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Document 32019H0905(02)

    Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2019 zum nationalen Reformprogramm Bulgariens 2019 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Bulgariens 2019

    ST/10155/2019/INIT

    ABl. C 301 vom 5.9.2019, p. 8–14 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    5.9.2019   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 301/8


    EMPFEHLUNG DES RATES

    vom 9. Juli 2019

    zum nationalen Reformprogramm Bulgariens 2019 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Bulgariens 2019

    (2019/C 301/02)

    DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

    gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

    gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

    auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

    unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

    unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

    nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

    nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

    nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

    nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1)

    Am 21. November 2018 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung 2019 eingeleitet wurde. Dabei wurde der am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamierten Europäischen Säule sozialer Rechte gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 21. März 2019 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 21. November 2018 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Bulgarien als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei.

    (2)

    Der Länderbericht 2019 für Bulgarien wurde am 27. Februar 2019 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Bulgariens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 13. Juli 2018 (3), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet. Im Länderbericht wurde außerdem eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vorgenommen, deren Ergebnisse ebenfalls am 27. Februar 2019 veröffentlicht wurden. Die Kommission gelangte aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Bulgarien makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Schwachstellen im Finanzsektor gehen insbesondere mit einer hohen Verschuldung und notleidenden Krediten im Unternehmenssektor einher. Auch wenn es bei der Beseitigung der Ursachen der Ungleichgewichte Fortschritte gibt, kommt es ganz entscheidend darauf an, dass die jüngsten Reformen der Aufsicht und Steuerung im Banken- und Nichtbankenfinanzsektor vollständig umgesetzt und überwacht werden.

    (3)

    Am 24. April 2019 übermittelte Bulgarien sein nationales Reformprogramm 2019 und sein Konvergenzprogramm 2019. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

    (4)

    Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

    (5)

    Bulgarien befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In ihrem Konvergenzprogramm 2019 veranschlagt die Regierung für 2018 einen Überschusssaldo von 2 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP), für 2019 ein Defizit von 0,3 % des BIP sowie für 2020, 2021 und 2022 Überschüsse von 0,4 %, 0,2 % bzw. 0,1 % des BIP. Ausgehend vom neu berechneten strukturellen Saldo (5) wird das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 1 % des BIP — im gesamten Programmzeitraum auch weiterhin übertroffen. Nach dem Konvergenzprogramm 2019 wird die gesamtstaatliche Schuldenquote von 22,6 % des BIP im Jahr 2018 voraussichtlich schrittweise auf 16,7 % im Jahr 2022 zurückgehen. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. Nach der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission wird voraussichtlich 2019 ein struktureller Überschuss von 0,7 % des BIP und 2020 ein struktureller Überschuss von 0,6 % des BIP erzielt — damit würde das mittelfristige Haushaltsziel übertroffen. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass Bulgarien die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts in den Jahren 2019 und 2020 einhalten dürfte.

    (6)

    Hinsichtlich Steuereinnahmen und Steuerehrlichkeit sind Verbesserungen zu verzeichnen, und es wurden einige Initiativen ergriffen. Die Steuererhebung scheint sich jedoch nicht überall im selben Tempo zu verbessern. Dies gilt insbesondere für beschäftigungsbezogene Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sowie für bestimmte Kategorien von Verbrauchsteuern. Es gibt zudem Belege dafür, dass die nicht angemeldete Erwerbstätigkeit und der illegale Handel mit Kraftstoffen nach wie vor eine Herausforderung darstellen. Um die noch immer umfangreiche Schattenwirtschaft weiter einzudämmen, ist es unbedingt erforderlich, dass die Bemühungen um eine Verbesserung der Steuererhebung fortgesetzt und dass zusätzliche gezielte Maßnahmen zur Bewältigung der Herausforderungen in bestimmten Bereichen des Steuersystems ergriffen werden.

    (7)

    Die Regierung hat Schritte unternommen, um die Wirksamkeit der öffentlichen Ausgaben zu verbessern. Die Weltbank hat eine Ausgabenüberprüfung vorgenommen, die eine Reihe öffentlicher Einrichtungen (Ministerien und Gemeinden) erfasste, zwei Pilotstudien — eine bezüglich Polizei und Brandbekämpfung und eine bezüglich Abfallbewirtschaftung — durchgeführt sowie ein Handbuch für künftige Überprüfungen durch die Regierung bereitgestellt. Im Rahmen der mittelfristigen Haushaltsstrategie 2018 führte die Regierung eine Reihe von Leistungsindikatoren ein, um die Auswirkungen der Ausgaben in den verschiedenen Politikbereichen im Laufe der Zeit zu bewerten sowie die Bewertung und Planung des Haushalts zu erleichtern. Durch Folgemaßnahmen zu diesen Initiativen sollen Qualität, Effizienz und Transparenz der öffentlichen Ausgaben und somit die Quantität und Qualität der öffentlichen Güter gesteigert werden.

    (8)

    Staatseigene Unternehmen leiden unter einer schwachen Corporate Governance, was sich auch in hohem Maße in ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit widerspiegelt. Zurzeit wird in Zusammenarbeit mit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und mit Unterstützung des Dienstes der Kommission zur Unterstützung von Strukturreformen eine Reform des Rechtsrahmens für die Corporate Governance staatseigener Unternehmen durchgeführt. Mit der Reform sollen die derzeitigen Schwächen behoben werden, indem die nationalen Rechtsvorschriften an die OECD-Leitsätze zu Corporate Governance in staatseigenen Unternehmen angeglichen werden. Die Annahme und wirksame Umsetzung des Rahmens wird die Kontinuität gewährleisten und für den Erfolg der Reform entscheidend sein.

    (9)

    In einem günstigen wirtschaftlichen Umfeld haben sich die Eigenkapital- und Liquiditätsquoten der Banken im Durchschnitt verbessert. Parallel dazu ging der Anteil notleidender Kredite nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften zurück, bleibt aber nach wie vor hoch. Der Sekundärmarkt für notleidende Kredite ist dynamischer geworden. Am 30. Mai 2019 fasste die BNB einen Beschluss zur Umsetzung der EBA-Leitlinien über das Management notleidender und gestundeter Risikopositionen. Die im Zuge der Überprüfungen des Finanzsektors ergriffenen Folgemaßnahmen haben den Bankensektor gestärkt, doch gibt es nach wie vor einige Schwachstellen. Neue Regulierungsinitiativen im Jahr 2018 umfassten die Vorschriften für Großkredite und die Ermittlung verbundener Kunden, eine Erhöhung der Quote des antizyklischen Kapitalpuffers und die Einführung makroprudenzieller Instrumente für kreditnehmerbasierte Maßnahmen. Die Weiterverfolgung von Gesetzesinitiativen in Bezug auf Risikopositionen nahestehender Unternehmen, eine nachhaltige Aufsicht zur Begrenzung von Krediten an verbundene Parteien und die Ahndung von Verstößen gegen die Bestimmungen über Sicherheiten sind für die Förderung seriöser Geschäftspraktiken von entscheidender Bedeutung. Eine weitere laufende Maßnahme besteht in der Stärkung des Rahmens für die Bankenabwicklung, was zur Widerstandsfähigkeit des Finanzsektors beitragen wird.

    (10)

    Der Abschluss der Reform des Insolvenzrechts könnte dazu beitragen, die hohe Verschuldung des privaten Sektors und den nach wie vor hohen Anteil notleidender Kredite zu verringern. Einige fehlende Elemente schränken die Effizienz und Wirksamkeit des Insolvenzrahmens ein, was zu langsamen und kostspieligen Insolvenzverfahren geführt hat. Gleichzeitig verhindert das Fehlen geeigneter Überwachungsinstrumente eine ordnungsgemäße Analyse der derzeitigen und neuen Vorinsolvenz- und Insolvenzverfahren sowie die Ermittlung konkreter Engpässe oder Schwachstellen. Im Oktober 2018 ersuchte Bulgarien den Dienst der Kommission zur Unterstützung von Strukturreformen um Unterstützung bei der Reform des Insolvenzrahmens. Im Rahmen dieses Projekts werden Lücken im Insolvenzrahmen ermittelt und ein Fahrplan für deren Schließung erstellt. Es ist wichtig, die Reformdynamik aufrechtzuerhalten und den künftigen Fahrplan umzusetzen.

    (11)

    Bulgarien hat im Jahr 2018 und auch noch im Mai 2019 Gesetzesänderungen verabschiedet und arbeitet auf eine vollständige Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) (vierte Richtlinie zur Bekämpfung der Geldwäsche) hin. Es ist auf eine wirksame Umsetzung dieser Maßnahmen zu achten. Die Behörden haben die nationale Risikobewertung, die für die Festlegung angemessener nationaler Strategien zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung von zentraler Bedeutung ist, noch nicht abgeschlossen und gemeldet. Des Weiteren deuten die jüngsten Entwicklungen im Bankensektor darauf hin, dass die nationale Aufsicht über internationale Finanztransaktionen verbessert und die wirksame Durchsetzung des Rahmens zur Bekämpfung der Geldwäsche (anti-money-laundering = AML) sichergestellt werden müssen. Das Risiko von Korruption muss stärker angegangen werden, da es sich hierbei um eine Vortat zur Geldwäsche handelt. Die bulgarischen Behörden müssen konkrete Ergebnisse vorweisen und eine Erfolgsbilanz aufbauen, die durch endgültige Entscheidungen in Fällen von Korruption auf hoher Ebene belegt wird. Finanzermittlungen und die Erstellung von Finanzprofilen finden nur in begrenztem Umfang statt.

    (12)

    Die Aufsicht über den Nichtbankenfinanzsektor wird derzeit reformiert. Die Kommission für Finanzaufsicht hat im September 2017 in Zusammenarbeit mit der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung einen Aktionsplan zur Reform der Finanzaufsicht über den Nichtbankenfinanzsektor angenommen. Die vollständige und fristgerechte Umsetzung und Durchsetzung des noch laufenden Aktionsplans wird zu einer angemessenen Aufsicht über den Nichtbankenfinanzsektor beitragen. Es gab Änderungen des Sekundärrechts, mit denen die Bewertungsvorschriften und deren Anwendung verbessert werden sollen. Ihre wirksame Umsetzung und Durchsetzung würde die verbleibenden Bewertungsfragen beantworten, die sich in der Vergangenheit gestellt haben. Schließlich stellt die Gruppenaufsicht nach wie vor eine Herausforderung dar, was die Gewährleistung einer angemessenen risikobasierten Versicherungsaufsicht anbelangt.

    (13)

    Der Kfz-Versicherungssektor weist einige Schwachstellen auf. Klar umrissene Regeln für die Erstattung würden einen stärker harmonisierten Ansatz der Richter bei der Entscheidung über Einzelfälle erleichtern. Längerfristig würde eine solche Methodik dazu beitragen, die Kosten, die Volatilität und das versicherungstechnische Risiko bei der Kfz-Haftpflichtversicherung zu senken. Die Nachhaltigkeit des Sektors würde auch von einer besseren Preisgestaltung profitieren, die der Fahrhistorie der Kunden Rechnung trägt. Die Kommission für Finanzaufsicht hat ein Bonus-Malus-System vorgeschlagen, das derzeit Gegenstand einer breiten öffentlichen Debatte ist. Schließlich hat die Liquidität des „Grüne-Karte-Büros“ erhebliche Bedenken hervorgerufen, vor allem wegen der Nichtbezahlung von Forderungen durch einen bulgarischen Versicherer. Die strikte Einhaltung der Pflichten seitens aller Mitglieder ist von entscheidender Bedeutung für die Glaubwürdigkeit und Effizienz des Systems.

    (14)

    Die Infrastruktur leidet unter großen Investitionslücken. Umfang und Qualität der Verkehrsinfrastruktur haben sich zwar verbessert, doch sie bleiben weiter unter dem Unionsdurchschnitt. Das transeuropäische Verkehrsnetz in Bulgarien ist nach wie vor unvollständig. Ferner haben die Treibhausgasemissionen durch den Straßenverkehr in den vergangenen fünf Jahren stark zugenommen. Die Schienen- und Straßenabschnitte sowie die jeweiligen europäischen Eisenbahnverkehrsleitsysteme und intelligenten Verkehrssysteme müssen weiter ausgebaut werden. Bulgarien hat niedrige Anschluss- und Behandlungsraten für kommunales Abwasser, hohe Luftverschmutzungswerte und Deponiequoten für Siedlungsabfälle sowie eine Recyclingquote, die deutlich unter dem Unionsdurchschnitt liegt. Investitionen zur Förderung einer nachhaltigen Wasserbewirtschaftung, einer effizienten Ressourcennutzung und des Übergangs zu einer Kreislaufwirtschaft sind erforderlich. Darüber hinaus besteht erheblicher Investitionsbedarf in den Bereichen Energie sowie Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel. Die hohe Energieintensität der Wirtschaft und die langsamen Fortschritte hinsichtlich der Erreichung der Energieeffizienzziele, insbesondere im Gebäudesektor, bremsen die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Land. Daher müssen die Anstrengungen verstärkt werden, um zu gewährleisten, dass durch gezielte Investitionen in den Bereichen Industrie, Verkehr und Gebäude erhebliche Energieeinsparungen erzielt werden. Verstärkte Investitionen in die Infrastruktur für saubere Energie (z. B. saubere, kohlenstoffarme Stromerzeugung, Verbundnetze und intelligente Netze) im Einklang mit den von Bulgarien in seinem Entwurf des nationalen Klima- und Energieplans festgelegten Prioritäten würden weiter dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft insgesamt und die Lebensqualität der Menschen zu verbessern.

    (15)

    Trotz einer Aufstockung des öffentlichen Forschungshaushalts im Jahr 2018 sind die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor nach wie vor sehr niedrig. Private FuE-Investitionen werden überwiegend von großen multinationalen Unternehmen getätigt und konzentrieren sich auf die Hauptstadtregion. Die schleppende Umsetzung von Reformen und die starke Zersplitterung des Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationssystems verhindern, dass FuE-Investitionen mehr zu Produktivität und Wachstum beitragen. Ein Großteil der Hochschulen und Forschungseinrichtungen schneidet nach wie vor schlecht ab, wenn es um wissenschaftliche Forschung auf hohem Niveau geht. Die Verbindungen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sind weiterhin sehr schwach, und die Verfügbarkeit von Humankapital im FuE-System gibt Anlass zu großer Sorge. Cluster und ihr Potenzial in Bulgarien sind unterentwickelt, da sie oft nicht über eine kritische Masse verfügen. Weitere Reformen, in Verbindung mit einer effizienten Governance und wirksameren öffentlichen Investitionen, können die Auswirkungen auf die Produktivität maximieren und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft verbessern. Außerdem ist es für die Produktivität des Landes unbedingt notwendig, dass die Unternehmen stärker digitalisiert und dass neue Geschäftsmodelle eingeführt werden.

    (16)

    Die Reform der öffentlichen Verwaltung und der elektronischen Behördendienste verläuft nach wie vor schleppend und führt zu unzureichenden Verbesserungen, während die Rahmenbedingungen für Unternehmen weiterhin schlecht sind. Zwar wurden mehrere Reformmaßnahmen verabschiedet, doch ihre praktische Umsetzung hat sich verzögert. Institutionelle Mängel, Rechtsunsicherheit, Korruption und ein unzureichendes Arbeitskräfteangebot zählen nach wie vor zu den größten Investitionshindernissen. Im öffentlichen Sektor wären im Hinblick auf die Governance mehr Transparenz, klarere Regeln und eine langfristige Perspektive förderlich. Auch im Bereich Produktprüfung und -sicherheit gibt es Mängel aufgrund begrenzter finanzieller und personeller Ressourcen. Wenngleich die überwiegende Mehrzahl der in der nationalen Strategie für das Auftragswesen vorgesehenen Maßnahmen angenommen wurde, erfordert ihre Umsetzung doch eine kontinuierliche Überwachung, Kontrolle und Bewertung. Die häufige Anwendung der Direktvergabe und die hohe Zahl an Ausschreibungen, für die nur ein einziges Angebot eingeht, bedrohen die Transparenz und Wirksamkeit des Systems. Die Verwaltungskapazität des öffentlichen Auftragswesens stellt eine ständige Herausforderung dar, ebenso wie die Professionalisierung der öffentlichen Auftraggeber und Sammelbeschaffungen. Die erhebliche Verzögerung bei der Einführung des elektronischen Vergabeverfahrens verhindert eine weitere Verbesserung der Transparenz und Effizienz der öffentlichen Auftragsvergabe.

    (17)

    Die Arbeitsmarktlage hat sich verbessert, es gibt jedoch nach wie vor Schwachstellen. Die Beschäftigungsquote hat den höchsten Stand seit dem Beitritt Bulgariens zur Union erreicht, und die Arbeitslosenquote liegt unter dem Unionsdurchschnitt. Trotz dieser positiven Entwicklungen haben einige Gruppen wie Geringqualifizierte, junge Menschen, Roma und Menschen mit Behinderungen nach wie vor Schwierigkeiten bei der Arbeitsuche. Es werden spezifische Maßnahmen zur Unterstützung der Langzeitarbeitslosen durchgeführt, die 2018 3 % der Erwerbsbevölkerung ausmachten. Eine Kombination aus wirksamen und nachhaltigen Outreach-Maßnahmen, aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und integrierten Arbeitsvermittlungs- und Sozialdiensten könnte die Beschäftigungsfähigkeit und Beschäftigungschancen benachteiligter Gruppen verbessern.

    (18)

    Der zunehmende Fachkräftemangel in Bulgarien rechtfertigt erhebliche Investitionen. Die Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen könnte gesteigert werden, wenn die Qualität und die Wirksamkeit von Praktika und Ausbildungen verbessert würden. Des Weiteren ist die Teilnahme Erwachsener an Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen sehr gering. Trotz der Maßnahmen, die zur Förderung digitaler Kompetenzen ergriffen wurden, zählt das Niveau der grundlegenden digitalen Kompetenzen in Bulgarien (29 % der Personen verfügen über grundlegende digitale Kompetenzen gegenüber einem Unionsdurchschnitt von 57 %) immer noch zu den niedrigsten in der Union.

    (19)

    Trotz der Ratifizierung des Übereinkommens der Internationalen Arbeitsorganisation über die Festsetzung von Mindestlöhnen und mehrerer Verhandlungsrunden im Jahr 2018 vertreten Arbeitgeber und Gewerkschaften nach wie vor unterschiedliche Auffassungen zu den Kriterien, die bei der Festsetzung des Mindestlohns anzuwenden sind. Ein stärkerer Konsens könnte über ein objektives und transparentes Verfahren zur Festlegung von Löhnen und Gehältern erzielt werden. Auch wenn die Beteiligung der Sozialpartner an der Gestaltung und Umsetzung politischer Maßnahmen und Reformen offenbar zugenommen hat, bedarf es weiterhin der kontinuierlichen Unterstützung eines verstärkten sozialen Dialogs.

    (20)

    Die Bildungsergebnisse sind nach wie vor schwach und sehr vom sozioökonomischen Status der Eltern abhängig. Dies zeigt die Herausforderungen, die sich im Hinblick auf die Qualität und Inklusivität des Systems der allgemeinen und beruflichen Bildung stellen. Bulgarien investiert nur unzureichend in die Bildung, vor allem in die Vorschul- und Grundschulbildung, also zwei Bereiche, die von entscheidender Bedeutung sind, wenn es darum geht, für Chancengleichheit vom frühen Kindesalter an zu sorgen. Die Teilnahme an einer qualitativ hochwertigen frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung ist gering, insbesondere bei Roma und Kindern aus anderen benachteiligten Gruppen. Die Quote der frühzeitigen Schulabgänge ist immer noch hoch, was sich negativ auf die künftige Beschäftigungsfähigkeit und die Arbeitsmarktergebnisse auswirkt. Die Arbeitsmarktrelevanz der beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie die Verfügbarkeit eines dualen Systems der Berufsbildung sind nach wie vor unzureichend. Obwohl einige Maßnahmen eingeleitet wurden, bedarf es weiterer Anstrengungen, um sicherzustellen, dass durch das Qualifikationsprofil von Hochschulabsolventen kurz- und mittelfristige Qualifikationsengpässe konsequent beseitigt werden können. Einige Maßnahmen zur Umschulung von Lehrkräften und zur Steigerung der Attraktivität des Berufs wurden eingeführt. Die Aus- und Weiterbildungsprogramme für Lehrkräfte müssen jedoch ausgebaut werden, und es bedarf weiterer Anstrengungen, um die Arbeitsbedingungen des Bildungspersonals zu verbessern.

    (21)

    In Bulgarien besteht nach wie vor eine große Einkommensungleichheit und ein hohes Risiko der Armut oder sozialen Ausgrenzung. Die Quote der Armut oder sozialen Ausgrenzung ging 2018 zwar zurück, lag aber mit 32,8 % immer noch deutlich über dem Unionsdurchschnitt. Das System der sozialen Sicherheit erfasst nicht alle Erwerbstätigen, und das unzureichende Sozialschutzsystem kann die erheblichen sozialen Probleme nicht bewältigen. Dies zeigt sich an dem niedrigen Niveau der Sozialausgaben, der ungleichen Verfügbarkeit sozialer Dienste im gesamten Hoheitsgebiet und den begrenzten Umverteilungseffekten des Steuersystems. 2018 überstieg das Einkommen der reichsten 20 % der Bevölkerung das Einkommen der ärmsten 20 % um das 7,7-Fache; dies ist immer noch einer der höchsten Werte in der Union. Trotz einiger Maßnahmen bleiben die Angemessenheit und der Deckungsgrad des Mindesteinkommens begrenzt, und es mangelt nach wie vor an einem objektiven Mechanismus für die regelmäßige Aktualisierung. Soziale Dienste werden durch schlechte Qualität und das Fehlen eines integrierten Ansatzes zur aktiven Inklusion behindert. Die Unterschiede beim Zugang zu sozialen Diensten, Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege bestehen fort. Dies beeinträchtigt die Fähigkeit dieser Dienste, die schutzbedürftigsten Bevölkerungsgruppen wie Roma, Kinder, ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und Menschen, die in ländlichen Gebieten leben, umfassend zu unterstützen. Ein Teil der Bevölkerung hat Schwierigkeiten beim Zugang zu bezahlbarem Wohnraum. Daher sind weitere Anstrengungen erforderlich, um die aktive Inklusion zu fördern, die sozioökonomische Integration schutzbedürftiger Gruppen, einschließlich der Roma, voranzubringen, den Zugang zu hochwertigen Dienstleistungen zu verbessern und die materielle Deprivation zu bekämpfen.

    (22)

    Das Gesundheitswesen ist nach wie vor durch geringe öffentliche Ausgaben gekennzeichnet. Aufgrund einer ungleichen Verteilung der begrenzten Ressourcen und eines geringen Krankenversicherungsschutzes haben die Menschen in Bulgarien nur begrenzten Zugang zur Gesundheitsversorgung. Die Eigenleistungen sind beträchtlich, da sie das niedrige Niveau der öffentlichen Ausgaben ausgleichen müssen. Die geringe Verfügbarkeit von Allgemeinärzten beeinträchtigt die Primärversorgung. Es besteht ein erheblicher Mangel an Krankenpflegekräften; die einschlägige Pro-Kopf-Zahl zählt zu den niedrigsten in der Union. Eine raschere und wirksamere Umsetzung der nationalen Gesundheitsstrategie würde dazu beitragen, diese Schwächen zu beheben.

    (23)

    Im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens verfolgt die Kommission weiterhin die Justizreform sowie die Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens in Bulgarien. Daher sind diese Bereiche nicht Gegenstand der länderspezifischen Empfehlungen für Bulgarien, obwohl sie für die Entwicklung eines positiven Unternehmensumfelds in dem Land maßgeblich sind. Im Bericht vom November 2018 über das Kooperations- und Kontrollverfahren wurde festgestellt, dass Bulgarien seine Reformbemühungen im Justizbereich und seine Anstrengungen zur Behebung von Mängeln bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität fortgesetzt hat, jedoch in einer Reihe von Bereichen weitere Anstrengungen erforderlich sind. Die Kommission wird die Fortschritte voraussichtlich im Frühherbst 2019 erneut bewerten.

    (24)

    Die Programmplanung der Unionsfonds für den Zeitraum 2021-2027 könnte dazu beitragen, einige der in den Empfehlungen festgestellten Lücken, insbesondere in den in Anhang D des Länderberichts 2019 genannten Bereichen, zu schließen. Dies würde es Bulgarien ermöglichen, diese Fonds unter Berücksichtigung der regionalen Unterschiede optimal für die ermittelten Sektoren zu nutzen. Der Ausbau der Verwaltungskapazität des Landes für die Verwaltung dieser Fonds ist wichtig für den Erfolg dieser Investitionen.

    (25)

    Im Rahmen des Europäischen Semesters 2019 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Bulgariens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2019 veröffentlicht. Sie hat auch das Konvergenzprogramm 2019, das nationale Reformprogramm 2019 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Bulgarien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Bulgarien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -leitlinien beurteilt.

    (26)

    Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Konvergenzprogramm 2019 geprüft und ist zu der Auffassung gelangt (7), dass Bulgarien den Stabilitäts- und Wachstumspakt voraussichtlich einhalten wird.

    (27)

    Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2019 und das Konvergenzprogramm 2019 geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in der nachstehenden Empfehlung 2 wider —

    EMPFIEHLT, dass Bulgarien 2019 und 2020

    1.   

    die Steuererhebung durch gezielte Maßnahmen in Bereichen wie der Besteuerung von Kraftstoffen und von Arbeit verbessert; die Corporate Governance staatseigener Unternehmen durch den Erlass und die Inkraftsetzung der künftigen Rechtsvorschriften verbessert;

    2.   

    die Stabilität des Bankensektors durch eine verstärkte Aufsicht gewährleistet, eine angemessene Bewertung von Vermögenswerten, einschließlich Banksicherheiten, fördert und die Schaffung eines funktionierenden Sekundärmarkts für notleidende Kredite unterstützt; eine wirksame Überwachung und die Durchsetzung des AML-Rahmens sicherstellt; den Nichtbankenfinanzsektor durch die wirksame Durchsetzung der risikobasierten Aufsicht, die vor kurzem angenommenen Bewertungsleitlinien und die Gruppenaufsicht stärkt; den künftigen Fahrplan zur Schließung der im Insolvenzrahmen ermittelten Lücken umsetzt; die Stabilität des Kfz-Versicherungssektors durch die Bewältigung der Herausforderungen des Marktes und die Beseitigung verbleibender struktureller Schwächen fördert;

    3.   

    den Schwerpunkt der investitionsbezogenen Wirtschaftspolitik auf Forschung und Innovation, Verkehr — insbesondere dessen Nachhaltigkeit —, die Wasser-, Abfallbewirtschaftungs- und Energieinfrastruktur sowie Energieeffizienz legt und dabei regionalen Unterschieden Rechnung trägt und das Unternehmensumfeld verbessert;

    4.   

    die Beschäftigungsfähigkeit durch den Aufbau von Kompetenzen, einschließlich digitaler Kompetenzen, steigert; die Qualität, Arbeitsmarktrelevanz und Inklusivität der allgemeinen und beruflichen Bildung verbessert, insbesondere für Roma und andere benachteiligte Gruppen; die soziale Inklusion durch einen besseren Zugang zu integrierten Beschäftigungs- und Sozialdiensten sowie eine wirksamere Mindesteinkommensunterstützung fördert; den Zugang zu Gesundheitsdiensten verbessert, indem es unter anderem die Eigenleistungen verringert und den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen angeht.

    Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2019.

    Im Namen des Rates

    Der Präsident

    M. LINTILÄ


    (1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

    (2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

    (3)  ABl. C 320 vom 10.9.2018, S. 7.

    (4)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

    (5)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und befristete Maßnahmen nach Neuberechnung der Kommission anhand der gemeinsamen Methodik.

    (6)  Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission (ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 73).

    (7)  Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


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