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Dokument 52016PC0109

Vorschlag für einen BESCHLUSS DES RATES über den Abschluss des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt durch die Europäische Union

COM/2016/0109 final - 2016/062 (NLE)

Brüssel, den 4.3.2016

COM(2016) 109 final

2016/0062(NLE)

Vorschlag für einen

BESCHLUSS DES RATES

über den Abschluss des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt durch die Europäische Union


BEGRÜNDUNG

1.KONTEXT DES VORSCHLAGS

1.1 Hintergrund

Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen Nr. 210) (im Folgenden „das Übereinkommen“) wurde am 7. April 2011 vom Ministerkomitee des Europarats verabschiedet. Am 11. Mai 2011 wurde das Übereinkommen zur Unterzeichnung aufgelegt. Gemäß Artikel 75 des Übereinkommens liegt das Übereinkommen für die Mitgliedstaaten des Europarats, die an der Ausarbeitung des Übereinkommens beteiligten Staaten, die nicht Mitglied des Europarats sind, und die Europäische Union zur Unterzeichnung und zur Genehmigung auf. Andere Staaten, die nicht Mitglied des Europarats sind, können dem Übereinkommen gemäß den Bedingungen nach Artikel 76 beitreten. Das Übereinkommen wurde in sechs Sitzungen eines speziellen Ad-hoc-Ausschusses in der Zeit zwischen Dezember 2009 und Dezember 2010 ausgehandelt. Die Europäische Union und die Mitgliedstaaten waren an diesen Sitzungen als Beobachter beteiligt. Nach der zehnten Ratifizierung durch einen Mitgliedstaat des Europarats trat das Übereinkommen am 1. August 2014 in Kraft. Am 1. Februar 2016 hatten zwölf EU-Mitgliedstaaten das Übereinkommen ratifiziert, und fünfundzwanzig Mitgliedstaaten hatten das Übereinkommen unterzeichnet.

Gemäß dem Beschluss (XXX) des Rates vom [….] 1 wurde das Übereinkommen – vorbehaltlich seines Abschlusses zu einem späteren Zeitpunkt – im Namen der Europäischen Union unterzeichnet.

Gewalt gegen Frauen ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte und stellt eine extreme Form der Diskriminierung dar, die auf fest verankerten geschlechtsspezifischen Ungleichheiten beruht und zu deren Erhaltung und Stärkung beiträgt. Die Gleichstellung von Frauen und Männern als Grundwert und Ziel der Europäischen Union ist in den Verträgen (Artikel 2 und 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV), Artikel 8 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Artikel 23) verankert. Die Charta erkennt darüber hinaus das Recht auf Menschenwürde, das Recht auf Leben und das Recht auf Unversehrtheit der Person an und verbietet unmenschliche oder erniedrigende Behandlung sowie alle Formen der Sklaverei und der Zwangsarbeit (Art. 1 bis 5 der Charta). Der Schutz der Frauen vor Gewalt ist auch Teil der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, dessen Vertragspartei die EU und ihre Mitgliedstaaten sind 2 . Der Ausschuss der Vereinten Nationen, der die Überwachung der Durchführung dieses Übereinkommens überwacht, hat der EU die Ratifizierung des Übereinkommens als einen Schritt zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen mit Behinderungen empfohlen 3 .

Die EU tritt allgemein nachdrücklich für die Bekämpfung von Gewalt ein, und zwar nicht nur innerhalb der EU, sondern auch im Rahmen ihrer internationalen Initiativen 4 .

Die EU vertritt konsequent ihren Standpunkt, dass Gewalt gegen Frauen bekämpft und beseitigt werden muss 5 . Durch die Finanzierung von Kampagnen und Projekten an der Basis hat sie bereits zahlreiche konkrete Maßnahmen in diesem Sinne ergriffen. Die geltenden Rechtsvorschriften im Bereich des Schutzes der Opfer von Straftaten, sexueller Ausbeutung und sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie im Bereich Asyl und Migration tragen den Bedürfnissen der Opfer geschlechtsbezogener Gewalt in besonderem Maße Rechnung.

Trotz der Bemühungen auf nationaler und auf EU-Ebene gibt das Ausmaß der Gewalt gegen Frauen nach wie vor Anlass zu ernster Besorgnis: Laut einer 2014 veröffentlichten Umfrage der Grundrechteagentur 6  ist eine von drei Frauen in der EU seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr physischer und/oder sexueller Gewalt ausgesetzt; eine von zwanzig Frauen wurde vergewaltigt, 75 % der Frauen in qualifizierten Berufen oder in Führungspositionen wurden sexuell belästigt, und jede zehnte Frau war sexueller Belästigung oder Stalking mit Hilfe der neuen Technologien ausgesetzt.

Geschlechtsbezogene Gewalt wirkt sich nicht nur auf die Gesundheit und das Wohlbefinden aus, sondern auch auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen, was wiederum negative Auswirkungen auf deren wirtschaftliche Unabhängigkeit und die Wirtschaft im Allgemeinen hat. Erkenntnissen des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen zufolge verursacht geschlechtsbezogene Gewalt gegen Frauen EU-weit Kosten in Höhe von schätzungsweise 226 Milliarden EUR jährlich 7 .

1.2 Ziel und Inhalt des Übereinkommens

In Kapitel I des Übereinkommens ist ausgeführt, dass dieses einen umfassenden Rechtsrahmen bildet, der Frauen und Mädchen vor allen Formen von Gewalt schützen und gegen sie gerichtete Gewalttaten, einschließlich häusliche Gewalt, verhüten, verfolgen und beseitigen soll. Das Übereinkommen umfasst ein breites Spektrum an Maßnahmen, die von der Datenerhebung über die Sensibilisierung bis hin zu Maßnahmen zur strafrechtlichen Verfolgung der verschiedenen Formen der Gewalt gegen Frauen reichen. Es umfasst Maßnahmen zum Schutz der Opfer und zur Bereitstellung von Hilfsdiensten und befasst sich mit der geschlechtsspezifischen Gewalt im Bereich Asyl und Migration ebenso wie mit grenzüberschreitenden Aspekten. Mit dem Übereinkommen wird ein besonderer Überwachungsmechanismus eingeführt, der die effektive Durchführung seiner Bestimmungen durch die Vertragsparteien sicherstellen soll.

Das Übereinkommen enthält eine Begriffsbestimmung der wichtigsten im Text verwendeten Termini. Die Definition von Frauen wird auf Mädchen unter 18 Jahren erweitert. Die Vertragsparteien sind verpflichtet, alle Formen der Diskriminierung zu verurteilen, indem sie die Einhaltung des Grundsatzes der Gleichheit von Männern und Frauen in ihren Rechtsordnungen sicherstellen; es wird präzisiert, dass der Rückgriff auf positive Maßnahmen möglich ist. Als Instrument zur Wahrung der Menschenrechte verpflichtet das Übereinkommen alle Vertragsparteien, dafür zu sorgen, dass im Auftrag des Staates handelnde Personen jede Beteiligung an Gewalttaten gegen Frauen unterlassen. Ferner müssen die Vertragsparteien die gebotene Sorgfalt walten lassen, um ihrer Pflicht zur Verhütung, Untersuchung und Bestrafung von in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Gewalttaten, die von Personen, die nicht im Auftrag des Staates handeln, begangen wurden, und zur Bereitstellung von Entschädigung für solche Gewalttaten nachzukommen. Das Übereinkommen findet ausdrücklich sowohl in Friedenszeiten als auch in Situationen bewaffneter Konflikte Anwendung. Zwar legt das Übereinkommen nur in Bezug auf Frauen verbindliche Verpflichtungen fest, doch sind die Vertragsparteien angehalten, das Übereinkommen auf alle Opfer von häuslicher Gewalt, d. h. auch auf Männer und Jungen, anzuwenden.

In Kapitel II wird das „drei P-Konzept“ Prevention (Prävention), Protection (Schutz) und Prosecution (Strafverfolgung)  der jüngsten Übereinkünfte des Europarats um die Verpflichtung, integrierte Strategien einzuführen 8 und ganzheitlich auf dieses Phänomen zu reagieren, ergänzt. Es wird anerkannt, dass rechtliche Maßnahmen im Rahmen des „drei P-Konzepts“ allein nicht ausreichen werden, um die Gewalt gegen Frauen zu beseitigen. Das hat zur Folge, dass die Vertragsparteien die Rechte der Opfer in den Mittelpunkt sämtlicher Maßnahmen stellen und die wirksame Zusammenarbeit zwischen allen einschlägigen Akteuren (d. h. den Behörden, Einrichtungen und Organisationen) auf allen Ebenen (d. h. auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene) gewährleisten müssen. Nichtregierungsorganisationen und die Zivilgesellschaft müssen als wichtige Akteure anerkannt werden, deren Tätigkeit von den Vertragsparteien zu fördern und zu unterstützen ist. Die Vertragsparteien müssen angemessene finanzielle und personelle Mittel für die Umsetzung integrierter Strategien, Maßnahmen und Programme zur Bekämpfung und Verhütung von Gewalt, einschließlich der von nichtstaatlichen Akteuren durchgeführten Maßnahmen, bereitstellen. Darüber hinaus erkennt das Übereinkommen die Bedeutung einer systematischen und angemessenen Datenerhebung für die Politikgestaltung und die Überwachung der Maßnahmen des Aufsichtsmechanismus auf der Grundlage aussagekräftiger und vergleichbarer Daten an.

Eine zentrale Bestimmung betrifft die Ernennung und gegebenenfalls die Einrichtung einer oder mehrerer Stellen, die für die Koordinierung, Durchführung, Überwachung und Bewertung von Strategien und Maßnahmen, einschließlich der Koordinierung der Datenerhebung, -analyse und -verbreitung, zuständig ist bzw. sind.

In Kapitel III sind die Verpflichtungen der Vertragsparteien im Bereich der Prävention dargelegt. Im Einklang mit dem umfassenden Charakter des Übereinkommens sind die Vertragsparteien verpflichtet, einen breit gefächerten Ansatz, einschließlich bewusstseinsbildender Maßnahmen, der Einbeziehung der Geschlechtergleichstellung und des Themas Gewalt in der formalen Bildung auf allen Ebenen durch geeignete Unterrichtsmaterialien und Lehrpläne zu verfolgen und die Förderung der Gewaltlosigkeit und der Gleichstellung der Geschlechter auch auf außerschulische Bildungsstätten wie Sport-, Kultur- und Freizeiteinrichtungen und auf die Medien zu erweitern. Die Vertragsparteien müssen sicherstellen, dass für Fachleute, die mit Opfern und Tätern zu tun haben, geeignete Aus- und Fortbildungsmaßnahmen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus müssen Unterstützungs- und Behandlungsprogramme für Täter geschaffen werden. Die Medien und die Informations- und Kommunikationstechnologie-Branche müssen aufgefordert werden, an der Ausarbeitung von Maßnahmen und Normen der Selbstregulierung mitzuwirken.

Kapitel IV des Übereinkommens enthält die allgemeinen Grundsätze in Bezug auf die Art der Informationen, der Hilfsdienste und der Schutzmaßnahmen, die für Opfer und Zeugen von Gewalt bereitzustellen sind. Es enthält eine Liste von Bereichen, in denen die Vertragsparteien die Durchführung einschlägiger Maßnahmen gewährleisten müssen. Dazu zählen die Bereitstellung allgemeiner Hilfsdienste (wie juristische und psychologische Beratung) und spezialisierter Hilfsdienste, einschließlich Schutzunterkünften, kostenfreier und ständig erreichbarer Telefonhotlines, spezifischer medizinischer und forensischer Unterstützung der Opfer von sexueller Gewalt und der Berücksichtigung der Bedürfnisse von Kindern, die Zeugen von Gewalt geworden sind. Die Vertragsparteien müssen die erforderlichen Maßnahmen treffen, um alle Personen, die Zeugen einer Gewalttat geworden sind oder die Gründe für die Annahme haben, dass eine solche Tat begangen werden könnte oder weitere Gewalttaten zu erwarten sind, zu ermutigen, dies den zuständigen Organisationen oder Behörden zu melden. Ferner muss festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen die Meldung von Gewalttaten oder zu erwartender Gewalttaten durch Angehörige bestimmter Berufsgruppen nicht gegen die für sie geltenden Vertraulichkeitsvorschriften verstößt.

In Kapitel V, das dem materiellen Recht gewidmet ist, sind die strafbaren Formen von Gewalt festgelegt. Die Vertragsparteien werden aufgefordert, eine Reihe von Straftaten in ihr Strafrecht aufzunehmen. Hierzu gehören psychische Gewalt durch Drohungen oder Zwang, Stalking 9 , physische Gewalt, sexuelle Gewalt und Vergewaltigung, Zwangsehe, Verstümmelung weiblicher Genitalien, Zwangsabtreibung/Zwangssterilisation und sexuelle Belästigung. Die Vertragsparteien müssen Maßnahmen ergreifen, um ausschließen zu können, dass diese Straftaten mit einer Wiederherstellung der „Ehre“ gerechtfertigt werden können. Das Übereinkommen verpflichtet die Vertragsparteien, die Beihilfe oder Anstiftung zur Begehung von Straftaten und den Versuch der Begehung von Straftaten unter Strafe zu stellen und für angemessene und abschreckende Sanktionen zu sorgen. Rechtskräftigen Urteilen einer anderen Partei kann bei der Festlegung des Strafmaßes Rechnung getragen werden. Bestimmte erschwerende Umstände müssen in Einklang mit dem Übereinkommen in den nationalen Rechtsordnungen vorgesehen werden. Das Übereinkommen verpflichtet die Vertragsparteien ferner dafür sorgen dass angemessene zivilrechtliche Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen und Entschädigungen seitens der Täter sowie ergänzende staatliche Entschädigungen 10 für Opfer der genannten Straftaten gewährleistet sind. Gewalttätige Vorfälle sind bei Entscheidungen über das Besuchs- und Sorgerecht betreffend Kinder und die Sicherheit der Kinder zu berücksichtigen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht verpflichtet das Übereinkommen die Vertragsparteien, ihre Gerichtsbarkeit über in ihrem Hoheitsgebiet von einem ihrer Staatsangehörigen oder einer Person, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet hat, begangene Straftaten zu begründen, und sich zu bemühen, ihre Gerichtsbarkeit über gegen einen ihrer Staatsangehörigen oder eine Person, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet hat, gerichtete Straftaten zu begründen 11 . Es ist den Vertragsparteien nicht gestattet, alternative Streitbeilegungsverfahren zwingend vorzuschreiben.

Gegenstand von Kapitel VI sind das Verfahrensrecht und Schutzmaßnahmen während der Ermittlungen und der Gerichtsverfahren. Die Vertragsparteien müssen sicherstellen, dass die Strafverfolgungsbehörden den Opfern umgehend geeigneten Schutz bieten, einschließlich der Sammlung von Beweismaterial und der Analyse der Gefahr für Leib und Leben und der Schwere der Situation. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Täter Zugang zu Schusswaffen hat. In den Rechtsordnungen muss die Möglichkeit von Eilschutzanordnungen, Kontaktverboten oder Schutzanordnungen vorgesehen werden, ohne dass dies eine unangemessene finanzielle Belastung oder übermäßigen Verwaltungsaufwand für die Opfer darstellt. Als allgemeine Regel gilt, dass die Strafverfolgung der schwersten Straftaten nicht von einer Meldung oder Anzeige des Opfers abhängig gemacht werden darf 12 . Dieses Kapitel des Übereinkommens sieht eine offene Liste von Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Interessen der Opfer, insbesondere ihrer Bedürfnisse als Zeugen in allen Abschnitten der Ermittlungen und Gerichtsverfahren vor. Dazu gehört zum Beispiel, dass die Vertragsparteien für ihren Schutz vor Einschüchterung und davor, erneut Opfer zu werden, Sorge tragen, dass sie sicherstellen, dass die Opfer über eine Flucht oder Freilassung des Täters beziehungsweise der Täterin unterrichtet werden und gewährleisten, dass ein Kontakt zwischen Opfern und Tätern beziehungsweise Täterinnen soweit möglich vermieden wird. Für Kinder, die Opfer und Zeugen von Gewalt geworden sind, sind unter Berücksichtigung des Kindeswohls besondere Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Die Vertragsparteien müssen das Recht der Opfer auf Rechtsberatung vorsehen. Darüber hinaus müssen sie sicherstellen, dass die Verjährungsfrist für die Einleitung von Strafverfahren ausreichend lang ist, um die tatsächliche Einleitung von Verfahren zu ermöglichen, nachdem das Opfer volljährig geworden ist 13 .

Gegenstand von Kapitel VII sind Maßnahmen zum Schutz von Migrantinnen und Asylbewerberinnen, die besonders anfällig für Gewalt aufgrund des Geschlechts sind, sowie die Einführung eines geschlechtersensiblen Verständnisses von Gewalt. Es sieht die Möglichkeit vor, Migrantinnen, die Opfer von Gewalt geworden sind, einen eigenständigen Aufenthaltstitel zu gewähren 14 . Gewalt gegen Frauen aufgrund des Geschlechts muss als eine Form der Verfolgung anerkannt werden, und die für die Bestimmung des Flüchtlingsstatus aufgeführten Gründe müssen geschlechtersensibel ausgelegt werden. Darüber hinaus müssen die Vertragsparteien geschlechtersensible Asylverfahren einführen. Das Kapitel umfasst auch die Einhaltung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung von Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind.

Kapitel VIII ist der internationalen Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien gewidmet. Die Vertragsparteien arbeiten in Übereinstimmung mit dem Übereinkommen zusammen, indem sie die einschlägigen regionalen und internationalen Instrumente der Zusammenarbeit anwenden. Die Vertragsparteien müssen sicherstellen, dass das Opfer einer Straftat, die im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei begangen wurde, bei den zuständigen Behörden seines Wohnsitzstaats Anzeige erstatten kann. In Situationen, in denen eine unmittelbare Gefahr für eine Person besteht, müssen die Vertragsparteien sich gegenseitig informieren, damit die geeigneten Schutzmaßnahmen getroffen werden können. Dieses Kapitel enthält die Verpflichtung zur Verarbeitung personenbezogener Daten im Einklang mit dem Übereinkommen des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (SEV Nr. 108).

Gegenstand von Kapitel IX ist der Überwachungsmechanismus für die Umsetzung des Übereinkommens. Das Übereinkommen sieht die Einsetzung einer Gruppe unabhängiger und hochqualifizierter Sachverständiger („GREVIO“) 15 (10 bis maximal 15 16 Mitglieder) vor, die Staatsangehörige der Vertragsparteien sind 17 . Das Wahlverfahren wird vom Ministerkomitee des Europarats festgelegt 18 . Die GREVIO-Mitglieder werden vom Ausschuss der Vertragsparteien gewählt.

Die Vertragsparteien erstatten GREVIO Bericht; die Gruppe kann ihrerseits ebenfalls spezifischere Untersuchungen und Besuche in den betreffenden Ländern durchführen. GREVIO legt den Vertragsparteien Berichtsentwürfe zur Stellungnahme vor. Schlussberichte und Schlussfolgerungen werden an die betroffene Vertragspartei und den Ausschuss der Vertragsparteien gerichtet. Letzterer kann beschließen, an die betreffende Vertragspartei gerichtete Empfehlungen anzunehmen. GREVIO kann auch allgemeine Empfehlungen beschließen. Die nationalen Parlamente werden aufgefordert, sich an der Überwachung zu beteiligen. GREVIO arbeitet im Einklang mit ihrer Geschäftsordnung 19 .

Der Ausschuss der Vertragsparteien setzt sich aus Vertretern der Vertragsparteien des Übereinkommens zusammen. Er wählt die GREVIO-Mitglieder. Er tritt zusammen, wenn ein Drittel der Vertragsparteien, der Vorsitzende des Ausschusses der Vertragsparteien oder der Generalsekretär des Europarats dies verlangt.

In Kapitel X wird präzisiert, dass das Übereinkommen die Verpflichtungen der Vertragsparteien aus anderen völkerrechtlichen Übereinkommen nicht berührt, und dass es den Parteien frei steht, andere internationale Abkommen zu schließen, die die Bestimmungen zu den in dem Übereinkommen geregelten Sachverhalten ergänzen oder stärken.

In Kapitel XI ist das Verfahren für Änderungen an dem Übereinkommen dargelegt. Vertragsparteien, die nicht Mitglied des Europarats sind, sind zu diesen Änderungen zu konsultieren.

Kapitel XII enthält die Schlussbestimmungen. Dazu gehört die Präzisierung, dass das Übereinkommen etwaige günstigere Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts und bindender völkerrechtlicher Übereinkünfte unberührt lässt. Ferner enthalten die Schlussbestimmungen Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten sowie Bestimmungen für die Unterzeichnung, die Ratifizierung, das Inkrafttreten und den Beitritt zum Übereinkommen von Staaten, die keine Mitgliedstaaten des Europarats sind. Das Übereinkommen liegt ausdrücklich für die Europäische Union zur Unterzeichnung auf (Artikel 75 Absatz 1). Es bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt. Jeder Staat und die EU kann bei der Unterzeichnung oder Ratifizierung den räumlichen Geltungsbereich des Übereinkommens festlegen. Vorbehalte können in Bezug auf eine begrenzte Anzahl von Bestimmungen für einen Zeitraum von fünf Jahren, der um den gleichen Zeitraum verlängert werden kann, eingelegt werden.

Das Übereinkommen wird durch einen Anhang ergänzt, in dem die Vorrechte und Immunitäten aufgeführt sind, die GREVIO-Mitglieder (und andere Mitglieder von Delegationen) während Länderbesuchen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben genießen.

1.3 Mit dem Abschluss des Übereinkommens verfolgtes Ziel der EU

Der mit dem Übereinkommen verfolgte Ansatz entspricht voll und ganz dem vielschichtigen Ansatz und den innen- und außenpolitischen Maßnahmen, die die EU zur Bekämpfung der geschlechtsspezifischen Gewalt anwendet. Der Abschluss des Übereinkommens wäre ein deutliches politisches Zeichen für das Engagement der EU zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen; er würde die Kohärenz zwischen den innen- und außenpolitischen Maßnahmen der EU sowie die Komplementarität der Maßnahmen auf nationaler und auf EU-Ebene stärken und die Glaubwürdigkeit und Rechenschaftspflicht der EU gegenüber ihren internationalen Partnern untermauern. Des Weiteren würden die Maßnahmen der EU zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen durch den Abschluss des Übereinkommens konsolidiert, da das Vorgehen innerhalb der EU auf diese Weise stärker koordiniert und die EU eine aktivere Rolle in den einschlägigen internationalen Foren spielen würde.

2.RECHTLICHE ASPEKTE DES VORSCHLAGS

2.1 Zuständigkeit der EU für den Abschluss des Übereinkommens

Während substanzielle Teile des Übereinkommens und insbesondere die meisten Bestimmungen des materiellen Strafrechts und die Bestimmungen in Kapitel V, sofern sie eine Ergänzung darstellen, weiterhin in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, ist die EU für einen erheblichen Teil der Bestimmungen des Übereinkommens zuständig und sollte daher gemeinsam mit den Mitgliedstaaten das Übereinkommen ratifizieren. 

Gemäß Artikel 157 AEUV ist die Union insbesondere für den in Kapitel I aufgeführten Bereich der Nichtdiskriminierung und der Gleichstellung von Frauen und Männern zuständig sowie für den Bereich der sexuellen Belästigung – im Sinne von Artikel 40 des Übereinkommens – in Arbeits- und Beschäftigungsfragen und beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen. Des Weiteren verfügt die Union über Zuständigkeit und Sekundärrecht im Rahmen von Artikel 82 und 84 AEUV für die in den Kapiteln IV und V aufgeführten Maßnahmen, die den Schutz und die Unterstützung der Opfer sowie die Ermittlung, die Strafverfolgung, das Verfahrensrecht und Schutzmaßnahmen betreffen. Für Maßnahmen zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Frauen und Kindern bildet Artikel 83 Absatz 1 AEUV die rechtliche Grundlage. Gemäß Artikel 78 und 79 AEUV ist die EU für bestimmte Angelegenheiten in den Bereichen Asyl und Migration, die Gegenstand von Kapitel VII des Übereinkommens sind, zuständig. Der Aufenthaltsstatus von mobilen EU-Bürgern und deren Ehegatten, die Drittstaatsangehörige sind, sowie die Rechtsstellung langfristig aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger und ihrer Ehegatten fallen im Einklang mit den Artikeln 18, 21, 46, 50, 78 und 79 AEUV in die Zuständigkeit der EU. In Bezug auf bestimmte Aspekte des konsularischen Schutzes (vgl. Artikel 18 Absatz 5 des Übereinkommens) lässt sich die Zuständigkeit der EU aus Artikel 23 AEUV herleiten. Außerdem ist die Union nach Artikel 81 und 82 AEUV für grenzüberschreitende Angelegenheiten in Zivil- und Strafsachen zuständig, was für die in Kapitel VIII aufgeführten Maßnahmen zur internationalen Zusammenarbeit von Belang ist 20 . Dieses Kapitel enthält auch Verpflichtungen zum Datenschutz - einem Bereich, der gemäß Artikel 16 AEUV in die Zuständigkeit der Union fällt.

Die Europäische Union hat umfangreiche Rechtsvorschriften in den meisten dieser Bereiche erlassen: sexuelle Belästigung in Arbeits- und Beschäftigungsfragen sowie Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen 21 , Rechte, Unterstützung und Schutz der Opfer von Straftaten im Zusammenhang mit Strafverfahren, einschließlich der Ermittlung und Strafverfolgung 22 , Asyl und Migration sowie das Aufenthaltsrecht von Drittstaatsangehörigen 23 , grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen 24 , materielle Strafrechtbestimmungen zum Schutz von Kindern (die, soweit es sich um Mädchen handelt, in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen) 25 , Bestimmungen über audiovisuelle Mediendienste und den Jugendschutz, Verbot der Diskriminierung in der kommerziellen Kommunikation und der Aufstachelung zum Hass, unter anderem auf der Grundlage des Geschlechts 26 , sowie Datenschutz 27 . Darüber hinaus gibt es EU-Vorschriften über Aspekte der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten beim konsularischen Schutz der Unionsbürger 28 .

Des Weiteren ergeben sich Verpflichtungen aus dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, dessen Vertragsparteien die EU und ihre Mitgliedstaaten sind 29 . Gemäß Artikel 6, 7, 15 und 16 dieses Übereinkommens müssen die Vertragsparteien im Rahmen ihrer Befugnisse gewährleisten, dass Frauen und Kinder mit Behinderungen dieselben Rechte genießen und vor jeder Form von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch geschützt werden.

Gemäß Artikel 3 Absatz 2 AEUV hat die Union ausschließliche Zuständigkeit, wenn das Übereinkommen gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte. Dies ist beispielsweise der Fall bei Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem aufenthaltsrechtlichen Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen, einschließlich unter internationalem Schutz stehenden Personen, soweit dieser Gegenstand von Unionsvorschriften ist, sowie bei der Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz und im Zusammenhang mit den Rechten der Opfer von Straftaten. Auch wenn es sich bei zahlreichen der bestehenden Bestimmungen um Mindestbestimmungen handelt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass einige von ihnen im Lichte der jüngsten Rechtsprechung in ihrer Tragweite beeinträchtigt oder verändert werden könnten.

2.2 Rechtsgrundlage für den vorgeschlagenen Ratsbeschluss

Nach der ständigen Rechtsprechung muss sich die Wahl der Rechtsgrundlage für einen Rechtsakt der Union auf objektive, gerichtlich nachprüfbare Umstände gründen, zu denen das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts gehören 30 . Ergibt die Prüfung einer EU-Maßnahme, dass sie zwei Zielsetzungen verfolgt oder zwei Komponenten umfasst, und lässt sich eine Komponente als die hauptsächliche oder überwiegende ausmachen, während die andere nur nebensächlich ist, so ist die Maßnahme auf eine einzige Rechtsgrundlage zu stützen, und zwar auf diejenige, die die hauptsächliche oder überwiegende Zielsetzung oder Komponente erfordert. Wenn feststeht, dass mit der Maßnahme mehrere Ziele verfolgt werden, die untrennbar miteinander verbunden sind, ohne dass das eine gegenüber dem anderen zweitrangig und mittelbar ist, so ist die Maßnahme in Ausnahmefällen auf die verschiedenen einschlägigen Rechtsgrundlagen zu stützen 31 .

Folgende Rechtsgrundlagen im Rahmen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sind in diesem Zusammenhang von Bedeutung: Artikel 16 (Datenschutz), Artikel 19 Absatz 1 (Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts), Artikel 23 (konsularischer Schutz für Bürger eines anderen Mitgliedstaats), Artikel 18, 21, 46 und 50 (Freizügigkeit der Bürger, Freizügigkeit der Arbeitnehmer und Niederlassungsfreiheit), Artikel 78 (Asyl, subsidiärer und vorübergehender Schutz), Artikel 79 (Einwanderung), Artikel 81 (justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen), Artikel 82 (justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen), Artikel 83 (Definitionen der Begriffe „EU-weite Straftaten‟ und „Strafen bei besonders schweren Verbrechen mit grenzüberschreitender Dimension‟), Artikel 84 (Festlegung von Maßnahmen im Bereich der Kriminalprävention unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten) und Artikel 157 (Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen).

Obwohl mit dem Übereinkommen mehrere Zwecke verfolgt werden, liegt das Hauptziel auf der Verhütung von Gewalt gegen Frauen, einschließlich häuslicher Gewalt, und dem Schutz der Opfer solcher Straftaten. Daher erscheint es angemessen, den Beschluss auf die Zuständigkeiten der Union im Rahmen von Titel V AEUV, insbesondere auf Artikel 82 Absatz 2 und Artikel 84, zu gründen. Die Bestimmungen des Übereinkommens zu anderen Themen stellen eine Ergänzung dar, oder gehen, wie beim Schutz personenbezogener Daten, mit den Maßnahmen einher, die den Schwerpunkt des Übereinkommens bilden 32 . Damit die EU ihre Zuständigkeiten für das gesamte Übereinkommen wahrnehmen kann (mit Ausnahme der Aspekte, für die sie nicht zuständig wäre), sind Artikel 82 Absatz 2 und Artikel 84 AEUV als wesentliche Rechtsgrundlagen heranzuziehen.

2.3 Schlussfolgerung

Angesichts der Tatsache, dass ein Teil der Zuständigkeiten der Union und ein anderer Teil der Zuständigkeiten nicht der Union übertragen wird, treten sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Union dem Übereinkommen bei. Da die Zuständigkeiten miteinander verknüpft sind, ist es nach Auffassung der Kommission angemessen, dass auch zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten Vereinbarungen über die im Übereinkommen vorgesehenen Durchführungs- und Überwachungsmechanismen getroffen werden (in Bezug auf die Koordinierungsstelle gemäß Artikel 10 und die Verpflichtung zur Berichterstattung und Datenerhebung für die Expertengruppe (Artikel 11 Absatz 3 und Artikel 66 bis 70 des Übereinkommens).

2016/0062 (NLE)

Vorschlag für einen

BESCHLUSS DES RATES

über den Abschluss des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt durch die Europäische Union

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 82 Absatz 2 und Artikel 84 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 6 Buchstabe a,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zustimmung des Europäischen Parlaments 33 ,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Gemäß dem Beschluss [XXX] 34  des Rates vom […] wurde das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (das Übereinkommen) - vorbehaltlich seines Abschlusses zu einem späteren Zeitpunkt - am […] unterzeichnet.

(2)Das Übereinkommen, dem … Länder, darunter …. Mitgliedstaaten, angehören, ist das erste internationale Instrument, das darauf zielt, Gewalt gegen Frauen, einschließlich gegen Mädchen unter 18 Jahren, als eine der Grundursachen für das Fortbestehen geschlechterspezifischer Ungleichheiten mit Hilfe eines umfassenden Rahmenwerks rechtlicher und strategischer Maßnahmen zur Verhütung von Gewalt gegen Frauen und zum Schutz und zur Unterstützung der Opfer derartiger Gewalttaten zu beseitigen. Das Übereinkommen trat am 1. April 2014 in Kraft. Gemäß Artikel 75 des Übereinkommens kann die Europäische Union dem Übereinkommen beitreten.

(3)Das Übereinkommen bildet einen umfassenden und vielschichtigen Rechtsrahmen, der Frauen vor allen Formen von Gewalt schützen soll. Es soll Gewalt gegen Frauen und Mädchen sowie häusliche Gewalt verhüten, verfolgen und beseitigen. Das Übereinkommen umfasst ein breites Spektrum an Maßnahmen, die von der Datenerhebung über die Sensibilisierung bis hin zu Maßnahmen zur strafrechtlichen Verfolgung der verschiedenen Formen der Gewalt gegen Frauen reichen. Es umfasst Maßnahmen für den Schutz der Opfer und die Bereitstellung von Hilfsdiensten und befasst sich mit der geschlechtsspezifischen Gewalt im Bereich Asyl und Migration. Mit dem Übereinkommen wird ein besonderer Überwachungsmechanismus eingeführt, der die effektive Durchführung dieses Übereinkommens durch die Vertragsparteien sicherstellen soll.

(4)Der Abschluss des Übereinkommens durch die Europäische Union trägt zur Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen bei; die Gleichstellung von Frauen und Männern ist ein Grundwert und ein Kernziel der Europäischen Union, das im Einklang mit Artikel 2 und Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union, Artikel 8 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bei allen Tätigkeiten der Europäischen Union zu verwirklichen ist. Gewalt gegen Frauen ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte und stellt eine extreme Form der Diskriminierung dar, die auf fest verankerten geschlechterspezifischen Ungleichheiten beruht und zu deren Erhaltung und Stärkung beiträgt. Indem die Union sich zur Umsetzung des Übereinkommens verpflichtet, bekräftigt sie ihr Engagement für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen in der Union und weltweit und verstärkt ihr aktuelles politisches Handeln und die im Bereich des Strafprozessrechts bestehenden umfangreichen Rechtsvorschriften, die für Frauen und Mädchen von besonderer Bedeutung sind.

(5)Während die Mitgliedstaaten gemäß dem Übereinkommen weiterhin für die in ihrem nationalen materiellen Strafrecht vorgesehene strafrechtliche Verfolgung einer Reihe von gewalttätigen Verhaltensweisen gegenüber Frauen zuständig sind, besitzt die Union die Zuständigkeit für die meisten Bestimmungen des Übereinkommens. In diesen Bereichen hat die Union umfassende Regelungen erlassen. So hat sie Vorschriften über die Rechte der Opfer von Straftaten erlassen, insbesondere die Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates 35 . Das Übereinkommen trägt auch den Bedürfnissen von Migrantinnen, Asylbewerberinnen und Frauen, die komplementären oder subsidiären Schutz beantragen, Rechnung, indem es in diesen Bereichen, in denen bereits ein umfangreicher Korpus an Unionsrechtsvorschriften existiert, eine geschlechtsspezifische Perspektive vorschreibt.

(6)Die Union hat ausschließliche Zuständigkeit, wenn sich das Übereinkommen auf gemeinsame Vorschriften auswirken oder deren Tragweite verändern könnte.

(7)Das Übereinkommen sollte die bestehenden Vorschriften ergänzen und zu einer einheitlichen Auslegung der Rechtsvorschriften der Union beitragen. Infolge des Abschlusses des Übereinkommens sollte sich die Union an den Durchführungs- und Überwachungsmaßnahmen im Rahmen des Übereinkommens beteiligen.

(8)Die Zuständigkeit für die unter das Übereinkommen fallenden Bereiche liegt sowohl bei der Union als auch bei ihren Mitgliedstaaten. Daher sollten die Union und die Mitgliedstaaten Vertragsparteien des Übereinkommens werden, so dass sie den ihnen durch das Übereinkommen auferlegten Verpflichtungen gemeinsam nachkommen und die ihnen übertragenen Rechte in kohärenter Weise ausüben können.

(9)Das Vereinigte Königreich und Irland sind durch die Richtlinie 2012/29/EU gebunden und beteiligen sich daher an der Annahme dieses Beschlusses.

(10)Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieses Beschlusses und ist weder durch diesen Beschluss gebunden noch zu seiner Anwendung verpflichtet.

(11)Das Übereinkommen sollte im Namen der Union genehmigt werden –

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt wird im Namen der Union genehmigt.

Der Wortlaut des Übereinkommens ist diesem Beschluss beigefügt.

Artikel 2

Der Präsident des Rates bestellt die Person, die ermächtigt ist, die Genehmigungsurkunde gemäß Artikel 75 Absatz 2 des Übereinkommens im Namen der Union zu hinterlegen, um der Zustimmung der Union zur Bindung durch dieses Übereinkommen Ausdruck zu verleihen.

Artikel 3

In Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit der Union fallen, übernimmt die Kommission – unbeschadet der jeweiligen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten – die Funktion der Koordinierungsstelle gemäß Artikel 10 des Übereinkommens und erfüllt die Berichterstattungspflicht gemäß Kapitel IX des Übereinkommens.

Artikel 4

1.    In Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit der Union fallen, vertritt die Kommission die Union bei Zusammenkünften der im Rahmen des Übereinkommens eingerichteten Gremien, insbesondere bei Zusammenkünften des in Artikel 67 des Übereinkommens genannten Ausschusses der Vertragsparteien. Insbesondere wird die Kommission im Namen der Union Mitglieder für die Expertengruppe für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (GREVIO) auswählen, vorschlagen und sich an ihrer Ernennung beteiligen.

2.    Da sich das Übereinkommen auch auf Zuständigkeiten erstreckt, die nicht der Union übertragen wurden, werden die Kommission und die Mitgliedstaaten eng zusammen arbeiten, insbesondere bei der Überwachung, der Berichterstattung, den Abstimmungsregeln und der Arbeitsweise der in Artikel 10 des Übereinkommens genannten Koordinierungsstelle. Sie legen die dafür angemessenen Modalitäten und die Regeln für die Vertretung der jeweiligen Standpunkte bei den Zusammenkünften der im Rahmen des Übereinkommens eingerichteten Gremien im Voraus fest. Diese Regeln werden in einem Verhaltenskodex verankert, über den, soweit möglich, vor der Hinterlegung der Urkunde zur förmlichen Bestätigung im Namen der Union Einigung erzielt werden sollte.

Artikel 5

Dieser Beschluss tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union 36  in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am […]

   Im Namen des Rates

   Der Präsident

(1) VERWEIS AUF ABl. L.
(2) Beschluss des Rates vom 26. November 2009 über den Abschluss des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch die Europäische Gemeinschaft (2010/48/EG), ABl. L 23 vom 27.1.2010, S. 35.
(3) Abschließende Bemerkungen zum ersten Bericht der Europäischen Union, CRPD/C/EU/CO/1 vom 4.9.2015  http://tbinternet.ohchr.org/_layouts/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=CRPD%2fC%2fEU%2fCO%2f1&Lang=en .
(4) http://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2015/05/26-fac-dev-council-conclusions-gender-development/ ; Schlussfolgerungen des Rates zum EU-Aktionsplan für die Gleichstellung (2016-2020), http://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2015/10/26-fac-conclusions-gender-development/ ; Schlussfolgerungen des Rates zum Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie 2015-2019,  http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-10897-2015-INIT/de/pdf ; EU-Leitlinien betreffend Gewalt gegen Frauen und Mädchen und die Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung von Frauen und Mädchen, http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cmsUpload/16173cor.en08.pdf .
(5) Siehe z. B. KOM(2010) 491 endgültig: Mitteilung der Kommission über eine Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010-2015 ( http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1396540108305&uri=CELEX:52010DC0491 ); Schlussfolgerungen des Rates vom 8. März 2010 zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen in der Europäischen Union, https://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/en/lsa/113226.pdf ; Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen Strategisches Engagement für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2016-2019 SWD (2015) 278 final,  http://ec.europa.eu/justice/gender-equality/files/documents/151203_strategic_engagement_en.pdf .
(6) http://fra.europa.eu/en/publication/2014/violence-against-women-eu-wide-survey-main-results-report
(7) Schätzung der Kosten von geschlechtsspezifischer Gewalt in der Europäischen Union: Bericht, 5.12.2014, http://eige.europa.eu/node/393
(8) Siehe erläuternder Bericht zu dem Übereinkommen, https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?documentId=09000016800d383a .
(9) Es steht den Vertragsparteien frei, für psychische Gewalt und Stalking nichtstrafrechtliche Sanktionen anstelle von strafrechtlichen Sanktionen vorzusehen (vgl. Artikel 78 Absatz 3).
(10) Die Vertragsparteien können gegen diese Verpflichtung einen Vorbehalt einlegen (vgl. Artikel 78 Absatz 2).
(11) Vorbehalte können zu mehreren Aspekten der betreffenden Bestimmung eingelegt werden (vgl. Artikel 44).
(12) Die Vertragsparteien können allerdings einen Vorbehalt in Bezug auf geringfügige Straftaten unter Anwendung körperlicher Gewalt einlegen (vgl. Artikel 78 Absatz 2).
(13) Den Vertragsparteien ist es gestattet, einen Vorbehalt in Bezug auf den Tatbestand der weiblichen Genitalverstümmelung, der Zwangsheirat, Zwangsabtreibung und Zwangssterilisation einzulegen. Gegen sexuelle Gewalt, einschließlich Vergewaltigung, kann kein Vorbehalt eingelegt werden.
(14) Die Vertragsparteien können einen Vorbehalt in Bezug auf den in Artikel 59 angeführten Aufenthaltsstatus einlegen (vgl. Artikel 78 Absatz 2).
(15) Expertengruppe für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.
(16) Die fünf zusätzlichen Mitglieder werden nach der 25Ratifizierung ernannt.
(17) Zwei Mitglieder können nicht Staatsangehörige derselben Vertragspartei sein.
(18) Entschließung CM/Res (2014) 43 über Vorschriften über das Wahlverfahren für die Mitglieder der Sachverständigengruppe über Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (GREVIO), 19.11.2014   https://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?Ref=CM/Res%282014%2943&Language=lanFrench&Ver=original&Site=COE&BackColorInternet=DBDCF2&BackColorIntranet=FDC864&BackColorLogged=FDC864
(19) Annahme durch GREVIO auf ihrer 1. Sitzung (21. -23.9.2015) https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?documentId=090000168048358b .
(20) Siehe beispielsweise Ziffer 329 des erläuternden Berichts zum Übereinkommen, in dem ausgeführt wird, dass Artikel 62 Absatz 2 des Übereinkommens auf dem Rahmenbeschluss 2001/220/JI des Rates vom 15. März 2001 über die Stellung des Opfers im Strafverfahren (ABl.82 vom 22.3.2001, S. 1) beruht.
(21) Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen (ABl. L 372 vom 21.12.2004, S. 37); Richtlinie 2006/54/EG des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. L 204 vom 26.7.2006, S. 23); Richtlinie 2010/41/EU des Rates vom 7. Juli 2010 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben (ABl. L 180 vom 15.7.2010, S. 1).
(22) Richtlinie 2012/29/EU über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten (ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 57). 
(23) Das einschlägige Sekundärrecht umfasst unter anderem die Richtlinie 2004/81/EG vom 29. April 2004 über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige, die Opfer des Menschenhandels sind (ABl.261 vom 6.8.2004, S. 19); Richtlinie 2003/86/EG betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl.251 vom 3.10.2003, S. 12); Richtlinie 2008/115/EG über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98); Richtlinie 2009/52/EG über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen ( ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24); Richtlinie 2011/95/EU über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9); Richtlinie 2013/33/EU zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Antragstellern auf internationalen Schutz (Neufassung) (ABl.180 vom 29.6.2013, S. 96) und Richtlinie 2013/32/EU zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl.180, S. 60); siehe auch Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (ABl.158 vom 30.4.2004, S. 77) und Richtlinie 2003/109/EG des Rates betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl.16 vom 23.1.2004, S. 44).
(24) Verordnung (EU) Nr. 606/2013 über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen (ABl.181 vom 29.6.2013, S. 4); Richtlinie 2003/8/EG zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (ABl. L 26 vom 31.1.2003, S. 41); Richtlinie 2004/80/EG zur Entschädigung der Opfer von Straftaten (ABl.261 vom 6.8.2004, S. 15); Rahmenbeschluss 2008/947/JI des Rates über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile und Bewährungsentscheidungen im Hinblick auf die Überwachung von Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen (ABl.337 vom 16.12.2008, S. 102); Richtlinie 2011/99/EU über die Europäische Schutzanordnung (ABl. L 338 vom 21.12.2011, S. 2). Rahmenbeschluss 2009/315/JI des Rates über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 93, 7.4.2009, S. 23); Rahmenbeschluss 2009/316/JI des Rates über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten unter Anwendung von Artikel 11 des Rahmenbeschlusses 2009/315/JI (ABl. L 93, 7.4.2009, S. 33); Rahmenbeschluss 2008/675/JI zur Berücksichtigung der in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ergangenen Verurteilungen in einem neuen Strafverfahren (ABl. L 220, 15.8.2008, S. 32).
(25) Richtlinie 2011/93/EU zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie (ABl. L 335 vom 17.12.2011, S.1).
(26) Richtlinie 2010/13/EU - Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1).
(27) Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl.281 vom 23.11.1995, S. 31); Rahmenbeschluss 2008/877/JI des Rates über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden (ABl.350 vom 30.12.2008, S. 60).
(28) Richtlinie (EU) Nr. 2015/637 über die Koordinierungs- und Kooperationsmaßnahmen zur Erleichterung des konsularischen Schutzes von Bürgern nicht vertretener Mitgliedstaaten der Union in Drittländern (ABl.106 vom 24.4.2015, S. 1).
(29) Beschluss des Rates vom 26. November 2009 über den Abschluss des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch die Europäische Gemeinschaft (2010/48/EG) (ABl. L 23 vom 27.1.2010, S. 35).
(30) Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-377/12, Kommission gegen Rat, Randnr34.
(31) Ebenda, Randnr. 34.
(32) Die Tatsache, dass es sich bei einer Komponente vielleicht um eine nebensächliche Komponente handelt, bedeutet nicht, dass die Union nicht die ausschließliche Zuständigkeit für diese Komponente besitzt. Die Rechtsgrundlage, auf die die Unionsvorschriften gestützt sind, ist als solche ohne Belang für die Prüfung, ob sich eine internationale Übereinkunft auf die Unionsvorschriften auswirkt: Die Rechtsgrundlage einer EU-internen Regelung wird durch deren Hauptkomponente bestimmt, während die eventuell betroffene Vorschrift möglicherweise nur eine nebensächliche Komponente dieser Regelung ist. Die ausschließliche Zuständigkeit der Union bezweckt u. a. die Wahrung der Wirksamkeit des Unionsrechts und des reibungslosen Funktionierens der mit den Unionsvorschriften errichteten Systeme unabhängig davon, welche Grenzen die Vertragsbestimmung, auf die sich die Organe für den Erlass solcher Vorschriften gestützt haben, möglicherweise vorsieht
(Stellungnahme 1/03, EU:C:2006:81, Randnr131).
(33) ABl. C …., S. …
(34) ABl. L ….
(35) Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI (ABl.315 vom 14.11.2012, S. 57).
(36) Der Zeitpunkt, zu dem das Übereinkommen für die Europäische Union in Kraft tritt, wird auf Veranlassung des Generalsekretariats des Rates im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
Góra

Brüssel, den 4.3.2016

COM(2016) 109 final

ANHANG

ÜBEREINKOMMEN DES EUROPARATS ZUR VERHÜTUNG UND BEKÄMPFUNG VON GEWALT GEGEN FRAUEN UND HÄUSLICHER GEWALT

Begleitdokument zu dem

Vorschlag für einen Beschluss de Rates

über den Abschluss des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt durch die Europäische Union


   Council of Europe Treaty Series - No. 210

Übereinkommen des Europarats

zur Verhütung und Bekämpfung

von Gewalt gegen Frauen

und häuslicher Gewalt

Istanbul, 11.5.2011



       Präambel

Die Mitgliedstaaten des Europarats und die anderen Unterzeichner dieses Übereinkommens –

eingedenk der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (SEV Nr. 5, 1950) und ihrer Protokolle, der Europäischen Sozialcharta (SEV Nr. 35, 1961, geändert 1996, SEV Nr. 163), des Übereinkommens des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels (SEV Nr. 197, 2005) und des Übereinkommens des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (SEV Nr. 201, 2007);

eingedenk der folgenden Empfehlungen des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten des Europarats: Empfehlung Rec (2002)5 zum Schutz von Frauen vor Gewalt, Empfehlung CM/Rec (2007)17 zu Normen und Mechanismen zur Gleichstellung von Frauen und Männern, Empfehlung CM/Rec (2010)10 zur Rolle von Frauen und Männern in der Konfliktverhütung und lösung sowie der Friedenskonsolidierung und sonstige einschlägige Empfehlungen;

unter Berücksichtigung der immer umfangreicheren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, durch die wichtige Normen auf dem Gebiet der Gewalt gegen Frauen gesetzt werden;

in Anbetracht des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (1966), des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (1966), des Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau („CEDAW“, 1979) und seines Fakultativprotokolls (1999) sowie der Allgemeinen Empfehlung Nr. 19 des CEDAW-Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau zur Gewalt gegen Frauen, des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes (1989) und seiner Fakultativprotokolle (2000) und des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (2006);

unter Berücksichtigung des Römischen 1 Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (2002);

eingedenk der Grundsätze des humanitären Völkerrechts und insbesondere des IV. Genfer Abkommens zum Schutze 2 von Zivilpersonen in Kriegszeiten (1949) sowie der Zusatzprotokolle I und II (1977) hierzu;

unter Verurteilung aller Formen von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt;

in Anerkennung der Tatsache, dass die Verwirklichung der rechtlichen und der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern ein wesentliches Element der Verhütung von Gewalt gegen Frauen ist;

in Anerkennung der Tatsache, dass Gewalt gegen Frauen der Ausdruck historisch gewachsener ungleicher Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern ist, die zur Beherrschung und Diskriminierung der Frau durch den Mann und zur Verhinderung der vollständigen Gleichstellung der Frau geführt haben;

in Anerkennung der Tatsache, dass Gewalt gegen Frauen als geschlechtsspezifische Gewalt strukturellen Charakter hat, sowie der Tatsache, dass Gewalt gegen Frauen einer der entscheidenden sozialen Mechanismen ist, durch den Frauen in eine untergeordnete Position gegenüber Männern gezwungen werden;

mit großer Sorge feststellend, dass Frauen und Mädchen häufig schweren Formen von Gewalt wie häuslicher Gewalt, sexueller Belästigung, Vergewaltigung, Zwangsverheiratung, im Namen der sogenannten „Ehre“ begangener Verbrechen und Genitalverstümmelung ausgesetzt sind, die eine schwere Verletzung der Menschenrechte von Frauen und Mädchen sowie ein Haupthindernis für das Erreichen der Gleichstellung von Frauen und Männern darstellen;

in Anbetracht der fortdauernden Menschenrechtsverletzungen während bewaffneter Konflikte, welche die Zivilbevölkerung und insbesondere Frauen in Form von weit verbreiteter oder systematischer Vergewaltigung und sexueller Gewalt betreffen, sowie der höheren Wahrscheinlichkeit geschlechtsspezifischer Gewalt sowohl während als auch nach Konflikten;

in der Erkenntnis, dass Frauen und Mädchen einer größeren Gefahr von geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt sind als Männer;

in der Erkenntnis, dass häusliche Gewalt Frauen unverhältnismäßig stark betrifft und dass auch Männer Opfer häuslicher Gewalt sein können;

in der Erkenntnis, dass Kinder Opfer häuslicher Gewalt sind, auch als Zeuginnen und Zeugen von Gewalt in der Familie;

in dem Bestreben, ein Europa zu schaffen, das frei von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ist –

sind wie folgt übereingekommen:

Kapitel I – Zweck, Begriffsbestimmungen, Gleichstellung und Nichtdiskriminierung, allgemeine Verpflichtungen

   Artikel 1 - Zweck des Übereinkommens

   1    Zweck dieses Übereinkommens ist es,

       a    Frauen vor allen Formen von Gewalt zu schützen und Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhüten, zu verfolgen und zu beseitigen;

       b    einen Beitrag zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau zu leisten und eine echte Gleichstellung von Frauen und Männern, auch durch die Stärkung der Rechte der Frauen, zu fördern;

       c    einen umfassenden Rahmen sowie umfassende politische und sonstige Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung aller Opfer von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt zu entwerfen;

       d    die internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt zu fördern;

       e    Organisationen und Strafverfolgungsbehörden zu helfen und sie zu unterstützen, um wirksam mit dem Ziel zusammenzuarbeiten, einen umfassenden Ansatz für die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt anzunehmen.

   2    Um die wirksame Durchführung dieses Übereinkommens durch die Vertragsparteien sicherzustellen, wird durch dieses Übereinkommen ein besonderer Überwachungsmechanismus eingeführt.

   Artikel 2 - Geltungsbereich des Übereinkommens

   1 Dieses Übereinkommen findet Anwendung auf alle Formen von Gewalt gegen Frauen, einschließlich der häuslichen Gewalt, die Frauen unverhältnismäßig stark betrifft.

   2 Die Vertragsparteien werden ermutigt, dieses Übereinkommen auf alle Opfer häuslicher Gewalt anzuwenden. Die Vertragsparteien richten bei der Durchführung dieses Übereinkommens ein besonderes Augenmerk auf Frauen, die Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt geworden sind.

   3 Dieses Übereinkommen findet in Friedenszeiten und in Situationen bewaffneter Konflikte Anwendung.

       Artikel 3 - Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Übereinkommens

a wird der Begriff „Gewalt gegen Frauen“ als eine Menschenrechtsverletzung und eine Form der Diskriminierung der Frau verstanden und bezeichnet alle Handlungen geschlechtsspezifischer Gewalt, die zu körperlichen, sexuellen, psychischen oder wirtschaftlichen Schäden oder Leiden bei Frauen führen oder führen können, einschließlich der Androhung solcher Handlungen, der Nötigung oder der willkürlichen Freiheitsentziehung, sei es im öffentlichen oder privaten Leben;

b bezeichnet der Begriff „häusliche Gewalt“ alle Handlungen körperlicher, sexueller, psychischer oder wirtschaftlicher Gewalt, die innerhalb der Familie oder des Haushalts oder zwischen früheren oder derzeitigen Eheleuten oder Partnerinnen beziehungsweise Partnern vorkommen, unabhängig davon, ob der Täter beziehungsweise die Täterin denselben Wohnsitz wie das Opfer hat oder hatte;

c bezeichnet der Begriff „Geschlecht“ die gesellschaftlich geprägten Rollen, Verhaltensweisen, Tätigkeiten und Merkmale, die eine bestimmte Gesellschaft als für Frauen und Männer angemessen ansieht;

d bezeichnet der Begriff „geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen“ Gewalt, die gegen eine Frau gerichtet ist, weil sie eine Frau ist, oder die Frauen unverhältnismäßig stark betrifft;

e bezeichnet der Begriff „Opfer“ eine natürliche Person, die Gegenstand des unter den Buchstaben a und b beschriebenen Verhaltens ist;

f umfasst der Begriff „Frauen“ auch Mädchen unter achtzehn Jahren.

   Artikel 4 - Grundrechte, Gleichstellung und Nichtdiskriminierung

   1 Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen und sonstigen Maßnahmen zur Förderung und zum Schutz des Rechts jeder Person, insbesondere von Frauen, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich frei von Gewalt zu leben.

   2 Die Vertragsparteien verurteilen jede Form von Diskriminierung der Frau und treffen unverzüglich die erforderlichen gesetzgeberischen und sonstigen Maßnahmen zu ihrer Verhütung, insbesondere durch

-die Verankerung des Grundsatzes der Gleichstellung von Frauen und Männern in ihren nationalen Verfassungen oder in anderen geeigneten Rechtsvorschriften sowie die Sicherstellung der tatsächlichen Verwirklichung dieses Grundsatzes;

-das Verbot der Diskriminierung der Frau, soweit erforderlich auch durch Sanktionen;

-die Aufhebung aller Gesetze und die Abschaffung von Vorgehensweisen, durch die Frauen diskriminiert werden.

   3 Die Durchführung dieses Übereinkommens durch die Vertragsparteien, insbesondere von Maßnahmen zum Schutz der Rechte der Opfer, ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des biologischen oder sozialen Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität, des Alters, des Gesundheitszustands, einer Behinderung, des Familienstands, des Migranten- oder Flüchtlingsstatus oder des sonstigen Status sicherzustellen.

   4 Besondere Maßnahmen, die zur Verhütung von geschlechtsspezifischer Gewalt und zum Schutz von Frauen vor solcher Gewalt erforderlich sind, gelten nicht als Diskriminierung im Sinne dieses Übereinkommens.

   Artikel 5 - Verpflichtungen der Staaten und Sorgfaltspflicht

   1 Die Vertragsparteien unterlassen jede Beteiligung an Gewalttaten gegen Frauen und stellen sicher, dass staatliche Behörden, Beschäftigte, Einrichtungen und sonstige im Auftrag des Staates handelnde Personen im Einklang mit dieser Verpflichtung handeln.

   2 Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen und sonstigen Maßnahmen, um ihrer Sorgfaltspflicht zur Verhütung, Untersuchung und Bestrafung von in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Gewalttaten, die von Personen, die nicht im Auftrag des Staates handeln, begangen wurden, und zur Bereitstellung von Entschädigung für solche Gewalttaten nachzukommen.

   Artikel 6 - Geschlechtersensible politische Maßnahmen

Die Vertragsparteien verpflichten sich, die Geschlechterperspektive in die Durchführung und in die Bewertung der Auswirkungen dieses Übereinkommens einzubeziehen und politische Maßnahmen der Gleichstellung von Frauen und Männern und der Stärkung der Rechte der Frauen zu fördern und wirksam umzusetzen.

Kapitel II – Ineinandergreifende politische Maßnahmen und Datensammlung

   Artikel 7 - Umfassende und koordinierte politische Maßnahmen

   1 Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen und sonstigen Maßnahmen, um landesweit wirksame, umfassende und koordinierte politische Maßnahmen zu beschließen und umzusetzen, die alle einschlägigen Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung aller in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt umfasst, und um eine ganzheitliche Antwort auf Gewalt gegen Frauen zu geben.

   2 Die Vertragsparteien stellen sicher, dass die in Absatz 1 genannten politischen Maßnahmen die Rechte des Opfers in den Mittelpunkt aller Maßnahmen stellen und mittels einer wirksamen Zusammenarbeit zwischen allen einschlägigen Behörden, Einrichtungen und Organisationen umgesetzt werden.

   3 Nach Maßgabe dieses Artikels getroffene Maßnahmen beziehen gegebenenfalls alle einschlägigen Akteure wie Regierungsstellen, nationale, regionale und lokale Parlamente und Behörden, nationale Menschenrechtsinstitutionen und zivilgesellschaftliche Organisationen ein.

Artikel 8 - Finanzielle Mittel

Die Vertragsparteien stellen angemessene finanzielle und personelle Mittel bereit für die geeignete Umsetzung von ineinandergreifenden politischen und sonstigen Maßnahmen sowie Programmen zur Verhütung und Bekämpfung aller in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt, einschließlich der von nichtstaatlichen Organisationen und der Zivilgesellschaft durchgeführten.

Artikel 9 - Nichtstaatliche Organisationen und Zivilgesellschaft

Die Vertragsparteien anerkennen, fördern und unterstützen auf allen Ebenen die Arbeit einschlägiger nichtstaatlicher Organisationen und der Zivilgesellschaft, die Gewalt gegen Frauen aktiv bekämpfen, und begründen eine wirkungsvolle Zusammenarbeit mit diesen Organisationen.

Artikel 10 - Koordinierungsstelle

   1 Die Vertragsparteien benennen oder errichten eine oder mehrere offizielle Stellen, die für die Koordinierung, Umsetzung, Beobachtung und Bewertung der politischen und sonstigen Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung aller von diesem Übereinkommen erfassten Formen von Gewalt zuständig sind. Diese Stellen koordinieren die in Artikel 11 genannte Datensammlung sowie analysieren und verbreiten ihre Ergebnisse.

   2 Die Vertragsparteien stellen sicher, dass die nach diesem Artikel benannten oder errichteten Stellen allgemeine Informationen über nach Maßgabe des Kapitels VIII getroffene Maßnahmen erhalten.

   3 Die Vertragsparteien stellen sicher, dass die nach diesem Artikel benannten oder errichteten Stellen die Möglichkeit haben, mit den ihnen entsprechenden Stellen in anderen Vertragsparteien direkt zu kommunizieren und den Kontakt zu pflegen.

Artikel 11 - Datensammlung und Forschung

1 Für die Zwecke der Durchführung dieses Übereinkommens verpflichten sich die Vertragsparteien,

a    in regelmäßigen Abständen einschlägige genau aufgeschlüsselte statistische Daten über Fälle von allen in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt zu sammeln;

b    die Forschung auf dem Gebiet aller in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt zu fördern, um ihre eigentlichen Ursachen und ihre Auswirkungen, ihr Vorkommen und die Aburteilungsquote 3 sowie die Wirksamkeit der zur Durchführung dieses Übereinkommens getroffenen Maßnahmen zu untersuchen.

   2 Die Vertragsparteien bemühen sich, in regelmäßigen Abständen bevölkerungsbezogene Studien durchzuführen, um die Verbreitung und Entwicklung aller in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt zu bewerten.

   3 Die Vertragsparteien stellen der in Artikel 66 genannten Expertengruppe die nach diesem Artikel gesammelten Daten zur Verfügung, um die internationale Zusammenarbeit anzuregen und einen internationalen Vergleich zu ermöglichen.

   4 Die Vertragsparteien stellen sicher, dass die nach diesem Artikel gesammelten Daten der Öffentlichkeit zugänglich sind.

Kapitel III – Prävention

Artikel 12 - Allgemeine Verpflichtungen

   1 Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen Maßnahmen, um Veränderungen von sozialen und kulturellen Verhaltensmustern von Frauen und Männern mit dem Ziel zu bewirken, Vorurteile, Bräuche, Traditionen und alle sonstigen Vorgehensweisen, die auf der Vorstellung der Unterlegenheit der Frau oder auf Rollenzuweisungen für Frauen und Männer beruhen, zu beseitigen.

   2 Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen und sonstigen Maßnahmen, um alle in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt durch natürliche oder juristische Personen zu verhüten.

   3 Alle nach diesem Artikel getroffenen Maßnahmen müssen die speziellen Bedürfnisse von Personen, die durch besondere Umstände schutzbedürftig geworden sind, berücksichtigen und sich mit diesen befassen und die Menschenrechte aller Opfer in den Mittelpunkt stellen.

   4 Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen Maßnahmen, um alle Mitglieder der Gesellschaft, insbesondere Männer und Jungen 4 , zur aktiven Beteiligung an der Verhütung aller in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt zu ermutigen.

   5 Die Vertragsparteien stellen sicher, dass Kultur, Bräuche, Religion, Tradition oder die sogenannte „Ehre“ nicht als Rechtfertigung für in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallende Gewalttaten angesehen werden.

   6 Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen Maßnahmen, um Programme und Aktivitäten zur Stärkung der Rechte der Frauen zu fördern.

Artikel 13 - Bewusstseinsbildung

   1    Die Vertragsparteien fördern regelmäßig Kampagnen oder Programme zur Bewusstseinsbildung auf allen Ebenen oder führen solche durch, gegebenenfalls auch in Zusammenarbeit mit nationalen Menschenrechtsinstitutionen und Gleichstellungsorganen, der Zivilgesellschaft und nichtstaatlichen Organisationen, insbesondere mit Frauenorganisationen, um in der breiten Öffentlichkeit das Bewusstsein und das Verständnis für die unterschiedlichen Erscheinungsformen aller in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt, ihre Auswirkungen auf Kinder und die Notwendigkeit, solche Gewalt zu verhüten, zu verbessern.

   2 Die Vertragsparteien stellen die umfassende Verbreitung von Informationen über Maßnahmen, die verfügbar sind, um in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallende Gewalttaten zu verhüten, in der breiten Öffentlichkeit sicher.

Artikel 14 - Bildung

   1     Die Vertragsparteien treffen gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen, um an die sich entwickelnden Fähigkeiten der Lernenden angepasste Lernmittel 5 zu Themen wie der Gleichstellung von Frauen und Männern, der Aufhebung von Rollenzuweisungen, gegenseitigem Respekt, gewaltfreier Konfliktlösung in zwischenmenschlichen Beziehungen, geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und dem Recht auf die Unversehrtheit der Person in die offiziellen Lehrpläne auf allen Ebenen des Bildungssystems aufzunehmen.

   2     Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen Maßnahmen, um die in Absatz 1 genannten Grundsätze in informellen Bildungsstätten sowie in Sport, Kultur- und Freizeiteinrichtungen und in den Medien zu fördern.

Artikel 15 - Aus- und Fortbildung von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen

   1     Die Vertragsparteien schaffen für Angehörige der Berufsgruppen, die mit Opfern oder Tätern aller in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Gewalttaten zu tun haben, ein Angebot an geeigneten Aus- und Fortbildungsmaßnahmen zur Verhütung und Aufdeckung solcher Gewalt, zur Gleichstellung von Frauen und Männern, zu den Bedürfnissen und Rechten der Opfer sowie zu Wegen zur Verhinderung der sekundären Viktimisierung oder bauen dieses Angebot aus.

   2 Die Vertragsparteien ermutigen dazu, dass die in Absatz 1 genannten Aus- und Fortbildungsmaßnahmen auch Aus- und Fortbildungsmaßnahmen zur koordinierten behördenübergreifenden Zusammenarbeit umfassen, um bei in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Gewalttaten einen umfassenden und geeigneten Umgang mit Weiterverweisungen zu ermöglichen.

Artikel 16 - Vorbeugende Interventions- und Behandlungsprogramme

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um Programme einzurichten oder zu unterstützen, die darauf abzielen, Täter und Täterinnen häuslicher Gewalt zu lehren, in zwischenmenschlichen Beziehungen ein gewaltfreies Verhalten anzunehmen, um weitere Gewalt zu verhüten und von Gewalt geprägte Verhaltensmuster zu verändern.

2    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um Behandlungsprogramme einzurichten oder zu unterstützen, die darauf abzielen zu verhindern, dass Täter und Täterinnen, insbesondere Sexualstraftäter und täterinnen, erneut Straftaten begehen.

3    Bei den in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen stellen die Vertragsparteien sicher, dass die Sicherheit, die Unterstützung und die Menschenrechte der Opfer ein vorrangiges Anliegen sind und dass diese Programme gegebenenfalls in enger Zusammenarbeit mit spezialisierten Hilfsdiensten für Opfer ausgearbeitet und umgesetzt werden.

Artikel 17 - Beteiligung des privaten Sektors und der Medien

1    Die Vertragsparteien ermutigen den privaten Sektor, den Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien und die Medien, sich unter gebührender Beachtung der freien Meinungsäußerung und ihrer Unabhängigkeit an der Ausarbeitung und Umsetzung von politischen Maßnahmen zu beteiligen sowie Richtlinien und Normen der Selbstregulierung festzulegen, um Gewalt gegen Frauen zu verhüten und die Achtung ihrer Würde zu erhöhen.

2    Die Vertragsparteien entwickeln und fördern in Zusammenarbeit mit Akteuren des privaten Sektors bei Kindern, Eltern, Erzieherinnen und Erziehern Fähigkeiten für den Umgang mit dem Informations- und Kommunikationsumfeld, das Zugang zu herabwürdigenden Inhalten sexueller oder gewalttätiger Art bietet, die schädlich sein können.

Kapitel IV – Schutz und Unterstützung

Artikel 18 - Allgemeine Verpflichtungen

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um alle Opfer vor weiteren Gewalttaten zu schützen.

2    Die Vertragsparteien treffen im Einklang mit dem internen Recht die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass es geeignete Mechanismen für eine wirksame Zusammenarbeit zwischen allen einschlägigen staatlichen Stellen, einschließlich der Justiz, Staatsanwaltschaften, Strafverfolgungsbehörden, lokalen und regionalen Behörden, und nichtstaatlichen Organisationen und sonstigen einschlägigen Organisationen und Stellen beim Schutz und der Unterstützung von Opfern und Zeuginnen und Zeugen aller in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt gibt; dies kann auch durch die Verweisung an allgemeine und spezialisierte Hilfsdienste, wie sie in den Artikeln 20 und 22 beschrieben werden, geschehen.

3    Die Vertragsparteien stellen sicher, dass nach Maßgabe dieses Kapitels getroffene Maßnahmen

   auf einem geschlechtsbewussten Verständnis von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt beruhen und die Menschenrechte und die Sicherheit des Opfers in den Mittelpunkt stellen;

   auf einem umfassenden Ansatz beruhen, bei dem das Verhältnis zwischen Opfern, Tätern beziehungsweise Täterinnen, Kindern und ihrem weiteren sozialen Umfeld berücksichtigt wird;

   die Verhinderung der sekundären Viktimisierung zum Ziel haben;

   die Stärkung der Rechte und die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen zum Ziel haben, die Opfer von Gewalt geworden sind;

   gegebenenfalls die Unterbringung verschiedener Schutz- und Hilfsdienste in denselben Gebäuden ermöglichen;

   auf die besonderen Bedürfnisse schutzbedürftiger Personen, einschließlich der Opfer, die Kinder sind, eingehen und diesen Personen zugänglich gemacht werden.

4    Die Bereitstellung von Diensten darf nicht von der Bereitschaft des Opfers abhängen, Anzeige zu erstatten oder gegen den Täter beziehungsweise die Täterin auszusagen.

5    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen Maßnahmen, um im Einklang mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen ihren Staatsangehörigen und sonstigen zu einem solchen Schutz berechtigten Opfern konsularischen und sonstigen Schutz sowie Unterstützung zu gewähren.

Artikel 19 - Informationen

Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Opfer angemessen und rechtzeitig über verfügbare Hilfsdienste und rechtliche Maßnahmen in einer ihnen verständlichen Sprache informiert werden.

Artikel 20 - Allgemeine Hilfsdienste

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Opfer Zugang zu Diensten erhalten, die ihre Genesung nach Gewalt erleichtern. Diese Maßnahmen sollen, sofern erforderlich, Dienste wie rechtliche und psychologische Beratung, finanzielle Unterstützung, Unterkunft, Ausbildung, Schulung sowie Unterstützung bei der Arbeitssuche umfassen.

2    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Opfer Zugang zu Gesundheits- und Sozialdiensten haben, dass Dienste über angemessene Mittel verfügen und dass Angehörige bestimmter Berufsgruppen geschult werden, um die Opfer zu unterstützen und sie an die geeigneten Dienste zu verweisen.

Artikel 21 - Unterstützung bei Einzel- oder Sammelklagen

Die Vertragsparteien stellen sicher, dass Opfer Informationen über geltende regionale und internationale Mechanismen für Einzel- oder Sammelklagen und Zugang zu diesen haben. Die Vertragsparteien fördern die Bereitstellung einfühlsamer und sachkundiger Unterstützung für die Opfer bei der Einreichung solcher Klagen.

Artikel 22 - Spezialisierte Hilfsdienste

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um in angemessener geographischer Verteilung spezialisierte Hilfsdienste für sofortige sowie kurz- und langfristige Hilfe für alle Opfer von in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Gewalttaten bereitzustellen oder für deren Bereitstellung zu sorgen.

2    Die Vertragsparteien stellen für alle Frauen, die Opfer von Gewalt wurden, und ihre Kinder spezialisierte Hilfsdienste bereit oder sorgen für deren Bereitstellung.

Artikel 23 - Schutzunterkünfte

Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um die Einrichtung von geeigneten, leicht zugänglichen Schutzunterkünften in ausreichender Zahl zu ermöglichen, um Opfern, insbesondere Frauen und ihren Kindern, eine sichere Unterkunft zur Verfügung zu stellen und aktiv auf Opfer zuzugehen.

Artikel 24 - Telefonberatung

Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um eine kostenlose, landesweite und täglich rund um die Uhr erreichbare Telefonberatung einzurichten, um Anruferinnen und Anrufer vertraulich oder unter Berücksichtigung ihrer Anonymität im Zusammenhang mit allen in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt zu beraten.

Artikel 25 - Unterstützung für Opfer sexueller Gewalt

Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um die Einrichtung von geeigneten, leicht zugänglichen Krisenzentren für Opfer von Vergewaltigung und sexueller Gewalt in ausreichender Zahl zu ermöglichen, um Opfern medizinische und gerichtsmedizinische Untersuchungen, Traumahilfe und Beratung anzubieten.

Artikel 26 - Schutz und Unterstützung für Zeuginnen und Zeugen, die Kinder sind

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass bei der Bereitstellung von Schutz- und Hilfsdiensten für Opfer die Rechte und Bedürfnisse von Kindern, die Zeuginnen und Zeugen von in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt geworden sind, gebührend berücksichtigt werden.

2    Nach diesem Artikel getroffene Maßnahmen umfassen die altersgerechte psycho-soziale Beratung für Kinder, die Zeuginnen und Zeugen von in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt geworden sind, und berücksichtigen gebührend das Wohl des Kindes.

Artikel 27 - Meldung

Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen Maßnahmen, um alle Personen, die Zeuginnen beziehungsweise Zeugen der Begehung einer in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Gewalttat geworden sind oder die Gründe für die Annahme haben, dass eine solche Tat begangen werden könnte oder weitere Gewalttaten zu erwarten sind, zu ermutigen, dies den zuständigen Organisationen oder Behörden zu melden.

Artikel 28 - Meldung durch Angehörige bestimmter Berufsgruppen

Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Vorschriften über die Vertraulichkeit, die nach dem internen Recht für Angehörige bestimmter Berufsgruppen gelten, diesen Personen nicht die Möglichkeit nehmen, unter gegebenen Umständen eine Meldung an die zuständigen Organisationen und Behörden zu machen, wenn sie Gründe für die Annahme haben, dass eine schwere in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallende Gewalttat begangen worden ist und weitere schwere Gewalttaten zu erwarten sind.

Kapitel V – Materielles Recht

Artikel 29 - Zivilverfahren und Rechtsbehelfe

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um Opfer mit angemessenen zivilrechtlichen Rechtsbehelfen gegenüber dem Täter beziehungsweise der Täterin auszustatten.

2    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um Opfer im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts mit angemessenen zivilrechtlichen Ansprüchen gegenüber staatlichen Behörden auszustatten, die im Rahmen ihrer Zuständigkeiten ihrer Pflicht zum Ergreifen der erforderlichen vorbeugenden Maßnahmen oder Schutzmaßnahmen nicht nachgekommen sind.

Artikel 30 - Schadensersatz 6 und Entschädigung

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Opfer das Recht haben, von Tätern beziehungsweise Täterinnen für alle nach diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten Schadensersatz zu fordern.

2    Eine angemessene staatliche Entschädigung wird denjenigen gewährt, die eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, soweit der Schaden nicht von anderer Seite, wie dem Täter beziehungsweise der Täterin, einer Versicherung oder durch staatlich finanzierte Gesundheits- und Sozialmaßnahmen, ersetzt wird. Dies hindert die Vertragsparteien nicht daran, den Täter beziehungsweise die Täterin für die gewährte Entschädigung in Regress zu nehmen, solange dabei die Sicherheit des Opfers gebührend berücksichtigt wird.

3    Maßnahmen nach Absatz 2 sollen sicherstellen, dass die Entschädigung innerhalb eines angemessenen Zeitraums gewährt wird.

Artikel 31 - Sorgerecht, Besuchsrecht und Sicherheit

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallende gewalttätige Vorfälle bei Entscheidungen über das Besuchs- und Sorgerecht betreffend Kinder berücksichtigt werden.

2    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Ausübung des Besuchs- oder Sorgerechts nicht die Rechte und die Sicherheit des Opfers oder der Kinder gefährdet.

Artikel 32 - Zivilrechtliche Folgen der Zwangsheirat

Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass unter Zwang geschlossene Ehen ohne eine unangemessene finanzielle oder administrative Belastung für das Opfer anfechtbar sind, für nichtig erklärt oder aufgelöst werden können.

Artikel 33 - Psychische Gewalt

Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass vorsätzliches Verhalten, durch das die psychische Unversehrtheit einer Person durch Nötigung oder Drohung ernsthaft beeinträchtigt wird, unter Strafe gestellt wird.

Artikel 34 - Nachstellung

Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass vorsätzliches Verhalten, das aus wiederholten Bedrohungen gegenüber einer anderen Person besteht, die dazu führen, dass diese um ihre Sicherheit fürchtet, unter Strafe gestellt wird.

Artikel 35 - Körperliche Gewalt

Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass vorsätzliches Verhalten, durch das einer anderen Person körperliche Gewalt angetan wird, unter Strafe gestellt wird.

Artikel 36 - Sexuelle Gewalt, einschließlich Vergewaltigung

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass folgendes vorsätzliches Verhalten unter Strafe gestellt wird:

a)    nicht einverständliches, sexuell bestimmtes vaginales, anales oder orales Eindringen in den Körper einer anderen Person mit einem Körperteil oder Gegenstand;

b)    sonstige nicht einverständliche sexuell bestimmte Handlungen mit einer anderen Person;

c)    Veranlassung einer Person zur Durchführung nicht einverständlicher sexuell bestimmter Handlungen mit einer dritten Person.

2    Das Einverständnis muss freiwillig als Ergebnis des freien Willens der Person, der im Zusammenhang der jeweiligen Begleitumstände beurteilt wird, erteilt werden.

3    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Absatz 7  1 auch auf Handlungen anwendbar ist, die gegenüber früheren oder derzeitigen Eheleuten oder Partnerinnen oder Partnern im Sinne des internen Rechts begangen wurden.

Artikel 37 - Zwangsheirat

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass vorsätzliches Verhalten, durch das eine erwachsene Person oder ein Kind zur Eheschließung gezwungen wird, unter Strafe gestellt wird.

2    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass vorsätzliches Verhalten unter Strafe gestellt wird, durch das eine erwachsene Person oder ein Kind in das Hoheitsgebiet einer Vertragspartei oder eines Staates gelockt wird, das nicht das Hoheitsgebiet ihres beziehungsweise seines Aufenthalts ist, um diese erwachsene Person oder dieses Kind zur Eheschließung zu zwingen.

Artikel 38 - Verstümmelung weiblicher Genitalien

Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass folgendes vorsätzliches Verhalten unter Strafe gestellt wird:

a)    Entfernung, Infibulation oder Durchführung jeder sonstigen Verstümmelung der gesamten großen oder kleinen Schamlippen oder Klitoris einer Frau oder eines Teiles davon;

b)    ein Verhalten, durch das eine Frau dazu genötigt oder gebracht wird, sich einer der unter Buchstabe a aufgeführten Handlungen zu unterziehen;

c)    ein Verhalten, durch das ein Mädchen dazu verleitet, genötigt oder dazu gebracht wird, sich einer der unter Buchstabe a aufgeführten Handlungen zu unterziehen.

Artikel 39 - Zwangsabtreibung und Zwangssterilisierung

Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass folgendes vorsätzliches Verhalten unter Strafe gestellt wird:

a)    Durchführung einer Abtreibung an einer Frau ohne deren vorherige Zustimmung nach erfolgter Aufklärung;

b)    Durchführung eines chirurgischen Eingriffs mit dem Zweck oder der Folge, dass die Fähigkeit einer Frau zur natürlichen Fortpflanzung ohne deren auf Kenntnis der Sachlage gegründete vorherige Zustimmung zu dem Verfahren oder Verständnis dafür beendet wird.

Artikel 40 - Sexuelle Belästigung

Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass jede Form von ungewolltem sexuell bestimmtem verbalem, nonverbalem oder körperlichem Verhalten mit dem Zweck oder der Folge, die Würde einer Person zu verletzen, insbesondere wenn dadurch ein Umfeld der Einschüchterung, Feindseligkeit, Erniedrigung, Entwürdigung oder Beleidigung geschaffen wird, strafrechtlichen oder sonstigen rechtlichen Sanktionen unterliegt.

Artikel 41 - Beihilfe oder Anstiftung und Versuch

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um die Beihilfe oder Anstiftung zur Begehung einer der nach den Artikeln 33, 34, 35, 36, 37, 38 Buchstabe a und 39 umschriebenen Straftaten, wenn vorsätzlich begangen, als Straftat zu umschreiben.

2    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um den Versuch der Begehung einer der nach den Artikeln 35, 36, 37, 38 Buchstabe a und 39 umschriebenen Straftaten, wenn vorsätzlich begangen, als Straftat zu umschreiben.

Artikel 42 - Inakzeptable Rechtfertigungen für Straftaten, einschließlich der im Namen der    sogenannten „Ehre“ begangenen Straftaten

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass in Strafverfahren, die in Folge der Begehung einer der in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Gewalttaten eingeleitet werden, Kultur, Bräuche, Religion, Tradition oder die sogenannte „Ehre“ nicht als Rechtfertigung für solche Handlungen angesehen werden. Dies bezieht sich insbesondere auf Behauptungen, das Opfer habe kulturelle, religiöse, soziale oder traditionelle Normen oder Bräuche bezüglich des angemessenen Verhaltens verletzt.

2    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass das Verleiten eines Kindes durch eine Person, eine der in Absatz 1 genannten Handlungen zu begehen, die strafrechtliche Verantwortlichkeit dieser Person für die begangenen Handlungen nicht mindert.

Artikel 43 - Anwendung der Straftatbestände

Die nach diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten finden unabhängig von der Art der Täter-Opfer-Beziehung Anwendung.

Artikel 44 - Gerichtsbarkeit

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um ihre Gerichtsbarkeit über die nach diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten zu begründen, wenn die Straftat wie folgt begangen wird:

a)    in ihrem Hoheitsgebiet;

b)    an Bord eines Schiffes, das die Flagge dieser Vertragsparteien führt;

c)    an Bord eines Luftfahrzeugs, das nach dem Recht dieser Vertragsparteien eingetragen ist;

d)    von einem ihrer Staatsangehörigen oder

e)    von einer Person, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet hat.

2    Die Vertragsparteien bemühen sich, die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen zu treffen, um ihre Gerichtsbarkeit über die nach diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten zu begründen, wenn die Straftat gegen einen ihrer Staatsangehörigen oder eine Person, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet hat, begangen wird.

3    Zur Verfolgung der nach den Artikeln 36, 37, 38 und 39 umschriebenen Straftaten treffen die Vertragsparteien die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Begründung ihrer Gerichtsbarkeit nicht davon abhängig ist, dass die Handlungen in dem Hoheitsgebiet, in dem sie begangen wurden, strafbar sind.

4    Zur Verfolgung der nach den Artikeln 36, 37, 38 und 39 umschriebenen Straftaten treffen die Vertragsparteien die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Begründung ihrer Gerichtsbarkeit in Bezug auf Absatz 1 Buchstaben d und e nicht davon abhängig ist, dass der Strafverfolgung eine Meldung der Straftat durch das Opfer oder das Einleiten eines Strafverfahrens durch den Staat, in dem die Straftat begangen wurde, vorausgegangen ist.

5    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um ihre Gerichtsbarkeit über die nach diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten für den Fall zu begründen, dass der mutmaßliche Täter beziehungsweise die mutmaßliche Täterin sich in ihrem Hoheitsgebiet befindet und sie ihn beziehungsweise sie nur aufgrund seiner beziehungsweise ihrer Staatsangehörigkeit nicht an eine andere Vertragspartei ausliefern.

6    Wird die Gerichtsbarkeit für eine mutmaßliche nach diesem Übereinkommen umschriebene Straftat von mehr als einer Vertragspartei geltend gemacht, so konsultieren die beteiligten Vertragsparteien einander, soweit angebracht, um die für die Strafverfolgung am besten geeignete Gerichtsbarkeit zu bestimmen.

7    Unbeschadet der allgemeinen Regeln des Völkerrechts schließt dieses Übereinkommen die Ausübung einer Strafgerichtsbarkeit durch eine Vertragspartei nach ihrem internen Recht nicht aus.

Artikel 45 - Sanktionen und Maßnahmen

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die nach diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten mit wirksamen, angemessenen und abschreckenden Sanktionen bedroht werden, die ihrer Schwere Rechnung tragen. Diese Sanktionen umfassen gegebenenfalls freiheitsentziehende Maßnahmen, die zur Auslieferung führen können.

2    Die Vertragsparteien können weitere Maßnahmen in Bezug auf Täter und Täterinnen treffen, beispielsweise

   die Überwachung und Betreuung verurteilter Personen;

   den Entzug der elterlichen Rechte, wenn das Wohl des Kindes, das die Sicherheit des Opfers umfassen kann, nicht auf andere Weise garantiert werden kann.

Artikel 46 - Strafschärfungsgründe 8

Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die folgenden Umstände, soweit sie nicht bereits Tatbestandsmerkmale darstellen, im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen des internen Rechts bei der Festsetzung des Strafmaßes 9 für die nach diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten als erschwerend berücksichtigt werden können:

a    Die Straftat wurde gegen eine frühere oder derzeitige Ehefrau oder Partnerin im Sinne des internen Rechts beziehungsweise gegen einen früheren oder derzeitigen Ehemann oder Partner im Sinne des internen Rechts oder von einem Familienmitglied, einer mit dem Opfer zusammenlebenden Person oder einer ihre Autoritätsstellung missbrauchenden Person begangen;

b    die Straftat oder mit ihr in Zusammenhang stehende Straftaten wurden wiederholt begangen;

c    die Straftat wurde gegen eine aufgrund besonderer Umstände schutzbedürftig gewordene Person begangen;

d    die Straftat wurde gegen ein Kind oder in dessen Gegenwart begangen;

e    die Straftat wurde von zwei oder mehr Personen gemeinschaftlich begangen;

f    der Straftat ging ein extremer Grad an Gewalt voraus oder mit ihr einher;

g    die Straftat wurde unter Einsatz oder Drohung mit einer Waffe begangen;

h    die Straftat führte zu schweren körperlichen oder psychischen Schäden bei dem Opfer;

i)    der Täter beziehungsweise die Täterin ist bereits wegen ähnlicher Straftaten verurteilt worden.

Artikel 47 - Von einer anderen Vertragspartei erlassene Strafurteile

Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um die Möglichkeit vorzusehen, bei der Festsetzung des Strafmaßes die von einer anderen Vertragspartei erlassenen rechtskräftigen Strafurteile wegen nach diesem Übereinkommen umschriebener Straftaten zu berücksichtigen.

Artikel 48 - Verbot verpflichtender alternativer Streitbeilegungsverfahren oder Strafurteile

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um verpflichtende alternative Streitbeilegungsverfahren, einschließlich Mediation und Schlichtung, wegen aller in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt zu verbieten.

2    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass im Fall der Anordnung der Zahlung einer Geldstrafe die Fähigkeit des Täters, seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem Opfer nachzukommen, gebührend berücksichtigt wird.

Kapitel VI – Ermittlungen, Strafverfolgung, Verfahrensrecht und Schutzmaßnahmen

Artikel 49 - Allgemeine Verpflichtungen

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Ermittlungen und Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit allen in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt ohne ungerechtfertigte Verzögerung durchgeführt werden, wobei die Rechte des Opfers in allen Abschnitten des Strafverfahrens zu berücksichtigen sind.

2    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um nach den wesentlichen Grundsätzen der Menschenrechte und unter Berücksichtigung des geschlechtsbewussten Verständnisses von Gewalt wirksame Ermittlungen wegen und Strafverfolgung von nach diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten sicherzustellen.

Artikel 50 - Soforthilfe, Prävention und Schutz

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die zuständigen Strafverfolgungsbehörden sofort und angemessen auf alle in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt reagieren, indem sie den Opfern umgehend geeigneten Schutz bieten.

2    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass sich die zuständigen Strafverfolgungsbehörden sofort und angemessen an der Prävention von und am Schutz vor allen in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt beteiligen, einschließlich des Einsatzes vorbeugender operativer Maßnahmen und der Erhebung von Beweisen.

Artikel 51 - Gefährdungsanalyse und Gefahrenmanagement

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass eine Analyse der Gefahr für Leib und Leben und der Schwere der Situation sowie der Gefahr von wiederholter Gewalt von allen einschlägigen Behörden vorgenommen wird, um die Gefahr unter Kontrolle zu bringen und erforderlichenfalls für koordinierte Sicherheit und Unterstützung zu sorgen.

2    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass bei der in Absatz 1 genannten Analyse in allen Abschnitten der Ermittlungen und der Anwendung von Schutzmaßnahmen gebührend berücksichtigt wird, ob der Täter beziehungsweise die Täterin einer in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Gewalttat Feuerwaffen besitzt oder Zugang zu ihnen hat.

Artikel 52 - Eilschutzanordnungen

Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die zuständigen Behörden die Befugnis erhalten, in Situationen unmittelbarer Gefahr anzuordnen, dass ein Täter beziehungsweise eine Täterin häuslicher Gewalt den Wohnsitz des Opfers oder der gefährdeten Person für einen ausreichend langen Zeitraum verlässt, und dem Täter beziehungsweise der Täterin zu verbieten, den Wohnsitz des Opfers oder der gefährdeten Person zu betreten oder Kontakt mit dem Opfer oder der gefährdeten Person aufzunehmen. Bei nach Maßgabe dieses Artikels getroffenen Maßnahmen ist der Sicherheit der Opfer oder der gefährdeten Personen Vorrang einzuräumen.

Artikel 53 - Kontakt- und Näherungsverbote sowie Schutzanordnungen

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass angemessene Kontakt- und Näherungsverbote oder Schutzanordnungen für Opfer aller in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt zur Verfügung stehen.

2    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die in Absatz 1 genannten Kontakt- und Näherungsverbote oder Schutzanordnungen

   für den sofortigen Schutz und ohne eine unangemessene finanzielle oder administrative Belastung für die Opfer zur Verfügung stehen;

   für einen bestimmten Zeitraum oder bis zu ihrer Abänderung oder Aufhebung erlassen werden;

   soweit erforderlich auf Antrag und mit sofortiger Wirkung ausgestellt werden;

   unabhängig von oder zusätzlich zu anderen Gerichtsverfahren zur Verfügung stehen;

   in nachfolgende Gerichtsverfahren eingebracht werden können.

3    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Verstöße gegen die nach Absatz 1 ausgestellten Kontakt- und Näherungsverbote oder Schutzanordnungen Gegenstand wirksamer, verhältnismäßiger und abschreckender strafrechtlicher oder sonstiger rechtlicher Sanktionen sind.

Artikel 54 - Ermittlungen und Beweise

Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass in Zivil- oder Strafverfahren Beweismittel betreffend das sexuelle Vorleben und Verhalten des Opfers nur dann zugelassen werden, wenn sie sachdienlich und notwendig sind.

Artikel 55 - Verfahren auf Antrag und von Amts wegen

1    Die Vertragsparteien stellen sicher, dass, wenn die Straftat ganz oder teilweise in ihrem Hoheitsgebiet begangen wurde, Ermittlungen wegen oder die Strafverfolgung von nach den Artikeln 35, 36, 37, 38 und 39 umschriebenen Straftaten nicht vollständig von einer Meldung oder Anzeige des Opfers abhängig gemacht werden und das Verfahren fortgesetzt werden kann, auch wenn das Opfer seine Aussage oder Anzeige zurückzieht.

2    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts sicherzustellen, dass staatliche und nichtstaatliche Organisationen sowie Beraterinnen und Berater bei häuslicher Gewalt die Möglichkeit erhalten, den Opfern in den Ermittlungen und Gerichtsverfahren wegen der nach diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten beizustehen und/oder sie zu unterstützen, wenn diese darum ersuchen.

Artikel 56 - Schutzmaßnahmen

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um die Rechte und Interessen der Opfer, insbesondere ihre besonderen Bedürfnisse als Zeuginnen und Zeugen, in allen Abschnitten der Ermittlungen und Gerichtsverfahren zu schützen, indem sie insbesondere

a    für ihren Schutz sowie den Schutz ihrer Familien und der Zeuginnen und Zeugen vor Einschüchterung, Vergeltung und davor, erneut Opfer zu werden, Sorge tragen;

b    sicherstellen, dass die Opfer, zumindest in den Fällen, in denen die Opfer und ihre Familien in Gefahr sein könnten, über eine Flucht oder vorübergehende oder endgültige Freilassung des Täters beziehungsweise der Täterin unterrichtet werden;

c    diese nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts über ihre Rechte und die ihnen zur Verfügung stehenden Dienste und über die aufgrund ihrer Anzeige veranlassten Maßnahmen, die Anklagepunkte, den allgemeinen Stand der Ermittlungen oder des Verfahrens und ihre Rolle sowie die in ihrem Fall ergangene Entscheidung unterrichten;

d    den Opfern in Übereinstimmung mit den Verfahrensvorschriften des innerstaatlichen Rechts die Möglichkeit geben, gehört zu werden, Beweismittel vorzulegen und ihre Ansichten, Bedürfnisse und Sorgen unmittelbar oder über eine Vermittlerin beziehungsweise einen Vermittler vorzutragen und prüfen zu lassen;

e    den Opfern geeignete Hilfsdienste zur Verfügung stellen, damit ihre Rechte und Interessen in gebührender Weise vorgetragen und berücksichtigt werden;

f    sicherstellen, dass Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre und des Bildes des Opfers getroffen werden können;

g    sicherstellen, dass ein Kontakt zwischen Opfern und Tätern beziehungsweise Täterinnen in den Räumlichkeiten der Gerichte und der Strafverfolgungsbehörden soweit möglich vermieden wird;

h    den Opfern unabhängige und fähige Dolmetscherinnen und Dolmetscher zur Verfügung stellen, wenn die Opfer im Verfahren als Partei auftreten oder Beweismittel vorlegen;

i    es den Opfern ermöglichen, in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht vor Gericht auszusagen, ohne dass sie im Gerichtssaal anwesend sein müssen oder zumindest ohne dass der mutmaßliche Täter beziehungsweise die mutmaßliche Täterin anwesend ist, insbesondere durch den Einsatz geeigneter Kommunikationstechnologien, soweit diese verfügbar sind.

2    Für Kinder, die Opfer oder Zeuginnen beziehungsweise Zeugen von Gewalt gegen Frauen und von häuslicher Gewalt geworden sind, werden gegebenenfalls besondere Schutzmaßnahmen unter Berücksichtigung des Wohles des Kindes getroffen.

Artikel 57 - Rechtsberatung

Die Vertragsparteien sehen das Recht der Opfer auf Rechtsbeistand und auf unentgeltliche Rechtsberatung für Opfer nach Maßgabe ihres internen Rechts vor.

Artikel 58 - Verjährungsfrist

Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Verjährungsfrist für die Einleitung von Strafverfahren wegen der nach den Artikeln 36, 37, 38 und 39 umschriebenen Straftaten ausreichend lang ist und sich über einen der Schwere der betreffenden Straftat entsprechenden Zeitraum erstreckt, um die tatsächliche Einleitung von Verfahren zu ermöglichen, nachdem das Opfer volljährig geworden ist.

Kapitel VII – Migration und Asyl

Artikel 59 - Aufenthaltsstatus

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass ein Opfer, dessen Aufenthaltsstatus von dem Aufenthaltsstatus seiner Ehefrau oder Partnerin im Sinne des internen Rechts beziehungsweise seines Ehemanns oder Partners im Sinne des internen Rechts abhängt, im Fall der Auflösung der Ehe oder Beziehung bei besonders schwierigen Umständen auf Antrag einen eigenständigen Aufenthaltstitel unabhängig von der Dauer der Ehe oder Beziehung erhält. Die Bedingungen für die Bewilligung und Dauer des eigenständigen Aufenthaltstitels werden durch das interne Recht festgelegt.

2    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass bei dem Opfer Ausweisungsverfahren ausgesetzt werden können, die in Zusammenhang mit einem Aufenthaltsstatus eingeleitet wurden, der vom Aufenthaltsstatus seiner Ehefrau oder Partnerin im Sinne des internen Rechts beziehungsweise seines Ehemanns oder Partners im Sinne des internen Rechts abhängt, damit es den Opfern ermöglicht wird, einen eigenständigen Aufenthaltstitel zu beantragen.

3    Die Vertragsparteien erteilen dem Opfer einen verlängerbaren Aufenthaltstitel, wenn mindestens einer der beiden folgenden Fälle vorliegt:

a    Die zuständige Behörde ist der Auffassung, dass der Aufenthalt des Opfers aufgrund seiner persönlichen Lage erforderlich ist;

b    die zuständige Behörde ist der Auffassung, dass der Aufenthalt des Opfers für seine Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden bei den Ermittlungen oder beim Strafverfahren erforderlich ist.

4    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Opfer einer Zwangsheirat, die zum Zwecke der Verheiratung in einen anderen Staat gebracht wurden und die folglich ihren Aufenthaltsstatus in dem Staat ihres gewöhnlichen Aufenthalts verloren haben, diesen Status wiedererlangen können.

Artikel 60 - Asylanträge aufgrund des Geschlechts

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Gewalt gegen Frauen aufgrund des Geschlechts als eine Form der Verfolgung im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A Ziffer 2 des Abkommens 10 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 und als eine Form schweren Schadens anerkannt wird, die einen ergänzenden/subsidiären Schutz begründet.

2    Die Vertragsparteien stellen sicher, dass alle im Abkommen 11 aufgeführten Gründe geschlechtersensibel ausgelegt werden und dass in Fällen, in denen festgestellt wird, dass die Verfolgung aus einem oder mehreren dieser Gründe befürchtet wird, den Antragstellerinnen und Antragstellern der Flüchtlingsstatus entsprechend den einschlägigen anwendbaren Übereinkünften gewährt wird.

3    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um geschlechtersensible Aufnahmeverfahren und Hilfsdienste für Asylsuchende sowie geschlechtsspezifische Leitlinien und geschlechtersensible Asylverfahren, einschließlich der Bestimmung des Flüchtlingsstatus und des Antrags auf internationalen Schutz, auszuarbeiten.

Artikel 61 - Verbot der Zurückweisung

1    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um den Grundsatz des Verbots der Zurückweisung in Übereinstimmung mit bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen zu achten.

2    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Opfer von Gewalt gegen Frauen, die des Schutzes bedürfen, unabhängig von ihrem Status oder Aufenthalt unter keinen Umständen in einen Staat zurückgewiesen werden, in dem ihr Leben gefährdet wäre oder in dem sie der Folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen werden könnten.

Kapitel VIII – Internationale Zusammenarbeit

Artikel 62 - Allgemeine Grundsätze

1    Die Vertragsparteien arbeiten untereinander in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen im größtmöglichen Umfang zusammen, indem sie einschlägige internationale und regionale Übereinkünfte über die Zusammenarbeit in zivilen und strafrechtlichen Angelegenheiten sowie Übereinkünfte, die auf der Grundlage einheitlicher oder auf Gegenseitigkeit beruhender Rechtsvorschriften getroffen wurden, und innerstaatliche Rechtsvorschriften für folgende Zwecke anwenden:

a    Verhütung, Bekämpfung und Verfolgung aller in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt;

b    Schutz und Unterstützung von Opfern;

c    Ermittlungen oder Verfahren wegen nach diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten;

d    Vollstreckung einschlägiger von den Justizbehörden der Vertragsparteien erlassener zivil- und strafrechtlicher Urteile, Entscheidungen und Beschlüsse einschließlich Schutzanordnungen.

2    Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Opfer einer nach diesem Übereinkommen umschriebenen und im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei, das nicht das Hoheitsgebiet ist, in dem die Opfer ihren Wohnsitz haben, begangenen Straftat bei den zuständigen Behörden des Wohnsitzstaats Anzeige erstatten können.

3    Erhält eine Vertragspartei, welche die Rechtshilfe in Strafsachen, die Auslieferung oder die Vollstreckung von durch eine andere Vertragspartei dieses Übereinkommens erlassenen zivil- und strafrechtlichen Urteilen, Entscheidungen und Beschlüssen vom Bestehen eines Vertrags abhängig macht, ein Ersuchen um eine solche rechtliche Zusammenarbeit von einer Vertragspartei, mit der sie keinen entsprechenden Vertrag hat, so kann sie dieses Übereinkommen als Rechtsgrundlage für die Rechtshilfe in Strafsachen, die Auslieferung oder die Vollstreckung von durch die andere Vertragspartei erlassenen zivil- und strafrechtlichen Urteilen, Entscheidungen und Beschlüssen in Bezug auf die nach diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten ansehen.

4    Die Vertragsparteien bemühen sich, soweit angemessen, die Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in Entwicklungshilfeprogramme zu Gunsten von Drittstaaten aufzunehmen, auch durch den Abschluss zwei- und mehrseitiger Übereinkünfte mit Drittstaaten im Hinblick auf die Erleichterung des Schutzes der Opfer im Einklang mit Artikel 18 Absatz 5.

Artikel 63 - Maßnahmen in Bezug auf gefährdete Personen

Hat eine Vertragspartei anhand der ihr zur Verfügung stehenden Informationen hinreichende Gründe für die Annahme, dass eine Person unmittelbar der Gefahr ausgesetzt ist, eine der in den Artikeln 36, 37, 38 und 39 genannten Gewalttaten im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei zu erleiden, so wird die über die Informationen verfügende Vertragspartei ermutigt, diese Informationen unverzüglich an die andere Vertragspartei zu übermitteln, damit sichergestellt wird, dass geeignete Schutzmaßnahmen getroffen werden. Gegebenenfalls umfassen diese Informationen auch Angaben zu bestehenden Schutzbestimmungen für die gefährdete Person.

Artikel 64 - Informationen

1    Die ersuchte Vertragspartei unterrichtet die ersuchende Vertragspartei umgehend über das endgültige Ergebnis der nach diesem Kapitel getroffenen Maßnahmen. Die ersuchte Vertragspartei unterrichtet die ersuchende Vertragspartei ferner umgehend über alle Umstände, welche die Durchführung der erbetenen Maßnahmen unmöglich machen oder wahrscheinlich erheblich verzögern werden.

2    Eine Vertragspartei kann, soweit ihr internes Recht es erlaubt, ohne vorheriges Ersuchen einer anderen Vertragspartei Informationen übermitteln, die sie im Rahmen ihrer eigenen Ermittlungen gewonnen hat, wenn sie der Auffassung ist, dass die Übermittlung dieser Informationen der Vertragspartei, welche die Informationen empfängt, bei der Verhütung von nach diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten oder bei der Einleitung oder Durchführung von Ermittlungen oder Verfahren wegen solcher Straftaten helfen oder dazu führen könnte, dass diese Vertragspartei ein Ersuchen um Zusammenarbeit nach diesem Kapitel stellt.

3    Eine Vertragspartei, die Informationen nach Absatz 2 empfängt, legt diese Informationen ihren zuständigen Behörden vor, damit Verfahren eingeleitet werden können, wenn sie als angemessen angesehen werden, oder damit diese Informationen in einschlägigen Zivil- und Strafverfahren berücksichtigt werden können.

Artikel 65 - Datenschutz

Personenbezogene Daten werden nach Maßgabe der Verpflichtungen der Vertragsparteien aus dem Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (SEV Nr. 108) gespeichert und verwendet.

Kapitel IX – Überwachungsmechanismus

Artikel 66 - Expertengruppe für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher    Gewalt

1    Die Expertengruppe für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (im Folgenden als „GREVIO“ bezeichnet) überwacht die Durchführung dieses Übereinkommens durch die Vertragsparteien.

2    GREVIO besteht aus mindestens 10 und höchstens 15 Mitgliedern; bei der Zusammensetzung ist auf eine Ausgewogenheit bei der Vertretung der Geschlechter und der geographischen Verteilung sowie auf multidisziplinäres Fachwissen zu achten. Die Mitglieder werden unter von den Vertragsparteien ernannten Kandidatinnen und Kandidaten vom Ausschuss der Vertragsparteien für eine Amtszeit von vier Jahren, die einmal verlängert werden kann, gewählt und unter den Staatsangehörigen der Vertragsparteien ausgewählt.

3    Die erstmalige Wahl von 10 Mitgliedern findet innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens statt. Die Wahl von fünf zusätzlichen Mitgliedern findet nach der 25. Ratifikation oder dem 25. Beitritt statt.

4    Für die Wahl der GREVIO-Mitglieder gelten folgende Grundsätze:

a    Sie werden in einem transparenten Verfahren aus einem Kreis von Personen mit hohem sittlichen Ansehen ausgewählt, die über anerkannte Fachkenntnisse auf dem Gebiet der Menschenrechte, der Gleichstellung von Frauen und Männern, der Gewalt gegen Frauen und häuslichen Gewalt oder der Unterstützung und des Schutzes von Opfern oder über Berufserfahrung in den von diesem Übereinkommen erfassten Bereichen verfügen;

b    alle GREVIO-Mitglieder müssen unterschiedliche Staatsangehörigkeiten besitzen;

c    sie sollen die hauptsächlichen Rechtssysteme vertreten;

d    sie sollen einschlägige Akteure und Stellen auf dem Gebiet der Gewalt gegen Frauen und der häuslichen Gewalt vertreten;

e    sie gehören GREVIO in ihrer persönlichen Eigenschaft an, sind unabhängig und unparteiisch bei der Ausübung ihres Amtes und stehen zeitlich in einem Umfang zur Verfügung, der ihnen die wirksame Wahrnehmung ihrer Aufgaben erlaubt.

5    Das Wahlverfahren für die GREVIO-Mitglieder wird vom Ministerkomitee des Europarats nach Konsultationen mit den Vertragsparteien und deren einhelliger Zustimmung innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens festgelegt.

6    GREVIO gibt sich eine Geschäftsordnung.

7    Die GREVIO-Mitglieder und andere Mitglieder von Delegationen, welche die in Artikel 68 Absätze 9 und 14 festgelegten Länderbesuche durchführen, genießen die im Anhang dieses Übereinkommens festgelegten Vorrechte und Immunitäten.

Artikel 67 - Ausschuss der Vertragsparteien

1    Der Ausschuss der Vertragsparteien besteht aus den Vertreterinnen beziehungsweise Vertretern der Vertragsparteien des Übereinkommens.

2    Der Ausschuss der Vertragsparteien wird vom Generalsekretär des Europarats einberufen. Sein erstes Treffen wird innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens zur Wahl der GREVIO-Mitglieder abgehalten. Danach tritt er immer dann zusammen, wenn ein Drittel der Vertragsparteien, der Vorsitzende des Ausschusses der Vertragsparteien oder der Generalsekretär dies verlangt.

3    Der Ausschuss der Vertragsparteien gibt sich eine Geschäftsordnung.

Artikel 68 - Verfahren

1    Die Vertragsparteien legen dem Generalsekretär des Europarats auf der Grundlage eines von GREVIO ausgearbeiteten Fragebogens einen Bericht über gesetzgeberische und sonstige Maßnahmen zur Umsetzung dieses Übereinkommens zur Prüfung durch GREVIO vor.

2    GREVIO prüft den nach Absatz 1 vorgelegten Bericht mit den Vertretern der betreffenden Vertragspartei.

3    Spätere Bewertungsverfahren werden in Runden eingeteilt, deren Dauer von GREVIO festgelegt wird. Zu Beginn jeder Runde wählt GREVIO die Bestimmungen aus, auf die sich das Bewertungsverfahren jeweils bezieht und versendet einen Fragebogen.

4    GREVIO bestimmt die geeigneten Mittel zur Durchführung dieses Überwachungsverfahrens. GREVIO kann insbesondere einen Fragebogen für jede Bewertungsrunde beschließen, der als Grundlage für das Verfahren zur Bewertung der Durchführung durch die Vertragsparteien dient. Dieser Fragebogen wird an alle Vertragsparteien gesandt. Die Vertragsparteien beantworten den Fragebogen sowie jedes sonstige Informationsersuchen von GREVIO.

5    GREVIO kann Informationen über die Durchführung des Übereinkommens von nichtstaatlichen Organisationen und der Zivilgesellschaft sowie von nationalen Institutionen für den Schutz der Menschenrechte erhalten.

6    GREVIO berücksichtigt die bei anderen regionalen und internationalen Einrichtungen und Stellen vorhandenen verfügbaren Informationen in Bereichen, die in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallen, gebührend.

7    Bei dem Beschluss des Fragebogens für jede Bewertungsrunde berücksichtigt GREVIO gebührend die in den Vertragsparteien vorhandenen Datensammlungen und Forschungsarbeiten, wie sie in Artikel 11 genannt werden.

8    GREVIO kann Informationen über die Durchführung des Übereinkommens vom Menschenrechtskommissar des Europarats, von der Parlamentarischen Versammlung und einschlägigen spezialisierten Organen des Europarats sowie von den aufgrund anderer völkerrechtlicher Übereinkünfte eingerichteten Organen erhalten. Bei diesen Organen eingereichte Beschwerden und deren Ergebnisse werden GREVIO zur Verfügung gestellt.

9    Unterstützend kann GREVIO in Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden und mit Unterstützung unabhängiger nationaler Fachleute Länderbesuche durchführen, wenn die gewonnenen Informationen unzureichend sind, oder in den in Absatz 14 genannten Fällen. Während dieser Besuche kann GREVIO die Unterstützung von auf bestimmte Bereiche spezialisierten Personen in Anspruch nehmen.

10    GREVIO erstellt einen Berichtsentwurf mit ihrer Analyse der Durchführung der Bestimmungen, auf die sich die Bewertung bezieht, sowie ihren Anregungen und Vorschlägen zum Umgang der betreffenden Vertragspartei mit den festgestellten Problemen. Der Berichtsentwurf wird der Vertragspartei, die Gegenstand der Bewertung ist, zur Stellungnahme übermittelt. GREVIO berücksichtigt die Stellungnahme beim Beschluss des Berichts.

11    Auf der Grundlage aller erhaltenen Informationen und der Stellungnahmen der Vertragsparteien beschließt GREVIO ihren Bericht und ihre Schlussfolgerungen bezüglich der von der betreffenden Vertragspartei zur Durchführung dieses Übereinkommens getroffenen Maßnahmen. Dieser Bericht und die Schlussfolgerungen werden der betreffenden Vertragspartei und dem Ausschuss der Vertragsparteien übermittelt. Der Bericht und die Schlussfolgerungen von GREVIO werden veröffentlicht, sobald sie beschlossen sind, gegebenenfalls mit einer Stellungnahme der betreffenden Vertragspartei.

12    Unbeschadet des Verfahrens nach den Absätzen 1 bis 8 kann der Ausschuss der Vertragsparteien auf der Grundlage des Berichts und der Schlussfolgerungen von GREVIO Empfehlungen an diese Vertragspartei aussprechen, die (a) die Maßnahmen betreffen, die zu ergreifen sind, um die Schlussfolgerungen von GREVIO umzusetzen, erforderlichenfalls unter Festsetzung eines Termins, zu dem Informationen über die Umsetzung vorzulegen sind, und (b) darauf abzielen, die Zusammenarbeit mit der Vertragspartei zu fördern, um die ordnungsgemäße Durchführung dieses Übereinkommens sicherzustellen.

13    Erhält GREVIO verlässliche Informationen, die auf eine Situation hindeuten, in der Probleme die unmittelbare Aufmerksamkeit erfordern, um das Ausmaß oder die Anzahl schwerer Verstöße gegen das Übereinkommen zu verhüten oder zu begrenzen, so kann GREVIO die dringliche Vorlage eines Sonderberichts über Maßnahmen verlangen, die zur Verhütung eines Musters schwerer, verbreiteter oder dauerhafter Gewalt gegen Frauen getroffen wurden.

14    Unter Berücksichtigung der von der betreffenden Vertragspartei vorgelegten Informationen sowie sonstiger ihr verfügbarer verlässlicher Informationen kann GREVIO eines oder mehrere ihrer Mitglieder beauftragen, eine Untersuchung durchzuführen und GREVIO schnellstmöglich zu berichten. Die Untersuchung kann, sofern gerechtfertigt und mit Zustimmung der betreffenden Vertragspartei, einen Besuch in ihrem Hoheitsgebiet umfassen.

15 Nach Prüfung der Ergebnisse der in Absatz 14 genannten Untersuchung übermittelt GREVIO diese Ergebnisse der betreffenden Vertragspartei und gegebenenfalls dem Ausschuss der Vertragsparteien sowie dem Ministerkomitee des Europarats mit allen Stellungnahmen und Empfehlungen.

Artikel 69 - Allgemeine Empfehlungen

GREVIO kann gegebenenfalls allgemeine Empfehlungen für die Durchführung dieses Übereinkommens beschließen.

Artikel 70 - Beteiligung der Parlamente an der Überwachung

1    Die nationalen Parlamente werden eingeladen, sich an der Überwachung der zur Durchführung dieses Übereinkommens getroffenen Maßnahmen zu beteiligen.

2    Die Vertragsparteien übermitteln die Berichte von GREVIO ihren nationalen Parlamenten.

3    Die Parlamentarische Versammlung des Europarats wird eingeladen, regelmäßig eine Bilanz der Durchführung dieses Übereinkommens zu ziehen.

Kapitel X – Verhältnis zu anderen völkerrechtlichen Übereinkünften

Artikel 71 - Verhältnis zu anderen völkerrechtlichen Übereinkünften

1    Dieses Übereinkommen lässt die Pflichten aus anderen völkerrechtlichen Übereinkünften unberührt, denen die Vertragsparteien dieses Übereinkommens jetzt oder künftig als Vertragsparteien angehören und die Bestimmungen zu durch dieses Übereinkommen geregelten Fragen enthalten.

2    Die Vertragsparteien dieses Übereinkommens können untereinander zwei- oder mehrseitige Übereinkünfte über Fragen schließen, die in diesem Übereinkommen geregelt sind, um seine Bestimmungen zu ergänzen oder zu verstärken oder die Anwendung der darin enthaltenen Grundsätze zu erleichtern.

Kapitel XI – Änderungen des Übereinkommens

Artikel 72 - Änderungen

1    Jeder Änderungsvorschlag einer Vertragspartei zu diesem Übereinkommen wird an den Generalsekretär des Europarats übermittelt, der ihn an die Mitgliedstaaten des Europarats, jeden Unterzeichner, jede Vertragspartei, die Europäische Union und jeden nach Artikel 75 zur Unterzeichnung des Übereinkommens und jeden nach Artikel 76 zum Beitritt zu dem Übereinkommen eingeladenen Staat weiterleitet.

2    Das Ministerkomitee des Europarats prüft den Änderungsvorschlag und kann nach Konsultation der Vertragsparteien des Übereinkommens, die nicht Mitglieder des Europarats sind, die Änderung mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats vorgesehenen Mehrheit beschließen.

3    Der Wortlaut jeder vom Ministerkomitee nach Absatz 2 beschlossenen Änderung wird den Vertragsparteien zur Annahme übermittelt.

4    Jede nach Absatz 2 beschlossene Änderung tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von einem Monat nach dem Tag folgt, an dem alle Vertragsparteien dem Generalsekretär mitgeteilt haben, dass sie sie angenommen haben.

Kapitel XII – Schlussbestimmungen

Artikel 73 - Auswirkungen dieses Übereinkommens

Dieses Übereinkommen berührt nicht das innerstaatliche Recht und bindende völkerrechtliche Übereinkünfte, die bereits in Kraft sind oder in Kraft treten können und nach denen Personen bei der Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt günstigere Rechte gewährt werden oder gewährt werden würden.

Artikel 74 - Beilegung von Streitigkeiten

1    Die an einer Streitigkeit über die Anwendung oder Auslegung dieses Übereinkommens beteiligten Parteien versuchen zunächst, diese mittels eines Vergleichs-, Schlichtungs-, oder Schiedsverfahrens oder einer sonstigen Methode der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten, die in gegenseitigem Einvernehmen zwischen ihnen vereinbart wird, beizulegen.

2    Das Ministerkomitee des Europarats kann Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten einführen, die von den an einer Streitigkeit beteiligten Parteien genutzt werden können, sofern sie dies vereinbart haben.

Artikel 75 - Unterzeichnung und Inkrafttreten

1    Dieses Übereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats, für Nichtmitgliedstaaten, die sich an der Ausarbeitung des Übereinkommens beteiligt haben, und für die Europäische Union zur Unterzeichnung auf.

2    Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. Die Ratifikations, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.

3    Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem zehn Unterzeichner, darunter mindestens acht Mitgliedstaaten des Europarats, nach Absatz 2 ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Übereinkommen gebunden zu sein.

4    Drückt ein in Absatz 1 genannter Staat oder die Europäische Union seine oder ihre Zustimmung, durch dieses Übereinkommen gebunden zu sein, später aus, so tritt es für ihn oder sie am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag der Hinterlegung der Ratifikations, Annahme- oder Genehmigungsurkunde folgt.

Artikel 76 - Beitritt zum Übereinkommen

1    Nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Europarats nach Konsultation der Vertragsparteien des Übereinkommens und mit deren einhelliger Zustimmung jeden Nichtmitgliedstaat des Europarats, der sich nicht an der Ausarbeitung des Übereinkommens beteiligt hat, einladen, dem Übereinkommen beizutreten; der Beschluss dazu wird mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats vorgesehenen Mehrheit und mit einhelliger Zustimmung der Vertreter der Vertragsparteien, die Anspruch auf einen Sitz im Ministerkomitee haben, gefasst.

2    Für jeden beitretenden Staat tritt das Übereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats folgt.

Artikel 77 - Räumlicher Geltungsbereich

1    Jeder Staat oder die Europäische Union kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung der Ratifikations, Annahme, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet.

2    Jede Vertragspartei kann jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Übereinkommens auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken, für dessen internationale Beziehungen sie verantwortlich ist oder in dessen Namen Verpflichtungen einzugehen sie ermächtigt ist. Das Übereinkommen tritt für dieses Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Erklärung beim Generalsekretär folgt.

3    Jede nach den Absätzen 1 und 2 abgegebene Erklärung kann in Bezug auf jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation zurückgenommen werden. Die Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.

Artikel 78 - Vorbehalte

1    Mit Ausnahme der Vorbehalte nach den Absätzen 2 und 3 sind Vorbehalte zu diesem Übereinkommen nicht zulässig.

2    Jeder Staat oder die Europäische Union kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung der Ratifikations, Annahme, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung erklären, dass er beziehungsweise sie sich das Recht vorbehält, die in den folgenden Artikeln enthaltenen Vorschriften nicht oder nur in bestimmten Fällen oder unter bestimmten Bedingungen anzuwenden:

   Artikel 30 Absatz 2;

   Artikel 44 Absatz 1 Buchstabe e und Artikel 44 Absätze 3 und 4;

   Artikel 55 Absatz 1 in Hinblick auf Artikel 35 bezüglich Vergehen;

   Artikel 58 in Hinblick auf die Artikel 37, 38 und 39;

   Artikel 59.

3    Jeder Staat oder die Europäische Union kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung der Ratifikations, Annahme, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung erklären, dass er beziehungsweise sie sich das Recht vorbehält, für die in den Artikeln 33 und 34 genannten Handlungen nichtstrafrechtliche Sanktionen anstelle von strafrechtlichen Sanktionen vorzusehen.

4    Jede Vertragspartei kann einen Vorbehalt durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung ganz oder teilweise zurücknehmen. Diese Erklärung wird mit ihrem Eingang beim Generalsekretär wirksam.

Artikel 79 - Gültigkeit und Prüfung der Vorbehalte

1    Die in Artikel 78 Absätze 2 und 3 genannten Vorbehalte sind für einen Zeitraum von fünf Jahren nach dem Tag des Inkrafttretens dieses Übereinkommens für die betreffende Vertragspartei gültig. Solche Vorbehalte können jedoch für Zeiträume der gleichen Dauer verlängert werden.

2    Achtzehn Monate vor Ablauf des Vorbehalts setzt der Generalsekretär des Europarats die betreffende Vertragspartei darüber in Kenntnis. Spätestens drei Monate vor Ablauf des Vorbehalts notifiziert die Vertragspartei dem Generalsekretär, ob sie diesen Vorbehalt aufrechterhält, ändert oder zurücknimmt. Ohne Notifikation seitens der betreffenden Vertragspartei unterrichtet der Generalsekretär diese Vertragspartei darüber, dass ihr Vorbehalt als automatisch um einen Zeitraum von sechs Monaten verlängert angesehen wird. Versäumt es die betreffende Vertragspartei, vor Ablauf dieses Zeitraums ihre Absicht, ihren Vorbehalt aufrechtzuerhalten oder zu ändern, zu notifizieren, so führt dies dazu, dass der Vorbehalt erlischt.

3    Bringt eine Vertragspartei nach Artikel 78 Absätze 2 und 3 einen Vorbehalt an, so stellt sie vor dessen Verlängerung oder auf Anfrage von GREVIO eine Erklärung zu den Gründen, die eine Fortsetzung des Vorbehalts rechtfertigen, zur Verfügung.

Artikel 80 - Kündigung

1    Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation kündigen.

2    Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.

Artikel 81 - Notifikation

Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Europarats, den Nichtmitgliedstaaten, die sich an der Ausarbeitung dieses Übereinkommens beteiligt haben, jedem Unterzeichner, jeder Vertragspartei, der Europäischen Union und jedem zum Beitritt zu diesem Übereinkommen eingeladenen Staat

a    jede Unterzeichnung;

b    jede Hinterlegung einer Ratifikations, Annahme, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde;

c    jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens nach den Artikeln 75 und 76;

d    jede nach Artikel 72 beschlossene Änderung sowie den Zeitpunkt, zu dem sie in Kraft tritt;

d    jeden Vorbehalt und jede Rücknahme eines Vorbehalts nach Artikel 78;

e    jede Kündigung nach Artikel 80;

g    jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im Zusammenhang mit dem Übereinkommen.

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.

Geschehen zu Istanbul am 11. Mai 2011 in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Mitgliedstaaten des Europarats, den Nichtmitgliedstaaten, die sich an der Ausarbeitung dieses Übereinkommens beteiligt haben, der Europäischen Union und allen zum Beitritt zu dem Übereinkommen eingeladenen Staaten beglaubigte Abschriften.



Anhang – Vorrechte und Immunitäten (Artikel 66)

1     Dieser Anhang findet Anwendung auf die in Artikel 66 des Übereinkommens genannten GREVIO-Mitglieder sowie auf sonstige Mitglieder der Delegationen bei Länderbesuchen. Im Sinne dieses Anhangs umfasst der Begriff „sonstige Mitglieder der Delegationen bei Länderbesuchen“ die in Artikel 68 Absatz 9 des Übereinkommens genannten unabhängigen nationalen Fachleute und auf bestimmte Bereiche spezialisierten Personen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Europarats und vom Europarat beschäftigte Dolmetscherinnen und Dolmetscher, welche GREVIO bei den Länderbesuchen begleiten.

2    Die GREVIO-Mitglieder und die sonstigen Mitglieder der Delegationen bei Länderbesuchen genießen während der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Zusammenhang mit der Vorbereitung und der Durchführung von Länderbesuchen sowie deren Nachbereitung und auf Reisen in Zusammenhang mit diesen Aufgaben folgende Vorrechte und Immunitäten:

a    Immunität von Festnahme oder Haft und von der Beschlagnahme ihres persönlichen Gepäcks sowie Immunität von jeder Gerichtsbarkeit bezüglich aller von ihnen in ihrer amtlichen Eigenschaft vorgenommenen Handlungen einschließlich ihrer schriftlichen und mündlichen Äußerungen; 

b    Befreiung von allen Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit bei der Ausreise aus ihrem und der Einreise in ihren Aufenthaltsstaat und bei der Einreise in den und der Ausreise aus dem Staat, in dem sie ihre Aufgaben wahrnehmen, sowie Befreiung von der Meldepflicht für Ausländerinnen und Ausländer in dem Staat, den sie in Wahrnehmung ihrer Aufgaben besuchen oder durchreisen.

3    Während der in Wahrnehmung ihrer Aufgaben durchgeführten Reisen werden den GREVIO-Mitgliedern und den sonstigen Mitgliedern der Delegationen bei Länderbesuchen hinsichtlich der Zoll- und Devisenvorschriften dieselben Erleichterungen wie Vertretern ausländischer Regierungen in vorübergehendem amtlichem Auftrag gewährt.

4    Die Unterlagen im Zusammenhang mit der von den GREVIO-Mitgliedern und den sonstigen Mitgliedern der Delegationen bei Länderbesuchen vorgenommenen Bewertung der Durchführung des Übereinkommens sind insofern unverletzlich, als sie die Tätigkeit von GREVIO betreffen. Die amtliche Korrespondenz von GREVIO und der amtliche Nachrichtenverkehr von GREVIO-Mitgliedern und sonstigen Mitgliedern der Delegationen bei Länderbesuchen dürfen nicht abgefangen werden und unterliegen nicht der Zensur.

5    Um den GREVIO-Mitgliedern und den sonstigen Mitgliedern der Delegationen bei Länderbesuchen volle Freiheit des Wortes und völlige Unabhängigkeit bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben sicherzustellen, wird ihnen die Immunität von der Gerichtsbarkeit in Bezug auf ihre in Wahrnehmung ihrer Aufgaben vorgenommenen Handlungen einschließlich ihrer mündlichen und schriftlichen Äußerungen gewährt, auch wenn sie nicht mehr mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben betraut sind.

6    Die Vorrechte und Immunitäten werden den in Absatz 1 genannten Personen nicht zu ihrem persönlichen Vorteil gewährt, sondern zu dem Zweck, die unabhängige Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Interesse von GREVIO sicherzustellen. Die Immunität der in Absatz 1 genannten Personen wird vom Generalsekretär des Europarats in allen Fällen aufgehoben, in denen sie seiner Auffassung nach verhindern würde, dass der Gerechtigkeit Genüge geschieht, und in denen sie ohne Schädigung der Interessen von GREVIO aufgehoben werden kann.

(1)

CH: „Römer“

(2)

AT, CH: „über den Schutz“

(3)

AT, CH: „Verurteilungsquote“

(4)

AT: „Buben“

(5)

CH: „Lehrmittel“

(6)

AT, CH: „Schadenersatz“ und entsprechend im Folgenden.

(7)

AT: „Abs.“ und entsprechend im Folgenden.

(8)

AT: „Erschwerende Umstände“

CH: „Strafverschärfungsgründe“

(9)

AT: „Bemessung der Strafe“ und entsprechend im Folgenden

(10)

AT: „der Konvention“

(11)

AT: „in der Konvention“

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