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Document 52001IR0269
Opinion of the Committee of the Regions on the "Employment policy aspects of EU enlargement"
Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema "Beschäftigungspolitische Aspekte der Erweiterung"
Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema "Beschäftigungspolitische Aspekte der Erweiterung"
ABl. C 107 vom 3.5.2002, p. 94–97
(ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)
Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema "Beschäftigungspolitische Aspekte der Erweiterung"
Amtsblatt Nr. C 107 vom 03/05/2002 S. 0094 - 0097
Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema "Beschäftigungspolitische Aspekte der Erweiterung" (2002/C 107/28) DER AUSSCHUSS DER REGIONEN, gestützt auf den Beschluss des Präsidiums vom 12. Juni 2001, gemäß Artikel 265, § 5 eine Stellungnahme zu diesem Thema zu erarbeiten und die Fachkommission 6 "Beschäftigung, Wirtschaftspolitik, Binnenmarkt, Industrie, KMU" mit der Vorbereitung der Arbeiten zu beauftragen, gestützt auf die vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum für Europapolitik der University of Strathclyde, Glasgow erstellte Studie über die Auswirkungen der Erweiterung der Europäischen Union auf kleine und mittlere Unternehmen in der Union ("Impact of the Enlargement of the European Union on Small and Medium-sized Enterprises in the Union"), Essen und Glasgow, November 2000, gestützt auf den Bericht der Europäischen Kommission vom 6. März 2001 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Kontext der Erweiterung, gestützt auf die Studie der Europäischen Kommission, GD Wirtschaft und Finanzen "Enlargement Papers Number 4, II/419/01-EN", Juni 2001, gestützt auf die Schlussfolgerungen der Tagungen des Europäischen Rates in Stockholm, März 2001 und in Göteborg, Juni 2001, gestützt auf die Mitteilung der Europäischen Kommission vom 25. Juli 2001 über die Auswirkungen der Erweiterung auf die an Beitrittsländer angrenzenden Regionen: "Gemeinschaftsaktion für Grenzregionen", gestützt auf seine Entschließung zum "Europäischen Beschäftigungspakt" (CdR 156/99 fin)(1), gestützt auf eine Entschließung zur Verwirklichung der Europäischen Beschäftigungsstrategie (CdR 461/99 fin)(2), gestützt auf seine Stellungnahme zu den "Institutionellen Aspekten der Erweiterung - Lokale und regionale Gebietskörperschaften im Zentrum Europas" (CdR 52/99 fin)(3), gestützt auf seine Entschließung "Die Erweiterung der EU" (CdR 424/99 fin)(4), gestützt auf seine Stellungnahme "Die Struktur und die Ziele der europäischen Regionalpolitik im Zuge von Erweiterung und Globalisierung: Eröffnung der Debatte" (CdR 157/2000 fin)(5), gestützt auf den von der Fachkommission 6 am 28. September angenommenen Stellungnahmeentwurf, CDR 269/2001 (Berichterstatter: Herr Volker Schimpff, D/PPE, Mitglied des Landtages von Sachsen); verabschiedete auf seiner 41. Plenartagung am 14. und 15. November 2001 (Sitzung vom 14. November) folgende Stellungnahme einstimmig. Standpunkte des Ausschusses der Regionen 1. Einleitung Der AdR sieht in der Erweiterung der EU um die mittel- und osteuropäischen Länder die entscheidende europapolitische Chance an der Schwelle des 21. Jahrhunderts, weil durch sie die jahrzehntelange Teilung durch den Eisernen Vorhang endgültig überwunden und die Einheit Europas in Freiheit, Frieden und Wohlstand tatsächlich hergestellt werden kann. Der AdR unterstreicht sein uneingeschränktes politisches Bekenntnis zur Erweiterung und der AdR empfiehlt, in der Dynamik des Beitrittsprozesses nicht nachzulassen. 2. Perspektiven für Wirtschaft und Beschäftigung 2.1. Der AdR ist der Ansicht, dass die geplante Erweiterung allen Teilnehmern Gewinne bringt. Er bringt seine Überzeugung zum Ausdruck, dass durch die Vergrößerung des Binnenmarktes, die Durchsetzung einer marktwirtschaftlichen Ordnung in ganz Europa und die Herausbildung einer neuen, größeren europäischen Arbeitsteilung für die bisherigen und die hinzukommenden Mitglieder der EU zusätzlicher, dauerhafter Wohlstand und Stabilität geschaffen werden kann. Der AdR vertritt die Auffassung, dass aber auch die Herausforderung, die die Erweiterung sowohl für die Gemeinschaft als auch für die Bewerberländer bedeutet, über frühere Erweiterungsschritte weit hinausgeht. 2.2. Der AdR weist darauf hin, dass im Zuge der Erweiterung eine geänderte Arbeitsteilung entstehen wird. So können auf der einen Seite der in den bisherigen EU-Mitgliedstaaten erkennbare Fachkräftebedarf in gefragten qualifizierten und Dienstleistungsberufen durch Arbeitnehmer aus den Beitrittsländern geschlossen werden. Auf der anderen Seite kann mit unternehmerischer Erfahrung und Initiative Kapital aus den alten Mitgliedsländern entscheidend zur Überwindung der Entwicklungsrückstände und strukturellen Defizite in den neuen Mitgliedsländern beitragen, etwa bei der Modernisierung der Industrie, dem Aufbau von kleinen und mittelständischen Betrieben, der Umstrukturierung der Landwirtschaft und der Entwicklung des unter kommunistischer Herrschaft bedeutungslosen Dienstleistungssektors. Der AdR ist sich bewusst, dass für eine positive Entwicklung von Wirtschaft und Beschäftigung in den neuen Mitgliedstaaten diese Investitionen notwendig sein werden und vor allem aus den bisherigen Mitgliedstaaten kommen werden. Er ist der Ansicht, dass sich die Erweiterung auch positiv auf den Forschungssektor auswirken wird. 2.3. Der AdR rechnet daher für die EU mit einem Wachstumsschub insgesamt. Nach Berechnungen der Kommission wird in den ersten 10 Jahren nach dem Beitritt das BIP der Beitrittskandidaten - je nach Reformfortschritt - um jährlich 2 % zunehmen. Bis 2009 rechnet die Kommission mit einer Steigerung von 3-4 % pro Jahr für die wirtschaftlich stärksten Kandidaten. Für die bisherigen Mitgliedstaaten erwartet die Kommission allein durch die Erweiterung eine durchschnittliche jährliche Steigerung des BIP von 0,7 %. 2.4. Der AdR betont, dass die Erweiterung der EU die Voraussetzungen für den Ausbau und die Vertiefung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit den MOE-Staaten entscheidend verbessern wird. Je intensiver die grenzüberschreitenden Wirtschaftsbeziehungen, desto größer sind die Wohlstandsgewinne für alle beteiligten Staaten und Regionen. Die Herausbildung dieser veränderten Wettbewerbssituation ermöglicht eine Steigerung des Wohlstands in den Beitrittsländern und in den bisherigen Mitgliedstaaten. 2.5. Der AdR ist der Auffassung, dass die mit der EU-Erweiterung verbundene geographische Verschiebung auch die Wettbewerbspositionen der europäischen Wirtschafts- und Wachstumszentren verändert. Ihnen können in besonderem Maße Wettbewerbsvorteile und ökonomische Chancen erwachsen, wenn sie günstige Verkehrsverbindungen zu den Wirtschaftszentren der Beitrittsländer haben oder erhalten. 2.6. Der AdR erinnert daran, dass bisher die Verkehrs- und Wirtschaftsgeographie Europas im wesentlichen durch eine wirtschaftliche Kernzone (die die Geographen als "blue banana" bezeichnen) einerseits und die Küsten- und Grenzregionen andererseits gekennzeichnet ist. Er vertritt die Ansicht, dass mit der Erweiterung die Herausbildung einer dritten Zone zu erwarten ist und sich zwischen der wirtschaftlichen Kernzone und dem neuen Grenzsaum an der künftigen EU-Ostgrenze eine "neue Mitte" bilden wird. 2.7. Die Neuausrichtung der europaweiten Verkehrswege und die Herausbildung dieser zukünftigen Wirtschaftsstrukturen in Mittel- und Osteuropa wird von den Märkten und den Entscheidungen der Unternehmen gesteuert werden. Der AdR empfiehlt im Interesse einer ausgewogenen Entwicklung jedoch der EU, den nationalen Regierungen und den Regionen und Kommunen eine frühzeitige Beachtung dieser Prozesse. 2.8. Der AdR erwartet, dass sowohl die Verbindung der bisherigen Zentren mit denen in den Beitrittsländern als auch die Herausbildung der "neuen Mitte" von Anfang an erhebliche Impulse für die Beschäftigung von Arbeitnehmern und die Entwicklung von Selbständigkeit und neuem Unternehmertum bieten wird. Langfristig wird die Nachfrage nach Arbeitskräften in der "neuen Mitte" sogar zu einer Zuwanderung führen. 2.9. Der AdR schließt wegen der ausgeprägten Unterschiede im Lohn- und Wohlstandsniveau und in den bisherigen Sozialstandards zwischen EU und Beitrittsstaaten die Möglichkeit struktureller Verwerfungen nicht aus. Als Ursachen hierfür sind neben den weitaus niedrigeren Arbeitskosten geringere Umwelt-, Sozial- und technische Standards, die geringere Steuerbelastung in den Beitrittsländern sowie ein zu erwartendes Fördergefälle zu nennen. 2.10. So kann die mit dem Beitritt unmittelbar geltende Dienstleistungsfreiheit in den grenznahen Räumen in verschiedenen Bereichen wie Handwerk oder Bauwirtschaft, bei Gebäudereinigern oder Reparaturdiensten oder anderen "mobilen Dienstleistungen" einen Verdrängungswettbewerb auslösen. Durch geringe Stundensätze sind nicht wettzumachende Preisvorteile gerade bei einfachen Dienstleistungen zu erzielen. Zudem können z. B. Anbieter aus den Beitrittsländern bei Ausschreibungen öffentlicher Leistungen regionale Unternehmen deutlich unterbieten. Das führt zu einer Schwächung der regionalen Märkte, die im wesentlichen Leistungen für lokale und regionale Einrichtungen erbringen. 2.11. Der AdR ist der Überzeugung, dass in der erweiterten EU die vier Grundfreiheiten des gemeinsamen Marktes uneingeschränkt gelten müssen. Bisher können die Beitrittskandidaten durch die Assoziierungsabkommen schon über die Grundfreiheiten des freien Güter- und Kapitalverkehrs verfügen. Mit der Erweiterung kommen die Dienstleistungs- und die Niederlassungsfreiheit hinzu, und der freie Güter- und Kapitalverkehr wird uneingeschränkt gelten. Die Auswirkungen auf die Beschäftigung werden innerhalb der bisherigen EU, aber auch innerhalb der Beitrittsländer regional und sektoral unterschiedlich sein. 2.12. Der AdR weist darauf hin, dass der erwartete wirtschaftliche Aufschwung nach der Erweiterung in den Beitrittsländern dazu führen wird, dass Arbeitskräfte vor allem in traditionellen Wirtschaftszweigen wie Schwerindustrie und Landwirtschaft freigesetzt werden, ohne dass sie unmittelbar in neu entstehenden Wirtschaftszweigen Beschäftigung finden werden. Dieses Angebot sowohl von hochqualifizierten Arbeitskräften als auch im Niedriglohnbereich wird auf dem entstehenden integrierten und europaweit liberalisierten Arbeitsmarkt zu Migrationsbewegungen führen, deren Ausmaß unterschiedlich eingeschätzt wird. 2.13. Der AdR erwartet, dass sowohl durch den dauerhaften Wechsel von Wohn- und Arbeitsplatz Zuwanderer aus den Beitrittsländern in die heutigen EU-Mitgliedstaaten kommen werden als auch Wochenpendler und - besonders im grenznahen Bereich - Tagespendler regional einen erheblichen Einfluss auf die Beschäftigungssituation in den alten Mitgliedsländern ausüben werden. Es wird deutlich, dass die grenznahen Regionen und in ihnen vor allem die Städte einer verschärften Konkurrenz nicht nur bei Gütern mit begrenztem Absatzradius, sondern besonders bei den Dienstleistungen unterliegen. Die Größe der Auswirkungen auf die Beschäftigung kann noch nicht sicher beschrieben werden. 2.14. Aber auch außerhalb der grenznahen Regionen rechnet Der AdR mit einer sehr starken Wettbewerbsposition der Beitrittsländer, so z. B. im Transportgewerbe. Mit einem Rückgang dieser Disproportion wäre erst zu rechnen, wenn sich die großen Unterschiede im Lohn-, Sozial- und Arbeitsschutzniveau zwischen alten und neuen Mitgliedern ausgleichen. 3. Die Union und die (bisherigen) Grenzregionen 3.1. Hinsichtlich der Vorbereitung auf die Erweiterung erinnert Der AdR an die Entscheidung der Staats- und Regierungschefs in Nizza, ein Aktionsprogramm "zur Festigung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit der Grenzregionen" vorzulegen. Er weist darauf hin, dass sich diese Hilfe allerdings nicht darauf beschränken darf, auf bestehende Fördermöglichkeiten in den diversen Bereichen zu verweisen oder bestehende Maßnahmenkataloge lediglich auszuweiten. Sie muss vielmehr den Betroffenen an den EU-Außengrenzen eine unmittelbare zusätzliche Hilfe sein, um die grenzüberschreitende und transnationale Zusammenarbeit auf dezentraler Ebene zu fördern. 3.2. Insoweit begrüßt Der AdR die Absicht der Kommission, mit dem im Juli beschlossenen Aktionsprogramm den Grenzregionen eine substantielle Hilfe zukommen lassen zu wollen. Er ist allerdings der festen Überzeugung, dass das von der Kommission beschlossene Programm den oben genannten Erfordernissen und Vorgabe des Rates bisher nicht genügt. Er erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass sich die Vorschläge der Kommission an den politischen Vorgaben des Rates orientieren müssen. 3.3. Der AdR fordert, den KMU in den betroffenen Sektoren zusätzliche Unterstützung anzubieten, damit sie sich offensiv auf die Erweiterung vorbereiten können. Er hält es für erforderlich, dass insbesondere diese KMU darin unterstützt werden sollten, bereits vor Öffnung der Grenzen eine grenzüberschreitende Ausrichtung zu bekommen. Die KMU, die bekanntlich einen besonders zahlreiche Arbeits- und Ausbildungsplätze bietenden Teil der Wirtschaft darstellen, müssen Aufklärung, Anleitung und Förderung für die grenzüberschreitende Ausrichtung erhalten. So könnten Sprachkurse oder Einführungen in die Rechts- und Wirtschaftssysteme für ein späteres Engagement in den Beitrittsländern nutzbar sein. Zu einem strategischen Gesamtansatz gehört nach Ansicht des Ausschusses auch die systematische Qualifizierung der Beschäftigten und des Managements in kleinen und mittleren Unternehmen. Diese könnten einen Beitrag zur Nutzung der IuK-Technologien zur grenzüberschreitenden Kooperation oder zur Erlangung von Erfahrungen mit konkreten Kooperationen und Netzwerkbildung vermitteln. 3.4. Der AdR wiederholt seine Forderung nach einer besseren Verzahnung von INTERREG III A und PHARE/CBC. Er regt an, die INTERREG-III-A-Mittel in der laufenden Förderperiode zu verdoppeln. Dadurch soll der rasche Aufbau grenzüberschreitender Infrastrukturen (Brücken, Straßen), die unter kommunistischer Herrschaft der Zerstörung preisgegeben wurden, ermöglicht werden. Nur so kann die Lage an der EU-Außengrenze als Brückenkopf für ein wirtschaftliches Engagement in den Beitrittsländern genutzt werden. 3.5. Der AdR fordert die Regionen und Kommunen an der EU-Außengrenze auf, sich schon jetzt in die beschäftigungspolitische Dimension der Erweiterung einzubringen. In diesem Zusammenhang muss besonders der Bildungssektor beachtet werden. Erfolgreiche Projekte wie grenzüberschreitende Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, bilinguale Schulen und grenzübergreifende Universitäten können hier beispielgebend sein. Auch das Instrument der lokalen und regionalen Beschäftigungspakte sollte schon jetzt grenzübergreifend angewandt werden, wofür die Euroregionen einen geeigneten Rahmen bieten. Weiterhin sollten die Regionen und Kommunen an der EU-Außengrenze grenzüberschreitende Gewerbegebiete planen und genehmigen, für die durch die nationalen Regierungen Deregulierungen der Steuer- und Zollvorschriften vorgenommen werden können. 3.6. Der AdR hält es für erforderlich, die Auswirkungen des nach der Erweiterung zu erwartenden Fördergefälles zwischen neuen Mitgliedstaaten und angrenzenden Regionen in der bisherigen EU zu dämpfen. Ergeben sich durch die Öffnung der Märkte zu den Beitrittskandidaten innerhalb der bisherigen Mitgliedsstaaten strukturelle Probleme, sollten Möglichkeiten erhalten bleiben, sich auf Änderungen in der eigenen Wirtschaftsstruktur einzustellen und angemessen auf beitrittsbedingten Umstrukturierungsbedarf zu reagieren. Der AdR macht in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass den Regionen auch im Hinblick auf die spezifischen Entwicklungen nach der Erweiterung im Sinne des Subsidiaritätsprinzips perspektivisch ein weiterer Spielraum bei der Verwendung der europäischen Mittel in ihrem Gebiet zukommen muss, als dies heute der Fall ist. 3.7. Der AdR ist davon überzeugt, dass langfristig die bisherigen Grenzregionen durch die Erweiterung in die Mitte Europas rücken und von ihren Vorteilen profitieren werden. Er weist aber darauf hin, dass sich kurz- und mittelfristig die Nachteile in den Grenzregionen in einem Maße konzentrieren können, dass sie ernsthafte Gefährdungen für das beschäftigungspolitische Ziel der Gemeinschaft darstellen. Er stellt fest, dass die Grenzregionen schon bisher durch ihre Lage direkt am Eisernen Vorhang und im Falle der neuen Länder in Deutschland durch die Folgen der deutschen Teilung strukturell benachteiligt sind. 3.8. Der AdR hält es für eine wichtige Aufgabe der Union zu verhindern, dass diese Regionen bei der Erweiterung allein die Lasten für den Vorteil aller anderen tragen. Da es den Grundsätzen und Aufgaben der EU zuwiderlaufen würde, wenn aufgrund der Erweiterung die Arbeitslosigkeit in diesen Regionen stark ansteigt, sind zur Erfuellung des beschäftigungspolitischen Zieles Gegenmaßnahmen erforderlich. 3.9. Der AdR hebt hervor, dass sich auch die Beschäftigten und die Unternehmen der Grenzregionen sich dem neuen Wettbewerb nach Öffnung der Grenzen stellen müssen. Die zu erwartende Intensivierung des Wettbewerbs bildet nach der festen Überzeugung des Ausschusses der Regionen aber kein hinreichendes Argument für schematische und langfristige Barrieren zur Einschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer oder der Dienstleistungsfreiheit. Der AdR gibt zu bedenken, dass es jedoch zulässig ist, angesichts der zu erwartenden Arbeitskräftemigration auch über Fristen nachzudenken, wenn durch den Beitritt nicht hinnehmbare Strukturbrüche erwartet werden. Mit den Beitrittskandidaten zu vereinbarende Übergangsfristen dürfen nicht das Ziel verfolgen, in den bisherigen Mitgliedstaaten mit geringer Flexibilität und fehlendem Reformwillen den Status quo für einige Jahre zu verlängern oder innerhalb der EU protektionistischen Schutz einzuführen. 3.10. Der AdR betont, dass solche Übergangsregelungen nur äußerst restriktiv, inhaltlich und zeitlich eng begrenzt gewährt werden dürfen. Wenn Übergangsregelungen vereinbart werden, sollten sie so flexibel ausgestaltet sein, dass sie den spezifischen Bedürfnissen besonders betroffener Bereiche der Wirtschaft, des Arbeitsmarktes oder der sozialen Sicherungssysteme angepasst werden können. Dafür sind nationale Spielräume einzuräumen, die regelmäßige Überprüfung der Übergangsfristen festzulegen und ihre nachträgliche Verkürzung zu ermöglichen. 3.11. Schließlich sollten Übergangsregelungen nicht primär auf Arbeitnehmer zielen, deren Zuwanderungen durch Marktdaten hervorgerufen werden. Der AdR schließt es aus, dass sich Übergangsregelungen primär gegen Arbeitnehmer richten, und betont den beschäftigungspolitisch positiven Einfluss von Arbeitnehmermigration, die durch reale Anforderungen des Arbeitsmarktes hervorgerufen wird. Er schlägt vor, sich auf bei den Übergangsregelungen darauf zu konzentrieren, dass jene Zuwanderungen eingeschränkt werden, die lediglich aufgrund institutioneller Gegebenheiten wie Differenzen in den Sozialsystemen induziert sind. 3.12. Der AdR schlägt vor, die Städte zum Motor der grenzüberschreitenden Entwicklung zu machen. So gehen von den Städten im Rahmen der lokalen Beschäftigungspakte wichtige beschäftigungspolitische Impulse aus. Dabei sollte den geteilten Städten, die von der EU-Außengrenze bisher durchschnitten werden (Frankfurt an der Oder, Görlitz), ein besonderer Stellenwert zukommen. 3.13. Eine ähnliche Schlüsselstellung kommt den Euroregionen zu, in denen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der grenznahen Kommunen sowohl bei der gemeinsamen Abfederung von Belastungen, die durch die Erweiterung auftreten, als auch im Erschließen der von ihr gebotenen Chancen stattfindet. Die an der bisherigen EU-Außengrenze gelegenen Euroregionen werden dann in der Situation der alten Euroregionen sein und von deren Erfahrungen lernen können. 4. Anforderungen an die Beitrittsländer 4.1. Der AdR unterstreicht, dass das EU-Recht voll umgesetzt und die Politiken der EU in den Beitrittsstaaten angewandt werden müssen, wenn die Erweiterung die beschriebenen positiven Effekte für die Beschäftigung hervorrufen soll. Er warnt nachdrücklich vor dem Irrtum, dass eine selektive oder verzögerte Übernahme der Grundsätze und rechtlichen Vorgaben der EU möglich wäre. Insbesondere müssen die Beitrittsstaaten Rechtssicherheit schaffen und dabei entschiedene Maßnahmen gegen Diskriminierung und Korruption ergreifen. 4.2. Der AdR ist überzeugt davon, dass für die Erweiterung eine aktive Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in den Bewerberstaaten unverzichtbar ist. Gerade angesichts des Zentralismus der überwundenen Diktaturen in den Transformationsstaaten können sich moderne demokratische Gemeinwesen nur festigen, wenn den Regionen und Kommunen eine weiter wachsende Bedeutung zukommt. Die Implementierung des von den nationalen Gesetzgebern in nationales Recht umgesetzten EU-Rechtes ist vor allem die Aufgabe dieser Ebenen. 4.3. Der AdR weist auf die Notwendigkeit hin, für die Inanspruchnahme der Strukturfonds vom Zeitpunkt der Erweiterung an funktionsfähige Strukturen und Kapazitäten in den Beitrittsländern zu haben. Um die Strukturpolitik umsetzen zu können, muss den regionalen Gebietskörperschaften ein angemessenes Mitentscheidungsrecht eingeräumt werden. 4.4. Der AdR fordert alle regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften zur verstärkten Zusammenarbeit mit den Regionen und Kommunen in den Beitrittsstaaten auf. Er weist auf die große Bedeutung der Zusammenarbeit dieser problemnahen und bürgernahen Ebenen hin. Die Hilfe, die den Regionen und Kommunen in den künftigen Mitgliedstaaten beim Aufbau wirksamer dezentraler Strukturen geboten wird, ist eine gute Investition für das Erreichen eines hohen Beschäftigungsstandes in allen Teilen der erweiterten Union und für das Ausgleichen von Strukturbrüchen. Angesichts der beschäftigungspolitischen Dimension der Erweiterung haben alle Regionen und Kommunen ein starkes Interesse, dass keine vermeidbaren Fehler begangen werden. 4.5. Der AdR erinnert daran, dass die Erweiterung als Herausforderung begriffen werden sollte. Es liegt auch in der Hand der Regionen und Kommunen, ob ihre Chancen erkannt werden und der Wettbewerb als untrennbarer Bestandteil der Marktwirtschaft in seiner Dynamik offensiv genutzt wird Staatlicher Dirigismus und Protektionismus wären hingegen eine Kapitulation vor den Herausforderungen durch die Erweiterung der EU nach Osten. Der AdR betont, dass die angestrebten beschäftigungspolitischen Wirkungen nur erreicht werden können, wenn die vier Grundfreiheiten des gemeinsamen Marktes bei der Erweiterung in beide Richtungen angewandt und in ihrem Wesensgehalt nicht eingeschränkt werden. Brüssel, den 14. November 2001. Der Präsident des Ausschusses der Regionen Jos Chabert (1) ABl. C 293 vom 13.10.1999, S. 70. (2) ABl. C 226 vom 8.8.2000, S. 43. (3) ABl. C 374 vom 23.12.1999, S. 15. (4) ABl. C 57 vom 29.2.2001, S. 1. (5) ABl. C 148 vom 18.5.2001, S. 25.