Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 31998D0455

    98/455/EG: Entscheidung der Kommission vom 3. Dezember 1997 in einem Verfahren nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (Sache Nr. IV/M.942 - VEBA/Degussa) (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1997) 3833) (Nur der deutsche Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR)

    ABl. L 201 vom 17.7.1998, p. 102–111 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1998/455/oj

    31998D0455

    98/455/EG: Entscheidung der Kommission vom 3. Dezember 1997 in einem Verfahren nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (Sache Nr. IV/M.942 - VEBA/Degussa) (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1997) 3833) (Nur der deutsche Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR)

    Amtsblatt Nr. L 201 vom 17/07/1998 S. 0102 - 0111


    ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 3. Dezember 1997 in einem Verfahren nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (Sache Nr. IV/M.942 - VEBA/Degussa) (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1997) 3833) (Nur der deutsche Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR) (98/455/EG)

    DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

    gestützt auf die Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (1), insbesondere auf Artikel 8 Absatz 2,

    gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 57,

    im Hinblick auf die Entscheidung der Kommission vom 2. September 1997 zur Einleitung des Verfahrens,

    nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (2),

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1) Am 2. Juli 1997 erhielt die Kommission gemäß Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (Fusionsverordnung) die Anmeldung eines Zusammenschlußvorhabens, wonach die VEBA AG (nachfolgend: "VEBA") beabsichtigt, die Kontrolle über die Degussa AG (nachfolgend: "Degussa") zu erwerben. Da die Anmeldung keine Angaben darüber enthielt, daß die VEBA-Tochtergesellschaft Hüls über ein Gemeinschaftsunternehmen auf einem der betroffenen Märkte, dem Markt für pyrogene Kieselsäure, tätig ist, wurde die Anmeldung am 28. Juli 1997 für unvollständig erklärt. Die Anmeldung wurde am 31. Juli 1997 vervollständigt.

    (2) Mit Entscheidung vom 22. Juli 1997 hat die Kommission die Aussetzung des Vollzugs des angemeldeten Zusammenschlusses gemäß Artikel 7 Absatz 2 und Artikel 18 Absatz 2 der Fusionsverordnung bis zum Erlaß einer endgültigen Entscheidung angeordnet.

    (3) Mit Entscheidung vom 2. September 1997 hat die Kommission gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c) der Fusionsverordnung das Verfahren eingeleitet.

    I. DIE PARTEIEN

    (4) VEBA ist im wesentlichen in den Geschäftsbereichen Strom, Chemie, Öl, Handel/Verkehr/Dienstleistungen und Telekommunikation tätig. Die Chemieaktivitäten von VEBA sind bei ihrer Tochtergesellschaft Hüls und deren Tochtergesellschaften Röhm und Servo gebündelt.

    (5) Degussa ist in den Geschäftsbereichen Chemie, Gesundheit und Ernährung sowie Edelmetallwirtschaft und Bankwesen tätig.

    II. DAS VORHABEN

    (6) VEBA beabsichtigt, sämtliche Geschäftsanteile an der GFC Gesellschaft für Chemiewerte mbH (nachfolgend: "GFC") zu erwerben. Die GFC ist Inhaberin von 33 520 000 Aktien an der Degussa. Das Grundkapital der Degussa beträgt insgesamt 460 297 500 DEM und ist eingeteilt in 92 059 500 Aktien, wobei alle Aktien gleiches Stimmrecht haben. Die GFC verfügt somit über 36,41 % der Anteile an Degussa.

    III. ZUSAMMENSCHLUSS

    (7) Das angemeldete Vorhaben stellt einen Zusammenschluß im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe b) der Fusionsverordnung dar, da VEBA die alleinige Kontrolle über Degussa zu erwerben beabsichtigt.

    (8) Die Hauptversammlungspräsenz bei Degussa lag in den vergangenen fünf Jahren unter 68 % (1993: 67,38 %, 1994: 63,49 %, 1995: 67,95 %, 1996: 66,78 %, 1997: 67,84 %). Da der Besitz von 36,41 % der Anteile somit zu einer gesicherten Hauptversammlungsmehrheit führt, hat die GFC in der Vergangenheit die Kontrolle über Degussa ausgeübt. Mit der Übernahme der GFC durch VEBA wird VEBA daher die Kontrolle über Degussa erwerben.

    (9) Mit einfacher Mehrheit der Stimmen in der Hauptversammlung kann VEBA die Mitglieder der Anteilseigner des Aufsichtsrats wählen. Der Aufsichtsrat wiederum kann mit einfacher Mehrheit den Vorstand ernennen oder abberufen. Damit ist gesichert, daß der Inhaber der einfachen Mehrheit in der Hauptversammlung die Geschäftsführung von Degussa kontrollieren kann.

    (10) VEBA wird durch den Zusammenschluß mit Abstand der größte Degussa-Anteilseigner; der nächstgrößte Aktionär verfügt nur über ca. 6,8 %, und die übrigen Anteile befinden sich in weitem Streubesitz. VEBA ist der einzige große industrielle Anteilseigner mit Markt- und Branchenkenntnissen. Der nächstgrößte Aktionär mit 6,8 % der Anteile ist eine amerikanische Familie, die über keine entsprechenden Marktkenntnisse verfügt. Die zahlreichen übrigen Anteilseigner, die jeweils minimale Beteiligungen besitzen, haben einzeln nicht die Möglichkeit, entscheidend auf die Geschäftsführung von Degussa einzuwirken und haben in der Vergangenheit auch keinen Versuch unternommen, dies gemeinsam zu tun.

    (11) Angesichts der gesicherten Hauptversammlungsmehrheit und der sonstigen Umstände kann daher davon ausgegangen werden, daß VEBA de facto die Kontrolle an Degussa erwirbt.

    IV. GEMEINSCHAFTSWEITE BEDEUTUNG

    (12) Die Unternehmen VEBA und Degussa haben zusammen einen weltweiten Gesamtumsatz von mehr als 5 Mrd. ECU (VEBA 39,04 Mrd. ECU, Degussa 7,22 Mrd. ECU). Jedes Unternehmen hat einen gemeinschaftsweiten Gesamtumsatz von mehr als 250 Mio. ECU (VEBA 32,15 Mrd. ECU, Degussa 3,59 Mrd. ECU). VEBA erzielt mehr als zwei Drittel ihres gemeinschaftsweiten Umsatzes in Deutschland. Degussa erzielt in keinem Mitgliedstaat mehr als zwei Drittel ihres gemeinschaftsweiten Umsatzes. Das Vorhaben hat folglich gemeinschaftsweite Bedeutung.

    V. BEURTEILUNG NACH ARTIKEL 2 DER FUSIONSVERORDNUNG

    (13) Die Aktivitäten von VEBA und Degussa überschneiden sich teilweise im Bereich der chemischen Produkte. Einer näheren Untersuchung bedürfen dabei die Bereiche Metylmethacrylat, Methacrylsäure, transparente Kunststoffe, PVC-Verarbeitungshilfsmittel auf Acrylatbasis, Organosilane, Siliciumtetrachlorid, pyrogene Kieselsäure, Diamine/Polyamine und Reagenzien zur Herstellung von kationischer Stärke. In allen anderen Bereichen und auch bei den sonstigen geschäftlichen Aktivitäten gibt es keine Überschneidungen, so daß in Ermangelung anderer Hinweise die bestehenden Marktpositionen durch den Zusammenschluß nicht verstärkt werden können.

    A. Sachlich relevante Märkte

    1. Methylmethacrylat

    (14) Methylmethacrylat (nachfolgend: "MMA") ist ein sogenanntes Basismonomer, das die Grundlage für einen Großteil der anderen Produkte der Methacrylchemie bildet. MMA wird in der Regel nach dem sogenannten ACH-Verfahren aus Blausäure, Methanol und Aceton hergestellt. MMA ist eine Flüssigkeit, die keine unmittelbare Anwendung als Endprodukt findet. In der Regel wird MMA im Wege der sogenannten Polymerisation weiterverarbeitet, z. B. zu Polymethylmethacrylat, einem transparenten Kunststoff. Nach Angaben von Kunden und Herstellern kann MMA nicht durch andere Produkte ersetzt werden. Die Kommission kommt deshalb zu dem Ergebnis, daß MMA einen eigenen sachlich relevanten Markt bildet.

    2. Methacrylsäure

    (15) Methacrylsäure (nachfolgend: "MAS") ist ebenfalls ein Basismonomer, das dem MMA eng verwandt ist. Auch MAS wird in der Regel nach dem ACH-Verfahren aus den gleichen Grundstoffen hergestellt, allerdings ohne Zugabe von Methanol. Auch MAS findet keine Verwendung als Endprodukt, sondern wird zu anderen Methacrylprodukten weiterverarbeitet. Ein wesentlicher Verwendungsbereich von MAS sind Lackharze und Dispersionen, die wiederum zu Anstrichen und verschiedenen Arten von Lacken weiterverarbeitet werden. MAS und MMA verleihen den Produkten, in denen sie weiterverarbeitet werden, unterschiedliche Eigenschaften und sind deshalb für die Verwender nicht austauschbar. Dies wird durch die Parteien, Wettbewerber und Kunden bestätigt. MAS bildet daher einen eigenen sachlich relevanten Markt.

    3. Transparente Kunststoffe

    (16) Transparente Kunststoffe sind formbare, transparente chemische Erzeugnisse, die durch ihre Transparenz an Glas erinnern, aber leichter, formbarer und in der Regel weniger zerbrechlich sind als Glas. Transparente Kunststoffe kommen in vielen Bereichen zum Einsatz, unter anderem als Lampenabdeckungen, im Automobilzulieferbereich, in der Werbung, als Lärmschutzwände an Autobahnen, für CD-Hüllen und andere Verpackungen.

    (17) Die wesentlichen transparenten Kunststoffe sind Polymethylmethacrylat (oder Acrylglas, nachfolgend: "PMMA"), Polycarbonat (nachfolgend: "PC"), Styrol-Acrylnitril-Polymere (nachfolgend: "SAN") und Polystyrol (nachfolgend: "PS"). Diese verschiedenen Kunststoffe unterscheiden sich in ihren Eigenschaften und im Preis. PMMA beispielsweise zeichnet sich durch besondere Witterungsbeständigkeit und hohe Transparenz aus, während PC besonders schlagfest und hitzebeständig ist. PS etwa ist weniger lichtdurchlässig als PMMA und PC, aber dafür preiswerter. PMMA wird im Wege der Polymerisation aus MMA hergestellt. Die übrigen transparenten Kunststoffe werden ebenfalls durch Polymerisation, jedoch aus anderen Grundstoffen hergestellt.

    (18) Nach Auffassung der Parteien bilden alle transparenten Kunststoffe einen einheitlichen sachlich relevanten Markt. Begründet wird dies damit, daß in vielen Anwendungsbereichen weitgehende Substitution möglich sei, so würden etwa Lampen wahlweise aus PMMA oder PC angeboten. Eventuelle Unterschiede in den Eigenschaften könnten durch Manipulationen im Herstellungsprozeß der entsprechenden Kunststoffe oder Zugabe von weiteren Stoffen abgemildert und auch im Preis ausgeglichen werden. Unter Berücksichtigung von Lebensdauer, Eigenschaften und Preis bestuenden keine wesentlichen Unterschiede zwischen den einzelnen transparenten Kunststoffen.

    (19) Die Ermittlungen der Kommission haben ergeben, daß zwar in bestimmten Bereichen Substitutionsbeziehungen bestehen, sich deren Umfang in den verschiedenen Anwendungsbereichen jedoch deutlich unterscheidet (siehe dazu auch die Entscheidung der Kommission vom 28. Juli 1992 im Fall IV/M. 160 - Elf Atochem/Rohm & Haas). Wettbewerber und Kunden haben bestätigt, daß transparente Kunststoffe nicht in allen Anwendungsbereichen austauschbar sind. Dies beruht vor allem auf den oben beschriebenen unterschiedlichen Eigenschaften der verschiedenen transparenten Kunststoffe, die sie jeweils für bestimmte Anwendungsbereiche besonders geeignet oder ungeeignet machen. Die Frage, ob jeder transparente Kunststoff einen eigenen sachlich relevanten Markt darstellt, kann jedoch letztlich offengelassen werden, da auch bei Annahme unterschiedlicher Märkte keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken bestehen.

    (20) In diesem Fall wäre nur PMMA ein betroffener Markt. VEBA/Hüls und Degussa sind zwar beide auch im Bereich PC tätig, erreichen hier jedoch zusammen keine Marktanteile über 15 %. Bei PS ist nur VEBA über Hüls aktiv (Marktanteil < 15 %), im Bereich SAN ist keiner der Anmelder tätig.

    (21) Transparente Kunststoffe werden außerdem in verschiedener Form in Handel gebracht, nämlich als sogenannte "Formmasse" und als extrudierte oder gegossene Platten. Formmasse ist ein Granulat, das durch Erhitzen und Extrudieren oder andere Verfahren weiterverarbeitet und in Form gebracht wird. Formmasse ist insofern auch eine Zwischenstufe bei der Herstellung von extrudierten Platten. Gegossene Platten werden dagegen ohne "Umweg" über die Formmasse direkt nach oder während der Polymerisation in Form gegossen.

    (22) Nach Auffassung der Parteien bilden Formmasse und extrudierte und gegossene Platten einen einheitlichen Markt. Sie begründen dies damit, daß der Vorgang der Extrusion oder des Spritzgusses keine substantielle chemische Veränderung mehr mit sich bringe. Auch bestehe kein Unterschied, z. B. hinsichtlich der Eigenschaften und des Preises, zwischen extrudierten und gegossenen Platten. Diese seien vollständig austauschbar.

    (23) Nach den Ermittlungen der Kommission sind Platten erheblich teurer als Formmasse, und die Abnehmerkreise unterscheiden sich. Die Frage, ob es sich um einen Markt oder um getrennte Märkte handelt, kann jedoch offengelassen werden, da sich die Wettbewerbsverhältnisse bei Formmasse und Platten nicht grundlegend unterscheiden (siehe dazu auch die Entscheidung der Kommission vom 28. Juli 1992 im Fall IV/M. 160 - Elf Atochem/Rohm & Haas).

    4. PVC-Verarbeitungshilfsmittel auf Acrylatbasis

    (24) Hierbei handelt es sich um Produkte, die die Verarbeitung von PVC möglich machen. Die pulverförmigen Produkte gewährleisten bei der Formgebung von PVC ein materialschonendes Durchlaufen des PVC durch die Extruderschnecke und verbessern die Oberflächenstruktur des Endprodukts. PVC-Verarbeitungsmittel werden sowohl bei der Verarbeitung von Hart-PVC als auch von Weich-PVC eingesetzt, vor allem bei der Herstellung von Folien, Flaschen und Profilen. PVC-Verarbeitungsmittel auf Acrylatbasis sind in ihrer Funktion nicht durch andere Materialien zu ersetzen und stellen einen eigenen sachlich relevanten Markt dar.

    5. Organosilane

    (25) Organosilane dienen im wesentlichen als Haftvermittler und Vernetzungsmittel in den verschiedensten Anwendungsbereichen, z. B. in Glasfasergeweben, Kleb- und Dichtungsmassen, Reifen, Farben, Lacken und Beschichtungen, die im Bautenschutz Anwendung finden. Bei Organosilanen muß zwischen drei unterschiedlichen Märkten unterschieden werden.

    (26) Organofunktionelle Silane dienen als Haftvermittler zwischen anorganischen Materialien (wie Glas, Mineralien, Metall) und organischen Polymeren (z. B. Thermoplasten), als Oberflächenmodifizierungsmittel von anorganischen und organischen Materialien und als Vernetzungsmittel für Polymere. Bei organofunktionellen Silanen muß weiterhin zwischen organofunktionellen Silanen für "Gummi-Anwendungen" (z. B. Reifenherstellung) und solchen für "Nicht-Gummi-Anwendungen" unterschieden werden. Silane für "Gummi-Anwendungen" und "Nicht-Gummi-Anwendungen" werden auch jeweils in unterschiedlichen Produktionsanlagen und nach unterschiedlichen Verfahren hergestellt. Die Ermittlungen der Kommission haben bestätigt, daß organofunktionelle Silane für "Gummi-Anwendungen" nicht durch organofunktionelle Silane für "Nicht-Gummi-Anwendungen" ersetzt werden können. Es handelt sich daher um unterschiedliche Märkte.

    (27) Die dritte Gruppe der Organosilane sind die Alkylsilane, die aufgrund ihrer wasserabweisenden Wirkung vorwiegend im Bautenschutz zur Anwendung kommen. Alkylsilane werden in anderen Produktionsanlagen hergestellt als organofunktionelle Silane. Aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften stellen diese ebenfalls einen eigenen Markt dar.

    6. Siliciumtetrachlorid

    (28) Siliciumtetrachlorid ist eine Chemikalie, die als Grundstoff für die Herstellung von pyrogener Kieselsäure, Kieselsäureestern, Lichtwellenleitern, synthetischem Quarzglas und anderen Produkten Anwendung findet. Siliciumtetrachlorid fällt gemeinsam mit Trichlorsilan (einem Grundstoff für Organosilane) bei der Hydrochlorierung von Siliciummetall an.

    (29) Herstellung und Absatz von Siliciumtetrachlorid ist stark mit der folgenden Marktstufe verknüpft. Nach Angaben der Anmelder wird Siliciumtetrachlorid von den auf der nächstfolgenden Marktstufe tätigen Unternehmen selbst hergestellt oder von den Produzenten, bei denen es im Rahmen der Hydrochlorierung von Siliciummetall anfällt, selbst weiterverarbeitet. Bei der Weiterverarbeitung von Siliciumtetrachlorid zu pyrogener Kieselsäure fallen große Mengen Salzsäure an, die wiederum zur Hydrochlorierung von Siliciummetall (dem Ausgangsprodukt) benötigt werden und an die Hersteller von Siliciumtetrachlorid zurückgeliefert werden. Diese Form der Verbundwirtschaft führt zu einem geschlossenen Kreislauf. Aufgrund seiner Gefährlichkeit ist der Transport von Siliciumtetrachlorid nur eingeschränkt möglich.

    7. Pyrogene Kieselsäure

    (30) Pyrogene Kieselsäure wird aus Siliciumtetrachlorid in Verbindung mit Sauerstoff und Wasserstoff hergestellt. Das Produkt wird als Hilfsstoff in einer Reihe verschiedener Produkte eingesetzt. Die wesentlichen Einsatzbereiche sind Elastomere (Verbesserung der mechanischen Eigenschaften von Silikonkautschuk, z. B. in Dichtungsmassen), Duroplaste (Verbesserung der Eigenschaften von ungesättigtem Polyester, Epoxidharzen und Acrylaten) und Farben und Lacke. Pyrogene Kieselsäure ist in ihrer Funktion durch andere Materialien nicht zu ersetzen und bildet einen eigenen sachlich relevanten Markt.

    8. Diamine/Polyamine

    (31) Diamine/Polyamine werden nach Angaben der Anmelder überwiegend als Härter für Epoxidharz-Systeme verwendet. Epoxidharz-Systeme finden Anwendung in Lacken, Stahl- und Betonbeschichtungen im Schiff-, Tank- und Hochbau sowie in Klebstoffen. Diamine werden auf Basis verschiedener chemischer Stoffe hergestellt. Die Parteien, die über Isophoron verfügen, stellen Isophorondiamine her, andere Chemieunternehmen beispielsweise Ethylen- oder Anilin-Diamine.

    (32) Nach Angaben der Parteien erfuellen alle Diamine/Polyamine eine identische Grundfunktion, nämlich die Vernetzung von Epoxidharzketten. Die Eigenschaften der einzelnen Diamine können sich dabei etwas unterscheiden. Die Parteien erklären, daß Diamine jedoch fast immer in Mischungen verwendet werden, wobei identische Eigenschaften durch unterschiedliche Diaminmischungen erreicht werden könnten. Da die Abmischung der Diamine von den Kunden vorgenommen werde und diese über ein umfassendes entsprechendes Know-how verfügten, seien sie ohne weiteres in der Lage, in kurzer Zeit und ohne nennenswerte Kosten auf andere Diamin-Mischungen umzustellen. Nach Auffassung der Parteien bilden Diamine/Polyamine deshalb einen einheitlichen sachlichen Markt. Die Ermittlungen der Kommission und die Angaben von Kunden und Wettbewerbern haben diese Einschätzung im wesentlichen bestätigt.

    (33) Nach den Ermittlungen der Kommission stellen auch Isophorondiamine keinen eigenständigen sachlichen Markt dar, sondern sind Teil des Gesamtmarkts für Diamine. Isophorondiamine machen mengenmäßig ca. 25 %, wertmäßig ca. 30 % des gesamten Diamin-Marktes aus. Zwar sind Isophorondiamine nach Angaben einiger Anwender nicht in allen Anwendungsbereichen beliebig austauschbar. Dies wird von den Anwendern damit begründet, daß die verwendeten Diamine die Eigenschaften des Endprodukts (Epoxidharzsysteme) beeinflussen und in bereits existierenden Produkten Isophorondiamine nur nach erneuten Tests ersetzbar sind. In bestimmten Fällen unterliege die Zusammensetzung des Endprodukts der Zulassung durch staatliche Behörden (z. B. Produkte, die in der Bauwirtschaft eingesetzt werden) oder der Zustimmung durch den Abnehmer des Endprodukts. In diesen Fällen sei der Ersatz von Isophorondiaminen erst nach Ablauf eines gewissen Zeitraums (bis zu zwei Jahren) möglich und mit gewissen Aufwendungen durch die Notwendigkeit, eine neue Abmischung zu erarbeiten und diese erneut prüfen zu lassen, verbunden. Dies betrifft jedoch nur bestehende Mischungen, nicht dagegen Mischungen, die neu entwickelt werden, da in diesen Fällen die Anwender in der Wahl der Diamine frei sind. Auch gegenwärtig sind in den wichtigsten Anwendungsbereichen Isophorondiamine kurzfristig durch andere Diamine ersetzbar. Lediglich bis zu 20 % der gegenwärtig verwandten Isophorondiamine sind in der Substituierbarkeit begrenzt. Dieser Umstand ist nicht ausreichend, um einen gesonderten Markt für Isophorondiamine anzunehmen. Die Kommission geht deshalb davon aus, daß Diamine insgesamt einen einzigen sachlich relevanten Markt bilden.

    9. Reagenzien zur Herstellung von kationischer Stärke

    (34) Native, aus Kartoffeln, Mais und Weizen gewonnene Stärke wird mit Hilfe von Reagenzien zu kationischer Stärke umgewandelt. Kationische Stärke findet in der Papierindustrie zur Masse- und Oberflächenleimung von Feinpapier, Packpapier und Wellpappe Verwendung.

    (35) Die Herstellung von Stärkereagenzien verläuft nach Angaben der Anmelder in zwei Stufen: Zunächst wird ein Reagenz hergestellt, das allein noch nicht in der Lage ist, den Kationisierungsprozeß auszulösen. Dieses "Vor-Reagenz" muß vielmehr noch durch eine Reaktion mit Natronlauge in das "Fertigreagenz" umgewandelt werden. Die meisten Hersteller bieten nur das "Vor-Reagenz" an, das im Gegensatz zum "Fertigreagenz" problemlos lager- und transportierbar ist. Aus diesem Grund stellen das Vor- und das Fertigreagenz unterschiedliche sachliche Märkte dar.

    B. Geographische Märkte

    (36) Mit Ausnahme von Siliciumtetrachlorid sind alle oben aufgeführten Produktmärkte mindestens EWR-weit. Die Ermittlungen der Kommission haben keine Anhaltspunkte für kleinere räumliche Märkte ergeben. Bei Siliciumtetrachlorid ist die in Randnummer 29 beschriebene Besonderheit der Notwendigkeit einer räumlichen Nähe zwischen Hersteller und Abnehmer zu berücksichtigen. Für pyrogene Kieselsäure geht die Kommission von einem EWR-weiten Markt aus. Da pyrogene Kieselsäure ein voluminöses Material ist, sind die Transportkosten erheblich (bis zu 8 %). Einfuhren von nichteuropäischen Herstellern spielen keine Rolle (weniger als 1 %). Alle befragten Kunden haben einheitlich erklärt, daß sie nur von europäischen Lieferanten beziehen, wobei auch die Notwendigkeit der Qualitätssicherung eine Rolle spielt. Auch für den Fall einer begrenzten, jedoch spürbaren Preiserhöhung wird ein Wechsel zu außereuropäischen Lieferanten nicht erwogen.

    C. Wettbewerbliche Beurteilung

    1. MMA

    (37) MMA wird von den Herstellern überwiegend zur eigenen Weiterverarbeitung produziert. Der freie Markt für MMA im EWR ist deshalb nicht sehr groß. Das EWR-Marktvolumen lag nach den Ermittlungen der Kommission 1996 bei ca. 85 000-90 000 Tonnen. Auf Basis der von den Parteien und ihren Wettbewerbern mitgeteilten Absatzzahlen ergibt sich folgende Marktanteilsverteilung (3):

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (38) Marktführer für MMA ist ICI, neben VEBA/Degussa bestehen weitere starke Wettbewerber. Der Zusammenschluß führt daher nicht zum Entstehen einer marktbeherrschenden Stellung.

    2. MAS

    (39) Auch MAS wird überwiegend für den eigenen Bedarf der Hersteller produziert. Der freie Markt für MAS im EWR hat nach den Ermittlungen der Kommission ein Volumen von nur ca. 20 000 Tonnen. Auf Basis der von den Parteien und ihren Wettbewerbern mitgeteilten Absatzzahlen ergibt sich folgende Marktanteilsverteilung:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (40) Marktführer für MAS ist ICI, neben VEBA/Degussa bestehen weitere starke Wettbewerber. Der Zusammenschluß führt daher nicht zum Entstehen einer marktbeherrschenden Stellung.

    3. Transparente Kunststoffe

    (41) Die Angaben der Parteien für "transparente Kunststoffe" als Gesamtmarkt ergeben ein Marktvolumen von ca. 330 000 Tonnen/1 Mrd. ECU in der Gemeinschaft. Die Marktanteile von VEBA/Röhm lägen demnach bei ca. [15-25] % (jeweils nach Menge und Wert) und von Degussa bei ca. [5-15] %, so daß sich ein gemeinsamer Marktanteil von ca. [20-35] % ergeben würde. Die Angaben sind durch die Ermittlungen der Kommission bestätigt worden. Wesentliche Wettbewerber sind BASF (Marktanteil ca. 15-25 %), Dow (ca. 10-15 %) und Elf Atochem (ca. 10-15 %).

    (42) Sollte PMMA einen eigenen Markt darstellen, so ergäbe sich ein gemeinschaftsweites Marktvolumen von ca. 220 000 Tonnen oder 600-650 Mio. ECU. In diesem Fall würden sich folgende Marktanteile ergeben:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (43) Der Zusammenschluß würde zwar dazu führen, daß VEBA/Degussa zum Marktführer für PMMA in der Gemeinschaft wird. Es gibt jedoch neben den Parteien mehrere Wettbewerber, die hinsichtlich der Rückwärtsintegration und der Finanzkraft mit VEBA/Degussa vergleichbar sind. Der bisherige Marktführer AtoHaas verfügt außerdem über einen Marktanteil, der nicht sehr viel niedriger als der der Parteien ist. Weiterhin ist PMMA zumindest in Teilbereichen durch andere transparente Kunststoffe substituierbar, was einen bestimmten Wettbewerbsdruck bedeutet. Der Zusammenschluß würde daher auch bei Annahme eines eigenständigen Marktes für PMMA nicht zu dem Entstehen einer marktbeherrschenden Stellung führen.

    (44) Der Zusammenschluß würde auch nicht zur Entstehung eines marktbeherrschenden Oligopols von VEBA/Degussa und AtoHaas für PMMA führen. Zwar erreichen VEBA/Degussa und AtoHaas nach dem Zusammenschluß addierte Marktanteile von über 55 %. Jedoch ist der Markt wenig transparent. PMMA wird in zahlreichen unterschiedlichen Formen und Qualitäten hergestellt und verkauft. Produktqualität und Service sind nach den Ermittlungen der Kommission für zahlreiche Kunden mindestens so wichtig wie der Preis. Die Marktzutrittsschranken sind niedrig. Dies wird belegt durch den erfolgreichen Markteintritt osteuropäischer (insbesondere Agrobiochim, Bulgarien) und ostasiatischer (insbesondere Chimei Corp., Taiwan, und Lucky, Südkorea) Hersteller in den letzten fünf Jahren. Aus diesen Gründen ist nicht zu erwarten, daß der Zusammenschluß zur Entstehung eines marktbeherrschenden Oligopols für PMMA führen wird.

    4. PVC-Verarbeitungshilfsmittel auf Acrylat-Basis

    (45) Der Markt für PVC-Verarbeitungshilfsmittel auf Acrylat-Basis hat EWR-weit ein Volumen von nur ca. 30 000 Tonnen mit einem Wert von deutlich unter 100 Mio. ECU. Die Parteien werden nach den Ermittlungen der Kommission durch den Zusammenschluß einen gemeinsamen Marktanteil von ca. [15-30] % erreichen (VEBA [0-10] %, Degussa ca. [15-25] %). Eindeutiger Marktführer ist Rohm & Haas mit einem Marktanteil von [55-70] %. Einziger weiterer Wettbewerber mit einem Marktanteil über 10 % ist Kaneka (ca. [10-15] %). Der Zusammenschluß führt daher nicht zu dem Entstehen einer marktbeherrschenden Stellung der Parteien. Die durch den Zusammenschluß kaum veränderte Marktstruktur läßt auch nicht erwarten, daß der Zusammenschluß zur Entstehung oder Verstärkung einer gemeinsamen marktbeherrschenden Stellung der Parteien und Rohm & Haas führen wird.

    5. Organosilane

    (46) Hüls ist bei organofunktionellen Silanen nur im Bereich der "Nicht-Gummi-Anwendungen" tätig und hat dabei einen gemeinschaftsweiten Marktanteil von [40-50] %, während Degussa hier praktisch nicht tätig ist (Marktanteil < l %).

    (47) Degussa ist demgegenüber bei den Gummi-Anwendungen stark. Für die hier verwendeten schwefelfunktionellen Silane hatte Degussa bis 1990 Patentschutz und hält nach wie vor einen Marktanteil von [> 75] %. Hüls ist in diesem Bereich nicht aktiv. Wesentlicher Wettbewerber für "Gummi-Anwendungen" ist nach Angaben der Parteien, die von Abnehmern bestätigt werden, Witco/Osi (Marktanteil ca. 18 %). Witco bietet erst seit 1996 schwefelfunktionelle Silane an.

    (48) Da die Parteien jeweils nur in einem Markt tätig sind, führt der Zusammenschluß nicht zur Addition von Marktanteilen. Angesichts der unterschiedlichen Abnehmerkreise kann auch nicht von einem "Portfolio-Effekt" gesprochen werden.

    (49) Für den Markt der Alkylsilane gilt, daß die addierten Marktanteile der Parteien kleiner als 15 % sind. Eindeutiger Marktführer (Marktanteil ca. 50-60 %) ist Wacker. Der Zusammenschluß führt daher nicht zum Entstehen einer marktbeherrschenden Stellung.

    6. Siliciumtetrachlorid

    (50) Degussa verwendet seine gesamte Produktion von Siliciumtetrachlorid in Antwerpen als Ausgangsmaterial für die Herstellung von pyrogener Kieselsäure. VEBA/Hüls beliefert im wesentlichen Cabot-Hüls und Degussa im Rahmen von Verbundsystemen bei der Herstellung von pyrogener Kieselsäure. Als weitere Produzenten von Siliciumtetrachlorid sind Wacker zur Weiterverarbeitung zu pyrogener Kieselsäure und Dow im Rahmen eines Verbundsystems bei der Herstellung pyrogener Kieselsäure tätig. Da der geographische Markt angesichts der eingeschränkten Transportierbarkeit auf den jeweiligen Herstellungsort begrenzt ist, führt der Zusammenschluß nicht zur Addition von Marktanteilen.

    7. Pyrogene Kieselsäure

    (51) Pyrogene Kieselsäure wird in der Regel in einem geschlossenen Kreislauf hergestellt, in dem der Lieferant des Vormaterials (Siliciumtetrachlorid bzw. Trichlorsilan) die bei der Herstellung von pyrogener Kieselsäure anfallende Salzsäure zurücknimmt. Der Vorlieferant benötigt die Salzsäure für die Herstellung der Vormaterialien (die Hydrochlorierung von Siliciummetall). Dieser Umstand macht entweder eine enge Zusammenarbeit mit einem anderen Unternehmen oder die Integration auf der Vorstufe notwendig.

    (52) Sowohl im EWR als auch weltweit ist der Markt für pyrogene Kieselsäure hoch konzentriert. Es gibt in Europa drei Hersteller, Degussa, Cabot und Wacker. In den USA wird pyrogene Kieselsäure durch Cabot und Degussa, in Japan durch Tokuyama Soda und Nippon Aerosil (einem Gemeinschaftsunternehmen von Degussa und Mitsubishi) produziert. Andere Hersteller, so etwa Oriana in der Ukraine, haben keine große Bedeutung. Der Umsatz mit pyrogener Kieselsäure im EWR liegt bei ca. 160 Mio. ECU. Nach den Ermittlungen der Kommission hat Degussa im Gemeinsamen Markt einen Marktanteil von ca. [50-60] %, Wacker [15-25] % und Cabot [25-35] %.

    (53) Degussa hat Produktionsanlagen in Rheinfelden und in Antwerpen. Hinsichtlich der Vorprodukte ist Degussa in Antwerpen integriert, nach der Übernahme durch Hüls wird Degussa auch in Rheinfelden integriert sein. Wacker hat Produktionsanlagen in Burghausen und Kempten und ist hinsichtlich der Vorprodukte integriert. Cabot hat eine Produktionsanlage in Barry (Wales), wo die Vorprodukte von Dow Corning geliefert werden.

    (54) In Rheinfelden produziert Cabot in einem Gemeinschaftsunternehmen mit Hüls, der Cabot Hüls GmbH, pyrogene Kieselsäure. Die Vorprodukte werden durch Hüls geliefert, Hüls nimmt von dem Gemeinschaftsunternehmen auch die bei der Produktion anfallende Salzsäure ab. Hüls erbringt weiterhin eine Vielzahl anderer Dienstleistungen wie Entsorgung, Werkschutz und Betriebsfeuerwehr. Nach dem "Joint venture agreement" haben Cabot und Hüls gleiche Stimmrechte. Die Gesellschafterversammlung entscheidet einstimmig über Grundstücksverträge, längerfristige Mietverträge, Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen, Vereinbarungen über gewerbliche Schutzrechte, das Budget, Kreditaufnahme sowie über Vereinbarungen über die Lieferung oder den Verkauf der von Cabot-Hüls hergestellten Produkte. Hüls und Cabot ernennen jeweils einen Geschäftsführer, die jeweils für getrennte Aufgabenbereiche zuständig sind, wobei der von Hüls ernannte Geschäftsführer dem Geschäftsführer von Cabot berichtet. Gewinn und Verlust des Gemeinschaftsunternehmens werden von Hüls und Cabot jeweils gemeinsam aufgeteilt bzw. getragen. Nach einem zwischen Cabot-Hüls und Cabot geschlossenen Liefervertrag ist Cabot-Hüls verpflichtet, Mindestmengen pyrogener Kieselsäure an Cabot zu liefern, wobei in der Praxis die gesamte Produktion von Cabot-Hüls an Cabot verkauft wird. Der Preis der von dem Gemeinschaftsunternehmen gelieferten pyrogenen Kieselsäure ist von dem von Cabot insgesamt erzielten Verkaufspreis für pyrogene Kieselsäure abhängig.

    (55) Da VEBA durch die Beteiligung an dem Gemeinschaftsunternehmen Cabot-Hüls an einer der zwei Produktionsstätten des wichtigsten Wettbewerbers von Degussa in Europa beteiligt ist, würde der Zusammenschluß nach der Übernahme von Degussa durch VEBA zur Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung von VEBA/Degussa auf dem Markt für pyrogene Kieselsäure führen. Degussa ist eindeutiger Marktführer in Europa mit einem Marktanteil von 50-60 %. Als Folge des von Cabot und VEBA betriebenen Gemeinschaftsunternehmens würde zwischen ihnen eine strukturelle Verbindung bestehen, die die Stellung von Cabot als unabhängiger Wettbewerber deutlich schwächen würde. Aufgrund der vertraglichen Beziehungen zwischen VEBA und Cabot-Hüls wäre VEBA/Degussa genau über das Preisverhalten von Cabot auf dem Markt für pyrogene Kieselsäure informiert und könnte sein Preisverhalten entsprechend anpassen. Die bereits durch die Homogenität des Produkts bedingte Markttransparenz würde durch den Zusammenschluß wesentlich erhöht. Auch der Umstand, daß VEBA über die Gewinnabführungsregelung des Cabot Hüls-Gemeinschaftsunternehmens unmittelbar von einem höheren Preisniveau seitens Cabot profitiert, würde Preiswettbewerb zwischen Cabot und VEBA/Degussa entgegenstehen. Die Marktstellung des verbleibenden Wettbewerbers Wacker würde nicht mehr ausreichen, um wirksamen Wettbewerbsdruck zu erzeugen und zu verhindern, daß VEBA/Degussa sich unabhängig von Kunden und Wettbewerbern auf dem Markt bewegen könnte. Die Abnehmer von pyrogener Kieselsäure haben sich daher überwiegend kritisch gegenüber dem Zusammenschluß von VEBA und Degussa geäußert, solange VEBA weiterhin mit einem wesentlichen Wettbewerber in einem Gemeinschaftsunternehmen verbunden sei. Weiterhin sind dem Eintritt neuer Wettbewerber in den Markt erhebliche Schranken gesetzt, da die Investitionen zur Errichtung einer Produktionsanlage für pyrogene Kieselsäure sehr hoch sind und produktionsspezifisch die Notwendigkeit gegeben ist, die Versorgung mit Rohstoffen und die Entsorgung der Salzsäure sicherzustellen. In den letzten fünf Jahren ist kein neuer Wettbewerber in den Markt eingetreten.

    (56) VEBA hat zur Beseitigung der Bedenken der Kommission zugesagt, seine Beteiligung an der Cabot Hüls GmbH bis spätestens [ . . . ] an einen Erwerber zu veräußern, der weder ein VEBA- noch ein Degussa-Konzernunternehmen ist oder an dem VEBA bzw. Degussa kapitalmäßig beteiligt sind oder mit dem relevante personelle Verflechtungen bestehen. Falls bis zu diesem Termin eine Veräußerung nicht erfolgt, wird VEBA sämtliche Stimm- und Verwaltungsrechte auf einen neutralen und weisungsunabhängigen Treuhänder übertragen. Die Kommission muß der Ernennung des Treuhänders zustimmen. Der Treuhänder erhält den unwiderruflichen Auftrag, die VEBA zustehenden Geschäftsanteile bis spätestens [. . .] an einen Erwerber zu veräußern, der weder ein VEBA- noch ein Degussa-Konzernunternehmen ist oder an dem VEBA bzw. Degussa kapitalmäßig beteiligt sind oder mit dem relevante personelle Verflechtungen bestehen.

    (57) Die Kommission ist der Auffassung, daß durch die Zusage der gesellschaftsrechtlichen Trennung von VEBA und dem Gemeinschaftsunternehmen Cabot-Hüls das Entstehen einer marktbeherrschenden Stellung von VEBA/Degussa vermieden wird. Cabot bleibt damit als ein von VEBA/Degussa unabhängiger Wettbewerber erhalten. Diese Einschätzung wird auch von den Abnehmern, die sich kritisch gegenüber dem Zusammenschluß gezeigt hatten, geteilt.

    (58) Der Umstand, daß Cabot weiterhin von Hüls mit Rohstoffen (Siliciumtetrachlorid und Trichlorsilan) versorgt wird sowie Hüls mit der bei der Produktion anfallenden Salzsäure beliefert, bietet keinen Anlaß für die Annahme, daß die Unternehmen nicht als Wettbewerber auf dem Markt auftreten würden. Die gegenseitige Belieferung ergibt sich aus dem von den Parteien geschilderten, produktionsspezifisch erforderlichen geschlossenen Kreislauf. Sie ist auch notwendig, damit Cabot weiterhin als unabhängiger Wettbewerber auf dem Markt bestehen kann. Die Kommission geht daher davon aus, daß Hüls auch in Zukunft Cabot mit Rohstoffen beliefern wird. Die Kommission ist darüber informiert, daß ein Lieferabkommen abgeschlossen werden wird, das die fortlaufende Wettbewerbsfähigkeit der Produktionsanlagen ermöglicht. Der Umstand, das Hüls bereits in der Vergangenheit sowohl das Gemeinschaftsunternehmen Cabot-Hüls als auch Degussa mit Rohstoffen versorgt hatte, hatte nach den Ermittlungen der Kommission nicht dazu geführt, daß Cabot und Degussa sich nicht unabhängig auf dem Markt verhielten. Des weiteren ist Cabot nicht einseitig von Hüls abhängig, da Hüls gleichzeitig von der Belieferung mit Salzsäure durch Cabot abhängig ist. Überdies ist Cabot in seinem zweiten Werk in Barry/Wales von der Belieferung durch Hüls unabhängig.

    (59) Um es der Kommission zu ermöglichen, die Einhaltung der Zusage zu überwachen, wird VEBA auferlegt, zu Beginn eines jeden Monats der Kommission über die Maßnahmen zur Umsetzung der Zusage zu berichten.

    8. Diamine/Polyamine

    (60) Das Marktvolumen für Diamine/Polyamine insgesamt liegt gemeinschaftsweit nach Angaben der Parteien bei ca. 31 800 Tonnen bzw. ca. 116 Mio. ECU. Die Marktanteile verteilen sich etwa folgendermaßen:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (61) Auf dem Markt für Diamine/Polyamine führt der Zusammenschluß nicht zu dem Entstehen einer marktbeherrschenden Stellung. Neben den starken Wettbewerbern BASF und Bayer bestehen noch weitere kleinere Anbieter. Anhaltspunkte für ein marktbeherrschendes Oligopol zwischen den Parteien und BASF/Bayer bestehen nicht. Diamine sind keine homogenen Produkte, vielmehr bietet jeder der führenden Hersteller eine unterschiedliche Produktpalette an, jeweils basierend auf unterschiedlichen chemischen Grundprodukten. Auch die Preise verschiedener Diaurin-Arten unterscheiden sich.

    9. Reagenzien zur Herstellung von kationischer Stärke

    (62) Dieser Markt ist klein (Marktvolumen EWR-weit einschließlich "captive use" und Fertigreagenz 25 000-30 000 Tonnen, ohne "captive use" und Fertigreagenz ca. 10 000-15 000 Tonnen). Die Marktanteile verteilen sich etwa folgendermaßen:

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    (63) Daneben bestehen noch weitere (kleinere) Anbieter von Stärkereagenzien. Zwei Hersteller (Raisio und Roquette) produzieren Reagenzien zur Herstellung von kationischer Stärke überwiegend oder ausschließlich für den Eigenbedarf. Es ist jedoch denkbar, daß sie die Produktion für den Verkauf an Dritte verstärken bzw. aufnehmen, wenn die Marktbedingungen attraktiv genug erscheinen. Außerdem ist das amerikanische Unternehmen Dow seit 1995 neu in den Markt eingetreten (mit derzeit noch geringem, aber steigendem Marktanteil). Der Zusammenschluß führt daher weder zur Entstehung einer Einzelmarktbeherrschung noch einer oligopolistischen Marktbeherrschung.

    (64) Für das Fertigreagenz kommt es zu keinen Marktanteilsadditionen und damit zu keiner Verstärkung der Marktposition von Degussa, da Hüls/Servo in diesem Bereich nicht tätig ist.

    VI. ERGEBNIS

    (65) Aus den vorstehenden Gründen ist davon auszugehen, daß unter der Bedingung der Einhaltung der von VEBA abgegebenen und in Randnummer 56 wiedergegebenen Zusage der Zusammenschluß nicht zur Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung führt, durch die wirksamer Wettbewerb in einem wesentlichen Teil der Gemeinschaft erheblich behindert würde. Um es der Kommission zu ermöglichen, die Einhaltung der Bedingung zu überwachen, ist es notwendig, VEBA die Auflage zu erteilen, über die Einhaltung der Bedingung zu berichten. Der Zusammenschluß ist daher gemäß Artikel 2 Absatz 2 der Fusionsverordnung und Artikel 57 des EWR-Abkommens für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt und mit dem EWR-Abkommen zu erklären -

    HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

    Artikel 1

    Der Zusammenschluß zwischen der VEBA AG und der Degussa AG wird unter der Bedingung gemäß Artikel 2 mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen für vereinbar erklärt.

    Artikel 2

    Diese Entscheidung wird mit der Bedingung verbunden, daß die VEBA AG folgende Zusagen einhält:

    a) Die Beteiligung der VEBA AG an der Cabot Hüls GmbH wird bis spätestens [ . . . ] an einen Erwerber veräußert, der weder ein Konzernunternehmen der VEBA AG noch der Degussa AG ist oder an dem die VEBA AG und/oder Degussa AG kapitalmäßig beteiligt sind oder mit dem relevante personelle Verflechtungen bestehen.

    b) Erfolgt die in Buchstabe a) genannte Veräußerung nicht bis zu dem dort genannten Termin, wird die VEBA AG sämtliche Stimm- und Verwaltungsrechte auf einen neutralen und weisungsunabhängigen Treuhänder übertragen. Die Kommission muß der Ernennung des Treuhänders zustimmen.

    c) Der Treuhänder erhält den unwiderruflichen Auftrag, die der VEBA AG zustehenden Geschäftsanteile bis spätestens [ . . . ] an einen Erwerber zu veräußern, der weder ein Konzernunternehmen der VEBA AG noch der Degussa AG ist oder an dem die VEBA AG und/oder die Degussa AG kapitalmäßig beteiligt sind oder mit dem relevante personelle Verflechtungen bestehen.

    Artikel 3

    Der VEBA AG wird die Auflage erteilt, der Kommission zu Beginn eines jeden Monats über die Maßnahmen zur Einhaltung der Bedingung gemäß Artikel 2 zu berichten.

    Artikel 4

    Diese Entscheidung ist gerichtet an: VEBA AG, Bennigsenplatz 1, D-40474 Düsseldorf.

    Brüssel, den 3. Dezember 1997

    Für die Kommission

    Karel VAN MIERT

    Mitglied der Kommission

    (1) ABl. L 395 vom 30. 12. 1989, S. 1 (Berichtigung: ABl. L 257 vom 21. 9. 1990, S. 13).

    (2) ABl. C 224 vom 17. 7. 1998.

    (3) In der veröffentlichten Fassung dieser Entscheidung werden einige Informationen gemäß Artikel 17 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 als Berufsgeheimnisse ausgelassen oder durch Spannen ersetzt.

    Top