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Document 32022R0804
Commission Delegated Regulation (EU) 2022/804 of 16 February 2022 supplementing Regulation (EU) 2016/1011 of the European Parliament and of the Council by specifying rules of procedure for measures applicable to the supervision by the European Securities Markets Authority of certain benchmark administrators (Text with EEA relevance)
Delegierte Verordnung (EU) 2022/804 der Kommission vom 16. Februar 2022 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Festlegung von Verfahrensvorschriften für im Rahmen der Beaufsichtigung bestimmter Referenzwert-Administratoren durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) geltende Maßnahmen (Text von Bedeutung für den EWR)
Delegierte Verordnung (EU) 2022/804 der Kommission vom 16. Februar 2022 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Festlegung von Verfahrensvorschriften für im Rahmen der Beaufsichtigung bestimmter Referenzwert-Administratoren durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) geltende Maßnahmen (Text von Bedeutung für den EWR)
C/2022/850
ABl. L 145 vom 24.5.2022, p. 7–13
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
In force
Relation | Act | Comment | Subdivision concerned | From | To |
---|---|---|---|---|---|
Completion | 32016R1011 | 27/05/2022 |
24.5.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 145/7 |
DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2022/804 DER KOMMISSION
vom 16. Februar 2022
zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Festlegung von Verfahrensvorschriften für im Rahmen der Beaufsichtigung bestimmter Referenzwert-Administratoren durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) geltende Maßnahmen
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden, und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2014/17/EU sowie der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (1), insbesondere auf Artikel 48i Absatz 10,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Gemäß Artikel 48f und Artikel 48g der Verordnung (EU) 2016/1011 ist die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (‚ESMA‘) befugt, unter bestimmten Voraussetzungen Geldbußen und Zwangsgelder gegen Referenzwert-Administratoren unter ihrer Aufsicht zu verhängen. Gemäß Artikel 48i Absatz 10 der Verordnung (EU) 2016/1011 hat die Kommission die Verfahrensvorschriften für die Ausübung der Befugnis zur Verhängung dieser Geldbußen oder Zwangsgelder im Einzelnen zu regeln, einschließlich der Bestimmungen zum Recht auf Verteidigung, zur Einziehung der Geldbußen oder Zwangsgelder und zur Verjährung bezüglich der Verhängung und Vollstreckung von Buß- oder Zwangsgeldzahlungen. |
(2) |
Gelangt die ESMA zu dem Schluss, dass es ernsthafte Anhaltspunkte für das mögliche Vorliegen von Tatsachen gibt, die einen oder mehrere Verstöße gegen die in Artikel 42 der Verordnung (EU) 2016/1011 festgelegten Anforderungen an die ihrer Aufsicht unterstehenden Referenzwert-Administratoren darstellen könnten, benennt sie aus dem Kreis ihrer Bediensteten einen unabhängigen Untersuchungsbeauftragten zur Untersuchung des Sachverhalts. Nach Abschluss der Untersuchung sollte der Untersuchungsbeauftragte der ESMA eine vollständige Akte übermitteln. Die Unterrichtung über diese Erkenntnisse und die Möglichkeit, darauf zu reagieren, ist ein wesentlicher Bestandteil des Rechts auf Verteidigung. Daher sollte die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, über die Feststellungen des Untersuchungsbeauftragten unterrichtet werden und die Möglichkeit erhalten, innerhalb einer angemessenen Frist zu diesen Feststellungen Stellung zu nehmen. Der Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, sollte es gestattet sein, sich von einem Berater ihrer Wahl unterstützen zu lassen. Der Untersuchungsbeauftragte sollte prüfen, ob es aufgrund der Eingaben der Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, erforderlich ist, die Auflistung der Prüfungsfeststellungen vor Übermittlung an die ESMA zu ändern. |
(3) |
Die ESMA sollte die Vollständigkeit der vom Untersuchungsbeauftragten übermittelten Akte anhand einer Liste von Dokumenten bewerten. Um sicherzustellen, dass die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, ihre Verteidigung angemessen vorbereiten kann, sollte die ESMA sicherstellen, dass die betreffende Person Gelegenheit erhält, weitere schriftliche Bemerkungen abzugeben, bevor die ESMA einen endgültigen Beschluss über Geldbußen oder Aufsichtsmaßnahmen erlässt. |
(4) |
Die ESMA sollte bestimmte Zwangsmaßnahmen ergreifen können, um dafür zu sorgen, dass Personen, die Gegenstand einer Untersuchung sind, bei der Untersuchung kooperieren. Hat die ESMA einen Beschluss erlassen, mit dem eine Person aufgefordert wird, einen Verstoß abzustellen, vollständige Informationen zu übermitteln oder vollständige Aufzeichnungen, Daten, oder sonstiges Material vorzulegen, oder hat sie einen Beschluss zur Durchführung einer Prüfung vor Ort erlassen, so kann sie Zwangsgelder verhängen, um die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, zu zwingen, dem erlassenen Beschluss nachzukommen. Vor Verhängung eines Zwangsgeldes sollte die ESMA der Person Gelegenheit geben, sich schriftlich zu äußern. |
(5) |
Da der Untersuchungsbeauftragte seine Arbeit unabhängig ausübt, sollte die ESMA nicht an die von ihm erstellte Akte gebunden sein. Um jedoch sicherzustellen, dass die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, ihre Verteidigung angemessen vorbereiten kann, sollte sie, wenn die ESMA nicht einverstanden ist, informiert werden und die Möglichkeit erhalten, dazu Stellung zu nehmen. |
(6) |
Um sicherzustellen, dass die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, ihre Verteidigung angemessen vorbereiten kann, sollte sie informiert werden und die Möglichkeit erhalten, Stellung zu nehmen, wenn die ESMA den Feststellungen des Untersuchungsbeauftragten ganz oder teilweise zustimmt. |
(7) |
Das Recht auf Anhörung sollte gegen die Notwendigkeit abgewogen werden, dass die ESMA unter bestimmten Umständen dringende Maßnahmen ergreifen muss. Wenn dringende Maßnahmen gemäß Artikel 48e der Verordnung (EU) 2016/1011 gerechtfertigt sind, sollte das Recht der Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, auf rechtliches Gehör, die ESMA nicht am Ergreifen dringender Maßnahmen hindern. In einem solchen Fall sollte das Recht der Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, auf rechtliches Gehör, so bald wie möglich nach Erlass des Beschlusses gewährleistet werden. Das Verfahren sollte gleichwohl für die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, das Recht vorsehen, vom Untersuchungsbeauftragten angehört zu werden. |
(8) |
Die Befugnis der ESMA zur Verhängung eines Zwangsgelds sollte unter gebührender Berücksichtigung des Rechts auf Verteidigung ausgeübt werden und nicht über den erforderlichen Zeitraum hinaus aufrechterhalten werden. Erlässt die ESMA einen Beschluss zur Verhängung eines Zwangsgelds, sollte die betreffende Person daher Gelegenheit erhalten, angehört zu werden, und ein etwaiges Zwangsgeld sollte nicht mehr fällig sein, sobald die betreffende Person der entsprechenden Anordnung der ESMA Folge leistet. |
(9) |
Die von der ESMA und dem Untersuchungsbeauftragten erstellten Akten enthalten Informationen, welche die betreffende Person zur Vorbereitung auf Gerichts- oder Verwaltungsverfahren unbedingt benötigt. Nachdem eine Person, die Gegenstand einer Untersuchung ist, entweder vom Untersuchungsbeauftragten oder von der ESMA eine Mitteilung mit der Auflistung der Prüfungsfeststellungen erhalten hat, sollte sie daher vorbehaltlich des berechtigten Interesses anderer Personen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse Recht auf Akteneinsicht haben. Die Akten, in die Einsicht genommen wird, sollten nur für Gerichts- oder Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit Verstößen gegen Artikel 42 der Verordnung (EU) 2016/1011 verwendet werden dürfen. |
(10) |
Sowohl die Befugnis zur Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern als auch die Befugnis zur Vollstreckung von Geldbußen und Zwangsgeldern sollten innerhalb einer angemessenen Frist ausgeübt werden und daher einer Verjährungsfrist unterliegen. Aus Gründen der Einheitlichkeit sollten bei Verjährungsfristen für die Verhängung und Vollstreckung von Geldbußen oder Zwangsgeldern die bestehenden Rechtsvorschriften der Union, die auf die Verhängung und Vollstreckung von Sanktionen gegen beaufsichtigte Unternehmen anwendbar sind, und die Erfahrung der ESMA mit der Anwendung solcher Rechtsvorschriften berücksichtigt werden. Damit die sichere Verwahrung eingezogener Geldbußen und Zwangsgelder durch die ESMA gewährleistet ist, sollte die ESMA diese auf verzinslichen Konten hinterlegen, die ausschließlich für eine einzelne Geldbuße oder ein einzelnes Zwangsgeld eröffnet werden, durch die bzw. das ein einzelner Verstoß beendet werden soll. Nach dem haushaltspolitischen Vorsichtsprinzip sollte die ESMA die Beträge erst dann an die Kommission überweisen, wenn die Beschlüsse rechtskräftig sind, weil alle Rechtsmittel ausgeschöpft wurden oder die Frist zum Einlegen von Rechtsmitteln abgelaufen ist. |
(11) |
Gemäß der Verordnung (EU) 2021/168 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) können Referenzwerte aus Drittländern in der Union verwendet werden, ohne dass die betreffenden Administratoren in einem bis 2023 verlängerten Übergangszeitraum die Gleichwertigkeit, Anerkennung oder Übernahme ihrer Referenzwerte anstreben müssen. Während dieses Übergangszeitraums ist die Anerkennung in der Union eine Opt-in-Regelung für Referenzwert-Administratoren mit Sitz in Drittländern, was darauf hindeutet, dass ihre Referenzwerte auch nach Ablauf des Übergangszeitraums weiterhin zur Verwendung in der Union zur Verfügung stehen werden. Folglich sollten während dieses Zeitraums die Bestimmungen über Geldbußen nur für in Drittländern ansässige Administratoren gelten, die ihre Anerkennung vor Ablauf des mit der Verordnung (EU) 2021/168 eingeführten Übergangszeitraums freiwillig beantragt haben und die von ihrer jeweiligen zuständigen nationalen Behörde anerkannt wurden. |
(12) |
Um die reibungslose Anwendung der der ESMA übertragenen neuen Aufsichtsbefugnisse zu gewährleisten, sollte die vorliegende Verordnung so rasch wie möglich in Kraft treten — |
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Artikel 1
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:
1. |
Der Begriff „kritischer Referenzwert“ bezeichnet einen kritischen Referenzwert nach Artikel 20 Absatz 1 Buchstaben a und c der Verordnung (EU) 2016/1011; |
2. |
der Begriff „Drittlandsreferenzwert“ bezeichnet einen Referenzwert, dessen Administrator außerhalb der Union angesiedelt ist. |
Artikel 2
Verfahrensvorschriften bei Verstößen, bei denen das Verfahren vor dem Untersuchungsbeauftragten geführt wird
(1) Nach Abschluss einer Untersuchung möglicher Verstöße aus der Liste in Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2016/1011 und vor Übermittlung einer Akte an die ESMA unterrichtet der in Artikel 48i Absatz 1 jener Verordnung genannte Untersuchungsbeauftragte die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, schriftlich über seine Prüfungsfeststellungen und gibt ihr Gelegenheit, gemäß Absatz 3 schriftlich Stellung zu nehmen. In der Auflistung der Prüfungsfeststellungen sind die Fakten darzulegen, die einen oder mehrere Verstöße gegen die in Titel VI der Verordnung (EU) 2016/1011 aufgelisteten Anforderungen darstellen können, einschließlich einer Bewertung der Art und der Schwere dieser Verstöße unter Berücksichtigung der in Artikel 48e Absatz 2 der genannten Verordnung festgelegten Kriterien.
(2) In der Auflistung der Prüfungsfeststellungen wird eine angemessene Frist gesetzt, innerhalb der die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, schriftlich Stellung nehmen kann. Bei anderen als den in Artikel 5 genannten Untersuchungen beträgt diese Frist mindestens vier Wochen. Der Untersuchungsbeauftragte ist nicht verpflichtet, nach Ablauf dieser Frist eingegangenen schriftlichen Eingaben Rechnung zu tragen.
(3) Die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, kann in ihren schriftlichen Eingaben die Tatsachen darlegen, die sie für ihre Verteidigung für sachdienlich hält, und fügt nach Möglichkeit Unterlagen als Nachweis für die dargelegten Tatsachen bei. Die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, kann die Anhörung anderer Personen durch den Untersuchungsbeauftragten vorschlagen, die die Fakten bestätigen können, welche von der Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, vorgebracht wurden.
(4) Der Untersuchungsbeauftragte kann eine Person, die Gegenstand einer Untersuchung ist und der eine Auflistung der Prüfungsfeststellungen übermittelt wurde, zu einer mündlichen Anhörung einladen. Die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, kann sich von einem Berater ihrer Wahl unterstützen lassen. Mündliche Anhörungen sind nicht öffentlich.
Artikel 3
Geldbußen und Aufsichtsmaßnahmen betreffende Verfahrensvorschriften bei Verstößen, bei denen das Verfahren vor der ESMA geführt wird
(1) Die vollständige vom Untersuchungsbeauftragten der ESMA zu übermittelnde Akte umfasst folgende Unterlagen:
— |
die an den Referenzwert-Administrator oder die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, gerichtete Auflistung der Prüfungsfeststellungen und eine Kopie davon, |
— |
eine Kopie der schriftlichen Eingabe des Referenzwert-Administrators oder der Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, |
— |
ggf. das Protokoll der mündlichen Anhörung. |
(2) Ist die Akte unvollständig, richtet die ESMA ein begründetes Ersuchen um zusätzliche Unterlagen an den Untersuchungsbeauftragten.
(3) Gelangt die ESMA zu dem Schluss, dass die in der Auflistung der Prüfungsfeststellungen des Untersuchungsbeauftragten genannten Fakten keinen Verstoß gegen die in Titel VI der Verordnung (EU) 2016/1011 aufgeführten Anforderungen darstellen, beschließt sie, den Fall zu schließen, und teilt diesen Beschluss der Person mit, die Gegenstand der Untersuchung ist.
(4) Stimmt die ESMA mit den Prüfungsfeststellungen des Untersuchungsbeauftragten nicht überein, übermittelt sie der Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, eine neue Auflistung der Prüfungsfeststellungen. In dieser Auflistung der Prüfungsfeststellungen wird eine Frist von mindestens vier Wochen gesetzt, innerhalb der die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, schriftlich Stellung nehmen kann. Die ESMA ist nicht verpflichtet, bei der Annahme eines Beschlusses über das Vorliegen eines Verstoßes sowie über Aufsichtsmaßnahmen und die Verhängung einer Geldbuße nach Artikel 48e und Artikel 48f der Verordnung (EU) 2016/1011 schriftliche Eingaben zu berücksichtigen, die nach Ablauf dieser Frist eingegangen sind.
(5) Stimmt die ESMA sämtlichen oder einigen Prüfungsfeststellungen des Untersuchungsbeauftragten zu, setzt sie die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, darüber in Kenntnis. In der entsprechenden Mitteilung wird für den Fall, dass die ESMA sämtlichen Prüfungsfeststellungen zustimmt, eine Frist von mindestens zwei Wochen, und für den Fall, dass die ESMA nicht sämtlichen Prüfungsfeststellungen zustimmt, eine Frist von mindestens vier Wochen gesetzt, innerhalb der die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, schriftlich Stellung nehmen kann. Die ESMA ist nicht verpflichtet, bei der Annahme eines Beschlusses über das Vorliegen eines Verstoßes sowie über Aufsichtsmaßnahmen und die Verhängung einer Geldbuße nach Artikel 48e und Artikel 48f der Verordnung (EU) 2016/1011 schriftliche Eingaben zu berücksichtigen, die nach Ablauf dieser Frist eingegangen sind.
(6) Die ESMA kann die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist und der eine Auflistung der Prüfungsfeststellungen übermittelt wurde, zu einer mündlichen Anhörung einladen. Die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, kann sich von einem Berater ihrer Wahl unterstützen lassen. Mündliche Anhörungen sind nicht öffentlich.
(7) Gelangt die ESMA zu dem Schluss, dass eine Person, die Gegenstand einer Untersuchung ist, einen oder mehrere Verstöße gegen die in Titel VI der Verordnung (EU) 2016/1011 festgelegten Anforderungen begangen hat und hat sie einen Beschluss zur Verhängung einer Geldbuße gemäß Artikel 48f der genannten Verordnung erlassen, so teilt sie diesen Beschluss der Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, unverzüglich mit.
Artikel 4
Zwangsgelder betreffende Verfahrensvorschriften bei Verstößen, bei denen das Verfahren vor der ESMA geführt wird
(1) Bevor die ESMA beschließt, ein Zwangsgeld nach Artikel 48g der Verordnung (EU) 2016/1011 zu verhängen, übermittelt sie der Person, die Gegenstand des Verfahrens ist, eine Auflistung der Prüfungsfeststellungen, in der die Gründe für die Verhängung eines Zwangsgelds dargelegt werden und die Höhe dieses Zwangsgelds für jeden Tag der Nichteinhaltung angegeben wird. In der Auflistung der Untersuchungsfeststellungen wird eine Frist von mindestens vier Wochen gesetzt, innerhalb der die Person, die Gegenstand des Verfahrens ist, schriftlich Stellung nehmen kann. Die ESMA ist nicht verpflichtet, bei einem Beschluss über ein Zwangsgeld schriftlichen Eingaben, die nach Ablauf dieser Frist eingehen, Rechnung zu tragen.
(2) Sobald der Referenzwert-Administrator oder die Person, die Gegenstand des Verfahrens nach Artikel 48b Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/1011 ist, dem einschlägigen Beschluss gemäß Artikel 48g Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/1011 nachgekommen ist, wird kein Zwangsgeld mehr verhängt.
(3) In einem Beschluss, mit dem die ESMA die Verhängung eines Zwangsgelds beschließt, sind die Rechtsgrundlage und die Gründe für den Beschluss sowie die Höhe und der Zeitpunkt des Beginns der Verhängung des Zwangsgelds anzugeben.
(4) Die ESMA kann die Person, die Gegenstand des Verfahrens ist, zu einer mündlichen Anhörung einladen. Die Person, die Gegenstand des Verfahrens ist, kann sich von einem Berater ihrer Wahl unterstützen lassen. Mündliche Anhörungen sind nicht öffentlich.
Artikel 5
Verfahrensvorschriften für Interimsbeschlüsse über Aufsichtsmaßnahmen
(1) Abweichend von Artikel 3 Absätze 4, 5 und 6 und Artikel 4 Absätze 1 und 4 ist das in diesem Artikel dargelegte Verfahren anwendbar, wenn die ESMA Interimsbeschlüsse gemäß Artikel 48j Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) 2016/1011 erlässt.
(2) Gelangt die ESMA zu dem Schluss, dass eine Person, die Gegenstand einer Untersuchung ist, gegen eine Anforderung nach Titel VI der Verordnung (EU) 2016/1011 verstoßen hat, und erlässt sie einen Interimsbeschluss zur Verhängung von Aufsichtsmaßnahmen gemäß Artikel 48e der Verordnung (EU) 2016/1011, so setzt sie die Person, die Gegenstand des Interimsbeschlusses ist, unverzüglich über diesen Interimsbeschluss in Kenntnis.
Die ESMA setzt eine Frist von mindestens vier Wochen, innerhalb der die Person, die Gegenstand eines Interimsbeschlusses ist, schriftlich zu dem Interimsbeschluss Stellung nehmen kann. Die ESMA ist nicht verpflichtet, nach Ablauf dieser Frist eingegangenen schriftlichen Eingaben Rechnung zu tragen.
Auf Antrag gewährt die ESMA der Person, die Gegenstand des Interimsbeschlusses ist, Akteneinsicht. Die Aktenunterlagen, in die Einsicht genommen wird, dürfen nur für Gerichts- oder Verwaltungsverfahren verwendet werden, die die Anwendung der Verordnung (EU) 2016/1011 betreffen.
Die ESMA kann die Person, die Gegenstand des Interimsbeschlusses ist, zu einer mündlichen Anhörung einladen. Die Person, die Gegenstand des Interimsbeschlusses ist, kann sich von einem Berater ihrer Wahl unterstützen lassen. Mündliche Anhörungen sind nicht öffentlich.
(3) Die ESMA erlässt so bald wie möglich nach Erlass des Interimsbeschlusses einen abschließenden Beschluss.
Gelangt die ESMA nach Anhörung der Person, die Gegenstand eines Interimsbeschlusses ist, zu dem Schluss, dass diese Person gegen eine Anforderung nach Titel VI der Verordnung (EU) 2016/1011 verstoßen hat, erlässt sie einen bestätigenden Beschluss, mit dem eine oder mehrere Aufsichtsmaßnahmen nach Artikel 48e der Verordnung (EU) 2016/1011 verhängt werden. Die ESMA setzt die Person, die Gegenstand des Interimsbeschlusses ist, unverzüglich von dem Beschluss in Kenntnis.
(4) Erlässt die ESMA einen abschließenden Beschluss, mit dem der Interimsbeschluss nicht bestätigt wird, gilt der Interimsbeschluss als aufgehoben.
Artikel 6
Akteneinsicht und Verwendung der Unterlagen
(1) Auf Antrag gewährt die ESMA der Person, die Gegenstand der Untersuchung ist und der der Untersuchungsbeauftragte oder die ESMA eine Auflistung der Prüfungsfeststellungen übermittelt hat, Akteneinsicht. Die Akteneinsicht wird nach der Mitteilung der Auflistung der Prüfungsfeststellungen gewährt.
(2) Die Aktenunterlagen, in die Einsicht genommen wird, dürfen von der in Absatz 1 genannten Person nur für Gerichts- oder Verwaltungsverfahren verwendet werden, die die Anwendung der Verordnung (EU) 2016/1011 betreffen.
Artikel 7
Verjährungsfristen für die Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern
(1) Für Geldbußen und Zwangsgelder, die gegen Referenzwert-Administratoren und andere Personen, welche Gegenstand einer Untersuchung sind, verhängt werden, gilt eine Verjährungsfrist von fünf Jahren.
(2) Die in Absatz 1 genannte Verjährungsfrist beginnt an dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem der Verstoß begangen wurde. Bei fortgesetzten oder wiederholten Zuwiderhandlungen beginnt diese Verjährungsfrist an dem Tag, an dem die Zuwiderhandlung eingestellt wird.
(3) Jede Maßnahme, die von der ESMA oder der zuständigen nationalen Behörde, die auf Ersuchen der ESMA nach Artikel 48m der Verordnung (EU) 2016/1011 tätig wird, zum Zweck der Untersuchung oder eines Verfahrens in Bezug auf einen Verstoß nach Titel VI der Verordnung (EU) 2016/1011 ergriffen wird, unterbricht die Verjährungsfrist für die Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern. Die Verjährungsfrist wird ab dem Tag unterbrochen, an dem die Referenzwert-Administratoren oder die Person, die Gegenstand der Untersuchung in Bezug auf einen Verstoß gegen die Verordnung (EU) 2016/1011 ist, von der Maßnahme in Kenntnis gesetzt werden/wird.
(4) Mit jeder Unterbrechung gemäß Absatz 3 beginnt die Verjährungsfrist erneut. Die Verjährung tritt spätestens mit dem Tag ein, an dem ein Zeitraum von der zweifachen Dauer der Verjährungsfrist verstrichen ist, ohne dass die ESMA eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld verhängt hat. Diese Frist verlängert sich um den Zeitraum, in dem die Verjährung gemäß Absatz 5 ruht.
(5) Die Verjährungsfrist für die Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern wird für die Zeit ausgesetzt, in der in Bezug auf den Beschluss der ESMA ein Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss nach Artikel 60 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) und vor dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Artikel 48k der Verordnung (EU) 2016/1011 anhängig ist.
Artikel 8
Vollstreckungsverjährung
(1) Die Befugnis der ESMA zur Vollstreckung von in Anwendung der Artikel 48e und 48g der Verordnung (EU) 2016/1011 erlassenen Beschlüssen ist auf fünf Jahre beschränkt.
(2) Der in Absatz 1 genannte begrenzte Zeitraum beginnt mit dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem der Beschluss rechtskräftig geworden ist.
(3) Der für die Vollstreckung zur Verfügung stehende begrenzte Zeitraum wird unterbrochen durch:
a) |
die Bekanntgabe eines Beschlusses der ESMA an die Person, die Gegenstand des Verfahrens ist, mit dem die ursprüngliche Höhe der Geldbuße oder des Zwangsgelds geändert wird; |
b) |
jede Maßnahme der ESMA oder einer zuständigen nationalen Behörde, die auf Ersuchen der ESMA gemäß Artikel 48m der Verordnung (EU) 2016/1011 tätig wird und mit der die Zahlung oder die Zahlungsbedingungen der Geldbuße oder des Zwangsgelds durchgesetzt werden sollen. |
(4) Mit jeder Unterbrechung gemäß Absatz 3 beginnt die Verjährungsfrist erneut.
(5) Die Verjährungsfrist für die Vollstreckung von Sanktionen ruht,
a) |
bis eine Zahlungsfrist bewilligt ist; |
b) |
solange die Vollstreckung einer Zahlung ausgesetzt ist, weil ein Beschluss des Beschwerdeausschusses der ESMA im Sinne des Artikels 60 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 und des Gerichtshofs der Europäischen Union im Sinne des Artikels 48k der Verordnung (EU) 2016/1011 anhängig sind. |
Artikel 9
Erhebung von Geldbußen und Zwangsgeldern
(1) Die von der ESMA erhobenen Geldbußen und Zwangsgelder sind bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie rechtskräftig werden, auf einem von der ESMA eröffneten zinstragenden Konto zu hinterlegen. Werden von der ESMA gleichzeitig mehrere Geldbußen oder Zwangsgelder erhoben, stellt sie sicher, dass diese auf verschiedenen Konten oder Unterkonten hinterlegt werden. Die gezahlten Geldbußen und Zwangsgelder werden nicht dem ESMA-Haushalt zugerechnet oder als Haushaltsposten verbucht.
(2) Sobald die ESMA festgestellt hat, dass die Geldbußen oder Zwangsgelder nach Ausschöpfung aller Berufungsrechte rechtskräftig geworden sind, überweist der Rechnungsführer der ESMA diese Beträge samt eventuell aufgelaufener Zinsen an die Kommission. Diese Beträge werden im Haushalt der Union als Einnahmen verbucht.
(3) Die ESMA erstattet der Kommission regelmäßig Bericht über die Beträge der verhängten Geldbußen und Zwangsgelder sowie deren Stand.
Artikel 10
Inkrafttreten und Geltungsbeginn
Diese Verordnung tritt am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft und gilt ab diesem Datum.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Brüssel, den 16. Februar 2022
Für die Kommission
Die Präsidentin
Ursula VON DER LEYEN
(1) ABl. L 171 vom 29.6.2016, S. 1.
(2) Verordnung (EU) 2021/168 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Februar 2021 zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/1011 im Hinblick auf die Ausnahme bestimmter Devisenkassakurs-Referenzwerte aus Drittstaaten und die Bestimmung von Ersatz-Referenzwerten für bestimmte eingestellte Referenzwerte und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 49 vom 12.2.2021, S. 6).
(3) Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).