Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 32000D0395

2000/395/EG: Entscheidung der Kommission vom 22. Dezember 1999 über staatliche Beihilfen Deutschlands zugunsten der Entstaubungstechnik Magdeburg GmbH (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1999) 5205) (Text von Bedeutung für den EWR) (Nur der deutsche Text ist verbindlich)

ABl. L 150 vom 23.6.2000, p. 64–69 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2000/395/oj

32000D0395

2000/395/EG: Entscheidung der Kommission vom 22. Dezember 1999 über staatliche Beihilfen Deutschlands zugunsten der Entstaubungstechnik Magdeburg GmbH (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1999) 5205) (Text von Bedeutung für den EWR) (Nur der deutsche Text ist verbindlich)

Amtsblatt Nr. L 150 vom 23/06/2000 S. 0064 - 0069


Entscheidung der Kommission

vom 22. Dezember 1999

über staatliche Beihilfen Deutschlands zugunsten der Entstaubungstechnik Magdeburg GmbH

Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1999) 5205)

(Nur der deutsche Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2000/395/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a)

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß den genannten Artikeln,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I. VERFAHREN

(1) Die Kommission leitete am 15. März 1995 ein förmliches Prüfverfahren wegen der staatlichen Beihilfen zugunsten der SKET Schwermaschinenbau Magdeburg GmbH, Magdeburg ("SKET SMM") ein(1). Da die Absicht bestand, aus der Entstaubungstechnik Magdeburg GmbH, Magdeburg ("ETM"), eine Tochtergesellschaft der SKET SMM zu machen, wurde das Verfahren unter der Nummer C 16/95 auf ETM ausgedehnt.

(2) Am 30. Juli 1996 wurde das Verfahren C 16/95 auf Beihilfen ausgedehnt, die seit dem Beschluß über die Einleitung des Verfahrens ausgezahlt worden waren(2) und von diesem nicht erfaßt wurden. Die potentiellen Investoren (Oestmann % Borchert Industriebeteiligungen GbR) gaben Ende 1995 den Umstrukturierungsplan auf. Danach wurde ein neuer Plan mit zusätzlichen Beihilfen angemeldet.

(3) Die Kommission erließ am 26. Juni 1997 wegen der Beihilfen für SKET SMM die abschließende negative Entscheidung 97/765/EG(3). Diese Entscheidung bezog sich nicht auf ETM. Das Verfahren betreffend ETM erhielt die Nummer C 16b/95.

(4) Im Januar und August 1997 informierte Deutschland die Kommission über die Beihilfen, die ETM seit 1994 erhalten hatte. In einer Sitzung mit der Kommission kündigte Deutschland die Privatisierung von ETM an. Im April 1998 ersuchte die Kommission Deutschland um Auskünfte über die Privatisierung, die ihr noch im selben Monat erteilt wurden. Sie forderte weitere Informationen im Mai 1998 an, die Deutschland im Mai und Juli 1998 erteilte. Weitere Fragen, die im Dezember 1998 gestellt wurden, wurden im Januar 1999 beantwortet. Im August 1999 wurden abschließende Fragen gestellt, die im September 1999 beantwortet wurden.

II. BESCHREIBUNG

A.

(5) ETM hat ihren Sitz in Magdeburg in Sachsen-Anhalt. Das Unternehmen beschäftigte 1997 rund 110 Mitarbeiter und erzielte einen Umsatz von 13,4 Mio. DEM. ETM projektiert und fertigt Entstaubungs- und Rauchgasreinigungsanlagen. Sie ist an dem nachstehend beschriebenen relevanten Markt mit rund 1 % beteiligt.

(6) Die gegenwärtige Tätigkeit von ETM begann 1970, als neue Umweltgesetze in der DDR eingeführt wurden. Damals wurde das Unternehmen auf die Herstellung von Entstaubungsanlagen neu ausgerichtet und in das Kombinat Luft- und Kältetechnik eingegliedert. 1989 wurde ETM dem Schwermaschinenkombinat Ernst Thälmann zugeordnet. Infolgedessen wurde ETM 1990 eine Tochtergesellschaft der SKET AG. 1992 wurden ihre Anteile dann auf die Treuhandanstalt ("THA") übertragen. Bei der Auflösung der THA gingen diese Anteile auf die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben ("BvS") über, bei der sie bis zur Privatisierung und zum Verkauf an die PKA-Gruppe verblieben. Die Privatisierung fand im Januar 1998 statt, als ETM an die PKA Umwelttechnik GmbH & Co. KG, ein Mitglied der PKA-Gruppe, verkauft wurde.

(7) Die PKA-Gruppe ist in Deutschland ansässig und weltweit auf verschiedenen Märkten für Umwelttechnologien tätig. Die Gruppe besteht aus kleinen Unternehmen, die in verschiedenen Produktmärkten tätig sind. Das Produkt- und Leistungsangebot umfaßt insbesondere die Planung, den Bau und den Vertrieb von Anlagen zur Aufbereitungs-, Entsorgungs- und Versorgungstechnik, insbesondere Anlagen zum Trocknen, Entgasen und Vergasen von Schlämmen, Müll/Abfällen, Rest- und Sekundärrohstoffen sowie die Rückgewinnung von darin enthaltenen Wertstoffen. Zu diesem Zweck wird insbesondere die Pyrolyse(4)

eingesetzt. Die PKA-Gruppe, einschließlich ETM, zählt nur 220 Mitarbeiter und wird 1999 einen Umsatz von 50 Mio. DEM erzielen. Auf der Grundlage der von Deutschland übermittelten Auskünfte ist die gesamte PKA-Gruppe als ein KMU im Sinne der Kriterien der Empfehlung 96/280/EG der Kommission vom 3. April 1996 betreffend die Definition der kleinen und mittleren Unternehmen zu betrachten.

B.

(8) Der Verkauf von ETM an die PKA-Gruppe erfolgte aufgrund eines offenen, bedingungslosen und transparenten Ausschreibungsverfahrens. Der West Merchant Bank, die von der BvS mit der Suche eines Investors beauftragt worden war, lagen zum 7. Juni 1997 zwölf Angebote im Anschluß an die Ausschreibung vor, in deren Verlauf insgesamt 224 Unternehmen weltweit angesprochen wurden. Mit vier Bietern wurden Verhandlungen aufgenommen; auf der Grundlage des Betriebsplans, der Beschäftigungszusagen und der finanziellen Eckdaten wurde das beste Angebot ausgesucht. Die PKA-Gruppe war als einziger Bieter in der Lage, das Unternehmen in absehbarer Zukunft zu übernehmen und sich aus eigenen Mitteln an der Privatisierung und somit am kommerziellen Risiko zu beteiligen. Außerdem war nur PKA in der Lage, einen Finanzierungsplan zu unterbreiten und die Rückbürgschaften der BvS zu übernehmen.

(9) Der Übernahmepreis betrug 1 DEM. PKA führte dem Unternehmen 1 Mio. DEM Gesellschaftskapital zu. Sie verpflichtete sich zu Investitionen von 2,5 Mio. DEM bis zum 31. Dezember 1999 bei einer 100 %igen Pönale und zur Weiterbeschäftigung von 65 Mitarbeitern für die Dauer von drei Jahren bei einer jährlichen Pönale von 36000 DEM je Arbeitnehmer. Außerdem verpflichtete sie sich, die BvS von sämtlichen Bürgschaften zu entbinden (Kontokorrentkredit von 2,5 Mio. DEM und Avalbürgschaft von 4,7 Mio. DEM). Die BvS verzichtete auf die Rückzahlung eines Darlehens von 7,5 Mio. DEM einschließlich Zinsen durch ETM und gewährte einen Zuschuß von 10 Mio. DEM.

C.

(10) ETM war ein Unternehmen in Schwierigkeiten, das jährlich Verluste machte(5). Zu den Hauptproblemen des Unternehmens zählte die mangelhafte Betriebskontrolle (insbesondere beim Materialeinkauf, aber auch beim Marketing und Vertrieb). So entfielen z. B. rund 60 % - 70 % des Vertragswerts auf den hohen Anteil an Zukaufteilen und bezogenen Leistungen. Bei einem effizienteren Einkauf hätten diese Kosten um rund 10 % - 15 % niedriger sein können. Ein weiteres Problem war die erfolglose Assoziation mit SKET SMM. ETM sollte eine Tochtergesellschaft von SKET SMM werden, und außerdem sollten SKET SMM und ihre Tochtergesellschaften privatisiert werden. Dieses Vorhaben ist niemals realisiert worden. Die Beziehung zwischen dem notleidenden Konglomerat SKET SMM und ETM hat jedoch dem Ansehen und der Glaubwürdigkeit von ETM am Markt geschadet. Dies hat sich negativ auf die Auftragseingänge bei ETM ausgewirkt. Zusätzliche Probleme entstanden bei der geplanten Einrichtung des Geschäftsfeldes "neue Technik", weil der organisatorische Rahmen, den SKET SMM hierfür bot, schwerfällig und ineffizient war.

(11) ETM ist seit ihrer Gründung als eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Jahr 1990 fortwährend umstrukturiert worden. Vor dem Erwerb des Unternehmens durch PKA haben die THA und später die BvS die ersten Umstrukturierungsmaßnahmen durchgeführt. Nach der gescheiterten Privatisierung der SKET SMM bestand die Strategie der BvS darin, ETM auf die Privatisierung als ein selbständiges Unternehmen vorzubereiten. 1997 wurden verschiedene diesbezügliche Schritte unternommen. ETM sollte sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, nämlich die Projektierung und die Fertigung von Filteranlagen. Das Geschäftsfeld "Sonderkonstruktion" wurde stillgelegt. Das Unternehmen reduzierte seine Personalkosten. Außerdem wurden verschiedene Produktionsanlagen außer Betrieb gesetzt. Das vom Investor 1998 vorgelegte Umstrukturierungskonzept befaßte sich mit den Problemen der Betriebskontrolle. In diesem Bereich soll der ETM die Erfahrung der PKA-Gruppe zugute kommen. Das Konzept basiert auf einer Zusammenarbeit zwischen ETM und der PKA-Gruppe, deren Produktpalette und Kundenbasis einander ergänzen. ETM soll zum Geschäftspartner der PKA-Gruppe im Bereich der Luft- und Gasfiltrationen werden. Ein weiterer Aspekt der Umstrukturierung betrifft die Erweiterung der Produktion der ETM um die Kernprodukte der PKA-Gruppe (z. B. Gaswandler, Verrohrungen, Silos). Dies liegt im Interesse der PKA-Gruppe, die über keine eigene Fertigung verfügt. Gleichzeitig wird das bei der Produktion durch Dritte bestehende Risiko des Know-how-Abflusses vermieden. Außerdem kann ETM auf diese Weise ihre Kapazitätsauslastung erhöhen. Die Umstrukturierung wird 1999 abgeschlossen.

(12) Die Gesamtkosten der Umstrukturierung seit 1996 und während der Verwaltung durch die Treuhandanstalt (zwecks Vorbereitung der ETM auf ihre Privatisierung) belaufen sich auf 49,836 Mio. DEM. Diese Kosten setzen sich wie folgt zusammen:

TABELLE A

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

(13) Nach dem Umstrukturierungsplan wird die Rentabilität 1999, wenn der Plan vollständig durchgeführt ist, wiederhergestellt sein. Die nachstehende Tabelle(6) enthält die Schlüsseldaten für die voraussichtliche Rückkehr zur Rentabilität. Die Zahlen für 1999 beruhen auf Prognosen zum Zeitpunkt der Privatisierung.

TABELLE B

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

(14) Die geplante Umsatzsteigerung spiegelt sich in den Auftragsbüchern der ETM wider. ETM hat von den Auftragseingängen der übrigen PKA-Gruppe ebenso wie von dem weltweiten Wachstum der Nachfrage nach Erzeugnissen der PKA-Gruppe profitiert. Die Auftragslage der ETM ist infolgedessen, gemessen an den Auftragseingängen bei den in derselben Branche in Deutschland tätigen Unternehmen, überdurchschnittlich. Die vorläufigen Zahlen für 1999 bestätigen, daß die Rentabilität planmäßig wiederhergestellt wird. Die Prognosen für 2000 bestätigen diese positive Entwicklung und wurden daher in die Tabelle einbezogen, wenngleich die Umstrukturierung 1999 abgeschlossen sein wird.

D.

(15) Die der Kommission von Deutschland gemeldeten staatlichen Beihilfen beliefen sich zum Zeitpunkt der Privatisierung auf 41,336 Mio. DEM. Diese Maßnahmen setzen sich wie folgt zusammen:

TABELLE C

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

(16) Die Wahl der PKA-Gruppe als Investor war das Ergebnis einer offenen, bedingungslosen Ausschreibung, die der Meistbietende davontrug. Folglich ist im Rahmen der Privatisierung kein weiteres Beihilfeelement zu untersuchen.

(17) Der Beitrag des Investors beläuft sich auf 8,5 Mio. DEM und setzt sich wie folgt zusammen:

TABELLE D

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

E.

(18) ETM ist auf dem Markt für die Projektierung und Fertigung von industriellen Entstaubungs- und Rauchgasreinigungsanlagen tätig. Der räumlich relevante Markt ist ein weltweiter Markt. [...]. Bei dem relevanten Produktmarkt handelt es sich um einen Wachstumsmarkt, auch wenn das Wachstum in bestimmten geographischen Gebieten nicht mehr so rasant wie Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre verläuft. Die Marktprognosen bleiben allerdings positiv dank der wachsenden Bedeutung von Energieeinsparungen und der in das Bewußtsein gedrungenen Notwendigkeit, die Umwelt weltweit zu schützen, wofür die immer größere Zahl an Umweltschutzvorschriften ein Beweis ist. In der Europäischen Union wird mit einem Marktwachstum in Spanien, Italien und Griechenland gerechnet. Nach Angaben Deutschlands wird mit einem zusätzlichen Wachstum in Mittel- und Osteuropa gerechnet, wo eine Annäherung an die in der Gemeinschaft geltenden Normen stattfindet.

(19) Der Markt für industrielle Entstaubungs- und Rauchgasreinigungsanlagen gehört dem größeren Markt für Umwelttechnologien an, auf dem auch die PKA-Gruppe tätig ist, insbesondere dort, wo Pyrolyse verwendet wird. Durch die Pyrolyse zur Rückgewinnung von festen Stoffen und Gas werden gegenüber anderen Verfahren die Deponieprobleme durch Reduzierung des Abfallvolumens vermindert und die Probleme im Fall der Verbrennung vermieden. Dieses Verfahren trägt zu einer Herabsetzung des CO2-Ausstoßes bei; gleichzeitig kann das bei diesem Verfahren freigesetzte Gas für die Energieerzeugung verwendet werden. Das Pyrolyse-Schwelprodukt kann für Filterzwecke verwendet und als Gas in der Energieindustrie sowie als fester Rückstand in der Bauindustrie verwandt werden. In den von der PKA-Gruppe projektierten Anlagen werden ETM-Filter verwendet. Soweit die Kommission weiß, bestehen auf diesen Märkten und auf dem allgemeinen Markt für Umwelttechnologien keine Überkapazitäten(7).

F.

(20) Wegen der Beihilfen zugunsten der SKET SMM und ihrer Tochtergesellschaften wurde das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag eingeleitet. ETM wurde in dieses Verfahren einbezogen, weil die Absicht bestand, die Anteile der ETM auf SKET SMM zu übertragen. Rechtlich hat diese Übertragung jedoch niemals stattgefunden. Bezüglich ETM bestand das Hauptproblem bei der Einleitung des Verfahrens darin, daß keine ausreichenden Informationen über die Umstrukturierung vorlagen. Nach der Privatisierung von ETM im Januar 1998 wurden in bezug auf den seinerzeit unterbreiteten Umstrukturierungsplan mehrere Probleme festgestellt. Der Eigenbeitrag des Investors schien gering, und der Gesamtbeihilfebetrag war unklar. Dank der später eingegangenen Auskünfte konnten diese Fragen geklärt werden.

III. WÜRDIGUNG DER MASSNAHMEN

A.

(21) Mehrere in der Tabelle A aufgeführte Maßnahmen fallen aus folgenden Gründen in den Anwendungsbereich des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag. ETM ist auf einem Produktmarkt tätig, der auch in anderen Mitgliedstaaten besteht. Aus diesem Grund wird der Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt. Öffentliche Finanzmaßnahmen zugunsten von Unternehmen in Schwierigkeiten stellen im allgemeinen Beihilfen dar, weil derartige Unternehmen höchstwahrscheinlich keine Finanzhilfen aus privatwirtschaftlichen Quellen erhalten würden. Beihilfen drohen als solche den Wettbewerb zu verfälschen. Die nachstehenden Maßnahmen(8) zugunsten von ETM sind daher Beihilfen im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag, die - sofern keine im EG-Vertrag vorgesehene Ausnahme zur Anwendung gelangt - mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind.

(22) Der erste Posten in der Tabelle C in Höhe von 17,442 Mio. DEM wurde vor 1996 gewährt und entspricht den Voraussetzungen des einschlägigen Treuhand-Beihilferegimes(9). Der anschließende Verzicht auf die Rückzahlung der Darlehen stellt keine zusätzliche neue Beihilfe dar, da die Darlehen und Bürgschaften, die während des Treuhand-Beihilferegimes gewährt wurden, Unternehmen mit besonderen Schwierigkeiten zugute kamen und seinerzeit damit gerechnet wurde, daß diese Unternehmen nicht zur Rückzahlung in der Lage sein würden. Es wurde davon ausgegangen, daß sich die Beihilfeintensität in diesen Fällen möglicherweise auf 100 % belaufen würde. Bei dem siebten Posten in der Tabelle C handelt es sich nicht um Beihilfen(10). Der achte Posten in der Tabelle C ist keine Beihilfe, weil keine staatlichen Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Die Investitionszulage in Höhe von 442000 DEM(11) (vierter Posten) beruht auf einer zu einem früheren Zeitpunkt von der Kommission genehmigten Regionalbeihilferegelung und braucht deswegen von ihr nicht nochmals gewürdigt zu werden. Damit ist im Rahmen dieser Entscheidung von Leistungen in Höhe von 22,752 Mio. DEM auszugehen.

(23) Nach Artikel 87 Absätze 2 und 3 EG-Vertrag können Beihilfen, die in den Anwendungsbereich des Artikels 87 Absatz 1 fallen, freigestellt werden. Die einzige Grundlage für die Freistellung der Umstrukturierungsbeihilfen an ETM, ein Unternehmen in Schwierigkeiten, ist Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c). Diese Ausnahmeregelung greift jedoch nur, wenn die Beihilfe die in den Leitlinien für die Beurteilung von staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten niedergelegten Kriterien erfuellt ("die Leitlinien")(12).

(24) Diese Leitlinien sind nicht in ihrer Fassung von 1999(13) auf die fraglichen Beihilfemaßauf die fraglichen Beihilfemaßnahmen anzuwenden, weil nach der Veröffentlichung der neuen Leitlinien keine Beihilfen mehr gewährt wurden.

(25) Die Kommission vertritt die Auffassung, daß Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige beitragen können, ohne die Handelsbedingungen in einer Weise zu verändern, die dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft, wenn die Voraussetzungen in Abschnitt 3 der Leitlinien erfuellt werden. Unter diesen Voraussetzungen wird sie derartige Beihilfen genehmigen. Liegen die Unternehmen, die gerettet oder umstrukturiert werden sollen, in Fördergebieten, so trägt die Kommission gemäß Artikel 88 Absatz 3 Buchstaben a) und c) in Übereinstimmung mit regionalpolitischen Erwägungen, wie sie in Punkt 3.2.3 der Leitlinien beschrieben sind, Rechnung.

B.

(26) Die in den Leitlinien niedergelegten Kriterien sind nur erfuellt, wenn der jeweilige Umstrukturierungsplan die langfristige Rentabilität des Unternehmens in Schwierigkeiten innerhalb eines angemessenen Zeitraums auf der Grundlage realistischer Annahmen herstellt.

(27) Wie bereits erwähnt wurde, handelt es sich bei ETM um ein Unternehmen in Schwierigkeiten(14). Deswegen kann dieses Unternehmen Umstrukturierungsbeihilfen erhalten.

(28) Die Probleme, mit denen ETM konfrontiert war und die für ihre Lösung notwendigen Maßnahmen wurden weiter oben beschrieben(15). Die vor der Privatisierung ergriffenen Maßnahmen beziehen sich auf einen Teil dieser Probleme, die Maßnahmen im Anschluß an die Privatisierung auf alle restlichen Probleme, einschließlich der Einbindung in das Mutterunternehmen. Die wirtschaftliche Leistung von ETM entspricht den zum Zeitpunkt der Privatisierung aufgestellten Zielen. Die Zusagen des Investors haben sich bereits auf die Auftragseingänge bei ETM ausgewirkt, wo Ende Januar 1999 Aufträge in Höhe von 7,8 Mio. DEM eingegangen waren, was weit über dem Durchschnitt in dieser Branche liegt. Für das Jahr 2000 erhielt ETM einen Auftrag für eine Pyrolyse-Anlage für Chile zusätzlich zu Aufträgen in Höhe von 6 bis 8 Mio. DEM. Die Wiederherstellung der Rentabilität innerhalb eines angemessenen Zeitraums erscheint demnach realistisch. Das Unternehmen erfuellt folglich dieses Kriterium.

C.

(29) Eine weitere Voraussetzung, die Umstrukturierungsbeihilfen aufgrund der Leitlinien erfuellen müssen, besteht darin, daß unzumutbare Wettbewerbsverfälschungen durch die Beihilfen vermieden werden.

(30) Nach den Leitlinien muß der Beihilfeempfänger bei strukturellen Überkapazitäten am relevanten Markt seine Produktionskapazitäten endgültig herabsetzen. Bestehen keine strukturellen Überkapazitäten, so braucht der Beihilfeempfänger seine Produktionskapazitäten zwar nicht herabzusetzen, darf diese jedoch während der Dauer der Umstrukturierung in der Regel auch nicht heraufsetzen.

(31) Wie oben bereits ausgeführt(16), bestehen, soweit der Kommission bekannt ist, am relevanten Markt, nämlich dem Markt für Umwelttechnologien, zu dem auch die Fertigung von Entstaubungs- und Rauchgasreinigungsanlagen gehört, keine strukturellen Überkapazitäten. Dieser neue Markt scheint tatsächlich ein Wachstumsmarkt zu sein. Deswegen braucht ETM ihre Produktionskapazitäten nicht endgültig zu reduzieren. Im übrigen hat ETM seit 1990 einen Teil ihrer Produktionskapazitäten außer Betrieb gesetzt.

(32) Da außerdem der größte Teil der Beihilfen schon längst gewährt wurde, kann er von dem privatisierten Unternehmen in Zukunft auch nicht zu einem aggressiven Verhalten verwendet werden. Ebenso gering ist die Gefahr einer mißbräuchlichen Verwendung der im Rahmen der Privatisierung gewährten Beihilfen in Höhe von rund 10 Mio. DEM, da diese für bestimmte in der Tabelle A aufgeführte Ausgaben zweckgebunden sind. Demnach sind unzumutbare Wettbewerbsverfälschungen vermieden worden.

(33) Der Kommission liegen keine Hinweise für Überkapazitäten vor, sei es in dem spezifischen Markt, in dem der Beihilfeempfänger ETM tätig ist, sei es in den Märkten, in denen die übrigen Mitglieder der PKA-Gruppe tätig sind.

(34) Aus diesen Gründen und unter Berücksichtigung der Tatsache, daß ETM ein KMU ist und über keinen großen Marktanteil verfügt, gelangt die Kommission zu dem Schluß, daß die Beihilfemaßnahmen zugunsten von ETM zu keinen unzumutbaren Wettbewerbsverfälschungen führen werden.

D.

(35) Eine weitere Voraussetzung, die Umstrukturierungsbeihilfen nach den Leitlinien erfuellen müssen, besteht darin, daß Umfang und Intensität der Beihilfe auf das für die Umstrukturierung notwendige Mindestmaß beschränkt sein und in einem Verhältnis zu dem aus Gemeinschaftssicht erwarteten Nutzen stehen müssen. Im übrigen wird vom Investor ein erheblicher Beitrag zur Umstrukturierung aus eigenen Mitteln verlangt.

(36) Die Umstrukturierungskosten belaufen sich auf insgesamt 49,836 Mio. DEM. Bei diesem Betrag handelt es sich, wie bereits erwähnt wurde, um ein für die Durchführung der Umstrukturierung notwendiges Mindestmaß. Rund 17,442 Mio. DEM fallen in den Anwendungsbereich des Treuhand-Beihilferegimes und werden bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit nicht berücksichtigt. Von den restlichen 32,394 Mio. DEM werden 8,5 Mio. DEM, also rund 26 %, vom Investor finanziert, was ein erheblicher Beitrag ist.

(37) Daher gelangt die Kommission zu dem Schluß, daß die von ihr anläßlich der Eröffnung des Verfahrens geäußerten Bedenken ausgeräumt worden sind und das Kriterium der Verhältnismäßigkeit der Beihilfe erfuellt wird.

E.

(38) Eine weitere Voraussetzung der Leitlinien besteht darin, daß der der Kommission unterbreitete und von ihr genehmigte Umstrukturierungsplan vollständig durchgeführt werden muß und alle in der Entscheidung der Kommission niedergelegten Auflagen erfuellt werden müssen. Anderenfalls wird die Kommission Maßnahmen zur Rückforderung der Beihilfen ergreifen, sofern sie ihre ursprüngliche Entscheidung aufgrund einer neuen Anmeldung des betreffenden Mitgliedstaats nicht ändert. Die Umstrukturierung von ETM ist praktisch abgeschlossen. Im übrigen hat Deutschland zugesagt, daß alle denkbaren Maßnahmen ergriffen werden, um zu gewährleisten, daß der Plan durchgeführt wird. Aus diesem Grund gelangt die Kommission zu dem Schluß, daß auch dieses Kriterium der Leitlinien erfuellt wird.

IV. SCHLUSSFOLGERUNG

(39) Die Kommission stellt fest, daß Deutschland die fraglichen Beihilfemaßnahmen unter Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag gewährt hat. Jedoch sind die Beihilfen, wie die Kommission weiter oben ausgeführt hat(17), insoweit sie die Leitlinien für Umstrukturierungsbeihilfen erfuellen, mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar. Die Kommission hat auch die Tatsache, daß ETM in einem Fördergebiet im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag liegt, in Betracht genommen -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Beihilfen, die Deutschland der Entstaubungstechnik Magdeburg GmbH ("ETM") gewährt hat und die Gegenstand der vorliegenden Entscheidung sind, belaufen sich auf 22,752 Mio. DEM und sind gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag und Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c) EWR-Abkommen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar Die Maßnahmen umfassen

a) einen Zuschuß der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) zum Zeitpunkt der Privatisierung (9,5 Mio. DEM);

b) Darlehen der BvS in den Jahren 1996 und 1997 (12,2 Mio. DEM);

c) einen F& E-Zuschuß der BvS (529000 DEM);

d) Investitionszuschüsse in den Jahren 1996 und 1997 (523000 DEM).

Artikel 2

Deutschland wird jährlich einen Bericht über die Durchführung des Umstrukturierungsplans unterbreiten.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

Brüssel, den 22. Dezember 1999

Für die Kommission

Mario Monti

Mitglied der Kommission

(1) ABl. C 215 vom 19.8.1995, S. 8, und ABl. C 298 vom 9.10.1996, S. 2.

(2) ABl. C 298 vom 9.10.1996, S. 2.

(3) ABl. L 314 vom 8.11.1997, S. 20.

(4) Die Pyrolyse ist ein Verbrennungsvorgang, bei dem organische Stoffe durch sehr große Wärmeeinwirkung in Abwesenheit von Sauerstoff zersetzt werden. Sie erfolgt gewöhnlich unter Druck und bei Temperaturen von über 430°. Zurückgewonnene feste Stoffe können beispielsweise im Baugewerbe und zurückgewonnene Gase zur Stromerzeugung verwendet werden.

(5) 1997 fielen z. B. in den gewöhnlichen Geschäftsbereichen Verluste von 4,9 Mio. DEM und 1996 von 7,4 Mio. DEM an.

(6) Die Tabelle enthält nur einige Schlüsseldaten; die einzelnen Spalten sind aus rechnerischer Sicht nicht vollständig.

(7) Was den Recycling- und den Umwelttechnologiemarkt im allgemeinen betrifft, siehe "Panorama der EU-Industrie 1997", Kapitel 19; der einzige voraussichtlich rückläufige Markt ist der Markt für die Behandlung von chemischen Lösungsmitteln.

(8) Siehe Erwägungsgrund 22.

(9) Was die Beihilfegewährung vor dem 31. Dezember 1994 betrifft, siehe die Entscheidungen der Kommission über die Tätigkeiten der Treuhandanstalt in den Sachen NN 108/91 und E 15/92. Bezüglich der Beihilfegewährung im Jahr 1995 siehe auch die Kommissionsentscheidung in der Sache N 768/94.

(10) In dem Beihilfefall NN 117/92 wurden die Finanzhilfen für Umweltschutzmaßnahmen, mit denen gleichzeitig Arbeitsplätze geschaffen werden sollten, von der Kommission nicht als Beihilfen im Sinne des Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag angesehen.

(11) Investitionszulagengesetz: Maßnahmen aufgrund dieses Gesetzes werden als regionale Investitionsbeihilfen nach Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag angesehen und wurden aufgrund der Ausnahme des Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag von der Kommission genehmigt (genehmigte Beihilferegelung N 494/A/95).

(12) ABl. C 368 vom 23.12. 1994.

(13) Siehe Abschnitt 7 der Leitlinien (ABl. C 288 vom 9.10.1999, S. 2).

(14) Siehe Erwägungsgrund 10.

(15) Siehe Erwägungsgrund 10.

(16) Siehe Erwägungsgrund 18.

(17) Siehe Erwägungsgründe 21 und 22.

Top