsbürgern im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten genau festzulegen. Außerdem ist die Freizügig keit der Familienmitglieder, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaats sind und gegebenenfalls der Visumpflicht gemäß der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind [24], unterliegen, dadurch zu erleichtern, dass der Aufenthaltstitel und das Visum für einen Kurzaufenthalt als gleichwertig betrachtet werden.

    [24] ABl. L 81 vom 21.3.2001, S. 1.

    (8) Um den neuen Formen der Mobilität, der Arbeit und der alternierenden Lebensweisen Rechnung zu tragen, ist vorzusehen, dass Unionsbürger für einen Aufenthalt von weniger als sechs Monaten lediglich im Besitz eines Personalausweises oder eines gültigen Reisepasses sein müssen.

    (9) Allerdings muss vermieden werden, dass die Freizügigkeitsberechtigten während ihres ersten Aufenthalts zu einer unangemessenen finanziellen Belastung für den Aufnahmemitgliedstaat werden. Daher ist die Aufrechterhaltung der Regelung vorzusehen, nach der das Aufenthaltsrecht für eine Dauer von über sechs Monaten nur ausgeübt werden kann, wenn der Unionsbürger einer Erwerbstätigkeit nachgeht, oder, ist dies nicht der Fall, für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und eine im Aufnahmemitgliedstaat alle Risiken abdeckende Kranken versicherung verfügt, oder wenn die betreffende Person ein Student ist, der im Aufnahmemitgliedstaat zu einer Berufsausbildung zugelassen ist, oder Familien angehöriger eines Unionsbürgers ist, der eine dieser Voraussetzungen erfuellt.

    (10) Das persönliche Grundrecht der Unionsbürger auf Aufenthalt in einem anderem Mitgliedstaat ergibt sich nicht aus einem Aufenthaltstitel. Es gilt daher die Pflicht, einen Aufenthaltstitel zu besitzen auf bestimmte, ordnungsgemäß begründete Fälle zu beschränken, insbesondere für den Fall, dass die Familienmitglieder des Unions bürgers nicht Angehörige eines Mitgliedstaats sind, sowie für Aufenthalte von über sechs Monaten.

    (11) Für Aufenthalte von über sechs Monaten stellt die - durch eine Bescheinigung bestätigte - Anmeldung des Unionsbürgers bei der zuständigen Behörde seines Aufenthaltsortes, in Verbindung mit dem Besitz des Personalausweises des Herkunfts staates oder eines gültigen Reisepasses eine ausreichende und verhältnismäßige Maßnahme dar, die dem Interesse des Aufnahmemitgliedstaats entgegenkommt, über die Bevölkerungsbewegungen in seinem Hoheitsgebiet Bescheid zu wissen.

    (12) Um zu vermeiden, dass abweichende Verwaltungspraktiken oder Auslegungen die Ausübung des Aufenthaltsrechts der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen unverhältnismäßig stark behindern, ist genau und abschließend festzulegen, welche Unterlagen erforderlich sind, damit eine Behörde eine Anmeldebescheinigung oder eine Aufenthaltskarte ausstellen kann.

    (13) Des Weiteren bedarf es eines Rechtsschutzes für die Familienangehörigen, wenn der Unionsbürger verstirbt oder die Ehe aufgelöst wird. Es sind also Maßnahmen zu ergreifen, damit in solchen Fällen das Aufenthaltsrecht unter Achtung des Familien lebens und der menschlichen Würde, aber unter bestimmten, Missbrauch vorbeugen den Voraussetzungen, erhalten bleibt.

    (14) Wenn Unionsbürgern, die beschlossen haben, sich dauerhaft in einem Mitgliedstaat niederzulassen, das Recht auf ständigen Aufenthalt garantiert wird, verstärkt dies ihr Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft von Bürgern, und trägt entscheidend zum sozialen Zusammenhalt, einem grundlegenden Ziel der Gemeinschaft, bei. Es gilt daher, für alle Unionsbürger ein Recht auf Daueraufenthalt vorzusehen, wobei als Kriterium ein ununterbrochener Aufenthalt von vier Jahren heranzuziehen ist.

    (15) Gleichwohl sind die besonderen Vergünstigungen, die für abhängig oder selbständig erwerbstätige Unionsbürger gelten, aufrecht zu erhalten, da sie erworbene Rechte auf Grund der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 der Kommission vom 29. Juni 1970 über das Recht der Arbeitnehmer, nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verbleiben [25] und der Richtlinie 75/34/EWG des Rates vom 17. Dezember 1974 über das Recht, nach Beendigung der Ausübung einer selbständi gen Tätigkeit im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats zu verbleiben [26], darstellen.

    [25] ABl. L 142 vom 30.6.1970, S. 24.

    [26] ABl. L 14 vom 20.1.1975, S. 10.

    (16) Die Ausübung des Rechts auf Daueraufenthalt durch Unionsbürger setzt voraus, dass dieses Recht auf die Familienangehörigen ausgedehnt wird. Verstirbt ein Unions bürger, der abhängig oder selbständig erwerbstätig gewesen ist, bevor er das Recht auf Daueraufenthalt erlangt hat, wird der Anspruch der Familienangehörigen auf Erwerb dieses Rechts unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt.

    (17) Damit das Recht auf Daueraufenthalt zur Integration in die Gesellschaft des Aufnahme mitgliedstaats, in dem sich der Unionsbürger aufhält, beitragen kann, darf es an keine Bedingungen geknüpft werden und muss es eine uneingeschränkte Gleichbehandlung mit den Inländern sowie einen größtmöglichen Schutz gegen Ausweisung garantieren.

    (18) Der Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt sichert dem Unionsbürger und seinen Familienangehörigen also zusätzliche Rechte und verstärkten Schutz. Dieses Recht muss daher durch eine unbegrenzt gültige Aufenthaltskarte festgestellt werden.

    (19) Das Diskriminierungsverbot erfordert, dass der Unionsbürger und seine Familienange hörigen in den Anwendungsbereichen der Verträge die gleiche Behandlung wie Inländer erfahren. Bevor der Aufnahmemitgliedstaat das Recht auf Daueraufenthalt gewährt, obliegt es ihm allerdings zu bestimmen, ob er Nichterwerbstätigen Sozialhilfe, oder, wenn es sich um Unionsbürger handelt, die in seinem Hoheitsgebiet studieren wollen, Unterhaltsbeihilfen zahlt.

    (20) Artikel 39 Absatz 3, Artikel 46 Absatz 1 und Artikel 55 EG-Vertrag sehen Beschrän kungen der Ausübung der Freizügigkeit aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit vor. Die Richtlinie 64/221/EWG des Rates [27] zielt ab auf die Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise- und Aufenthaltsbedingungen von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind.

    [27] ABl. L 56 vom 4.4.1964, S. 850, zuletzt geändert durch die Richtlinie 75/35/EWG (ABl. L 14 vom 20.1.1975, S. 14).

    (21) Mit Blick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und das Grundrecht der Freizügigkeit muss genau festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen einem Unionsbürger und seinen Familienangehörigen die Einreise verweigert werden kann oder sie ausgewiesen werden können, und welches in diesen Fällen die Verfahrensgarantien sind.

    (22) Die Ausweisung von Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist eine radikale Maßnahme; sie kann Personen, die ihre Rechte und Freiheiten aus dem Vertrag in Anspruch genommen haben und in den Aufnahmemitgliedstaat integriert sind, sehr schaden. Die Wirkung derartiger Maßnahmen muss daher begrenzt werden, damit der Grad der Integration des Betreffenden berücksichtigt und die Ausweisung eines Unionsbürgers oder eines seiner Familienangehörigen, der zum ständigen Aufenthalt berechtigt ist, oder eines minderjährigen Familienangehörigen verboten wird.

    (23) Des Weiteren sind die Verwaltungsverfahren zu präzisieren, damit einerseits im Falle eines Einreise- oder Aufenthaltsverbots ein hoher Schutz der Rechte des Unions bürgers und seiner Familienangehörigen gewährleistet ist, und andererseits der Grundsatz eingehalten wird, dass behördliche Handlungen ausreichend begründet sein müssen.

    (24) Der Unionsbürger und seine Familienangehörigen, denen untersagt wird, in einen anderen Mitgliedstaat einzureisen oder sich dort aufzuhalten, müssen stets die Möglichkeit haben, den Rechtsweg zu beschreiten, ohne dass sie hinsichtlich der Voraussetzungen für die Einlegung des Rechtsbehelfs und den Verlauf des Verfahrens gegenüber Inländern diskriminiert werden.

    (25) Im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs muss bestätigt werden, dass ein Unionsbürger oder einer seiner Familienangehörigen, der ausgewiesen wurde, nach einem angemessenen Zeitraum, spätestens aber nach zwei Jahren, einen neuen Antrag stellen kann.

    (26) Da diese Richtlinie die Ausübung der Freizügigkeit neu regelt, müssen die Rechts vorschriften, die dieser Richtlinie entgegenstehen, aufgehoben bzw. gestrichen werden, wobei gleichzeitig die Anwendung günstigerer einzelstaatlicher Rechtsvor schriften ermöglicht werden muss.

    (27) Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden.

    HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

    Kapitel I Allgemeine Bestimmungen

    Artikel 1 Gegenstand

    Diese Richtlinie regelt

    a) die Bedingungen, unter denen Unionsbürger und ihre Familienangehörigen Frei zügigkeit und Aufenthaltsrecht genießen;

    b) das Recht auf Daueraufenthalt der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen in den Mitgliedstaaten;

    c) die Beschränkungen dieser Rechte aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit.

    Artikel 2

    Definitionen

    Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

    1) "Unionsbürger": jede Person, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt.

    2) "Familienangehöriger":

    a) den Ehegatten;

    b) den ledigen Lebenspartner, sofern die Rechtsvorschriften des Aufnahme mitgliedstaats die Gleichstellung unverheirateter und verheirateter Paare vorsehen und die darin vorgesehenen Bedingungen erfuellt sind;

    c) die Verwandten in absteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten oder des ledigen Lebenspartners gemäß Buchstabe b);

    d) die Verwandten in aufsteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten oder des ledigen Lebenspartners gemäß Buchstabe b).

    3) "Aufnahmemitgliedstaat": den Mitgliedstaat, in den der Unionsbürger sich begibt, um dort sein Recht auf Freizügigkeit und sein Aufenthaltsrecht auszuüben

    Artikel 3 Begünstigte

    1. Diese Richtlinie findet Anwendung auf jeden Unionsbürger, der sich in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er hat, begibt, oder sich dort aufhält, sowie auf seine Familienangehörigen gemäß Artikel 2 Nummer 2), ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die ihn begleiten oder ihm nachziehen.

    2. Die Mitgliedstaaten erleichtern die Einreise und den Aufenthalt jedes nicht in Artikel 2 Nummer 2) definierten Familienangehörigen, dem der aufenthaltsberechtig te Unionsbürger Unterhalt gewährt, oder der mit ihm im Herkunftsland in häuslicher Gemeinschaft lebt, unbeschadet seines eigenen Rechts auf Freizügigkeit und Aufenthalt.

    Artikel 4 Diskriminierungsverbot

    Die Mitgliedstaaten setzen diese Richtlinie ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung um.

    Kapitel II Freizügigkeit und Aufenthalt bis zu sechs Monaten

    Artikel 5 Recht auf Ausreise

    1. Jeder Unionsbürger, der einen Personalausweis oder gültigen Reisepass mit sich führt, hat das Recht, das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verlassen und sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben.

    Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen, haben das gleiche Recht.

    2. Für die Ausreise der Personen gemäß Absatz 1 darf weder ein Visum noch ein gleichartiger Nachweis verlangt werden.

    3. Die Mitgliedstaaten erteilen ihren Bürgern einen Personalausweis oder einen Reisepass, der insbesondere ihre Staatsangehörigkeit angibt und verlängern ihn.

    4. Der Reisepass muss zumindest für alle Mitgliedstaaten und die unmittelbar zwischen den Mitgliedstaaten liegenden Durchreiseländer gelten. Sieht das Recht eines Mitgliedstaats keinen Personalausweis vor, so ist der Reisepass mit einer Gültigkeit von mindestens fünf Jahren auszustellen oder zu verlängern.

    Artikel 6 Recht auf Einreise und Aufenthalt bis zu sechs Monaten

    1. Die Mitgliedstaaten gestatten Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen, die einen gültigen Personalausweis oder Reisepass mit sich führen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die Einreise.

    Für die Einreise darf vom Unionsbürger weder ein Visum noch ein gleichartiger Nachweis verlangt werden.

    2. Von Familienangehörigen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, kann lediglich gemäß der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates ein Visum für einen Kurzaufenthalt gefordert werden. Der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten, gültigen Aufenthaltstitels hat den gleichen Wert wie ein Visum.

    Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um diesen Personen die Visumformalitäten zu erleichtern. Die Visa werden unentgeltlich erteilt.

    3. Der Aufnahmemitgliedstaat bringt im Reisepass eines Familienangehörigen, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt, keinen Einreise- oder Ausreisestempel an, wenn der Betreffende im Besitz eines Aufenthaltstitels ist.

    4. Ist der Unionsbürger oder der Familienangehörige nicht im Besitz der erforderlichen Reisedokumente oder gegebenenfalls der erforderlichen Visa, trifft der betreffende Mitgliedstaat alle Vorkehrungen, um es diesen Personen zu erleichtern, sich diese Reisedokumente zu beschaffen bzw. sie sich übermitteln zu lassen oder mit anderen Mitteln nachzuweisen, dass ihr Anspruch auf Freizügigkeit begründet ist, bevor er eine Versagung der Einreise verfügt.

    5. Das Recht auf Einreise eines Unionsbürgers in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats beinhaltet das Recht, sich dort während eines Zeitraums bis zu sechs Monaten aufzuhalten, wobei er im Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses sein muss. Der betreffende Mitgliedstaat kann ihm lediglich auferlegen, seinen Aufenthalt binnen einer Frist, die nicht weniger als vierzehn Tage betragen darf, anzuzeigen. Die Nichteinhaltung dieser Anzeigepflicht kann mit Sanktionen geahndet werden, die nicht diskriminierend und angemessen sind.

    6. Absatz 5 findet auch Anwendung auf die Familienangehörigen des Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und diesen begleiten oder ihm nachziehen. Unterliegen diese Familienangehörigen jedoch der Visum pflicht, müssen sie vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des betreffenden Visum seine Aufenthaltskarte gemäß Artikel 9 beantragen.

    Kapitel III Recht auf Aufenthalt während mehr als sechs Monaten

    Artikel 7 Ausübungsbedingungen

    1. Jeder Unionsbürger hat das Recht, sich für einen Zeitraum von über sechs Monaten in einem anderen Mitgliedstaat aufzuhalten, wenn er

    a) eine abhängige oder selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, oder

    b) für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel in solcher Höhe verfügt, dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfe leistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen einen Krankenversicherungsschutz genießen, der im Aufnahmemitgliedstaat alle Risiken abdeckt, oder

    c) ein zwecks beruflicher Bildung zugelassener Student ist;

    d) Familienangehöriger eines Unionsbürgers ist, der die Bedingungen nach Buchstabe a), b) oder c) erfuellt.

    2. Das Aufenthaltsrecht wird auf Familienangehörige eines Unionsbürgers ausgedehnt, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, wenn sie den betreffenden Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen, sofern dieser die Bedingungen nach Absatz 1 Buchstabe a), b) oder c) erfuellt.

    Artikel 8 Formalitäten für Unionsbürger

    1. Für Aufenthalte von über sechs Monaten kann der Aufnahmemitgliedstaat den Unionsbürgern auferlegen, sich bei den zuständigen Behörden anzumelden.

    2. Die für die Anmeldung vorgesehene Frist muss mindestens sechs Monate ab dem Zeitpunkt der Einreise betragen. Das Aufenthaltsrecht wird durch die unverzügliche Ausstellung einer Anmeldebescheinigung festgestellt, in der Name und Anschrift der betreffenden Person sowie der Zeitpunkt der Anmeldung angegeben werden. Die Nichteinhaltung der Anmeldungspflicht kann durch Sanktionen geahndet werden, die nicht diskriminierend und angemessen sind.

    3. Für die Ausstellung der Anmeldebescheinigung dürfen die Mitgliedstaaten vom Unionsbürger gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a) oder b) nur die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses verlangen und fordern, dass er in einer Erklärung oder mit jedem anderen mindestens gleichwertigen Mittel seiner Wahl versichert, dass er die Voraussetzungen des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe a) oder b) erfuellt.

    4. Für die Ausstellung der Anmeldebescheinigung dürfen die Mitgliedstaaten vom Unionsbürger gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c) nur Folgendes verlangen: die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses; die Bescheinigung, dass er in einer anerkannten Bildungseinrichtung zur Absolvierung einer Berufsausbil dung als Hauptzweck eingeschrieben ist; die Bestätigung in einer Erklärung oder mit jedem anderem mindestens gleichwertigem Mittel seiner Wahl, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel in solcher Höhe verfügt, dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familien angehörigen einen Krankenversicherungsschutz genießen, der im Aufnahme mitgliedstaat alle Risiken abdeckt.

    5. Die Mitgliedstaaten dürfen den Betrag der Existenzmittel, den sie als ausreichend betrachten, nicht festlegen.

    6. Für die Ausstellung der Anmeldebescheinigung an die Familienangehörigen des Unionsbürgers, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, können die Mitgliedstaaten die Vorlage folgender Urkunden verlangen:

    a) einen gültigen Personalausweis oder Reisepass;

    b) ein Dokument, aus dem das Verwandtschaftsverhältnis hervorgeht;

    c) gegebenenfalls die Bescheinigung, dass der Unionsbürger, dem sie folgen oder nachziehen, angemeldet ist;

    d) in den Fällen, auf die Artikel 2 Nummer 2) Buchstabe b) abstellt, der Nachweis, dass die dort genannten Voraussetzungen vorliegen;

    e) in den Fällen, auf die Artikel 3 Absatz 2 abstellt, ein durch die zuständige Behörde des Ursprungs- oder Herkunftslandes ausgestelltes Dokument, aus dem hervorgeht, dass die Betreffenden vom Unionsbürger Unterhalt beziehen oder mit ihm in diesem Land in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben.

    7. Die Anmeldebescheinigung kann dem Arbeitnehmer oder Selbständigen, der seine abhängige oder selbständige Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, nicht verweigert werden, wenn:

    a) er wegen einer Krankheit oder Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist, oder

    b) er sich bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung stellt, oder

    c) er sich bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit infolge des Ablaufs seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrags dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung stellt; in diesem Fall bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten aufrechterhalten; hat er Anspruch auf eine Arbeitslosenleistung, bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft erhalten, bis der Anspruch erlischt; oder

    d) er eine Berufsausbildung beginnt; die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigen eigenschaft setzt voraus, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betreffende hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

    Artikel 9 Formalitäten für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen

    1. Die Mitgliedstaaten stellen den Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, eine Aufenthaltskarte aus, wenn ein Aufenthalt von über sechs Monaten geplant ist.

    2. Die Frist für die Einreichung des Antrags auf Ausstellung der Aufenthaltskarte muss mindestens sechs Monate ab dem Zeitpunkt der Einreise betragen. Familien angehörige, die der Visumpflicht unterliegen, müssen diesen Antrag jedoch vor Ablauf der Gültigkeit ihres Visums einreichen.

    3. Die Nichteinhaltung der Pflicht zur Beantragung einer Aufenthaltskarte kann mit Sanktionen geahndet werden, die nicht diskriminierend und verhältnismäßig sind.

    Artikel 10 Ausstellung der Aufenthaltskarte

    1. Zum Nachweis des Aufenthaltsrechts der Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, wird spätestens drei Monate nach Einreichung des betreffenden Antrags eine "Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers" erteilt. Eine Bescheinigung der Einreichung des Antrags wird unverzüglich ausgestellt. Aus dieser Bescheinigung geht auch hervor, dass der Betreffende Familienangehöriger eines Unionsbürgers ist.

    2. Für die Ausstellung der Aufenthaltskarte verlangen die Mitgliedstaaten die Vorlage der in Artikel 8 Absatz 6 genannten Dokumente.

    Artikel 11 Gültigkeit der Aufenthaltskarte

    1. Die Aufenthaltskarte gemäß Artikel 10 Absatz 1 hat eine Gültigkeitsdauer von mindestens fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Ausstellung.

    2. Aufenthaltsunterbrechungen, die sechs aufeinanderfolgende Monate nicht überschreiten, sowie längere Abwesenheiten aus wichtigen Gründen, insbesondere wegen der Erfuellung militärischer Pflichten, einer schweren Krankheit, einer Schwangerschaft und Mutterschaft, eines Studiums oder einer Berufsausbildung oder einer Entsendung aus beruflichen Gründen in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats oder eines Drittstaates berühren nicht die Gültigkeit der Aufenthalts karte.

    Artikel 12 Aufrechterhaltung des Aufenthaltsrechts für die Familienangehörigen bei Tod oder Wegzug des Unionsbürgers

    1. Unbeschadet von Unterabsatz 2 berührt der Tod des Unionsbürgers oder sein Wegzug aus dem Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats nicht das Aufenthalts recht seiner Familienangehörigen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen.

    Bevor die Betreffenden das Recht auf Daueraufenthalt erwerben, müssen sie die Voraussetzungen des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe a), b), c) oder d) erfuellen.

    2. Für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, hat der Tod des Unionsbürgers, von dem sie abhängen, unbeschadet von Unterabsatz 2 nicht den Verlust des Aufenthaltsrechts zur Folge.

    Bevor die Betreffenden das Recht auf Daueraufenthalt erwerben, bleibt das Aufenthaltsrecht der Familienangehörigen an die Voraussetzung geknüpft, dass sie eine abhängige oder selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, oder über eine Krankenversicherung, die im Aufnahmemitgliedstaat alle Risiken abdeckt, sowie über ausreichende Existenzmittel verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts im Aufenthaltsstaat nicht die Sozialhilfe des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, oder dass sie bereits im Aufnahmemitgliedstaat als Familien angehörige derjenigen Person gelten, die diese Voraussetzungen erfuellt.

    Diese Existenzmittel gelten als ausreichend, wenn sie mindestens dem Betrag entsprechen, unterhalb dessen der Aufnahmemitgliedstaat seinen Staatsangehörigen Sozialhilfe gewähren kann. Ist dieses Kriterium nicht anwendbar, gelten die Existenzmittel des Antragstellers als ausreichend, wenn sie mindestens der Mindestrente der Sozialversicherung des Aufnahmemitgliedstaats entsprechen.

    3 Der Wegzug des Unionsbürgers hat für seine Kinder, die nicht die Staatsangehörig keit eines Mitgliedstaats besitzen und in einer weiterführenden oder darauf aufbauenden Bildungseinrichtung eingeschrieben sind, bis zum Abschluss des Studiums nicht den Verlust des Aufenthaltsrechts zur Folge.

    Artikel 13 Aufrechterhaltung des Aufenthaltsrechts der Familienangehörigen bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe

    1. Unbeschadet von Unterabsatz 2 berührt die Scheidung oder die Aufhebung der Ehe nicht das Aufenthaltsrecht der Familienangehörigen eines Unionsbürgers, wenn sie die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen.

    Bevor die Betreffenden das Recht auf Daueraufenthalt erwerben, müssen sie die Voraussetzungen des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe a), b), c) oder d) erfuellen.

    2. Unbeschadet von Unterabsatz 2 hat die Scheidung oder die Aufhebung der Ehe nicht den Verlust des Aufenthaltsrechts der Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, zur Folge

    a) wenn die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens fünf Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Aufnahmemitgliedstaat, oder

    b) wenn dem Ehegatten, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt, auf Grund einer Vereinbarung der Ehegatten oder durch gerichtliche Entscheidung das Sorgerecht für die Kinder des Unionsbürgers übertragen wird, oder

    c) wenn es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist.

    Bevor die Betreffenden das Recht auf Daueraufenthalt erwerben, bleibt ihr Aufenthaltsrecht an die Voraussetzung geknüpft, dass sie eine abhängige oder selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, oder für sich und ihre Familienangehörigen über eine Krankenversicherung, die im Aufnahmemitgliedstaat alle Risiken abdeckt, sowie über ausreichende Existenzmittel verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts im Aufenthaltsstaat nicht die Sozialhilfe des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, oder dass sie bereits im Aufnahmemitgliedstaat als Familienangehörige derjenigen Person gelten, die diese Voraussetzungen erfuellt.

    Als ausreichende Existenzmittel nach Unterabsatz 2 gelten die in Artikel 12 Absatz 2 Unterabsatz 3 vorgesehenen Beträge.

    Kapitel IV Recht auf Daueraufenthalt

    Abschnitt I Erwerb

    Artikel 14 Allgemeine Regel für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen

    1. Jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig vier Jahre lang ununterbrochen im Hoheits gebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufgehalten hat, hat das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Dieses Recht ist nicht an die Voraussetzungen des Kapitels III geknüpft.

    2. Absatz 1 findet auch Anwendung auf Familienangehörige, die nicht die Staats angehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und sich vier Jahre mit dem Unions bürger im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten haben.

    3. Wenn das Recht auf Daueraufenthalt erworben wurde, kann es nur durch Abwesen heiten vom Hoheitsgebiet des Aufnahmestaats, die vier aufeinanderfolgende Jahre überschreiten, aberkannt werden.

    Artikel 15 Ausnahmeregelung für Erwerbstätige, die im Aufnahmemitgliedstaat aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind, und ihre Familienangehörigen

    1. Abweichend von Artikel 14 haben folgende Personen vor Ablauf des Zeitraums von vier Jahren das Recht auf Daueraufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat:

    a) abhängig oder selbständig Erwerbstätige, die zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das in dem betreffenden Mitgliedstaat für die Geltendmachung einer Altersrente gesetzlich vorgesehene Alter erreicht haben, oder die ihre abhängige Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestands regelung beenden, wenn sie diese Erwerbstätigkeit im Hoheitsgebiet dieses Staates mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich dort seit mindestens drei Jahren ununterbrochen aufgehalten haben.

    Haben bestimmte Kategorien von selbständig Erwerbstätigen nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats keinen Anspruch auf eine Altersrente, so gilt die Altersvoraussetzung als erfuellt, wenn der Betreffende das 60. Lebensjahr vollendet hat.

    b) abhängig oder selbständig Erwerbstätige, die sich seit mindestens zwei Jahren ständig im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats aufhalten und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben.

    Ist die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder Berufskrankheit eingetreten, auf Grund deren ein Anspruch auf eine Rente entsteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines Trägers des betreffenden Mitgliedstaats geht, entfällt die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer.

    c) abhängig oder selbständig Erwerbstätige, die nach drei Jahren ununter brochener Erwerbstätigkeit und ununterbrochenen Aufenthalts im Hoheits gebiet des betreffenden Mitgliedstaats eine abhängige oder selbständige Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausüben, ihren Wohnsitz jedoch im ersten Mitgliedstaat beibehalten und in der Regel jeden Tag oder mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren.

    Für den Erwerb der in Unterabsatz 1 Buchstaben a) und b) vorgesehenen Rechte gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit im anderen Mitgliedstaat als im Mitgliedstaat des Wohnsitzes abgeleistet.

    Zeiten unfreiwilliger Arbeitslosigkeit, die vom zuständigen Arbeitsamt ordnungs gemäß festgestellt werden, oder vom Willen des Betreffenden unabhängige Arbeitsunterbrechungen sowie unfall- oder krankheitsbedingte Fehlzeiten oder Unterbrechungen gelten als Arbeitszeiten.

    2. Die Voraussetzungen der Dauer des Aufenthalts und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Absatz 1 Buchstabe a) sowie der Aufenthaltsdauer in Absatz 1 Buchstabe b) entfallen, wenn der Ehegatte des Arbeitnehmers die Staatsangehörigkeit des Aufnahmemitgliedstaats besitzt oder sie durch Eheschließung mit dem Betreffenden verloren hat.

    3. Die Familienangehörigen eines abhängig oder selbständig Erwerbstätigen, der das Recht auf Daueraufenthalt gemäß Absatz 1 erworben hat, haben, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, ebenfalls das Recht sich im Aufnahmemitgliedstaat dauerhaft aufzuhalten.

    4. Die Familienangehörigen eines abhängigen oder selbständigen Erwerbstätigen, der im Laufe seines Erwerbslebens verstorben ist, bevor er gemäß Absatz 1 das Recht auf Daueraufenthalt in dem betreffenden Mitgliedstaat erworben hat, haben, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, das Recht, sich dort dauerhaft aufzuhalten, sofern

    a) der Erwerbstätige sich zum Zeitpunkt seines Todes seit einem Jahr im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats ununterbrochen aufgehalten hat, oder

    b) der Erwerbstätige infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit gestorben ist, oder

    c) sein überlebender Ehegatte die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats durch Eheschließung mit dem Arbeitnehmer verloren hat.

    Artikel 16 Erwerb des Rechts auf ständigen Aufenthalt durch bestimmte Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen

    Unbeschadet von Artikel 15 erwerben die Familienangehörigen eines Unionsbürgers, auf die Artikel 12 Absatz 2 und Artikel 13 Absatz 2 abstellen, und die die Voraussetzungen dieser Bestimmungen erfuellen, das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie sich im Aufnahme mitgliedstaat seit vier Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt ihrer Einreise, ununterbrochen aufhalten.

    Abschnitt II

    Formalitäten

    Artikel 17 Daueraufenthaltskarte

    1. Die Mitgliedstaaten stellen den Personen, die das Recht auf Daueraufenthalt genießen, binnen drei Monaten nach dem Antrag eine Daueraufenthaltskarte aus. Die Daueraufenthaltskarte ist unbegrenzt gültig. Sie ist automatisch alle 10 Jahre verlängerbar.

    2. Die Frist für die Einreichung des Antrags auf Ausstellung einer Daueraufenthalts karte muss mindestens zwei Jahre, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Entstehung des Rechts auf Daueraufenthalt, betragen. Familienangehörige, die nicht die Staats angehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, müssen diesen Antrag jedoch vor Ablauf der Gültigkeit ihrer ersten Aufenthaltskarte stellen.

    Die Nichteinhaltung der Pflicht zur Beantragung einer Daueraufenthaltskarte kann mit Sanktionen geahndet werden, die nicht diskriminierend und verhältnismäßig sind.

    3. Aufenthaltsunterbrechungen bis zu vier Jahren berühren nicht die Gültigkeit der ständigen Aufenthaltskarte.

    Artikel 18 Dauerhaftigkeit des Aufenthalts

    1. Der ständige Aufenthalt wird durch eines der im Aufenthaltsmitgliedstaat üblichen Beweismittel nachgewiesen. Er wird weder durch vorübergehende Abwesenheiten bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr noch durch längere Abwesenheiten aus wichtigen Gründen berührt, die insbesondere im Zusammenhang stehen mit der Erfuellung militärischer Pflichten, einer schweren Krankheit, einer Schwangerschaft und Mutterschaft, eines Studiums oder einer Berufsausbildung oder einer Entsendung aus beruflichen Gründen in einen anderen Mitgliedstaat oder einen Drittstaat.

    2. Jede rechtmäßig verfügte Ausweisung stellt eine Unterbrechung des Aufenthalts dar, es sei denn, sie wird nicht vollstreckt.

    KAPITEL V Gemeinsame Bestimmungen über das Aufenthaltsrecht und das Recht auf Daueraufenthalt

    Artikel 19 Räumlicher Geltungsbereich

    Das Aufenthaltsrecht und das Recht auf Daueraufenthalt erstrecken sich auf das gesamte Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats. Die Mitgliedstaaten können das Aufenthaltsrecht und das Recht auf Daueraufenthalt nur in den Fällen räumlich beschränken, in denen sie eine derartige Beschränkung auch für ihre Staatsangehörigen vorsehen.

    Artikel 20 Verbundene Rechte

    Die Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die das Recht auf Aufenthalt oder das Recht auf Daueraufenthalt in einem Mitgliedstaat genießen, sind ungeachtet ihrer Staatsangehörig keit berechtigt, dort eine abhängige oder selbständige Erwerbstätigkeit auszuüben.

    Artikel 21 Gleichbehandlung

    1. Jeder Unionsbürger, der sich im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufhält, genießt dort in den Anwendungsbereichen des Gemeinschaftsrechts die gleiche Behandlung wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats.

    Das Recht auf Gleichbehandlung erstreckt sich auch auf Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und das Recht auf Aufenthalt oder das Recht auf Daueraufenthalt genießen.

    2. In Abweichung von Absatz 1 ist der Aufnahmemitgliedstaat jedoch nicht gehalten, anderen Personen als abhängig oder selbständig Erwerbstätigen und ihren Familien mitgliedern das Recht auf gesetzliche Sozialhilfe oder - wenn es sich um Personen handelt, die sich zu einem Studium in seinem Hoheitsgebiet aufhalten - das Recht auf Unterhaltsbeihilfe zu gewähren, bevor sie das Recht auf Daueraufenthalt erworben haben.

    Artikel 22 Allgemeine Bestimmungen bezüglich der Wirkung der Aufenthaltsdokumente

    1. Der Besitz einer Anmeldebescheinigung, einer Bescheinigung über die Beantragung der Aufenthaltskarte, einer Aufenthaltskarte für Familienangehörige oder einer Daueraufenthaltskarte darf auf keinen Fall Voraussetzung insbesondere für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit sowie für die Gewährung einer Leistung oder einer Vergünstigung oder für eine sonstige Verwaltungshandlung sein.

    2. Alle in Absatz 1 genannten Dokumente werden unentgeltlich oder gegen Entrichtung eines Betrags ausgestellt, der die Ausstellungsgebühr von entsprechenden Dokumen ten an Inländer, nicht übersteigt.

    Artikel 23 Kontrolle durch die zuständigen Behörden

    Die Mitgliedstaaten können kontrollieren, ob die sich gegebenenfalls aus ihrem Recht ergebende Verpflichtung eingehalten wird, jederzeit die Anmeldebescheinigung oder die Aufenthaltskarte vorzeigen zu können, sofern sie diese Verpflichtung ihren eigenen Staatsangehörigen in Bezug auf deren Personalausweis auferlegen.

    Wird diese Verpflichtung nicht eingehalten, können die Mitgliedstaaten die Sanktionen verhängen, die sie auch gegen ihre eigenen Staatsangehörigen verhängen, die ihren Personalausweis nicht mit sich führen.

    Artikel 24

    Verfahrensgarantien

    1. Unbeschadet der Bestimmungen des Kapitels VI finden die Verfahren der Artikel 28 und 29 mutatis mutandis auf jede Ausweisungsentscheidung Anwendung, die der Aufnahmemitgliedstaat aus anderen Gründen als denen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gegen einen Unionsbürger oder einen seiner Familien angehörigen erlässt.

    2. Die in Absatz 1 genannte Ausweisungsentscheidung darf nicht mit einem Einreise verbot einhergehen.

    Kapitel VI Beschränkungen des Einreise- und Aufenthaltsrechts aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit

    Artikel 25 Allgemeine Grundsätze

    1. Die Bestimmungen dieses Kapitels finden Anwendung auf die Entscheidungen, einem Unionsbürger oder seinen Familienangehörigen - letzteren ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit - aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit die Einreise zu versagen oder sie auszuweisen. Diese Gründe dürfen nicht zu wirtschaftlichen Zwecken geltend gemacht werden.

    2. Bei Maßnahmen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit darf ausschließlich das Verhalten der betreffenden Person ausschlaggebend sein. Die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung genügt für sich allein nicht, um automatisch solche Maßnahmen zu begründen.

    Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Allgemeinprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

    Das persönliche Verhalten kann nicht als hinreichend schwere Gefahr betrachtet werden, wenn der betreffende Mitgliedstaat gegen eigene Staatsangehörige, die die gleiche Art von Verstoß begehen, keine schweren Sanktionen verhängt.

    3. Wird der Personalausweis oder Reisepass, der die Einreise in den Aufnahme mitgliedstaat sowie die Ausstellung der Anmeldebescheinigung oder der Aufent haltskarte ermöglicht hat, ungültig, so rechtfertigt dies keine Ausweisung.

    4. Bei der Erteilung der Aufenthaltsbescheinigung oder der Aufenthaltskarte kann der Aufnahmemitgliedstaat, wenn er dies für unerlässlich hält, den Herkunfts-Mitglied staat und gegebenenfalls die anderen Mitgliedstaaten um Auskünfte über Vorstrafen des Antragstellers ersuchen. Diese Anfragen dürfen nicht systematisch erfolgen. Der ersuchte Mitgliedstaat muss seine Antwort binnen zwei Monaten erteilen.

    5. Der Mitgliedstaat, der den Personalausweis oder Reisepass ausgestellt hat, lässt den Inhaber dieses Personalausweises oder Reisepasses ohne besondere Formalitäten wieder einreisen, selbst wenn der Personalausweis oder Reisepass ungültig geworden ist oder die Staatsangehörigkeit des Inhabers bestritten wird.

    Artikel 26 Schutz vor Ausweisung

    1. Bevor sie eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen, berücksichtigen die Mitgliedstaaten insbesondere die Dauer des Auf enthalts des Betreffenden im Hoheitsgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration in den Aufnahmemitgliedstaat und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat.

    2. Der Aufnahmemitgliedstaat kann gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehöri gen, letztere ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die das Recht auf Daueraufenthalt erlangt haben, und gegen minderjährige Familienangehörige keine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen.

    Artikel 27 Öffentliche Gesundheit

    1. Als Krankheiten oder Gebrechen, die die Versagung der Einreise oder des Aufenthalts im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats rechtfertigen, gelten nur die Quarantänekrankheiten, die in den Internationalen Gesundheitsvorschriften Nr. 2 vom 25. Mai 1951 der Weltgesundheitsorganisation aufgeführt sind, oder sonstige übertragbare, durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten, sofern im Aufnahmestaat Maßnahmen zum Schutz der eigenen Staatsangehörigen gegen diese Krankheiten getroffen werden. Die Mitgliedstaaten dürfen keine neuen restriktiveren Bestimmungen und Maßnahmen als die bei Inkrafttreten dieser Richtlinie geltenden einführen.

    2. Das Auftreten von Krankheiten oder Gebrechen nach der Anmeldung bei der zuständigen Behörde des Aufenthaltsortes oder nach der Ausstellung der ersten Aufenthaltskarte kann die Verweigerung einer Verlängerung der Aufenthaltskarte oder die Ausweisung aus dem Hoheitsgebiet nicht rechtfertigen.

    3. Liegen ernsthafte Anhaltspunkte vor, können die Mitgliedstaaten für die Personen, die Aufenthaltsrecht genießen, eine ärztliche Untersuchung anordnen, um feststellen zu lassen, dass sie nicht an einer Krankheit im Sinne von Absatz 1 leiden. Diese ärztlichen Untersuchungen dürfen nicht systematisch durchgeführt werden.

    Artikel 28 Mitteilung der Entscheidungen

    1. Die Entscheidung über die Versagung der Einreise oder die Ausweisung muss dem Betreffenden in einer Weise mitgeteilt werden, dass er deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann.

    2. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der Entscheidung zugrunde liegen, schriftlich mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Staatssicherheit dieser Mitteilung entgegenstehen.

    3. In der Mitteilung ist anzugeben, welche Rechtsbehelfe der Betreffende innerhalb welcher Frist erheben kann und gegebenenfalls binnen welcher Frist er den Mitgliedstaat zu verlassen hat. Außer in dringenden, ordnungsgemäß begründeten Fällen muss diese Frist mindestens fünfzehn Tage betragen, wenn der Betreffende noch nicht bei der zuständigen Behörde seines Aufenthaltsorts angemeldet ist oder er noch keine Aufenthaltskarte erhalten hat. In allen anderen Fällen muss sie mindestens einen Monat betragen.

    Artikel 29 Verfahrensgarantien

    1. Bei Versagung der Einreise, Ausweisung oder Versagung der Anmeldebescheini gung, der Aufenthaltskarte oder der Daueraufenthaltskarte aus Gründen der öffent lichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit kann der Betreffende bei den Behörden oder den Gerichten des Aufnahmemitgliedstaats einen Rechtsbehelf einlegen.

    2. Ist der behördliche Weg vorgesehen, entscheidet die Behörde, außer bei Dringlich keit, erst nach Stellungnahme der zuständigen Stelle des Aufnahmemitgliedstaates, vor der es dem Betreffenden möglich sein muss, auf seinen Antrag hin seine Verteidigung vorzubringen - es sei denn, dem stehen Gründe der Staatssicherheit entgegen - und nach den innerstaatlichen verfahrensrechtlichen Vorschriften Beistand zu erhalten oder sich vertreten zu lassen. Diese Stelle darf nicht die Behörde sein, die befugt ist, die in Absatz 1 genannten Entscheidungen zu treffen.

    3. Entfaltet das Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung, muss es dem Richter möglich sein, mit einstweiliger Verfügung die Aussetzung der Vollstreckung der angefochtenen Entscheidung bis zum endgültigen Urteil zu beschließen.

    4. Der befasste Richter prüft die Rechtmäßigkeit der Entscheidung sowie den Sachverhalt und die Umstände, mit der die geplante Maßnahme begründet werden. Außerdem prüft er, ob die betreffende Entscheidung hinsichtlich der Erfordernisse gemäß Artikel 26 nicht unverhältnismäßig ist.

    5. Die Mitgliedstaaten können dem Betreffenden verbieten, sich bis zum Gerichts verfahren in ihrem Hoheitsgebiet aufzuhalten. Sie dürfen ihm jedoch nicht verbieten, vor dem innerstaatlichen Richter zu erscheinen.

    Artikel 30 Zeitliche Wirkung eines Aufenthaltsverbots

    1. Die Mitgliedstaaten dürfen gegen die Begünstigten dieser Richtlinie kein Aufenthaltsverbot auf Lebenszeit verhängen.

    2. Wer aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit ausgewiesen worden ist, kann nach einem entsprechend den Umständen angemessenen Zeitraum, spätestens aber zwei Jahre nach der im Sinne des Gemeinschaftsrechts ordnungs gemäß erlassenen Ausweisungsentscheidung einen neuen Antrag auf Einreise in das Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats unter Hinweis darauf einreichen, dass eine Änderung des Sachverhalts eingetreten ist, der die Ausweisungsentscheidung gerechtfertigt hat.

    Der betreffende Mitgliedstaat muss binnen drei Monaten ab Einreichung des Antrags eine Entscheidung treffen.

    3. Die Personen nach Absatz 2 sind nicht berechtigt, sich während der Prüfung ihres neuen Antrags im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats aufzuhalten.

    Artikel 31 Ausweisung als Strafe oder Nebenstrafe

    1. Der Aufnahmemitgliedstaat kann eine Ausweisung als Strafe oder Nebenstrafe zu einer Haftstrafe nur unter Einhaltung der Erfordernisse aus den Artikeln 25, 26, 27 sowie Artikel 30 Absatz 1 wirksam verfügen.

    2. Bevor eine Ausweisung vollstreckt wird, ist der Mitgliedstaat gehalten, sich vom Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit zu überzeugen, und die Änderungen zu beurteilen, die gegebenenfalls seit dem Zeitpunkt der Ausweisungsentscheidung eingetreten sind.

    Kapitel VII Schlussbestimmungen

    Artikel 32 Verbreitung von Informationen

    Die Mitgliedstaaten verbreiten die Informationen hinsichtlich der Rechte und Pflichten der Unionsbürger und ihrer Familienmitglieder, die sich aus der vorliegenden Richtlinie ergeben.

    Artikel 33 Sanktionen

    Die Mitgliedstaaten legen die Sanktionen fest, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie zu verhängen sind, und treffen alle geeigneten Maßnahmen, um deren Durchsetzung zu gewährleisten. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein und den Sanktionen entsprechen, die die Mitgliedstaaten bei geringfügigeren Vergehen gegen ihre eigenen Staatsangehörigen verhängen. Die Mitgliedstaaten teilen diese Vorschriften der Kommission spätestens zu dem in Artikel 37 vorgesehenen Zeitpunkt und eventuelle spätere Änderungen unverzüglich mit.

    Artikel 34 Günstigere innerstaatliche Rechtsvorschriften

    Diese Richtlinie berührt nicht Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die für die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallenden Personen günstiger sind.

    Artikel 35 Aufhebung

    1. Die Artikel 10 und 11 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates werden mit Wirkung vom 1. Juli 2003 gestrichen.

    2. Die Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG des Rates werden mit Wirkung vom 1. Juli 2003 aufgehoben.

    Artikel 36 Bericht

    Spätestens am 1. Juli 2006 erstattet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie und schlägt gegebenenfalls die erforderlichen Änderungen vor. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die zur Erstellung des Berichts erforderlichen Informationen mit.

    Artikel 37 Umsetzung

    1. Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen vor dem 1. Juli 2003 die Vorschrif ten, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

    Die Mitgliedstaaten wenden diese Vorschriften ab dem 1. Juli 2003 an.

    Wenn die Mitgliedstaaten derartige Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

    2. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

    Artikel 38 Inkrafttreten

    Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.

    Artikel 39 Adressaten

    Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

    Geschehen zu Brüssel am

    Im Namen des Rates

    Der Präsident

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